Bundesverwaltungsgericht Urteil, 30. Sept. 2015 - 6 C 38/14

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2015:300915U6C38.14.0
bei uns veröffentlicht am30.09.2015

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte die Wohnung seiner Ehefrau, von der er getrennt lebt, als Hauptwohnung der beiden minderjährigen Kinder im Melderegister eingetragen hat.

2

Der Kläger zog im Februar 2011 aus der Familienwohnung in E. aus und bezog dort eine eigene Wohnung. Das Sorgerecht für die in den Jahren 2000 und 2003 geborenen Söhne steht dem Kläger und seiner zu dem Verfahren beigeladenen Ehefrau gemeinsam zu. Sie haben vereinbart, dass die Kinder die Wohnungen beider Eltern genau gleichviel bewohnen (paritätisches Wechselmodell). Die Beklagte trug die bisherige Familienwohnung als Hauptwohnung der Kinder, die neue Wohnung des Klägers als deren Nebenwohnung in das Melderegister ein. Nachdem es die Beklagte abgelehnt hatte, diese Eintragungen zu ändern, hat der Kläger Klage mit den Anträgen erhoben, die Beklagte zu verpflichten, ab dem 15. Februar 2011 beide Wohnungen als Hauptwohnungen der Kinder, hilfsweise beide Wohnungen ohne Bezeichnung als Haupt- oder Nebenwohnung im Melderegister einzutragen. Während des Berufungsverfahrens ist zunächst die Beigeladene im September 2012 innerhalb E. umgezogen, dann ist der Kläger im April 2013 in die frühere Familienwohnung in E. gezogen.

3

Die Klage auf Berichtigung des Wohnungsstatus der Kinder im Melderegister hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. In dem Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei berechtigt, Ansprüche der Kinder auf Berichtigung ihrer Wohnungsdaten im Melderegister in eigenem Namen geltend zu machen. Diese Prozessstandschaft folge aus der landesgesetzlich bestimmten Pflicht eines sorgeberechtigten Elternteils, den Einzug eines noch nicht sechzehnjährigen Kindes in seine Wohnung und dessen Auszug zu melden. Die Ansprüche bestünden jedoch nicht, weil die Beklagte die Wohnung der Beigeladenen zutreffend als Hauptwohnung eingetragen habe. Der meldegesetzliche Grundsatz, dass eine von mehreren Wohnungen Hauptwohnung, die andere Wohnung Nebenwohnung sein müsse, gelte uneingeschränkt. Danach sei die Eintragung zweier Wohnungen als Hauptwohnung gesetzlich ausgeschlossen. Benutze ein Minderjähriger die Wohnungen seiner getrennt lebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern zeitlich genau gleichviel und lasse sich auch nicht feststellen, wo der Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen liege, müssten die Eltern die Hauptwohnung einvernehmlich bestimmen. Komme eine Einigung nicht zustande, bestehe kein Anspruch auf Berichtigung des eingetragenen Wohnungsstatus, weil der Nachweis der Unrichtigkeit nicht geführt werden könne.

4

Mit der Revision trägt der Kläger unter anderem vor, die gesetzlichen Kriterien für die Bestimmung einer Wohnung als Hauptwohnung erfassten das paritätische Wechselmodell nicht. Diese Gesetzeslücke dürfe nicht durch die Anwendung eines gesetzlich nicht vorgesehenen Bestimmungskriteriums geschlossen werden. Die Eintragung einer Hauptwohnung ohne gesetzliche Grundlage sei grundrechtswidrig. Eine solche Eintragung sei auch nicht erforderlich, wenn die von einem Minderjährigen gleichviel benutzten Wohnungen beider Elternteile in einer Gemeinde lägen. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Hauptwohnung der Kinder verfahrensfehlerhaft durch die Anwendung einer Beweislastregel bestimmt, obwohl der entscheidungserhebliche Sachverhalt erschöpfend aufgeklärt worden sei.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

6

Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht, nämlich des Bayerischen Meldegesetzes vom 8. Dezember 2006 - BayMG - (GVBl. S. 990). Die tragenden rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs sind revisionsgerichtlich daraufhin nachzuprüfen, ob sie mit den bundesrahmenrechtlichen Vorgaben des Melderechtsrahmengesetzes - MRRG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3458), vereinbar sind (BVerwG, Urteile vom 20. März 2002 - 6 C 12.01 - NJW 2002, 2579 und vom 21. Juni 2006 - 6 C 5.05 - BVerwGE 126, 140 Rn. 16).

7

Das Melderechtsrahmengesetz, das der Bundesgesetzgeber aufgrund seiner mit Wirkung ab 1. September 2006 aufgehobenen Rahmenkompetenz für das Meldewesen nach Art. 75 Nr. 5 GG a.F. erlassen hat, gilt nach Art. 125b Abs. 1 Satz 1 GG noch bis zum Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1084) am 1. November 2015 fort. Es hat eine Verpflichtung der Länder zur Anpassung ihrer Landesmeldegesetze begründet (vgl. § 23 Abs. 1 MRRG). Soweit der Bundesgesetzgeber von einer durch die Rahmenkompetenz gedeckten Befugnis zum Erlass inhaltlich abschließender melderechtlicher Regelungen Gebrauch gemacht hat, sind die Landesgesetzgeber verpflichtet gewesen, diese Regelungen inhaltlich unverändert in das Landesmeldegesetz zu übernehmen. Hierzu gehören die Regelungen des Melderechtsrahmengesetzes, die sich mit dem Innehaben mehrerer Wohnungen befassen (BVerwG, Urteil vom 20. März 2002 - 6 C 12.01 - NJW 2002, 2579).

8

1. Nach § 7 Nr. 2, § 9 Satz 1 MRRG haben die Landesgesetzgeber Betroffenen gegenüber der Meldebehörde ein Recht auf Berichtigung oder Ergänzung einzuräumen, wenn das Melderegister unrichtig oder unvollständig ist. Betroffener ist derjenige, zu dessen Person die Daten und Hinweise gespeichert sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 MRRG). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 MRRG gehören zu diesen personenbezogenen Daten gegenwärtige und frühere Anschriften sowie Haupt- und Nebenwohnung. Das bayerische Meldegesetz hat diese Regelungen inhaltsgleich umgesetzt (Art. 8 Nr. 2; Art. 10 Abs. 1 Satz 1; Art. 9 Abs. 1 Nr. 1; Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayMG). Danach können nur den Kindern des Klägers, nicht aber dem Kläger selbst, Ansprüche auf Berichtigung des melderechtlichen Status der von den Kindern genutzten Wohnungen zustehen. Melderechtlich sind nur die Kinder Betroffene, weil es sich bei den Eintragungen um Daten zu ihrer Person handelt.

9

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Kläger für berechtigt gehalten, Ansprüche seiner Kinder im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft im eigenen Namen zu verfolgen. Er hat der Regelung des Art. 13 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz BayMG, der den Wohnungsinhaber zur Meldung des Ein- und Auszugs einer seiner Personensorge unterliegenden, noch nicht sechzehnjährigen Person verpflichtet, zugleich dessen Befugnis entnommen, im eigenen Namen auf eine Berichtigung der Wohnungsdaten des Minderjährigen im Melderegister hinzuwirken (gesetzliche Prozessstandschaft). An diese Auslegung des Landesmeldegesetzes ist der Senat gebunden, weil sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Melderechtsrahmengesetz nicht stellt. Dieses enthält keine entsprechende Regelung über die Meldepflicht personensorgeberechtigter Wohnungsinhaber. In der weiten Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs stellt Art. 13 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz BayMG eine andere gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO dar, die eine Klage ohne Betroffenheit in eigenen Rechten zulässt. Die Landesgesetzgeber sind befugt, derartige Regelungen zu treffen (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1993 - 7 A 3.92 - BVerwGE 92, 263 <264>).

10

2. Ein Anspruch auf Berichtigung des Melderegisters nach § 7 Nr. 2, § 9 Satz 1 MRRG (Art. 8 Nr. 2, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayMG) besteht unter zwei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen: Nach dem Wortlaut des § 9 Satz 1 MRRG (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayMG) muss zum einen ein Datum im Melderegister unrichtig oder unvollständig eingetragen sein. Dies ist der Fall, wenn der Inhalt des Melderegisters nicht den melderechtlichen Vorschriften entspricht. Hinzukommen muss, dass der Anspruch darauf gerichtet ist, anstelle des unrichtigen Datums das richtige, d.h. das melderechtsgemäße Datum einzutragen. Es gibt keinen Anspruch, eine unrichtige Eintragung durch eine andere, ebenfalls unrichtige Eintragung zu ersetzen. Durch eine derartige Eintragung würde das Melderegister nicht berichtigt, d.h. melderechtlich richtig gestellt, vielmehr würde seine Unrichtigkeit fortgeschrieben. Der Berichtigungsanspruch des Betroffenen tritt neben die von Amts wegen bestehende Pflicht der Meldebehörde, die Richtigkeit des Melderegisters von Amts wegen sicherzustellen (§ 4a Abs. 1 Satz 1 MRRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayMG).

11

Im vorliegenden Fall ist keine der beiden Anspruchsvoraussetzungen gegeben: Die vom Kläger angestrebten Eintragungen sowohl seiner Wohnung als auch der Wohnung der Beigeladenen jeweils als Hauptwohnung der Kinder, hilfsweise die Eintragungen beider Wohnungen ohne Bezeichnung als Haupt- oder Nebenwohnung, würden das Melderegister unrichtig machen, weil sie melderechtlich zwingend ausgeschlossen sind (unter 3.). Ungeachtet dessen gibt das Melderegister die Wohnungsdaten der Kinder jedenfalls für die Zeit zwischen dem Auszug des Klägers aus der Familienwohnung im Februar 2011 und dem Umzug der Beigeladenen im September 2012 richtig wieder. Die Eintragungen der von der Beigeladenen weitergenutzten früheren Familienwohnung als Hauptwohnung und der Wohnung des Klägers als Nebenwohnung stehen in Einklang mit den melderechtlichen Bestimmungen (unter 4.).

12

3. a) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist nach § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung. Diesen bindend vorgegebenen melderechtlichen Grundsatz hat der Landesgesetzgeber in Art. 15 Abs. 1 BayMG wortgleich umgesetzt. Die Bedeutung dieser Regelungen erschließt sich ohne weiteres aus ihrem eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Wortlaut: Zum einen ist es gesetzlich ausgeschlossen, dass ein Einwohner mit mehreren Wohnungen im Inland mehr als eine Hauptwohnung hat. Zum anderen muss eine der Wohnungen die Hauptwohnung sein.

13

Dieser sich aus dem Gesetzeswortlaut ergebende Regelungsinhalt ergibt sich auch aus Gesetzessystematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte der Bestimmungen. Das vorrangige gesetzliche Kriterium der vorwiegenden Benutzung für die Bestimmung der Hauptwohnung ist ebenso wie das Hilfskriterium des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen darauf angelegt, dass es nur in Bezug auf eine von mehreren Wohnungen erfüllt sein kann (§ 12 Abs. 2 MRRG, Art. 15 Abs. 2 BayMG). Der Normzweck geht aus den Gesetzesmaterialien hervor: Der Bundesgesetzgeber hält den Grundsatz "ein Einwohner, eine Hauptwohnung" für erforderlich, um mit der Hauptwohnung einen eindeutigen, leicht feststellbaren und zugleich den Lebensverhältnissen des Einwohners entsprechenden Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit zahlreicher Behörden sowie für Rechte und Pflichten festzulegen, welche an die Wohnung gebunden sind (vgl. BT-Drs. 8/3825 S. 20 und 31). Wie der Vertreter des Bundesinteresses dargelegt hat, dient die Eintragung einer Hauptwohnung im Melderegister bei der Benutzung mehrerer Wohnungen der einfachen Bestimmung der behördlichen Entscheidungszuständigkeiten im Pass-, Personalausweis-, Staatsangehörigkeits-, Ausländer-, Personenstands- und Schulrecht sowie für die Gewährung staatlicher und kommunaler Leistungen. Auch knüpfen statistische Erhebungen zur Feststellung der Einwohnerzahlen, deren Ergebnisse etwa für den Länderfinanzausgleich, den kommunalen Finanzausgleich und für staatliche Planungen ausschlaggebend sind, an die Hauptwohnung an, um Verzerrungen durch die mehrfache Erfassung von Einwohnern zu vermeiden. Dementsprechend behält das ab dem 1. November 2015 geltende Bundesmeldegesetz den Grundsatz "ein Einwohner, eine Hauptwohnung" in der bisherigen Form bei.

14

Dass dieser gesetzliche Grundsatz auch für minderjährige Einwohner gilt, die mehrere Wohnungen benutzen, folgt aus den meldegesetzlichen Regelungen, die sich eigens mit der Bestimmung der Hauptwohnung minderjähriger Einwohner befassen (§ 12 Abs. 2 Satz 3 MRRG; Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayMG).

15

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG (Art. 15 Abs. 1 BayMG) ist die Bestimmung einer von mehreren Wohnungen als Hauptwohnung auch dann erforderlich, wenn die Wohnungen in einer politischen Gemeinde liegen. Das Melderechtsrahmengesetz enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Grundsatz "ein Einwohner, eine Hauptwohnung" für diese Fallgestaltung nicht gilt.

16

Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG (Art. 15 Abs. 1 BayMG) und seines Normzwecks kann auf die Bestimmung einer von mehreren Wohnungen eines Einwohners im Inland als Hauptwohnung auch dann nicht verzichtet werden, wenn die gesetzlichen Bestimmungskriterien der vorwiegenden Benutzung und des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen (§ 12 Abs. 2 MRRG; Art. 15 Abs. 2 BayMG) nicht greifen. Dies ist der Fall, wenn der Einwohner keine Wohnung vorwiegend, sondern mehrere Wohnungen zeitlich genau gleichviel benutzt und nicht festgestellt werden kann, dass der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen an einem Wohnungsort liegt. Die gesetzlich angeordnete uneingeschränkte Geltung des meldegesetzlichen Grundsatzes "ein Einwohner, eine Hauptwohnung" soll die Funktion des Melderegisters als zentrale Informationsquelle für eine Vielzahl von Behörden und Anknüpfungspunkt für zahlreiche Verwaltungshandlungen in den verschiedensten Verwaltungsbereichen sicherstellen. Daher muss die Hauptwohnung unter Berücksichtigung der meldegesetzlichen Wertungen bestimmt werden, wenn die gesetzlichen Bestimmungskriterien nicht weiterführen (vgl. unter 4.).

17

b) Der Grundsatz "ein Einwohner, eine Hauptwohnung" wird nach § 12 Abs. 3 MRRG, dem Art. 15 Abs. 3 BayMG wörtlich entspricht, durch den weiteren meldegesetzlichen Grundsatz ergänzt, dass jede weitere Wohnung des Einwohners Nebenwohnung ist. Auch die Bedeutung dieser Regelung ergibt sich aus dem eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Wortlaut: Jede Wohnung eines Einwohners, die nicht seine Hauptwohnung ist, muss als Nebenwohnung in das Melderegister eingetragen werden. Daraus folgt in Verbindung mit der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG (Art. 15 Abs. 1 BayMG), dass die Eintragung mehrerer Wohnungen ohne Bestimmung als Haupt- oder Nebenwohnung melderechtlich ebenso ausgeschlossen ist wie die Eintragung mehrerer Hauptwohnungen. Diejenigen Wohnungen eines Einwohners, die nicht Hauptwohnung sind, sind zwangsläufig Nebenwohnungen.

18

Nach alledem bestehen die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche seiner Kinder nicht, weil sie darauf gerichtet sind, unrichtige Wohnungsdaten in das Melderegister einzutragen. Die hauptsächlich angestrebten Eintragungen beider Wohnungen der Eltern als Hauptwohnungen würden den zwingenden meldegesetzlichen Grundsatz verletzen, dass nur eine von mehreren Wohnungen Hauptwohnung sein kann (§ 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG; Art. 15 Abs. 1 BayMG). Die hilfsweise angestrebten Eintragungen der beiden Wohnungen ohne Einstufung als Haupt- und Nebenwohnung würden diesen Grundsatz verletzen, weil er auch zwingend anordnet, dass eine von mehreren Wohnungen Hauptwohnung sein muss. Zudem läge ein Verstoß gegen den ergänzenden meldegesetzlichen Grundsatz vor, dass jede Wohnung, die nicht die Hauptwohnung ist, zwangsläufig Nebenwohnung ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1 MRRG; Art. 15 Abs. 3 BayMG).

19

4. Darüber hinaus stehen den Kindern des Klägers Ansprüche auf Berichtigung des Melderegisters jedenfalls für die Zeit zwischen dessen Auszug aus der Familienwohnung im Februar 2011 und dem Umzug der Beigeladenen im September 2012 nicht zu, weil das Melderegister für diese Zeitspanne die Wohnungsdaten der Kinder richtig wiedergibt. Nach dem Auszug des Klägers wurde die Familienwohnung Hauptwohnung, die neue Wohnung des Klägers wurde Nebenwohnung der Kinder.

20

Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG und dem wortgleichen Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayMG ist Hauptwohnung die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Nach dem zweiten Halbsatz des Satzes 3 dieser Vorschriften ist Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners, dessen Personensorgeberechtigte getrennt leben, die Wohnung desjenigen Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Nach Satz 5 ist in Zweifelsfällen die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt.

21

Die vorwiegende Benutzung bestimmt sich danach, wo sich der Einwohner am häufigsten aufhält. Hierfür sind die Aufenthaltszeiten an den Orten, in denen sich die Wohnungen befinden, rein quantitativ festzustellen und miteinander zu vergleichen. Auf die Aufenthaltszeiten in den Wohnungen selbst kann es nur ankommen, wenn diese sich an einem Ort befinden. Die Meldebehörde kann die Angaben des Einwohners zugrunde legen, wenn diese in sich schlüssig und glaubhaft sind (BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1991 - 1 C 24.90 - BVerwGE 89, 110 <113 f.> und vom 20. März 2002 - 6 C 12.01 - NJW 2002, 2579). Auch das Bestimmungskriterium des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen des Einwohners nach § 12 Abs. 2 Satz 5 MRRG (Art. 15 Abs. 2 Satz 5 BayMG) bezieht sich auf den Ort, in dem die Wohnungen liegen, und nur bei deren Belegenheit in einer politischen Gemeinde auf die Wohnungen selbst. Es darf erst herangezogen werden, wenn sich durch einen Vergleich der Aufenthaltszeiten nicht hinreichend sicher feststellen lässt, welche Wohnung vorwiegend benutzt wird (BVerwG, Urteil vom 20. März 2002 - 6 C 12.01 - NJW 2002, 2579). Die Feststellung des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen verlangt eine wertende Betrachtung der Lebensverhältnisse des Einwohners, insbesondere der Art der Wohnung und des Aufenthalts, der familiären oder sonstigen persönlichen Bindungen sowie des beruflichen und gesellschaftlichen Engagements an den jeweiligen Orten (Medert/Süßmuth/Dette-Koch, Melderecht des Bundes und der Länder, § 12 MRRG Rn. 19).

22

Hält sich ein Minderjähriger nach dem paritätischen Wechselmodell zeitlich genau gleichviel in den Wohnungen seiner getrennt lebenden Eltern auf, steht fest, dass er keine der beiden Wohnungen vorwiegend benutzt. Daher muss in diesen Fällen versucht werden, seine Hauptwohnung nach dem Hilfskriterium des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen zu bestimmen. Es liegt nahe anzunehmen, dass beim Auszug eines Elternteils aus der Familienwohnung bis auf weiteres dort der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen der minderjährigen Kinder liegt. Denn die Kinder haben an dem Ort bzw. in der Umgebung dieser Wohnung zumindest einen Teil ihres bisherigen Lebens verbracht, während Ort bzw. Umgebung der neuen Wohnung des ausgezogenen Elternteils für sie in der Regel fremd sind. Diese Annahme trägt allerdings nicht, wenn wie im vorliegenden Fall beide Wohnungen in einer Gemeinde räumlich nahe beieinander liegen. Daher ist die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs, die Kinder hätten keinen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen in einer Wohnung, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die hiergegen erhobene Rüge des Klägers, der Verwaltungsgerichtshof habe den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche entscheidungserhebliche Tatsache das Gericht bei seiner Würdigung übersehen haben könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339>; Beschluss vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - NVwZ 2009, 399 Rn. 27). In der Sache wendet er sich gegen die materiell-rechtliche Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass eine Hauptwohnung eines Minderjährigen auch dann bestimmt werden muss, wenn seine getrennt lebenden Eltern die Benutzung ihrer Wohnungen nach dem paritätischen Wechselmodell vereinbart haben.

23

Steht fest, dass es nicht möglich ist, eine Hauptwohnung nach den Kriterien des § 12 Abs. 2 MRRG (Art. 15 Abs. 2 BayMG) zu bestimmen, kann der Betroffene diese Bestimmung durch Erklärung gegenüber den Meldebehörden vornehmen. Diese Lösung berücksichtigt die meldegesetzlichen Wertungen, weil auch die gesetzlichen Bestimmungskriterien der vorwiegenden Benutzung und des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen an die individuellen Verhältnisse des Betroffenen anknüpfen. Der Betroffene entscheidet durch seine Lebensführung, welche Wohnung seine Hauptwohnung ist. Daher erscheint es folgerichtig, ihm deren Bestimmung zu überlassen, wenn er aufgrund seiner Lebensführung weder eine Wohnung vorwiegend benutzt noch sich ein Schwerpunkt der Lebensbeziehungen herausgebildet hat.

24

Demzufolge obliegt die Bestimmung der Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners in einem derartigen Fall den Personensorgeberechtigten; es handelt sich um eine Angelegenheit der elterlichen Sorge im Sinne von §§ 1626, 1627 BGB. Dies bedeutet, dass sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern über die Bestimmung einigen müssen. Auch wenn sie dazu wie im vorliegenden Fall dauerhaft nicht in der Lage sind, scheidet die Anrufung des Familiengerichts nach § 1628 Satz 1 BGB aus, weil die Bestimmung seiner Hauptwohnung nicht von erheblicher Bedeutung für das Kind ist (OLG München, Beschluss vom 25. Januar 2008 - 12 UF 1776/07 - NJW-RR 2008, 1534). Daher bleibt bei Berücksichtigung der meldegesetzlichen Wertungen nur, als Hauptwohnung des Kindes die Wohnung des Elternteils festzulegen, die bis zur Trennung der Eltern die alleinige Wohnung der Familie war. Hierfür spricht, dass sich die Lebensverhältnisse der Kinder nicht in einem melderechtlich relevanten Maß verändert haben, weil die neue Wohnung des ausgezogenen Elternteils weder vorwiegend benutzt wird noch sich dort der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen befindet. Solange das paritätische Wechselmodell praktiziert wird, ist aus Anlass jedes weiteren Umzugs eines Elternteils erneut zu prüfen, ob die Hauptwohnung der Kinder nunmehr nach dem Schwerpunkt der Lebensbeziehungen festgestellt werden kann (§ 12 Abs. 2 Satz 5 MRRG; Art. 15 Abs. 2 Satz 5 BayMG). Ist dies weiterhin nicht möglich, bleibt nur übrig, die neue Wohnung des Elternteils, der zunächst in der früheren Familienwohnung geblieben war, als Hauptwohnung der Kinder festzulegen.

25

5. Die unter 4. dargelegte Bestimmung der Hauptwohnung eines Minderjährigen bei Unmöglichkeit einer Einigung der Eltern begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Recht der sorgeberechtigten Eltern zur Bestimmung des Aufenthalts ihrer minderjährigen Kinder wird nicht eingeschränkt. Das Melderecht knüpft stets an die Entscheidungen der Eltern zur Aufenthaltsbestimmung an, ohne sie in Frage zu stellen. Zudem ist das gemeinsame Sorgerecht der Eltern darauf angelegt, dass die Eltern in Angelegenheiten der elterlichen Sorge auch bei Meinungsverschiedenheiten zu einer einvernehmlichen Lösung finden. Gelingt ihnen dies dauerhaft nicht, müssen notgedrungen staatliche Instanzen an ihrer Stelle entscheiden.

26

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Freizügigkeit nach Art. 11 Abs. 1 GG und auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG wird durch die Bestimmung von Wohnungen zu Haupt- oder Nebenwohnung nicht berührt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. März 1993 - 1 BvR 1296/92 - DVBl. 1993, 601).

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind dem Kläger nicht aufzugeben, weil die Beigeladene im Revisionsverfahren keinen Sachantrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko eingegangen ist.

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(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Recht, das auf Grund des Artikels 75 in der bis zum 1. September 2006 geltenden Fassung erlassen worden ist und das auch nach diesem Zeitpunkt als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Befugnisse und Verpflichtungen der Länder zur Gesetzgebung bleiben insoweit bestehen. Auf den in Artikel 72 Abs. 3 Satz 1 genannten Gebieten können die Länder von diesem Recht abweichende Regelungen treffen, auf den Gebieten des Artikels 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 5 und 6 jedoch erst, wenn und soweit der Bund ab dem 1. September 2006 von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat, in den Fällen der Nummern 2 und 5 spätestens ab dem 1. Januar 2010, im Falle der Nummer 6 spätestens ab dem 1. August 2008.

(2) Von bundesgesetzlichen Regelungen, die auf Grund des Artikels 84 Abs. 1 in der vor dem 1. September 2006 geltenden Fassung erlassen worden sind, können die Länder abweichende Regelungen treffen, von Regelungen des Verwaltungsverfahrens bis zum 31. Dezember 2008 aber nur dann, wenn ab dem 1. September 2006 in dem jeweiligen Bundesgesetz Regelungen des Verwaltungsverfahrens geändert worden sind.

(3) Auf dem Gebiet des Artikels 72 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 darf abweichendes Landesrecht der Erhebung der Grundsteuer frühestens für Zeiträume ab dem 1. Januar 2025 zugrunde gelegt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen.

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.