Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 27. Juli 2017 - 7 Sa 32/17

published on 27/07/2017 00:00
Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 27. Juli 2017 - 7 Sa 32/17
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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2016 (28 Ca 121/16) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung von Versorgungsbezügen zum 01.07.2015 und 01.07.2016.

2

Die klagende Partei war vom 1. Juli 1973 bis zum 28. Februar 2005 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt in Hamburg. Seit dem 01. März 2005 bezieht sie von der Beklagten eine betriebliche Rente.

3

Die B. errichtete bereits in den 60iger Jahren eine betriebliche Altersversorgung, die als „Betriebliches Versorgungswerk“ bezeichnet wurde. Die Ansprüche waren (und sind) in einer Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt, die sich in Grundbestimmungen, Ausführungsbestimmungen und Übergangsbestimmungen gliedert und grundsätzlich für Mitarbeiter gilt, die bis zum 31. März 1985 Mitarbeiter eines B.-Unternehmens wurden.

4

§ 6 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks lautet:

5

„§ 6 Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse

6

1. Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. (…)

7

2. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

8

3. Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.

9

Der Beschluss ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.
….“

10

Bei der B1, bei der die klagende Partei beschäftigt war, fand die Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung jedoch keine Anwendung.

11

Im Jahr 1985 richtete die B. sodann eine betriebliche Altersversorgung in Form eines Tarifvertrags ein, die als “Verordnung vom 1. April 1985“ (“VO 85“) bezeichnet wird und die angelehnt ist an die Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks. Diese tarifliche Versorgungszusage gilt grundsätzlich für diejenigen Arbeitnehmer, die ab dem 1. April 1985 Arbeitnehmer eines B.-Unternehmens wurden (§ 1 Ziff. 2 VO 85). Gewährt wird u.a. eine Altersrente, die in § 2 der VO 85 geregelt ist.

12

In § 1 Ziff. 3 VO 85 ist Folgendes bestimmt:

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„Auf die Versorgungsleistungen besteht ein Rechtsanspruch.

14

Die B.-Unternehmen behalten sich vor, durch Beschlüsse im Vorstand und Aufsichtsrat die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei Erteilung der Zusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, daß den B.-Unternehmen die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Versorgungsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.“

15

§ 6 der VO 85„Anpassung der Renten“ lautet:

16

„1. Die Renten werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.
2. Die Anpassung der Renten erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.
3. Die Renten werden angepasst, wenn der Versicherungsfall vor dem 01.12. des Vorjahres eingetreten ist.
4. Hält der Vorstand die Veränderung der Renten nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll. Der Beschluss ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.“

17

Der § 49 AVG ist durch Artikel 1 §§ 65 und 68 SGB VI neu gefasst worden. Die Änderung ist am 01.01.1992 in Kraft getreten.

18

Hinsichtlich der Einzelheiten der VO 85 wird auf die Anlage K 1 (Bl. 15 ff d.A.) verwiesen. Die klagende Partei ist unstreitig anspruchsberechtigt aus der VO 85.

19

Zum 01. Juli 2015 wurden die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,0972 % erhöht. Die Beklagte nahm keine Anpassung der Versorgungsbezüge im Umfang dieser gesetzlichen Rentenerhöhung vor, sondern fasste nach der vor dem 01. Juli 2015 eingeleiteten Anhörung der örtlichen Betriebsräte, des Gesamt- und des Konzernbetriebsrats (Anl. B 10, Bl. 137 ff d.A.) – und gegen deren ausdrücklichen Wunsch (Anl. B 15, Bl. 145 ff d.A.) – durch ihren Vorstand (am 26. August 2015) und Aufsichtsrat (am 9. Oktober 2015) den Beschluss, die Rentenanpassung zum 01. Juli 2015 in Höhe von 0,5 % vorzunehmen. Dies wurde der klagenden Partei mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 mitgeteilt (Anl. K 3, Bl. 17 d.A.).

20

Dementsprechend wurde die Rente der klagenden Partei, die sich bis zum 30. Juni 2015 auf € 1.574,96 brutto belief, zum 01. Juli 2015 auf € 1.582,83 brutto erhöht.

21

Zum 01. Juli 2016 wurden die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung um 4,2451 % erhöht.

22

Mit Schreiben aus dem August 2016 (Anl. K 4, Bl. 242 d.A.) teilte die Beklagte der klagenden Partei mit, dass die Versorgungsleistungen zum 1. Juli 2016 wiederum um 0,5 % auf € 1.590,74 brutto erhöht wurden. Die entsprechenden Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat erfolgten am 20. Juni 2016 bzw. am 22. Juni 2016 (Anl. B 11, Bl. 390 d.A., und B 14, Bl. 427 f. d.A.).

23

Die Betriebsräte waren wiederum zuvor mit der Bitte um Stellungnahme angehört worden (Anl. Konv. B 13, Bl. 400 ff d.A.).

24

Die klagende Partei hat mit ihrer Klage eine Anpassung um weitere € 25,16 brutto pro Monat seit dem 01. Juli 2015 sowie um € 85,51 ab dem 1. Juli 2016 verlangt. Dabei handelt es sich um die der Höhe nach unstreitigen Differenzbeträge, die sich errechnen, wenn die Beklagte die Rentenanpassung im Umfang von 2,0972 % bzw. 4,2451 % auf die Rente vorgenommen hätte.

25

Die klagende Partei hat vorgetragen, die Beklagte schulde die volle Anpassung der Versorgungsbezüge gemäß § 6 Ziff. 1 VO 85. Die Beklagte könne sich nicht auf § 6 Ziff. 4 VO 85 stützen. Die Regelung sei unwirksam, weil sowohl unklar als auch unverhältnismäßig. Sie verstoße auch gegen § 87 Abs. 1 Nrn. 8 und 10 BetrVG. Auf die Ausübung des bestehenden Mitbestimmungsrechtes werde in seiner Substanz verzichtet. Die Anpassungsentscheidung sei im Übrigen zu spät erfolgt, nämlich erst nach dem Anpassungstermin. Jedenfalls sei sie unbillig.

26

Die klagende Partei hat beantragt,

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1. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei beginnend mit dem 01. Dezember 2016 über den Betrag von € 1.590,74 hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von € 85,51 brutto zu zahlen.

28

2. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von € 729,47 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 25,16 seit dem 01. Juli 2015, auf € 25,16 seit dem 1. August 2015, auf € 25,16 seit dem 01. September 2015, auf € 25,16 seit dem 01. Oktober 2015, auf € 25,16 seit dem 01. November 2015, auf € 25,16 seit dem 01. Dezember 2015, auf € 25,16 seit dem 1. Januar 2016, auf € 25,16 seit dem 01. Februar 2016, auf € 25,16 seit dem 01. März 2016, auf € 25,16 seit dem 01. April 2016, auf € 25,16 seit dem 01. Mai 2016, auf € 25,16 seit dem 01. Juni 2016, auf € 85,51 seit dem 01. Juli 2016, auf € 85,51 seit dem 01. August 2016, auf € 85,51 seit dem 01. September 2016 und auf € 85,51 seit dem 01. Oktober 2016 und auf € 85,51 seit dem 01. November 2016 zu zahlen.

29

Die Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Die Beklagte hat vorgetragen, über die bereits erfolgte Erhöhung der Versorgungsbezüge hinaus bestehe kein Anspruch der klagenden Partei. Sie habe von einer Anpassung gemäß § 6 Ziff. 1 VO 85 abweichen und die Anpassung auf 0,5 % festlegen dürfen. Die klagende Partei verkenne die Systematik der Anpassungsregelungen des § 6 BVW und damit auch die Systematik der inhaltsgleichen Regelungen des § 6 der VO 85. Die Tarifvertragsparteien hätten sich bei der Regelung des § 6 der VO 85 an § 6 AusfBestg BVW orientiert und diesen ohne inhaltliche Änderungen übernommen. Die Auslegung beider Regelungen und auch der Vorgängerregelung des § 6 AusfBestg BVW (§ 11 BVW a.F.) ergäben, dass keine automatische Erhöhung der Versorgungsbezüge in Höhe der Steigerung der gesetzlichen Renten eintrete, sondern eine Prüfung und Entscheidung des Vorstands zur Anpassung der Versorgungsbezüge erforderlich sei. Halte dieser die Anpassung der Bezüge entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Renten für vertretbar, könne er die Anpassungsentscheidung allein treffen. Halte er sie für nicht vertretbar, so habe er zusätzlich den Betriebsrat anzuhören und einen Aufsichtsratsbeschluss herbeizuführen, sofern er eine andere Anpassungsentscheidung treffen wolle. Das folge v.a. aus einer historischen Auslegung von § 6 AusfBestg BVW. Die Regelung in § 6 Ziff. 4 VO 85 sei weder unklar noch aus sonstigen Gründen unwirksam. Die vorgenommenen Entscheidungen der Beklagten seien ermessensfehlerfrei ergangen und entsprächen der Billigkeit. Zu verweisen sei unter anderem auf folgende Aspekte, die für eine reduzierte Rentenanpassung sprächen: ein schwieriges ökonomisches Umfeld durch langanhaltende Niedrigzinsen, demografische Trends und kulturelle Umbrüche (z.B. Digitalisierung, Langlebigkeitsrisiko); ein abschwächendes Wachstum im Versicherungsmarkt in 2015; steigende Anforderungen zur Regulierung (Kapitalisierungsanforderungen durch Solvency II, Umsetzung Lebensversicherungsreformgesetz); steigende Kundenanforderungen (hohe Preissensitivität, sinkende Loyalität). Diese Rahmenbedingungen hätten den Konzern zu einer neuen Strategie veranlasst (S.-Konzept), in deren Umsetzung u.a. Personalkosten eingespart werden sollen und aufgrund dessen die aktiven Mitarbeiter einen erheblichen Beitrag zur Stärkung des Konzerns leisten müssten. Entsprechend sei es angemessen, dass auch die Rentner einen Beitrag leisteten. Außerdem erhielten Rentner anderer Versorgungssysteme im Konzern aufgrund des niedrigen Anstiegs des Verbraucherpreisindexes (auf Basis des § 16 BetrAVG) eine deutlich niedrigere Anpassung als nach dem Anstieg der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Versorgungsniveau der Rentner des BVW und Betriebsvereinbarung „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ sei zudem bereits überdurchschnittlich hoch. Die Beschlüsse der Beklagten seien ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere seien die Formalien gewahrt. Der Gesamtbetriebsrat sowie die Betriebsräte im Konzern seien ordnungsgemäß durch Anhörung beteiligt worden. So sei insbesondere der Betriebsrat der Beklagten mit Schreiben vom 15. Juni 2015 (Anl. B 10, Bl. 137 ff d.A.) bzw. 20. Mai 2016 (Anl. B 12, Bl. 391 ff d.A.) angehört worden. Der Vorstand und der Aufsichtsrat hätten nach Abwägung der beteiligten Interessen jeweils den Beschluss gefasst, eine Anpassung nur in Höhe von 0,5% vorzunehmen. Hierbei seien auch die Stellungnahmen der Betriebsräte mit eingeflossen. Auch sei der Beschluss für das Jahr 2015 nicht verfristet, da kein fester Stichtag vorgesehen sei, bis wann ein Beschluss nach § 6 Ziff. 4 vorliegen müsse.

32

Mit Urteil vom 21. Dezember 2016 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Es hat seine Begründung allerdings auf § 6 AusfBestg BVW gestützt und ausgeführt, § 6 Ziff. 3 AusfBestg BVW sei unwirksam, da die Regelung zu unbestimmt sei. Ferner würden die Anpassungsentscheidungen der Beklagten nicht der Billigkeit entsprechen. Im Hinblick auf die Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen (Bl. 437 ff d.A.).

33

Das Urteil ist der Beklagten am 6. Februar 2017 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 3. März 2017 Berufung eingelegt und ihre Berufung mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017, am selben Tag vorab per Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 8. Mai 2017.

34

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht auf die Regelungen des BVW abgestellt. Der Kläger sei unstreitig aus der VO 85 anspruchsberechtigt. In den Jahren 2015 und auch 2016 habe die Beklagte zu Recht von der Ausnahmeregelung in § 6 VO 85 Gebrauch gemacht. Grundlage der Beschlussfassung von Vorstand und Aufsichtsrat seien die widrigen Rahmenbedingungen und der Druck am Markt gewesen, welche wegen der konkreten Auswirkungen erhebliche Spar- und Personalreduzierungsprogramme mit sich gebracht hätten, so insbesondere das sog. „S.-Konzept“ mit weiteren begleitenden Maßnahmen, was sich bei der Beklagten in der Umsetzung befände. Die geringeren Rentenanpassungen seien Teil eines umfassenden Einsparkonzeptes, um sicherzustellen, dass der A.-Konzern auch in Zukunft am Markt mit Gewinnen bestehen könne. Das schwierige Marktumfeld werde maßgeblich durch die niedrigen Zinsen (Leitzins von 0% bzw. 0,05 %) und die niedrige Inflation (0,3 % im Juni 2015) bestimmt. Auch der Verbraucherpreisindex habe sich von Juni 2014 bis Juni 2015 nur von 106,7 auf 107 erhöht. Mit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise werde es für Versicherer immer schwieriger, das Geld der Kunden lukrativ anzulegen. Das unverändert niedrige Zinsniveau stelle eine erhebliche Belastung für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns und damit auch der Beklagten dar. Die Beklagte sei im Zeitpunkt der Anpassungsprüfungen zum 1. Juli 2015 davon ausgegangen, dass sich das Wachstum im Versicherungsmarkt 2015 abschwächen werde und gehe im Euroraum weiter von einer nur schwachen konjunkturellen Entwicklung aus (vgl. Anl. B 8, Bl. 133 d.A.). Größere Risiken ergäben sich zudem aus der demographischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung. Zudem seien signifikant gestiegene Kundenanforderungen zu verzeichnen, v.a. die angestiegene Preissensitivität bei sinkender Loyalität. Weitere Risikopotentiale seien aus den vertrieblichen Herausforderungen im Branchenumfeld entstanden, die letztlich die Folge der Finanzmarktkrise seien. Wettbewerber würden Kostensenkungs- und Automatisierungsprogramme forcieren und variable Produktmodelle ohne feste Garantien. Ferner sei die Komplexität der Lebensversicherung durch das Mitte 2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) weiter gesteigert worden, und es sei der für Lebensversicherungsprodukte erforderliche finanzielle Aufwand deutlich erhöht worden. Die Umsetzung des LVRG habe zu erheblichen Produktänderungen im gesamten Konzern und zu einer Veränderung der Provisionsregelungen geführt. Der Aufwand der Versicherungsunternehmen für die Vergütung der Vermittler habe sich spürbar erhöht, was der Gesetzgeber auch so bezweckt habe (Anl. B 15, Bl. 626 f. d.A.). Des Weiteren verschlechtere Solvency II die Rahmenbedingungen. Die Versicherer müssten hiernach über so viel Kapital verfügen, dass sie selbst Negativergebnisse verkraften könnten, die statistisch gesehen nur einmal in 200 Jahren aufträten. Es müsse ein nicht unerheblicher Rückgang der Eigenmittel verkraftbar sein, um die Leistungen an die Versicherungsnehmer auch bei Eintritt sehr unwahrscheinlicher Risiken sicher zu stellen. Somit hätten zum 1. Januar 2016 mit der Umsetzung von Solvency II in nationales Recht die Notwendigkeit bestanden, eine risiko- bzw. marktwertorientierte Bewertung ihrer Kapitalanlagen und Leistungsverpflichtungen vorzunehmen. Zudem seien weitgehende Anforderungen an die Geschäftsorganisation der Versicherungsunternehmen gestellt und die Berichtspflichten von Versicherern erweitert worden. All diese Umsetzungen hätten einen finanziellen Aufwand durch den Konzern und damit auch durch die Beklagte gekostet. Das negative Marktumfeld habe konkrete negative Folgen gehabt. So habe der Konzern u.a. eine sog. Zinszusatzreserve bilden müssen. Es sei eine Reserve von etwa 2 Milliarden Euro aufgebaut worden. Allein 2016 habe dieser Posten um ca. 620 Millionen Euro aufgefüllt werden müssen, und es sei mit steigenden Entwicklungen zu rechnen (Anl. B 17, Bl. 629 d.A.). Die Möglichkeit der Gewinnerzielung durch Kapitalanlagen falle aufgrund der Niedrigzinsphase praktisch weg. Als Folge des Marktdrucks sei es konzernweit zu einem Einstellungsstopp und einem massiven Personalabbau gekommen. 2016 hätten im Konzern etwa 1.135 Personen den Konzern bei einem Personalbestand von etwa 13.000 verlassen (ca. 35 Austritte entfielen auf die Beklagte). Im Zuge des S.-Konzepts seien konzernweit 442 Aufhebungsverträge, Altersteilzeitvereinbarungen und Vereinbarungen zum sog. „Überbrückungsmodell“ erfolgt (etwa 50 bei der Beklagten). Der angestellte Außendienst werde reduziert, das Provisionsmodell massiv angepasst. Im Konzern gebe es weitere Sparprogramme zur Kostenreduzierung (Raumverknappung, Betriebsübergänge, Spesenreduzierungs-programme, Reduzierung der Altersversorgung auf Führungsebene für Neueintritte). Die Reduzierung der Rentenerhöhung habe allein im Zeitraum 1. Juli 2015 bis 1. Juli 2016 zu Einsparungen in Höhe von etwa 2,7 Mio. Euro sowie eine Reduzierung der Rückstellungen um 43,6 Millionen Euro geführt. Von den Einsparungen entfielen auf die Beklagte € 193.380 Euro auf den Zeitraum 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 sowie etwa € 336.588 auf den Zeitraum 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2016. Aufgrund dieser Maßnahmen sei es noch gelungen, für die Unternehmen des Konzerns einen Gewinn zu erwirtschaften. Vor allem der Personalabbau von ca. 8,5 % der kompletten Belegschaft in Deutschland allein im Jahr 2016 zeige, wie sehr auf den Marktdruck habe reagiert werden müssen. Näheres ergebe sich auch aus dem S.-Konzept. Vorüberlegungen hierzu seien beginnend mit dem 23. Februar 2015 erfolgt. Zum 25. Mai 2015 sei es soweit abgeschlossen gewesen, dass es gegenüber der Belegschaft der Beklagten habe kommuniziert werden können. Das Konzept beinhalte eine Neuausrichtung zur Sicherung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit und es hätten die nötigen Schritte eingeleitet werden sollen, solange noch die Möglichkeit dazu bestanden habe, die Zukunft aktiv zu gestalten. Im September 2015 hätten die Verhandlungen mit den Betriebsräten über die Umsetzung des Konzepts aufgenommen werden können. Mittlerweile befände sich das Konzept in der Umsetzungsphase. In finanzieller Hinsicht ziele das Konzept auf die konzernweite Einsparung von Kosten in Höhe von 160 bis 190 Mio. Euro pro Jahr ab. Ein Teil der Planungen habe in dem Übergang des gesamten Personals der Beklagten und der A. V. AG auf die neue A. D. AG bestanden, was mit Standortverlagerungen und -zusammenschlüssen einhergegangen sei. In diesem Zusammenhang stünde auch der Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen im Raum. Die aktive Belegschaft leiste einen erheblichen Beitrag für die zukunftsfähige Ausrichtung des Konzerns mit u.a. folgenden Maßnahmen: Personalabbau i.V.m. einem Einstellungs- und Beförderungsstopp sowie einem Verbot von Entfristungen befristeter Arbeitsverträge, was eine Verdichtung der Arbeitsbelastung bedeute; Betriebsübergänge auf die A. D. AG; Reduzierung des angestellten Außendienstes; Kürzung der Budgets für Sach-, Reise-, Bewirtungs- und Fortbildungskosten; Kürzung des Budgets für Leistungszusagen in der betrieblichen Altersversorgung bei Neueintritten auf der Stufe der Vorstände und leitenden Angestellten um die Hälfte des bisherigen Volumens; keine Gehaltserhöhung für außertarifliche Angestellte in 2016 (bis auf individuelle Sonderfälle). Demgegenüber wögen die Interessen der klagenden Partei nur gering. Auch die Betriebsrentner hätten ihren Beitrag zur zukunftsfähigen Ausrichtung des Konzerns und der Beklagten leisten müssen. Der von ihnen eingeforderte Beitrag sei im Verhältnis zu dem Beitrag der aktiven Belegschaft nur sehr gering. Das Versorgungsniveau bei den Versorgungsempfängern der VO 85 sei schon jetzt überdurchschnittlich hoch. Kaufkraftschwund und die Inflationsentwicklung seien bei der Anpassungsentscheidung im Jahr 2015 ausreichend berücksichtigt worden. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sich die klagende Partei nicht berufen, denn die Aussetzung der Rentenanpassung sei in § 6 Ziff. 4 VO 85 angelegt. Von Beginn an sei hier ein Vorbehalt geregelt gewesen. Wie bereits erstinstanzlich dargelegt, habe der Vorstand der Beklagten in Folge der Entscheidung des Vorstands der A. D. AG beschlossen, die Ausnahmeregelung in § 6 Ziff. 4 VO 85 anzuwenden und dem Aufsichtsrat jeweils zur gemeinsamen Beschlussfassung vorzuschlagen, die zum 1. Juli 2015 zu gewährende Rentenanpassung der Gesamtversorgungsbezüge bzw. der Renten nur in Höhe von 0,5 % zu gewähren, da eine darüber hinausgehende Erhöhung für nicht vertretbar gehalten worden sei. Man habe sich bei Festlegung der Anpassungshöhe an der Inflationsrate orientiert, die am 15. Juli 2015 bei 0,28 % gelegen habe. Dabei habe man die Inflationsrate im Zeitpunkt der Entscheidung auf 0,5 % geschätzt. Die Betriebsräte seien, wie ebenfalls erstinstanzlich dargelegt, vor der Beschlussfassung ausreichend angehört und mit der Bitte um Stellungnahme angeschrieben worden und hätten auch Stellung genommen (Anl. B 12, Bl. 141 ff d.A.). Im zweiten Schritt hätten Vorstand und Aufsichtsrat auf Basis des Vorschlags des Vorstands gemeinsam die Reduzierung der vertraglichen Anpassung auf 0,5 % zum 1. Juli 2015 beschlossen. Der Beitrag des Vorstands zur gemeinsamen Beschlussfassung sei am 26. August 2015, der inhaltlich entsprechende Beschluss des Aufsichtsrats der Beklagten am 9. Oktober 2015 erfolgt. Auf die Erforderlichkeit einer Interessenabwägung sei in den jeweiligen Beschlussvorlagen ausdrücklich hingewiesen worden. Beide Gremien hätten alle Argumente abgewogen und in ihre Entscheidung einfließen lassen, auch die Stellungnahmen der Betriebsräte seien einbezogen worden. Zudem seien Erwägungen zur ungekürzten Anpassung und weniger einschneidenden Kürzungen enthalten gewesen. Für das Jahr 2016 sei ebenfalls beschlossen worden, eine Erhöhung nur um 0,5 % vorzunehmen. Der Vorstand habe seine Entscheidung nach Anhörung des Betriebsrats getroffen und die Erhöhung dem Aufsichtsrat um 0,5 % vorgeschlagen. Sodann hätten Vorstand und Aufsichtsrat im zweiten Schritt am 20. bzw. am 24. Juni 2016 (Anl. B 11, Bl. 390 d.A., und B 14, Bl. 427 ff d.A.) gemeinsam die Reduzierung der vertraglichen Anpassung auf 0,5 % zum 1. Juli 2016 beschlossen und auch dabei wiederum alle Umstände abgewogen. Die Beklagte habe von § 6 Ziff. 4 VO 85 Gebrauch machen dürfen. Eine Beschränkung auf wirtschaftliche Notlagen oder Veränderungen der wirtschaftlichen Unternehmensdaten sei nicht geregelt und auch nicht jahrzehntelanges Verständnis der Betriebsparteien. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig, in welchem die Begrifflichkeit einer wirtschaftlichen Notlage oder schwerwiegender Veränderung von Wirtschaftsdaten nicht den geringsten Niederschlag gefunden habe. Der Anpassung habe ein Wert zugrunde gelegen, der die Inflationsrate überstiegen habe. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe schon deshalb nicht, weil eine tarifvertragliche Regelung vorliege. Die Regelung in § 6 Ziff. 4 VO 85 sei auch im Übrigen wirksam. Sie sei hinreichend bestimmt, was ihre Auslegung ergebe. Auslegungsbedürftig sei der Begriff „vertretbar“. Dieser sei so zu verstehen, dass eine jährliche gemeinsame Ermessensentscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat zu ergehen habe, diese wiederum sei durch die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Das bedeute, dass eine von § 6 Ziff. 1 VO 85 negativ abweichende Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge einen sachlichen Grund voraussetze, der die Abweichung nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beklagten und der betroffenen Betriebsrentner rechtfertige. Dieses Auslegungsergebnis finde seine Bestätigung zudem in dem Umstand, dass die Regelung in § 6 VO 85 angelehnt sei an die Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks, welches ausweislich § 6 Ziff. 1 Grundbestimmungen bereits seit 1961 existiere und damit seit einer Zeit, zu der das Recht der betrieblichen Altersversorgung im Wesentlichen aus Richterrecht bestanden habe. Das vorgenannte Verständnis entspreche der Terminologie, auf die die Rechtsprechung noch heute zurückgreife. Eine Unwirksamkeit nach §§ 305 ff BGB scheide aus, da eine Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff BGB bei Tarifverträgen nicht stattfinde. Auf der Grundlage von § 6 Ziff. 4 VO 85 habe die Beklagte eine formell und materiell rechtmäßige Entscheidung über die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge im Jahr 2015 und 2016 nach billigem Ermessen getroffen, bei der vor allem das Interesse der Beklagten an einer gedeihlichen Fortentwicklung des Unternehmens einerseits und das Interesse der klagenden Partei an einem Teuerungsausgleich anderseits angemessen in Ausgleich gebracht worden seien. Der Betriebsrat sei zur teilweisen Aussetzung der Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge jeweils hinreichend angehört worden. Vorstand und Aufsichtsrat hätten einen formell wirksamen Beschluss gefasst, in dessen Rahmen alle relevanten Umstände und Interessen abgewogen worden seien. Dieser Beschluss habe die automatische Anpassung nach § 6 Ziff. 1 VO 85 ersetzt und wirke zurück auf den Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert worden seien (§ 6 Ziff. 2 VO 85). Die klagende Partei sei von der Anpassungsentscheidung in Kenntnis gesetzt worden. Die materiellen Voraussetzungen von § 6 Ziff. 4 VO 85 seien erfüllt. Ein Eingriff in laufende Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge sei grundsätzlich zulässig und zu messen an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes, wobei die Anforderungen an die Rechtfertigungsgründe von der Schwere des Eingriffs abhängen würden. Vorliegend sei jedoch nicht einmal ein Eingriff in laufende Leistungen gegeben, da der Vorbehalt von Beginn an in § 6 Ziff. 4 der VO 85 geregelt und somit Teil der Leistungszusage gewesen sei. Die klagende Partei habe daher damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu einem Prüfungstermin im Rahmen des billigen Ermessens von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werde. Eine solche Entscheidung bewege sich jedenfalls dann im Rahmen der Billigkeit und sei zulässig, wenn nach der Rechtsprechung sogar ein bereits der Natur nach intensiverer Eingriff zulässig wäre. Referenzpunkt sei ein Eingriff in laufende Leistungen. Ein insoweit erforderlicher sachlicher Grund sei vorliegend gegeben. Dieser müsse nicht zwingend ein wirtschaftlicher Grund im Sinne einer aktuellen wirtschaftlichen Zwangslage sein, sondern könne auch in einem Konzept zur zukunftsfähigen Ausrichtung eines Unternehmens liegen. Eine Anlehnung an die Vorschrift des § 16 BetrAVG sei in § 6 VO 85 nicht geregelt, vielmehr liege eine von § 16 BetrAVG abweichende tarifliche Regelung (§ 17 Abs. 3 BetrAVG) vor. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von § 6 Ziff. 1 und Ziff. 4 der VO 85. Es fände sich in der gesamten Regelung des § 6 VO 85 keinerlei Formulierung, die darauf schließen ließe, dass allein das Vorliegen wirtschaftlicher Gründe eine von § 6 Ziff. 1 VO 85 abweichende Anpassung ermögliche. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn die sachlichen Gründe willkürfrei, nachvollziehbar und anerkennenswert seien. Es genüge, wenn der Arbeitgeber die Beweggründe für diese bloß wirtschaftlich motivierten Maßnahmen nachvollziehbar darlege. Das sei hier der Fall, da ein Gesamtkonzept zur zukunftsfähigen Ausrichtung der Beklagten anlässlich des hohen Markt- und Konkurrenzdrucks existiere und bei der Beklagten auch umgesetzt worden sei. Das Programm für die zukunftsfähige Ausrichtung eines Unternehmens könne einen sachlichen Grund für die teilweise ausgesetzte Anpassung der Renten bilden. Bei der Beurteilung der dem Eingriff zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten und der finanziellen Auswirkungen der ergriffenen Maßnahme stehe dem Arbeitgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesamtkonzepts stehe ihm ein Beurteilungsspielraum zu, der die Entscheidung decke, zur Realisierung eines Zukunftskonzepts neben der aktiven Belegschaft auch die Betriebsrentner angemessen einzubeziehen. Das bereits dargestellte Gesamtkonzept des A.-Konzerns erstrecke sich auf die Beklagte, wobei der wesentliche Baustein das S.-Konzept sei. In diesen Rahmen füge sich die Anpassungsentscheidung der Beklagten ein. Das sei nicht willkürlich. Billiges Ermessen sei gewahrt, da die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gewahrt seien und die Interessen der Beklagten die der klagenden Partei überwögen. Die anvisierten Einsparungen von 160 bis 190 Mio. Euro jährlich sowie des Einsparpotentials bei vorliegender Anpassung der Betriebsrenten führten dazu, dass die von der Beklagten vorgenommene Anpassung als ein taugliches Mittel zur zukunftsweisenden Neuaufstellung, die mit dem S.-Konzept bezweckt sei, anzuerkennen sei. Zur Realisierung der Neuausrichtung müssten auch die Betriebsrentner ihren Beitrag leisten. Die Interessen der klagenden Partei würden nur gering wiegen, insbesondere da ein Teuerungsausgleich erfolgt bzw. übertroffen worden sei. Außerdem sei das Versorgungsniveau der klagenden Partei schon jetzt überdurchschnittlich hoch. Eine weitere Anpassung von 2,1 Prozent mit Wirkung zum 1. Juli 2015 wäre weitaus höher, als eine Anpassung für Versorgungsempfänger in anderen Versorgungswerken bei der Beklagten sowie im A.-Konzern. Auch dieses ungleiche Verhältnis zu anderen Versorgungsempfängern trage zur sachlichen Begründung der Entscheidung bei. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen könne sich die klagende Partei nicht berufen, denn die Aussetzung der Rentenanpassung sei in § 6 Ziff. 4 VO 85 angelegt. Insgesamt sei die wirtschaftliche Bestandssicherung der Beklagten gegenüber dem Interesse der klagenden Partei stärker zu bewerten.

35

Die Beklagte beantragt:

36

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2016, Az.: 28 Ca 121/16, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

37

Die klagende Partei beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

39

Die klagende Partei verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und trägt vor, die Regelung in § 6 Ziff. 4 VO 85 sei unwirksam, da sie nicht hinreichend bestimmt sei. Das gelte sowohl für die Tatbestandsseite („nicht für vertretbar“) als auch für die Rechtsfolgenseite („schlägt vor wie verfahren werden soll“). Darüber hinaus sei seitens der Beklagten kein rechtzeitiger bzw. formal ordnungsgemäßer Beschluss getroffen worden, da die Beschlüsse deutlich nach dem 1. Juli 2015 gefasst worden seien. Diese hätten den nach § 6 Ziff. 1 VO 85 bereits entstandenen Anspruch nicht rückwirkend entfallen lassen können. Ferner sei § 6 Ziff. 4 VO 85 so zu verstehen, dass nur dann von § 6 Ziff. 1 abgewichen werden dürfe, wenn veränderte wirtschaftliche Verhältnisse vorlägen - d.h. wenn die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers eine Anpassung nicht zulasse und der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Dieses Verständnis entspräche auch dem Zweck der Norm. Bei Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Versorgungswerk habe zwischen den Betriebsparteien Einigung bestanden, dass grundsätzlich die Gesamtversorgungsbezüge zum gleichen Zeitpunkt und in der gleichen Höhe gesteigert werden sollten wie die gesetzliche Rente. Davon habe nur dann abgewichen werden dürfen, werden die wirtschaftliche Lage eine Anpassung nicht zulasse und der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet sei. Die VO 85 sei – unstreitig – die Folgeregelung zum Betrieblichen Versorgungswerk. Aufgrund des Wortlauts der Regelungen sei nicht ersichtlich, dass die Parteien des Tarifvertrags eine inhaltlich abweichende Regelung hätten schaffen wollen. Entsprechend hätten auch sämtliche Betriebsräte im Rahmen ihrer Stellungnahmen darauf hingewiesen, Voraussetzung für ein Abweichen von § 6 Ziff. 1 VO 85 sei, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten eine Steigerung im Umfang der gesetzlichen Rente nicht zulasse und die Erhöhung nicht aus Gewinnen finanziert werden könne. Nur mit Blick auf die zusätzlichen Kosten, die durch die Erhöhung der Betriebsrente entstünden, dürfe die Beklagte entscheiden, ob von § 6 Ziff. 1 VO 85 abgewichen werden könne und zwar mit Blick auf ihre wirtschaftliche Situation bzw. die Finanzierbarkeit der Anpassung. Anderenfalls würde der Anpassungsanspruch vollständig entwertet. Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe rechtfertigten den Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat nicht, da die Entscheidung letztlich mit einem Interesse an einer Gewinnmaximierung begründet worden sei. Zudem bestünden zwischen den personellen/strukturellen Veränderungen im Unternehmen der Beklagten und der Frage, ob ein Anpassungsanspruch erfüllt werde, kein sachlicher Zusammenhang, so dass die Entscheidung willkürlich sei. Auch sei der Vortrag der Beklagten zum Teil zu allgemein gehalten und nicht einlassungsfähig. Ferner werde bestritten, dass sich durch das LVRG der finanzielle Aufwand für die Beklagte deutlich erhöht habe. Hinzuweisen sei auch auf einen Bericht des Handelsblatts vom 18. März 2016, wonach der A.-Konzern im Jahr 2015 so viel verdient habe wie seit acht Jahren nicht mehr, was unstreitig ist. Die Steigerung der Dividende im Jahr 2015 stehe im Widerspruch zu der Entscheidung, dass die Erfüllung der Anpassungsansprüche der Betriebsrentner nicht vertretbar sei. Unklar sei auch, inwiefern steigende Kundenanforderungen im Zusammenhang mit der Entscheidung stünden. Entsprechendes gelte für die vertrieblichen Herausforderungen im Branchenumfeld. Bestritten werde, dass im Jahr 2016 eine zusätzliche Zinsreserve von € 620 Millionen habe aufgebaut werden müssen, dass die Reduzierung der Rentenerhöhung zu Einsparungen von € 2,7 Millionen und zu einer Reduzierung der Rückstellungen in Höhe von € 43,6 Millionen führe, dass bei der Beklagten Einsparungen im Umfang von € 336.588,00 vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Dezember 2016 realisiert worden seien und dass das S.-Konzept konzernweit zu Einsparungen von € 160 bis 190 Mio. pro Jahr führe. Im Übrigen sei nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang Betriebsübergänge, Änderungen im Vertrieb, Budgetkürzungen bei Sach-, Reise-, Bewirtungs- und Fortbildungskosten mit der Vertretbarkeit der Anpassung der Betriebsrenten stehen sollen. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgesprochen worden, und kein Mitarbeiter habe auf finanzielle Ansprüche verzichten müssen. Ermessensfehlerhaft sei es zudem, wenn sich die Entscheidung des Vorstands und Aufsichtsrats nicht an § 6 Ziff. 1 VO 85, sondern am Inflationsausgleich orientiere, weil hierfür § 16 Abs. 1 BetrAVG einschlägig sei. Schließlich sei es ermessensfehlerhaft, wenn nicht „die Renten“, die als Versorgungsleistung zu gewähren seien, sondern lediglich Teile gesteigert würden.

40

Mit Verfügung vom 24. Juli 2017 sind den Parteien rechtliche Hinweise erteilt worden. Hierauf wird Bezug genommen (Bl. 745 ff d.A.).

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Protokolle sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

42

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist zulässig, aber nicht begründet.

A.

43

Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 64, Abs. 1, 2 b ArbGG statthaft. Sie wurde im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.

B.

44

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet. Der klagenden Partei steht der geltend gemachte Erhöhungsanspruch in Bezug auf die Betriebsrente für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2015 bzw. 2016 zu.

45

Im Einzelnen:

1.

46

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klagantrag zu 1), der auf die Gewährung einer wiederkehrenden Leistung gerichtet ist, gem. § 258 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG zulässig. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. BAG 17.06.2014 - 3 AZR 529/12 - Rn. 21).

2.

47

Die Klage ist, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, begründet. Die klagende Partei hat ab dem 1. Dezember 2016 einen Anspruch auf Erhöhung der Betriebsrente um € 85,51 brutto monatlich sowie einen Anspruch auf die aufgelaufene Differenz in Höhe von € 729,47 brutto.

48

Diese Ansprüche folgen aus § 6 Ziff. 1 VO 85 und bedeuten eine ungekürzte Anpassung der Betriebsrenten entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Rente um 2,0972 % zum 01. Juli 2015 sowie um 4,2451 % zum 01. Juli 2016.

49

Diesen Ansprüchen konnte die Beklagte nicht die Beschlüsse vom 26. August/9. Oktober 2015 bzw. vom 20./22. Juni 2016 nach § 6 Ziff. 4 VO 85 entgegensetzen, wonach „die Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten“ nur um 0,5 % steigen sollten. Diese Beschlüsse der Beklagten sind unwirksam. Mangels Vorliegens eines hinreichenden sachlichen Grundes durfte die Beklagte nicht von der Anpassungsautomatik in § 6 Ziff. 1 VO 85 abweichen. Im Einzelnen:

a)

50

Der klagenden Partei steht ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte ab dem 1. Juli 2015 in Höhe von monatlich € 25,16 brutto über die bereits gezahlte Betriebsrente hinaus zu sowie ab dem 1. Juli 2016 in Höhe von € 85,51 brutto, da die Beklagte gemäß § 6 Ziffer 1 VO 85 verpflichtet ist, die Betriebsrente der klagenden Partei ab Juli 2015 um 2,0972 % sowie ab Juli 2016 um weitere 4,2451 % anzupassen.

51

Unstreitig wurden die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 2015 bzw. 1. Juli 2016 um eben diese Prozentsätze angehoben. Ebenso unstreitig ist, dass die jeweils nur um 0,5 % erhöhte Betriebsrente zu einer monatlichen Differenz in Höhe von € 25,16 brutto ab Juli 2015 bzw. € 85,51 brutto ab Juli 2016 führte bzw. führt.

b)

52

Die Anpassungsverpflichtungen gemäß § 6 Ziff. 1 VO 85 wurde – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht gem. § 6 Ziff. 4 VO 85 durch die Beschlüsse der Beklagten vom 26. August/9. Oktober 2015 bzw. vom 20./22. Juni 2016 ersetzt, da diese Beschlüsse unwirksam sind.

53

Die Unwirksamkeit der Beschlüsse folgt daraus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85 nicht erfüllt sind.

aa)

54

Nach § 6 Ziff. 1 VO 85 werden die Renten jeweils entsprechend der Steigerungsrate der gesetzlichen Rente angepasst, d.h. erhöht und zwar gemäß Ziffer 2 zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

55

Nach § 6 Ziff. 4 VO 85 darf die Beklagte für den Fall, dass der Vorstand die Anpassung nach § 6 Ziff. 1 VO 85 für nicht vertretbar hält, vorschlagen und sodann gemeinsam mit dem Aufsichtsrat beschließen, was nach seiner Auffassung geschehen soll.

56

§ 6 Ziff. 1 VO 85 beinhaltet eine Anpassungsautomatik als Grundsatz, ohne dass eine Entscheidung der Beklagten getroffen werden muss. Der Wortlaut der Bestimmung ist an dieser Stelle eindeutig. Sprachlich wird eine direkte Verbindung zur gesetzlichen Regelung in § 49 AVG bzw. dessen Nachfolgeregelung in §§ 65, 68 SGB VI gezogen, und es wird ein Grundsatz formuliert, wie die Betriebsrenten in der Zukunft angepasst werden sollen, ohne dass dem eine Entscheidung auf Seiten der Arbeitgeberin voran gehen muss. Dies ergibt sich auch aus dem Zusammenspiel mit § 6 Ziff. 4, S. 2 VO 85: hiernach „ersetzt“ der Beschluss die Anpassung nach § 6 Ziff. 1. Ersetzt werden kann aber nur etwas Bestehendes bzw. Feststehendes.

57

§ 6 Ziff. 4 VO 85 regelt unter bestimmten Voraussetzungen einen Anpassungsvorbehalt zugunsten der Beklagten. Dabei darf sie auf der Tatbestandsebene entscheiden, ob die Anpassung nach § 6 Ziffer 1 VO 85 nicht vertretbar ist sowie auf der Rechtsfolgenebene vorschlagen und beschließen, was stattdessen geschehen soll. Diese Regelungen sind wirksam, insbesondere hinreichend bestimmt. Allerdings sind die Voraussetzungen auf Tatbestandsebene nicht erfüllt.

58

aaa)

59

Die Formulierung in § 6 Ziff. 4 VO 85 „für nicht vertretbar hält“ ist hinreichend bestimmt. Das ergibt die Auslegung der Norm.

i)

60

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (s. nur BAG v. 22.04.2010, NZA 2011, 1293; BAG v. 13.10.2011, 8 AZR 514/10; zit. nach juris). Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist stets abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und gesetzeskonformen Regelung führt (BAG v. 22.04.2010, NZA 2011, 1293; BAG v. 13.10.2011, 8 AZR 514/10; zit. nach juris). Ist eine Ausnahmeregelung gegeben, so ist eine solche grundsätzlich nicht extensiv, sondern eng auszulegen (vgl. BAG, 26.3.1997, 10 AZR 751/96; 13.1.1981, 6 AZR 678/78; zit. nach juris).

61

Bei Aufstellen ihrer normativen Regelungen unterliegen die Tarifpartner dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (vgl. nur BAG, 27.6.2006, 3 AZR 196/05; zit. nach juris). Der Normgeber muss dabei die von ihm erlassenen Regelungen so bestimmt fassen, dass die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (BAG, 19.4.2012, 6 AZR 677/10, m.w.N.; 29.1.1986, 4 AZR 465/84; zit. nach juris). Die Tarifvertragsparteien haben aber bei der technischen Umsetzung der von ihnen verfolgten Zwecke regelmäßig einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie dürfen insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden (BAG, 19.4.2012, 6 AZR 677/10, m.w.N.; zit. nach juris). Gerichte dürfen tarifliche Regelungen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wegen mangelnder Bestimmtheit und des darauf beruhenden Verstoßes gegen rechtsstaatliche Grundsätze für unwirksam erachten (BAG, 19.4.2012, 6 AZR 677/10, m.w.N.; zit. nach juris). Hieraus folgt, dass unbestimmte Rechtsbegriffe jedenfalls dann verwendet werden dürfen und nicht zur Unwirksamkeit einer tariflichen Bestimmung führen, wenn sich mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Regelungswerks, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt. Die Rechtsprechung ist zudem gehalten, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (BAG, 19.4.2012, 6 AZR 677/10; 27.6.2006, 3 AZR 196/05; zit. nach juris).

ii)

62

Die auf der Tatbestandsebene gegebene Formulierung „für nicht vertretbar hält“ stellt einen solchen unbestimmten Rechtsbegriff dar. Dieser Rechtsbegriff ist aber auslegungsfähig.

63

Unter Beachtung der vorgenannten Auslegungsgrundsätze ergibt sich vorliegend, dass die in § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85 auf der Tatbestandsebene gegebene Formulierung „für nicht vertretbar hält“ im Wege der Auslegung einen hinreichend bestimmten Inhalt erhält. Sie ist dahingehend zu verstehen, dass die Arbeitgeberin von der Ausnahmeregelung in § § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85 nur dann Gebrauch machen darf, wenn sie eine Interessenabwägung vorgenommen hat, die auf Arbeitgeberseite wirtschaftlich veränderte, finanziell belastende Verhältnisse einzubeziehen und sich auf entsprechende sachliche Gründe zu stützen hat. Dabei muss sie den Ausnahmecharakter des Anpassungsvorbehalts beachten sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie des Vertrauensschutzes wahren. Im Ergebnis haben ihre Interessen die der Betriebsrentner zu überwiegen.

64

Aus dem Wortlaut folgt zunächst, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung, von dem Anpassungsgrundsatz abweichen zu wollen, eine Interessenabwägung vorzunehmen hat. Der Begriff „für nicht vertretbar hält“ ist gleichbedeutend mit „nicht verantworten“ können (vgl. Duden online unter www.duden.de). Wird etwas als nicht zu verantworten eingeschätzt, so setzt das einen Abwägungsvorgang, d.h. eine Interessenabwägung voraus und zwar vorliegend, ob im konkreten Einzelfall (hier für die Jahre 2015 und 2016) von § 6 Ziff. 1 VO 85 abgewichen werden darf. Eine solche Interessenabwägung hat die in der Regel gegenläufigen Interessen der Betriebsrentner und die Interessen der Beklagten einzubeziehen. Ansonsten ist der Wortlaut der Norm allerdings unergiebig.

65

Aus systematischer Sicht ist zu berücksichtigen, dass ein Regel-Ausnahme-Verhältnis von § 6 Ziff. 1 zu § 6 Ziff. 4 VO 85 vorliegt und dass Ausnahmebestimmungen grundsätzlich eng auszulegen sind. Der Grundsatz in § 6 Ziff. 1 VO 85 besagt, dass die Anpassung der Betriebsrenten entsprechend dem Steigerungssatz der gesetzlichen Renten zu erfolgen hat. Von diesem Grundsatz soll nur in Ausnahmefällen abgewichen werden dürfen, so dass im Rahmen der Auslegung der Ausnahmevorschrift (§ 6 Ziff. 4 VO 85 „nicht für vertretbar hält“) enge Maßstäbe anzusetzen sind. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin seinerzeit, bei Abschluss der VO 85, dazu entschieden hatte, für die grundsätzlich vorgesehene Anpassung nach § 6 Ziff. 1 VO 85 entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Dieser Bezug zu den finanziell zur Verfügung gestellten und grundsätzlich zugesagten Mitteln sowie der Umstand, dass ein Abweichen von § 6 Ziff. 1 nur im Ausnahmefall – nach entsprechender Prüfung durch den Vorstand – erfolgen soll, verdeutlichen, dass jeweils im konkreten Einzelfall der vorgesehenen Betriebsrentensteigerung wirtschaftliche, sprich finanzielle Gründe gegeben sein müssen, um eine andere Entscheidung treffen zu dürfen. Aus dem Ausnahmecharakter von § 6 Ziff. 4 VO 85 folgt zugleich, dass die Tarifparteien als Normgeber der Arbeitgeberin nicht freie Hand bezüglich der Frage geben wollten, ob von § 6 Ziff. 1 VO 85 abgewichen werden darf, sondern dass die Sichtweise eines vernünftigen Vorstands maßgeblich sein soll, der die grundsätzlich vorgesehene Anpassung gemäß dem Steigerungssatz der gesetzlichen Renten, die Interessen der Betriebsrentner und die eigene wirtschaftliche Interessenlage objektiv betrachtet und gegeneinander abwägt.

66

Dabei müssen die wirtschaftlichen Gründe, auf die die Arbeitgeberin ihre Entscheidung, die grundsätzlich vorgesehene Erhöhung der Betriebsrenten nicht weiter geben zu wollen, stützt, nicht die Anforderungen von § 16 BetrAVG erfüllen. Denn es geht nicht um die gesetzlich vorgesehene Betriebsrentenanpassung. Der systematische Zusammenhang zwischen dem Grundsatz in § 6 Ziff. 1 und der Ausnahme in § 6 Ziff. 4 VO 85 verdeutlicht aber eine Wechselbeziehung zwischen der in Ziffer 1 vorgesehenen Anpassung gemäß dem Steigerungssatz der gesetzlichen Renten, für den sich die Tarifparteien entschieden haben, und der Finanzierbarkeit einer solchen Anpassung. Wenn diese Finanzierbarkeit, entgegen der insoweit bei Inkrafttreten des Betrieblichen Versorgungswerks zur Verfügung gestellten und grundsätzlich versprochenen Finanzmittel, nicht für gegeben erachtet wird, darf eine andere Vorgehensweise beschlossen werden. Da es somit um die Frage der Finanzierbarkeit der Anpassung der Betriebsrenten geht, müssen entsprechende finanzielle Gründe im Rahmen der Entscheidung nach § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85 berücksichtigt und angeführt werden. Anderenfalls wäre die Regel-Ausnahme-Vorschrift in sich nicht schlüssig.

67

Des Weiteren kann der Inhalt von § 1 Ziff. 3 VO 85 berücksichtigt werden. Hiernach hat sich die Beklagte vorbehalten, die Versorgungsleistungen zu kürzen oder einzustellen, allerdings nur „wenn die bei Erteilung der Zusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, daß den B.-Unternehmen die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Versorgungsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.“ Zwar geht es vorliegend nicht um eine Kürzung oder Einstellung der Betriebsrenten selbst, sondern um die Reduzierung der grundsätzlich vorgesehenen Anpassung der Betriebsrenten. Aus § 1 Abs. 3 VO 85 geht aber der Wille der Tarifvertragsparteien hiervor, dass eine Abänderung der zugesagten Leistungen nur in Betracht kommt, wenn sich im Rahmen einer Interessenabwägung ergibt, dass dies der Beklagten – unter objektiver Beachtung der Belange der Betriebsrentner – nicht mehr zugemutet werden kann. Diesen Willen auf die nach § 6 Ziff. 1 VO 85 grundsätzlich vorgesehene Erhöhung der Renten gemäß dem gesetzlichen Rentensteigerungssatz übertragen bedeutet, dass sie dann unterbleiben oder reduziert werden kann, wenn dies der Beklagten nicht (mehr) zugemutet werden kann. Eine Beschränkung des in § 1 Ziff. 3 VO 85 enthaltenen Vorbehalts allein auf eine Kürzung oder Einstellung der Renten an sich ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Es gilt auch für die zugesagten Anpassungen, dass auf diese ein Rechtsanspruch besteht (§ 1 Ziff. 3 S. 1 VO 85). Zudem fallen unter den Begriff „zugesagte Leistungen“ in § 1 Ziff. 3 S. 2 VO 85 auch die zugesagten Anpassungsbestimmungen, d.h. § 6 Ziff. 1 VO 85. Unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass es um das Bereitstellen finanzieller Mittel für die Rentenanpassung geht, ergibt sich sodann, dass von einer Unzumutbarkeit dann auszugehen ist, wenn die Beklagte die grundsätzlich tariflich zugesagte Erhöhung der Renten aus finanziellen Gründen nicht (mehr) verantworten kann. Welches Gewicht diese finanziellen Gründe wiederum haben müssen, ist davon abhängig, wie schwerwiegend der Eingriff in die Anpassungsregelung nach § 6 Ziff. 1 VO ist, d.h. in welchem Umfang die Rentenerhöhung nicht weiter gegeben wird und welche Auswirkungen dies für die Betriebsrenten hat.

68

Auch der Zweck der Norm spricht dafür, einen Eingriff in den Anpassungsgrundsatz nur dann zuzulassen, wenn die Finanzierbarkeit der Rentensteigerung in Frage steht. Dabei folgt der Zweck der Norm aus dem Zusammenhang der Bestimmungen in § 6 Ziff. 1 und § 6 Ziff. 4 VO 85: grundsätzlich entsprach es dem Willen der Tarifparteien, die Betriebsrenten im Gleichlauf mit den gesetzlichen Renten zu erhöhen mit dem Ziel, die betrieblichen Renten einer Dynamisierung im Gleichlauf mit den gesetzlichen Rentensteigerungen zu unterwerfen, um so den Lebensstandard halten zu können und die Betriebsrenten vor einer Auszehrung zu schützen. Dabei wurde als sachgerechter Maßstab die Entscheidung des Gesetzgebers gesehen und akzeptiert, ob und in welchem Umfang die gesetzlichen Renten jährlich steigen. Soll dieses Ziel im Regelfall auch erreicht werden, so sind für eine Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrenten geringer (oder gar nicht) steigen zu lassen als die gesetzlichen Renten, höhere Anforderungen zu stellen als allein das Vorliegen eines willkürfreien, sachlichen, nachvollziehbaren Grundes. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Betriebsrentner ihre Gegenleistung für die zugesagten Betriebsrenten bereits erbracht haben und dass die Betriebsrenten insbesondere ab dem Zeitpunkt des Versorgungsfalls einen besonderen Schutz genießen, weil die Betriebsrentner selbst nicht mehr für einen anderweitigen Ausgleich von Versorgungslücken sorgen können (vgl. BAG, 28.6.2011, 3 AZR 282/09; 26.10.2010, 3 AZR 711/08; zit. nach juris).

69

Schließlich kann im Hinblick auf die Anforderungen, die an den sachlichen Grund für eine Abweichung vom Anpassungsgrundsatz zu stellen sind, auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Eingriffen in Betriebsrentenansprüche zurückgegriffen werden (sog. Drei-Stufen-Modell, vgl. grundlegend BAG, 17.4.1985, 3 AZR 72/83; zit. nach juris). Zwar geht es vorliegend nicht um einen klassischen Eingriff in Versorgungsanwartschaften oder in Renten-Dynamiken. Ebenso geht es nicht um einen Eingriff in Anpassungsregelungen, da der Anpassungsvorbehalt von vornherein der Bestimmung in § 6 Ziff. 4 VO 85 inne wohnte. Aber es geht um ein Abweichen der grundsätzlich zugesagten Erhöhung der Betriebsrenten gemäß der Steigerungsrate der gesetzlichen Renten (§ 6 Ziff. 1 VO 85). Das rechtfertigt es bei der Prüfung des die Entscheidung der Arbeitgeberin rechtfertigenden Grundes, jedenfalls die hinter der vorgenannten Rechtsprechung stehenden Grundsätze auch vorliegend zur Anwendung gelangen zu lassen, nämlich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie den Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. die Rechtsprechung des BAG zu Eingriffen in Anpassungsregelungen, z.B. BAG, 18.9.2012, 3 AZR 431/10; 9.11.1999, 3 AZR 432/98; zit. nach juris). Dabei erscheint es vorliegend allerdings nicht ausreichend, einen irgendwie nachvollziehbaren, willkürfreien, sachlichen Grund für das Abweichen vom Anpassungsgrundsatz genügen zu lassen. Zwar ist der Beklagten Recht darin zu geben, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dies für Eingriffe in Anpassungsregelungen dann genügen lässt, wenn ein geringfügiger Eingriff gegeben ist (vgl. BAG, 28.6.2011, 3 AZR 282/09; zit. nach juris). Ebenso mag hier ein geringfügiger Eingriff vorliegen, weil die Kaufkraft der Renten durch den Ausgleich der Inflationsrate gewahrt blieb und die Rentner insoweit keinen Anlass gehabt hätten, anderweitig eine Versorgungslücke zu schließen (vgl. BAG, 28.6.2011, 3 AZR 282/09; zit. nach juris). Allerdings ist zu beachten, dass es eben nicht um einen Eingriff in eine Anpassungsregelung geht, welchen die Normgeber – hier die Tarifparteien – gemeinsam vorgenommen haben. Sondern es geht um ein von vornherein vorgesehenes einseitiges Recht der Arbeitgeberin, in den gemeinsam aufgestellten Anpassungsgrundsatz im Ausnahmefall eingreifen zu dürfen. Da in einem solchen Fall die Arbeitgeberin allein entscheiden darf und zudem eine Ausnahmebestimmung vorliegt, sind die Entscheidungsgrenzen eng zu ziehen, um den gemeinsamen Willen der Tarifparteien, grundsätzlich sei die gesetzliche Rentensteigerung an die Betriebsrentner weiter zu geben, nicht leer laufen zu lassen. Das spricht dafür, nicht jeden willkürfreien, sachlichen Grund genügen zu lassen, sondern die Ausnahme auf wirtschaftliche Gründe zu beschränken, d.h. vorliegend finanzielle Gründe von der Beklagten zu fordern, die den Eingriff in den Anpassungsgrundsatz rechtfertigen müssen.

70

Soweit die Beklagte einwendet, dies habe keinen Niederschlag im Wortlaut des Tarifvertrags gefunden, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen ist dieses Ergebnis die Folge der Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Insoweit kann das Fordern wirtschaftlicher Gründe in die Formulierung „nicht für vertretbar halten“ – auch aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von § 6 Ziff. 1 zu § 6 Ziff. 4 – hineingelesen werden. Zum anderen kann auf § 1 Ziff. 3 VO 85 verwiesen werden, wo auf die bei Erteilung der tariflichen Ansprüche maßgebenden Verhältnisse und deren Veränderungen abgestellt wird, wozu auf Beklagtenseite entsprechende wirtschaftliche Verhältnisse gehören, d.h. hinreichende finanzielle Mittel, um die zugesagten betrieblichen Altersversorgungsleistungen auch erfüllen zu können.

71

Zudem kann in diesem Zusammenhang die Entstehung der Norm berücksichtigt werden. Die tarifliche Regelung war Folge dessen, dass die Versorgungskasse, die Bestandteil des Betrieblichen Versorgungswerks (BVW) war bzw. ist, zum 1.4.1985 für neue Mitarbeiter geschlossen wurde. Mit der VO 85 wurde eine neue betriebliche Altersversorgung aufgestellt für die ab dem 1.4.1985 neu eingetretenen Mitarbeiter. Die Regelungen der VO 85 lehnen sich jedoch unstreitig an die Regelungen des Betrieblichen Versorgungswerks an. Zudem sind die Anpassungsbestimmungen nahezu wortidentisch. Es heißt lediglich statt „Gesamtversorgung“ (so im BVW) „Renten“ (so in der VO 85). Ferner lautet die Überschrift anders: „Anpassung der Renten“ in der VO 85 - „Anpassung an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse“ im BVW. Da ansonsten keine inhaltliche Veränderung im Gegensatz zur Vorgängerregelung im Betrieblichen Versorgungswerk erfolgt ist, ist anzunehmen, dass die Anpassung der Betriebsrenten im Gleichlauf vorgenommen werden sollten. D.h.: grundsätzlich gemäß dem gesetzlichen Rentensteigerungssatz und nur im Ausnahmefall in anderem Umfang. Indem § 6 Ausführungsbestimmungen BVW in der Überschrift auf„veränderte wirtschaftliche Verhältnisse“ rekurriert, hatte dort die Berücksichtigung wirtschaftlicher Gründe auf Seiten der Beklagten im Wortlaut der Norm einen Niederschlag gefunden.

72

Insgesamt führen die vorstehenden Erwägungen demnach zu dem Ergebnis, dass der Begriff „nicht für vertretbar hält“ auslegungsfähig ist und der Regelung so ein hinreichend bestimmter Inhalt zugeführt werden kann: Es hat eine Interessenabwägung zu erfolgen, die auf wirtschaftlich veränderte Verhältnisse abzustellen und sich auf entsprechende sachliche Gründe zu stützen hat, den Ausnahmecharakter des Anpassungsvorbehalts beachten muss und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie des Vertrauensschutzes zu wahren hat. Das Gewicht des sachlichen Grundes, der auf Beklagtenseite finanzielle Aspekte zu beinhalten hat, hängt davon ab, wie stark im konkreten Fall in die nach § 6 Ziff. 1 grundsätzlich vorgesehene Steigerung eingegriffen wird (vgl. die Rechtsprechung des BAG zu Eingriffen in Anpassungsregelungen, z.B. BAG, 18.9.2012, 3 AZR 431/10; 9.11.1999, 3 AZR 432/98; zit. nach juris). Dieses Auslegungsergebnis führt zu einer pragmatischen, handhabbaren und interessengerechten Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung von § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85. Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt aber nicht jedweder willkürfreier, sachlich nachvollziehbarer Grund.

73

bbb)

74

Die Bestimmung in § 6 Ziff. 4, 2. Hs. VO 85 auf der Rechtsfolgenebene ist ebenfalls auslegungsfähig und hinreichend bestimmt. Hiernach darf der Vorstand vorschlagen (und mit dem Aufsichtsrat entscheiden), „was geschehen soll“. Insoweit greift die gesetzliche Regelung von § 315 BGB ein: die Beklagte hat ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht und darf nach billigem Ermessen entscheiden, in welcher Höhe die Anpassung erfolgen soll.

75

Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Welche Umstände dies im Einzelnen sind, hängt auch von der Art der Leistungsbestimmung ab, die der Berechtigte zu treffen hat (BAG, 30.8.2016, 3 AZR 272/15; 10.7.2013, 10 AZR 915/12; zit. nach juris). Da es vorliegend um die Anpassung von betrieblichen Versorgungsleistungen geht, haben in die Entscheidung nach billigem Ermessen die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Veränderungen von Versorgungszusagen einzufließen. Das bedeutet hier, da es um einen Anpassungsvorbehalt in Bezug auf eine grundsätzlich zugesagte Erhöhung der Betriebsrenten gemäß dem gesetzlichen Rentensteigerungssatz geht, dass die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu wahren sind (vgl. BAG, 28.6.2011, 3 AZR 282/09; zit. nach juris).

76

ccc)

77

Ausgehend von dem zuvor unter 2. b) aa) aaa) dargestellten Verständnis von § 6 Ziff. 4 1. Hs. VO 85 zeigt sich, dass die Entscheidung der Beklagten, die Renten jeweils nur um 0,5 % zu erhöhen, unwirksam ist, weil kein hinreichender sachlicher Grund für die von § 6 Ziff. 1 VO 85 abweichende Anpassungsentscheidung (zuungunsten der klagenden Partei) vorliegt. Ihre Entscheidung in den Beschlüssen vom 26. August/9. Oktober 2015 und vom 20./22. Juni 2016 genügt nicht den tatbestandlichen Anforderungen von § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85.

78

Wie ausgeführt, ist § 6 Ziff. 4, 1. Hs VO 85 bei der Frage, ob von der Anpassungsautomatik nach § 6 Ziff. 1 VO 85 abgewichen werden darf, dahingehend zu verstehen, dass eine Interessenabwägung zu erfolgen hat. Diese hat auf wirtschaftlich veränderte Verhältnisse auf Beklagtenseite abzustellen und sich auf entsprechende sachliche Gründe zu stützen, muss dem Ausnahmecharakter des Anpassungsvorbehalts gerecht werden und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie des Vertrauensschutzes wahren. Das Gewicht des sachlichen Grundes, der auf Beklagtenseite wirtschaftliche Aspekte zu beinhalten hat, hängt davon ab, wie stark im konkreten Fall in die nach § 6 Ziff. 1 VO 85 grundsätzlich vorgesehene Steigerung eingegriffen wird.

79

Mit der Entscheidung, die Renten nur um 0,5 % zu erhöhen, hat die Beklagte im Jahr 2015 lediglich etwa ein Viertel der vorgesehenen Erhöhung weiter gegeben, im Jahr 2016 sogar nur etwas mehr als 1/10 (11,8 %). Im Hinblick auf die grundsätzlich zugesagten Erhöhungen stellt dies ein erhebliches Abweichen von der nach § 6 Ziff. 1 VO 85 vorgesehenen Anpassung dar. Beachtet man allerdings, dass aufgrund des Inflationsausgleichs – zumindest für das Jahr 2015 – jedenfalls die Kaufkraft gewahrt wurde, mag sich der Eingriff etwas relativieren.

80

Dennoch genügen die von der Beklagten angeführten Gründe nicht der Entscheidung, von der Ausnahmeregelung in § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85 Gebrauch zu machen und die grundsätzlich vorgesehene Rentenanpassung nicht weiter zu geben, sondern jeweils eine nur – vor allem im Jahr 2016 – deutlich geringere Steigerung vorzunehmen. Zur Begründung führt die Beklagte letztlich das sog. S.-Konzept an, das sie aufgrund der Marktbedingungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen beschlossen hatte, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und ihr Unternehmen zukunftsfähig auszurichten. Ausdrücklich hat die Beklagte nicht auf ihre wirtschaftliche, sprich finanzielle Leistungsfähigkeit abgestellt, sondern auf ein Reorganisations- und Umstrukturierungsprogramm des Gesamtkonzerns zur Gewinnsteigerung und Stärkung ihrer Marktposition. Wie dargelegt, müssen bei Nichtweitergabe der grundsätzlich in § 6 Ziff. 1 VO 85 vorgesehenen Erhöhung der Betriebsrenten zur Rechtfertigung allerdings finanzielle Gründe auf Beklagtenseite angeführt werden. Der Wunsch nach Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, nach Stärkung der Marktposition und zukunftsfähigen Ausrichtung des Konzerns bzw. Unternehmens der Beklagten genügt vorliegend nicht, auch wenn insoweit eine willkürfreie Entscheidung gegeben ist, die aus unternehmerischer Sicht sachlich nachvollziehbar ist. Sie entspricht aber nicht der Grundentscheidung der Tarifpartner, die Betriebsrenten im Gleichlauf mit den gesetzlichen Renten zu erhöhen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise nicht zu vertreten und zwar – wie dargestellt – aus wirtschaftlichen, d.h. finanziellen Gründen. Finanziell gesehen wäre die Beklagte jedoch – soweit erkennbar – durchaus in der Lage, die Renten wie in § 6 Ziff. 1 VO 85 vorgesehen anzupassen. Dabei ist auch zu beachten, dass zum einen die aktiven Mitarbeiter keine finanziellen Nachteile bzw. Einschnitte hinzunehmen hatten (mit Ausnahme der außertariflichen Mitarbeiter, die im Jahr 2016 keine Gehaltssteigerung erhielten) und dass keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen wurden oder konkret geplant sind. Ferner hat der Konzern im Jahr 2015 so viel verdient, wie seit 8 Jahren nicht mehr, ohne dass erkennbar ist, dass dies im Wesentlichen auf das Restrukturierungskonzept und vor allem die eingesparten Rentenerhöhungen zurückzuführen ist. Zudem wurden im Jahr 2015 die Dividenden erhöht. Welches Gewicht die wirtschaftlichen Gründe zur Rechtfertigung eines Eingriffs in den Anpassungsgrundsatz nach § 6 Ziff. 1 VO 85 im Ergebnis haben müssen, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, da die Beklagte keine finanziellen Gründe angeführt und auch kein konkretes Zahlenmaterial dargelegt hat, aus denen erkennbar wäre, ob und vor allem in welchem Umfang sich die Rentenanpassungen nach § 6 Abs. 1 VO 85 zu ihren Lasten ausgewirkt hätte.

81

Die übrigen angeführten Gründe, die letztlich zum S.-Konzept geführt haben, stellen ebenfalls keine ausreichenden Sachgründe im Sinne von § 6 Ziff. 4, 1. Hs. VO 85 dar. Zum einen ist der Vortrag der Beklagten an dieser Stelle sehr allgemein gehalten, z.B. soweit es um Lebenserwartungen, niedriges Zinsniveau, steigende Kundenanforderungen, vertriebliche Herausforderungen im Branchenumfeld, geringste Überschussbeteiligung in der Versicherungsbranche, etc. geht. Zum anderen sind konkrete Auswirkungen in finanzieller Hinsicht auch insoweit nicht dargelegt, d.h. wie diese Umstände die Beklagte wirtschaftlich belasten und dass und warum aus finanziellen Gründen daher die nach § 6 Ziff. 1 VO 85 vorgesehene Rentenerhöhungen nicht vertretbar sind. Zu erwartende Gewinneinbrüche oder gar Verluste sind nicht dargestellt. Außerdem stützt die Beklagte – wie mehrfach erwähnt – ihre Entscheidung ausdrücklich nicht auf ihre aktuelle wirtschaftliche Lage, sondern auf das schwierige Marktumfeld und die aus ihrer Sicht notwendige zukünftige Neuausrichtung des Konzerns bzw. ihres Unternehmens, wozu auch die Rentner ihren Beitrag leisten sollten. Soweit auf das hohe Versorgungsniveau der Mitarbeiter des ehemaligen B.-Unternehmen abgestellt wird, ist es zwar richtig, dass die Vereinheitlichung verschiedener in einem Unternehmen zur Anwendung kommenden Versorgungsordnungen ein Kriterium für die Veränderung solcher Versorgungsordnungen sein kann. Allerdings hat die Beklagte keine solche Anpassung vorgenommen, denn die Versorgungsordnung an sich blieb unberührt.

82

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend eine konzernweite Entscheidung getroffen und dargestellt wurde unabhängig von den (wirtschaftlichen) Verhältnissen der einzelnen Unternehmen und damit auch unabhängig von der konkreten Lage der Beklagten. Eine Interessenabwägung hat aber grundsätzlich die konkrete Lage der Beteiligten zu berücksichtigen, hier also auf Arbeitgeberseite die der Beklagten. Eine dementsprechende Abwägung hat aber offensichtlich nicht stattgefunden.

bb)

83

Ob die Entscheidung auch auf der Rechtsfolgenebene von § 6 Ziff. 4 VO 95, wonach der Vorstand vorschlagen (und mit dem Aufsichtsrat entscheiden) darf, „was geschehen soll“, unwirksam ist, weil billiges Ermessen im Sinne von § 315 BGB nicht gewahrt wurde, kann aufgrund des vorstehenden Ergebnisses dahinstehen.

cc)

84

Damit steht fest, dass der klagenden Partei die geltend gemachten und in der Höhe unstreitigen monatlichen Differenzbeträge (ab dem 1.7.2015 monatlich € 25,16 brutto, ab dem 1.7.2016 monatlich € 85,51 brutto) zustehen und von der Beklagten zu zahlen sind.

c)

85

Der Anspruch auf Zinsen folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Anspruch auf Zahlung der Versorgungsbezüge ist zum letzten Tag des Monats fällig. Mit Ablauf dieses Tages befand sich die Beklagte mit der Zahlung der monatlichen Differenz in Verzug. Dies gilt aufgrund der in § 6 Ziff. 1 VO 85 geregelten Anpassungsautomatik auch im Hinblick auf die Anpassung in Höhe der Erhöhung der gesetzlichen Rente, da dieser Anspruch direkt aus § 6 Ziff. 1 VO 85 resultiert und aufgrund der vorstehend dargelegten Unwirksamkeit der Regelung des § 6 Ziff. 4 VO 85 nicht der gerichtlichen Bestimmung im Sinne von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bedarf.

III.

86

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.

87

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und der Vielzahl der betroffenen Arbeitsverhältnisse gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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published on 21/12/2016 00:00

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei beginnend mit dem 01. Dezember 2016 über den Betrag von 1.590,74 € hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von 85,51 € brutto zu zahlen. 2. Die Beklagte wird ver
published on 30/08/2016 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision des Klägers - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 9. März 2015 - 7 Sa 64/14 - aufgehoben, soweit e
published on 17/06/2014 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Februar 2012 - 8 Sa 836/11 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung des Klägers das Ur
published on 10/07/2013 00:00

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. September 2012 - 2 Sa 356/12 - wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg

1.
des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder
2.
der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens
im Prüfungszeitraum.

(3) Die Verpflichtung nach Absatz 1 entfällt, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen,
2.
die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschußanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden oder
3.
eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde; Absatz 5 findet insoweit keine Anwendung.

(4) Sind laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassung), ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde.

(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung finanziert wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Leistungen mindestens entsprechend Absatz 3 Nr. 1 anzupassen oder im Falle der Durchführung über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse sämtliche Überschussanteile entsprechend Absatz 3 Nr. 2 zu verwenden.

(6) Eine Verpflichtung zur Anpassung besteht nicht für monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie für Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan.

(1) Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 bis 16 gelten entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Arbeitnehmer im Sinne von § 1a Abs. 1 sind nur Personen nach den Sätzen 1 und 2, soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

(2) Die §§ 7 bis 15 gelten nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

(3) Gesetzliche Regelungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden unbeschadet des § 18 durch die §§ 1 bis 16 und 26 bis 30 nicht berührt.

(1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg

1.
des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder
2.
der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens
im Prüfungszeitraum.

(3) Die Verpflichtung nach Absatz 1 entfällt, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen,
2.
die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschußanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden oder
3.
eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde; Absatz 5 findet insoweit keine Anwendung.

(4) Sind laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassung), ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde.

(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung finanziert wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Leistungen mindestens entsprechend Absatz 3 Nr. 1 anzupassen oder im Falle der Durchführung über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse sämtliche Überschussanteile entsprechend Absatz 3 Nr. 2 zu verwenden.

(6) Eine Verpflichtung zur Anpassung besteht nicht für monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie für Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

Zum 1. Juli eines jeden Jahres werden die Renten angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird.

(1) Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente wegen Alters der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, wenn für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind. Am 30. Juni 2005 beträgt der aktuelle Rentenwert 26,13 Euro. Er verändert sich zum 1. Juli eines jeden Jahres, indem der bisherige aktuelle Rentenwert mit den Faktoren für die Veränderung

1.
der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer,
2.
des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung und
3.
dem Nachhaltigkeitsfaktor
vervielfältigt wird.

(2) Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer sind die durch das Statistische Bundesamt ermittelten Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen jeweils nach der Systematik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer wird ermittelt, indem deren Wert für das vergangene Kalenderjahr durch den Wert für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt wird. Dabei wird der Wert für das vorvergangene Kalenderjahr an die Entwicklung der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst, indem er mit dem Faktor vervielfältigt wird, der sich aus dem Verhältnis der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im vorvergangenen Kalenderjahr gegenüber dem dritten zurückliegenden Kalenderjahr und der Veränderung der aus der Versichertenstatistik der Deutschen Rentenversicherung Bund ermittelten beitragspflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld im vorvergangenen Kalenderjahr gegenüber dem dritten zurückliegenden Kalenderjahr ergibt.

(3) Der Faktor, der sich aus der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung ergibt, wird ermittelt, indem

1.
der durchschnittliche Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung des vergangenen Kalenderjahres von der Differenz aus 100 vom Hundert und dem Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2012 subtrahiert wird,
2.
der durchschnittliche Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung für das vorvergangene Kalenderjahr von der Differenz aus 100 vom Hundert und dem Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2012 subtrahiert wird,
und anschließend der nach Nummer 1 ermittelte Wert durch den nach Nummer 2 ermittelten Wert geteilt wird. Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2012 ist der Wert, der im Fünften Kapitel für das Jahr 2012 als Altersvorsorgeanteil bestimmt worden ist.

(4) Der Nachhaltigkeitsfaktor wird ermittelt, indem der um die Veränderung des Rentnerquotienten im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem vorvergangenen Kalenderjahr verminderte Wert eins mit einem Parameteralpha vervielfältigt und um den Wert eins erhöht wird. Der Rentnerquotient wird ermittelt, indem die Anzahl der Äquivalenzrentner durch die Anzahl der Äquivalenzbeitragszahler dividiert wird. Die Anzahl der Äquivalenzrentner wird ermittelt, indem das aus den Rechnungsergebnissen auf 1 000 Euro genau bestimmte Gesamtvolumen der Renten abzüglich erstatteter Aufwendungen für Renten und Rententeile eines Kalenderjahres durch eine Regelaltersrente desselben Kalenderjahres aus der allgemeinen Rentenversicherung mit 45 Entgeltpunkten dividiert wird. Die Anzahl der Äquivalenzbeitragszahler wird ermittelt, indem das aus den Rechnungsergebnissen auf 1 000 Euro genau bestimmte Gesamtvolumen der Beiträge aller in der allgemeinen Rentenversicherung versicherungspflichtig Beschäftigten, der geringfügig Beschäftigten und der Bezieher von Arbeitslosengeld eines Kalenderjahres durch den Durchschnittsbeitrag der allgemeinen Rentenversicherung desselben Kalenderjahres dividiert wird. Der Durchschnittsbeitrag der allgemeinen Rentenversicherung eines Kalenderjahres wird ermittelt, indem der durchschnittliche Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung dieses Kalenderjahres mit dem endgültigen Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 des davorliegenden Jahres und mit der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer nach Absatz 2 Satz 2, die der zu bestimmenden Anpassung des aktuellen Rentenwerts zugrunde liegt, multipliziert wird. Die jeweilige Anzahl der Äquivalenzrentner und der Äquivalenzbeitragszahler ist auf 1 000 Personen genau zu berechnen. Der Parameteralpha beträgt 0,25.

(5) Der nach den Absätzen 1 bis 4 anstelle des bisherigen aktuellen Rentenwerts zu bestimmende neue aktuelle Rentenwert wird nach folgender Formel ermittelt:

BE(tief)t-1100 - AVA(tief)2012 - RVB(tief)t-1(((RQ(tief)t-1))
ARt=ARt-1 x-----------x ---------------------------------x((1 -------------)x alpha + 1)
BE(tief)t-2100 - AVA(tief)2012 - RVB(tief)t-2(((RQ(tief)t-2))
Dabei sind:
AR(tief)t=zu bestimmender aktueller Rentenwert ab dem 1. Juli,
AR(tief)t-1=bisheriger aktueller Rentenwert,
BE(tief)t-1=Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im vergangenen Kalenderjahr,
BE(tief)t-2=Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im vorvergangenen Kalenderjahr unter Berücksichtigung der Veränderung der beitragspflichtigen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld,
AVA(tief)t-1=Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2012 in Höhe von 4 vom Hundert,
RVB(tief)t-1=durchschnittlicher Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung im vergangenen Kalenderjahr,
RVB(tief)t-2=durchschnittlicher Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr,
RQ(tief)t-1=Rentnerquotient im vergangenen Kalenderjahr,
RQ(tief)t-2=Rentnerquotient im vorvergangenen Kalenderjahr.

(6) (weggefallen)

(7) Bei der Bestimmung des neuen aktuellen Rentenwerts werden für die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer nach Absatz 2 Satz 2 die dem Statistischen Bundesamt zu Beginn des Kalenderjahres vorliegenden Daten für das vergangene und das vorvergangene Kalenderjahr zugrunde gelegt. Bei der Ermittlung des Faktors nach Absatz 2 Satz 3 werden für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vorvergangene und das dritte zurückliegende Kalenderjahr die bei der Bestimmung des bisherigen aktuellen Rentenwerts verwendeten Daten zu den Bruttolöhnen und -gehältern je Arbeitnehmer zugrunde gelegt. Für die Bestimmung der beitragspflichtigen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld nach Absatz 2 Satz 3 sind die der Deutschen Rentenversicherung Bund vorliegenden Daten aus der Versichertenstatistik zu verwenden. Dabei sind für das vorvergangene Kalenderjahr die zu Beginn des Kalenderjahres vorliegenden Daten zu den beitragspflichtigen Bruttolöhnen und -gehältern je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld und für das dritte zurückliegende Kalenderjahr die bei der Bestimmung des bisherigen aktuellen Rentenwerts verwendeten Daten zu den beitragspflichtigen Bruttolöhnen und -gehältern je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung des Rentnerquotienten für das vergangene Kalenderjahr sind die der Deutschen Rentenversicherung Bund im ersten Vierteljahr des Kalenderjahres vorliegenden Daten und für das vorvergangene Kalenderjahr die bei der Bestimmung des bisherigen aktuellen Rentenwerts verwendeten Daten zugrunde zu legen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg

1.
des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder
2.
der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens
im Prüfungszeitraum.

(3) Die Verpflichtung nach Absatz 1 entfällt, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen,
2.
die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschußanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden oder
3.
eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde; Absatz 5 findet insoweit keine Anwendung.

(4) Sind laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassung), ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde.

(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung finanziert wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Leistungen mindestens entsprechend Absatz 3 Nr. 1 anzupassen oder im Falle der Durchführung über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse sämtliche Überschussanteile entsprechend Absatz 3 Nr. 2 zu verwenden.

(6) Eine Verpflichtung zur Anpassung besteht nicht für monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie für Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.