Finanzgericht Hamburg Beschluss, 24. Juni 2017 - 3 KO 56/17

bei uns veröffentlicht am24.06.2017

Gründe

1

A. Erinnerung der Klägerin wegen Privatgutachten

2

Die Erinnerung der Klägerin vom 12. (eingeg. 16.) Januar 2017 betreffend die begehrte Erstattung der Kosten für das am 30. September 2014 als "Stellungnahme" eingereichte Privatgutachten ist in der entsprechend JVEG angemessenen Höhe begründet.

I.

3

Dem Grunde nach sind Kosten für Privatgutachten (oder Parteigutachten) nur ausnahmsweise erstattungsfähig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen i. S. v. § 139 Abs. 1 FGO (wie § 91 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 1 VwGO).

4

1. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand fachlich über den Inhalt normaler Prozessführung und die übliche Sachkunde und Aufgabenverteilung unter Gericht und Beteiligten hinausgeht (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.04.2000 3 KO 11/98, Datev, Juris); wie zum Beispiel in der Fallgruppe der Ermittlung anwendbaren ausländischen Rechts, im Unterschied zu einem überflüssigen Gutachten über deutsches Recht oder Steuerrecht (BFH, Beschluss vom 11.05.1976 VII B 79/74, BFHE 119, 14, BStBl II 1976, 574).

5

Denn ansonsten ist ein Privatgutachten überflüssig und ist es ohnehin nach deutschem Prozessrecht grundsätzlich Sache des Gerichts, nötige Beweise zu erheben und Sachverständigen-Gutachten einzuholen, sei es auf Antrag oder - evtl. auf Anregung - von Amts wegen (§§ 81, 15, 402 ff. ZPO; Beschlüsse OLG Sachsen-Anhalt vom 30.08.2006 10 W 52/06, OLGR Naumburg 2007, 421; FG Hamburg vom 29.08.1995 VI 28/91 (II-E, EFG 1996, 34 betreffend Grundstücks-Verkehrswert).

6

2. Unter Umständen kann zur Wahrnehmung des Interesses am Prozesserfolg bei schwierigen Fragen und fehlender Sachkunde ein Privatgutachten für den Beteiligten erforderlich sein, wenn er sich nur so eine ausreichende Grundlage für den eigenen Vortrag, für eine Erwiderung oder für eine Auseinandersetzung mit einer bereits vorliegenden Äußerung eines Sachverständigen verschaffen kann; beispielsweise bei schwierigeren Fragen der Bewertung oder Wertentwicklung (FG München, Beschluss vom 15.04.2005 7 K 5473/02, Datev, Juris); insbesondere bei der Beurteilung der Vermögensverhältnisse oder bei der Anteils- oder Unternehmensbewertung (OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.07.2007 8 W 265/07, ZEV 2007, 536, Juris Rz. 13); und zwar auch bei bis zu einem gewissen Grad vorhandenen, aber nicht hinreichend spezialisierten eigenen wirtschaftlichen Kenntnissen des Prozessbevollmächtigten (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.08.2006 10 W 52/06, OLGR Naumburg 2007, 421), wie hier als Steuerberater.

7

3. Entsprechendes gilt umso mehr nach Aufforderung seitens des Prozessgegners oder erst recht des Gerichts an den Beteiligten zur weiteren Auseinandersetzung mit einem bereits vorgelegten Gutachten oder zur Einreichung eines Privatgutachtens (vgl. Beschlüsse FG Baden-Württemberg vom 20.04.2000 3 KO 11/98, Datev, Juris Rz.32; Hessisches FG vom 14.11.1988 2 KO 332, 333/88, EFG 1989, 140; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Rz. 26); wie hier mit dem gerichtlichen Hinweis vom 12. Dezember 2013

        

"Vielmehr müsste die Klägerseite konkret und objektiv nachprüfbar darlegen, warum die Unternehmensbewertung der Sozietät ... unzutreffend war ...";

        

zumal wenn dementsprechend nur durch ein entsprechendes Privatgutachten eine weitere inhaltliche Förderung des Prozesses zu erwarten war und nur dadurch das Gericht zur Beweisaufnahme durch gerichtliche Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens veranlasst werden konnte oder wurde (Beschlüsse Bay. VGH vom 12.11.2013 8 C 13.313; OLG Stuttgart vom 11.07.2007 8 W 265/07, ZEV 2007, 536, Juris Rz. 14 ff; BVerfG vom 12.09.2005 2 BvR 277/05; Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 139 FGO Rz. 225 Fn. 881); wie hier gemäß Aktenlage mit Beweisbeschluss vom 23. Februar 2015.

...

II.

8

Der Höhe nach sind die Kosten für das Privatgutachten in der mit Schriftsatz vom 18. (eingeg. 22.) Mai 2017 entsprechend § 9 JVEG i. V. m. mit Anlage 1 Nr. 6.1 neu spezifizierten Höhe begründet.

9

1. Dieser Betrag liegt unter dem bezahlten und ursprünglich geltend gemachten Betrag und stellt keine unzulässige Erweiterung der Erinnerung dar (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 11.07.2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157).

10

2. Im Finanzprozess ist die Vergütung entsprechend der gesetzlichen Honorierung gerichtlich bestellter Sachverständige angemessen; und zwar bei fehlender anderer Vereinbarung der Beteiligten oder sonstiger Gesichtspunkte der Waffengleichheit mit Rücksicht darauf, dass das beklagte Finanzamt gemäß § 139 Abs. 2 FGO keine außergerichtlichen Kosten ersetzt verlangen kann (Beschlüsse FG Baden-Württemberg vom 20.04.2000 3 KO 11/98, Datev, Juris; Hessisches FG vom 14.11.1988 2 Ko 332, 333/88, EFG 1989, 140; zu letzterer Vorschrift FG Hamburg, Beschluss vom 12.11.2015 3 KO 152/15, Juris).

11

B. Erinnerung des Finanzamts wegen Erledigungsgebühr

12

Unbegründet ist die Erinnerung des beklagten Finanzamts gegen die von der Kostenbeamtin für den Prozessbevollmächtigten des Klägers berücksichtigte Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr, RVG Anlage 1 Nr. 1001 - 1003 (vgl. zur entsprechenden Bedeutung trotz unterschiedlicher Bezeichnung FG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, DStRE 2011, 1159; EFG 2011, 468; NVwZ-RR 2011, 463, EFG 2011).

13

Wie bereits im Kostenfestsetzungsbeschluss näher ausgeführt, zeigt sich die besondere auf Erledigung gerichtete und kausale Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten in der bei Erörterung des gerichtlich eingeholten Gutachtens getroffenen und gegenüber dem Klagebegehren signifikant nachgebenden tatsächlichen Verständigung (Protokoll vom 08.04.2016; vgl. FG Hamburg, Beschlüsse vom 09.05.2016 3 KO 114/16, Juris; vom 02.06.2014 3 KO 110/14, EFG 2014, 1818, Juris Rz. 26; zusammenfassend vom 23.01.2015 3 KO 298/14, EFG 2015, 845, Juris Rz. 16).

14

C. Nebenentscheidungen

15

1. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens folgt aus § 136 Abs. 1, 2 FGO und berücksichtigt die Reduzierung der mit der Erinnerung der Klägerin geltend gemachten Kosten für das Privatgutachten (oben B).

16

Gerichtskosten für das Erinnerungsverfahren sieht das GKG nicht vor.

17

2. Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 128 Abs. 2 FGO.

18

3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 149 Abs. 3 und Abs. 4, § 79a Abs. 1 Nr. 5 FGO durch den Berichterstatter des nach der FG-Geschäftsverteilung zuständigen Kostensenats (vgl. Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, EFG 2011, 468).

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 27. April 2007, Az. 2 O 169/05, dahin

abgeändert,

dass von den Klägern an die Beklagten über den bereits festgesetzten Betrag von 8.740,10 Euro hinaus an weiteren Kosten zu erstatten sind:

7.179,84 Euro

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 4.176 Euro seit 28. Februar 2007 und aus 3.003,84 Euro seit 2. März 2007.

2. In Höhe von 2.384,88 Euro wird die sofortige Beschwerde der Beklagten

zurückgewiesen.

3. Eine Gerichtsgebühr wird nicht erhoben. Im übrigen tragen von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens die Kläger 75% und die Beklagten 25%.

Beschwerdewert: 9.564,72 Euro

Gründe

 
1.
Die Kläger machten in dem am 4. April 2005 beim Landgericht Ulm anhängig gewordenen Hauptsacheverfahren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsforderungen sowie Auskunftsansprüche gegen die Beklagten als Erben geltend. Sie beriefen sich in der Klagebegründung auf ein Gutachten der Steuerberatungsgesellschaft ... + Kollegen GmbH vom 3. November 2004 über den Unternehmenswert der Firma ...KG zum 31. Dezember 1992. Die hierdurch entstandenen Aufwendungen von 1.937,20 Euro (11 Stunden à 150 Euro) wurden im Rahmen der Kostenfestsetzung für die Kläger zum Ausgleich gebracht und sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht im Streit.
Aufgrund Beweisbeschlusses vom 24. März 2006 wurde am 3. Juli 2006 ein schriftliches Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ... eingeholt, der zu einem Unternehmenswert von 4.573.859 Euro kam und nicht zu einem solchen von 6.906. 000 Euro wie der Privatgutachter der Kläger.
Die Beklagten beauftragten hierauf am 4. September 2006 ihrerseits die Sachverständigen ... (Wirtschaftsprüfer) und ... (Steuerberater) aus der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ...AG (...) damit, das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen über den Unternehmenswert der ... KG zum 31. Dezember 1992 zu überprüfen und eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben. In dem erstellten schriftlichen Gutachten vom 9. Oktober 2006 wurde der Unternehmenswert mit 1.547.190 Euro ermittelt.
Am 7. November 2006 wurde der gerichtliche Sachverständige ... durch das Landgericht aufgefordert, die Unternehmensbewertung auch für einen weiteren Stichtag, den Todeszeitpunkt des Erblassers (22. August 2002) vorzunehmen und eine Stellungnahme abzugeben zu dem von den Beklagten eingeholten Privatgutachten. Dies erfolgte schriftlich am 28. November 2006. Auch der Privatgutachter der Beklagten nahm nochmals am 8. Januar 2007 Stellung zum gerichtlichen Ergänzungsgutachten.
In der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2007 wurde der Sachverständige ... zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vernommen und die Beklagten ließen durch ihren Privatgutachter ... Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen stellen.
Nach dieser Beweisaufnahme schlossen die Parteien einen gerichtlich protokollierten Vergleich, der innerhalb der eingeräumten Frist von den Beklagten nicht widerrufen wurde. In dem Vergleich übernahmen die Kläger 3/4 und die Beklagten 1/4 der Kosten des Rechtsstreits.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragten die Beklagten die Berücksichtigung der ihnen entstandenen Aufwendungen für ihren Privatgutachter von 7.424 Euro am 28. Februar 2007 und von weiteren 5.328,96 Euro am 2. März 2007. Die Rechtspflegerin brachte diese Parteiauslagen in dem dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. April 2007 zu Grunde liegenden Kostenausgleich nicht in Ansatz mit der Begründung, dass das Privatgutachten der Beklagten keinen Einfluss auf den Rechtsstreit und das Prozessergebnis genommen habe.
Gegen die am 10. Mai 2007 zugestellte Entscheidung hat der Beklagtenvertreter vorab per Telefax am 23. Mai 2007 (Eingang der Urschrift am 24. Mai 2007) Beschwerde eingelegt, der der Klägervertreter entgegengetreten ist. Im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Rechtspflegerin hat die Akten ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
2.
10 
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 27. April 2007 ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft. Sie ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und in der Sache teilweise erfolgreich. Der in der angefochtenen Entscheidung festgesetzte Betrag von 8.740,10 Euro war um 7.179,84 Euro zu erhöhen.
a)
11 
Zwar sind Kosten eines prozessbegleitenden Privatgutachtens grundsätzlich nicht erstattungsfähig, weil es Sache des Gerichts ist, Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn es darum geht, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen, zu widerlegen oder zumindest zu erschüttern (vgl. Senat BauR 2002, 665 und Beschluss vom 15. November 2004, Az. 8 W 394/04; OLGR Bamberg 2000, 268; OLG Koblenz AGS 2002, 117; OLG Frankfurt IBR 2003, 177; OLG Celle BauR 2003, 588; Herget in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdnr. 13 "Privatgutachten"; je m. w. N.), oder aber zur Wiederherstellung der "Waffengleichheit", wenn der Gegner seinerseits ein Privatgutachten eingeholt hat (OLGR Naumburg 2007, 421; Herget, a.a.O., m.w.N.).
12 
Daraus erwächst einer Partei aber kein Anspruch auf eine vollständige sachverständige Prozessbegleitung. Sie kann nur dasjenige ersetzt verlangen, was aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei zur Überprüfung und Widerlegung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens oder zur Wiederherstellung der "Waffengleichheit" objektiv erforderlich und geeignet (OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 255) und damit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
13 
Vorliegend ist es dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass die Beklagten sachverständige Hilfe zur Überprüfung und Widerlegung des eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachtens eingeholt haben. Die Unternehmensbewertung bedarf einer besonderen Sachkunde, die bei den Verfahrensbeteiligten nicht vorausgesetzt werden kann. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung durften sowohl die Kläger als auch die Beklagten im Rahmen der "Waffengleichheit" Privatgutachten einholen - die Beklagten zusätzlich auch deshalb, weil sie nur auf diese Weise sich detailliert mit dem gerichtlichen Gutachten auseinandersetzen und dies in Zweifel ziehen konnten.
14 
Auch der Umfang der Tätigkeit der Privatsachverständigen ... und ... im Auftrag der Beklagten, der im übrigen von den Klägern nicht in Frage gestellt wird, war unmittelbar prozessbezogen, so dass deren Kosten zum Rechtsstreit im Sinn des § 91 Abs. 1 ZPO gehören.
15 
Die Privatsachverständigen sind in ihrem zu den Akten gelangten schriftlichen Gutachten vom 9. Oktober 2006 zu einem anderen Ergebnis gekommen als der Sachverständige .... Dies hat das Gericht u. a. veranlasst, eine ergänzende Stellungnahme des Herrn ... einzuholen, mit der sich wiederum die Privatgutachter der Beklagten auseinander gesetzt haben und schließlich durften sie im Beweisaufnahmetermin Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen richten. Das Landgericht hielt damit das Privatgutachten der Sachverständigen ... und ... als Einlassung der Beklagten für entscheidungserheblich.
16 
Damit war von dem eingeholten Gutachten zumindest eine Förderung des Prozesses zu erwarten und der von der Rechtsprechung teilweise geforderte Einfluss auf den Rechtsstreit (Herget, a. a. O., m. w. N.; sowie die im Schriftsatz des Klägervertreters vom 14. März 2007 aufgeführten Rechtsprechungszitate) ist entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin zu bejahen. Dass das Gutachten den Rechtsstreit darüber hinaus für den Auftraggeber positiv beeinflusst haben muss, ist nicht zu verlangen und letztlich im Festsetzungsverfahren nicht überprüfbar.
17 
Im übrigen braucht das Gutachten auch nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft zu werden. Die Erstattungsfähigkeit ist nur bei einem völlig unbrauchbaren und/oder einseitigen Gutachten zu verneinen (OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 255, m. w. N.).
18 
Das ist vorliegend nicht der Fall, so dass von der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten der Beklagten dem Grunde nach und auch - bezüglich des Umfangs der Sachverständigentätigkeit - der Höhe nach auszugehen ist.
b)
19 
Inwieweit die Erstattungsfähigkeit dieser Parteiauslagen daran scheitern soll, dass die Beklagten keinen unabhängigen Gutachter beauftragt hätten, ist nicht ersichtlich.
20 
Die in Bezug genommene Entscheidung des OLG Dresden (JurBüro 2003, 312) stellt darauf ab, dass es an der (äußeren) Unabhängigkeit des Sachverständigen fehlt, wenn er in derselben Sozietät wie der Prozessbevollmächtigte des Auftraggebers tätig ist. Hierfür gibt es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte.
c)
21 
Im übrigen richtet sich die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten der Höhe nach nicht nach den Vergütungssätzen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) (BGH NJW 2007, 1532).
22 
Soweit jedoch die Angemessenheit des vom Privatgutachter der Beklagten berechneten Stundensatzes von 200 Euro von den Klägern bestritten wird, ist in Anwendung von § 287 ZPO ein Stundensatz von 150 Euro zugrunde zulegen. Dabei wird ausgegangen von der Abrechnung des Privatgutachters der Kläger, der seinerseits pro Stunde 150 Euro in Ansatz gebracht hat.
23 
Danach reduziert sich die am 28. Februar 2007 eingereichte Rechnung der Sachverständigen von 7.424 Euro auf 5.568 Euro. Hiervon haben die Kläger 3/4 zu tragen, mithin 4.176 Euro.
24 
Die weitere am 2. März 2007 eingereichte Rechnung von 5.328,96 Euro reduziert sich auf 4.005,12 Euro, wobei aus den Auslagen von 78,12 Euro eine Umsatzsteuer nicht in Ansatz gebracht wurde, weil nicht erkennbar ist, ob diese Auslagen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Die Kläger haben von dem errechneten Betrag 3/4, also 3.003,84 Euro zu tragen, so dass sich ein weiterer Erstattungsbetrag zu den nach Durchführung des Kostenausgleichs bereits festgesetzten 8.740,10 Euro von 7.179,84 Euro ergibt.
25 
In dieser Höhe hatte das Rechtsmittel der Beklagten in der Sache Erfolg, während es in Höhe von 2.384,88 Euro als unbegründet zurückzuweisen war (2.384,88 Euro + 7.179,84 Euro = Beschwerdewert von 9.564,72 Euro = 3/4 der Summe der beiden Sachverständigenrechnungen von insgesamt 12.752,96 Euro).
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO.
27 
Eine Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die wesentlichen Argumente zur Problematik der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten nicht erst in der Beschwerdeinstanz ausgetauscht wurden, sondern bereits im Kostenfestsetzungsverfahren.
28 
Im übrigen konnte im Hinblick auf das überwiegende Obsiegen der Beklagten von der Erhebung einer Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1812 GKG-KV abgesehen werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 27. April 2007, Az. 2 O 169/05, dahin

abgeändert,

dass von den Klägern an die Beklagten über den bereits festgesetzten Betrag von 8.740,10 Euro hinaus an weiteren Kosten zu erstatten sind:

7.179,84 Euro

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 4.176 Euro seit 28. Februar 2007 und aus 3.003,84 Euro seit 2. März 2007.

2. In Höhe von 2.384,88 Euro wird die sofortige Beschwerde der Beklagten

zurückgewiesen.

3. Eine Gerichtsgebühr wird nicht erhoben. Im übrigen tragen von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens die Kläger 75% und die Beklagten 25%.

Beschwerdewert: 9.564,72 Euro

Gründe

 
1.
Die Kläger machten in dem am 4. April 2005 beim Landgericht Ulm anhängig gewordenen Hauptsacheverfahren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsforderungen sowie Auskunftsansprüche gegen die Beklagten als Erben geltend. Sie beriefen sich in der Klagebegründung auf ein Gutachten der Steuerberatungsgesellschaft ... + Kollegen GmbH vom 3. November 2004 über den Unternehmenswert der Firma ...KG zum 31. Dezember 1992. Die hierdurch entstandenen Aufwendungen von 1.937,20 Euro (11 Stunden à 150 Euro) wurden im Rahmen der Kostenfestsetzung für die Kläger zum Ausgleich gebracht und sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht im Streit.
Aufgrund Beweisbeschlusses vom 24. März 2006 wurde am 3. Juli 2006 ein schriftliches Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ... eingeholt, der zu einem Unternehmenswert von 4.573.859 Euro kam und nicht zu einem solchen von 6.906. 000 Euro wie der Privatgutachter der Kläger.
Die Beklagten beauftragten hierauf am 4. September 2006 ihrerseits die Sachverständigen ... (Wirtschaftsprüfer) und ... (Steuerberater) aus der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ...AG (...) damit, das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen über den Unternehmenswert der ... KG zum 31. Dezember 1992 zu überprüfen und eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben. In dem erstellten schriftlichen Gutachten vom 9. Oktober 2006 wurde der Unternehmenswert mit 1.547.190 Euro ermittelt.
Am 7. November 2006 wurde der gerichtliche Sachverständige ... durch das Landgericht aufgefordert, die Unternehmensbewertung auch für einen weiteren Stichtag, den Todeszeitpunkt des Erblassers (22. August 2002) vorzunehmen und eine Stellungnahme abzugeben zu dem von den Beklagten eingeholten Privatgutachten. Dies erfolgte schriftlich am 28. November 2006. Auch der Privatgutachter der Beklagten nahm nochmals am 8. Januar 2007 Stellung zum gerichtlichen Ergänzungsgutachten.
In der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2007 wurde der Sachverständige ... zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vernommen und die Beklagten ließen durch ihren Privatgutachter ... Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen stellen.
Nach dieser Beweisaufnahme schlossen die Parteien einen gerichtlich protokollierten Vergleich, der innerhalb der eingeräumten Frist von den Beklagten nicht widerrufen wurde. In dem Vergleich übernahmen die Kläger 3/4 und die Beklagten 1/4 der Kosten des Rechtsstreits.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragten die Beklagten die Berücksichtigung der ihnen entstandenen Aufwendungen für ihren Privatgutachter von 7.424 Euro am 28. Februar 2007 und von weiteren 5.328,96 Euro am 2. März 2007. Die Rechtspflegerin brachte diese Parteiauslagen in dem dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. April 2007 zu Grunde liegenden Kostenausgleich nicht in Ansatz mit der Begründung, dass das Privatgutachten der Beklagten keinen Einfluss auf den Rechtsstreit und das Prozessergebnis genommen habe.
Gegen die am 10. Mai 2007 zugestellte Entscheidung hat der Beklagtenvertreter vorab per Telefax am 23. Mai 2007 (Eingang der Urschrift am 24. Mai 2007) Beschwerde eingelegt, der der Klägervertreter entgegengetreten ist. Im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Rechtspflegerin hat die Akten ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
2.
10 
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 27. April 2007 ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft. Sie ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und in der Sache teilweise erfolgreich. Der in der angefochtenen Entscheidung festgesetzte Betrag von 8.740,10 Euro war um 7.179,84 Euro zu erhöhen.
a)
11 
Zwar sind Kosten eines prozessbegleitenden Privatgutachtens grundsätzlich nicht erstattungsfähig, weil es Sache des Gerichts ist, Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn es darum geht, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen, zu widerlegen oder zumindest zu erschüttern (vgl. Senat BauR 2002, 665 und Beschluss vom 15. November 2004, Az. 8 W 394/04; OLGR Bamberg 2000, 268; OLG Koblenz AGS 2002, 117; OLG Frankfurt IBR 2003, 177; OLG Celle BauR 2003, 588; Herget in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdnr. 13 "Privatgutachten"; je m. w. N.), oder aber zur Wiederherstellung der "Waffengleichheit", wenn der Gegner seinerseits ein Privatgutachten eingeholt hat (OLGR Naumburg 2007, 421; Herget, a.a.O., m.w.N.).
12 
Daraus erwächst einer Partei aber kein Anspruch auf eine vollständige sachverständige Prozessbegleitung. Sie kann nur dasjenige ersetzt verlangen, was aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei zur Überprüfung und Widerlegung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens oder zur Wiederherstellung der "Waffengleichheit" objektiv erforderlich und geeignet (OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 255) und damit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
13 
Vorliegend ist es dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass die Beklagten sachverständige Hilfe zur Überprüfung und Widerlegung des eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachtens eingeholt haben. Die Unternehmensbewertung bedarf einer besonderen Sachkunde, die bei den Verfahrensbeteiligten nicht vorausgesetzt werden kann. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung durften sowohl die Kläger als auch die Beklagten im Rahmen der "Waffengleichheit" Privatgutachten einholen - die Beklagten zusätzlich auch deshalb, weil sie nur auf diese Weise sich detailliert mit dem gerichtlichen Gutachten auseinandersetzen und dies in Zweifel ziehen konnten.
14 
Auch der Umfang der Tätigkeit der Privatsachverständigen ... und ... im Auftrag der Beklagten, der im übrigen von den Klägern nicht in Frage gestellt wird, war unmittelbar prozessbezogen, so dass deren Kosten zum Rechtsstreit im Sinn des § 91 Abs. 1 ZPO gehören.
15 
Die Privatsachverständigen sind in ihrem zu den Akten gelangten schriftlichen Gutachten vom 9. Oktober 2006 zu einem anderen Ergebnis gekommen als der Sachverständige .... Dies hat das Gericht u. a. veranlasst, eine ergänzende Stellungnahme des Herrn ... einzuholen, mit der sich wiederum die Privatgutachter der Beklagten auseinander gesetzt haben und schließlich durften sie im Beweisaufnahmetermin Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen richten. Das Landgericht hielt damit das Privatgutachten der Sachverständigen ... und ... als Einlassung der Beklagten für entscheidungserheblich.
16 
Damit war von dem eingeholten Gutachten zumindest eine Förderung des Prozesses zu erwarten und der von der Rechtsprechung teilweise geforderte Einfluss auf den Rechtsstreit (Herget, a. a. O., m. w. N.; sowie die im Schriftsatz des Klägervertreters vom 14. März 2007 aufgeführten Rechtsprechungszitate) ist entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin zu bejahen. Dass das Gutachten den Rechtsstreit darüber hinaus für den Auftraggeber positiv beeinflusst haben muss, ist nicht zu verlangen und letztlich im Festsetzungsverfahren nicht überprüfbar.
17 
Im übrigen braucht das Gutachten auch nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft zu werden. Die Erstattungsfähigkeit ist nur bei einem völlig unbrauchbaren und/oder einseitigen Gutachten zu verneinen (OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 255, m. w. N.).
18 
Das ist vorliegend nicht der Fall, so dass von der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten der Beklagten dem Grunde nach und auch - bezüglich des Umfangs der Sachverständigentätigkeit - der Höhe nach auszugehen ist.
b)
19 
Inwieweit die Erstattungsfähigkeit dieser Parteiauslagen daran scheitern soll, dass die Beklagten keinen unabhängigen Gutachter beauftragt hätten, ist nicht ersichtlich.
20 
Die in Bezug genommene Entscheidung des OLG Dresden (JurBüro 2003, 312) stellt darauf ab, dass es an der (äußeren) Unabhängigkeit des Sachverständigen fehlt, wenn er in derselben Sozietät wie der Prozessbevollmächtigte des Auftraggebers tätig ist. Hierfür gibt es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte.
c)
21 
Im übrigen richtet sich die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten der Höhe nach nicht nach den Vergütungssätzen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) (BGH NJW 2007, 1532).
22 
Soweit jedoch die Angemessenheit des vom Privatgutachter der Beklagten berechneten Stundensatzes von 200 Euro von den Klägern bestritten wird, ist in Anwendung von § 287 ZPO ein Stundensatz von 150 Euro zugrunde zulegen. Dabei wird ausgegangen von der Abrechnung des Privatgutachters der Kläger, der seinerseits pro Stunde 150 Euro in Ansatz gebracht hat.
23 
Danach reduziert sich die am 28. Februar 2007 eingereichte Rechnung der Sachverständigen von 7.424 Euro auf 5.568 Euro. Hiervon haben die Kläger 3/4 zu tragen, mithin 4.176 Euro.
24 
Die weitere am 2. März 2007 eingereichte Rechnung von 5.328,96 Euro reduziert sich auf 4.005,12 Euro, wobei aus den Auslagen von 78,12 Euro eine Umsatzsteuer nicht in Ansatz gebracht wurde, weil nicht erkennbar ist, ob diese Auslagen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Die Kläger haben von dem errechneten Betrag 3/4, also 3.003,84 Euro zu tragen, so dass sich ein weiterer Erstattungsbetrag zu den nach Durchführung des Kostenausgleichs bereits festgesetzten 8.740,10 Euro von 7.179,84 Euro ergibt.
25 
In dieser Höhe hatte das Rechtsmittel der Beklagten in der Sache Erfolg, während es in Höhe von 2.384,88 Euro als unbegründet zurückzuweisen war (2.384,88 Euro + 7.179,84 Euro = Beschwerdewert von 9.564,72 Euro = 3/4 der Summe der beiden Sachverständigenrechnungen von insgesamt 12.752,96 Euro).
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO.
27 
Eine Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die wesentlichen Argumente zur Problematik der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten nicht erst in der Beschwerdeinstanz ausgetauscht wurden, sondern bereits im Kostenfestsetzungsverfahren.
28 
Im übrigen konnte im Hinblick auf das überwiegende Obsiegen der Beklagten von der Erhebung einer Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1812 GKG-KV abgesehen werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.

(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.

(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.

(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn

1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war,
2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und
3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
Die Ausfallentschädigung wird bis zu einem Betrag gewährt, der dem Honorar für zwei Stunden entspricht.

(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tatbestand

1

A. Der Beklagte und Erinnerungsführer (Hauptzollamt -HZA-) verlangt die Festsetzung von außergerichtlichen Kosten in Gestalt von Rechtsanwaltskosten.

I.

2

Nach einer entsprechenden Steueranmeldung der Klägerin berechnete das HZA Kernbrennstoffsteuer. Die in der Steueranmeldung berechnete Steuer wurde zunächst bezahlt. Im Verfahren wegen der Hauptsache legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein und erhob anschließend Klage (4 K 93/15 = 4 K 122/13 = 4 K 275/11). Das Finanzgericht Hamburg (FG) setzte das Klageverfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor (EuGH, Urteil vom 04.06.2015 C-5/14, Juris). Das FG ordnete mit Beschluss vom 05.08.2015 auf übereinstimmende Anträge der Beteiligten das Ruhen des Klageverfahrens an bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 6/13, Juris) über die Vorlage des 4. Senats nach Art. 100 GG vom 29.01.2013 in dem Verfahren 4 K 270/11 zur Frage der Verfassungswidrigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes aufgrund fehlender alleiniger Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Juris).

II.

3

Nach erfolglosem Antrag beim HZA beantragte die Klägerin beim FG Aufhebung der Vollziehung (AdV). Der für die Kernbrennstoffsteuer zuständige 4. Senat hob mit Beschluss vom 11.04.2014 4 V 185/13 die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung auf.

4

Auf Beschwerde des HZA hob der Bundesfinanzhof (BFH) den Beschluss des FG auf und lehnte den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ab mit Beschluss vom 25.11.2014 VII B 89/14 (vgl. veröff. Parallelentscheidung vom selben Tag VII B 65/14, BFHE 247, 182, BStBl II 2015, 207).

III.

5

Das FG hat durch den 4. Senat mit Beschluss vom 23.02.2015 den Streitwert im AdV-Verfahren auf EUR ... festgesetzt. Die diesbezüglich eingelegte Gerichtskostenerinnerung hat das FG durch den Einzelrichter des Kostensenats mit Beschluss vom 27.02.2015 3 KO 55/15 zurückgewiesen.

IV.

6

Unter dem 06.03.2015 hat das HZA beantragt, Kosten für die bevollmächtigten Rechtsanwälte in Höhe von EUR ... für das Beschwerde-Verfahren VII B 89/14 vor dem BFH festzusetzen. Die Kosten für die Rechtsanwälte seien nach § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO stets zu ersetzen. Der Ausschluss der Erstattung von Aufwendungen für Finanzbehörden nach der Vorschrift des § 139 Abs. 2 FGO gelte nur für die eigenen Auslagen der Finanzbehörde, nicht jedoch für Gebühren und Auslagen für bevollmächtigte Rechtsanwälte.

7

Die Kosten- und Urkundsbeamtin hat den Kostenfestsetzungsantrag mit Beschluss vom 19.05.2015 4 V 185/13, zugestellt am 26.05.2015, nach § 149 FGO zurückgewiesen. § 139 Abs. 2 FGO schließe einen Aufwendungsersatzanspruch der Behörde ausnahmslos aus.

V.

8

Mit der am 08.06.2015 gegen diesen Beschluss eingelegten Erinnerung trägt das HZA vor:

9

Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO seien die Gebühren und Auslagen von bevollmächtigten Rechtsanwälten stets erstattungsfähig. Die Beschränkung des § 139 Abs. 2 FGO gelte nur für die "persönlichen" Auslagen der Finanzbehörde. Diese Auslegung werde auch von der Systematik der Vorschrift gestützt. Nur so lasse sich das Wort "stets" in Abs. 3 der Vorschrift erklären. Aus dem Fehlen des Wortes "stets" in Abs. 2 müsse geschlossen werden, dass der Gesetzgeber nicht jede Art von Aufwendungen der Finanzbehörden von einer Erstattung habe ausschließen wollen.

10

Das HZA beantragt,
1. den Kostenfestsetzungsbeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 19.05.2015, Az. 4 V 185/13, aufzuheben,
2.
a) die Kosten für die II. Instanz in Höhe von EUR ... festzusetzen,
b) dem Erinnerungsführer eine vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses zu erteilen und auszusprechen, dass der festgesetzte Betrag gemäß § 155 Satz 1 FGO i. V. mit § 104 Abs. 1 ZPO verzinst wird,
3. hilfsweise zu 2. der Geschäftsstelle des FG Hamburg aufzugeben, über den Kostenfestsetzungsantrag des Erinnerungsführers vom 06.03.2015 mit der Maßgabe zu entscheiden, dass die beantragten Gebühren der vom Erinnerungsführer bevollmächtigten Rechtsanwälte erstattungsfähig sind.

11

Die Klägerin beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.

12

Der Wortlaut der Vorschrift des § 139 Abs. 2 FGO schließe die Erstattung der Auslagen und Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Finanzverwaltung ausnahmslos aus. Dieses Verständnis ergebe sich bereits aus der Rechtsprechung des BFH, in der bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Auslagen und Gebühren über die Frage entschieden werde, ob der Antragsteller als Finanzbehörde einzuordnen sei und Aufwendungen damit nicht erstattungsfähig seien. Diese Auslegung werde auch von Sinn und Zweck und Systematik der Vorschrift des § 139 FGO gestützt. Sinn und Zweck sei nämlich, das Kostenrisiko für den Kläger aufgrund der Komplexität von finanzgerichtlichen Verfahren zu mindern. Im Rahmen der Systematik stelle die Vorschrift des § 139 Abs. 1 FGO eine Regelung zur Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach dar. Die Vorschrift des § 139 Abs. 3 FGO sei dagegen nur eine Regelung der Höhe nach, die sich lediglich auf den ersten Absatz des Paragrafen beziehe und nicht anwendbar sei, wenn eine Erstattung dem Grunde nach bereits gemäß dem zweiten Absatz der Vorschrift ausgeschlossen sei.

VI.

13

Die Kosten- und Urkundsbeamtin hat der Erinnerung am 20. Juli 2015 nicht abgeholfen.

Entscheidungsgründe

14

B. I. Die gemäß § 149 Abs. 2 Satz 1 FGO zulässige Erinnerung gegen die Ablehnung der beantragten Kostenfestsetzung ist unbegründet. Das HZA hat keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für Rechtsanwälte.

15

1. Die Erstattungsfähigkeit von Kosten richtet sich nach der Regelung des § 139 FGO. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift zählen zu den erstattungsfähigen Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

16

2. Von diesem Grundsatz wird gemäß § 139 Abs. 2 FGO eine Ausnahme für die Finanzbehörde gemacht. Danach sind deren Aufwendungen nicht zu erstatten.

17

Demgemäß können Finanzbehörden nach ständiger Rechtsprechung keine Erstattung von Auslagen verlangen (Beschlüsse BFH vom 25.03.2015 X K 8/13, Juris Rn. 16 m. w. N.; vom 06.02.2007 I B 88/05, Juris Rn. 8; vom 25.02.1975 VII B 80/73; vom 31.07.1974 I B 32/74, Juris Rn. 4; vom 31.10.1972 VII B 134/70; FG Brandenburg vom 06.09.1999 1 Ko 997/99 KF, Juris Rn. 7).

18

Die Literatur hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Ziemer/Birkholz, FGO, 3. Aufl., § 139 Rn. 10; Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 139 Rn. 170, 181; Stapperfend in Gräber, AO/FGO, 7. Aufl., § 139 Rn. 14; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 139 Rn. 200; Beermann in Ziemer/Haarmann/ Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rn. 10726).

19

3. Finanzbehörden im Sinne des § 139 Abs. 2 FGO sind alle Behörden, denen die Verwaltung der Steuern in Bund und Ländern zugewiesen ist, Art. 108 GG, §§ 1, 2 FVG (BFH, Beschluss vom 31.07.1974 I B 32/14, Juris Rn. 4 f.). Die Vorschriften des FVG sind die von Art. 108 GG geforderte einfachgesetzliche Regelung zum Aufbau der Finanzbehörden (Siekmann in Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 108 Rn. 16, 26 ff.; Heun in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 108 Rn. 21). Unter den Begriff der Steuern fallen auch Zölle (Siekmann in Sachs, GG, Art. 105 Rn. 15; Heun in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 105 Rn. 31).

20

Finanzbehörden, die keine Erstattung von Aufwendungen verlangen können, sind nach der Rechtsprechung:
- Finanzämter (BFH, Beschluss vom 31.10.1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243, Juris Rz. 7; FG Köln, Beschluss vom 11.07.2005 10 Ko 223/05, EFG 2005, 1647, Juris Rn. 6);
- jede steuerverwaltende Behörde, die einen Verwaltungsakt, der den Gegenstand eines Klageverfahrens vor dem Finanzgericht bildet, erlassen hat (BFH, Beschluss vom 31.10.1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243, Juris Rn. 8);
- Kirchensteuerbehörde (FG München, Beschluss vom 07.08.1970 VII 37/70, EFG 1971, 35);
- Kirchensteuerämter und die ihnen übergeordneten Stellen (FG Köln, Beschlüsse vom 11.07.2005 10 Ko 223/05, DStRE 2006, 124, Juris Rn. 6; vom 15.08.1984 X 329/82 EK, EFG 1985, 39);
- Kirchengemeinden in steuerverwaltender Funktion (FG Düsseldorf, Beschluss vom 26.10.1987 V/I Ko 4/87, EFG 1988, 246).

21

4. Auch das HZA zählt nach der Rechtsprechung des BFH zu den Finanzbehörden im Sinne des § 139 Abs. 2 FGO (BFH, Beschluss vom 31.10.1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243, Juris Rn. 7; FG Köln, Beschluss vom 11.07.2005 10 Ko 223/05, EFG 2005, 1647, Juris Rn. 6).

22

Das beklagte HZA ist mit der Verwaltung einer Steuer, nämlich der Kernbrennstoffsteuer, beauftragt (§ 1 Abs. 1 Satz KernbrStG i. V. m. §§ 16, 23 AO, § 12 Abs. 2 FVG) und nach der Vorschrift des § 1 Nr. 4 FVG eine Finanzbehörde im Sinne des Art. 108 GG (Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rn. 10727/2).

23

5. Von dem Grundsatz, dass Finanzbehörden keine Erstattung von Aufwendungen verlangen können, sind auch die Entscheidungen getragen, die eine Kostenerstattung bejahen nach der Abgrenzung, dass der Beteiligte keine Finanzbehörde ist. Erstattung können verlangen:
- Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft (BFH, Beschluss vom 25.02.1975 VII B 80/73, BFHE 115, 182, BStBl II 1975, 489);
- Bundesland bei Klagen wegen überlanger Verfahrensdauer (BFH, Beschlüsse vom 19.08.2014 X K 2/12, JurBüro 2015, 312; vom 20.10.2014 X K 3/13, RPfleger 2015, 427);
- Landesfinanzministerium in berufsrechtlichen Streitigkeiten i. S. von § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO (FG Hessen, Beschlüsse vom 15.12.2004 12 Ko 3205/02, Juris; vom 28.07.1998 12 Ko 3483/98, EFG 1998, 1423);
- Ministerium der Finanzen in Berufssachen der Steuerberater (FG Brandenburg, Beschluss vom 06.09.1999 1 Ko 997/99 KF);
- Oberfinanzdirektion in berufsrechtlichen Streitverfahren i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO (FG Niedersachsen, Beschluss vom 10.02.2004 6 KO 26/03);
- Gemeinden im Gewerbesteuer-Zerlegungsverfahren (BFH, Beschluss vom 31.07.1974 I B 32/74; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.12.1968 II 22-23/67, EFG 1969, 191);
- Einfuhr- und Vorratsstellen (jetzt Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung, BFH, Beschluss vom 31.10.1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243).

24

6. Dementsprechend folgt aus dem Wort "stets" in Absatz 3 der Vorschrift des § 139 FGO keine Rückausnahme von der Nichterstattung von Aufwendungen für Finanzbehörden.

25

Die Rechtsprechung lässt bei der Vorschrift des § 139 Abs. 2 FGO keine Ausnahmen zu, auch ausdrücklich keine Ausnahmen für Rechtsanwaltskosten von Finanzbehörden (Beschlüsse BFH vom 17.03.2009 IV B 102/08, Juris Rn. 8; vom 06.03.1990 VII E 9/89, BFHE 160, 133, BStBl II 1990, 584; vom 07.05.1975 II B 51/73, BFHE 115, 424, BStBl II 1975, 672, Juris Rn. 8; vom 25.02.1975 VII B 80/73, BFHE 115, 182, BStBl II 1975, 489, Juris Rn. 11; Hessisches FG vom 15.12.2004 12 Ko 3205/02, Juris).

26

Dem hat sich die Literatur angeschlossen (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 139 Rn. 185; Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 139 Rn. 170).

27

7. Die Vorschrift des § 139 Abs. 3 bezieht sich nur auf die Erstattungsfähigkeit von bestimmten Aufwendungen der Beteiligten, die nicht Finanzbehörde sind (BFH, Beschlüsse vom 07.05.1975 II B 51/73, BFHE 115, 424, BStBl II 1975, 672, Juris Rn. 8; vom 25.02.1975, VII B 80/73, BFHE 115, 182, BStBl II 1975, 489, Juris Rn. 11; vom 19.06.1970 II B 27/68, BFHE 99, 446, BStBl II 1970, 724; Juris Rn. 8).

28

Dementsprechend bezieht sich die Formulierung "stets" in Absatz 3 auch nicht auf eine Erstattung dem Grunde nach, sondern nur der Höhe nach (Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 139 FGO Rn. 187; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Rn. 36 f., 41; Beermann in Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rn. 10730/1 f.).

29

8. Im Übrigen ist eine Beschränkung des § 139 Abs. 2 FGO - wie das HZA meint - auf eigene Kosten des HZA nicht mit dem Wortlaut vereinbar. Der Wortlaut der Vorschrift des § 139 Abs. 2 FGO, wonach Aufwendungen - hier Rechtsanwaltskosten - nicht zu erstatten sind, ist aus sich heraus eindeutig; er lässt keine Ausnahme oder Einschränkung zu.

30

Nach der Bedeutungsübersicht im Duden fällt unter den Begriff der "Aufwendung" 1. das Aufwenden und 2. die Ausgabe; für etwas Bestimmtes aufzuwendender Betrag. Synonyme sind unter anderem "Ausgabe" und "Auslage" (www.duden.de). Aufwendung umfasst auch Aufwendungen, Ausgaben oder Auslagen für die Mandatierung eines Rechtsanwalts.

31

Eine weitere Auslegung hätte einen Zusatz im Wortlaut der Vorschrift erfordert. Entsprechende Formulierungen, wie etwa "die eigenen Kosten der Finanzbehörde sind nicht zu erstatten" wären möglich gewesen, wurden indes aber nicht gewählt.

32

9. Die vorstehende Auslegung nach Wortlaut und Systematik entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 139 Abs. 2 FGO.

33

a) Die Finanzbehörden sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Zahlung von Gerichtskosten befreit. Die Vorschrift des § 139 Abs. 2 FGO enthält das Gegenstück zu dieser Privilegierung (Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rn. 10710/2).

34

b) Es wird den Finanzbehörden zugemutet, unter Ausnutzung ihres eigenen professionellen und speziellen Sachverstands einen Prozess ohne externe Hilfe zu bewältigen; alternativ können sie nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 FGO Beschäftigte anderer Behörden als Bevollmächtigte bestellen.

35

c) Da das finanzgerichtliche Verfahren häufig besonders kompliziert und komplex ist, soll dem Kläger nach der gesetzgeberischen Entscheidung neben seinem eigenen außergerichtlichen Kostenrisiko nicht auch noch das Risiko auferlegt werden, für die Aufwendungen der Finanzbehörde aufzukommen (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 139 Rn. 2).

36

10. Diese Auslegung deckt sich schließlich mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die die intendierte Abweichung von Kostenerstattungsregelungen anderer Prozessordnungen verdeutlicht.

37

Die Erstattung von Aufwendungen der Finanzbehörden wurde mit der Regelung des § 316 RAO ab 1953 abgeschafft (BGBl. 1953 I, 512). Nach Absatz 1 dieser Vorschrift waren fortan nur einem Beteiligten, der nicht Finanzbehörde ist, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten, soweit ihm die Kosten nicht auferlegt werden.

38

11. Auch in den FGO-Entwürfen aus 1955 (BT-Drucks. II/1716) und 1958 (BT-Drucks. III/127) wurden die Finanzbehörden bei der Erstattung von Kosten ausdrücklich ausgenommen. Im Rahmen einer grundsätzlich geplanten, teilweise wörtlichen Anlehnung an die Entwürfe zur VwGO wurde von § 159 VwGO-Entwurf (BT-Drucks. I/4278), dem heutigen § 162 VwGO, abgewichen.

39

12. Bei der tatsächlich 1965 in Kraft getretenen Fassung der FGO war zwar eine weitgehende Gleichgestaltung mit den anderen Gerichtsverfahrensgesetzen angestrebt (Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses vom 06.09.1965 zu BT-Drucks. IV/3523). Der Entwurf (§ 130 FGO im Entwurf, jetzt § 139 Abs. 1 FGO) wurde aber am 06.09.1965 um die Regelung des heutigen Absatz 2 der Vorschrift ergänzt (BT-Drucks IV/3525).

II.

40

1. Das HZA trägt die durch seine Erinnerung der Klägerin im Kostenfestsetzungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten gemäß § 135 Abs. 1 FGO.

41

2. Die Entstehung von Gerichtskosten für die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren sieht das Gesetz nicht vor.

42

3. Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO.

Tatbestand

A.

1

Mit der Erinnerung bestreitet die beklagte Familienkasse

- eine Erledigungserklärung ihrerseits in der Hauptsache für den nicht durch ihre Abhilfe umfassten Kindergeld-Streitzeitraum September und Oktober 2014 und

- die Entstehung der (nach Kostenlastquote des Hauptsacheerledigungs-Kostenlastbeschlusses vom 5. Januar 2016) zu 5/6 laut angefochtener Kostenfestsetzung vom 30. März 2016 dem Kläger zu erstattenden Erledigungsgebühr.

I.

2

1. Nach Kindergeldantrag des Klägers vom 5. März 2014 nebst beglaubigter Kopie der Gewerbeanmeldung für Trockenbau u. a. ab ... 2013 (KiG-A Bl 1, 3), Bürovertrag (KiG-A Bl. 10), nach Unterlagen-Nachforderung der Familienkasse A vom 7. Mai 2014 (KiG-A Bl. 14), ablehnendem Bescheid vom 2. Juli 2014 (KiG-A Bl. 16), Einspruch vom 29. Juli 2014 (KiG-A Bl. 19), neu ausgefülltem Antragsvordruck vom 29. Juli 2014 nebst weiteren Unterlagen (KiG-A Bl. 25 ff.), einschließlich Bau-Rechnungen (KiG-A Bl. 32 ff.) sowie Betriebswirtschaftlicher Auswertung bis einschließlich November 2014 vom ... 2015 (KiG-A Bl. 60), gab die bisher befasste hiesige Familienkasse A unter dem 21. Januar 2015 den Fall an die auswärtige beklagte Familienkasse ab mit dem Vermerk (KiG-A Bl. 61 ff.):

3

"... Einspruch vom 29.07.2014 gegen den Bescheid vom 02.07.2014
Die Entscheidung ist ganz aufzuheben. Bitte erteilen Sie einen Abhilfebescheid ... KG ist von 7/13 Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung) bis 10/13 unter Anrechnung von polnischen Familienleistungen festzusetzen, ab 11/14 ungemindertes deutsches Kindergeld.
Sachverhalt:
Polnischer Staatsbürger mit selbständiger Tätigkeit in Deutschland (Gewerbeanmeldung in 7/14) ...
Begründung:
 ... weitere Unterlagen eingereicht ... Hiernach ist der KGB im gesamten Jahr 2014 in Deutschland erwerbstätig gewesen ...
Ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland ist für die Zeit ab Gewerbeanmeldung (7/13) glaubhaft. ..."
[Unterstreichungen durch das Gericht]

4

2. Die beklagte Familienkasse erließ unter dem 12. März 2015 folgenden Bescheid (KiG-A Bl. 66, FG-A Bl. 3):
"... Der Bescheid vom 02.07.2014 wird ... geändert. ...
Kindergeld wird ... für den Zeitraum von Juli 2013 bis einschließlich Oktober 2013 in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den polnischen Familienleistungen und dem deutschen Kindergeld und ab dem Monat November 2014 in Höhe ... festgesetzt
Ihrem Einspruch vom 29.07.2014 wurde damit in vollem Umfang entsprochen. ...
Rechtsbehelfsbelehrung: ... Einspruch ..."
 [Unterstreichungen durch das Gericht]

5

3. Einspruch wurde für den Kläger unter dem 7. (eingeg. 9.) April 2015 eingelegt mit der Nachfrage (KiG-A Bl. 73):
" ...Warum wurde kein Kindergeld für den Zeitraum von November 2013 bis Oktober 2014 festgesetzt? ..."
[Unterstreichung durch das Gericht]

6

4. Diesen Einspruch verwarf die beklagte Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2015 als unzulässig mangels Beschwer (KiG-A Bl. 76, FG-A Bl. 6):
"...Eine Entscheidung ... für ... November 2013 bis Oktober 2014 wurde mit dem Bescheid nicht getroffen."
Rechtsbehelfsbelehrung: ... Klage ..."

II.

7

1. Mit Klage vom 3. (eingeg. 8.) Juni 2015 hat der Kläger Kindergeld für die Monate November 2013 bis Oktober 2014 beantragt (FG-A Bl. 1).

8

Nach erst am 15. Juli 2015 ermöglichter Einsicht in die Kindergeldakte hat der Klägervertreter mit Anruf bei Gericht am 21. Juli 2015 darauf hingewiesen, dass die angefochtene Entscheidung der Familienkasse möglicherweise irrtümlich ein falsches Datum enthalte. Ihm ist auf seine Frage nach der Verfahrensweise mitgeteilt worden, dass er diesen Sachverhalt schriftlich darlegen möge und dass es dann voraussichtlich zu einem Erörterungstermin kommen könne (FG-A Bl. 15R, 16).

9

2. Danach hat der Klägervertreter im Wesentlichen vorgetragen (FG-A Bl. 17):

10

Der Einspruch sei nach dem Zeitablauf als Untätigkeitseinspruch zulässig gewesen.

11

Der Anspruch sei begründet. Der Sachverhalt habe sich im Vergleich der Zeiträume November 2013 bis Oktober 2014 einerseits und ab November andererseits nicht geändert.

12

Bei dem Vermerk vom 21. Januar 2015 (KiG-A Bl. 61) könne nach Aktenlage ein Versehen vorliegen.

13

3. Die beklagte Familienkasse hat erwidert, die Klage sei als unzulässig abzuweisen (FG-A Bl. 21, 25).

14

Der Einspruch des Klägers vom 7. April 2015 sei nicht als Untätigkeitseinspruch auszulegen gewesen.

15

Der Kindergeld-Zeitraum November 2013 bis Oktober 2014 sei Gegenstand des Einspruchs vom 29. Juli 2014 (KiG-A Bl. 19) gegen den Bescheid vom 2. Juli 2016 (KiG-A Bl. 16; oben I 1) und befinde sich in Bearbeitung.

16

4. a) Im Erörterungstermin 22. Oktober 2015 (FG-A Bl. 33) hat die für die Klage zuständige Berichterstatterin hingewiesen auf eine Beschwer des Klägers, nachdem im Bescheid vom 12. März 2015 über seinen Kindergeldantrag vom Juli 2013 hinsichtlich des Klage-Streitzeitraums ohne Angabe von Gründen nicht entschieden worden sei. Es sei seitens der beklagten Familienkasse kein Fehlen von Unterlagen angesprochen, sondern ausgeführt worden, dass dem Einspruch vollen Umfangs entsprochen worden sei.

17

Danach sei der nach dem Bescheid vom 12. März 2015 eingelegte Einspruch als Untätigkeitseinspruch zu werten und zulässig gewesen und sei auch die Klage zulässig.

18

Hinsichtlich der Prüfung der Begründetheit der Klage seien die hiesigen Tätigkeitsnachweise des Klägers lückenhaft.

19

b) Daraufhin hat der Klägervertreter weitere Unterlagen des Klägers vorgelegt.

20

Gemeinsam mit der Berichterstatterin, dem Kläger persönlich und der durch die auswärtige beklagte Familienkasse bevollmächtigten Prozessvertreterin der hiesigen Familienkasse sind die Unterlagen durchgesehen worden mit dem Ergebnis, dass hiesige Tätigkeitsnachweise für November 2013, März bis Mai 2014 und Juli bis August 2014 enthalten waren sowie für Dezember 2013 sowie Januar und Februar 2014 fehlten.

21

c) Der Klägervertreter hat erklärt, dass in den genannten Wintermonaten aufgrund der Wetterverhältnisse die Baustellen nicht aktiv gewesen seien und Aufträge nicht hätten ausgeführt werden können. Er werde sich um diesbezügliche Bestätigungen der Auftraggeber bemühen und weitere Bescheinigungen für September und Oktober 2014 vorlegen. Im Juni 2014 sei der Kläger in Urlaub gewesen; deshalb habe er für diesen Zeitraum keine Aufträge angenommen.

22

d) Die in Vollmacht der beklagten Familienkasse aufgetretene Vertreterin der hiesigen Familienkasse hat geantwortet, dass für den Monat Juni die Erklärung des Klägers akzeptiert werden könne.

23

e) Weiter heißt es im Protokoll (FG-A Bl. 35):

24

"... Nach Vorlage der Urkunden, wie sie im Erörterungstermin angesprochen worden sind, werden die Beteiligten den Rechtsstreit nach ggf. Abhilfe für erledigt erklären und für diesen Fall sind sie mit einer Kostenentscheidung i. S. d. Hamburger Regelung einverstanden. ..."

25

5. Nach ergänzendem Klägervortrag mit weiteren Unterlagen (FG-A Bl. 36 ff.) hat die beklagte Familienkasse unter dem 15. Dezember 2015 Abhilfe angekündigt für den Streitzeitraum November 2013 bis August 2014, für den sie den gewöhnlichen Aufenthalt als gegeben ansehe (FG-A Bl. 39):

26

"Die beklagte Familienkasse wird den ... Bescheid vom 12.03.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2015 dahingehend ändern, dass ... für den Zeitraum 11/2013-8/2014 volles Kindergeld festgesetzt wird.
Der Rechtsstreit wird für diesen Zeitraum für erledigt erklärt.
Es besteht Bereitschaft, die anteiligen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Für die Monate September und Oktober liegen bislang noch keine Rechnungen vor, so dass eine Abhilfe derzeit nicht erfolgen kann."

27

6. Unter dem 16. Dezember 2015 hat die beklagte Familienkasse den angekündigten (Teilabhilfe-)Änderungsbescheid erlassen über volles Kindergeld zugunsten des Klägers für die Monate November 2013 bis August 2014 mit dem Hinweis (FG-A Bl. 44):
"Der Änderungsbescheid wird nach § 68 Finanzgerichtsordnung Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens."
Diesen Bescheid hat die beklagte Familienkasse unter demselben Datum den Klägervertretern übersandt (FG-A Bl. 43)
"zu Ihrer Kenntnis und Weiterleitung bzw. Erledigung ..."

28

Unter dem 18. Dezember 2015 hat die beklagte Familienkasse den Änderungsbescheid und das an die Klägervertreter gerichtete Schreiben an das Finanzgericht übermittelt (FG-A Bl. 42).

29

7. Der klagebearbeitende Klägervertreter hat mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2015 an das Gericht geantwortet:

30

"In Sachen ... hat die Beklagte den erstrebten Bescheid erlassen. Folglich erklären wir den Rechtsstreit ebenfalls in der Hauptsache für erledigt.
Gegen die Bereitschaft der Beklagten, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu übernehmen, bestehen keine Bedenken."

31

Dieser Schriftsatz ist der beklagten Familienkasse unter dem 5. Januar 2016 zur Kenntnis übersandt worden.

32

Nicht beigefügt worden ist der Hinweis gemäß § 138 Abs. 3 FGO, dass der Rechtsstreit auch dann in der Hauptsache erledigt ist, wenn der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung seines Schriftsatzes widersprochen wird.

33

8. Ebenfalls am 5. Januar 2016 hat das Finanzgericht durch die für die Klage zuständige Berichterstatterin beschlossen (FG-A Bl. 49):

34

"Die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens fallen zu 1/6 dem Kläger und zu 5/6 der Beklagten zur Last.

35

Gründe:

36

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen gemäß §§ 137, 138 Finanzgerichtsordnung (FGO) zu entscheiden.

37

Da die Beklagte dem Begehren des Klägers aufgrund der vorliegenden Unterlagen für den Zeitraum 11/2013 bis 08/2014 einschließlich abgeholfen hat, trifft sie gemäß § 138 Abs. 2 FGO die auf diesen Zeitraum entfallenden Verfahrenskosten.

38

Soweit der Kläger auch für die Monate September und Oktober 2014 Festsetzung von Kindergeld begehrt hat, war eine Festsetzung nicht möglich, weil für diesen Zeitraum der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers im Inland nicht nachgewiesen werden konnte. Insoweit trägt der Kläger als Unterlegener die auf den Zeitraum von 2 Monaten entfallenden Verfahrenskosten (=1/6)."

39

9. Eine etwaige Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO zur möglichen Klarstellung eines Missverständnisses der Reichweite der vorherigen Erledigungserklärung der beklagten Familienkasse hat diese gegen den Hauptsacheerledigungs-Kostenlastbeschluss - in der dafür vorgesehenen zweiwöchigen Frist - nicht eingereicht.

III.

40

1. Unter dem 2. (eingeg. 4.) Februar 2016 hat der Kläger durch seine Vertreter Kostenfestsetzung einschließlich Berücksichtigung einer 1,0 Erledigungsgebühr über 405 Euro gemäß Nr. 1002, 1003 RVG-VV - nebst MWSt und Zinsen - beantragt.

41

2. Dazu hat die beklagte Familienkasse dahin Stellung genommen (FG-A Bl. 54=57, 63=65, 68=69), dass eine Erledigungsgebühr nicht entstanden sei. Eine tatsächliche Verständigung sei nicht getroffen worden. Die Erledigungserklärung der Klägerseite habe als Reaktion auf die Teilabhilfe lediglich der ordnungsgemäßen Prozessführung entsprochen. Die Nachreichung von Unterlagen sei keine überobligatorische Tätigkeit gewesen.

42

3. Die Klägerseite hat erwidert (FG-A Bl. 66), dass die besondere Mitwirkung in der gemeinsamen Absprache der weiteren Vorgehensweise und in deren Befolgung liege.

43

4. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. (zugestellt 31.) März 2013 (FG-A Bl. 72, 74 ff.) hat die Urkunds- und Kostenbeamtin die zu erstattenden Kosten antragsgemäß unter Berücksichtigung der Erledigungsgebühr in Höhe von 405 Euro mit insgesamt (5/6 von 1.855,21 Euro =) 1.546,01 Euro nebst MWSt und Zinsen festgesetzt. Die Erledigungsgebühr sei nach mehr als 10 % Einschränkung des Klagebegehrens entstanden (FG Köln, Beschluss vom 28. Juni 2004 10 KO 1603/04).

IV.

44

1. Mit Erinnerung vom 5. April 2016 trägt die beklagte Familienkasse im Wesentlichen vor (FG-A Bl. 76=78):

45

Sie sei bisher davon ausgegangen, dass die Klage hinsichtlich des Zeitraums September und Oktober 2014 zurückgenommen worden sei, für den eine Erledigungserklärung ihrerseits weder abgegeben worden sei noch gemäß § 138 Abs. 3 FGO fingiert werden könne.

46

Sofern eine diesbezügliche Rücknahme nicht erklärt worden sei, sei der Rechtsstreit insoweit noch nicht erledigt und sei nunmehr über die Feststellung der klägerseits erklärten Erledigung zu entscheiden, das heiße über die Behauptung, dem Klagebegehren sei durch ein erledigendes Ereignis die Grundlage entzogen worden (BFH-Urteil vom 19.05.2011 III R 61/09, BFH/NV 2011, 1526).

47

Falls die Erledigungserklärung klägerseits für September und Oktober 2014 zurückgenommen werde, könne die insoweit aufgegebene fristgebundene Klage nicht wieder aufleben.

48

Die beklagte Familienkasse beantragt
erstens die Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 30. März 2016 einstweilen auszusetzen und
zweitens die zu erstattenden Kosten auf 1.144,38 Euro herabzusetzen [m. a. W. von 1.546,01 Euro um 401,63 Euro, d. h. um 5/6 von 405 nebst 19 % MWSt].

49

2. Der Kläger trägt vor, er schließe sich der Entscheidung des Gerichts an und sehe von einer gesonderten Stellungnahme ab (FG-A Bl. 81).

50

3. Der Urkunds- und Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen (FG-A Bl. 82).

Entscheidungsgründe

B.

51

Die Kostenfestsetzungs-Erinnerung wird zurückgewiesen.

I.

52

1. Die fristgerechte Erinnerung ist gemäß § 149 Abs. 2 FGO zulässig nach Auslegung dahin, dass durch stillschweigende Bezugnahme der beklagten Familienkasse auf ihre Stellungnahme zum Kostenfestsetzungsantrag des Klägers die Entstehung einer Erledigungsgebühr weiter bestritten wird und sich insoweit die Erinnerung nicht auf außerkostenrechtliche Gesichtspunkte oder auf Angriffe gegen den Hauptsacherledigungs-Kostenlastbeschluss beschränkt, das heißt auf die der Kostenfestsetzung (auch für den Kostensenat) bindend zugrunde liegende Gerichts- und Kostenlastentscheidung (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 30.11.2012 3 KO 205/12, Juris m. w. N. der ständ. Rspr.).

53

2. Soweit die beklagte Familienkasse dagegen wegen eines Missverständnisses der Reichweite ihrer Erledigungserklärung (oben II 5) den Hauptsacheerledigungs-Kostenlastbeschluss nach § 138 FGO angreifen will, hatte sie Gelegenheit zur Klarstellung mittels Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO, Art. 103 GG (vgl. BVerfG-Beschluss vom 14.04.2016 2 BvR 695/16, Juris m. w. N.).

54

Davon hat die beklagte Familienkasse keinen Gebrauch gemacht (oben II 9).

55

3. Ebenso wenig kommt es hier darauf an, dass die beklagte Familienkasse ihre Erledigungserklärung zunächst unzutreffend, und zwar verfrüht eingereicht hat, nämlich vor bindender Zusage oder Bekanntgabe des Abhilfebescheids (vgl. FG Hamburg, Beschlüsse vom 11.07.2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157; vom 14.04.2011 3 KO 201/10, EFG 2011, 1546, DStRE 2012, 383 m. w. N.)

II.

56

Die Erinnerung gegen die (quotale) Festsetzung der Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002, 1003 RVG-VV ist unbegründet.

57

1. Wie sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut von Nr. 1002 RVG-VV ergibt, wird die Entstehung der Erledigungsgebühr nicht dadurch gehindert, dass sich die Rechtssache möglicherweise nur teilweise erledigt (vgl. SG Stuttgart, Beschluss vom 26.01.2015 S 4 SF 5570/14 E, NZS 2015, 320; AG Ehingen, Beschluss vom 08.02.2014 BHG 79/13, Juris).

58

2. Danach erfordert die Erledigungsgebühr:
a) eine über die mit den anderen Gebühren abgegoltenen Tätigkeiten hinausgehende besondere Mitwirkung,
b) die auf den Erledigungserfolg ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist;
c) den Eintritt des Erledigungs-Erfolgs und
d) eine wesentliche Ursächlichkeit der vorbezeichneten besonderen Mitwirkung für den Erledigungs-Erfolg
(FG Hamburg, Beschluss vom 23.01.2015, EFG 2015, 845 m. w. N. u. Anm. Rosenke).

59

3. Die von der beklagten Familienkasse bestrittene, über die mit den anderen Gebühren abgegoltenen Tätigkeiten hinausgehende besondere Mitwirkung ist gegeben.

60

a) Zwar genügt dafür nicht die zur prozessualen Mitwirkungspflicht gehörende Benennung von Beweismitteln oder Einreichung von Beweisunterlagen, insbesondere von weitgehend beim Mandanten präsenten Unterlagen nach Aufforderung (FG Hamburg, Beschluss vom 19.04.2011 3 KO 24/11, Juris).

61

b) Jedoch ergibt sich die darüber hinausgehende besondere Mitwirkung im Streitfall in der Gesamtschau.

62

Auszugehen ist von dem angeblich dem Einspruch vom 29. Juli 2014 abhelfenden, jedoch tatsächlich unerklärt den Streitzeitraum aussparenden Bescheid der beklagten Familienkasse vom 12. März 2015 (oben A I 2).

63

Nach (Untätigkeits-)Einspruch der vorgehend eingeschalteten Steuerberater mit der unmissverständlichen Frage, warum insoweit kein Kindergeld festgesetzt worden sei (oben A I 3), blieb die Einspruchsentscheidung diesbezüglich ebenso unerklärlich (oben A I 4).

64

aa) Vor diesem Hintergrund hat der zuständige Klägervertreter nach fristwahrender Klage Einsicht in die Kindergeldakte genommen und - seinerseits anstelle der beklagten Familienkasse - als Ursache der nicht nachvollziehbaren Bescheidung das Datumsversehen in dem Abgabevermerk der hiesigen Familienkasse vom 21. Juli 2015 ausgemacht.

65

bb) Überobligatorisch hat er bereits umgehend telefonisch versucht zu klären, wie hinsichtlich des Datumfehlers zu verfahren sei (oben A II 1).

66

cc) Über die mit der dargelegten Untätigkeit der beklagten Familienkasse erforderliche Klagebegründung hinaus ist der Klägervertreter darin auf die in dem vorgenannten Vermerk genannten Daten und den damit zusammenhängenden Akteninhalt eingegangen (oben A II 2).

67

dd)Die weitere besondere Mitwirkung des Klägervertreters ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die beklagte Familienkasse in ihrer Erwiderung (ihrer Meinung nach) fehlende Beschwer einwandte und - nach Aktenlage unbelegt bzw. anscheinend ins Blaue - behauptete, die Bearbeitung des ausgesparten Zeitraums befinde sich "in Bearbeitung", während die beklagte Familienkasse überhaupt nicht (nach ihrem Standpunkt wenigstens hilfsweise) in der Sache auf das Klagebegehren sowie auf das streitursächliche innerbehördliche Datumsversehen einging (oben A II 3).

68

Nach Aktenlage erstmals im nachfolgenden gerichtlichen Erörterungstermin am 22. Oktober 2015 erhielt der Klägervertreter den Hinweis, dass über die - nach dem Vermerk vom 21. Juli 2015 und dem Schlusssatz des Bescheids vom 12. März 2015 (oben A I 1, 2) - bisher als ausreichend erachteten Unterlagen hinaus hiesige Tätigkeitsnachweise des Klägers zu ergänzen seien.

69
Die weitere besondere Mitwirkung des Klägervertreters zeigte sich daraufhin darin (oben A II 4 - 5):
aaa) dass er gleichwohl sofort Unterlagen des Klägers vorlegen konnte, anhand derer - aufgrund allseitiger Durchsicht bereits im Termin unstreitig geworden - hiesige baugewerbliche Tätigkeiten für zumindest sechs der streitigen zwölf Monate nachgewiesen waren, nämlich für November 2013, März bis Mai 2014 und Juli bis August 2014;
bbb) dass er - im Beisein des Klägers - ebenfalls sofort die wetterbedingte Inaktivität der Baustellen in den Wintermonaten erklären konnte;
ccc) dass er desgleichen den Urlaubsmonat Juni 2014 soweit erklären konnte, dass die durch die beklagte Familienkasse bevollmächtigte Prozessvertreterin der hiesigen Familienkasse diese Erklärung akzeptieren konnte;
ddd) dass er zu Protokoll mit der Beklagtenvertreterin eine Absprache traf über die Einreichung weiterer Unterlagen, Erledigungserklärung nach ggf. Abhilfe und Einverständnis mit Hamburger Kostenregelung;
eee) dass er binnen eines Monats nach Protokollerhalt den schriftlichen Nachweis über Auftragsbemühungen des Klägers in den Wintermonaten einreichte und über weitere Auftragsbemühungen und eine diesbezügliche, unbeantwortete Bestätigungsanfrage berichtete;
fff) dass er auf den die Monate November 2013 bis August 2014 umfassenden (Teil-)Abhilfebescheid vom 16. Dezember 2015 mit darauf bezogener Erledigungserklärung der beklagten Familienkasse den Rechtsstreit namens des Klägers insgesamt für erledigt erklärte, mit anderen Worten hinsichtlich der Monate September bis Oktober 2014, das heißt um 2/12 bzw. 1/6 signifikant nachgebend (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 2. 6. 2014 3 KO 110/14, EFG 2014, 1817 zu II 3 f, Juris Rz. 26).

70

4. Wie aus der vorstehenden Gesamtschau zugleich folgt,
- war die besondere Mitwirkung auch auf den Erledigungserfolg ohne förmliche Entscheidung gerichtet (oben 2 b),
- ist ein Erledigungserfolg bzw. -teilerfolg eingetreten (oben 1, 2 c) und
- war für diesen die besondere Mitwirkung wesentlich ursächlich (oben 2 d).

C.

71

Die beantragte Anordnung der einstweiligen Aussetzung der Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses gemäß § 149 Abs. 3 FGO wird abgelehnt.

I.

72

Eine einstweilige Aussetzung der Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Erinnerung erübrigt sich durch die vorstehende Zurückweisung der Erinnerung (oben B).

II.

73

Im Übrigen sind die Hauptsache oder die Kostenlast betreffende bzw. materiell-rechtliche Erinnerungs-Einwendungen bei der Vollstreckung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses unbeachtlich (vgl. Beschlüsse LG Düsseldorf vom 24.06.2013 25 T 331/13, Juris; vom 20.06.2013 25 T 332/13, Juris; vorgehend AG Düsseldorf vom 07.05.2013 667 M 661/13, Juris; FG Köln vom 16.07.1998 10 Ko 4196/98, EFG 1998, 1423; ferner zu § 148 FGO a. F. Hessisches FG vom 24.07.1968 B II 76/68, EFG 1968, 585).

III.

74

Anzuordnen war die Aussetzung der Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses gemäß § 149 Abs. 3 FGO auch nicht in Verbindung mit einer gleichzeitigen Aussetzung des Erinnerungs-Verfahrens entsprechend § 74 FGO bis zu einer Klärung der vollständigen Erledigung der Hauptsache im Hauptsacheverfahren (vgl. BFH, Beschlüsse vom 14.12.2011 X S 11/11 (PKH), BFH/NV 2012, 441; vom 13.02.2008 VIII B 215/07, BFH/NV 2008, 815; Urteile FG Berlin-Brandenburg vom 01.03.2012 10 K 1037/06 B, Datev, Juris; FG München vom 06.10.2009 13 K 1819/06, Juris).

75

1. Zwar macht die beklagte Familienkasse bezüglich der beschränkten Reichweite ihrer Hauptsache-Erledigungserklärung (oben A II 5, B I 2-3) in dem nach - "ebenfalls" - unbeschränkt - abgegebener Kläger-Erledigungserklärung (oben A II 7) entsprechend § 138 FGO ergangenen Hauptsacheerledigungs-Kostenlastbeschluss (oben A II 8) nachvollziehbar sinngemäß ein Missverständnis und damit eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geltend.

76

Zutreffend weist sie zugleich daraufhin, dass eine vollständige Erledigungserklärung ihrerseits gemäß § 138 Abs. 3 FGO mangels diesbezüglichen Hinweises und anschließenden Ablaufs von zwei Wochen Gehörsfrist auch nicht zu fingieren ist (oben A IV 1).

77

2. Jedoch kommt es gemäß Rechtsprechung für die Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht auf eine noch offene Anfechtung oder Abänderbarkeit einer Hauptsache- oder Kostenlastentscheidung an (vgl. oben II; Beschlüsse FG Köln vom 16.07.1998 10 Ko 4196/98, EFG 1998, 1423; zu § 148 FGO a. F. FG Düsseldorf vom 08.12.1966 VI 171/66 EK, EFG 1967, 142).

78

3. Davon abgesehen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Aussetzung der Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses (in Verbindung mit einer Aussetzung des Verfahrens über die Kostenfestsetzungs-Erinnerung) und fehlt erst recht ein gegenüber dem Vollziehungsinteresse überwiegendes Aussetzungsinteresse, wenn - wie hier - die Erinnerungsführerin die Erinnerung nach § 149 Abs. 2-3 FGO zur Geltendmachung einer Verletzung ihres rechtlichen Gehörs im Hauptsacheverfahren einlegt, nachdem sie die dafür im Hauptsacheverfahren eröffnete Anhörungsrüge in der dafür vorgesehenen Frist gemäß § 133a FGO versäumt hat (oben A II 9, B I 2).

79

4. Schließlich fehlt es an einem überwiegenden Aussetzungsinteresse auch deswegen, weil in dem summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 149 Abs. 3 FGO weder von der beklagten Familienkasse dargelegt und glaubhaft gemacht worden noch sonst ersichtlich ist, inwieweit oder dass überhaupt eine Änderung des materiellen Ergebnisses oder der Kostenlastquote im Hauptsacheverfahren zu erwarten ist oder denkbar ist.

80

Wie die nach nur formaler Einspruchsentscheidung (vgl. oben A I 4, B II 3 b) bloß formaljuristische Klageerwiderung sich als weder aussichtsreich noch für die Fallbearbeitung zielführend gezeigt hat (vgl. oben A II 3, 4 a, B II 3 b aa, dd), ist auch ein die beklagte Familienkasse inhaltlich interessierendes Ziel des - bisher allerdings zutreffenden - Einwands gegen den Hauptsacheerledigungs-Kostenlastbeschluss nicht ersichtlich.

81

Wie die beklagte Familienkasse selbst das Klagebegehren hinsichtlich der beiden Nichtabhilfe-Monate September-Oktober 2014 durch die insoweit bisher einseitige Kläger-Erledigungserklärung als aufgegeben betrachtet (oben A IV 1), ist durch eine Streitfortsetzung (trotz versäumter Anhörungsrüge) keine Änderung oder Kostenlast-Quotenverschiebung zu ihren Gunsten zu erwarten.

82

Vielmehr drohen nur höhere Kosten; es sei denn, die beklagte Familienkasse stimmt der diesbezüglich weitergehenden Kläger-Erledigungserklärung jetzt zu oder der Kläger nimmt anderenfalls die Klage insoweit zurück oder die Beteiligten lassen - gegenüber dem in der Sache zuständigen Spruchkörper - ihr Einverständnis mit einer entsprechend weitergehenden Auslegung ihrer bisherigen Erledigungs-Erklärungen erkennen.

D.

83

1. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

84

Gerichtskosten für das Erinnerungsverfahren sieht das GKG nicht vor.

85

2. Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 128 Abs. 2 FGO.

86

3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 149 Abs. 3 und Abs. 4, § 79a Abs. 1 Nr. 5 FGO durch den Vorsitzenden und Berichterstatter des gemäß FG-Geschäftsverteilung zuständigen Kostensenats.

Tatbestand

1

I. 1. Den Streitwert für das erledigte Verfahren 3 V 99/12 setzt das Gericht gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1-2 GKG von Amts wegen im Beschlusswege fest, weil es dies für angemessen hält.

2

2. Die Höhe des Streitwerts wird gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag für die Antragsteller ergebenden Bedeutung nach Ermessen bestimmt.

3

Dabei wird der Streitwert für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aus dem Wert bzw. der Bedeutung des Hauptsacheverfahrens abgeleitet.

4

3. Im Hauptsacheverfahren, das sich zum Zeitpunkt der Erledigung des vorliegenden Verfahrens noch im Einspruchsstadium befand und inzwischen auch im Klageverfahren 3 K 34/14 am 8. Mai 2014 abgeschlossen worden ist, ging es um die Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Erbschaftsteuer (§§ 151, 157, 176 f., 180 ff. BewG, § 12 Abs. 3 ErbStG).

5

Für derartige Grundbesitz-Bedarfswertfeststellungen wird der Streitwert bei festgestellten Grundstückswerten bis einschließlich 512.000 Euro auf 10 % der streitigen Wertdifferenz festgesetzt und darüber hinaus bei festgestellten Grundstückswerten bis einschließlich 12.783.000 Euro auf 20 % der streitigen Wertdifferenz.

6

Der vorliegende AdV-Antrag vom 14. Juni 2012 richtete sich darauf, die Vollziehung der Grundbesitzwert-Feststellung vom 30. Januar 2012 von 1.193.625 Euro auszusetzen in Höhe von 587.875 Euro (vgl. FG-A 3 V 99/12 Bl. 1); mit anderen Worten wurde eine Herabsetzung des Grundbesitzwerts von 1.193.635 Euro um 587.885 Euro auf 605.750 Euro begehrt (FG-A 3 V 99/12 Bl. 88). Ausgehend von der streitigen Grundbesitzwert-Differenz würde sich ein Hauptsache-Streitwert mit 20 % von 587.885 Euro auf 117.577 Euro belaufen (wie bereits im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11. April 2014 ausgeführt, FG-A 3 V 99/12 Bl. 134).

7

4. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist seit Jahrzehnten streitig, in welchem Verhältnis der Streitwert des vorläufigen Rechtsschutzes zum Streitwert der Hauptsache steht. Für das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (AdV) nach § 69 FGO wird der Streitwert teils mit 10 % des Hauptsachestreitwerts bemessen und teils mit 25 % (vgl. Beschlüsse FG Hamburg vom 20.07.2012 4 V 13/12, Juris; vom 15.04.2008 4 V 371/07, EFG 2008, 1667; BFH vom 17.11.2011 IV S 15/10, BFHE 235, 122, BStBl II 2012, 338; jeweils m. w. N.).

8

5. Der Senat folgt in seiner Praxis der Streitwertbemessung nicht einseitig der einen oder anderen Auffassung, sondern beurteilt die Bedeutung des AdV-Verfahrens danach, ob es einerseits nur wegen ernstlicher Zweifel und zwecks Hinausschiebens der Steuerzahlung geführt wird oder aber andererseits durch Gericht und die Beteiligten mit dem Ziel genutzt wird, bereits grundsätzliche oder schwierige Fragen der Hauptsache zu klären und weiteren Streit in der Hauptsache zu vermeiden.

9

6. Auch wenn letztere Fälle nicht die Regel sind, handelt es sich vorliegend um ein solches allseits arbeitsintensiv mit dem Ziel geführtes Verfahren, sogleich den Grundbesitzwert mit mündlichem Gutachten und richterlicher Augenscheinseinnahme vor Ort möglichst durch tatsächliche Verständigung zu bestimmen und weiteren Streit in der Hauptsache zu vermeiden. Dementsprechend wird der Streitwert hier mit 25 % des Hauptsachestreitwerts 117.577 Euro festgesetzt auf 29.394,25 Euro (statt 10 % bzw. 11.757 Euro).

Entscheidungsgründe

10

II. 1. In dem an den 3. Senat als Kostensenat gelangten Verfahren der Erinnerung 3 KO 110/14 gemäß § 149 i. V. m. § 139 FGO über die Festsetzung der vom Finanzamt (FA) den Antragstellern zu erstattenden Anwaltskosten können letztere in Folge der vorstehenden Streitwertheraufsetzung heraufgesetzt werden, soweit es dadurch nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des - in Höhe von 5.502,92 Euro (FG-A 3 V 99/12 Bl. 123) gestellten - Antrags des Kostengläubigers kommt (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 11.07.2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157 m. w. N.).

11

2. Nach beiderseitiger Erledigungserklärung und gemäß § 138 FGO ergangener Kostenentscheidung vom 11. Dezember 2013 zu Lasten des FA (FG-A 3 V 99/12 Bl. 122) sind allein aufgrund des auf 29.394,25 Euro heraufgesetzten Streitwerts bereits folgende dem Grunde nach unstreitigen Kosten i. S. v. § 139 FGO i. V. m. §§ 2, 13 RVG erstattungsfähig, wobei für den Streitwert gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG i. V. m. Anlage 2 eine 1,0 Gebühr als Ausgangs-Rechengröße 863,00 Euro betragen würde:

12

    1,6 Verfahrensgebühr

Nr. 3200 RVG-VV    1.380,80

    1,2 Terminsgebühr

  Nr. 3202 RVG-VV    1.035,60

    Kommunikationspauschale

       Nr. 7002 RVG-VV        20,00

    Zwischensumme

     2.436,40

    Umsatzsteuer

        462,92

    Gesamt

     2.899,32

13

3. Darüber hinaus wird den Antragstellern die beantragte Erstattung einer anwaltlichen Erledigungsgebühr gewährt, allerdings nur gemäß Nr. 1002, 1003 RVG in Höhe einer 1,0-fachen Gebühr.

14

a) Es trifft zu, dass die Erledigungsgebühr auch im AdV-Verfahren gemäß § 69 FGO - wie im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO - entstehen kann (Änderung der Rechtsprechung durch FG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, EFG 2011, 1468, NVwZ-RR 2011, 463 m. w. N.).

15

b) Gegeben ist insbesondere auch die für die Erledigungsgebühr vorausgesetzte, besondere auf die Erledigung gerichtete Mitwirkung des Anwalts (vgl. Beschlüsse FG Hamburg vom 11.07.2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157; vom 19.04.2011 3 KO 24/11, Juris; jeweils m. w. N.).

16

Im Ortstermin am 29. Oktober 2012 hat nämlich nach richterlicher Augenscheinseinnahme und im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Begutachtung durch den Sachverständigen der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller gegenüber dem Gericht in Zusammenarbeit mit dem (damaligen) Vertreter des FA am Zustandekommen einer tatsächlichen Verständigung mitgewirkt (vgl. Beschlüsse FG Hamburg vom 24.09.2013 3 KO 172/13, Juris Rz. 27, 32; vom 14.02.2011 3 KO 197/10, DStRE 2011, 1159, Juris Rz. 16; jeweils m. w. N.).

17

Diese belief sich anstelle der Beträge des Bescheids 1.193.635 Euro und des AdV-Antrags 605.750 Euro nunmehr orientiert an der Begutachtung auf einen "Gesamtwert" von 650.000 Euro und bezog sich als "tatsächliche Verständigung" nicht nur auf das AdV-Verfahren, sondern - wie überdies ausdrücklich protokolliert - auch auf die seinerzeit noch im Einspruchsverfahren schwebende Hauptsache. Zugleich wurde eine Gesamteinigung getroffen, indem auch das weitere Verfahren 3 K 175/12 beiderseits für erledigt erklärt und ein umfassender Kostenvergleich geschlossen wurde (Protokoll S. 10, FG-A 3 V 99/12 Bl. 59).

18

c) Trotz binnen drei Wochen vorbehaltenen und vom FA fristgerecht am 15. November 2012 erklärten Widerrufs der Einigung (FG-A 3 V 99/12 Bl. 75 ff.) ist es doch noch zur wirksamen Erledigung gekommen, wie sie für die Erledigungsgebühr als Tätigkeits- und Erfolgsgebühr erforderlich ist (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24.09.2013 3 KO 172/13, Juris Rz. 26;).

19

d) Dass die Initiative für die nachfolgende endgültige Erledigung des AdV-Verfahrens vom FA ausging, beseitigt nicht den für die Erledigungsgebühr vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen der besonderen auf die Erledigung gerichteten Mitwirkung und der Erledigung, mit anderen Worten die Kausalität zwischen Tätigkeit und Erfolg (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, DStRE 2011, 1159, Juris Rz. 17 m. w. N.).

20

aa) Zwar hat nach dem Einigungs-Widerruf zunächst das FA mit Email vom 29. November 2012 dem Antragsteller-Rechtsanwalt eine Teilabhilfe durch AdV in Höhe einer Grundbesitz-Wertdifferenz von 543.625 Euro mitgeteilt (FG-A 3 V 99/12 Bl. 82), die einem Grundbesitzwert von (1.193.635 ./. 543.625 =) 650.000 Euro entspricht und mit AdV-Bescheid vom selben Tage nachfolgend per Post übermittelt wurde (FG-A 3 V 99/12 Bl. 88).

21

bb) Auch wenn die AdV-Teilabhilfe auf den Wert 650.000 Euro mit insoweit durch die Begutachtung begründeten ernstlichen Zweifeln am angefochtenen Bescheid erklärbar ist, besteht der Zusammenhang mit der vorherigen Erledigungsmitwirkung fort.

22

Die Teilabhilfe entspricht nämlich zugleich der ursprünglichen Verständigung im Ortstermin vom 29. Oktober 2012 (oben b). Daraus erklärt sich auch der weitere Inhalt der Email des (damaligen) FA-Vertreters vom 29. November 2012 (FG-A 3 V 99/12 Bl. 82):
"Damit sollte sich das AdV-Verfahren m.E. erledigt haben. ... Wir können ... miteinander telefonieren".

23

Auf diesem Weg wurde trotz Eingrenzung auf die AdV-Teilabhilfe an die bei der vorherigen Gesamteinigung gezeigten besonderen Einigungsbemühungen angeknüpft, und zwar mit der Erwartung fortbestehender Einigungsbereitschaft für den reduzierten Einigungsumfang.

24

cc) Diese Erwartung des FA wurde am selben Tag durch die binnen weniger als drei Stunden per Fax durch den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller erklärte Erledigung des AdV-Verfahrens gemäß Teilabhilfe bestätigt (FG-A 3 V 99/12 Bl. 83 ff.).

25

e) Für den mit der besonderen Einigungsmitwirkung zusammenhängenden Erledigungserfolg im vorliegenden Verfahren genügt dessen beiderseitige Erledigung in Übereinstimmung mit der vorherigen tatsächlichen Verständigung auch ohne Einbeziehung der Einspruchs-Hauptsache, des weiteren Verfahrens 3 K 175/12 und der Kosten.

26

f) Schon in Anbetracht der vorbeschriebenen Besonderheiten mit der weitgehenden Einigungsbemühung und -bereitschaft der Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten und in Anbetracht des selbst nach Reduzierung des Einigungsumfangs durch das FA noch signifikanten Nachgebens auch der Antragsteller kommt es hier nicht auf die - bisher von anderen Finanzgerichten nicht aufgegriffene - Rechtsprechung des FG Köln zur Entstehung der Erledigungsgebühr bei mehr als 10 % Nachgeben an (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 28.02.2011 10 Ko 1119/10, EFG 2011, 1545; vom 17.06.2009 10 Ko 4491/08, EFG 2009, 1597).

27

4. Abweichend vom Antrag beläuft sich die Höhe der Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002, 1003 nur auf eine 1,0-fache Gebühr. Nicht einschlägig ist die 1,3-fache Gebühr gemäß Nr. 1004 RVG-VV i. V. m. Vorbem. 3.2.1 RVG-VV. Dort wird nämlich nicht auf die in Vorbem. 3.2.1 unter Ziff. 1 genannten finanzgerichtlichen Verfahren verwiesen, sondern ausdrücklich nur auf die "in den Vorbemerkungen 3.2.1 und 3.2.2 genannten Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren." Zu letzteren gehört das erstinstanzliche finanzgerichtliche Verfahren nicht (Beschlüsse FG Köln vom 11.07.2012 10 Ko 930/12, EFG 2012, 2236; FG Saarland vom 15.06.2012 2 KO 1089/12, EFG 2012, 1880; FG Düsseldorf vom 02.01.2012 10 Ko 2007/11 KF, Juris; Hessisches FG vom 10.08.2011 10 KO 690/11, EFG 2012, 547; FG Münster vom 07.06.2010 9 Ko 647/10 KFB, EFG 2010, 2021; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. A., VV Nr. 1003, 1004 Rz. 56).

28

5. Danach sind den Antragstellern im Rahmen des Kostenfestsetzungsantrags von 5.502,92 Euro (oben 1, FG-A 3 V 99/12 Bl. 123) nach obigem Streitwert 29.394,25 Euro und einschließlich Erledigungsgebühr insgesamt folgende Kosten zu erstatten:

29

   Zwischensumme aus Verfahrens- und Erledigungsgebühr (oben 2, netto vor Umsatzsteuer)

2.436,40

   1,0 Erledigungsgebühr   Nr. 1003 RVG-VV

   863,00

   neue Zwischensumme

 3.299,40

   Umsatzsteuer

    626,89

   Gesamt

 3.926,29

III.

30

1. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens werden im Verhältnis des Teil-Obsiegens der Antragsteller und des Teil-Unterliegens des FA entsprechend § 136 FGO verteilt.

31

2. Gerichtskosten für das Erinnerungsverfahren sieht das GKG-Kostenverzeichnis nicht vor.

32

2. Die Unanfechtbarkeit folgt für den Streitwertbeschluss 3 V 99/12 aus § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und für den Beschluss über die Kostenerinnerung 3 KO 110/14 aus § 128 Abs. 4 FGO.

33

3. Der Streitwertbeschluss 3 V 99/12 ergeht durch den Einzelrichter der AdV-Sache gemäß Übertragung nach § 6 FGO.

34

4. Der Beschluss über die Kostenerinnerung 3 KO 110/14 ergeht dementsprechend im 3. Senat als Kostensenat ebenfalls durch den dort zuständigen Einzelrichter gemäß § 6 FGO (vgl. Beschlüsse FG Baden-Württemberg vom 10.03.2011 11 KO 5287/08, Juris; FG Hamburg vom 02.12.2010 3 KO 194/10, NJW-RR 2011, 720; FG Sachsen-Anhalt vom 23.08.2005 4 KO 888/05, Juris).

Tatbestand

1

A. Streitig ist, ob aufgrund besonderer Mitwirkung der Prozessbevollmächtigten des Klägers bei der Erledigung des Klageverfahrens eine Erledigungsgebühr verdient und zu erstatten ist.

I.

2

1. Die Klage richtete sich gegen die Inanspruchnahme eines Lkw-Fahrers als Zollschuldner für Diesel in einem Zweit- oder Zusatztank gemäß § 15 Abs. 2 EnergieStG durch das beklagte Hauptzollamt. Die Klagebegründung umfasste neben der Wiedergabe des Sachverhalts u. a. Entscheidungen verschiedener Finanz- und Amtsgerichte sowie Verwaltungsschreiben zur Nichtinanspruchnahme der Fahrer neben dem Unternehmer beim Auswahlermessen.

3

2. Auf Vorschlag des beklagten Hauptzollamts und mit Zustimmung der Klägerseite ruhte das Verfahren gemäß Beschluss vom 20.03.2013 im Hinblick auf die anhängigen gleichgelagerten Verfahren 4 K 174/12 (= 4 K 181/14) und 4 K 176/12 (= 4 K 182/14A).

4

3. Letztere ruhten gemäß nachfolgenden Beschlüssen im Hinblick auf die EuGH-Vorlage des FG Düsseldorf vom 18.03.2013 4 K 3691/12 VE an den EuGH C-152/13 "Holger Forstmann Transporte GmbH & Co KG / Hauptzollamt Münster" zur Auslegung des Begriffs "Hauptbehälter" in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96/EG.

5

4. Mit Schriftsatz vom 22.08.2013 übersandten die Prozessbevollmächtigten des Klägers umfangreiche unveröffentlichte weitere Rechtsprechung und Verwaltungsschreiben zur Nichtinanspruchnahme der Lkw-Fahrer unabhängig von der Zusatztank-Frage und forderten sie das beklagte Hauptzollamt zwecks Vermeidung unnötiger Kosten zur Abhilfe auf.

6

5. Das beklagte Hauptzollamt antwortete unter dem 23.09.2013, dass es "aus grundsätzlichen Erwägungen" an der Verfahrensruhe festhalte.

7

6. Nahezu ein Jahr später legte der EuGH mit Urteil vom 10.09.2014 C-152/13 den Begriff Hauptbehälter dahin aus, dass darunter nicht notwendig vom Hersteller, aber fest zur unmittelbaren Kraftstoffversorgung für das Nutzfahrzeug eingebaute Tanks fallen (ZfZ 2014, 301).

8

7. "Vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH" erklärte das beklagte Hauptzollamt das Klageverfahren unter dem 30.10.2014 für erledigt und reichte es unter dem 05.11.2014 die Erklärung der Abhilfe und Bescheid-Aufhebung nach.

9

8. Nach Erledigungserklärung der Kläger-Prozessbevollmächtigten entschied das FG über die Kosten gemäß § 138 Abs. 2 FGO zu Lasten des beklagten Hauptzollamts und erklärte es antragsgemäß die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig.

II.

10

Nach Kostenfestsetzungsantrag vom 27.11. (eingegangen 01.12.) 2014 hat die Urkunds- und Kostenbeamtin diesen hinsichtlich der begehrten Erledigungsgebühr nach Hinweisschreiben vom 02.12. mit Beschluss vom 08.12.2014 zurückgewiesen. Als besondere Mitwirkung bei der Erledigung komme nur eine Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten in Betracht, die die materielle Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil herbeiführe.

III.

11

Mit Erinnerung vom 11. (eingegangen 12.) 12.2014 tragen die Kläger-Prozessbevollmächtigten vor:

12

Der Rechtsstreit sei erledigt durch die auf den besonderen Erfolg der Erledigung ohne förmliche Entscheidung gerichtete Mitwirkung.

13

Die Klage sei ausführlich unter Hinweis auf den Widerspruch zum europäischen Recht begründet worden. Aus zahlreichen Verfahren sei die Bitte der unterzeichnenden Prozessbevollmächtigten um eine EuGH-Vorlage bekannt gewesen. Sie habe sich ausweislich beigefügter umfangreicher Korrespondenz mit der Verwaltung durch über das normale Maß hinausgehende Mitwirkung bemüht.

Entscheidungsgründe

14

B. I. Die gemäß § 149 Abs. 2 FGO zulässige Erinnerung ist unbegründet.

15

In Übereinstimmung mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss ist die Erledigungsgebühr schon deswegen nicht nach § 139 FGO erstattungsfähig, weil sie gemäß RVG-VV Nr. 1003 nicht entstanden ist (ebenso wenig wie nach Nr. 1002 oder wie eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000; vgl. FG Hamburg vom 14.04.2011 3 KO 197/10, Juris).

16

1. Die Erledigungsgebühr erfordert nach ständiger Rechtsprechung als Tätigkeits- und Erfolgsgebühr (vgl. z. B. FG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, EFG 2011, 1468, DStRE 2011, 1159, NVwZ-RR 2011, 463, II 2, Juris Rz. 17 m. w. N.)
- eine über die mit den anderen Gebühren abgegoltenen Tätigkeiten hinausgehende besondere Mitwirkung (vgl. z. B. FG Hamburg, Beschlüsse vom 24.09.2013 3 KO 172/13, Juris m. w. N.; vom 19.04.2011 3 KO 24/11, Juris),
- die auf den Erfolg der Erledigung ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist (vgl. z. B. Sächsisches FG, Beschluss vom 13.10.2014 8 Ko 1091/14, Juris m. w. N.);
- den Eintritt des Erledigungs-Erfolgs durch Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsakts,
- eine wesentliche Ursächlichkeit der vorbezeichneten besonderen Mitwirkung für den Erledigungs-Erfolg (vgl. z. B. Beschlüsse FG Mecklenburg-Vorpommern vom 01.06.2010 2 Ko 4/10, EFG 2010, 1447; FG Saarland vom 14.11.2005 2 S 335/05, EFG 2006, 926).

17

2. Die Prozessbevollmächtigten haben sich zwar, ungeachtet des geringen Werts, weit überobligatorisch, qualifiziert und anhaltend in ganz besonderem Maße - und wie durch die Rechtsprechung bestätigt auch in jeder Hinsicht zu Recht - um die Abhilfe-Erledigung für den Kläger und Lkw-Fahrer bemüht.

18

Insbesondere gehören dazu die Recherchen und eingereichten Unterlagen über im Zusammenhang interessierende oder vergleichbar gelagerte, für das Gericht und den Beklagten vorher nicht ohne weiteres ersichtliche Verwaltungsvorgänge oder -schreiben, Gerichtsverfahren oder unveröffentlichte Entscheidungen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2013 B 11 AL 15/12 R, NZS 2014, 239).

19

3. Im Streitfall fehlt es für die Erledigungsgebühr jedoch an der Voraussetzung der Kausalität der besonderen Mitwirkung für den eingetretenen Abhilfe-Erfolg.

20

Nachdem das beklagte Hauptzollamt auf den Schriftsatz vom 22.08.2013 aus grundsätzlichen Erwägungen an der Verfahrensruhe festgehalten (oben A I 5) und erst ein Jahr später nach dem EuGH-Urteil vom 10.09.2014 C-152/13 abgeholfen hat (oben A I 6-7), spricht für die Ursächlichkeit der im Schriftsatz vom 22.08.2013 ausgewiesenen Bemühungen auch keine tatsächliche Vermutung (vgl. zu letzterer OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.09.2013 1 E 876/13, NVwZ-RR 2013, 1021).

II.

21

Zuständig für die Entscheidung über die Erinnerung ist der Berichterstatter gemäß § 149 Abs. 4 i. V. m. § 79a Abs. 1 Nr. 5 FGO (vgl. Beschlüsse FG Münster vom 7. Juni 2010 9 Ko 647/10 KFB, EFG 2010, 2021 m. w. N.; BVerwG vom 13. März 1995 4 A 1/92, NJW 1995, 2179 zu II 1 zur Parallelvorschrift § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 79a FGO Rd. 82 jeweils m. w. N.); hier der Berichterstatter des durch die Geschäftsverteilung des FG bestimmten Kostensenats (Beschlüsse FG Hamburg vom 19.04.2011 3 KO 24/11, Juris; vom 14. April 2011 3 KO 197/10, Juris; vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 149 Rd. 21).

22

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens beruht auf § 135 Abs. 1, § 139 Abs. 2 FGO.

23

Die Entstehung von Gerichtskosten für die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung sieht das Gesetz nicht vor.

24

Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Die den Beteiligten zu erstattenden Aufwendungen werden auf Antrag von dem Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt.

(2) Gegen die Festsetzung ist die Erinnerung an das Gericht gegeben. Die Frist für die Einlegung der Erinnerung beträgt zwei Wochen. Über die Zulässigkeit der Erinnerung sind die Beteiligten zu belehren.

(3) Der Vorsitzende des Gerichts oder das Gericht können anordnen, dass die Vollstreckung einstweilen auszusetzen ist.

(4) Über die Erinnerung entscheidet das Gericht durch Beschluss.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.