Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 10. Aug. 2015 - 7 TaBV 43/15
Tenor
1. Bei der Arbeitgeberin wird im Betrieb E-B eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Verfahren zur Verteilung der Arbeitszeit, der Pausenzeiten, Personaleinsatzplanung“ eingesetzt.
2. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle wird Herr T bestellt.
3. Die Zahl der Beisitzer wird auf je zwei festgesetzt.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch um die Person einer/eines Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Verfahren zur Verteilung der Arbeitszeit, der Pausenzeiten, Personaleinsatzplanung“ sowie um die Anzahl der Beisitzer.
4Durch Beschluss vom 28.05.2015 hat das Arbeitsgericht in der vom Betriebsrat angegriffenen Entscheidung den von der Arbeitgeberin in ihrem zu Protokoll der Sitzung vom 28.05.2015 erklärten Antrag hilfsweise bezeichneten Vorsitzenden eingesetzt und die Anzahl der Beisitzer auf je zwei (Antrag des Betriebsrates: je drei) festgesetzt.
5Gegen diesen, dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats unter dem 03.06.2015 zugestellten Beschluss, wendet sich der Betriebsrat nunmehr mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht vorab per Telefax am 16.06.2015 eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde.
6Er meint, dass aufgrund der aktuellen Rechtsprechung sowohl mehrerer Landesarbeitsgerichte als auch diverser Literaturstimmen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm in jüngst veröffentlichten Entscheidungen eine Bindung des Gerichts an einen von den Beteiligten im Antrag eines Verfahrens nach § 100 ArbGG genannten Vorsitzenden jedenfalls insoweit bestehe, als dass die Arbeitgeberin sachlich begründete Einwände gegen die im Antrag des Betriebsrates bezeichnete Person vortragen müsse. Solche gebe es weder gegenüber dem vom Betriebsrat vorrangig, noch den hilfsweise benannten Vorsitzenden.
7Die Anzahl der Beisitzer sei auf je drei festzusetzen.
8Der Betriebsrat beantragt daher,
91. den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund – 2 BV 39/15 – vom 28.05.2015 abzuändern und im Betrieb der Beteiligten zu 2.) in E-B eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters L einzurichten zu dem Regelungsgegenstand „Verfahren zur Verteilung der Arbeitszeit, der Pausenzeiten, Personaleinsatzplanung“, hilfsweise unter dem Vorsitz von E1, weiter hilfsweise unter dem Vorsitz des Richters L1 und weiter hilfsweise unter dem Vorsitz von Frau N,
102. die Zahl der Beisitzer auf jeder Seite mit 3 festzusetzen;
11Die Arbeitgeberin beantragt,
12die Beschwerde zurückzuweisen.
13Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend.
14Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
15B.
16Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist zum Teil begründet; allerdings waren als Vorsitzender der Einigungsstelle weder die vom Betriebsrat noch die von der Arbeitgeberin im jeweiligen Antrag – z.T. hilfsweise - benannten Vorsitzenden zu bestellen; die Zahl der Beisitzer hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend mit je zwei festgelegt.
17I. Die Beschwerdekammer hält an der Rechtsprechung fest, wonach eine Bindung des Gerichts an eine im Antrag auf Einrichtung der Einigungsstelle im Verfahren nach (nunmehr seit Änderung des ArbGG zum 09.07.2015, BGBl I 2015, S. 1130 ff.) § 100 ArbGG genannte Person nicht besteht.
181. Der Betriebsrat weist zutreffend darauf hin, dass das Bestehen und die Reichweite der Bindungswirkung an antragsmäßig genannte Personen im Einigungsstelleneinrichtungsverfahren nach § 100 ArbGG in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich gesehen werden (vgl. die umfassenden Nachweise zur Rechtsprechung bei Kreutz/Jacobs im GKBetrVG, 10. A., § 76 Rdnr 60). Während einerseits eine solche Bindung vollständig abgelehnt wird (LAG Hamm, Beschlüsse v. vom 04.10.2010, 13 TaBV 74/10, vom 31.03.2015, 7 TaBV 15/15, vom 17.12.2013, 7 TaBV 91/13, auch LAG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2014, 9 TaBV 39/14, alle m.w.N.; Schlewing in: in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage 2013, § 98 Rdnr.14, Schwab/Weth, ArbGG 2. A., § 98 Rdnr. 51, Bengelsdorf BB 1991, 613 (615/619)), wird andererseits die Auffassung vertreten, dass der Betriebspartner, der eine/n andere/n Vorsitzende/n bestellt wissen will, konkrete Bedenken im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 83 Abs. 1 S. 2 ArbGG vortragen müsse (ErfK/Koch, 15.A., § 99 Rdnr.5; Henssler/Willemsen/Kalb, ArbRKommentar 6. A./Bepler, § 98 ArbGG Rdnr. 7; Treber in: AnwaltKommentar Arbeitsrecht 2.A., § 98 ArbGG Rdnr. 8; Düwell, BetrVG 3. A./L § 76 Rdnr. 16; LAG Nürnberg, Beschluss v. 02.07.2004, NZA-RR 2005,100), wobei die Anforderungen an solche Bedenken in unterschiedlichem Maße gestellt werden, von einfachen Bedenken bis hin zum Vortrag der Parteilichkeit oder fehlenden Qualifikation (vgl. die Nachweise bei Kreutz/Jacobs aaO).
192. Nach Auffassung der Beschwerdekammer besteht eine solche Antragsbindung nicht.
20a. Das Gesetz regelt die Antragsbindung u.a. in der ZPO und im ArbGG.
21aa. Die „Bindung an die Parteianträge“ gem. § 308 Abs. 1 ZPO ist ein prozessuales Rechtsinstitut, das dem im Zivilprozess herrschenden Beibringungsgrundsatz geschuldet ist. Es entspricht dem Rechtsschutzzweck des Zivilprozesses, es den Parteien zu überlassen, durch ihre Anträge das „Streitprogramm“ zu bestimmen und dem Gericht dadurch auch die Grenzen für seine Entscheidung zu setzen (so ausdrücklich Musielak/Voit, ZPO 12. A., § 308 Rdnr. 1; BAG, Urteil v. 20.2.2014 – 2 AZR 864/12, Rdnr. 16 juris).
22bb. Die Vorschrift des § 308 Abs. 1 ZPO findet zwar für das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren gem. § 80 Abs. 2 S. 1 aE ArbGG keine ausdrückliche Anwendung, da § 83 Abs. 1 S.1 ArbGG eine eigene Regelung enthält, die auch gem. § 90 Abs. 2 ArbGG im Beschwerdeverfahren gilt. Allerdings ist § 308 Abs. 1 ZPO nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch ohne ausdrückliche Verweisung im Beschlussverfahren zu beachten (BAG, Beschluss vom 13.06.1989 - 1 ABR 4/88 m.w.Nachw.) Im Unterschied zu § 308 Abs. 1 ZPO, der nach o.g. Sinn und Zweck eine strenge Antragsbindung bestimmt („Das Gericht ist nicht befugt,…“) beschreibt § 83 Abs. 1 ArbGG jedoch die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts durch das Gericht (Amtsermittlungsgrundsatz im Beschlussverfahren) auf den „…Rahmen der gestellten Anträge…“; wodurch im Wortlaut eine schwächere, wenn auch zweifelsohne grundsätzlich bestehende Antragsbindung (Matthes/Spinner in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage 2013, § 83 Rdnr. 83) angenommen werden könnte, was aber - s.u. unter b. - nicht abschließend zu entscheiden war.
23cc. Eine Antragsbindung besteht in Abweichung hierzu nicht im Falle ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen, wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Hier bestimmen §§ 85 Abs. 2 und § 87 Abs. 2 S. 1 ArbGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO, dass das Gericht die erforderlichen Anordnungen „nach freiem Ermessen“ trifft, also eine Bindung an Partei- (Beteiligten-)anträge nicht besteht.
24b. Eine abweichende Regelung über die Antragsbindung enthalten auch die Bestimmungen des zweiten Abschnitts, vierter Unterabschnitt des ArbGG zum „Beschlussverfahren in besonderen Fällen“ über die Einrichtung einer Einigungsstelle.
25aa. § 100 Abs. 1 S. 3 ArbGG ordnet die Geltung der Verfahrensvorschriften der §§ 80 bis 84 ArbGG, mithin auch § 83 Abs. 1 S.1 ArbGG nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend an. Hieraus folgt, dass den Besonderheiten des Einigungsstellenverfahrens, die sich aus materiellem Betriebsverfassungsrecht ergeben, im Prozessrecht Rechnung getragen werden muss (Hennige, Das Verfahrensrecht der Einigungsstelle, S. 87; Bengelsdorf, BB 1991, S. 613 ff) - dies schon deshalb, weil das Prozessrecht nicht Selbstweck ist, sondern stets dem materiellen Recht ein dienendes Recht ist.
26bb. Das materielle Recht beschreibt in § 76 Abs. 2 S. 1 BetrVG einen Einigungszwang („müssen“) der Betriebspartner betreffend den Vorsitz der Einigungsstelle; d.h. zwingend, dass dem Gesetz eine Art „Bestellungsrecht“ eines Betriebspartners fremd und auch - bewusst - nicht gewollt ist (vgl. Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier BetrVG 27.A., § 76 Rdnr. 25)
27Dieser Anforderung des materiellen Rechts würde es diametral widersprechen, würde man nun über das Prozessrecht mittelbar einen solchen Bestellungsvorrang einräumen indem man verlangt, dass der andere Betriebspartner im Bestellungsverfahren sachlich tragfähige Gründe gegen eine vorgeschlagene Person im Rahmen des § 83 Abs. 1 S.2 ArbGG vortragen müsste (vgl. Hennige aaO S. 89).
28cc. Das Gesetz hat diesem Gedanken Rechnung getragen, indem es in § 76 Abs. 2 S.2 BetrVG formuliert hat, dass das Gericht die/den Einigungsstellenvorsitzenden „bestellt“, also die zuvor gescheiterte Einigung der Betriebspartner nunmehr herbeiführt.
291) Schon begriffsnotwendig kann eine „Einigung“ nur aufgrund von unverbindlichen Vorschlägen, die dann Konsens zwischen den Betriebspartnern finden, getroffen werden. Ein einseitiges im Sinne eines Vetorechts ausgestaltetes Vorschlagsrecht begründet im Wortsinne keine Einigung (vgl. wikipedia, Stichwort Einigung: „Die Einigung (lateinisch „consensus“) bezeichnet in der Rechtswissenschaft die inhaltliche Übereinstimmung mindestens zweier aufeinander bezogener Willenserklärungen. Auch umgangssprachlich versteht man hierunter mindestens zwei übereinstimmende Erklärungen oder Aussagen“). Das Einigungsstelleneinrichtungsverfahren ist gerade nicht wie z.B. das Zustimmungsersetzungsverfahren des § 99 Abs. 4 BetrVG bei personellen Einzelmaßnahmen ausgestaltet, das ausdrücklich nur bestimmte Zustimmungsverweigerungsgründe als sog. Kataloggründe kennt.
302) Eine Antragsbindung im Verfahren führt in der Praxis dazu, dass das Bestellungsverfahren des § 100 ArbGG dem Grundsatz „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ bzw. dem „Windhundprinzip“ (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 04.06.2010 - 6 TaBV 901/10) folgen würde, was ebenfalls einen offenen Widerspruch zum Einigungszwang des § 76 Abs. 2 S. 1 BetrVG darstellt (vgl. Fitting u.a. aaO; LAG Berlin-Brandenburg aaO). Ein Betriebspartner, der eine ihm vermeintlich „genehme“ Person für den Einigungsstellenvorsitz „durchbringen“ will, müsste lediglich - rein zeitlich - der erste sein, der bei Gericht das Verfahren nach § 100 ArbGG anhängig macht, wird es doch in den seltensten Fällen dazu kommen, dass der andere Betriebspartner außer vielleicht subjektiven Vorbehalten Zweifel an Qualifikation und Unparteilichkeit anmelden kann.
313. Demgegenüber vermag die gegenteilige Auffassung (s.o. I.1.) nicht zu überzeugen, würdigt sie doch entweder die o.a. Argumente nicht abschließend oder aber stützt sich auf Erwägungen, die außerhalb des Regelungszusammenhangs der §§ 76 Abs. 5 i.V.m. 100 ArbGG zu sehen sind, wie z.B. ein möglicher Ansehensverlust eines/r erstinstanzlich eingesetzten „Kandidaten“ (LAG Nürnberg aaO).
32II. Aus vorstehenden Gründen war nach Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) - Hinweisbeschluss der Kammer v. 15.07.2015 - auch zur Person des von der Beschwerdekammer als zur Bestellung zum Vorsitzenden beabsichtigten Richters (Fitting aaO, § 76 Rdnr. 25a, Hennige aaO S. 89) Herr T zu bestellen.
33III. Die Beschwerde des Betriebsrates konnte keinen Erfolg haben, soweit er die Anzahl der Beisitzer auf je drei festgesetzt haben möchte. Denn die Anzahl der Beisitzer war für jede Seite auf zwei festzusetzen. Mit der ständigen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte (vgl. z.B. LAG Hamm, Beschluss vom 13.06.2003, 10 TaBV 61/03 und LAG Niedersachsen, Beschluss vom 07.08.2007, 1 TaBV 63/07 jeweils mit zahlreichen N.) ist davon auszugehen, dass der Normalfall der Besetzung einer Einigungsstelle mit je zwei Beisitzern zu beschließen ist. Im Rahmen der auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verbleibenden objektiven Beweislast (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG) ist es Sache des Betriebspartners, der für ein Abweichen von der Regelbesetzung der Einigungsstelle eintritt, diese Abweichung durch nachprüfbare Tatsachen zu belegen. Der pauschale Hinweis, dass sinnvollerweise auf jeder Seite drei Beisitzer ihre Ideen, Erfahrungen und Kenntnisse einbringen, lässt keinen Schluss darauf zu, dass die vorliegend zu führenden Verhandlungen sich nicht als Normalfall im oben genannten Sinne darstellen. Es verbleibt somit bei zwei Beisitzern von jeder Seite.
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 10. Aug. 2015 - 7 TaBV 43/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss desArbeitsgerichts Münster vom 22.01.2015 – 3 BV 43/14 – unterZurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Thema „Vergabe und Vergütung von Revisions- und Schließtätigkeiten“, mit den insbesondere zu regelnden Eckpunkten,
- freiwillige Zulage für die Ausübung der Revisions- und Schließtätigkeit
- Zeitpunkt der Vergabe der Revisions- und Schließtätigkeit
- Revisionsvergabe nach Mitarbeitergruppen (geringfügig Beschäftigte, Mitarbeiter im Verkauf)
- vorherige Schulungsteilnahme
wird der Richter des Landesarbeitsgerichts Hamm, Herr T, bestellt.
2. Die Anzahl der Beisitzer wird auf je 2 festgesetzt.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle.
4Antragsteller im vorliegenden Beschlussverfahren ist der Betriebsrat des in der Filiale in N - „T N B“ genannt – gewählte dreiköpfige Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat). Die Beteiligte zu 2. – Arbeitgeberin – betreibt bundesweit im Textileinzelhandel Filialen. Sie ist aufgrund eines Haustarifvertrages vom 11.03.2013, Unternehmenstarifvertrag bezeichnet, tarifgebunden. Für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen gilt danach u.a. der Gehaltstarifvertrag für denEinzelhandel in Nordrhein-Westfalen. In dessen Gehaltsgruppe 1 gibt es unter bestimmten Voraussetzungen neben der eigentlichen Grundvergütung eine Zulage in Höhe von derzeit 51,13 € brutto. Wegen des Wortlautes der anwendbaren tariflichen Regelungen wird auf die Anlagen zur Antragserwiderung Bl. 132 ff. d.A. Bezug genommen.
5Ende April 2013 entschied die Arbeitgeberin, bundesweit zum 01.05.2013 eine freiwillige, sogenannte ‚Revisions- und Schließzulage‘ in Höhe von 75,-- € brutto zu gewähren. In den Bundesländern, in denen die tariflichen Regelungen Zulagen beschreiben, die für solche Tätigkeiten zu zahlen sind, findet eine Anrechnung der tariflichen Zulagen auf die außertarifliche Zulage statt. Über diese unternehmerische Entscheidung zur Zahlung einer freiwilligen Zulage unterrichtete die Arbeitgeberin ihre ‚Store-Manager/innen‘ mit E-Mail vom 25.04.2013. In dieser E-Mail heißt es u.a:
6„Des Weiteren wollen wir euch über eine ab dem 01.05.2013 gültige neue Regelung zum Umgang mit Revisions- und Schließtätigkeiten informieren. Nach Abschluss des Tarifvertrages werden wir ab 01.10.2013 die tariflichen Zulagenregelungen anwenden. Hierunter fällt in einigen Bundesländern eine Zulage für Revisionstätigkeiten. Da wir jedoch alle Mitarbeiter, die bestimmte Funktionen ausführen, gleich behandeln wollen, freuen wir uns sehr, euch eine neue außertarifliche freiwillige Zulagenregelung für Revisions- und Schließtätigkeiten vorstellen zu können.
7Alle Mitarbeiter, die diese Zulage zukünftig erhalten, verpflichten sich, die folgenden Revisions- und Schließtätigkeiten auszuüben:
8…
9Zu den oben genannten Aufgaben haben wir einen Daueraushang erstellt. Über diesen informiert bitte alle Mitarbeiter und hängt ihn am schwarzen Brett aus.
10…
11In einem nächsten Schritt kommen eure Regionalmanager in dieser Woche auf euch zu, um gemeinsam mit euch abzustimmen, welche Mitarbeiter zukünftig die oben genannten Aufgaben übernehmen und entsprechend die neue Zulage erhalten sollen.
12…“
13Wegen der Einzelheiten der E-Mail vom 25.04.2013 wird auf die Kopie Bl. 53 und 54 d.A. Bezug genommen.
14Der Betriebsrat vertrat hierzu die Auffassung, dass die Grundsätze der Anwendung der freiwilligen Zulage für Revisions- und Schließtätigkeiten seiner Mitbestimmung unterliegen würden und erwirkte beim Arbeitsgericht Münster unter dem 05.06.2013 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einen Beschluss, mit dem derArbeitgeberin untersagt wurde, ohne Zustimmung des Betriebsrates oder eine die Zustimmung ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle insbesondere auf die folgenden Mitarbeiter des T-N … , die gemäß E-Mail vom 25.04.2013 avisierte neue außertarifliche freiwillige Zulagenregelung für Revisions- und Schließtätigkeiten, anzuwenden. Auf die Kopie des Beschlusses des Arbeitsgerichts Münster zum Aktenzeichen 4 BVGa 2/13 Bl. 58 d.A. wird verwiesen.
15In der Folgezeit entwickelte sich ein Schriftverkehr zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin betreffend die Revisionszulagen. Noch mit E-Mail vom 08.05.2014 übersandte die Arbeitgeberin an den Betriebsrat den Entwurf einer „Betriebsvereinbarung über eine Zulage für die Revisions- und Schließtätigkeit“, zu dessen Abschluss es allerdings nicht kam. Es folgte weiterer Schriftverkehr, mit dem der Betriebsrat die Arbeitgeberin zu weiteren Verhandlungen über die übertarifliche Zulage für Revisions- und Schließtätigkeiten aufforderte. Mit E-Mail vom 22.10.2014 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin sodann mit, dass er wegen Scheiterns der Verhandlungen zu diesem Thema die Anrufung einer Einigungsstelle beschlossen habe. Nachdem die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin mitgeteilt hatten, dass derzeit an keinen Mitarbeiter im T N B eine übertarifliche Funktionszulage für die Übernahme der Revisions- und Schließtätigkeit – nur die tariflich geregelte Zulage - gezahlt werde und deshalb ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht bestehe, verfolgt der Betriebsrat sein Begehren auf Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem vorliegenden, beim Arbeitsgericht Münster am 23.12.2014 eingegangenen Antrag im Beschlussverfahren weiter.
16Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Auslobung der freiwilligen Zulage per E-Mail vom 25.04.2013 sei ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gegeben, da die Frage der Verteilung dieser Zulage Gegenstand eines betrieblichen Entlohnungssystems im Sinne der gesetzlichen Vorschrift sei.
17Es sei auch nicht zutreffend, dass in dem hier interessierenden Betrieb lediglich die tarifliche Zulage gezahlt werde; so habe die Arbeitgeberin noch im November 2013 an einen Mitarbeiter die erhöhte Revisionszulage in Höhe von 75,-- € gezahlt. Im Übrigen gehe die Arbeitgeberin wohl selbst davon aus, dass eine Mitbestimmungspflicht durch den Betriebsrat gegeben sei, da sie auch zeitlich nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Arbeitsgericht Münster mit dem Betriebsrat über eine entsprechende Betriebsvereinbarung verhandelt habe.
18Als Vorsitzenden der Einigungsstelle schlage der Betriebsrat den Richter des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgrund seiner Erfahrungen als Einigungsstellenvorsitzender vor. Der Situation angemessen sei die Einsetzung einer Einigungsstelle mit drei Beisitzern.
19Die Arbeitgeberin ist dem entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bereits deswegen nicht bestehe, weil sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sei, eine freiwillige Zulage in Höhe von 75,-- € zu zahlen. Es sei zwar richtig, dass die Arbeitgeberin trotz der prozessualen Vorgeschichte grundsätzlich bereit gewesen sei, Verhandlungen zu führen und eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, weshalb sie dem Betriebsrat auch einen Entwurf übersandt habe. Nachdem eine Einigung allerdings nicht habe erzielt werden können, habe die Arbeitgeberin davon Abstand genommen, eine übertarifliche Zulage zu zahlen. Stelle die Arbeitgeberin aber „Topf“ freiwilliger, übertariflicher Leistungen zur Verfügung, so bestehe auch kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Verteilungsgrundsätze. Insoweit werde auf die ständige arbeitsgerichtliche Rechtsprechung und die einhellige Auffassung in der Literatur verwiesen.
20Wegen des vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden bestünden insoweitBedenken, als dass er am Landesarbeitsgericht auch mit richterlichen Tätigkeiten befasst sei und deshalb nicht ausgeschlossen werden könne, im Falle einer Spruchanfechtung selbst entscheiden zu müssen. Zwei Beisitzer würden ausreichen.
21Mit Beschluss vom 22.01.2015, der Vertreterin des Betriebsrates zugestellt am 05.02.2015, hat das Arbeitsgericht Münster den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht bestehe, nachdem die Arbeitgeberin beschlossen habe, eine freiwillige Zulage in dem hier interessierenden T N B nicht mehr zu zahlen. Die Arbeitgeberin verhalte sich nunmehr nach Erlass der früheren einstweiligen Verfügung rechtstreu, wenn sie eine weitere Revisionszulage ohne Einigung mit dem Betriebsrat nicht zahlen wolle.
22Hiergegen wendet sich der Betriebsrat mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht vorab per Telefax am 19.02.2015 eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde.
23Der Betriebsrat trägt vor:
24Die Entscheidung sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil sie sich in Widerspruch zur erlassenen einstweiligen Verfügung setze, in der ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG explizit festgestellt worden sei. Im Übrigen handele es sich bei der freiwilligen Zulage der Arbeitgeberin für die Revisions- und Schließtätigkeiten um eine unternehmensweite Gesamtzusage, die weder gegenüber den Mitarbeitern im T N B noch sonst wie widerrufen worden sei, wobei ein solcher Widerruf auch nicht vorbehalten sei. Da zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass diese außertarifliche Zulage bundesweit – außer im T N B – gezahlt werde, könne nicht davon die Rede sein, dass die Arbeitgeberin einen „Topf“ freiwilliger Leistungen, der zur Verteilung anstünde, nicht mehr bereit stelle.
25Eine Befassung des vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden im Rahmen seiner richterlichen Tätigkeit am Landesarbeitsgericht Hamm sei ausgeschlossen, da ausweislich des dortigen Geschäftsverteilungsplanes lediglich zwei Kammern als Fachkammern mit betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten befasst seien.
26Der Betriebsrat beantragt,
27den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 21.01.2015, zugestellt am 05.02.2015, AZ. 3 BV 43/14, abzuändern und
28- 29
1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Thema „Vergabe und Vergütung von Revisions- und Schließtätigkeiten“, mit den insbesondere zu regelnden Eckpunkten
- freiwillige Zulage für die Ausübung der Revisions- und Schließtätigkeit
31- Zeitpunkt der Vergabe der Revisions- und Schließtätigkeit
32- Revisionsvergabe nach Mitarbeitergruppen (geringfügig Beschäftigte, Mitarbeiter im Verkauf)
33- vorherige Schulungsteilnahme
34- Anhörungspflicht nach § 99 BetrVG
35- vorherige interne Stellenausschreibung
36den Richter des Landesarbeitsgerichts Hamm, Herrn T, zu bestellen und
37- 38
2. die Anzahl der Beisitzer wird auf je 3 Beisitzer für jede Seite festzusetzen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
40die Beschwerde zurückzuweisen.
41Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und weist erneut darauf hin, dass mangels Bereitstellung einer übertariflichen Leistung ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ausscheide, da dieser freiwillige Leistungen nicht erzwingen könne. Die einmalige Zahlung der Zulage in Höhe von 75,-- € sei ein Fehler bei der Lohnabrechnung gewesen, der umgehend korrigiert worden sei. Während mit anderen Betriebsräten eine Einigung habe erzielt werden können, seien die Verhandlungen mit dem hier antragstellenden Betriebsrat – streitlos – gescheitert, weshalb die Arbeitgeberin nunmehr nicht mehr zur Gewährung der Leistung bereit sei. Dies sei eine naheliegende und zulässige Konsequenz eines Arbeitgebers, wenn über eine freiwillige Leistung zwischen den Betriebspartnern eine Einigung nicht erzielt werden könne.
42Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
43B.
44Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist begründet, da eine Einigungsstelle zum begehrten Regelungsgegenstand jedenfalls mit dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Inhalten nicht offensichtlich unzuständig im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist.
45I. 1. Die Maßstäbe für die offensichtliche Unzuständigkeit einer Einigungsstelle im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sind sehr streng zu betrachten, da es zur ureigensten Kompetenz der Einigungsstelle selbst gehört, ihre abschließende Zuständigkeit zu prüfen und ggf. zu bejahen oder zu verneinen. Offensichtlich unzuständig ist eine Einigungsstelle damit nur dann, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt, sich also die Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand subsumieren lässt (vgl. nur LAG Hamm, Beschluss vom 18.12.2009, 13 TaBV 52/09 m.z.N. zur Rechtsprechung und Literatur; LAG Hamm, Beschlüsse vom 17.12.2003, 7 TaBV 912/13 und 7 TaBV 39/14 jeweils bei juris).
462. In Anwendung der vorstehend aufgeführten Rechtsgrundsätze gilt vorliegend Folgendes: Der vom Betriebsrat begehrte grundsätzliche Regelungsgegenstand „Vergabe und Vergütung von Revisions- und Schließtätigkeiten“ unterfällt – selbstverständlich unter dem Maßstab der offensichtlichen Unzuständigkeit – dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Da beide Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens von den zutreffenden, in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten und in der arbeitsrechtlichen Literatur einhellig aufgenommenen Grundsätzen der Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei sogenannten freiwilligen Leistungen ausgehen, verzichtet die Beschwerdekammer an dieser Stelle auf eine umfassende Wiedergabe der Rechtsprechung und Literatur (vgl. grundlegend BAG, Beschluss vom 08.12.1981, 1 ABR 55/79 und Beschluss vom 14.06.1994, 1 ABR 63/93). Hiernach gilt, dass in den Fällen der Gewährung freiwilliger Leistungen, also des Bereitstellens eines „Topfes“, die Höhe und Zweckbindung dieses Topfes freiwilliger Leistungen der Mitbestimmung des Betriebsrates entzogen ist, nicht aber die Aufstellung der Verteilungsgrundsätze.
47Allerdings ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht deswegen ausgeschlossen, weil – wie die Arbeitgeberin meint – sie sich entschlossen habe, für den hier interessierenden T N B eine freiwillige Leistung nicht mehr zu erbringen und damit einen Topf freiwilliger Leistungen nicht mehr zur Verfügung stünde. Denn die von der Arbeitgeberin festgelegte freiwillige Leistung (s. den eindeutigen Wortlaut der E-Mail vom 25.04.2013) ist keine betriebsbezogene, freiwillige Leistung, sondern eine unternehmensbezogene Leistung. Die Arbeitgeberin hat sich eben nicht dazu entschlossen, zukünftig von der unternehmensweit gestalteten freiwilligen Zulage Abstand zu nehmen. So hat sie selber ausdrücklich vorgetragen, diese freiwillige Zulage in den Filialen, in denen Betriebsräte bestehen, mit denen eine Einigung habe erzielt werden können, zu zahlen. Damit steht fest, dass sie bezogen auf die unter dem 25.04.2013 erteilte Gesamtzusage lediglich den T N B aus der freiwilligen Zulage herausgenommen hat, diese indessen nicht insgesamt gestrichen hat. Damit liegt die von der Arbeitgeberin für sich in Anspruch genommene Fallgestaltung, einen Topf freiwilliger Leistungen nicht länger zur Verfügung zu stellen - bezogen auf den konkreten Inhalt der Gesamtzusage - nicht vor.
48II. Die Beschwerde konnte allerdings nicht in vollem Umfange Erfolg haben, weil der Betriebsrat als zu regelnde Eckpunkte im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens auch die Anhörungspflicht nach § 99 BetrVG sowie eine vorherige interne Stellenausschreibung begehrt hat. Die Anhörungspflicht nach § 99 BetrVG ist nicht Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens, da sie sich bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG aus dem Gesetz selbst ergibt und Streitigkeiten hierüber, wie § 99 Abs. 4 BetrVG zeigt, nicht im Einigungsstellenverfahren, sondern im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren auszutragen sind. Ebenso ist die Frage vorheriger interner Stellenausschreibungen von der gesetzlichen Systematik her nicht Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens, da es der Betriebsrat allein bestimmt, im Rahmen ordnungsgemäßer Beschlussfassung gemäß § 93 BetrVG zu verlangen, dass Arbeitsplätze innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden.
49III. Die Beschwerdekammer sah sich nicht veranlasst, von den vom Betriebsrat in seinem Antrag genannten Vorsitzenden der Einigungsstelle abzuweichen. Abgesehen davon, dass die Arbeitgeberin zwar zutreffend darauf hinweist, dass es im Einigungsstelleneinrichtungsverfahren nach § 99 ArbGG keine antragsmäßige Bindung an die von einem Betriebspartner benannte Person des Vorsitzenden gibt (LAG Hamm, Beschlüsse vom 04.10.2010, 13 TaBV 74/10 und vom 17.12.2013, 7 TaBV 91/13, beide juris), teilt die Beschwerdekammer die von der Arbeitgeberin allein aufgrund der Geschäftsverteilung des LAG Hamm vorgebrachten Bedenken nicht. Denn ausweislich des Geschäftsverteilungsplanes (s. lag-hamm.nrw.de) kommt eine Befassung des Spruchkörpers des LAG Hamm mit der Anfechtung von Sprüchen einer Einigungsstelle nur für die eingerichteten betriebsverfassungsrechtlichen Fachkammern in Betracht (7. Kammer und 13. Kammer).
50IV. Die Anzahl der Beisitzer war für jede Seite auf zwei festzusetzen. Mit der ständigen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte (vgl. z.B. LAG Hamm, Beschluss vom 13.06.2003, 10 TabV 61/03 und LAG Niedersachsen, Beschluss vom 07.08.2007, 1 TaBV 63/07 jeweils m.z.N.) ist davon auszugehen, dass der Normalfall der Besetzung einer Einigungsstelle mit je zwei Beisitzern zu beschließen ist. Im Rahmen der auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verbleibenden objektiven Beweislast (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG) ist es Sache des Betriebspartners, der für ein Abweichen von der Regelbesetzung der Einigungsstelle eintritt, diese Abweichung durch nachprüfbare Tatsachen zu belegen. Der pauschale Hinweis, dass der Streit um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechtes auch Gegenstand derEinigungsstelle sei, lässt keinen Schluss darauf zu, dass die vorliegend zu führenden Verhandlungen sich als besonders komplex erweisen könnten. Es verbleibt somit bei zwei Beisitzern von jeder Seite.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 02.06.2014 Az.: 5 BV 58/14 wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch über die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle selbst und die Anzahl der Beisitzer sind außer Streit. Thematisch geht es bei der Einigungsstelle um den Umfang der Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden.
4Die Antragstellerin betreibt die Entsorgung in der Stadt F.. Sie beschäftigt ca. 1.000 Arbeitnehmer.
5Beteiligter zu 2) ist der bei ihr gewählte Betriebsrat.
6Die turnusmäßigen Betriebsratswahlen haben stattgefunden. Nach Konstituierung des Gremiums wählte es Herrn U. B. zum Vorsitzenden. Am 05.05.2014 beschloss der Betriebsrat die Freistellung von Herrn B. sowie weiterer zwei Mitglieder, Bl. 4 GA. Hierüber unterrichtete der Betriebsrat die Antragstellerin am 06.05.2014. Sie erwiderte mit Schreiben vom 16.05.2014, Bl. 5 GA, dass sie die Freistellung von Herrn B. aus sachlichen Gründen nicht für vertretbar halte und rief die Einigungsstelle an.
7Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte der Betriebsrat mit, dass weder mit dem vorgeschlagenen Vorsitzenden noch mit je zwei Beisitzern Einverständnis bestünde, Bl. 6 GA. Zudem verwies sie darauf, dass die Einigungsstelle unzuständig sowie rechtsmissbräuchlich sei.
8Die Beteiligten haben im Termin vor dem Arbeitsgericht am 02.06.2014 einen Teilvergleich über die Einsetzung der Einigungsstelle als solche und die Anzahl der Beisitzer geschlossen.
9Die Antragstellerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, Herr C., Vorsitzender Richter am LAG I. a.D. sei zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen. Er verfüge über die notwendige Sachkenntnis und sei unparteiisch.
10Die Antragstellerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
11zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, zum Thema Freistellung des neu gewählten Betriebsratsvorsitzenden Herrn U. B., nach § 38 BetrVG den Vorsitzenden Richter des Landesarbeitsgerichts I. a.D., Herrn Q. C. zu bestellen,
12Der Beteiligte zu 2) beantragte erstinstanzlich,
13den Antrag zurückzuweisen und Herrn B. L. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen.
14Der Beteiligte zu 2) hat sich erstinstanzlich zuletzt nur noch gegen die Person des Vorsitzenden gewendet und gemeint, statt Herrn C. sei Herr L., Direktor des Arbeitsgerichtes X. a.D. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen.
15Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat dem Antrag teilweise stattgegeben, indem es die Einigungsstelle eingesetzt hat, jedoch den Richter am Arbeitsgericht E., Herrn N. L., zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellte. Es hat ausgeführt, dass die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig sei. Gemäß § 38 Abs. 2 S. 4 BetrVG könne der Arbeitgeber binnen zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Freistellungsentscheidung die Einigungsstelle anrufen, soweit er die Freistellung für sachlich nicht vertretbar halte. Dies sei mit Schreiben der Antragstellerin vom 16.05.2014 erfolgt. Entgegen der außergerichtlich geäußerten Auffassung des Betriebsrats sei dabei aber nicht erforderlich, dass die Arbeitgeberin ihre Einwendungen bereits mit der Anrufung der Einigungsstelle mitteile. Auch der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs läge nicht vor. Vielmehr habe die Einigungsstelle bei der Entscheidung über die sachliche Vertretbarkeit eine Vielzahl von Kriterien abzuwägen. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle sei nicht Herr C. zu bestellen, weil der Betriebsrat dessen Einsetzung widersprochen habe. Es sei deshalb nicht davon ausgehen, dass er das uneingeschränkte Vertrauen der Beteiligten genieße. Der Richter am Arbeitsgericht L. weise die notwendige Erfahrung, Sachkenntnis und auch die Unparteilichkeit auf.
16Gegen den ihm am 05.06.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit einem am 18.06.2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und gleichzeitig begründet.
17Die Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde ihr ursprüngliches Begehren weiter. Sie meint, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft den Richter am Arbeitsgericht N. L. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt. Zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Arbeitsgericht habe der Betriebsrat keinerlei Einwendungen gegen Herrn C. erhoben. Einwendungen im Schriftsatz vom 27.07.2014 seien unbeachtlich. Denn dieser habe bis zum Verhandlungstermin am 02.06.2014 nicht vorgelegen. Auch sei in diesem Termin nochmals angesprochen worden, dass kein Schriftsatz des Betriebsrates vorliege. Der relevante Schriftsatz sei erstmals zusammen mit dem schriftlichen Beschluss übermittelt worden. Zudem habe sie im Rahmen der Anhörung erstmals Kenntnis erhalten, dass der Betriebsrat Herrn L. als Vorsitzenden der Einigungsstelle vorschlage. Konkrete Einwendungen gegen Herrn C. seien damit nicht verbunden gewesen. Zum Vorschlag des Betriebsrates selbst habe sie hingegen so kurzfristig keine Stellung nehmen können. Auch der Schriftsatz enthalte keine substantiierte Einwendungen gegen Herrn C., so dass dieser zum Vorsitzenden der Einigungsstelle hätte bestellt werden müssen. Denn es sei allgemein anerkannt, dass eine schlagwortartige Ablehnung des vorgeschlagenen Vorsitzenden nicht ausreiche.
18Die Antragstellerin beantragt,
19den Beschluss des Arbeitsgerichtes Essen vom 02.06.2014 Az.: 5 BV 58/14 abzuändern und den Herrn Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht I. a.D. Q. C. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Thema Freistellung des neu gewählten Betriebsratsvorsitzenden U. B. zu bestellen.
20Der Beteiligte zu 2) beantragt,
21den Antrag zurückzuweisen.
22Der Beteiligte zu 2) verteidigt in erster Linie den angefochtenen Beschluss und macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend: Die Beschwerde sei bereits unzulässig. Denn sie setze sich mit seinem Schriftsatz vom 27.05.2014 auseinander, nicht jedoch mit der Begründung des Arbeitsgerichtes. Bezüglich der Auswahl des Vorsitzenden der Einigungsstelle verkenne die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Das Gericht sei an den Vorschlag der Beteiligten nicht gebunden. Zudem habe er der Einsetzung von Herrn C. widersprochen, so dass er offensichtlich nicht das uneingeschränkte Vertrauen der Beteiligten genieße.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle und Ergebnisse der Anhörung.
24II.
25Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die beantragte Einigungsstelle eingesetzt und dabei Herrn Richter am Arbeitsgericht L. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt. Eine Pflicht zur Bestellung von Herr C. bestand nicht. Denn bei der Auswahl des Vorsitzenden einer Einigungsstelle besteht ein weitreichender Ermessensspielraum des Arbeitsgerichtes. Jedenfalls dann, wenn eine Seite mit dem Vorschlag der anderen Seite nicht einverstanden ist, kann das Arbeitsgericht einen Dritten einsetzen.
261.Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist zulässig. Insbesondere ist sie formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 89 Abs. 1, 2, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 4, 520 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO). Insbesondere hat sich die Antragstellerin entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) auch im gebotenen Umfang mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander gesetzt. Denn sie hat unter Bezugnahme auf die von ihr vertretene Rechtsauffassung konkret aufgezeigt, dass das Arbeitsgericht Herrn L. nicht zum Vorsitzenden der Einigungsstelle hätte bestellen dürfen, weil der Betriebsrat keine tragfähigen Einwendungen gegen den vorgeschlagenen Vorsitzenden erhoben habe.
272.Als notwendige Beteiligte des Verfahrens waren keine weiteren Gremien zu beteiligen.
28Nach § 83 Abs. 3 ArbGG sind in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist dabei nach herrschender Auffassung jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (BAG v. 28.03.2006 - 1 ABR 59/04, AP Nr. 128 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG v. 16.05.2007 -7 ABR 63/06 Rn. 11, AP Nr. 3 zu § 96a ArbGG 1979 Rn. 11; LAG Düsseldorf v. 14.09.2010 - 16 TaBV 11/10, juris).
29Weitere Beteiligte sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist anerkannt, dass im Verfahren über die Einsetzung einer Einigungsstelle jedenfalls der betriebliche Gegenspieler beteiligt ist. Ebenso ist anerkannt, dass der jeweilige Einigungsstellenvorsitzende nicht zu beteiligen ist (Schwab/Weth/Walker, § 98 Rz. 29; LAG Berlin v. 22.06.1998 - 9 TaBV 3/98, NZA-RR 1999, 34).
303.Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Richter am Arbeitsgericht E., Herrn N. L., zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt.
31a)Der Antrag ist zulässig.
32Insbesondere besteht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Erforderlich für das Rechtsschutzinteresse ist, dass der Antragsteller geltend macht, dass entweder die Gegenseite die Verhandlungen verweigert oder aber die mit ernstlichem Willen zur Einigung geführten Verhandlungen gescheitert sind (LAG Düsseldorf v. 10.12.1997 - 12 TaBV 61/97, NZA-RR 1998, 319; LAG Baden-Württemberg v. 16.10.1991 - 12 TaBV 10/91, NZA 1992, 186; ErfK/Koch, § 98 ArbGG Rz.2; Schwab/Weth/Walker, § 98 Rz. 19).
33Dies ist hier nicht streitig.
34b)Die Einigungsstelle ist auch nicht offensichtlich unzuständig.
35Das Arbeitsgericht hat grundsätzlich nicht die Vorfrage zu prüfen und zu entscheiden, ob eine Zuständigkeit der Einigungsstelle für die anstehende Streitfrage gegeben ist. Eine Prüfung dieser nicht selten schwierigen Frage wäre nicht mit dem Zweck des Bestellungsverfahrens, die schnelle Bildung der Einigungsstelle zu ermöglichen, vereinbar (BAG v. 24.11.1981 - 1 ABR 42/79, AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972). Außerdem hat die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit vor einer Sachentscheidung selbst zu prüfen (BAG v. 03.04.1979 - 6 ABR 64/67, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972). Gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 ArbGG a.F. darf das Arbeitsgericht die Bestellung deshalb nur ablehnen, wenn eine Zuständigkeit der Einigungsstelle offensichtlich nicht gegeben ist. Offensichtliche Unzuständigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Streitigkeit klar erkennbar unter keinen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand subsumiert werden kann, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in der fraglichen Angelegenheit also unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt (BAG v. 06.12.1983 - 1 ABR 43/81, DB 1984, 775; LAG Hessen v. 03.11.2009 - 4 TaBV 185/09, NZA-RR 2010, 359; LAG Düsseldorf v. 29.09.2009 - 17 TaBV 107/09, juris; LAG Baden-Württemberg v. 04.10.1984 - 11 TaBV 4/84 - NZA 1985, S. 163; LAG Düsseldorf v. 04.11.1988 - 17 (6) TaBV 114/88 - NZA 1989, S. 146; LAG Niedersachsen v. 30.09.1988 - 3 TaBV 75/88 - NZA 1989, S. 149; ErfK/Koch, § 98 ArbGG Rdnr.3; Hauck/Helml, § 98 Rz.4; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Schlewing, § 98 Rz. 8; GK-ArbGG/Dörner, § 98 Rz.23).
36Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Sie haben sich bereits auf die Einsetzung der Einigungsstelle und die Anzahl der Beisitzer verständigt.
37c)Es ist nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht zum Vorsitzenden der Einigungsstelle Herrn Richter am Arbeitsgericht L. bestellt hat.
38aa)Gem. § 76 Abs. 2 BetrVG besteht die Einigungsstelle aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht.
39Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Beschwerdeverfahrens das Landesarbeitsgericht keine eigene Ermessensentscheidung hinsichtlich der Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle trifft. Dies ist zwar in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Insoweit wird zuweilen vertreten, dass das Landesarbeitsgericht eine eigene neue Ermessensentscheidung zu treffen habe (Germelmann, § 98 Rz. 40; LAG Hessen v. 06.04.1976 -5 TaBV 13/76, AuR 1977, 62; LAG Hamm v. 16.08.1976 - 3 TaBV 43/76, EzA § 76 BetrVG Nr. 7; Düwell/Lipke, § 98 Rz. 21; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner, § 98 Rz. 15; Natterer/Gross, § 98 Rz. 23; wohl auch H/W/K/Bepler, § 98 Rz.12). Diese Auffassung ist indes abzulehnen. Denn die Beschwerde dient lediglich der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung, nicht deren Ersetzung. Nur dann, wenn das Ermessen der erstinstanzlichen Entscheidung unzutreffend ausgeübt worden ist, kommt eine eigene Ermessensentscheidung des Landesarbeitsgerichtes in Betracht (Schwab/Weth/Walker, § 98 Rz 67; Hauck/Helml, § 98 Rz. 8; ErfK/Koch, § 98 ArbGG Rz. 7; GK-ArbGG/Schleusener, § 98 Rz.32; offen gelassen LAG Nürnberg v. 02.07.2004 - 7 TaBV 19/04, NZA-RR 2005, 100).
40Entscheidend für die Überprüfung der Ermessensentscheidung ist zunächst, dass sich die Beteiligten tunlichst hinsichtlich der Person des Vorsitzenden einigen "müssen". Die arbeitsgerichtliche Einsetzung ist lediglich die Ausnahmesituation und damit Ersatz für die fehlende Einigung. Zentrale Anforderung an die Kompetenz des Vorsitzenden ist seine Unparteilichkeit. Dies zeigt deutlich, dass auch die Bestellung durch das Gericht am im Gesetz niedergelegten Konsensprinzip zu orientieren ist (so auch Hessisches LAG v. 23.06.1988 - 12 TaBV 66/88, NZA 1988, 2173). Der Vorsitzende muss im Hinblick auf die Unparteilichkeit zudem das Vertrauen beider Betriebspartner genießen.
41Entscheidend ist also, dass der Vorsitzende die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidung bietet.
42Dabei ist zunächst zu beachten, dass im Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG a.F. nach zutreffender und ganz überwiegender Auffassung keine Bindung des Gerichts an den Vorschlag eines der Beteiligten besteht (vgl. etwa LAG Berlin-Brandenburg v. 08.04.2010 - 6 TaBV 4780/10, LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 59; Rheinland-Pfalz, v. 15.05.2009 - 9 TaBV 10/09, juris; LAG Hamm v. 26.07.2004 - 10 TaBV 64/04, juris; LAG Baden-Württemberg, v. 26.06.2002 - 9 TaBV 3/02, NZA-RR 2002, 523; LAG Berlin, v. 12.09.2001 - 4 TaBV 1436/01, NZA-RR 2002, 25; Schwab/Weth/Walker, § 98 Rz. 51; ErfK/Eisemann, § 98 Rz. 2; Germelmann, § 98 Rz. 23; Natterer/Gross, § 98 Rz. 13; Hauck/Helml/Biebl, § 98 Rz. 6; Grunsky/Waas/Benecke/Greiner, § 98 Rz.12; GK-BetrVG/Kreutz/Jacobs, § 76 Rz. 60; Hess/Worzalla, BetrVG, § 76 Rz.57. A.A. Düwell/Lipke, § 98 Rz.18; GK/ArbGG/Schleusener, § 98 Rz. 32 sprechen jeweils von "Bindung", die dann in bestimmten Fällen wieder entfallen soll).
43Streitig ist aber, in welchen Fällen davon auszugehen ist, dass das gesetzliche Ziel für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidung nicht mehr verwirklicht werden kann.
44Nach einer vertretenen Auffassung soll dies erst dann der Fall sein, wenn schlüssig nachvollziehbare Gründe gegen die Person des Vorsitzenden vorgebracht werden. Eine schlagwortartige Ablehnung des vorgeschlagenen Vorsitzenden reiche nicht aus (ErfK/Koch, § 98 Rz. 5; Schwab/Weth/Walker, § 98 Rz.47; Däubler, BetrVG § 76 Rz. 47; Düwell/Lipke, § 98 Rz. 18 c; LAG Hamm v. 26.07.2004 - 10 TaBV 64/04, juris; LAG Nürnberg v. 02.07.2004 - 7 TaBV 19/04, NZA-RR 2005, 100; Hessisches LAG v. 23.06.1988 - 12 TaBV 66/88, NZA 1988, 2173; LAG Berlin-Brandenburg v. 22.01.2010 - 10 TaBV 2829/09, BB 2010, 500; vgl. auch LAG Düsseldorf v. 20.09.2009 - 17 TaBV 107/09, juris).
45Zum Teil werden "ernsthafte" Einwendungen gefordert, die nicht nur vorgeschoben erscheinen (H/W/K-Bepler, § 98 ArbGG Rz. 7).
46Andere wiederum lassen jedwede Ablehnung ausreichen (LAG Berlin-Brandenburg v. 08.04.2010 - 6 TaBV 4780/10, LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 59; Rheinland-Pfalz, v. 15.05.2009 - 9 TaBV 10/09, juris; Fitting, § 76 Rz.25; Natterer/Gross, § 98 Rz.14; GK-BetrVG/Kreutz/Jacobs, § 76 Rz.60), während der Antrag nach einer weiteren Auffassung nur eine Anregung an das Gericht mit einem weiten Auswahlermessen darstelle (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, v. 26.06.2002 - 9 TaBV 3/02, juris; GK-ArbGG/Schleusener, § 98 Rz.32).
47Richtig erscheint, dass eine Person nur dann zum Vorsitzenden der konkreten Einigungsstelle bestellt werden kann, wenn sie tatsächlich das Vertrauen beider Betriebspartner genießt. Insoweit besteht ein weitreichender Ermessensspielraum des Arbeitsgerichtes bei der Bestimmung des Vorsitzenden der Einigungsstelle. Besteht aber ein weitreichender Ermessensspielraum, kann auch ein schlichtes "nein" der Gegenseite dazu führen, dass das Arbeitsgericht einen Dritten als Vorsitzenden einsetzt. Denn auch dann, wenn keine konkreten Einwendungen gegen den Kandidaten der jeweiligen Gegenseite vorgebracht werden, kann ein Dritter eingesetzt werden, um die Belastung des Einigungsstellenverfahrens zu vermeiden. Dafür spricht auch, dass die Gegenseite gezwungen wäre, ansonsten die Gründe offen zu legen, die gegen die benannte Person sprechen, was - insbesondere dann wenn sie nicht für ausreichend gehalten werden - je nach Art des mitgeteilten Grundes die Verhandlungen mit dem jeweiligen Vorsitzenden ganz erheblich belasten könnte. Zudem darf nicht übersehen werden, dass jede andere Sichtweise einen "Wettlauf" um den ersten Antrag auslösen würde. Derjenige, der zuerst den Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle stellt, erhielte einen entscheidenden strategischen Vorteil für die Besetzung der wichtigen Position des Vorsitzenden. Insoweit besteht ein weitreichendes Auswahlermessen des Arbeitsgerichtes, bei dem eben auch ein "nein" gegen den jeweiligen Vorschlag zu berücksichtigen ist. Denn der Vorschlag ist - ebenso wie dessen Ablehnung - Ausdruck des jeweiligen besonderen Vertrauens, das es zu respektieren gilt. Nur so lässt sich die erforderliche Akzeptanz des notfalls stimmberechtigten und stimmentscheidenden Vorsitzenden erreichen (so auch LAG Berlin-Brandenburg v. 08.04.2010 - 6 TaBV 4780/10, LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 59; LAG Rheinland-Pfalz v. 15.09.2009 - 9 TaBV 10/09, juris).
48bb)Insofern ist es nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht das schlichte "nein" des Beteiligten zu 2) hat ausreichen lassen und Herrn L. zum Vorsitzenden bestellt hat. Beide Seiten haben - auch in der Beschwerde - keinerlei Einwendungen gegen ihn erhoben. Er ist dem Vorsitzenden als erfahrener, ruhiger und auf Ausgleich hinwirkender Richter bekannt.
49RECHTSMITTELBELEHRUNG
50Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
51gez.: Dr. Ulrich
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag
- 1.
jeder natürlichen oder juristischen Person oder - 2.
einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,
(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat.
(3) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend. In dem Verfahren ist die Behörde, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat, Beteiligte.
(4) Der rechtskräftige Beschluss über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung wirkt für und gegen jedermann. Rechtskräftige Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 sind alsbald der obersten Arbeitsbehörde des Bundes in vollständiger Form abschriftlich zu übersenden oder elektronisch zu übermitteln. Soweit eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung rechtskräftig als wirksam oder unwirksam festgestellt wird, ist die Entscheidungsformel durch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Bundesanzeiger bekannt zu machen.
(5) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(6) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung wirksam ist und hat das Gericht ernsthafte Zweifel nichtverfassungsrechtlicher Art an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 auszusetzen. Setzt ein Gericht für Arbeitssachen nach Satz 1 einen Rechtsstreit über den Leistungsanspruch einer gemeinsamen Einrichtung aus, hat das Gericht auf deren Antrag den Beklagten zur vorläufigen Leistung zu verpflichten. Die Anordnung unterbleibt, wenn das Gericht die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand für offensichtlich unwirksam hält oder der Beklagte glaubhaft macht, dass die vorläufige Leistungspflicht ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Auf die Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht finden die Vorschriften über die Aussetzung entsprechend Anwendung; die Entscheidung ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. Auch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens können die Parteien die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Ergeht nach Aufnahme des Verfahrens eine Entscheidung, gilt § 717 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 antragsberechtigt.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. August 2012 - 13 Sa 1408/11 - aufgehoben.
-
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen und Gehaltsansprüche des Klägers.
- 2
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Der Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit etwa 30 Jahren beschäftigt. Ab 1983 erbrachte er seine Tätigkeit in Kuwait, zuletzt als „General Manager“. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag von September 2004 zugrunde. Dort war ua. bestimmt, dass der Vertrag „ausschließlich dem Arbeitsgesetz und den anderen relevanten Gesetzen in Kuwait in der jeweils gültigen Fassung“ unterliege.
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Mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit der Begründung, der Kläger habe gezielt Auftragsvergaben zu ihren Lasten beeinflusst. Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht.
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Am 2. April 2008 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten vorsorglich erneut außerordentlich. Mit Schriftsatz vom 9. September 2008 hat sich der Kläger auch gegen diese Kündigung gewandt und darüber hinaus Ansprüche aus Annahmeverzug geltend gemacht.
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Er hat zuletzt beantragt
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26. Oktober 2007 nicht beendet worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht;
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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 2. April 2008 beendet worden ist;
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3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120.039,30 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 13.337,70 Euro seit dem jeweils Ersten der Monate Januar 2008 bis einschließlich September 2008 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigungen für wirksam gehalten. Ansprüche aus Annahmeverzug beständen nicht.
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Am 7. Oktober 2008 hat der Kläger in der arbeitsrechtlichen Streitigkeit der Parteien auch vor einem kuwaitischen Gericht Klage erhoben. Mit Urteil vom 9. Januar 2012 hat die dortige erste Instanz zu seinen Gunsten entschieden. Die Beklagte hat Rechtsmittel eingelegt.
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Im vorliegenden Verfahren hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, Gegenstand des Rechtsstreits sei ein - deutschem Recht unterliegendes - Arbeitsverhältnis gewesen, das neben demjenigen bestanden habe, welches durch Vertrag vom September 2004 begründet worden sei und kuwaitischem Recht unterliege. Es sei durch die außerordentliche Kündigung vom 26. Oktober 2007 wirksam beendet worden. Den Fortbestand des dem kuwaitischen Recht unterliegenden Arbeitsverhältnisses habe der Kläger - ausschließlich - bei den kuwaitischen Gerichten geltend gemacht. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses musste in der Sache entscheiden und durfte den Rechtsstreit nicht seinerseits an das Arbeitsgericht zurückverweisen. Der Senat selbst kann über die Klageanträge nicht abschließend befinden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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I. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Unrecht an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
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1. Gemäß § 68 ArbGG ist die Zurückverweisung des Rechtsstreits wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts unzulässig.
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a) Die Vorschrift schränkt die in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO für den Fall eines Verfahrensmangels vorgesehene Möglichkeit der Zurückverweisung an die erste Instanz ein(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 68 Rn. 1). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren hat das Berufungsgericht grundsätzlich selbst in der Sache zu entscheiden. Die Vorschrift dient der Prozessbeschleunigung (BAG 4. Dezember 1958 - 2 AZR 282/57 - zu 3 der Gründe, BAGE 7, 99). Sie gilt auch bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern (GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 68 Rn. 2; ErfK/Koch 14. Aufl. § 68 ArbGG Rn. 1).
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b) Eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht kommt - neben den in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 7 ArbGG genannten Fällen - ausnahmsweise in Betracht, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, der in der Berufungsinstanz nicht korrigiert werden kann (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 -; GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 68 Rn. 4; GK-ArbGG/Vossen § 68 Rn. 12; Düwell/Lipke/Maul-Sartori ArbGG 3. Aufl. § 68 Rn. 10; Hauck/Helml/Biebl ArbGG 4. Aufl. § 68 Rn. 4; ErfK/Koch 14. Aufl. § 68 ArbGG Rn. 2). Das ist etwa der Fall, wenn das Gericht erster Instanz eine Entscheidung getroffen hat, ohne dass - wirksam - Sachanträge gestellt worden wären (BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 478/07 - Rn. 20) oder wenn ein Urteil gegen eine in Wahrheit nicht beklagte Partei ergangen ist (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 -).
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2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts leidet das Urteil des Arbeitsgerichts im Streitfall nicht an einem solchen nicht korrigierbaren Verfahrensmangel.
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a) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, das Arbeitsgericht habe gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen, weil es dem Kläger etwas abgesprochen habe, was nicht beantragt worden sei.
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aa) Gemäß § 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zu- oder abzusprechen, was nicht beantragt ist. Die Regelung ist Ausdruck der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime. Das Gericht darf nur über den geltend gemachten Anspruch und Streitgegenstand entscheiden. Die Antragsbindung besteht sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Das Gericht darf weder über ein „plus“ noch ein „aliud“ befinden (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 308 Rn. 2; Musielak/Musielak ZPO 10. Aufl. § 308 Rn. 7).
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bb) Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand ändert sich, wenn der entweder gestellte Antrag oder der ihm zugrunde liegende Lebenssachverhalt ein anderer geworden ist (BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 16; 13. Dezember 2011 - 1 AZR 508/10 - Rn. 21 mwN).
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cc) Danach hat das Arbeitsgericht über einen Anspruch entschieden, den der Kläger nicht geltend gemacht hatte, und gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Es hat zwar, indem es die Wirksamkeit der Kündigung vom 26. Oktober 2007 angenommen und die Klage abgewiesen hat, über den gestellten Klageantrag entschieden. Es hat seiner Entscheidung jedoch einen anderen als den vom Kläger geltend gemachten Klagegrund und Lebenssachverhalt zugrunde gelegt.
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(1) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, zwischen den Parteien habe nur ein Arbeitsverhältnis bestanden. Dieses sei Anfang der achtziger Jahre begründet und durch den Vertrag vom September 2004 lediglich auf eine neue Grundlage gestellt worden. Für die Auffassung des Arbeitsgerichts, neben das seinerzeit begründete habe im September 2004 ein weiteres - nunmehr kuwaitischem Recht unterliegendes - Arbeitsverhältnis treten sollen, gibt es nach dem Vortrag der Parteien keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
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(2) Auf der Grundlage seiner Annahme, es bestünden zwei - das eine deutschem, das andere kuwaitischem Recht unterstehende - Arbeitsverhältnisse, hat das Arbeitsgericht über einen vom Kläger nicht vorgebrachten und auch tatsächlich nicht existenten Lebenssachverhalt entschieden. Zugleich hat es eine Entscheidung über den maßgeblichen Streitgegenstand unterlassen.
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b) Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO erlaubt gleichwohl nicht die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht. Es handelt sich nicht um einen Verfahrensfehler, der nicht vom Landesarbeitsgericht korrigiert werden könnte.
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aa) Gemäß § 528 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG unterliegen der Entscheidung des Berufungsgerichts nur die Berufungsanträge. Das Berufungsgericht ist danach nur insoweit zur Entscheidung befugt, wie ihm der Rechtsstreit zur Entscheidung angefallen ist. Dies setzt voraus, dass das Eingangsgericht über den erstinstanzlich rechtshängig gemachten Streitgegenstand entschieden hat und die Entscheidung angefochten worden ist. Ob und inwieweit über einen Anspruch erstinstanzlich entschieden wurde, ist im Einzelfall durch Auslegung des angefochtenen Urteils zu ermitteln (vgl. MünchKommZPO/Rimmelspacher 4. Aufl. § 528 Rn. 7).
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(1) Hat das Gericht erster Instanz ein Endurteil erlassen, dabei aber über einen Streitgegenstand oder einen abtrennbaren Teil desselben bewusst nicht entschieden, liegt ein Teilurteil iSv. § 301 ZPO vor. Der von ihm nicht erfasste Streitgegenstand bleibt beim Eingangsgericht anhängig. Etwas anderes gilt nur, wenn ein Teilurteil unzulässig ist. In diesem Fall kann das Rechtsmittelgericht den nicht von der Entscheidung erfassten Teil des Streitgegenstands an sich ziehen und so den unzulässig geteilten Streitgegenstand wieder zusammenführen (BAG 24. November 2004 - 10 AZR 169/04 - zu B I 4 c der Gründe, BAGE 113, 21; BGH 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99 - zu III der Gründe).
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(2) Hat das Gericht erster Instanz über einen von mehreren Streitgegenständen versehentlich nicht entschieden, bleibt dieser Teil ebenfalls zunächst bei ihm anhängig. Der Kläger kann die Ergänzung des Urteils nach § 321 ZPO beantragen. Versäumt er die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO, erlischt die Rechtshängigkeit des betreffenden Streitgegenstands.
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(3) Etwas anderes gilt, wenn das Gericht erster Instanz über einen Streitgegenstand deshalb nicht entschieden hat, weil es das Klagebegehren unzutreffend ausgelegt hat (vgl. Zöller/Heßler ZPO 30. Aufl. § 528 Rn. 12). In einem solchen Fall hat es aus seiner Sicht - wenngleich objektiv rechtsfehlerhaft - über das ganze Klagebegehren und damit über den gesamten Streitstoff entschieden. Zum Inhalt seiner Entscheidung gehört auch die Frage, welcher Anspruch erhoben und beschieden worden ist (vgl. BGH 28. Mai 1998 - I ZR 275/95 - zu II 2 a der Gründe). Legt die beschwerte Partei gegen die Entscheidung Berufung ein, gelangt der Streitgegenstand folglich insgesamt in die zweite Instanz (vgl. MünchKommZPO/Rimmelspacher 4. Aufl. § 528 Rn. 8; Prütting/Gehrlein/Oberheim ZPO 5. Aufl. § 528 Rn. 6). Der Rechtsfehler des erstinstanzlichen Gerichts kann damit durch das Berufungsgericht korrigiert werden. Für einen Antrag auf Erlass eines Ergänzungsurteils nach § 321 ZPO ist dementsprechend kein Raum(BGH 27. November 1979 - VI ZR 40/78 - zu II 2 b der Gründe).
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bb) Hier ist dem Landesarbeitsgericht der Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vollständig zur Entscheidung angefallen. Die „Auswechslung“ des dem Kündigungsschutzantrag zugrunde liegenden Lebenssachverhalts durch das Arbeitsgericht hat nicht bewirkt, dass ein Teil des Streitgegenstands noch in erster Instanz anhängig geblieben wäre.
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(1) Das Arbeitsgericht hat angenommen, die Parteien stritten lediglich über den Fortbestand eines dem deutschen Recht unterliegenden Arbeitsverhältnisses. Ein Streit über das mit Vertrag von September 2004 begründete weitere Arbeitsverhältnis sei bei ihm nicht anhängig. Damit hat es sowohl nach dem formellen Antrag als auch inhaltlich über den gesamten ihm aus seiner Sicht unterbreiteten Lebenssachverhalt entschieden. Sein Rechtsfehler besteht nicht darin, dass es über einen Teil des geltend gemachten Begehrens nicht entschieden hätte, sondern darin, dass es das Begehren des Klägers unzutreffend ausgelegt hat. Diesen Rechtsfehler hat der Kläger mit seiner Berufung gerügt. Auf diese Weise ist der gesamte Streitstoff in die Rechtsmittelinstanz gelangt. Über ihn konnte und musste das Berufungsgericht mit Blick auf § 68 ArbGG selbst entscheiden.
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(2) Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Parteien „verlören“ in diesem Fall eine Instanz. Den Verlust einer (Tatsachen-)Instanz hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen (Bader/Creutzfeldt/Friedrich ArbGG 5. Aufl. § 68 Rn. 1; Däuber/Hjort/Schubert/Wolmerath ArbGG 3. Aufl. § 68 Rn. 1). Er wird durch die Beschleunigung des Verfahrens aufgewogen (BAG 4. Dezember 1958 - 2 AZR 282/57 - BAGE 7, 99). Das Rechtsstaatsprinzip verlangt nicht zwingend einen mehrstufigen Instanzenzug. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, unter Abwägung und Ausgleich der betroffenen Interessen zu entscheiden, ob es bei einer Instanz bleiben soll, ob mehrere Instanzen bereitgestellt werden und unter welchen Voraussetzungen sie angerufen werden können (vgl. BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - [Fachgerichtlicher Rechtsschutz] zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 107, 395; BAG 4. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 30, BAGE 138, 9).
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II. Ob die Klage zulässig und begründet ist, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat dies - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft und dazu keine Feststellungen getroffen. Dies wird es unter Beachtung der nachstehenden Erwägungen nachzuholen haben.
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1. Die deutschen Gerichte sind - wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat - international zuständig.
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a) Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Der für ihre Anwendung erforderliche Auslandsbezug ist gegeben. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 8 reicht es insoweit aus, dass der fragliche Rechtsstreit einen Bezugspunkt zum Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufweist (vgl. HK-ZPO/Dörner 5. Aufl. VO (EG) Vorbem. zu Art. 1 Rn. 3; Musielak/Stadler ZPO 10. Aufl. VO (EG) Art. 2 Rn. 2; zur Rechtslage nach dem EuGVÜ EuGH 13. Juli 2000 - C-412/98 -).
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b) Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer vor den Gerichten des Mitgliedstaats verklagt werden, in dem er seinen Wohnsitz hat. Gesellschaften und juristische Personen haben ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet (Art. 60 Abs. 1 EuGVVO). Der Sitz der Beklagten liegt in Deutschland.
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2. In prozessualer Hinsicht wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Entscheidung der kuwaitischen Gerichte einer eigenen Sachentscheidung entgegensteht.
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a) Gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO darf die Streitsache während der Dauer der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Ist die Sache bereits bei einem anderen Gericht rechtshängig, ist die zweite Klage als unzulässig abzuweisen (zB MünchKommZPO/Becker-Eberhard 4. Aufl. § 261 Rn. 42). Das gilt grundsätzlich auch für die Rechtshängigkeit im Ausland, sofern mit der Anerkennung der vom ausländischen Gericht zu treffenden Entscheidung zu rechnen ist (BGH 10. Oktober 1985 - I ZR 1/83 - zu I 1 der Gründe). Hat ein Gericht die bereits bestehende anderweitige Rechtshängigkeit übersehen und rechtskräftig in der Sache entschieden, muss das andere Gericht die Rechtskraft dieses Urteils seinerseits beachten und muss die bei ihm anhängige Klage als unzulässig abweisen (BGH 6. Oktober 1982 - IVb ZR 729/80 - zu II 2 a der Gründe; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, aaO).
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b) Die Rechtskraft eines Urteils steht der Sachentscheidung in einem anderen Verfahren allerdings nur entgegen, wenn die Gegenstände beider Streitigkeiten identisch sind. Eine Identität ist gegeben, wenn Klageantrag und Lebenssachverhalt übereinstimmen (vgl. BGH 17. Mai 2001 - IX ZR 256/99 - zu A I 1 der Gründe). Dies ist nicht der Fall, wenn sich entweder der Antrag oder der zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt nicht deckt (MünchKommZPO/Becker-Eberhard 4. Aufl. § 261 Rn. 56).
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c) Die anderweitige Rechtshängigkeit sowie die entgegenstehende Rechtskraft sind Prozesshindernisse, die grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Amtsprüfung bedeutet dabei keine Amtsermittlung, sondern verlangt nur, einen Sachverhalt, der ein solches Hindernis ergibt, auch ohne entsprechende Rüge zu berücksichtigen. Das Gericht kann zu einem Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet sein, wenn Anlass zu der Annahme besteht, es könnte ein Verfahrenshindernis vorliegen (BGH 20. Januar 1989 - V ZR 173/87 - zu 2 der Gründe).
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d) Im Streitfall ist der Rechtsstreit in Kuwait - entgegen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts - nicht vor, sondern nach der hier zu bescheidenden Klage rechtshängig geworden. Eine dortige Entscheidung in der Sache bildete daher - abgesehen von ihrer Anerkennungsfähigkeit - nur dann ein Prozesshindernis im hiesigen Verfahren, wenn die Entscheidung des kuwaitischen Gerichts schon rechtskräftig und die Streitgegenstände identisch wären. Dies hat bislang keine der Parteien geltend gemacht.
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3. Sollte es auf die Frage ankommen, ob auf den Streitfall das kuwaitische materielle Recht anzuwenden ist, hat das Landesarbeitsgericht die entsprechende Prüfung nach Art. 27 ff. EGBGB (aF) vorzunehmen.
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a) Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) findet gemäß ihrem Art. 28 auf den Streitfall keine Anwendung. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen.
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b) Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB (aF) unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Im Streitfall haben diese für die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten ausdrücklich die Geltung kuwaitischen Rechts vereinbart. Allerdings darf die Rechtswahl gemäß Art. 30 Abs. 1 EGBGB (aF) nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des gemäß Art. 30 Abs. 2 EGBGB (aF) ohne Rechtswahl anwendbaren Rechts gewährt wird. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass dem Arbeitnehmer als der typischerweise sozial und wirtschaftlich schwächeren Partei durch die Rechtswahl nicht der Mindestschutz „seines“ Rechts entzogen wird (BT-Drs. 10/504 S. 81). Für die Annahme, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien danach deutsches Recht oder gar das Recht eines anderen Staates anzuwenden wäre, bestehen derzeit keine Anhaltspunkte.
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Kreft
Berger
Kreft
Sieg
Nielebock
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung werden den Beteiligten zur Äußerung zugestellt. Die Äußerung erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes beim Beschwerdegericht oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts, das den angefochtenen Beschluß erlassen hat.
(2) Für das Verfahren sind die §§ 83 und 83a entsprechend anzuwenden.
(3) (weggefallen)
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) Soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, findet aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte oder gerichtlichen Vergleichen, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt. Beschlüsse der Arbeitsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind vorläufig vollstreckbar; § 62 Abs. 1 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Für die Zwangsvollstreckung gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß der nach dem Beschluß Verpflichtete als Schuldner, derjenige, der die Erfüllung der Verpflichtung auf Grund des Beschlusses verlangen kann, als Gläubiger gilt und in den Fällen des § 23 Abs. 3, des § 98 Abs. 5 sowie der §§ 101 und 104 des Betriebsverfassungsgesetzes eine Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft nicht erfolgt.
(2) Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung über die einstweilige Verfügung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Entscheidungen durch Beschluß der Kammer ergehen, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 der Zivilprozeßordnung in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes nicht besteht. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.
(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.
(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.
(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.