Finanzgericht Hamburg Beschluss, 13. Juni 2014 - 6 V 76/14

bei uns veröffentlicht am13.06.2014

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner (das Finanzamt -FA) zur Rücknahme eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verpflichten.

2

Der Antragsteller arbeitete bis zu seiner Abmeldung am ... 2012 als selbstständiger Fuhrunternehmer. Er hatte keine Angestellten.

3

Am 31.07.2013 übersandte der Antragsgegner eine Prüfungsanordnung. Anschließend führte er eine Betriebsprüfung durch.

4

Der Antragsteller hatte in den Jahren 2009 bis 2012 keine Einkommensteuererklärungen abgegeben. Am 29.11.2013 erließ das FA für 2009 bis 2012 gem. § 162 AO Einkommensteuerbescheide und schätzte hierbei jährliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von... €. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2012 wurden gem. § 164 Abs. 2 AO geändert. Das FA versagte die Berücksichtigung von Vorsteuerabzugsbeträgen, da der Antragsteller keine diesbezüglichen Rechnungen vorgelegt hatte.

5

Der Antragsteller legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Schreiben vom 20.02.2014 lehnte das FA den AdV-Antrag ab. Die Einsprüche wurden durch Einspruchsentscheidung vom 16.06.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 13.06.2014 zugefaxt worden.

6

Der Antragsgegner leitete Vollstreckungsmaßnahmen ein. Insbesondere erließ er am ... 2014 für die ihm bekannten Bankverbindungen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen. Diese waren erfolglos. Ein Vollziehungsbeamter versuchte am ... 2014, am ... 2014 und am ... 2014 beim Antragsteller zu vollstrecken. Am ... 2014 erstellte der Vollziehungsbeamte ein fruchtloses Pfändungsprotokoll. Dabei stellt er fest, dass der Antragsteller in einem kleinen Zimmer ... wohnte und von der Unterstützung ... lebte. Die dem Antragsgegner bekannten Kraftfahrzeuge konnten nicht aufgefunden werden.

7

Am ... 2014 beantragte der Antragsgegner beim Amtsgericht A unter der Geschäftsnummer ... die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In diesem Zusammenhang berief sich der Antragsgegner auf Abgabenrückstände in Höhe von 87.476,85 €.

8

Das Insolvenzgericht forderte den Antragsteller am 16.04.2014 (zugestellt am 23.04.2014) auf binnen 14 Tagen zur Stellungnahme auf.

9

Durch den Beschluss des Amtsgerichts A vom ... 2014 wurde zur Aufklärung des Sachverhalts die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Der beauftragte Sachverständige meldete sich durch sein Schreiben vom 20.05.2014 beim Antragsteller und forderte ihn auf, diverse Unterlagen einzureichen. Am 02.06.2014 erinnerte der Sachverständige den Antragsteller an seine Verpflichtung zur Mitwirkung.

10

Am 05.05.2014 beantragte der Antragsteller eine einstweilige Anordnung beim Finanzgericht.

11

Zwischen den Beteiligten haben nach Antragstellung beim Finanzgericht diverse Verhandlungen stattgefunden. Der Antragsteller bat deshalb um Fristverlängerung, um eine einvernehmliche Lösung mit dem FA zu finden. Am ... 2014 fand ein Gespräch an Amtsstelle statt. Bei diesem Gespräch wurde eine tatsächliche Verständigung über die streitigen Besteuerungsgrundlagen erzielt. Diese Verständigung wurde durch die Änderungsbescheide vom 16.06.2014 umgesetzt. Die entsprechenden Bescheide sind dem Prozessbevollmächtigten am 13.06.2014 zugefaxt worden. Hiernach ergaben sich Rückstände von insgesamt 46.575,39 €.

12

Die ebenfalls am ... 2014 besprochene Ratenzahlungsvereinbarung kam nicht zustande, weil sich anschließend ergab, dass die Steuerrückstände wegen bereits zurückgezahlter Vorsteuern in Höhe von 22.777,99 € wesentlich höher waren. Dieser Umstand war von keinem der anwesenden Beteiligten im Gespräch berücksichtigt worden. Außerdem stellte sich nach dem Gespräch heraus, dass das vom Antragsteller als Sicherheit angebotene Fahrzeug-1 bereits veräußert gewesen war.

13

Mit Schreiben vom 02.06.2014 lehnte der Antragsgegner den AdV-Antrag, den Stundungsantrag und den Antrag auf Vollstreckungsaufschub ab.

14

Am 05.06.2014 teilte der Antragsteller mit, dass er nunmehr doch um eine gerichtliche Entscheidung bitte.

15

Zur Begründung seines Antrags trägt der Antragsteller vor, dass das Stellen des Insolvenzantrags ermessensfehlerhaft gewesen sei, denn das FA habe sein Ermessen nicht ausgeübt. Dies sei insbesondere daran ersichtlich, dass der Sachbearbeiter des Antragstellers, Herr B seinem Prozessbevollmächtigten telefonisch mitgeteilt habe, dass ihn der Sachverhalt nicht interessiere und für ihn ausschließlich entscheidend sei, dass die festgesetzten Steuer nicht bezahlt worden seien.

16

Das FA sei verpflichtet, die sich aus dem jeweiligen konkreten Steuerrechtsverhältnis ergebenden Besonderheiten umfassend zu würdigen. Hierbei sei einzubeziehen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht über die Einsprüche oder den AdV-Antrag entschieden worden sei. Auch sei es nicht möglich, dass sich die Rückstände erhöhten, da er, der Antragsteller, seinem Gewerbe zurzeit nicht nachgehen könne.

17

Es sei auch mit dem FA eine Vereinbarung getroffen worden, die das FA binde. Hierbei seien die Beteiligten übereinstimmend von Steuerschulden in Höhe von 19.000 € ausgegangen. Auch deshalb sei die Aufrechterhaltung des Insolvenzantrages ermessenswidrig.

18

Das FA sei auch nicht an der Beitreibung der Steuerrückstände interessiert, sondern wolle ihn nur in ein Insolvenzverfahren treiben. Auch verhindere das FA bewusst die Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit, denn die Wiederanmeldung seiner gewerblichen Tätigkeit scheitere an dem Fehlen der Unbedenklichkeitsbescheinigung, die ihm das FA verweigere.

19

Der Antragsgegner habe bereits kurz nach Bekanntgabe der Steuerbescheide angefangen zu vollstrecken. Der Vollziehungsbeamte habe nicht bezweckt bei ihm zu vollstrecken, sondern er habe von Anfang an nur das fruchtlose Pfändungsprotokoll erstellen wollen. Der Insolvenzantrag sei deswegen auch unverzüglich nur zwei Arbeitstage nach dem Vollstreckungsversuch gestellt worden.

20

Das FA habe auch die ihm angebotenen Zahlungen abgelehnt.

21

Zudem sei er Eigentümer eines Fahrzeug-1 nebst ... Auch verfüge er über weitere Vermögensgegenstände.

22

Durch den Schriftsatz vom 05.06.2014 teilte der Antragsteller mit, dass er auch nach der Veräußerung des Fahrzeug-1 noch über ausreichende Sicherheiten verfüge, da er einen Trailer im Werte von ca. 6.500 € und einen Pkw im Wert von ca. 13.575 € habe.

23

Die Prüfungsanordnung sei rechtswidrig, da sie nicht an ihn, den Antragsteller, sondern an seine Empfangsbevollmächtigten habe ergehen müssen. Zwar sei diese Empfangsvollmacht von der C Unternehmensberatung widerrufen worden, dieser Widerruf sei aber nicht beim FA angekommen.

24

Er sei davon ausgegangen, dass die C Unternehmensberatung sich um die Betriebsprüfung kümmern werde und habe sich deshalb nicht um diese Angelegenheit gekümmert. Anfang November habe er dann seine Buchhaltungsunterlagen zu seinem Steuerberater bringen wollen. Nachdem er die Unterlagen in seinem Fahrzeug-1 deponiert habe, sei das Fahrzeug-1 gestohlen worden. In diesem Zusammenhang legt der Antragsteller die Kopie der Diebstahlsanzeige vor.

25

Die Schätzungsbescheide bzw. die Änderungsbescheide vom 29.11.2013 seien rechtswidrig, denn ihm sei vor Erlass kein rechtliches Gehör gewährt worden. Zudem habe das FA nicht seinen Amtsermittlungspflichten entsprochen. Er, der Antragsteller könne nichts dafür, dass ihm die Buchhaltungsunterlagen gestohlen worden seien. Insbesondere hätte ihm die Gelegenheit gewährt werden müssen, Zweitbelege anzufordern. Die Höhe der Schätzung sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Er wohne ... und bräuchte daher nicht viel Geld zum Leben.

26

Die Entscheidung des Insolvenzgerichtes stehe unmittelbar bevor. Es müsse davon ausgegangen werden, dass das Insolvenzverfahren durchgeführt werde und im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Fahrzeuge veräußert und sein Unternehmen aufgelöst werde. Er könne keinen Eigenantrag stellen, da die Steuerschulden zu Unrecht beständen, so dass er auch nicht die Möglichkeit habe, eine Restschuldbefreiung zu erlangen.

27

Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Insolvenzantrag an das Amtsgericht A vom ... 2014 - Geschäftsnummer ... - zurückzunehmen.

28

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.

29

Der Antragsgegner trägt vor, der Antrag auf Insolvenzeröffnung sei ermessensgerecht gewesen. Der Antragsteller sei überschuldet. In den Jahren 2003 bis 2012 habe der Antragsteller insgesamt Verluste in Höhe von 163.156 € generiert. Nach der Umsetzung der tatsächlichen Verständigung beständen immer noch erhebliche Steuerschulden des Antragstellers. Seit dem 02.01.2014 habe der Antragsteller keine Zahlungen geleistet. Ausreichendes pfändbares Vermögen sei nicht vorhanden. Das zunächst als Sicherheit angebotene Fahrzeug-1 sei bereits veräußert worden. Diesen Umstand habe der Antragsteller bei der Besprechung am ... 2014 verschwiegen. Auch habe der Antragsgegner aus dieser Veräußerung keine Zahlungen erhalten. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass noch weitere Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern bestehen.

30

Die vom Antragsteller angebotenen Ratenzahlungen und sein vorhandenes Vermögen seien nicht ausreichend, um einen Vollstreckungsaufschub gewähren zu können.

31

Die Behauptung des Antragstellers, ihm seien die Buchhaltungsunterlagen gestohlen worden, sei nicht glaubhaft, denn in der vorgelegten Diebstahlsanzeige seien die Buchhaltungsunterlagen gerade nicht erwähnt.

32

Dem Gericht liegen die Vollstreckungsakten Bd. I zur Steuernummer .../.../... vor.

Entscheidungsgründe

33

II. Die Entscheidung ergeht wegen der besonderen Eilbedürftigkeit gem. § 114 Abs. 2 Satz 3 FGO durch die Vorsitzende.

34

1. Der Antrag ist zulässig.

35

a) Insbesondere ist der Finanzrechtsweg gegeben. Unabhängig davon, dass gegen den Eröffnungsbeschluss und gegen die Abweisung des Insolvenzantrags Rechtsmittel zu den ordentlichen Gerichten gegeben sind (§ 34 Abs. 2, §§ 6 und 7 InsO), gehört die Rechtsfrage, ob das Finanzamt im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit eine fehlerfreie Ermessensentscheidung getroffen hat, in die Zuständigkeit der Finanzgerichte (FG Hamburg, Beschluss vom 18.08.2011 6 V 102/11, zitiert nach juris unter Hinweis auf BFH Urteile vom 19.12.1989 VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710; vom 11.12.1990 VII B 94/90, BFH/NV 1991, 787; Beschluss vom 25.02.2011 VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017).

36

b) Da das Begehren des Antragstellers auf ein schlichtes Verwaltungshandeln (Rücknahme eines Antrags) gerichtet ist (vgl. BFH Beschluss vom 28.02.2011 VII B 224/10, BFH/NV 2011, 763), ist im Hauptsacheverfahren die sonstige Leistungsklage in der Form einer Unterlassungsklage gegeben (vgl. BFH Urteil vom 04.04.1984 I R 269/81, BFHE 140, 509, BStBl II 1984, 563) und folglich im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ein Antrag nach § 114 FGO (FG Hamburg, Beschluss vom 18.08.2011 6 V 102/11, zitiert nach juris).

37

c) Im Streitfall liegt auch das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf einstweilige Anordnung mit dem Ziel der Rücknahme des Insolvenzantrags seitens des Finanzamtes vor. Dieses ist für die Anrufung des Finanzgericht jedenfalls solange gegeben, bis das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen oder den Eröffnungsantrag des Finanzamts mangels kostendeckender Masse rechtskräftig abgelehnt hat und mit dieser Entscheidung des Insolvenzgerichts der Insolvenzantrag des Finanzamts seine Erledigung gefunden hat, vgl. § 13 Abs. 2 InsO; danach kann der Antrag nicht mehr zurückgenommen werden (BFH Beschluss vom 25.02.2011 VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017). Im Streitfall hat das Amtsgericht A das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers noch nicht eröffnet.

38

2. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Gestalt der einstweiligen Anordnung gemäß § 114 FGO ist jedoch unbegründet.

39

Eine einstweilige Anordnung kann nur unter besonderen, eng umschriebenen Voraussetzungen ergehen. Diese gehen über die Anforderungen hinaus, die für die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts gestellt werden; dies ist verfassungsrechtlich jedoch unbedenklich (BVerfG Beschluss vom 02.03.1984 1 BvR 255/84, HFR 1984, 239; BFH Beschluss vom 14.12.1987 IV B 97/87, BFH/NV 1988, 716).

40

Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).

41

Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag ist, dass der Antragsteller den Anspruch, aus dem er sein Begehren herleitet (sog. Anordnungsanspruch), und einen Grund für die zu treffende Regelung (sog. Anordnungsgrund) schlüssig darlegt und deren tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft macht. Fehlt es an einer der beiden Voraussetzungen, kann die einstweilige Anordnung nicht ergehen (§ 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung; BFH Beschlüsse vom 25.02.1997 VII B 231/96, BFH/NV 1997, 428; vom 07.01.1999 VII B 170/98, BFH/NV 1999, 818).

42

Im Streitfall hat der Antragsteller den Anordnungsanspruch nicht ausreichend glaubhaft gemacht.

43

aa) Dazu hätte der Antragsteller substantiiert vortragen müssen, dass die Stellung des Insolvenzantrags als eine in das pflichtgemäße Ermessen der Finanzbehörde gestellte Vollstreckungsmaßnahme (vgl. § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 AO) ermessensfehlerhaft (§ 102 FGO) erfolgt sei (BFH Beschluss vom 25.02.2011 VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017). Ermessensfehler liegen insbesondere vor, wenn für den Antrag die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind oder der Antrag aus sachfremden Erwägungen oder unter missbräuchlicher Ausnutzung einer Rechtsstellung gestellt wurde (vgl. BFH Beschluss vom 11.12.1990 VII B 94/90, BFH/NV 1991, 787). Ein solcher Ermessensfehler kann im Streitfall bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht festgestellt werden.

44

Dabei ist die Entscheidung des Antragsgegners gemäß § 102 FGO gerichtlich nur darauf überprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

45

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann gestellt werden, wenn dem Finanzamt ein Anspruch zusteht, der ihm im Insolvenzverfahren die Stellung eines Insolvenzgläubigers vermittelt, und wenn ein Insolvenzgrund vorliegt (§ 14 Abs. 1 InsO). Ein solcher Antrag darf nicht rechtsmissbräuchlich und aus sachfremden Erwägungen gestellt werden.

46

bb) Im vorliegenden Fall ist nach summarischer Prüfung ein Ermessensfehler nicht anzunehmen.

47

Zwar hat der Antragsteller vorgetragen, dass ein Ermessensnichtgebrauch bzw. -fehlgebrauch vorliegt. Hiervon ist das Gericht jedoch nicht überzeugt.

48

aaa) Das Gericht geht nicht davon aus, dass ein Ermessensnichtgebrauch stattgefunden hat, denn der Antragsgegner hat zuerst die alternativen und vorrangigen Vollstreckungsmöglichkeiten ausgeschöpft.

49

bbb) Der Antragsgegner hat auch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Insolvenzantrags verkannt. Er konnte im Streitfall von der Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers ausgehen. Soweit sich der Antragsgegner in seinem letzten Schriftsatz zusätzlich auf eine mögliche Überschuldung beruft, ist dieses unschädlich.

50

Nach §§ 16, 17 InsO kann das Insolvenzverfahren bei Zahlungsunfähigkeit eröffnet werden. Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, und ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Danach stellt sich die Zahlungsunfähigkeit als ein auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhendes dauerndes Unvermögen des Schuldners dar, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden zu berichtigen (FG Hamburg, Beschluss vom 18.08.2011 6 V 102/11, zitiert nach juris unter Hinweis auf BFH Beschluss vom 23.07.1985 VII B 29/85, BFH/NV 1986, 41, 43).

51

Der Antragsgegner betreibt das Insolvenzverfahren wegen vollziehbarer Steuerforderungen. Bei Antragstellung betrugen diese 87.476,85 €. Dabei ist es unerheblich, dass es sich hierbei um Schätzungsbescheide handelte.

52

Mittlerweile haben sich die Beteiligten auf abweichende Besteuerungsgrundlagen verständigt. Nach den Änderungsbescheiden vom 16.06.2014 sind immer noch Rückstände von über 40.000 € verblieben. Anders als der Antragsteller meint, konnte diese Verständigung nicht über die Steuern, sondern nur über die Besteuerungsgrundlagen erfolgen. D. h. aus dem Umstand, dass am ... 2014 keiner der Beteiligten einbezogen hat, dass eine erhebliche Auszahlung von Vorsteuern stattgefunden hatte, kann nicht gefolgert werden, dass dieser Umstand unberücksichtigt bleiben muss, denn ein Vergleich über die Steuer ist unzulässig. Möglich ist nur die Verständigung über den Tatbestand, hier also über die Besteuerungsgrundlagen.

53

Vollstreckungsversuche blieben ohne Erfolg. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegenüber den dem FA bekannten Banken verliefen fruchtlos. Auch der Pfändungsversuch des Vollziehungsbeamten gegenüber dem Antragsteller führte nicht zum Erfolg. Sofern der Antragsteller vorträgt, der Vollziehungsbeamte habe gar nicht versucht zu vollstrecken, kann er hiermit nicht überzeugen, denn der Antragsteller hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, die Rückstände zu begleichen, entweder durch Zahlung oder durch Übereignung von Gegenständen. Dieses hat er aber nicht getan.

54

ccc) Entgegen der Ansicht des Antragstellers stellt es auch keinen Ermessensfehler dar, dass der Antragsgegner das Insolvenzverfahren aufgrund noch nicht bestandskräftiger, aber vollstreckbarer Steuerforderungen betreibt.

55

Unter welchen Voraussetzungen das Finanzamt aufgrund von Steuerforderungen im Rahmen der Vollstreckung einen Insolvenzantrag stellen darf, richtet sich zunächst nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§ 251 Abs. 1 AO); unberührt bleiben dabei die Vorschriften der Insolvenzordnung für die Entscheidung über die Insolvenzeröffnung sowie im Rahmen einer eröffneten Insolvenz (§ 251 Abs. 2 AO). Soweit es sich bei der Stellung eines Insolvenzantrags um eine Maßnahme der Verwaltung im Rahmen der Vollstreckung eines Verwaltungsakts handelt, setzt auch diese Art der Vollstreckung grundsätzlich nur voraus, dass vollziehbare Bescheide vorliegen, d. h. dass die Vollziehung dieser Steuerverwaltungsakte nicht ausgesetzt ist (§ 361 AO, § 69 FGO). Der Schutz des Steuerpflichtigen vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme im Wege der Vollstreckung wird dadurch erreicht, dass der Steuerpflichtige bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Steuerforderungen oder bei unbilliger Härte die Aussetzung der Vollziehung herbeiführen kann, entweder durch Antrag beim Finanzamt gemäß § 361 Abs. 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 FGO oder beim Finanzgericht gemäß § 69 Abs. 3 FGO. Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage kann die Beantragung eines Insolvenzverfahrens aufgrund vollziehbarer, aber noch nicht bestandskräftiger Steuerforderungen nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden (FG Hamburg, Beschluss vom 18.08.2011 6 V 102/11, zitiert nach juris). Erst wenn die Vollziehung ausgesetzt worden ist, könnte sich ergeben, dass ein gleichwohl gestellter Insolvenzantrag unter Ermessensgesichtspunkten zu beanstanden ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht gegeben, denn der Antragsgegner hat die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Insolvenzeröffnung durch den Antragsgegner waren die angefochtenen Bescheide nicht ausgesetzt und somit gemäß § 251 Abs. 1 AO vollstreckbar.

56

ddd) Im Gegensatz zum Antragsteller ist das Gericht auch nicht davon überzeugt, dass der Antragsgegner den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Existenzvernichtung rechtsmissbräuchlich gestellt hat.

57

Zwar beruft sich der Antragsteller auf ein Telefonat mit Herrn B vom FA, in dem dieser erklärt haben soll, dass ihn der Sachverhalt nicht interessiere. Dieser Vortrag ist jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. Auch widerspricht er dem Aktenvermerk, der sich auf Bl. 62 und 63 der Vollstreckungsakte befindet.

58

Auch die extrem zügige Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits drei Monate nach Fälligkeit der Steuerschulden, führt nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit. Denn der Antragsgegner hatte bereits zu diesem Zeitpunkt alle ersichtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Zudem hat der Antragsgegner auch nach Stellung des Insolvenzantrags mit dem Antragsteller versucht, Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Auch hierbei zeigte sich, dass der Antragsteller nicht in der Lage ist, die rückständigen Steuern zu begleichen.

59

Bei der Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit ist zu berücksichtigen, dass das primäre Ziel eines Insolvenzverfahrens nicht die Zerschlagung von Vermögenswerten ist, sondern die Schuldenbereinigung zur Fortsetzung unternehmerischer Betätigung. Die zuverlässige Feststellung des Vermögens des Schuldners obliegt dem Insolvenzgericht (vgl. BFH Beschluss vom 12.12.2005 VII R 63/04, BFH/NV 2006, 900).

60

cc) Da bereits wegen des Fehlens eines Anordnungsanspruchs der Antrag des Antragstellers keinen Erfolg hat, kann es dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsgrund gegeben ist.

III.

61

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 128 Abs. 3, 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.

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(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

Tatbestand

1

I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gegen den Beschluss des Finanzgerichts (FG), mit dem sein Antrag, den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Insolvenzantrag zurückzunehmen, als unzulässig und unbegründet zurückgewiesen wurde.

2

Das FG hielt zwar den Rechtsweg zu den Finanzgerichten für den nach § 114 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beurteilten vorläufigen Rechtsschutz für gegeben, es fehle jedoch am Rechtsschutzbedürfnis, da der gebotene Rechtsschutz gegen einen Insolvenzantrag des FA einfacher und sachnäher durch das Insolvenzgericht gewährt werden könne. Gründe für eine, im Falle der Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes durch das FG, stets gegebene Doppelbefassung verschiedener Gerichte mit denselben Fragen sah das FG nicht, alle potentiellen im Zusammenhang mit einer Insolvenzantragstellung zu prüfenden Fragen, einschließlich derer, die in die Ermessensentscheidung des FA einzugehen hätten, seien auch durch das Insolvenzgericht zu prüfen und könnten von diesem ebenso gut geprüft werden.

3

Mangels eines Anordnungsanspruchs sei der Antrag außerdem unbegründet. Für den Insolvenzantrag fehle es nicht am Insolvenzgrund, da der Antragsteller seine Zahlungsunfähigkeit selbst vorgetragen habe. Der Antrag sei auch nicht unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft: Bei Antragstellung sei ein Vollstreckungsaufschub nicht mehr wirksam gewesen, verrechenbare Guthaben, die zu einer vollständigen oder überwiegenden Tilgung der Rückstände hätten führen können, habe der Antragsteller weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht, für das FA sei das Vorhandensein einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse --angesichts möglicher Anfechtungsansprüche bezüglich Zahlungen des Antragstellers auf Schulden der Ehefrau-- nicht fernliegend gewesen und eine akute Lebensgefahr wegen der Stressbelastung infolge der Insolvenzantragstellung habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch sonstige Erwägungen des FA --Verzicht auf weitere Einzelzwangsvollstreckungen und die eidesstattliche Versicherung, Verhältnismäßigkeit der möglichen Auswirkung des Insolvenzantrags auf die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft vor dem Hintergrund der Rückstandshöhe und der Zeitdauer der Vollstreckungsversuche-- sah das FG als nachvollziehbar, jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft an. Auch sah es keine Anhaltspunkte, dass das FA mit dem Antrag auf den Antragsteller Druck habe ausüben wollen, Teilzahlungen zu leisten oder die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz beabsichtigt habe.

4

Der zugelassenen Beschwerde hat das FG nicht abgeholfen.

5

Der Antragsteller macht geltend, der Beschluss des FG sei grob fehlerhaft, das Gericht sei ohne nachvollziehbaren Grund von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen. Eine in Aussicht gestellte weitergehende Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, das FA im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 114 Abs. 1 FGO zur Rücknahme des Insolvenzantrags zu verurteilen.

7

1. Allerdings ist entgegen der Auffassung des FG das Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung des FG mit dem Ziel der Rücknahme des Insolvenzantrags seitens des FA jedenfalls solange gegeben, bis das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen oder den Eröffnungsantrag des FA mangels kostendeckender Masse rechtskräftig abgelehnt hat und mit dieser Entscheidung des Insolvenzgerichts der Insolvenzantrag des FA seine Erledigung gefunden hat, denn nach § 13 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) kann der Antrag danach nicht mehr zurückgenommen werden (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2010 VII B 166/09, BFH/NV 2010, 1122).

8

a) Wie auch vom FG nicht infrage gestellt, ist gegen den beim Amtsgericht gestellten Antrag des FA, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerpflichtigen zu eröffnen, der Finanzrechtsweg gegeben (ständige Rechtsprechung, schon zur Konkursordnung, vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 1990 VII B 94/90, BFH/NV 1991, 787, m.w.N.).

9

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist das Rechtsschutzinteresse für eine finanzgerichtliche Entscheidung zu bejahen. Der Antrag ist zwar kein Verwaltungsakt, aber schlichtes hoheitliches Handeln der Vollstreckungsbehörde. Er erfordert eine fehlerfreie Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung des konkreten Steuerschuldverhältnisses und zwar unabhängig von den Insolvenzvoraussetzungen (Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710). Zur Überprüfung dieser Ermessensentscheidung hält der BFH seit jeher das FG und nicht das Insolvenzgericht für zuständig (z.B. Senatsbeschluss vom 26. Februar 2007 VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270).

10

aa) Die vom FG im Anschluss an Stimmen in der Literatur vorgebrachten Argumente rechtfertigen nach Auffassung des beschließenden Senats nicht die Annahme, das allgemeine Rechtsschutzinteresse an der finanzgerichtlichen Kontrolle der Ermessensentscheidung des FA fehle.

11

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass der sich aus den Vorschriften der InsO ergebende Prüfauftrag an die Insolvenzgerichte faktisch deckungsgleich ist mit demjenigen der Ermessenskontrolle an die Finanzgerichte nach § 102 FGO i.V.m. den Vollstreckungsvorschriften der Abgabenordnung (AO).

12

Nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften (§§ 13, 14 InsO) ist das FA hinsichtlich der Anforderungen an einen Insolvenzantrag den übrigen Gläubigern gleichgestellt. Die vom Insolvenzgericht zu prüfenden Voraussetzungen sind die Glaubhaftmachung der Forderung und des Eröffnungsgrundes, das rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und --als grundrechtliche Schranke-- die Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

13

Die Entscheidung des FA, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, unterliegt als hoheitliches Handeln einer Vollstreckungsbehörde darüber hinaus aber den besonderen Anforderungen an eine fehlerfreie Ermessensausübung (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2005 VII B 180/04, BFH/NV 2005, 1002). Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen gehören zwar zweifellos auch jene, an denen das rechtliche Interesse des privatrechtlichen Gläubigers an der Insolvenzeröffnung nach §§ 13, 14 InsO und die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu messen ist. Darüber hinaus aber hat das FA die sich aus dem jeweiligen konkreten Steuerrechtsverhältnis ergebenden Besonderheiten umfassend zu würdigen. Eine Deckungsgleichheit der zu prüfenden Aspekte mag es danach bei entsprechender Fallgestaltung geben, nicht aber dem Grunde nach. Daraus resultiert das Rechtsschutzinteresse an einer finanzgerichtlichen Prüfung eines vom FA gestellten Insolvenzantrags. Es gilt sicherzustellen, dass das FA alle entscheidungserheblichen Umstände gesehen und ermessensgerecht gewürdigt hat.

14

Als praktische Beispiele seien genannt: die Prognose über eine für den Vollstreckungsschuldner günstige Änderung eines Grundlagenbescheids; die Erfolgsaussicht eines noch offenen Erlass- oder Stundungsantrags; die Aussicht, dass die Abgabenschuld von einem weiteren Gesamtschuldner beglichen wird; die Bewertung der bisherigen Mitwirkung des Vollstreckungsschuldners, der Höhe des Rückstandes und der Aussicht auf dessen --ggf. ratenweise-- Tilgung; die Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen eines Insolvenzantrags, z.B. bei einer bestehenden Organschaft.

15

bb) Ob das FA im konkreten Fall Anlass hatte, Gesichtspunkte dieser Art in seine Entscheidung, einen Insolvenzantrag zu stellen, einzubeziehen, ist keine Frage des allgemeinen Rechtsschutzinteresses, entscheidend für die Zulässigkeit des finanzgerichtlichen Rechtsbehelfs ist allein die Möglichkeit der fehlerhaften Ermessensausübung durch das FA.

16

2. Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des FG, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Ermangelung eines Anordnungsanspruchs unbegründet ist. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (§ 114 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung) nicht glaubhaft gemacht.

17

Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass der in das pflichtgemäße Ermessen der Finanzbehörde gestellten Vollstreckungsmaßnahme --Insolvenzantrag-- (vgl. § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 AO) ein Ermessensfehler (§ 102 FGO) anhaftet, sei es, dass für den Antrag die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind oder dass der Antrag aus sachfremden Erwägungen oder unter missbräuchlicher Ausnutzung einer Rechtsstellung gestellt wurde (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 787). Ein solcher Ermessensfehler kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung im Streitfall nicht festgestellt werden.

18

Das FG hat die maßgeblichen Gesichtspunkte für die vom FA getroffene Entscheidung, den Insolvenzantrag zu stellen, im Einzelnen erörtert und ist unter zutreffender Heranziehung der insoweit ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Insolvenzantrag des FA berechtigt war. Der Antragsteller hat weder Einwendungen gegen die tatsächlichen Feststellungen noch gegen die rechtliche Würdigung des FG erhoben. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung für eine über die umfangreichen tatsächlichen Feststellungen und rechtlich überzeugenden Ausführungen des FG hinausgehende Begründung der Entscheidung.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) erzielt Einkünfte aus einer gewerblichen Zimmervermietung. Aufgrund von Einkommen- und Umsatzsteuerrückständen, die im Jahr 2009 57.472,19 € betrugen, brachte der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) mehrere Pfändungs- und Einziehungsverfügungen aus, die jedoch ins Leere gingen. Weitere Vollstreckungsmöglichkeiten vermochte das FA trotz diesbezüglicher Nachforschungen nicht ausfindig zu machen. Zunächst vorgenommene Sachpfändungen wurden in der Folgezeit wieder aufgehoben. Am 19. Januar 2010 traf der Antragsteller mit dem FA eine Ratenzahlungsvereinbarung. Danach sollte er den Zahlungspflichten hinsichtlich neu festgesetzter Einkommensteuer-Vorauszahlungen nachkommen und die Umsatzsteuer nach ordnungsgemäßer Buchhaltung quartalsweise zeitnah begleichen. Zudem sollte er alle vierzehn Tage Raten in Höhe von 1.000 € leisten und eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Die geforderte Versicherung gab der Antragsteller am 1. Februar 2010 ab, jedoch ergab sich daraus kein wesentliches pfändbares Vermögen.

2

Zum 21. Juli 2010 betrugen die Rückstände noch 42.548,39 €. Nach einem Vermerk der Vollstreckungsstelle hatte der Antragsteller die vereinbarten vierzehntägigen Raten unabgesprochen auf einen Betrag von 500 € reduziert. Eine Reduzierung der Ratenhöhe lehnte das FA ab; den dagegen eingelegten Einspruch wies es als unbegründet zurück. In der Einspruchsentscheidung gab es zu erkennen, dass eine Aussetzung der Vollziehung nach § 258 der Abgabenordnung (AO) nicht in Betracht komme. Den Rückkaufswert einer Lebensversicherung --die aus dem Vermögensverzeichnis nicht ersichtlich war-- nahm das FA mit einem Betrag von 500 € an. Zudem erkannte das FA, dass zugunsten des Antragstellers noch ein Schmerzensgeldanspruch bestehen könnte. Am 22. Juli 2010 stellte das FA beim Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers. In der Anhörung wies dieser darauf hin, dass die Gewinnermittlung für 2007 keine Verluste ausweise und zur Herabsetzung der Einkommensteuer 2007 und einem Erstattungsanspruch führen werde. Ferner sei im Rahmen eines Einspruchsverfahrens die Einkommensteuer für 2008 herabzusetzen. Im August 2010 setzte das FA die Vollziehung hinsichtlich der Einkommensteuer 2007 in Höhe eines Teilbetrags von 8.552,64 € aus.

3

Gegen den Antrag auf Insolvenzeröffnung begehrte der Antragsteller vor dem Finanzgericht (FG) einstweiligen Rechtsschutz nach § 114 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Dieses verpflichtete das FA, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückzunehmen. Nach der mit dem FA getroffenen Vereinbarung, die nicht widerrufen worden sei, sei der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung mit insgesamt drei Raten, d.h. mit insgesamt 3.000 €, im Rückstand gewesen. Die geringe Höhe dieses Betrages lasse die Vollstreckungsmaßnahme als ermessensfehlerhaft erscheinen. Darüber hinaus habe der Antragsteller im Zeitraum von Mai bis August 2010 weitere Raten in Höhe von monatlich 1.000 € geleistet. Somit könne nicht von einer Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers ausgegangen werden. Weitere Gläubiger seien nicht bekannt. Seinen Antrag habe das FA nicht auf den Insolvenzgrund der Überschuldung gestützt (§ 19 der Insolvenzordnung --InsO--). Ausführungen zur Überschuldung, die im Übrigen nicht angenommen werden könne, habe es nicht gemacht. Im Streitfall liege ein Anordnungsgrund nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO vor, der auch die Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache rechtfertige, denn nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens scheide eine Rücknahme des Eröffnungsantrags aus.

4

Mit seiner vom FG zugelassenen Beschwerde begehrt das FA die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Ablehnung des Antrags des Antragstellers. Entgegen der Rechtsansicht des FG habe das FA seine Entscheidung ermessensgerecht getroffen. Die bis zum 31. August 2010 befristete Ratenzahlungsvereinbarung habe die Fälligkeit der Steuerforderungen nicht berührt. Eines Widerrufs habe es insoweit nicht bedurft. Rückständig seien nicht nur die nicht entrichteten Raten, sondern die gesamten Steuerforderungen gewesen. Zu Recht sei das FA von der Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers ausgegangen. Mit einer zeitnahen Tilgung der Forderungen habe nicht gerechnet werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei regelmäßig von einer Zahlungsunfähigkeit i.S. des § 17 Abs. 2 InsO auszugehen, wenn der Schuldner nicht in der Lage sei, innerhalb von drei Wochen 90 % seiner fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Zudem habe das FG, ohne diesbezüglich nähere Feststellungen zu treffen, eine drohende Existenzvernichtung des Antragstellers unterstellt.

5

Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten. Er führt aus, dass das FA das Auslaufen der Frist der Ratenzahlungsvereinbarung nicht abgewartet, sondern den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits am 22. Juli 2010 gestellt habe. Zudem sei das vom FA im Entwurf vorgelegte Schreiben vom 5. Februar 2010 bisher nicht zugegangen. Im Bescheid vom 2. November 2010 habe das FA selbst bestätigt, dass die vereinbarten Raten bezahlt worden seien. Ausweislich der betriebswirtschaftlichen Auswertung vom September 2010 habe der Antragsteller Ratenzahlungen bis zum Existenzminimum erbracht. Ohne Angabe von Gründen habe das FA eine Reduzierung der Raten abgelehnt. Durch Zahlung der vereinbarten Raten und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung habe der Antragsteller die mit dem FA getroffene Vereinbarung erfüllt. Unrichtig sei die zur Begründung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellte Behauptung, dass der Vollstreckungsschuldner seinen steuerlichen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkomme. Voraussichtlich sei er in der Lage, seine Steuerschulden in verbleibender Höhe von zurzeit 15.300 € innerhalb von 12 Monaten zu tilgen. Das FA sei der einzige Gläubiger. In seinem Schriftsatz vom 17. Februar 2011 hat der Antragsteller mitgeteilt, dass der vom Insolvenzgericht beauftrage Gutachter die Ansicht vertritt, dass eine das Insolvenzverfahren deckende Masse vorhanden und der Insolvenzgrund des § 17 InsO gegeben sei. Voraussichtlich werde der Betrieb vom Insolvenzverwalter freigegeben.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist begründet. Nach der gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangt der beschließende Senat zu dem Schluss, dass das FG dem FA zu Unrecht die Verpflichtung auferlegt hat, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückzunehmen. Entgegen der Auffassung des FG erweist sich die getroffene Vollstreckungsmaßnahme als ermessensfehlerfrei.

7

1. Die Entscheidung des FA, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerschuldners zu beantragen, ist eine Ermessensentscheidung, die gemäß § 102 FGO von den Gerichten nur daraufhin überprüft werden kann, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2003 VII B 265/01, BFH/NV 2004, 464). Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann gestellt werden, wenn dem FA ein Anspruch zusteht, der ihm im Insolvenzverfahren die Stellung eines Insolvenzgläubigers vermittelt, und wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Positiver Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse bedarf es nicht. Allerdings darf ein solcher Antrag nicht rechtsmissbräuchlich und aus sachfremden Erwägungen gestellt werden. Dies ist z.B. dann anzunehmen, wenn das FA lediglich die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Vollstreckungsschuldners bezweckt (Senatsbeschluss vom 23. Juli 1985 VII B 29/85, BFH/NV 1986, 41).

8

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) handelt es sich bei dem durch das FA gestellten Insolvenzantrag nicht um einen Verwaltungsakt (Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 251 AO Rz 107), so dass als vorläufiger Rechtsschutz eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO in Betracht kommt (zur Konkursordnung vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 1988 VII B 176/87, BFH/NV 1988, 762). Dabei hat sich die Prüfung des Gerichts auf die Erfolgsaussichten des Antragstellers im Hauptsacheverfahren zu erstrecken. Im Falle einer Leistungsklage auf Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nach Ansicht der Instanzgerichte auf den Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung abzustellen (Urteil des FG des Saarlandes vom 17. März 2004  1 K 437/02, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 1021; Entscheidung des FG Berlin vom 21. September 2004  7 K 7182/04, EFG 2005, 11, und Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 22; offengelassen im Senatsbeschluss vom 26. Februar 2007 VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270). Diese Frage bedarf im Streitfall jedoch keiner abschließenden Klärung, weil der Eröffnungsgrund des § 17 Abs. 1 InsO auch bereits im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags vorlag.

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2. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass das FA wegen der noch nicht ausgelaufenen Ratenzahlungsvereinbarung gehindert gewesen sei, den Insolvenzantrag zu stellen. Die Vereinbarung war wegen Nichteinhaltung seitens des Antragstellers gegenstandslos geworden, so dass sie nicht hatte förmlich widerrufen werden müssen. Das FA musste die Beträge nicht wieder fällig stellen, nachdem der Antragsteller mit der zunächst pünktlichen Ratenzahlung in Rückstand geraten war. Ausweislich des Protokolls über die Besprechung an Amtsstelle ist eine Aussetzung der Vollziehung zunächst nicht gewährt worden. Vielmehr wurde die Vollstreckung lediglich ruhend gestellt und vom Verhalten des Vollstreckungsschuldners abhängig gemacht. Zudem hat das FA mit Schreiben vom 6. Mai 2010 die beantragte Reduzierung der Ratenhöhe abgelehnt und den dagegen erhobenen Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2010 musste der Antragsteller entnehmen, dass eine Aussetzung der Vollstreckung nicht mehr in Betracht kam. Danach konnte er von einer Genehmigung zur Fortsetzung der Ratenzahlungen nicht mehr ausgehen und musste mit der umgehenden Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen rechnen.

10

Nach summarischer Betrachtung der Sach- und Rechtslage konnte das FA auch von einer Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers ausgehen (§ 17 Abs. 1 und 2 InsO). Ausweislich der Akten hat der Antragsteller zwar in den Monaten Januar bis April 2010 die Raten in der vereinbarten Höhe von 2.000 € gezahlt, jedoch die Zahlungen bis August 2010 von zunächst 1.000 € auf 500 € zurückgeführt. Den Antrag vom 20. Juli 2010 auf entsprechende Reduzierung der Raten hat das FA abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Steuerrückstände auf 42.548,39 €. Ausweislich der im Rahmen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorgelegten Vermögensaufstellung war verwertbares Vermögen nicht vorhanden, so dass weitere Vollstreckungsversuche aussichtslos erschienen. Zwar hat sich der Antragsteller auf einen für ihn günstigen Ausgang der anhängigen Einspruchsverfahren berufen, doch bestehen nach dem Vorbringen des FA selbst unter Berücksichtigung der inzwischen abgeschlossenen Verfahren Abgabenrückstände in Höhe von 34.264,61 €. Dass eine Begleichung der Steuerschulden in absehbarer Zeit zu erwarten ist, hat der Antragsteller lediglich behauptet, ohne dies jedoch substantiiert zu belegen. Bei diesem Befund ist ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich. Da bereits aus diesem Grund der Antrag des Antragstellers zurückzuweisen ist, kann es dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsgrund gegeben ist.

11

3. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass das FA den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Existenzvernichtung rechtsmissbräuchlich gestellt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das primäre Ziel eines Insolvenzverfahrens nicht die Zerschlagung von Vermögenswerten ist, sondern die Schuldenbereinigung zur Fortsetzung unternehmerischer Betätigung. Soweit sich der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren darauf berufen hat, dass eine Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse wahrscheinlich sei, wird auch dadurch der Anordnungsanspruch nicht hinreichend belegt. Die zuverlässige Feststellung des Vermögens des Schuldners obliegt dem Insolvenzgericht (vgl. Senatsentscheidung vom 12. Dezember 2005 VII R 63/04, BFH/NV 2006, 900). Wie der Antragsteller nunmehr selbst vorträgt, ist nach Auffassung des vom Insolvenzgericht bestellten Gutachters eine das Verfahren deckende Masse vorhanden. Auch ist eine Freigabe des Betriebs mit dem Ziel seiner Fortführung nicht ausgeschlossen, so dass eine Vernichtung der Existenz des Antragstellers nicht unabweisbar erscheint.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden

1.
die höchsten Forderungen,
2.
die höchsten gesicherten Forderungen,
3.
die Forderungen der Finanzverwaltung,
4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1.
der Schuldner Eigenverwaltung beantragt,
2.
der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder
3.
die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.

(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.

(3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

Tatbestand

1

I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gegen den Beschluss des Finanzgerichts (FG), mit dem sein Antrag, den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Insolvenzantrag zurückzunehmen, als unzulässig und unbegründet zurückgewiesen wurde.

2

Das FG hielt zwar den Rechtsweg zu den Finanzgerichten für den nach § 114 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beurteilten vorläufigen Rechtsschutz für gegeben, es fehle jedoch am Rechtsschutzbedürfnis, da der gebotene Rechtsschutz gegen einen Insolvenzantrag des FA einfacher und sachnäher durch das Insolvenzgericht gewährt werden könne. Gründe für eine, im Falle der Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes durch das FG, stets gegebene Doppelbefassung verschiedener Gerichte mit denselben Fragen sah das FG nicht, alle potentiellen im Zusammenhang mit einer Insolvenzantragstellung zu prüfenden Fragen, einschließlich derer, die in die Ermessensentscheidung des FA einzugehen hätten, seien auch durch das Insolvenzgericht zu prüfen und könnten von diesem ebenso gut geprüft werden.

3

Mangels eines Anordnungsanspruchs sei der Antrag außerdem unbegründet. Für den Insolvenzantrag fehle es nicht am Insolvenzgrund, da der Antragsteller seine Zahlungsunfähigkeit selbst vorgetragen habe. Der Antrag sei auch nicht unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft: Bei Antragstellung sei ein Vollstreckungsaufschub nicht mehr wirksam gewesen, verrechenbare Guthaben, die zu einer vollständigen oder überwiegenden Tilgung der Rückstände hätten führen können, habe der Antragsteller weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht, für das FA sei das Vorhandensein einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse --angesichts möglicher Anfechtungsansprüche bezüglich Zahlungen des Antragstellers auf Schulden der Ehefrau-- nicht fernliegend gewesen und eine akute Lebensgefahr wegen der Stressbelastung infolge der Insolvenzantragstellung habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch sonstige Erwägungen des FA --Verzicht auf weitere Einzelzwangsvollstreckungen und die eidesstattliche Versicherung, Verhältnismäßigkeit der möglichen Auswirkung des Insolvenzantrags auf die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft vor dem Hintergrund der Rückstandshöhe und der Zeitdauer der Vollstreckungsversuche-- sah das FG als nachvollziehbar, jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft an. Auch sah es keine Anhaltspunkte, dass das FA mit dem Antrag auf den Antragsteller Druck habe ausüben wollen, Teilzahlungen zu leisten oder die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz beabsichtigt habe.

4

Der zugelassenen Beschwerde hat das FG nicht abgeholfen.

5

Der Antragsteller macht geltend, der Beschluss des FG sei grob fehlerhaft, das Gericht sei ohne nachvollziehbaren Grund von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen. Eine in Aussicht gestellte weitergehende Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, das FA im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 114 Abs. 1 FGO zur Rücknahme des Insolvenzantrags zu verurteilen.

7

1. Allerdings ist entgegen der Auffassung des FG das Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung des FG mit dem Ziel der Rücknahme des Insolvenzantrags seitens des FA jedenfalls solange gegeben, bis das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen oder den Eröffnungsantrag des FA mangels kostendeckender Masse rechtskräftig abgelehnt hat und mit dieser Entscheidung des Insolvenzgerichts der Insolvenzantrag des FA seine Erledigung gefunden hat, denn nach § 13 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) kann der Antrag danach nicht mehr zurückgenommen werden (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2010 VII B 166/09, BFH/NV 2010, 1122).

8

a) Wie auch vom FG nicht infrage gestellt, ist gegen den beim Amtsgericht gestellten Antrag des FA, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerpflichtigen zu eröffnen, der Finanzrechtsweg gegeben (ständige Rechtsprechung, schon zur Konkursordnung, vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 1990 VII B 94/90, BFH/NV 1991, 787, m.w.N.).

9

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist das Rechtsschutzinteresse für eine finanzgerichtliche Entscheidung zu bejahen. Der Antrag ist zwar kein Verwaltungsakt, aber schlichtes hoheitliches Handeln der Vollstreckungsbehörde. Er erfordert eine fehlerfreie Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung des konkreten Steuerschuldverhältnisses und zwar unabhängig von den Insolvenzvoraussetzungen (Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710). Zur Überprüfung dieser Ermessensentscheidung hält der BFH seit jeher das FG und nicht das Insolvenzgericht für zuständig (z.B. Senatsbeschluss vom 26. Februar 2007 VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270).

10

aa) Die vom FG im Anschluss an Stimmen in der Literatur vorgebrachten Argumente rechtfertigen nach Auffassung des beschließenden Senats nicht die Annahme, das allgemeine Rechtsschutzinteresse an der finanzgerichtlichen Kontrolle der Ermessensentscheidung des FA fehle.

11

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass der sich aus den Vorschriften der InsO ergebende Prüfauftrag an die Insolvenzgerichte faktisch deckungsgleich ist mit demjenigen der Ermessenskontrolle an die Finanzgerichte nach § 102 FGO i.V.m. den Vollstreckungsvorschriften der Abgabenordnung (AO).

12

Nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften (§§ 13, 14 InsO) ist das FA hinsichtlich der Anforderungen an einen Insolvenzantrag den übrigen Gläubigern gleichgestellt. Die vom Insolvenzgericht zu prüfenden Voraussetzungen sind die Glaubhaftmachung der Forderung und des Eröffnungsgrundes, das rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und --als grundrechtliche Schranke-- die Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

13

Die Entscheidung des FA, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, unterliegt als hoheitliches Handeln einer Vollstreckungsbehörde darüber hinaus aber den besonderen Anforderungen an eine fehlerfreie Ermessensausübung (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2005 VII B 180/04, BFH/NV 2005, 1002). Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen gehören zwar zweifellos auch jene, an denen das rechtliche Interesse des privatrechtlichen Gläubigers an der Insolvenzeröffnung nach §§ 13, 14 InsO und die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu messen ist. Darüber hinaus aber hat das FA die sich aus dem jeweiligen konkreten Steuerrechtsverhältnis ergebenden Besonderheiten umfassend zu würdigen. Eine Deckungsgleichheit der zu prüfenden Aspekte mag es danach bei entsprechender Fallgestaltung geben, nicht aber dem Grunde nach. Daraus resultiert das Rechtsschutzinteresse an einer finanzgerichtlichen Prüfung eines vom FA gestellten Insolvenzantrags. Es gilt sicherzustellen, dass das FA alle entscheidungserheblichen Umstände gesehen und ermessensgerecht gewürdigt hat.

14

Als praktische Beispiele seien genannt: die Prognose über eine für den Vollstreckungsschuldner günstige Änderung eines Grundlagenbescheids; die Erfolgsaussicht eines noch offenen Erlass- oder Stundungsantrags; die Aussicht, dass die Abgabenschuld von einem weiteren Gesamtschuldner beglichen wird; die Bewertung der bisherigen Mitwirkung des Vollstreckungsschuldners, der Höhe des Rückstandes und der Aussicht auf dessen --ggf. ratenweise-- Tilgung; die Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen eines Insolvenzantrags, z.B. bei einer bestehenden Organschaft.

15

bb) Ob das FA im konkreten Fall Anlass hatte, Gesichtspunkte dieser Art in seine Entscheidung, einen Insolvenzantrag zu stellen, einzubeziehen, ist keine Frage des allgemeinen Rechtsschutzinteresses, entscheidend für die Zulässigkeit des finanzgerichtlichen Rechtsbehelfs ist allein die Möglichkeit der fehlerhaften Ermessensausübung durch das FA.

16

2. Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des FG, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Ermangelung eines Anordnungsanspruchs unbegründet ist. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (§ 114 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung) nicht glaubhaft gemacht.

17

Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass der in das pflichtgemäße Ermessen der Finanzbehörde gestellten Vollstreckungsmaßnahme --Insolvenzantrag-- (vgl. § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 AO) ein Ermessensfehler (§ 102 FGO) anhaftet, sei es, dass für den Antrag die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind oder dass der Antrag aus sachfremden Erwägungen oder unter missbräuchlicher Ausnutzung einer Rechtsstellung gestellt wurde (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 787). Ein solcher Ermessensfehler kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung im Streitfall nicht festgestellt werden.

18

Das FG hat die maßgeblichen Gesichtspunkte für die vom FA getroffene Entscheidung, den Insolvenzantrag zu stellen, im Einzelnen erörtert und ist unter zutreffender Heranziehung der insoweit ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Insolvenzantrag des FA berechtigt war. Der Antragsteller hat weder Einwendungen gegen die tatsächlichen Feststellungen noch gegen die rechtliche Würdigung des FG erhoben. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung für eine über die umfangreichen tatsächlichen Feststellungen und rechtlich überzeugenden Ausführungen des FG hinausgehende Begründung der Entscheidung.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die Finanzbehörden können Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Dies gilt auch für Steueranmeldungen (§ 168). Vollstreckungsbehörden sind die Finanzämter und die Hauptzollämter sowie die Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist; § 328 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Zur Vorbereitung der Vollstreckung können die Finanzbehörden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners ermitteln. Die Finanzbehörde darf ihr bekannte, nach § 30 geschützte Daten, die sie bei der Vollstreckung wegen Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden darf, auch bei der Vollstreckung wegen anderer Geldleistungen als Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden.

(3) Zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen können die Vollstreckungsbehörden Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung stellen. § 757a Absatz 5 der Zivilprozessordnung ist dabei nicht anzuwenden.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Tatbestand

1

I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gegen den Beschluss des Finanzgerichts (FG), mit dem sein Antrag, den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Insolvenzantrag zurückzunehmen, als unzulässig und unbegründet zurückgewiesen wurde.

2

Das FG hielt zwar den Rechtsweg zu den Finanzgerichten für den nach § 114 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beurteilten vorläufigen Rechtsschutz für gegeben, es fehle jedoch am Rechtsschutzbedürfnis, da der gebotene Rechtsschutz gegen einen Insolvenzantrag des FA einfacher und sachnäher durch das Insolvenzgericht gewährt werden könne. Gründe für eine, im Falle der Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes durch das FG, stets gegebene Doppelbefassung verschiedener Gerichte mit denselben Fragen sah das FG nicht, alle potentiellen im Zusammenhang mit einer Insolvenzantragstellung zu prüfenden Fragen, einschließlich derer, die in die Ermessensentscheidung des FA einzugehen hätten, seien auch durch das Insolvenzgericht zu prüfen und könnten von diesem ebenso gut geprüft werden.

3

Mangels eines Anordnungsanspruchs sei der Antrag außerdem unbegründet. Für den Insolvenzantrag fehle es nicht am Insolvenzgrund, da der Antragsteller seine Zahlungsunfähigkeit selbst vorgetragen habe. Der Antrag sei auch nicht unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft: Bei Antragstellung sei ein Vollstreckungsaufschub nicht mehr wirksam gewesen, verrechenbare Guthaben, die zu einer vollständigen oder überwiegenden Tilgung der Rückstände hätten führen können, habe der Antragsteller weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht, für das FA sei das Vorhandensein einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse --angesichts möglicher Anfechtungsansprüche bezüglich Zahlungen des Antragstellers auf Schulden der Ehefrau-- nicht fernliegend gewesen und eine akute Lebensgefahr wegen der Stressbelastung infolge der Insolvenzantragstellung habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch sonstige Erwägungen des FA --Verzicht auf weitere Einzelzwangsvollstreckungen und die eidesstattliche Versicherung, Verhältnismäßigkeit der möglichen Auswirkung des Insolvenzantrags auf die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft vor dem Hintergrund der Rückstandshöhe und der Zeitdauer der Vollstreckungsversuche-- sah das FG als nachvollziehbar, jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft an. Auch sah es keine Anhaltspunkte, dass das FA mit dem Antrag auf den Antragsteller Druck habe ausüben wollen, Teilzahlungen zu leisten oder die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz beabsichtigt habe.

4

Der zugelassenen Beschwerde hat das FG nicht abgeholfen.

5

Der Antragsteller macht geltend, der Beschluss des FG sei grob fehlerhaft, das Gericht sei ohne nachvollziehbaren Grund von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen. Eine in Aussicht gestellte weitergehende Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, das FA im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 114 Abs. 1 FGO zur Rücknahme des Insolvenzantrags zu verurteilen.

7

1. Allerdings ist entgegen der Auffassung des FG das Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung des FG mit dem Ziel der Rücknahme des Insolvenzantrags seitens des FA jedenfalls solange gegeben, bis das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen oder den Eröffnungsantrag des FA mangels kostendeckender Masse rechtskräftig abgelehnt hat und mit dieser Entscheidung des Insolvenzgerichts der Insolvenzantrag des FA seine Erledigung gefunden hat, denn nach § 13 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) kann der Antrag danach nicht mehr zurückgenommen werden (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2010 VII B 166/09, BFH/NV 2010, 1122).

8

a) Wie auch vom FG nicht infrage gestellt, ist gegen den beim Amtsgericht gestellten Antrag des FA, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerpflichtigen zu eröffnen, der Finanzrechtsweg gegeben (ständige Rechtsprechung, schon zur Konkursordnung, vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 1990 VII B 94/90, BFH/NV 1991, 787, m.w.N.).

9

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist das Rechtsschutzinteresse für eine finanzgerichtliche Entscheidung zu bejahen. Der Antrag ist zwar kein Verwaltungsakt, aber schlichtes hoheitliches Handeln der Vollstreckungsbehörde. Er erfordert eine fehlerfreie Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung des konkreten Steuerschuldverhältnisses und zwar unabhängig von den Insolvenzvoraussetzungen (Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710). Zur Überprüfung dieser Ermessensentscheidung hält der BFH seit jeher das FG und nicht das Insolvenzgericht für zuständig (z.B. Senatsbeschluss vom 26. Februar 2007 VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270).

10

aa) Die vom FG im Anschluss an Stimmen in der Literatur vorgebrachten Argumente rechtfertigen nach Auffassung des beschließenden Senats nicht die Annahme, das allgemeine Rechtsschutzinteresse an der finanzgerichtlichen Kontrolle der Ermessensentscheidung des FA fehle.

11

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass der sich aus den Vorschriften der InsO ergebende Prüfauftrag an die Insolvenzgerichte faktisch deckungsgleich ist mit demjenigen der Ermessenskontrolle an die Finanzgerichte nach § 102 FGO i.V.m. den Vollstreckungsvorschriften der Abgabenordnung (AO).

12

Nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften (§§ 13, 14 InsO) ist das FA hinsichtlich der Anforderungen an einen Insolvenzantrag den übrigen Gläubigern gleichgestellt. Die vom Insolvenzgericht zu prüfenden Voraussetzungen sind die Glaubhaftmachung der Forderung und des Eröffnungsgrundes, das rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und --als grundrechtliche Schranke-- die Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

13

Die Entscheidung des FA, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, unterliegt als hoheitliches Handeln einer Vollstreckungsbehörde darüber hinaus aber den besonderen Anforderungen an eine fehlerfreie Ermessensausübung (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2005 VII B 180/04, BFH/NV 2005, 1002). Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen gehören zwar zweifellos auch jene, an denen das rechtliche Interesse des privatrechtlichen Gläubigers an der Insolvenzeröffnung nach §§ 13, 14 InsO und die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu messen ist. Darüber hinaus aber hat das FA die sich aus dem jeweiligen konkreten Steuerrechtsverhältnis ergebenden Besonderheiten umfassend zu würdigen. Eine Deckungsgleichheit der zu prüfenden Aspekte mag es danach bei entsprechender Fallgestaltung geben, nicht aber dem Grunde nach. Daraus resultiert das Rechtsschutzinteresse an einer finanzgerichtlichen Prüfung eines vom FA gestellten Insolvenzantrags. Es gilt sicherzustellen, dass das FA alle entscheidungserheblichen Umstände gesehen und ermessensgerecht gewürdigt hat.

14

Als praktische Beispiele seien genannt: die Prognose über eine für den Vollstreckungsschuldner günstige Änderung eines Grundlagenbescheids; die Erfolgsaussicht eines noch offenen Erlass- oder Stundungsantrags; die Aussicht, dass die Abgabenschuld von einem weiteren Gesamtschuldner beglichen wird; die Bewertung der bisherigen Mitwirkung des Vollstreckungsschuldners, der Höhe des Rückstandes und der Aussicht auf dessen --ggf. ratenweise-- Tilgung; die Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen eines Insolvenzantrags, z.B. bei einer bestehenden Organschaft.

15

bb) Ob das FA im konkreten Fall Anlass hatte, Gesichtspunkte dieser Art in seine Entscheidung, einen Insolvenzantrag zu stellen, einzubeziehen, ist keine Frage des allgemeinen Rechtsschutzinteresses, entscheidend für die Zulässigkeit des finanzgerichtlichen Rechtsbehelfs ist allein die Möglichkeit der fehlerhaften Ermessensausübung durch das FA.

16

2. Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des FG, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Ermangelung eines Anordnungsanspruchs unbegründet ist. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (§ 114 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung) nicht glaubhaft gemacht.

17

Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass der in das pflichtgemäße Ermessen der Finanzbehörde gestellten Vollstreckungsmaßnahme --Insolvenzantrag-- (vgl. § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 AO) ein Ermessensfehler (§ 102 FGO) anhaftet, sei es, dass für den Antrag die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind oder dass der Antrag aus sachfremden Erwägungen oder unter missbräuchlicher Ausnutzung einer Rechtsstellung gestellt wurde (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 787). Ein solcher Ermessensfehler kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung im Streitfall nicht festgestellt werden.

18

Das FG hat die maßgeblichen Gesichtspunkte für die vom FA getroffene Entscheidung, den Insolvenzantrag zu stellen, im Einzelnen erörtert und ist unter zutreffender Heranziehung der insoweit ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Insolvenzantrag des FA berechtigt war. Der Antragsteller hat weder Einwendungen gegen die tatsächlichen Feststellungen noch gegen die rechtliche Würdigung des FG erhoben. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung für eine über die umfangreichen tatsächlichen Feststellungen und rechtlich überzeugenden Ausführungen des FG hinausgehende Begründung der Entscheidung.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.

(2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören.

(3) Wird die Forderung des Gläubigers nach Antragstellung erfüllt, so hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Antrag als unbegründet abgewiesen wird. Der Schuldner hat die Kosten auch dann zu tragen, wenn der Antrag eines Gläubigers wegen einer zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen nichtöffentlichen Stabilisierungsanordnung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz abgewiesen wird und der Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung keine Kenntnis haben konnte.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, daß ein Eröffnungsgrund gegeben ist.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.