Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 20. Apr. 2015 - 2 Sa 998/14
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.08.2014 – 1 Ca 10174/13 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darum, ob das zwischen ihnen mit Wirkung zum 01.01.2008 abgeschlossene Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist und ob dieses durch Kündigung vom 20.11.2013 mit dem 31.05.2014 geendet hat.
3Die Beklagte vertreibt unter anderem Verträge über die Nutzung von analogen und/oder digitalen Kabelfernsehprogrammen sowie Verträge über die Nutzung von schnellen Internetverbindungen an Endverbraucher. Sie vertreibt ihre Produkte auch über den Einzelhandel und über so genannte Vertriebspartner. Der 1977 geborene, ledige und einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger war für die Beklagte seit dem 01.01.2008 im Außendienst tätig und dort für so genannte Retail-Geschäftspartner der Beklagten zuständig.
4Grundlage der Zusammenarbeit der Parteien war ein Beratervertrag, in dem es auszugsweise heißt:
5„§ 1
6Leistungen des Beraters
7(1) Der Berater erbringt für U die folgenden Dienst- und Beratungsleistungen:
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a. Der Berater wird für U die Betreuung und Akquisition der Retail Vertriebspartner (Outlets), insbesondere von kleinen Retail-Partner, nachfolgend Vertriebspartner genannt, aber auch von Großmärkten wie M M und S durchzuführen. Der Berater wird dabei die von ihm zu betreuenden Vertriebspartner vor Ort aufsuchen.
- 11
b. Zu seinem Aufgabengebiet gehört ebenfalls die Durchführung von Schulungen der Verkäufer der jeweiligen Vertriebspartner bezüglich der Produkte der U und des für den Vertriebspartner eingerichteten Webtools, sowie die Supervision der Vertriebspartner, insbesondere auch im Hinblick auf die Erreichung der von U vorgegebenen Ziele.
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c. Darüber hinaus wird der Berater Sorge tragen, dass den von ihm betreuten Vertriebspartnern die jeweils aktuellen Marketingmaterialien [Flyer, Plakate, Dealer Kit etc.] rechtzeitig zu Beginn eines Monats zur Verfügung stehen, sofern diese Materialien dem Berater seitens U mindestens vier Werktage vor Monatsbeginn bereitgestellt werden.
- 15
d. Der Berater wird die Schnittstelle zwischen U und dem Vertriebspartner bilden, den Informationsfluss sicherstellen und im Rahmen seiner Tätigkeit wöchentlich einen Bericht erstellen.
- 17
e. Der Berater nimmt zudem regelmäßig an den eingerichteten Teammeetings teil.
Für die Erfüllung der vorgenannten Aufgaben teilt U dem Berater noch das Aktionsgebiet schriftlich mit.
19(2) Der Berater wird seine nach diesem Vertrag geschuldeten Leistungen persönlich erbringen. Ein Austausch in der Person des Leistungserbringers ist nicht zulässig.
20(3) Die Abstimmung der strategischen Ausrichtung der Vertriebspartner-Betreuung erfolgt mit dem Manager Retail. An diesen erfolgt auch das generelle Reporting.
21(4) Änderungen, Erweiterungen und/oder Ergänzungen der ursprünglichen Aufgaben durch U sind auch ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Beraters möglich, soweit dies dem Berater zuzumuten ist. Änderungen wird U dem Berater schriftlich mitteilen.
22(5) Der Berater führt die im Rahmen dieses Vertrags erteilten Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen freien Mitarbeiters in eigener unternehmerischer Verantwortung aus.
23(6) Der Berater unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist nicht in die Arbeitsorganisation von U eingebunden. Es sind jedoch fachliche Vorgaben von U soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.
24(7) Der Berater wird als selbstständiger Unternehmer tätig. Er ist verpflichtet, seine Tätigkeit als Gewerbe anzumelden, soweit er nicht als Freiberufler tätig wird. Er ist ferner verpflichtet, die ihm obliegenden öffentlichen Abgaben und Steuern unmittelbar selber zu entrichten.
25(8) Während der Dauer dieses Vertrages ist es dem Berater untersagt, unmittelbar oder mittelbar für Wettbewerbsunternehmen – dies sind insbesondere Kabel-TV-Anbieter sowie Telekommunikationsunternehmen oder Unternehmen, die Telekommunikationsdienste vertreiben und/oder vornehmen – tätig zu werden, sie zu unterstützen oder ihre Interessen auf sonstige Weise zu fördern.
26(9) Ist der Berater an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert, hat er U unverzüglich über die Gründe und voraussichtliche Dauer der Tätigkeitsunterbrechung zu unterrichten.
27§ 2
28Rechte des Auftraggebers
29(1) U informiert den Berater umfassend über die Zielvorstellungen und Zielvorgaben hinsichtlich der Leistungserbringung nach Paragraph 1 dieses Vertrages.
30(2) Hält der Berater die übermittelten Informationen nicht für ausreichend spezifiziert für die Ausübung seiner Tätigkeit, wird er dies U unverzüglich mitteilen und ergänzende Informationen anfordern:
31§ 3
32Zeitrahmen
33(1) Soweit nicht im Einzelfall abweichend vereinbart, steht der Berater U für die unter Paragraph 1 vereinbarten Leistungen monatlich mindestens 20 Tage zu Verfügung.
34§ 4
35Vergütung
36(1) Zur Abgeltung der Leistungen des Beraters zahlt Unitymedia einen Betrag von monatlich 2.500,00 € zzgl. MwSt.
37(2) Der Betrag ist jeweils zum Monatsletzten zur Auszahlung fällig.
38(3) Bei Erreichen der jeweiligen Umsatzziele wird ein zusätzlicher Bonus ausgezahlt. Die Einzelheiten der angestrebten Umsatzziele sowie der Bonuszahlung sind in Anlage 1 geregelt. Die Auszahlung der erreichten Boni erfolgt jeweils zum letzten Werktag des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats.
39(4) Soweit ein Mehrwertsteuerausweis für die Rechnung vorgenommen wird, zahlt U zusätzlich die gesetzliche Mehrwertsteuer.
40(5) Mit den vorstehenden Zahlungen sind sämtliche Ansprüche des Beraters nach diesem Vertrag abgegolten. Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung bestehen nicht. Diese Abgeltung umfasst auch eine eventuelle Ausweitung des unter Paragraph 3 festgelegten Zeitrahmens, soweit diese als unwesentlich anzusehen ist.“
41Hinsichtlich Urlaub und Erkrankung enthält der Vertrag keine Regelungen. Im Fall der Urlaubsabwesenheit musste der Kläger aus dem Kreis der weiteren Berater eine Vertretung organisieren und seine Abwesenheit sowie die Person des Vertreters gegenüber der Beklagten bekannt geben. Die Beklagte erwartete, dass der Kläger an Teammeetings teilnahm, die einmal im Monat stattfanden. Ferner kontrollierte die Beklagte die Tätigkeit des Klägers dadurch, dass sie sich von diesem Wochenplanungen über die beabsichtigten Besuche vorlegen ließ sowie nachträglich wöchentliche Berichte über die durchgeführten Besuche, Tätigkeiten und Werbemaßnahmen.
42Mit Schreiben vom 20.11.2013 dem Kläger zugegangen am 28.11.2013 kündigte die Beklagte den Vertrag zum 31.05.2014.
43Der Kläger ist der Auffassung, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis, auf das das Kündigungsschutzgesetz anwendbar sei. Er sei weisungsgebunden gewesen und unter hierarchischer Eingliederung in die Organisationsstruktur der Beklagten als Arbeitnehmer für diese tätig gewesen. Er vertritt insbesondere die Ansicht, die Berichtspflicht, die Teilnahme an den Teammeetings, die Auszahlung einer Gratifikation, die Teilnahme an Verkaufstrainings, das Tragen von Kleidungsstücken mit Logo der Beklagte, die Pflicht zur Erstellung von Verkaufsplanungen und Absatzplanungen, die Pflicht zur Prüfung, ob Baustellen in der Nähe von Shops geplant seien sowie weitere Einzelanweisungen führten dazu, dass das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sei.
44Die Beklagte tritt dem entgegen und verweist darauf, dass dem Kläger stets eine uneingeschränkte zeitliche Hoheit eingeräumt gewesen sei. Er habe sich lediglich an die Öffnungszeiten der von ihm zu betreuenden und zu besuchenden Shops halten müssen.
45Auch im Vertragsverhältnis eines freien Handelsvertreters sei es für die Auftraggeberin erforderlich, die Vertragsinhalte anzupassen, wenn sich beispielsweise die Produkte der Beklagten änderten. Die in §§ 86 und 86a HGB normierten gegenseitigen Berichtspflichten könnten nicht dazu führen, dass ein Vertragsverhältnis zum Arbeitsverhältnis werde. Ebenso wenig sei es der Beklagten untersagt, die Leistungen eines freien Handelsvertreters zu kontrollieren und den Leistungsstandard stichprobenartig zu überprüfen.
46Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, da das Vertragsverhältnis nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterfalle.
47Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung in der er weitere Einzelfälle schildert, die er für arbeitsrechtliche Anweisungen der Beklagten hält.
48Er beantragt,
49das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.08.2014,Az. 1 Ca 10174/13, abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 20.11.2013 zum 31.05.2014 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.
50Die Beklagte beantragt,
51die Berufung zurückzuweisen.
52Sie beruft sich darauf, dass es hinsichtlich der Zeithoheit des Klägers keinerlei Weisungen der Beklagten gegeben hat, auch Tourenpläne wurden dem Kläger nicht vorgeschrieben. Soweit der Austausch von Marketingmaterial im Rahmen eines Rebranding in einem engen zeitlichen Rahmen erfolgen musste, habe es sich nicht um eine das Wesen des Vertrags ändernde Weisung gehandelt, sondern um eine Konkretisierung der Inhalte der übernommenen Tätigkeit, nämlich der Verkaufsförderung in den zugewiesenen Shops.
53Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.
54E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
55Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet.
56Das Vertragsverhältnis der Parteien ist kein Arbeitsverhältnis sondern ein Dienstverhältnis eines freien Handelsvertreters, auf das die Regelungen der §§ 84 ff. HGB Anwendung finden.
57Ausgehend von den schriftlich vereinbarten Vertragsregelungen ist zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag sondern ein Dienstvertrag zustande gekommen. Dem Kläger ist nach dem Vertragsinhalt eine Tätigkeit als Berater und Verkaufsförderer übertragen worden. Ausdrücklich sieht der Vertrag vor, dass der Kläger nicht dem Weisungsrecht der Beklagten unterliegt. Dieses ist, wie unstreitig ist, auch im Hinblick auf die Zeithoheit des Klägers und die Tourenplanung nicht ausgeübt worden.
58Auch die Tatsache, dass dem Kläger eine Konkurrenztätigkeit während des Bestandes des Vertragsverhältnisses untersagt ist, und dass die Zahlung des Fixums von 2.500 EUR damit verknüpft ist, dass der Kläger regelmäßig 20 Arbeitstage im Monat für die Beklagte einsetzt, widersprechen der Vereinbarung eines freien Dienstvertrages nicht. Dem Kläger standen für die Planung seiner Besuche die Öffnungszeiten der von ihm zu betreuenden Shops zur Verfügung. Danach standen im Monatsdurchschnitt 26 Besuchstage zur Auswahl, die der Kläger nach eigenen Vorstellungen nutzen konnte, solange er das von ihm zu betreuende Gebiet ordnungsgemäß bearbeitete. Damit verblieb dem Kläger eine ausreichende Zeithoheit im Sinne des §§ 84 Abs. 1 HGB. Selbst wenn die Beklagte vorgegeben haben sollte, dass zwischen sechs und acht Besuche täglich vom Kläger erwartet werden, so ist hierdurch die Zeithoheit des Klägers nicht in der Weise eingeschränkt, dass von einer freien Gestaltung der Arbeitszeit nicht mehr die Rede sein kann. Denn bei 26 zu Verfügung stehenden Öffnungstagen im Monatsdurchschnitt obliegt es dem Kläger, ob er in einem Monat 120 Besuche oder 160 Besuche durchführt. Eine wesentliche Einschränkung der Zeithoheit ist hierdurch nicht gegeben.
59Der Vertrag regelt somit nach Überschrift und Inhalt ein Dienstverhältnis eines Handelsvertreters.
60Zwischen Vertragsparteien besteht allerdings dann ein Arbeitsverhältnis, wenn die Parteien den Vertrag tatsächlich anders durchführen, als er schriftlich vereinbart wurde. Die einzige ausdrücklich von den vertraglichen Regelungen abweichende Regelung betraf die Möglichkeit, eine Vertretung einzusetzen. Dies war dem Kläger nach dem Vertrag untersagt. Tatsächlich forderte die Beklagte den Kläger im Falle seiner Abwesenheit aber auf, einen Vertreter eigenständig auszusuchen und nachzuweisen. Diese Handhabung verstärkt allerdings die Selbstständigkeit des Klägers und führt gerade nicht dazu, dass die Beklagte für sich Weisungen in Anspruch nimmt, die nur in einem Arbeitsverhältnis wirksam gegeben werden können.
61Andere Weisungen, die die Qualität von arbeitsrechtlichen Anweisungen also die Ausübung des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts darstellen, sind nicht feststellbar.
62Erklärungen der Beklagten, die dem Informationsaustausch dienen, also insbesondere der Wunsch, der Kläger solle an Teammeetings teilnehmen, führen nicht zur Einordnung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis. Der Informationsaustausch, die Schulung und das Erkennen von Problemen, die den Verkaufserfolg beeinträchtigen können, gehört zu den Pflichten, die in §§ 86 und 86a HGB geregelt sind. Ein freies Dienstverhältnis unterscheidet sich nicht dadurch vom Arbeitsverhältnis, dass in diesem keine Pflichten bestehen würden. Damit führt auch eine Weisung, die Pflichten des freien Handelsvertreters zu erfüllen, nicht dazu, dass eine solche Weisung als Ausübung des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts zu qualifizieren wäre. Vielmehr sind die Erklärungen als Erklärungen eines Prinzipals (Dienstgebers) im handelsrechtlichen Sinne zu qualifizieren, die sich auf Leistungskontrolle, Information, Schulung und Unterstützung oder die Konkretisierung des unmittelbaren Vertragszwecks (Verkaufsförderung) beziehen. Diese notwendige Kommunikation zwischen Prinzipal und Handelsvertreter qualifiziert das Vertragsverhältnis gerade nicht zum Arbeitsverhältnis.
63Ändert beispielsweise die Beklagte ihr Logo, so ist die Weisung, bis zu einem bestimmten Stichtag dafür zu sorgen, dass alle betreuten Shops mit neuem Werbematerial versehen sind und das neue Logo zu diesem Zeitpunkt zum Einsatz kommen kann, die unmittelbare Konkretisierung des Vertragsinhaltes. Der Kläger hatte nicht die Freiheit, das alte Logo der Beklagten weiter zu verwenden. Das Fehlen einer solchen Entscheidungsmöglichkeit beruht aber unmittelbar auf den Verkaufsförderungspflichten, die der Kläger übernommen hat und die im Rahmen der unternehmerischen Entscheidungen der Beklagten umzusetzen sind. Die Vorgabe, diese Entscheidungen im Rahmen der eigenen Arbeitsorganisation bis zu einem bestimmten Stichtag umzusetzen, machen diese Vorgaben damit nicht zur arbeitsrechtlichen Weisung.
64Auch die Vorgaben, die Shops zu fotografieren und darüber zu berichten, ob in der Nähe der Shops Baumaßnahmen durchgeführt werden oder geplant sind, haben nicht die Qualität arbeitsrechtlicher Weisungen. Insbesondere Informationen über Hindernisse, die den Verkaufserfolg der Beklagten beeinträchtigen können (Baustellen) gehören zu den Tatsachen, über die der Kläger die Beklagte von sich aus bereits hätte informieren müssen. Der besondere Hinweis auf diese Pflicht ist nicht spezifisch arbeitsrechtlich einzuordnen.
65Fotos der betreuten Shops dienen ersichtlich der Kontrolle, ob die übernommenen Verpflichtungen durch den Kläger ordnungsgemäß ausgeführt werden, insbesondere, ob die äußere Erscheinung des Shops, für die der Kläger Sorge zu tragen hatte, den unternehmerischen Vorgaben der Beklagten entsprach.
66In gleicher Weise sind die Wochenberichte, Umsatzplanungen und Wochenplanungen erforderlich, um die Leistungskontrolle des Klägers durchführen zu können. Auch hier irrt der Kläger, wenn er die Ansicht vertritt, dass das Vertragsverhältnis des freien Handelsvertreters einer Leistungskontrolle nicht unterliege.
67Auch Verkaufstrainings, an denen der Kläger gegebenenfalls teilnehmen musste, dienen ausschließlich dazu, ihn zu befähigen, die vertraglich übernommene Aufgabe auszuführen. Die Schulung über Produkte, Unternehmensstrategien und Verkaufsstrategien schuldet die Beklagte dem Kläger, um ihn überhaupt in die Lage zu versetzen, die vertraglich übernommene Aufgabe selbstständig und eigenverantwortlich erledigen zu können.
68Auch das Tragen von Dienstkleidung ist nicht eine Weisung, die ausschließlich im Arbeitsverhältnis ergehen kann. Dienstkleidung lässt eine Person als Mitarbeiter eines Unternehmens erkennbar werden. Auch Franchisenehmer unterliegen beispielsweise dieser Erkennungspflicht. Bei Anwesenheit des Klägers in einem Shop dient die Dienstkleidung dazu, ihn nicht mit einem Kunden zu verwechseln. Über den rechtlichen Status einer Person als Arbeitnehmer oder Selbstständiger sagt die Dienstkleidung damit nichts aus.
69Auch eine Sondervergütung in Form einer Gratifikation qualifiziert das Vertragsverhältnis nicht zum Arbeitsverhältnis. Gratifikationen können auch an Handelsvertreter und Dienstnehmer gezahlt werden.
70Weisungen, die unmittelbar die Konkretisierung des Vertragsinhalts betreffen, sind ebenfalls nicht als Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts zu qualifizieren. So konkretisiert die Beklagte den Vertragsinhalt, wenn sie beispielsweise den Kläger aufgefordert drei Partnershops für eine besondere Werbeaktion auszuwählen. Auch die Anordnung, Direktverträge auf Kooperationsverträge umzustellen, konkretisiert die Beratungsleistung, zu der sich der Kläger als freier Mitarbeiter verpflichtet hat. Ändern sich Produkte, Verkaufsstrategien oder Werbestrategien bei der Beklagten, so bedeutet Weisungsfreiheit nicht, dass der Kläger seine vertraglich geschuldeten Verkaufsförderungsmaßnahmen nicht an die unternehmerischen Vorgaben der Beklagten anpassen müsste.
71Zwar ist es denkbar, dass auch Mitarbeiter, die einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, in ähnlicher Weise die Freiheit eingeräumt erhalten, ihre Arbeitszeit selbst zu strukturieren. In vielen Berufsfeldern ist es ohne weiteres möglich, die Vertragsform (Arbeitsvertrag oder Dienstvertrag) zu wählen. Dies trifft auch für den Tätigkeitsbereich des Klägers zu. In diesem Fall bleibt es, soweit keine Weisungen erteilt wurden, die ausschließlich im Arbeitsverhältnis möglich sind, bei der gewählten Vertragsform des freien Dienstverhältnisses. Auch wird ein Arbeitsverhältnis nicht dadurch zum freien Dienstvertrag, dass der Arbeitgeber sich der Erteilung von Weisungen enthält. Damit bleibt es vorliegend bei der vertraglich gewählten Form des freien Handelsvertretervertrages, da Weisungen, die zu ihrer Wirksamkeit ein Arbeitsverhältnis voraussetzen, nicht erteilt wurden.
72Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde mangels über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.
73Rechtsmittelbelehrung
74Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
75Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
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(1) Der Handelsvertreter hat sich um die Vermittlung oder den Abschluß von Geschäften zu bemühen; er hat hierbei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen.
(2) Er hat dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluß unverzüglich Mitteilung zu machen.
(3) Er hat seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen.
(4) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
(1) Das Urteil enthält:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist; - 4.
die Urteilsformel; - 5.
den Tatbestand; - 6.
die Entscheidungsgründe.
(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.
(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.
(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.
(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
(1) Der Handelsvertreter hat sich um die Vermittlung oder den Abschluß von Geschäften zu bemühen; er hat hierbei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen.
(2) Er hat dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluß unverzüglich Mitteilung zu machen.
(3) Er hat seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen.
(4) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.