Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 15. Mai 2018 - 2 BvR 287/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20180515.2bvr028717
bei uns veröffentlicht am15.05.2018

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 22. August 2016 - 15 StVK 297/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2017 - 1 Ws 200/16 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Karlsruhe zurückverwiesen.

Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde des strafgefangenen Beschwerdeführers betrifft die (Weiter-)Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen sowie weitere Maßnahmen im Strafvollzug.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal. Die besondere Schwere der Schuld wurde festgestellt. Der Ablauf von 15 Jahren Haftzeit ist auf den 14. September 2018 datiert. Im Rahmen seiner Vollzugsplanung aus dem Jahr 2014 wurden dem Beschwerdeführer vollzugsöffnende Maßnahmen bewilligt. Danach sollten ihm im Oktober 2014 eine Ausführung und ab 2015 jährlich zwei Ausführungen gewährt werden. Nachdem die erste Ausführung im November 2014 beanstandungsfrei verlaufen war, wurde dem Beschwerdeführer noch im Jahr 2014 eine Außenbeschäftigung genehmigt. Im Jahr 2015 wurde er daraufhin zu fünf Außenarbeitseinsätzen herangezogen und wartete unter Aufsicht eines Mitarbeiters beanstandungsfrei Metalltüren und Halterungssysteme.

3

2. Im Rahmen der Vollzugsplankonferenz im August 2015 wurde die fortgesetzte Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen erstmals von der Zustimmung des Beschwerdeführers, sich in die Justizvollzugsanstalt Offenburg auf die dortige Diagnostik- und Prognosestation verlegen zu lassen, abhängig gemacht. Dort solle ein Diagnostikbericht erstellt und das weitere Behandlungskonzept festgelegt werden. Der Beschwerdeführer habe zwar angeboten, sich unverbindlich über sozialtherapeutische Angebote in Offenburg zu informieren, seine Zustimmung zu einer Verlegung habe er aber bisher verweigert. Eine dortige Untersuchung sei als Grundlage weiterer Behandlungsmaßnahmen jedoch dringend erforderlich. Zwar seien vollzugsöffnende Maßnahmen im Fall des Beschwerdeführers zu befürworten (im Vollzugsplanvordruck ist bei dem Punkt "Vollzugsöffnende Maßnahmen" ein "Ja" angekreuzt), die Bewilligung konkreter Maßnahmen werde aber an die Vorlage des in Offenburg zu erstellenden Diagnostikberichts und mithin an die Zustimmung des Beschwerdeführers, sich dorthin verlegen zu lassen, geknüpft. Die für 2015 bereits genehmigten Ausführungen könnten noch stattfinden. Darüber hinaus würden jedoch keine Vollzugsöffnungen mehr gewährt. Dies gelte auch für die Außenarbeit und die Ausführungen. Der Beschwerdeführer werde eindringlich darauf hingewiesen, dass für "die Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer auch das vollzugliche Fortkommen bezüglich festgelegter Behandlungsmaßnahmen eine große Rolle spielen" werde und es daher "dringend erforderlich" sei, dass er seine Verlegung nach Offenburg anstrebe.

4

Die Konferenz stellte ferner fest, dass der Beschwerdeführer nicht bereit sei, ohne Anwesenheit eines Rechtsanwalts mit dem Sozialdienst und dem psychologischen Dienst zu sprechen, und sich Gesprächsangeboten verweigere. Die Vollzugsplanfortschreibung wurde dem Beschwerdeführer am 25. August 2015 ausgehändigt.

5

Die für 2015 genehmigten Ausführungen absolvierte der Beschwerdeführer ohne Beanstandungen im Oktober und November 2015. Nach der Vollzugsplankonferenz richtete der Beschwerdeführer - wie von ihm zugesagt - unverbindliche Anfrageschreiben an die Justizvollzugsanstalten in Hohenasperg und Offenburg, um sich über deren sozialtherapeutische Angebote und die Vollzugsmodalitäten zu informieren.

6

3. Mit Schriftsatz vom 2. September 2015 beantragte der Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe gegen die Fortschreibung des Vollzugsplans sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Den Schriftsatz gab der Beschwerdeführer am 2. September 2015 zur Post, er ging beim Landgericht jedoch erst am 9. September 2015 ein.

7

Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte der Beschwerdeführer die Aussetzung des "Widerrufs" der vollzugsöffnenden Maßnahmen für das Jahr 2016. In der Hauptsache beantragte er unter anderem festzustellen, dass die Vollzugsplanfortschreibung rechtswidrig sei, soweit sie die bereits genehmigten vollzugsöffnenden Maßnahmen widerrufe und die Justizvollzugsanstalt sich weigere, selbst ein Behandlungskonzept für ihn zu erstellen. Auch sei die Rechtswidrigkeit der Weigerung festzustellen, ihm eine externe, dem Vollzug nicht auskunftspflichtige psychologische Fachkraft für therapeutische Gespräche zur Verfügung zu stellen. Die Justizvollzugsanstalt sei zudem zu verpflichten, ihm weiterhin jährlich zwei Ausführungen und die Außenbeschäftigung zu gewähren.

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Er habe durch sein wiederholt beanstandungsfreies Verhalten bei vollzugslockernden Maßnahmen seine Zuverlässigkeit mehrfach unter Beweis gestellt. Auch sei er unstreitig für Ausführungen grundsätzlich geeignet. Da Lockerungen keine Belohnung für vollzugskonformes Verhalten darstellten, dürfe ihre Gewährung nicht von seiner Bereitschaft abhängen, einer Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Offenburg auf die Diagnostik- und Prognosestation zuzustimmen. Außerdem genieße er Vertrauens- und Bestandsschutz, weil ihm bereits zuvor Ausführungen und Außenarbeitseinsätze bewilligt worden seien. Dies gelte gleichfalls für die Gewährung von Begleitausgängen und niederschwellige Freizeitmaßnahmen sowie die Teilnahme an einer Wochenendfreizeit. Seine ablehnende Haltung gegenüber einer Verlegung nach Offenburg sei der Tatsache geschuldet, dass Verlegungen in andere Justizvollzugsanstalten in der Vergangenheit zu Problemen geführt hätten. Um dies zu vermeiden, müsse er sich vor einer eventuellen Verlegung aus erster Hand über die Anstalten informieren.

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4. Mit Beschluss vom 10. September 2015 wies das Landgericht Karlsruhe zunächst den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Antrag sei nicht eilbedürftig, denn eine Beschwer folge aus der Versagung von Lockerungen erst ab Januar 2016.

10

5. Zu den Anträgen in der Hauptsache nahm die Justizvollzugsanstalt unter dem 27. Oktober 2015 Stellung. Vollzugsöffnende Maßnahmen seien Behandlungsmaßnahmen, die sich am Vollzugsziel und Vollzugsverhalten des Strafgefangenen zu orientieren hätten. Verweigere der Beschwerdeführer die Mitarbeit, so könne dies nicht ohne Auswirkungen auf die vollzugsöffnenden Maßnahmen bleiben. Zwar würden die beschlossenen Maßnahmen für das Jahr 2015 nicht widerrufen, für die Bewilligung künftiger Ausführungen sei aber von entscheidender Bedeutung, ob der Beschwerdeführer sich auf die Diagnose- und Prognosestation in Offenburg überstellen lasse, in der für Gefangene in Baden-Württemberg die adäquaten Behandlungsmaßnahmen abschließend festgelegt würden. Es sei zutreffend, dass vollzugsöffnende Maßnahmen keine Vergünstigungen oder Belohnungen für vollzugskonformes Verhalten darstellten, hier gehe es jedoch nicht um Vollzugskonformität, sondern um die Weigerung des Beschwerdeführers, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuarbeiten. Die Frage, welche vollzugsöffnenden Maßnahmen im Einzelnen erforderlich seien, könne erst nach einer eingehenden Diagnose in der Justizvollzugsanstalt Offenburg beantwortet werden, denn diese seien Bestandteil eines dort zu erarbeitenden Gesamtkonzepts. Unbehandelt bestehe bei dem Beschwerdeführer Flucht- und Missbrauchsgefahr. Dies gelte auch für Begleitausgänge, niederschwellige Freizeitmaßnahmen und Wochenendfreizeiten. Eine weitere Weigerungshaltung des Beschwerdeführers könne ferner Einfluss auf die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer haben.

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6. Anfang Januar 2016 beantragte der Beschwerdeführer bei der Justizvollzugsanstalt die Durchführung einer Ausführung. Diese lehnte den Antrag mit Verfügung vom 11. Januar 2016 unter Verweis auf die Entscheidung in der verfahrensgegenständlichen Vollzugsplanfortschreibung ab.

12

7. Unter dem 7. März 2016 legte der Beschwerdeführer Verzögerungsrüge beim Landgericht Karlsruhe ein.

13

8. Mit angegriffenem Beschluss vom 22. August 2016 wies das Landgericht Karlsruhe die Anträge des Beschwerdeführers als unzulässig zurück. Die - umfänglichen - Schriftsätze des Beschwerdeführers fügte das Gericht dabei unverändert in den Tatbestand des Beschlusses ein, während es den Vortrag der Justizvollzugsanstalt mit eigenen Worten wiedergab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht aus, die Anträge auf Aufhebung des Widerrufs vollzugsöffnender Maßnahmen und Bereitstellung eines externen Therapeuten seien bereits verfristet. Der Beschwerdeführer habe sich nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen gemäß § 93 des Dritten Buchs des Justizvollzugsgesetzbuchs Baden-Württemberg (JVollzGB BW III), § 112 Abs. 1 StVollzG gegen die Fortschreibung des Vollzugsplans gewehrt. Dieser sei ihm am 25. August 2015 ausgehändigt worden. Die Frist sei daher bis zum 8. September 2015 gelaufen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei jedoch erst am 9. September 2015 bei Gericht eingegangen.

14

Im Übrigen seien die Anträge auch unbegründet. Die Justizvollzugsanstalt habe aus nicht zu beanstandenden Gründen die fortdauernde Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen vom Ergebnis des Diagnoseberichts und der Mitarbeit des Beschwerdeführers am Vollzugsziel abhängig gemacht. Sie sei zu Recht davon ausgegangen, dass dessen Weigerung, sich nach Offenburg verlegen und dort begutachten zu lassen, ein Umstand sei, der bei der Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen zu berücksichtigen sei. Ermessensfehlerfrei habe die Justizvollzugsanstalt ausgeführt, dass sich die Weigerung des Beschwerdeführers, die notwendigen Behandlungsschritte durchzuführen, auf die Mindestverbüßungsdauer auswirke. Dies und die fehlende Behandlungsbereitschaft seien relevante Umstände bei der Annahme einer Fluchtgefahr. Auch habe die Justizvollzugsanstalt beachtet, dass nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vollzugsöffnende Maßnahmen keine Vergünstigungen für ein vollzugskonformes Verhalten darstellen dürften. Die Zweifel an der Eignung des Beschwerdeführers für vollzugsöffnende Maßnahmen infolge von Flucht- und Missbrauchsgefahr seien nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die Auffassung der Justizvollzugsanstalt, dass die Gewährung weiterer vollzugsöffnender Maßnahmen von der Diagnose der Sozialtherapeutischen Abteilung in Offenburg abhänge, weil sie Teil eines therapeutischen Gesamtkonzepts sei.

15

9. Unter dem 13. September 2016 legte der Beschwerdeführer Rechtsbeschwerde ein und ergänzte diese mit Schreiben vom 15. September und 27. Oktober 2016. Er beschränkte die Rechtsbeschwerde auf den "Widerruf" der Ausführungen und der Außenarbeitsgenehmigung sowie auf den Antrag auf Bereitstellung eines externen Therapeuten. Dabei wiederholte und vertiefte er seinen Vortrag aus der vorherigen Instanz und führte zudem erstmalig und unter Benennung der Personalien von Mitgefangenen und des konkreten Sachverhalts aus, dass die Justizvollzugsanstalt in vergleichbaren Fällen vollzugsöffnende Maßnahmen gewähre, obwohl Gefangene sich einer Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Offenburg verweigerten.

16

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Januar 2017 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde mangels Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG ohne weitere Begründung als unzulässig.

II.

17

1. Mit seiner am 7. Februar 2017 fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer Verletzungen seiner Rechte aus "Art. 1, 2, 3, 19, 20, 103 GG" durch die angegriffenen Entscheidungen.

18

Im Wesentlichen führt er aus, die Verletzung seines Grundrechts auf Resozialisierung folge daraus, dass die Justizvollzugsanstalt ihm kein individuelles Behandlungskonzept und keine externe psychologische Fachkraft zur Verfügung stelle. Ferner sei das Resozialisierungsgebot auch dadurch verletzt, dass ihm die vollzugsöffnenden Maßnahmen ohne hinreichenden Grund verwehrt worden seien. Dies sorge dafür, dass er die mit den vollzugsöffnenden Maßnahmen einhergehenden Bewährungschancen nicht mehr habe, und verschlechtere seine Lage hinsichtlich der anstehenden Festsetzung der Mindestverbüßungszeit. Die Justizvollzugsanstalt arbeite nicht auf eine schnelle Entlassung, sondern auf eine unabsehbar lange Inhaftierung hin.

19

Eine Verletzung seiner "durch Art. 1 GG gewährten Menschenrechte" sei gegeben, weil er als Therapieverweigerer angesehen und stigmatisiert werde. Schon die Behauptung des Landgerichts, sein Antrag sei verfristet, beinhalte eine Grundrechtsverletzung. Er habe das angeblich erst am 9. September 2015 eingegangene Schreiben bereits am 2. September 2015 zur Post gegeben, wofür er einen Nachweis beilege. Es entstehe der Eindruck, dass das Landgericht den Eingang des Schreibens vorsätzlich verspätet eingetragen habe. Auch die Praxis des Landgerichts, seine Schriftsätze lediglich einzuscannen, in die Beschlüsse einzufügen und sie nicht mit eigenen Worten zu würdigen, verstoße gegen Grundrechte.

20

Eine Verletzung des "Art. 2 GG" liege ebenfalls vor; der Widerruf der vollzugsöffnenden Maßnahmen verstoße gegen sein Recht auf Vertrauens- und Bestandsschutz sowie das Rückwirkungsverbot, weil ihm bereits gewährte Rechtspositionen rückwirkend entzogen würden. Auch verkenne die Justizvollzugsanstalt, dass vollzugsöffnende Maßnahmen grundrechtlich garantiert seien. Jedenfalls ein Mindestmaß von zwei Ausführungen pro Jahr sei zu gewähren. Es sei unzulässig, dass er für die Verweigerung einer freiwilligen Verlegung Konsequenzen zu spüren bekomme.

21

Überdies sei gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen worden. Erstens würden anderen Gefangenen in vergleichbaren Situationen vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt, und zweitens habe das Oberlandesgericht in einem anderen Verfahren vertreten, dass auch die Justizvollzugsanstalt Bruchsal Möglichkeiten der Diagnose vorhalten müsse und der Grundsatz der bestmöglichen Sachaufklärung die Einholung gutachterlicher Expertise gebiete.

22

Auch Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt. Eine gerichtliche Sachentscheidung sei durch das Oberlandesgericht ohne Grund versagt worden. Zudem sei die zeitnahe Entscheidung über den Eilantrag des Beschwerdeführers seitens des Landgerichts unterblieben. Dieses sei auf den Antrag, dem Beschwerdeführer eine externe psychologische Fachkraft zur Verfügung zu stellen, nicht eingegangen. Ähnlich stelle sich die Situation hinsichtlich des Antrags auf Erstellung eines Behandlungskonzepts dar. Schließlich hätten die Instanzen nicht über seine Verzögerungsrüge entschieden, sondern auf diese überhaupt nicht reagiert.

23

2. Das Ministerium der Justiz und für Europa des Landes Baden-Württemberg hat unter dem 30. November 2017 zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen, die Auffassung der Justizvollzugsanstalt gestützt und den Vortrag des Beschwerdeführers hinsichtlich einzelner Gesichtspunkte bestritten. Der Beschwerdeführer ist der Stellungnahme mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 entgegengetreten und hat zum Sachverhalt nachgetragen, in der neuen Vollzugsplankonferenz 2017 seien ihm wieder Ausführungen gewährt worden, ohne dass er zwischenzeitlich nach Offenburg überstellt worden sei. Die Außenarbeitsgenehmigung bleibe ihm aber weiterhin versagt. Unter dem 2. Mai 2018 hat er über eine anstehende Anhörung zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer informiert und ein aktuelles psychiatrisches Sachverständigengutachten sowie eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt zu der bevorstehenden Anhörung übersandt.

24

3. Die Akte des Ausgangsverfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

III.

25

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr teilweise statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen insoweit vor. Die Annahme ist nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt.

26

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Versagung von vollzugsöffnenden Maßnahmen in Form von Ausführungen und einer Außenbeschäftigung in der Vollzugsplanfortschreibung und die gerichtlichen Entscheidungen hierzu verletzten ihn in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Gleiches gilt für die Rüge, sein Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei im Rechtsbeschwerdeverfahren verletzt worden.

27

2. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit auch begründet.

28

a) Der Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

29

aa) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein zukünftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 116, 69 <85 f.> m.w.N.; stRspr). Besonders bei langjährig im Vollzug befindlichen Personen erfordert dies, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <277>; 98, 169 <200>; 109, 133 <150 f.>; BVerfGK 17, 459 <462>; 19, 306 <315>; 20, 307 <312>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1133>).

30

Das gilt auch, wenn der Betroffene zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt ist, zumal dem Gefangenen auch in diesem Fall eine Chance verbleiben muss, eines Tages die Freiheit wiederzuerlangen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238 ff.>; 109, 133 <150 f.>). Androhung und Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe finden ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <272 f.>; 109, 133 <150 f.>). Der Bundes- beziehungsweise Landesgesetzgeber hat dementsprechend im Strafvollzugsgesetz ebenso wie im Justizvollzugsgesetz des Landes Baden-Württemberg auch dem Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe ein Behandlungs- und Resozialisierungskonzept zugrunde gelegt (vgl. BVerfGE 117, 71 <91>). Der Wiedereingliederung des Delinquenten dienen unter anderem die Vorschriften über Vollzugslockerungen beziehungsweise vollzugsöffnende Maßnahmen (vgl. BVerfGE 117, 71 <92>). Durch diese Maßnahmen werden dem Gefangenen zudem Chancen eingeräumt, sich zu beweisen und zu einer günstigeren Entlassungsprognose zu gelangen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32). Erstrebt ein Gefangener diese Maßnahmen, so wird er durch deren Versagung in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse berührt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32, und vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris, Rn. 17).

31

Gerade bei Gefangenen, die die Voraussetzungen für weitergehende Lockerungen noch nicht erfüllen, dienen Ausführungen dem Erhalt der Lebensfähigkeit (vgl. BVerfGK 17, 459 <462>; 19, 306 <315 f.>; 20, 307 <312>). Bei langjährig Inhaftierten kann es daher, selbst wenn noch keine konkrete Entlassungsperspektive besteht, jedenfalls geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris, Rn. 3, und vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32).

32

Aufgrund dieser Bedeutung darf sich eine Justizvollzugsanstalt, wenn sie vollzugslockernde Maßnahmen versagt, nicht auf bloße pauschale Wertungen oder auf den Hinweis einer abstrakten Flucht- oder Missbrauchsgefahr (hier im Sinne des § 9 Abs. 1 JVollzGB BW III) beschränken. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren. Ob dies geschehen ist, hat die Strafvollstreckungskammer zu überprüfen (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; dazu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32 m.w.N.).

33

bb) Der Beschluss des Landgerichts genügt diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht. Das Landgericht verkennt bei seiner Würdigung Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Beschwerdeführers auf Resozialisierung.

34

Wenn das Gericht dem Beschwerdeführer entgegenhält, die von der Justizvollzugsanstalt zur Frage vollzugsöffnender Maßnahmen vorgenommenen Erwägungen seien nicht zu beanstanden, so misst es - wie zuvor schon die Justizvollzugsanstalt - den verfassungsrechtlich geschützten Interessen des Beschwerdeführers an seiner Resozialisierung, insbesondere der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit und der Vermeidung von Haftschäden, kein hinreichendes Gewicht zu.

35

Die verfahrensgegenständliche Vollzugsplanfortschreibung enthält zur Frage der Vollzugslockerungen keine Gründe, die nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben geeignet wären, die Versagung von Lockerungen, wie vorliegend der Außenbeschäftigung und der Ausführungen, zu tragen. Letztlich geht selbst die Vollzugsplankonferenz von einer fortgesetzten Befürwortung vollzugsöffnender Maßnahmen aus, versagt diese faktisch aber sogleich wieder, indem sie für die Entscheidung über derartige Maßnahmen zunächst den Diagnosebericht der Diagnose- und Prognosestation der Justizvollzugsanstalt Offenburg fordert. Auch im Rahmen der übrigen Darlegungen in der Vollzugsplanfortschreibung, die unter anderem die Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit des Beschwerdeführers bei der Arbeit und seine insgesamt geregelte Schuldensituation hervorheben, sind tragfähige Gründe, vollzugsöffnende Maßnahmen vollständig zu versagen, nicht erkennbar.

36

Im Verfahren vor dem Landgericht hat die Justizvollzugsanstalt in ergänzenden Ausführungen herausgestellt, dass vollzugsöffnende Maßnahmen Behandlungsmaßnahmen seien, die sich in das Gesamtbehandlungskonzept einfügen müssten, über das erst auf Grundlage des Diagnoseberichts der Justizvollzugsanstalt Offenburg entschieden werden könne. Zudem könne sich die Weigerungshaltung des Beschwerdeführers negativ auf die Mindestverbüßungsdauer auswirken, so dass in Frage stehe, ob - verweigere der Beschwerdeführer weiterhin die notwendigen Behandlungsschritte - Fluchtgefahr trotz beanstandungsfreier Ausführungen in der Vergangenheit noch mit der erforderlichen Sicherheit verneint werden könne. Missbrauchs- und Fluchtgefahr sei anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer unbehandelt bleibe.

37

Mit der Billigung dieser Erwägungen verkennt das Landgericht die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Versagung vollzugsöffnender Maßnahmen und das hohe Gewicht des Resozialisierungsinteresses des Beschwerdeführers nach - zur Zeit der angegriffenen Entscheidung - mehr als 14-jähriger Haftverbüßung. Ohne hinreichende Berücksichtigung blieb, dass der Beschwerdeführer in unmittelbarer Vergangenheit bis zum Jahr 2016 bereits mehrere Ausführungen und Außenarbeitseinsätze beanstandungsfrei absolviert hatte. Auch fand keine Berücksichtigung, dass selbst die Justizvollzugsanstalt letztlich nicht von einer konkretisierten Flucht- und Missbrauchsgefahr ausging. Dies zeigt sich schon daran, dass sie vollzugsöffnende Maßnahmen im Falle des Beschwerdeführers grundsätzlich befürwortete und er die bereits bewilligten Ausführungen noch durchführen durfte. Zunächst warf die Justizvollzugsanstalt im fachgerichtlichen Verfahren auch lediglich die Frage auf, ob für den Fall, dass sich der Beschwerdeführer weiterhin einer Behandlung verweigere und sich dadurch eventuell die Mindestverbüßungsdauer verlängere, eine Fluchtgefahr noch hinreichend sicher verneint werden könne. Erst am Ende ihrer Stellungnahme behauptete sie pauschal, es bestehe Flucht- und Missbrauchsgefahr, wenn der Beschwerdeführer unbehandelt bliebe. Damit liegt die Annahme nahe, dass die faktische Versagung weiterer Ausführungen und der Außenbeschäftigung nicht durch Flucht- oder Missbrauchsgefahr begründet war, sondern vorrangig dem - eine Versagung vollzugsöffnender Maßnahmen nicht tragenden - Zweck diente, den Beschwerdeführer dazu zu bewegen, seiner Verlegung nach Offenburg zuzustimmen.

38

Dabei wird nicht verkannt, dass die Justizvollzugsanstalt insoweit durchaus bezweckte, die Resozialisierung des Beschwerdeführers voranzutreiben und ihn zur weiteren Mitarbeit am Vollzugsziel zu motivieren. Vollzugslockerungen, insbesondere Ausführungen, sind jedoch keine Behandlungsmaßnahmen, deren Gewährung von der vorherigen Erstellung eines Behandlungskonzepts abhängig gemacht werden kann. Diese Maßnahmen dienen vielmehr dem Zweck, die Resozialisierung dadurch zu fördern, dass die Lebenstüchtigkeit des Gefangenen erhalten und den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs entgegengewirkt wird. Vollzugsöffnende Maßnahmen machen es dem Gefangenen möglich, nach langem Freiheitsentzug wenigstens ansatzweise Orientierung für ein normales Leben zu finden. Daher hat das Interesse des Gefangenen, vor den schädlichen Folgen einer langjährigen Inhaftierung bewahrt zu werden und seine Lebenstüchtigkeit im Falle der Entlassung aus der Haft zu erhalten, ein umso höheres Gewicht, je länger die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bereits andauert (vgl. BVerfGE 64, 261 <272 f.>; 70, 297 <315>). Das von der Justizvollzugsanstalt pauschal behauptete Vorliegen von Flucht- und Missbrauchsgefahr für den Fall, dass der Beschwerdeführer unbehandelt bliebe, und die Billigung dieser Erwägung durch das Landgericht tragen der Funktion solcher Maßnahmen gerade bei langjährig Inhaftierten wie dem Beschwerdeführer nicht ausreichend Rechnung.

39

cc) Darüber hinaus setzt sich der angegriffene Beschluss nicht hinreichend mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Versagung von Ausführungen auseinander. So kann bei langjährig Inhaftierten auch im Falle des Vorliegens einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr zumindest die Gewährung von Ausführungen geboten sein. Selbst wenn im vorliegenden Fall konkrete Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr bestanden hätten, hätte daher geprüft werden müssen, ob Ausführungen dennoch geboten wären. Denn die bei einer Ausführung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 JVollzGB BW III wie auch bei der Außenbeschäftigung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 JVollzGB BW III vorgesehene Begleitung des Gefangenen durch Vollzugsbedienstete dient gerade dem Zweck, einer bestehenden Flucht- und Missbrauchsgefahr entgegenzuwirken. Die pauschale - nicht nach Lockerungsformen differenzierende - Feststellung einer abstrakten Flucht- oder Missbrauchsgefahr ist daher für sich genommen nicht geeignet zu begründen, dass die angenommene Gefahr auch im Fall der Ausführung besteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 2012 - 2 BvR 865/11 -, juris, Rn. 17).

40

b) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer dagegen in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

41

aa) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen. Der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

42

bb) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.

43

§ 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt es dem Gericht, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn es die Beschwerde für unzulässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Da von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht wurde, liegen über die Feststellung im Tenor des Beschlusses, dass die Nachprüfung nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei, Entscheidungsgründe, die die Kammer einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor.

44

Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss verfassungsrechtlicher Prüfung entzogen oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -, juris, Rn. 33, und vom 4. Mai 2015 - 2 BvR 1753/14 -, juris, Rn. 32; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris, Rn. 28, sowie vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 309/10 -, juris, Rn. 26, und - 2 BvR 368/10 -, juris, Rn. 47). Dies ist angesichts der offenkundigen inhaltlichen Abweichung des landgerichtlichen Beschlusses von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu vollzugsöffnenden Maßnahmen der Fall (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, juris, Rn. 7).

IV.

45

Nach § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG sind die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Karlsruhe zurückzuverweisen.

V.

46

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

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(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

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(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsb

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Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 116 Rechtsbeschwerde


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Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 119 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. (2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 112 Antragsfrist. Wiedereinsetzung


(1) Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer Ablehnung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden. (2) War der Antragsteller ohne Verschulden verhind

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 15. Mai 2018 - 2 BvR 287/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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(1) Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer Ablehnung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden.

(2) War der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Koblenz, Strafvollstreckungskammer Diez, vom 13. Dezember 2007 - 7 StVK 432/07 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er die in der Vollzugsplanfortschreibung vom 10. Oktober 2007 getroffene Feststellung zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen betrifft.

2. Der Beschluss des Landgerichts wird im genannten Umfang aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

3. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 5. März 2008 - 2 Ws 52/08 (Vollz) - wird damit gegenstandslos.

4. Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Vollzugsanstalt D. seit 1994 eine lebenslange Freiheitsstrafe. Im Strafurteil wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen eine die Nichtgewährung von Lockerungen betreffende Feststellung in der Fortschreibung seines Vollzugsplans.

2

1. Für den Beschwerdeführer wurde unter dem 10. Oktober 2007 eine Vollzugsplanfortschreibung erstellt, in der es zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen heißt, erst "im Anschluss" an die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer "können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen", und bevor "der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden".

3

Im Einzelnen hat die Vollzugsplanfortschreibung folgenden Inhalt:

4

"Der Gefangene verbleibt weiterhin im geschlossenen Vollzug der Vollzugsabteilung B.

5

Während der Haft gelang es Herrn M., das Fachabitur erfolgreich abzuschließen (Prüfung am 26.06.2007 mit der Durchschnittsnote 2,6). Auf das Abitur aufbauend begann er nunmehr als Vollzeitstudent ein Studium (Politik und Organisation). Der Studiengang (Bachelor) dauert 3 Jahre, für den Master müsste er noch 2 Jahre länger studieren. Der Gefangene erscheint hoch motiviert noch während der Haft den Studiengang der Fernuniversität Hagen erfolgreich abzuschließen.

6

Inzwischen wurde mit Schreiben vom 16.04.2007 zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer Stellung genommen. Mit der Festlegung der Mindestverbüßungsdauer wird zum Ende des Jahres gerechnet. Erst im Anschluss daran können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen.

7

Während der Konferenz wurde nochmals auf die Stellungnahme des psychologischen Dienstes eingegangen. Darin äußerte OPR W., dass Herr M. zwar zu diszipliniertem Lebenswandel und zu zielorientierter Arbeit fähig sei, es gäbe an den Schilderungen und Darstellungen des Gefangenen eigentlich nichts, worüber ein Diagnostiker im Hinblick auf eine günstige Prognose stolpern müsste. Herr M. habe die Motive seiner Tatbegehung verstanden, Scham und Betroffenheit entwickelt, diese auch zulassen können und habe zudem neue und andere Perspektiven für ein künftiges Leben entwickelt. Er habe sich einer Psychotherapie unterzogen und sein anfangs kämpferisches Verhalten im Vollzug reflektiert und weitestgehend aufgegeben. Dennoch stellten sich beim Diagnostiker Gefühle von Zweifel und Unsicherheit ein, ob die Regungen und Gefühlsschilderungen echt und authentisch waren.

8

In der Konferenz versucht Herr M. in den psychologischen Gesprächen ehrlich zu sein. Auf Nachfrage, ob er sich tatsächlich verändert hätte, gibt er an, er habe das Unrecht der Tat eingesehen und würde sich heute vom Querulantentum distanzieren.

9

Auf das Angebot, in den Wohngruppenvollzug der Vollzugsabteilung E verlegt zu werden, möchte er nur eingehen, wenn ihm eine Einzelzelle angeboten wird oder wenn er einen passenden Gefangenen für eine Gemeinschaft findet. Er begründet dies mit dem hier anvertrauten Umfeld und den eingeschränkten Sportmöglichkeiten im E-Flügel. Im Übrigen hätte er in der JVA F. ausreichend den Wohngruppenvollzug praktiziert. Dennoch ist er bereit, sich den E-Flügel persönlich vor seiner endgültigen Entscheidung anzuschauen.

10

Das Vollzugsverhalten ist weiterhin beanstandungsfrei. Innerhalb der Vollzugsabteilung wird er als ruhig und freundlich beschrieben. Er nehme an Freizeitaktivitäten (z.B. Tischtennisauswahl) teil, tätige Umschluss und kommt den Weisungen der Bediensteten nach.

11

Regelmäßig führt Herr M. Besuchsüberstellung zu seiner Schwester nach K. durch. Ansonsten pflegt er Kontakt zu seinen Eltern (I.) und einem ehemaligen Strafgefangenen.

12

Bevor der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden.

13

Unregelmäßige Urinkontrollen sind weiterhin angezeigt, auch wenn Herr M. sich bislang vom Drogenkonsum innerhalb der Anstalt distanzierte."

14

2. a) Der Beschwerdeführer stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG). Die Ablehnung jeglicher Vollzugslockerung verletze ihn in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Resozialisierungsinteresse. Die pauschale Bezugnahme auf die noch nicht erfolgte Festlegung der Mindestverbüßungszeit als Grund für die Verwehrung jeglicher Vollzugslockerungen sei keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob nunmehr Vollzugslockerungen gewährt werden könnten. Es fehle an der notwendigen umfassenden Abwägung der für und gegen die Gewährung von Vollzugslockerungen sprechenden Umstände. Besonders schwer wiege, dass die Fortschreibung nicht erkennen lasse, auf welchen gesetzlichen Versagungsgrund oder auf welche Ermessenserwägungen die ablehnende Entscheidung sich stütze. Die Vollzugsanstalt habe verkannt, dass die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld im Urteil des Schwurgerichts nicht notwendigerweise zu einer Verlängerung der Mindestvollstreckungsdauer von 15 Jahren führen müsse. Denn auch in den Fällen, in denen das Vorliegen besonderer Schwere der Schuld durch das erkennende Gericht festgestellt wurde, müsse gemäß § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB geprüft werden, ob die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung gebiete.

15

Daneben erhob der Beschwerdeführer weitere Einwände gegen die Vollzugsplanfortschreibung. Von der Darstellung dieser Beanstandungen und ihrer Behandlung durch das Landgericht wird abgesehen, da die Verfassungsbeschwerde sich hierauf nicht bezieht.

16

b) Die Vollzugsanstalt führte in ihrer Stellungnahme aus, Lockerungen orientierten sich auch am voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, zumal im Strafurteil - das bei dem vom Beschwerdeführer begangenen Tötungsdelikt drei Mordmerkmale festgestellt habe - festgehalten worden sei, dass die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren deutlich überschritten werden müsse. Zwar habe der Beschwerdeführer die Taten zwischenzeitlich mit Hilfe des psychologischen Dienstes aufgearbeitet, am Anti-Gewalt-Training teilgenommen und das Abitur erreicht sowie ein verbessertes Vollzugsverhalten gezeigt. Dennoch müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beschwerdeführer in der Haft wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer weiteren Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden sei. Derzeit könne noch keine verlässliche Prognose erstellt werden. Fraglich sei zudem, inwieweit vor der Gewährung von Vollzugslockerungen noch ein externes Gutachten erforderlich werde. Erst nach Eingang der festgelegten Mindestverbüßungsdauer könne die Lockerungseignung geprüft werden. Nach Abwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Argumente und insbesondere des Resozialisierungsinteresses des Gefangenen sei die Vollzugsplankonferenz zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gewährung von Vollzugslockerungen nicht angezeigt sei.

17

c) Der Beschwerdeführer erwiderte, das Strafvollzugsgesetz lasse auch im Falle des Vollzugs lebenslanger Freiheitsstrafen bereits nach zehn Jahren Verbüßungsdauer die Gewährung von Urlaub zu. Damit habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass er auch bei einer weiteren zu verbüßenden Haftzeit von mindestens weiteren fünf Jahren die Gewährung einer weitreichenden Vollzugslockerung wie Urlaub für vertretbar halte. Die Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen sei unabhängig von der Frage der Aussetzung des Strafrests zur Bewährung und einem in diesem Zusammenhang gegebenenfalls einzuholenden Gutachten zu treffen, zumal erfolgreich durchlaufene Vollzugslockerungen entscheidende Anknüpfungstatsachen im Rahmen der vollstreckungsrechtlichen Gesamtwürdigung seien.

18

d) Mit angegriffenem Beschluss vom 13. Dezember 2007 wies das Landgericht den Antrag als unbegründet zurück. Der Gefangene habe keinen Anspruch auf Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Vollzugsplan, sondern lediglich Anspruch auf diesbezüglich ermessensfehlerfreie Entscheidung. Ein Ermessensfehler sei hier - auch hinsichtlich der Gewährung von Vollzugslockerungen - nicht ersichtlich. Die Vollzugsanstalt habe unter Zugrundelegung ihrer Kenntnisse und ihrer Würdigung zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers und seines Vollzugsverhaltens Abwägungen vorgenommen, die Ermessensfehler nicht erkennen ließen.

19

Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr lägen beim Beschwerdeführer nicht vor; auf Flucht- oder Missbrauchsgefahr habe sich die Vollzugsanstalt nicht gestützt. Vielmehr habe sie unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen eine Verlegung sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Persönlichkeit sowie der Entwicklung und des Verhaltens des Beschwerdeführers im Strafvollzug eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass auch positive Gesichtspunkte, die für die Gewährung von Lockerungen sprechen könnten, aufgeführt worden seien. Entscheidend seien für die Vollzugsanstalt die Persönlichkeit des Beschwerdeführers sowie der noch ausstehende Beschluss zur Mindestverbüßungszeit gewesen. Zwar habe die Vollzugsanstalt - insoweit sei den Ausführungen des Beschwerdeführers zu folgen - eine von der Festsetzung der Mindestverbüßungszeit unabhängige Gesamtabwägung der Umstände vorzunehmen. Allerdings sei auch zu beachten, dass sich die Gewährung von Vollzugslockerungen als Form der Behandlungsmaßnahme insbesondere auch als eine Entlassungsvorbereitung darstelle. Zwar könne allein der Umstand, dass der Zeitpunkt der Entlassung noch nicht absehbar sei, die Versagung von Vollzugslockerungen nicht begründen. Entscheidend träten jedoch weitere Faktoren hinzu. So sei der Beschwerdeführer während der Haft erneut straffällig geworden; auch könne die Vollzugsanstalt unter Zugrundelegung des Eindrucks, den sie durch den persönlichen Umgang mit dem Beschwerdeführer habe gewinnen können, nicht hinreichend verlässlich bewerten, inwieweit die Aufarbeitung und das Verhalten des Beschwerdeführers von Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit bestimmt seien, so dass eine verlässliche positive Prognose nicht gestellt werden könne.

20

3. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Es fehle an einer vollständigen Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts. Die Strafvollstreckungskammer dürfe den Sachvortrag einer Seite nicht ungeprüft zugrundelegen. Diese hätte die Gefangenenpersonalakte mit der Stellungnahme des psychologischen Dienstes beiziehen müssen und Feststellungen in der Vollzugsplanfortschreibung nicht ungeprüft übernehmen dürfen. Im Fall der Beiziehung der Gefangenenpersonalakte und der Stellungnahme des Psychologischen Dienstes wäre der Kammer nicht verborgen geblieben, dass in der Stellungnahme nur von einem "Graubereich des leichten Zweifels" die Rede sei und nicht von "Zweifeln daran, ob die Regungen und Gefühlsschilderungen des Antragsstellers echt seien". Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum das Gericht davon ausgehe, dass Lockerungen vor dem Ergehen eines Beschlusses über die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht gewährt werden könnten, obwohl es zu dem Ergebnis gekommen sei, dass weder für eine Flucht- noch für eine Missbrauchsgefahr Anhaltspunkte vorlägen. Die Kammer habe zudem übersehen, dass es für die ausstehende Entscheidung über eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung ganz wesentlich darauf ankomme, ob er sich bereits im Rahmen von Vollzugslockerungen bewährt habe. Die ermessensfehlerhafte Versagung von Lockerungen nehme ihm die Möglichkeit, durch erfolgreiches Durchlaufen von Vollzugslockerungen zu einer ausreichenden Bandbreite an prognostisch bedeutsamen Anknüpfungstatsachen beizutragen. Er befinde sich seit mehr als 14 Jahren in Haft. Bislang seien ihm keinerlei Lockerungen, nicht einmal Ausführungen, gewährt worden.

21

Mit angegriffenem Beschluss vom 5. März 2008 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig; die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

II.

22

1. Mit seiner gegen den Beschluss des Landgerichts, soweit er die lockerungsbezogene Vollzugsplanfortschreibung betrifft, und gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die gerichtliche Bestätigung der auf die fehlende Festlegung der Mindestverbüßungszeit gestützten Versagung von Vollzugslockerungen verletze ihn in seinem durch Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Resozialisierungsinteresse. Die Strafvollstreckungskammer habe verkannt, dass der Gesetzgeber einen Zeitrahmen für die Gewährung von Vollzugslockerungen gerade nicht vorgesehen habe. Abgesehen von der in § 13 Abs. 3 StVollzG genannten Ausnahme sei die Gewährung von Vollzugslockerungen nach dem Strafvollzugsgesetz auch bei zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen jederzeit unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVollzG möglich. Billigte man das Vorgehen der Justizvollzugsanstalt, so hätte dies zur Folge, dass zu lebenslanger Haft Verurteilte, bei denen die besondere Schwere der Schuld festgestellt sei, von jeglicher Vollzugslockerung - sogar von Ausführungen in Begleitung von Beamten - bis zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer ausgeschlossen wären. Dies sei unter Resozialisierungsgesichtspunkten unvertretbar.

23

2. Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz hat von einer Stellungnahme abgesehen.

24

3. Der Beschwerdeführer hat mitgeteilt, dass ihm nach wie vor keine Vollzugslockerungen gewährt werden.

III.

25

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Entscheidungskompetenz der Kammer ist gegeben (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG); die für die Entscheidung des Falles maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist danach zulässig (1.) und offensichtlich begründet im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG (2.).

26

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde stünde es nicht entgegen, wenn zwischenzeitlich eine weitere Fortschreibung des Vollzugsplans erfolgt sein sollte. Das Rechtsschutzinteresse wäre insoweit nicht wegen Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens entfallen.

27

Nach dem Stand der fachgerichtlichen Rechtsprechung steht schon nicht fest, ob die weitere Fortschreibung eines Vollzugsplans überhaupt zur Erledigung eines gegen die vorausgegangene Fortschreibung gerichteten Rechtsschutzbegehrens führt (verneinend Hanseatisches OLG, Beschluss vom 13.Juni 2007 - 3 Vollz (Ws) 26/07 u.a. -, juris; für die gegenteilige Auffassung vgl. Nachweise in BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Dezember 2009 - 2 BvR 244/08 -, juris).

28

Ein Rechtsschutzinteresse bestünde im Übrigen auch bei anzunehmender Erledigung fort. Dabei kann offen bleiben, ob sich dies im vorliegenden Fall bereits aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergibt (vgl. BVerfGK 8, 319 <322>). Ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse ist hier jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Fortbestehens beeinträchtigender Wirkungen der angegriffenen Entscheidungen und der zugrundeliegenden vollzugsbehördlichen Maßnahme (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 104, 220 <233>; 110, 77 <85 f.>) anzuerkennen. Denn für die Entscheidung über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung kommt es unter anderem darauf an, ob eine fehlende Erprobung des Gefangenen in Lockerungen auf rechtmäßiger oder auf rechtswidriger Versagung von Lockerungen beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2009 - 2 BvR 2009/08 -, EuGRZ 2009, S. 246 <249 f.>). In diesem Zusammenhang entfaltet die ungerechtfertigte Verneinung der Lockerungseignung in einer Vollzugsplanfortschreibung eine fortdauernde beeinträchtigende Wirkung, wenn sie von den Fachgerichten als rechtmäßig bestätigt wird. Bei gewichtigen Grundrechtsverstößen ist zudem von einem auch nach Erledigung fortbestehenden Interesse an der Gewährung verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes auszugehen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine verfassungsgerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>; 117, 244 <268>; BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschluss der 2.Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 - 2 BvR 785/93 -, juris). Angesichts der Bedeutung lockerungsbezogener Entscheidungen für die Chance des Betroffenen auf Wiedererlangung der Freiheit (vgl. BVerfGE 109, 133 <165 f.>; 117, 71 <108>) steht hier ein im Sinne dieses Grundsatzes gewichtiger Grundrechtsverstoß in Rede.

29

2. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

30

a) Der Vollzug von Freiheitsstrafen ist nicht nur kraft einfachen Gesetzesrechts (§ 2 Satz 1 StVollzG), sondern von Verfassungs wegen dem Ziel der Resozialisierung verpflichtet (vgl. BVerfGE 35, 202 <235 f.>; 116, 69 <85>; stRspr).

31

Der Vollzugsplan, zu dessen Aufstellung und kontinuierlicher Fortschreibung § 7 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StVollzG die Vollzugsbehörde verpflichtet, ist zentrales Element eines am Resozialisierungsziel ausgerichteten Vollzuges (vgl. BVerfGK 1, 3 <5 f.>; 9, 231 <236>). Er dient der Konkretisierung des Vollzugsziels im Blick auf den einzelnen Gefangenen und bildet mit richtungsweisenden Grundentscheidungen zum Vollzugs- und Behandlungsablauf einen Orientierungsrahmen für den Gefangenen wie für die Vollzugsbediensteten. Dies setzt voraus, dass der Plan auf die Entwicklung des Gefangenen und die in Betracht kommenden Behandlungsansätze in zureichender, Orientierung ermöglichender Weise eingeht (BVerfGK 9, 231 <236 f.> m.w.N.). Das gilt angesichts der Verpflichtung, auch dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten eine Chance zur Wiedererlangung seiner Freiheit zu eröffnen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238 f.>; 64, 261 <271 f.>; 98, 169 <200>), auch in Fällen lebenslanger Freiheitsstrafe. In diesen Fällen muss jedenfalls bei schon länger andauerndem Vollzug unabhängig davon, ob ein Entlassungszeitpunkt sich bereits konkret abzeichnet, die Vollzugsplanung besonders auch auf die Vermeidung schädigender Auswirkungen lang dauernden Freiheitsentzuges als ein wesentliches Teilelement des Resozialisierungsauftrages (vgl. BVerfGE 45, 187 <238 f.>; 98, 169 <200>) ausgerichtet sein (BVerfGK 9, 231 <237>). Die Bestimmungen über den Vollzugsplan begründen dabei eigenständige Rechte und Pflichten, die gegenüber den einzelne Vollzugsmaßnahmen betreffenden Rechten und Pflichten verselbständigt sind. Die demnach grundsätzlich gegebene Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch lockerungsbezogene Lücken oder Inhalte des Vollzugsplans besteht unabhängig davon, ob der Gefangene zuvor Lockerungen beantragt hat (vgl. BVerfGK 8, 319 <324>).

32

Erstrebt ein Gefangener Vollzugslockerungen (§ 11 Abs. 1 StVollzG), so wird er durch deren Versagung in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse berührt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris). Das gilt auch für einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten. Androhung und Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe finden ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <272 f.>; stRspr). Die Vollzugsanstalten sind mithin im Blick auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet, schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs, vor allem deformierenden Persönlichkeitsstörungen, die die Lebenstüchtigkeit ernsthaft in Frage stellen und es ausschließen, dass sich der Gefangene im Falle einer Entlassung aus der Haft im normalen Leben noch zurechtzufinden vermag, im Rahmen des Möglichen zu begegnen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <272 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris). Diesem Ziel dient der in § 13 Abs. 1 StVollzG geregelte Urlaub (vgl. BVerfGE 64, 261 <273>) ebenso wie ein mit Zustimmung des Gefangenen als Lockerung des Vollzugs angeordneter Ausgang oder eine Ausführung unter Aufsicht. Vollzugslockerungen machen es dem Gefangenen möglich, nach langem Freiheitsentzug wenigstens ansatzweise Orientierung für ein normales Leben zu suchen und zu finden. Je nach dem Erfolg dieser Orientierungssuche stellen sich die Lebensverhältnisse des Gefangenen günstiger oder ungünstiger dar. Für eine vom Gericht zu treffende Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (§ 57a Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 StGB) spielt die Bewährung in Vollzugslockerungen ebenfalls eine entscheidende Rolle (vgl. BVerfGE 117, 71 <108>); die Chancen, zu einer günstigen Sozialprognose zu gelangen (vgl. § 57a Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 StGB), werden durch eine vorherige Gewährung von Vollzugslockerungen verbessert, durch deren Versagung aber verschlechtert (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1134>, und vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris). Lockerungen können danach nicht auf die Funktion der unmittelbaren Vorbereitung einer konkret absehbaren Entlassung beschränkt werden. Bei langjährig Inhaftierten kann es, auch wenn eine konkrete Entlassungsperspektive sich noch nicht abzeichnet, geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris). Die Justizvollzugsanstalt darf sich zudem nicht auf bloße pauschale Wertungen oder auf den Hinweis einer abstrakten Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Sinne von § 11 Abs. 2 StVollzG beschränken. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren (vgl. BVerfGE 64, 261 <277>; 70, 297 <312 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 1998 - 2 BvR 1951/96 -, NStZ 1998, S. 430 <431>). Ob dies geschehen ist, hat die Strafvollstreckungskammer zu überprüfen (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1134>).

33

b) Das Landgericht hat erkannt, dass nach diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen einem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten nicht jegliche Lockerungsperspektive allein mit der Begründung versagt werden kann, die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer für seine Strafe stehe noch aus (vgl. auch Hanseatisches OLG, Beschluss vom 6. Oktober 1977 - Vollz (Ws) 10/77 -, ZfStrVo 1978 , S. 8; OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 17. November 1988 - 3 Ws 699/88 (StVollz) -, NStZ 1989, S. 246 f., und vom 5. Juli 1993 - 3 Ws 242/93 -, StV 1993, S. 599; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 27; Lesting, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Auflage 2006, § 11 Rn. 50). Es hat aber diese Erkenntnis auf den konkreten Fall nicht angewendet.

34

Die Vollzugsplanfortschreibung für den Beschwerdeführer enthielt zur Frage der Vollzugslockerungen allein zwei Aussagen, die nach den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben ungeeignet sind, die Versagung von Lockerungen oder eine entsprechende Vorprägung konkreter Lockerungsentscheidungen durch den Vollzugsplan zu tragen: "Erst im Anschluss daran", d.h. an die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer, "können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen" und "Bevor der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden". Durch eine wohlwollende Auslegung der Vollzugsplanfortschreibung dahingehend, dass die sonstigen darin enthaltenen Erwägungen gleichfalls zur Begründung der lockerungsbezogenen Planaussage dienen sollten, konnte - unabhängig von der Frage, ob diese Auslegung noch im Rahmen des fachgerichtlichen Entscheidungsspielraums anzusiedeln wäre - dieser Begründungsmangel schon deshalb nicht behoben werden, weil sich in der Vollzugsplanfortschreibung neben zahlreichen Hinweisen auf eine positive Entwicklung nicht eine einzige Feststellung findet, die auch nur in der Tendenz geeignet wäre, eine fehlende Lockerungseignung des Beschwerdeführers zu begründen.

35

Allerdings hatte die Vollzugsbehörde im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer ergänzende Ausführungen gemacht: Lockerungen orientierten sich auch am voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, zumal im Strafurteil festgestellt worden sei, dass die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren deutlich überschritten werden müsse. Zwar habe der Beschwerdeführer seine Taten zwischenzeitlich mit Hilfe des psychologischen Dienstes aufgearbeitet, am Anti-Gewalt-Training teilgenommen und das Abitur erreicht sowie ein verbessertes Vollzugsverhalten gezeigt. Dennoch müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne. Hinzu komme die in der Haftzeit erfolgte strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen einer Betäubungsmittelstraftat. Eine verlässliche Prognose könne derzeit noch nicht erstellt werden. Fraglich sei zudem, inwieweit vor der Gewährung von Vollzugslockerungen noch ein externes Gutachten erforderlich werde. Erst nach Festlegung der Mindestverbüßungsdauer könne die Lockerungseignung geprüft werden. Die erfolgte Abwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Argumente, insbesondere seines Resozialisierungsinteresses, habe daher zu dem Ergebnis geführt, dass die Gewährung von Vollzugslockerungen nicht angezeigt sei.

36

Es kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit es sich hier um ein im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen handelte (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 1996 - 1 Vollz (Ws) 83/96 -, StV 1997, S. 32 f.; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Auflage 2008, § 11 Rn. 18; Kamann/Volckart, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Auflage 2006, § 115 Rn. 53; Schuler, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, § 115 Rn. 4 m.w.N. aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung). Denn jedenfalls beruht auch die nachgeschobene Begründung nicht auf der von Verfassungs wegen gebotenen Gesamtwürdigung der für die Frage der Lockerungseignung erheblichen Umstände (vgl. BVerfGE 64, 261 <277>; 70, 297 <312 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 1998 - 2 BvR 1951/96 -, NStZ 1998, S. 430 <431>), sondern auf der unhaltbaren Annahme, dass über die Lockerungseignung des Beschwerdeführers erst nach Festlegung der Mindestverbüßungsdauer befunden werden könne. Mit den Behauptungen, es müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne, und erst "nach Eingang der festgelegten Mindestverbüßungsdauer" könne "die Lockerungseignung geprüft werden", hat die Justizvollzugsanstalt in ihrer Stellungnahme nicht nur an der unzutreffenden ursprünglichen Begründungserwägung festgehalten, sondern zugleich in aller Deutlichkeit bekundet, dass entgegen ihrer Behauptung, es sei eine umfassende Abwägung erfolgt, die erforderliche nähere Prüfung der Lockerungseignung noch gar nicht stattgefunden hatte. Das damit eingestandene Prüfungs- und Abwägungsdefizit springt im Übrigen auch insofern ins Auge, als sich die Stellungnahme mit keinem Wort zu der Frage verhält, weshalb nicht ungeachtet etwaiger Prognoseunsicherheiten die Lockerungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVollzG dadurch gewährleistet werden können, dass Ausführungen mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris). Nachdem der Beschwerdeführer längst die Haftdauer überschritten hatte, jenseits derer einem zu lebenslanger Haft Verurteilten nach § 13 Abs. 1, 3 StVollzG sogar Urlaub aus dem geschlossenen Vollzug gewährt werden kann, waren Feststellungen dazu offensichtlich nicht entbehrlich.

37

Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den lockerungsbezogenen Inhalt der Vollzugsplanfortschreibung dennoch unbeanstandet gelassen hat, gehen an diesen Mängeln der angefochtenen Maßnahme der Justizvollzugsanstalt vorbei und sind auch sonst nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hat angenommen, Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr lägen beim Beschwerdeführer nicht vor; auf Flucht- oder Missbrauchsgefahr habe sich die Vollzugsanstalt auch nicht gestützt. Unter dieser Voraussetzung konnte die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt, Lockerungen vollzugsplanerisch jedenfalls bis zur Festsetzung der Mindestverbüßungszeit auszuschließen, nur auf der Grundlage einer Ermessensausübung dahingehend, dass Lockerungen unabhängig von den Versagungsgründen nach § 11 Abs. 2 StVollzG nicht zu gewähren seien, Bestand haben (vgl. zur Zulässigkeit rein ermessensbasierter Versagung von Vollzugslockerung statt vieler Arloth, StVollzG, 2. Auflage 2008, § 11 Rn. 3, 12; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 26). Dass die Justizvollzugsanstalt eine Ermessensentscheidung in diesem Sinne getroffen habe, hat das Landgericht offenbar auch angenommen. Zu deren Rechtfertigung wären aber, voraussetzungsgemäß, von der Frage des Vorliegens einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr unabhängige Ermessensgründe erforderlich gewesen. Tragfähige Gründe dieser Art hat das Landgericht nicht festgestellt; sie waren - ganz abgesehen von den Grenzen des zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren - auch weder in der Vollzugsplanfortschreibung noch in der behördlichen Stellungnahme zum Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung aufzufinden. In der behördlicherseits angeführten Begründung, dass zunächst die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden müsse, offenbarte sich vielmehr je nachdem, ob dies als Rechts- oder als Ermessenserwägung aufzufassen war, ein Ermessensnichtgebrauch oder -fehlgebrauch.

IV.

38

1. Der Beschluss des Landgerichts beruht auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Er ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben, soweit er die in der Vollzugsplanfortschreibung vom 10. Oktober 2007 getroffene Feststellung zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen betrifft. Die Sache ist insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts, das allein in dieser Frage mit der Rechtsbeschwerde angerufen war, wird damit gegenstandslos.

39

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Aachen vom 25. Februar 2009 - 33 Vollz 623/08 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Mai 2009 - 1 Vollz (Ws) 269/09 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 GG.

Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Aachen zurückverwiesen.

...

Gründe

I.

1

1. Der Beschwerdeführer verbüßt seit August 1993 eine lebenslange Freiheitsstrafe. Die Mindestverbüßungsdauer hat das Landgericht mit Beschluss vom 30. Januar 2008 auf 20 Jahre festgesetzt.

2

Im Februar 2007 beantragte der Beschwerdeführer bei der Justizvollzugsanstalt eine gefesselte Ausführung. Während der zurückliegenden Haftzeit von dreizehneinhalb Jahren habe er sich stets gut geführt und diverse Therapien absolviert. Die Justizvollzugsanstalt habe bereits im Jahr 2004 festgestellt, dass bei ihm keine Flucht- oder Missbrauchsgefahrbestehe. Nach so langer Vollzugsdauer verliere er die Vorstellung vom normalen Lebensablauf außerhalb der Anstalt, was seine Reintegration in Frage zu stellen drohe.

3

Mit angegriffenem Bescheid vom 13. Juli 2007 lehnte die Justizvollzugsanstalt den Antrag ab. Beim Beschwerdeführer seien massive Persönlichkeitsstörungen gutachterlich diagnostiziert, die auf einer ungünstigen Sozialisation beruhten. Die bisherigen Behandlungen hätten zwar zu erkennbaren Verbesserungen geführt; diese genügten jedoch nicht, um eine Flucht- und Missbrauchsgefahr mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen zu können. Aufgrund der fortbestehenden Persönlichkeitsproblematik sei zu befürchten, dass er eine Ausführung zur Flucht und/oder zur Begehung neuer Straftaten missbrauchen werde.

4

2. Gegen diese Entscheidung stellte der Beschwerdeführer unter dem 7. Juli 2008 Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Sein mit beigefügtem Schreiben vom 18. Juli 2007 eingelegter Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid sei nicht beschieden worden. Die Ablehnung der Ausführung verletze seinen Resozialisierungsanspruch. Er habe Anspruch auf entlassungsvorbereitende Lockerungen. Die Justizvollzugsanstalt habe im Jahr 2005 anlässlich der Ablehnung eines gleichlautenden Antrags in einer Stellungnahme ausgeführt, dass bei der Verwendung von Fesseln und Begleitung durch Vollzugsbedienstete eine Flucht- und Missbrauchsgefahr mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Damals sei der Antrag abgelehnt worden, weil eine Ausführung zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit nicht erforderlich sei; mit diesem Gesichtspunkt setze sich die Justizvollzugsanstalt nun nicht mehr auseinander.

5

Die Justizvollzugsanstalt nahm dahingehend Stellung, dass das Widerspruchsschreiben des Beschwerdeführers bislang nicht vorgelegen habe. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig, aber nicht begründet. Die Flucht- und Missbrauchsgefahr könne bei einer von Beamten der Justizvollzugsanstalt begleiteten gefesselten Ausführung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Personallage der Justizvollzugsanstalt zwinge jedoch dazu, Prioritäten bei der Gewährung bewachter Ausführungen zu setzen. Ausführungen nach § 11 StVollzG könnten neben Ausführungen aus wichtigem Anlass nur eingeschränkt ermöglicht werden. Zu lebenslanger Haft Verurteilten würden Ausführungen gewährt, um schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken, oder als Einstieg in den Lockerungsprozess. Der Beschwerdeführer gehöre zu keiner dieser beiden Fallgruppen. Ein Einstieg in den Lockerungsprozess sei derzeit nicht vorgesehen, und es sei weder ein Verlernen von autonomen Lebenstechniken noch ein erhöhtes Maß an Unselbständigkeit feststellbar. Die beantragte Ausführung sei daher zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit nicht erforderlich.

6

Der Beschwerdeführer entgegnete, er könne nach Ablauf der Mindestverbüßungsdauer nur entlassen werden, wenn er zuvor innerhalb eines Jahres zwei gefesselte Ausführungen sowie innerhalb eines weiteren Jahres zwei ungefesselte Ausführungen absolviert habe, ihm Urlaub gewährt worden sei und er sich zwei Jahre lang im offenen Vollzug bewährt habe. Damit sei der noch verbleibende Zeitraum ausgefüllt. Durch die Versagung der gefesselten Ausführung vereitele die Justizvollzugsanstalt seine Entlassung im August 2013. Personalknappheit sei kein Grund, der die Ablehnung rechtfertigen könnte. Der Ansicht der Justizvollzugsanstalt, dass bei ihm keine schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs vorlägen, sei nicht zu folgen. Er kenne weder den Euro noch den Umgang mit dem Handy, dem PC und dem Internet. Die drastischen Veränderungen im technischen und damit auch im alltäglichen Bereich seien völlig an ihm vorbeigegangen. Auch der gesamte städtische Lebensraum habe sich seit seiner Inhaftierung nachhaltig verändert.

7

3. Mit angegriffenem Beschluss vom 25. Februar 2009 wies das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Der Antrag sei zulässig; der Beschwerdeführer habe durch Vorlage eines Fax-Sendeberichts glaubhaft gemacht, dass er das Seinige getan habe, um eine Widerspruchsentscheidung herbeizuführen. Jedoch sei der Antrag unbegründet. Das Gericht könne die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt nur auf Ermessensüberschreitung oder zweckwidrigen Ermessensgebrauch hin prüfen. Maßgeblich seien insbesondere Gründe, die den Stand des Behandlungsprozesses und die Geeignetheit der Maßnahme zur Erreichung des Vollzugsziels beträfen. Eine Ausführung könne die Justizvollzugsanstalt auch aus situativen Gründen, etwa weil nicht genügend Bedienstete verfügbar seien, ablehnen. Nach diesen Maßstäben lägen Ermessensfehler nicht vor. Zwar dürfe durch das Nachschieben von Gründen der Rechtsschutz des Antragstellers nicht verkürzt werden; die angefochtene Maßnahme dürfe nicht in ihrem Wesen verändert und dem Antragsteller die Rechtsverteidigung nicht unzumutbar erschwert werden. So dürfe die Vollzugsbehörde keine neuen oder dem Antragsteller unbekannten oder zwar bekannten, von ihr aber ersichtlich außer Betracht gelassenen Tatsachen nachschieben. Danach liege hier ein unzulässiges Nachschieben von Gründen nicht vor, da die Praxis der Justizvollzugsanstalt dem Beschwerdeführer bereits aus einem früheren Widerspruchsverfahren bekannt gewesen sei. Die Justizvollzugsanstalt müsse denknotwendig innerhalb der ihr durch die Personalsituationvorgegebenen Grenzen agieren. Wenn sie ihr Ermessen zur angestrebten Gleichbehandlung aller Gefangenen dahingehend binde, dass sie Ausführungen nur in den genannten zwei Fallgruppen gewähre, sei dies sachgerecht und nicht zu beanstanden. Auch der Beschwerdeführer behaupte nicht, dass er autonome Lebenstechniken verlernt habe oder ein erhöhtes Maß an Unselbständigkeit aufweise. Da die Justizvollzugsanstalt den Stand des Behandlungsprozesses in ihre Ermessensentscheidung aufnehmen dürfe, dürfe sie dem Beschwerdeführer auch die Eignung zum Einstieg in den Lockerungsprozess absprechen. Von einer weiteren Begründung könne abgesehen werden, da das Gericht im Ergebnis den Gründen der angefochtenen Entscheidung in vollem Umfang folge (§ 115 Abs. 1 Satz 4 StVollzG).

8

4. Mit der Rechtsbeschwerde (§ 116 Abs. 1 StVollzG) machte der Beschwerdeführer geltend, der Beschluss des Landgerichts verletze ihn in seinem Resozialisierungsanspruch. Die Entscheidung verstoße gegen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach bei zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten ein sinnvoller Behandlungsvollzug stattfinden müsse und den Interessen des Gefangenen an der Bewahrung vor schädlichen Folgen aus langjähriger Inhaftierung und an der Erhaltung seiner Lebenstüchtigkeit umso höheres Gewicht zukomme, je länger die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe dauere. Der Staat könne sich in diesem Zusammenhang nicht auf fehlende personelle und finanzielle Ressourcen berufen. Der angegriffene Beschluss lasse zu Unrecht den von der Justizvollzugsanstalt einzig angeführten Grund, nämlich die Personalknappheit, genügen. Der Staat könne sich der Verantwortung für die Einhaltung verfassungsrechtlicher Garantien nicht mit dieser Begründung entziehen. Der Beschluss verkenne zudem die Dringlichkeit von Vollzugslockerungenangesichts der bisherigen Vollzugsdauer; mit den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers - insbesondere zur zeitlichen Staffelung von Vollzugslockerungen zwecks Entlassungsvorbereitung - habe sich das Landgericht nicht hinreichend auseinandergesetzt.Entlassungsvorbereitungen in Form von Vollzugslockerungen hätten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts frühestmöglich im Hinblick auf den frühestmöglichen Entlassungszeitpunkt zu erfolgen.

9

5. Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 25. Mai 2009 die Rechtsbeschwerde als unzulässig; es sei nicht geboten, die Nachprüfung des Beschlusses des Landgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1, § 119 Abs. 3 StVollzG).

10

6. Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts auf Resozialisierung und seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG. Die Ausführungen in den angegriffenen Beschlüssen stünden in krassem Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach stehe auch zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe Verurteilten die Möglichkeit zu, die Freiheit wiederzuerlangen, hätten Vollzugslockerungen so früh einzusetzen, dass die Grundlagen für eine Prognoseentscheidung zum frühestmöglichen Entlassungszeitpunkt geschaffen würden, und hätten die Strafvollstreckungskammern darauf hinzuwirken, dass die Grundlagen für diese Prognoseentscheidung durch die Justizvollzugsanstalt geschaffen worden seien.

11

Der frühestmögliche Entlassungszeitpunkt werde bei ihm erst in ungefähr vier Jahren (August 2013) eintreten. Die Einholung des für eine Entlassung erforderlichen Gefährlichkeitsgutachtens werde wegen Überlastung der Gutachter vier bis fünf Monate dauern, so dass das Überprüfungsverfahren gemäß § 57a StGB spätestens im März 2013 zu erfolgen habe. Seien bis dahin keine Lockerungen gewährt worden, werde das Gericht gegebenenfalls gar nicht die Einholung eines Gefährlichkeitsgutachtens erwägen. Ferner habe die Gewährung von Lockerungen maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis des Gefährlichkeitsgutachtens und beeinflusse die Entscheidung über die Mindestverbüßungsdauer.

12

7. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, hat sich zu der Frage geäußert, ob der Beschwerdeführer vor Klageerhebung Widerspruch gegen den Bescheid der Justizvollzugsanstalt erhoben hatte. Dies sei nicht der Fall; ein Schreiben des Bevollmächtigten sei damals nicht aktenkundig gewesen. Im Übrigen hat das Justizministerium von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

13

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Vorraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung(§ 93cAbs. 1BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

14

1. Für die Zulässigkeit und Annahmefähigkeit der Verfassungsbeschwerde kommt es nicht darauf an, ob ein vom Beschwerdeführer eingelegter Widerspruch bei den Justizbehörden erst im fachgerichtlichen Verfahren aktenkundig geworden ist. Im Hinblick auf die erforderliche Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) ist dies ohne Belang, da das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 113 StVollzG als zulässig behandelt hat. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch Vorlage eines Fax-Sendeberichtsglaubhaft gemacht habe, zur Einlegung des Widerspruchs das seinerseits Erforderliche getan zu haben. Bedenken gegen diese Einschätzung sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Danach spricht auch nichts dafür, dass wegen eines fehlenden oder unzureichend durchgeführten Widerspruchsverfahrens der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsschutzziel auch im Fall der Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse und Zurückverweisung der Sache letztlich keinen Erfolg haben könnte und die Verfassungsbeschwerde deshalb mangels eines bei Nichtannahme drohenden besonders schweren Nachteils (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>) nicht zur Entscheidung anzunehmen sein könnte.

15

2. Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG.

16

a) aa) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein zukünftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 116, 69 <85 f.> m.w.N.; stRspr). Besonders bei langjährig im Vollzug befindlichen Personen erfordert dies, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <277>; 98, 169 <200>; 109, 133 <150 f.>).

17

Das gilt auch, wenn der Betroffene zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt ist, zumal dem Gefangenen auch in diesem Fall eine Chance verbleiben muss, eines Tages die Freiheit wiederzuerlangen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238 ff.>; 109, 133 <150 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1133>, und der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, StV 2011, S. 488 <490>). Androhung und Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe finden ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <272 f.>; 109, 133 <150 f.>). Der Gesetzgeber hat dementsprechend im Strafvollzugsgesetz auch dem Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe ein Behandlungs- und Resozialisierungskonzept zugrunde gelegt (BVerfGE 117, 71 <91>). Der Wiedereingliederung des Delinquenten dienen unter anderem die Vorschriften über Vollzugslockerungen(vgl. BVerfG, a.a.O., S. 92). Erstrebt ein Gefangener Vollzugslockerungen(§ 11Abs. 1StVollzG), so wird er daher durch deren Versagung in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse berührt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris, Rn. 3, und der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32).

18

bb) Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Vollzugsgestaltung gelten nicht nur nach Maßgabe dessen, was an Verwaltungs- oder Justizeinrichtungentatsächlich oder üblicherweise vorhanden ist (vgl. BVerfGE 15, 288 <296>; 34, 369 <380 f.>; 40, 276 <284>; 116, 69 <89 f.>). Zwar können sich Grenzen für die Möglichkeit der Durchführung von Behandlungsmaßnahmen auch aus der räumlichen und personellen Ausstattung der Justizvollzugsanstalt ergeben (vgl. BVerfGE 42, 95 <100 f.>). Der Strafgefangene kann nicht verlangen, dass unbegrenzt personelle und sonstige Mittel aufgewendet werden, um Beschränkungen seiner grundrechtlichen Freiheiten zu vermeiden (vgl. BVerfGE 34, 369 <380 f.>; 34, 384 <402>; 35, 307 <310>; 42, 95 <100 f.>; BVerfGK 13, 163 <166>; 13, 487 <492>). Andererseits kann aber der Staat grundrechtliche und einfachgesetzlich begründete Ansprüche Gefangener nicht nach Belieben dadurch verkürzen, dass er die Vollzugsanstalten nicht so ausstattet, wie es zur Wahrung ihrer Rechte erforderlich wäre. Vielmehr setzen die Grundrechte auch Maßstäbe für die notwendige Beschaffenheit staatlicher Einrichtungen. Der Staat ist verpflichtet, Vollzugsanstalten in der zur Wahrung der Grundrechte erforderlichen Weise auszustatten (vgl. BVerfGE 40, 276 <284>; 45, 187 <240>; BVerfGK 13, 163 <168 f.>; 13, 487 <492 f.> m.w.N.).

19

Sind vorhandene Vollzugseinrichtungen und deren Ausstattung so beschaffen, dass Rechte der Gefangenen nicht gewahrt werden können, ohne dass dadurch Rechte anderer Gefangener oder sonstige Belange von vergleichbarem Gewicht beeinträchtigt werden, so folgt auch hieraus nicht, dass die insoweit auf der einen oder anderen Seite unvermeidlichen Beeinträchtigungen ohne weiteres und unabhängig von laufenden Bemühungen um kurzfristige Abhilfe als rechtmäßig hinzunehmen wären (vgl. BVerfGK 13, 487 <493> m.w.N.). Die Frage, wie mit derartigen Notsituationen umzugehen ist, stellt sich im Übrigen erst, wenn feststeht, dass eine auch mit besonderem Einsatz nicht vermeidbare Notsituation tatsächlich vorliegt. Drohen aufgrund unzureichender Ausstattung von Haftanstalten Beeinträchtigungen, die normalerweise von Rechts wegen nicht hinnehmbar sind, so sind - unbeschadet der Pflicht der zuständigen Organe, für eine dauerhafte Verbesserung der Ausstattung zu sorgen - den zuständigen Anstalten und ihren Trägern besondere Anstrengungen zum Ausgleich des Mangels und zur zügigen Abhilfe abzuverlangen; das Niveau der "zumutbaren Anstrengungen" (vgl. BVerfGE 42, 95 <102>) bemisst sich insoweit nach der staatlichen Verantwortung für die Ausstattung des Vollzuges mit den für die rechtmäßige Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Mitteln (vgl. BVerfGK 13, 487 <493>).

20

cc) Die hiernach entscheidungserheblichen Umstände haben die Gerichte aufzuklären. Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die rechtsstaatlich gebotene Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten materiellen Rechte nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 4, 119 <127 f.>; 13, 487 <493>). Das Rechtsstaatsprinzip, die materiell berührten Grundrechte und das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG sind verletzt, wenn grundrechtseingreifende Maßnahmen im Haftvollzug von den Gerichten ohne zureichende Sachverhaltsaufklärung als rechtmäßig bestätigt werden (vgl. BVerfGK 13, 487 <493 f.>).

21

b) Nach diesen Maßstäben kann der angegriffene Beschluss des Landgerichts keinen Bestand haben, weil er sowohl das Gewicht der betroffenen grundrechtlichen Belange des Beschwerdeführers als auch die verfassungsrechtlichen Grenzen möglicher Rechtfertigung der Ablehnung von Lockerungen durch Personalknappheit und die daraus folgenden Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung verkennt.

22

Es kann offen bleiben, ob Grundrechte des Beschwerdeführers bereits dadurch verletzt sind, dass das Landgericht seiner Prüfung eine im gerichtlichen Verfahren ausgewechselte Begründung der Justizvollzugsanstalt für ihren ablehnenden Bescheid zugrundegelegt und damit ein im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zulässiges Nachschieben von Ermessensgründen hingenommen hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 1996 - 1 Vollz (Ws) 83/96 -, StV 1997, S. 32 <32>; OLG Hamburg, Beschluss vom 21. August 2008 - 3 Vollz (Ws) 34/08 -, juris, Rn. 21 ff.; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 11 Rn. 18; Kamann/Volckart, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Aufl. 2006, § 115 Rn. 53; Schuler/Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl. 2009, § 115 Rn. 4 m.w.N.). Denn auch ausgehend von der ausgewechselten Begründung wird der Beschluss des Landgerichts den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.

23

Wenn das Gericht dem Beschwerdeführer entgegenhält, er selbst behaupte nicht, dass er autonome Lebenstechniken verlernt habe oder ein erhöhtes Maß an Unselbständigkeit aufweise, verfehlt es - wie zuvor schon die Justizvollzugsanstalt - den Sinn des grundrechtlichen Gebots, einem Verlust der Lebenstüchtigkeit des Beschwerdeführers nach Möglichkeit entgegenzuwirken (s. unter a) aa)). Dieses Gebot bezieht sich als Element der staatlichen Verpflichtung, den Haftvollzug am Resozialisierungsziel auszurichten, offensichtlich nicht nur auf den Verlust von für das Leben in Haft bedeutsamen Fähigkeiten, sondern gerade auch auf die Erhaltung der Tüchtigkeit für ein Leben in Freiheit. Der Gefangene soll so lebenstüchtig bleiben, dass er sich im Falle einer Entlassung aus der Haft im normalen Leben wieder zurechtfindet (vgl. BVerfGE 45, 187 <240>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 1997 - 2 BvR 615/97 -, NStZ-RR 1998, S. 121 <122>, und vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1133>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, StV 2011, S. 488 <490>). Mit der Annahme, das Gebot, die Lebenstüchtigkeit des Gefangenen nach Möglichkeit zu erhalten, greife erst ein, wenn der Gefangene Anzeichen einer haftbedingten Depravation aufweist, die sich bereits als Einschränkungen seiner Lebenstüchtigkeit unter den Verhältnissen der Haft bemerkbar machen, wird es daher grundlegend missverstanden. Dem hohen Gewicht, das dem Resozialisierungsinteresse des Beschwerdeführers nach mehr als zehnjähriger Haftverbüßung für die Ermessensentscheidung der Justizvollzugsanstalt zukam (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 1997 - 2 BvR 615/97 -, NStZ-RR 1998, S. 121 <122 f.>), hat das Landgericht auf diese Weise nicht im Geringsten Rechnung getragen.

24

Der angegriffene Beschluss verfehlt die verfassungsrechtlichen Anforderungen zudem auch dadurch, dass er sich mit den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgezeigten Grenzen der Möglichkeit, Versagungen durch Personalknappheit zu rechtfertigen (s. unter a) bb)), nicht auseinandersetzt, obwohl dies angesichts des Gewichts der berührten grundrechtlichen Belange des Beschwerdeführersoffensichtlich angezeigt war. Infolgedessen ist auch die insoweit erforderliche Sachverhaltsaufklärung unterblieben (s. unter a) cc)). Weder hat das Gericht nähere Feststellungen zu Art und Dauer der von der Justizvollzugsanstalt angeführten Mangellage getroffen noch geprüft, ob und welche Abhilfemaßnahmen von der Justizvollzugsanstalt ergriffen beziehungsweise beantragt wurden und ob und welche besonderen Anstrengungen ihr zumindest vorübergehend zumutbar sind, um sicherzustellen, dass die gesetzlich eröffnete Möglichkeit von Vollzugslockerungen nicht in einer mit dem dahinterstehenden Resozialisierungsziel unvereinbaren Weise leerläuft.

25

3. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgericht verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

26

a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

27

b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.

28

§ 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt es dem Strafsenat, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn er die Beschwerde für unzulässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Da der Strafsenat von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), Gebrauch gemacht hat, liegen über die Feststellung im Beschlusstenor hinaus, dass die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannte Voraussetzung der Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde - Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - nicht vorlägen, Entscheidungsgründe, die das Bundesverfassungsgericht einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss selbst sich verfassungsrechtlicher Prüfung entzöge oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführerserhebliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 1993 - 2 BvR 251/93 -, juris, Rn. 4; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -, juris, Rn. 33). Dies ist angesichts der offenkundigen inhaltlichen Abweichung des landgerichtlichen Beschlusses von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, juris, Rn. 7), auf die der Beschwerdeführer zudem bereits mit seinem ersten Rechtsbeschwerdeschriftsatz hingewiesen hat, hier der Fall.

III.

29

1. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf den festgestellten Grundrechtsverstößen. Gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG sind sie aufzuheben und ist die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

30

2. Die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren sind dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Koblenz, Strafvollstreckungskammer Diez, vom 13. Dezember 2007 - 7 StVK 432/07 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er die in der Vollzugsplanfortschreibung vom 10. Oktober 2007 getroffene Feststellung zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen betrifft.

2. Der Beschluss des Landgerichts wird im genannten Umfang aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

3. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 5. März 2008 - 2 Ws 52/08 (Vollz) - wird damit gegenstandslos.

4. Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Vollzugsanstalt D. seit 1994 eine lebenslange Freiheitsstrafe. Im Strafurteil wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen eine die Nichtgewährung von Lockerungen betreffende Feststellung in der Fortschreibung seines Vollzugsplans.

2

1. Für den Beschwerdeführer wurde unter dem 10. Oktober 2007 eine Vollzugsplanfortschreibung erstellt, in der es zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen heißt, erst "im Anschluss" an die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer "können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen", und bevor "der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden".

3

Im Einzelnen hat die Vollzugsplanfortschreibung folgenden Inhalt:

4

"Der Gefangene verbleibt weiterhin im geschlossenen Vollzug der Vollzugsabteilung B.

5

Während der Haft gelang es Herrn M., das Fachabitur erfolgreich abzuschließen (Prüfung am 26.06.2007 mit der Durchschnittsnote 2,6). Auf das Abitur aufbauend begann er nunmehr als Vollzeitstudent ein Studium (Politik und Organisation). Der Studiengang (Bachelor) dauert 3 Jahre, für den Master müsste er noch 2 Jahre länger studieren. Der Gefangene erscheint hoch motiviert noch während der Haft den Studiengang der Fernuniversität Hagen erfolgreich abzuschließen.

6

Inzwischen wurde mit Schreiben vom 16.04.2007 zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer Stellung genommen. Mit der Festlegung der Mindestverbüßungsdauer wird zum Ende des Jahres gerechnet. Erst im Anschluss daran können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen.

7

Während der Konferenz wurde nochmals auf die Stellungnahme des psychologischen Dienstes eingegangen. Darin äußerte OPR W., dass Herr M. zwar zu diszipliniertem Lebenswandel und zu zielorientierter Arbeit fähig sei, es gäbe an den Schilderungen und Darstellungen des Gefangenen eigentlich nichts, worüber ein Diagnostiker im Hinblick auf eine günstige Prognose stolpern müsste. Herr M. habe die Motive seiner Tatbegehung verstanden, Scham und Betroffenheit entwickelt, diese auch zulassen können und habe zudem neue und andere Perspektiven für ein künftiges Leben entwickelt. Er habe sich einer Psychotherapie unterzogen und sein anfangs kämpferisches Verhalten im Vollzug reflektiert und weitestgehend aufgegeben. Dennoch stellten sich beim Diagnostiker Gefühle von Zweifel und Unsicherheit ein, ob die Regungen und Gefühlsschilderungen echt und authentisch waren.

8

In der Konferenz versucht Herr M. in den psychologischen Gesprächen ehrlich zu sein. Auf Nachfrage, ob er sich tatsächlich verändert hätte, gibt er an, er habe das Unrecht der Tat eingesehen und würde sich heute vom Querulantentum distanzieren.

9

Auf das Angebot, in den Wohngruppenvollzug der Vollzugsabteilung E verlegt zu werden, möchte er nur eingehen, wenn ihm eine Einzelzelle angeboten wird oder wenn er einen passenden Gefangenen für eine Gemeinschaft findet. Er begründet dies mit dem hier anvertrauten Umfeld und den eingeschränkten Sportmöglichkeiten im E-Flügel. Im Übrigen hätte er in der JVA F. ausreichend den Wohngruppenvollzug praktiziert. Dennoch ist er bereit, sich den E-Flügel persönlich vor seiner endgültigen Entscheidung anzuschauen.

10

Das Vollzugsverhalten ist weiterhin beanstandungsfrei. Innerhalb der Vollzugsabteilung wird er als ruhig und freundlich beschrieben. Er nehme an Freizeitaktivitäten (z.B. Tischtennisauswahl) teil, tätige Umschluss und kommt den Weisungen der Bediensteten nach.

11

Regelmäßig führt Herr M. Besuchsüberstellung zu seiner Schwester nach K. durch. Ansonsten pflegt er Kontakt zu seinen Eltern (I.) und einem ehemaligen Strafgefangenen.

12

Bevor der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden.

13

Unregelmäßige Urinkontrollen sind weiterhin angezeigt, auch wenn Herr M. sich bislang vom Drogenkonsum innerhalb der Anstalt distanzierte."

14

2. a) Der Beschwerdeführer stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG). Die Ablehnung jeglicher Vollzugslockerung verletze ihn in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Resozialisierungsinteresse. Die pauschale Bezugnahme auf die noch nicht erfolgte Festlegung der Mindestverbüßungszeit als Grund für die Verwehrung jeglicher Vollzugslockerungen sei keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob nunmehr Vollzugslockerungen gewährt werden könnten. Es fehle an der notwendigen umfassenden Abwägung der für und gegen die Gewährung von Vollzugslockerungen sprechenden Umstände. Besonders schwer wiege, dass die Fortschreibung nicht erkennen lasse, auf welchen gesetzlichen Versagungsgrund oder auf welche Ermessenserwägungen die ablehnende Entscheidung sich stütze. Die Vollzugsanstalt habe verkannt, dass die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld im Urteil des Schwurgerichts nicht notwendigerweise zu einer Verlängerung der Mindestvollstreckungsdauer von 15 Jahren führen müsse. Denn auch in den Fällen, in denen das Vorliegen besonderer Schwere der Schuld durch das erkennende Gericht festgestellt wurde, müsse gemäß § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB geprüft werden, ob die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung gebiete.

15

Daneben erhob der Beschwerdeführer weitere Einwände gegen die Vollzugsplanfortschreibung. Von der Darstellung dieser Beanstandungen und ihrer Behandlung durch das Landgericht wird abgesehen, da die Verfassungsbeschwerde sich hierauf nicht bezieht.

16

b) Die Vollzugsanstalt führte in ihrer Stellungnahme aus, Lockerungen orientierten sich auch am voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, zumal im Strafurteil - das bei dem vom Beschwerdeführer begangenen Tötungsdelikt drei Mordmerkmale festgestellt habe - festgehalten worden sei, dass die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren deutlich überschritten werden müsse. Zwar habe der Beschwerdeführer die Taten zwischenzeitlich mit Hilfe des psychologischen Dienstes aufgearbeitet, am Anti-Gewalt-Training teilgenommen und das Abitur erreicht sowie ein verbessertes Vollzugsverhalten gezeigt. Dennoch müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beschwerdeführer in der Haft wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer weiteren Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden sei. Derzeit könne noch keine verlässliche Prognose erstellt werden. Fraglich sei zudem, inwieweit vor der Gewährung von Vollzugslockerungen noch ein externes Gutachten erforderlich werde. Erst nach Eingang der festgelegten Mindestverbüßungsdauer könne die Lockerungseignung geprüft werden. Nach Abwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Argumente und insbesondere des Resozialisierungsinteresses des Gefangenen sei die Vollzugsplankonferenz zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gewährung von Vollzugslockerungen nicht angezeigt sei.

17

c) Der Beschwerdeführer erwiderte, das Strafvollzugsgesetz lasse auch im Falle des Vollzugs lebenslanger Freiheitsstrafen bereits nach zehn Jahren Verbüßungsdauer die Gewährung von Urlaub zu. Damit habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass er auch bei einer weiteren zu verbüßenden Haftzeit von mindestens weiteren fünf Jahren die Gewährung einer weitreichenden Vollzugslockerung wie Urlaub für vertretbar halte. Die Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen sei unabhängig von der Frage der Aussetzung des Strafrests zur Bewährung und einem in diesem Zusammenhang gegebenenfalls einzuholenden Gutachten zu treffen, zumal erfolgreich durchlaufene Vollzugslockerungen entscheidende Anknüpfungstatsachen im Rahmen der vollstreckungsrechtlichen Gesamtwürdigung seien.

18

d) Mit angegriffenem Beschluss vom 13. Dezember 2007 wies das Landgericht den Antrag als unbegründet zurück. Der Gefangene habe keinen Anspruch auf Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Vollzugsplan, sondern lediglich Anspruch auf diesbezüglich ermessensfehlerfreie Entscheidung. Ein Ermessensfehler sei hier - auch hinsichtlich der Gewährung von Vollzugslockerungen - nicht ersichtlich. Die Vollzugsanstalt habe unter Zugrundelegung ihrer Kenntnisse und ihrer Würdigung zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers und seines Vollzugsverhaltens Abwägungen vorgenommen, die Ermessensfehler nicht erkennen ließen.

19

Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr lägen beim Beschwerdeführer nicht vor; auf Flucht- oder Missbrauchsgefahr habe sich die Vollzugsanstalt nicht gestützt. Vielmehr habe sie unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen eine Verlegung sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Persönlichkeit sowie der Entwicklung und des Verhaltens des Beschwerdeführers im Strafvollzug eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass auch positive Gesichtspunkte, die für die Gewährung von Lockerungen sprechen könnten, aufgeführt worden seien. Entscheidend seien für die Vollzugsanstalt die Persönlichkeit des Beschwerdeführers sowie der noch ausstehende Beschluss zur Mindestverbüßungszeit gewesen. Zwar habe die Vollzugsanstalt - insoweit sei den Ausführungen des Beschwerdeführers zu folgen - eine von der Festsetzung der Mindestverbüßungszeit unabhängige Gesamtabwägung der Umstände vorzunehmen. Allerdings sei auch zu beachten, dass sich die Gewährung von Vollzugslockerungen als Form der Behandlungsmaßnahme insbesondere auch als eine Entlassungsvorbereitung darstelle. Zwar könne allein der Umstand, dass der Zeitpunkt der Entlassung noch nicht absehbar sei, die Versagung von Vollzugslockerungen nicht begründen. Entscheidend träten jedoch weitere Faktoren hinzu. So sei der Beschwerdeführer während der Haft erneut straffällig geworden; auch könne die Vollzugsanstalt unter Zugrundelegung des Eindrucks, den sie durch den persönlichen Umgang mit dem Beschwerdeführer habe gewinnen können, nicht hinreichend verlässlich bewerten, inwieweit die Aufarbeitung und das Verhalten des Beschwerdeführers von Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit bestimmt seien, so dass eine verlässliche positive Prognose nicht gestellt werden könne.

20

3. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Es fehle an einer vollständigen Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts. Die Strafvollstreckungskammer dürfe den Sachvortrag einer Seite nicht ungeprüft zugrundelegen. Diese hätte die Gefangenenpersonalakte mit der Stellungnahme des psychologischen Dienstes beiziehen müssen und Feststellungen in der Vollzugsplanfortschreibung nicht ungeprüft übernehmen dürfen. Im Fall der Beiziehung der Gefangenenpersonalakte und der Stellungnahme des Psychologischen Dienstes wäre der Kammer nicht verborgen geblieben, dass in der Stellungnahme nur von einem "Graubereich des leichten Zweifels" die Rede sei und nicht von "Zweifeln daran, ob die Regungen und Gefühlsschilderungen des Antragsstellers echt seien". Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum das Gericht davon ausgehe, dass Lockerungen vor dem Ergehen eines Beschlusses über die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht gewährt werden könnten, obwohl es zu dem Ergebnis gekommen sei, dass weder für eine Flucht- noch für eine Missbrauchsgefahr Anhaltspunkte vorlägen. Die Kammer habe zudem übersehen, dass es für die ausstehende Entscheidung über eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung ganz wesentlich darauf ankomme, ob er sich bereits im Rahmen von Vollzugslockerungen bewährt habe. Die ermessensfehlerhafte Versagung von Lockerungen nehme ihm die Möglichkeit, durch erfolgreiches Durchlaufen von Vollzugslockerungen zu einer ausreichenden Bandbreite an prognostisch bedeutsamen Anknüpfungstatsachen beizutragen. Er befinde sich seit mehr als 14 Jahren in Haft. Bislang seien ihm keinerlei Lockerungen, nicht einmal Ausführungen, gewährt worden.

21

Mit angegriffenem Beschluss vom 5. März 2008 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig; die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

II.

22

1. Mit seiner gegen den Beschluss des Landgerichts, soweit er die lockerungsbezogene Vollzugsplanfortschreibung betrifft, und gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die gerichtliche Bestätigung der auf die fehlende Festlegung der Mindestverbüßungszeit gestützten Versagung von Vollzugslockerungen verletze ihn in seinem durch Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Resozialisierungsinteresse. Die Strafvollstreckungskammer habe verkannt, dass der Gesetzgeber einen Zeitrahmen für die Gewährung von Vollzugslockerungen gerade nicht vorgesehen habe. Abgesehen von der in § 13 Abs. 3 StVollzG genannten Ausnahme sei die Gewährung von Vollzugslockerungen nach dem Strafvollzugsgesetz auch bei zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen jederzeit unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVollzG möglich. Billigte man das Vorgehen der Justizvollzugsanstalt, so hätte dies zur Folge, dass zu lebenslanger Haft Verurteilte, bei denen die besondere Schwere der Schuld festgestellt sei, von jeglicher Vollzugslockerung - sogar von Ausführungen in Begleitung von Beamten - bis zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer ausgeschlossen wären. Dies sei unter Resozialisierungsgesichtspunkten unvertretbar.

23

2. Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz hat von einer Stellungnahme abgesehen.

24

3. Der Beschwerdeführer hat mitgeteilt, dass ihm nach wie vor keine Vollzugslockerungen gewährt werden.

III.

25

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Entscheidungskompetenz der Kammer ist gegeben (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG); die für die Entscheidung des Falles maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist danach zulässig (1.) und offensichtlich begründet im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG (2.).

26

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde stünde es nicht entgegen, wenn zwischenzeitlich eine weitere Fortschreibung des Vollzugsplans erfolgt sein sollte. Das Rechtsschutzinteresse wäre insoweit nicht wegen Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens entfallen.

27

Nach dem Stand der fachgerichtlichen Rechtsprechung steht schon nicht fest, ob die weitere Fortschreibung eines Vollzugsplans überhaupt zur Erledigung eines gegen die vorausgegangene Fortschreibung gerichteten Rechtsschutzbegehrens führt (verneinend Hanseatisches OLG, Beschluss vom 13.Juni 2007 - 3 Vollz (Ws) 26/07 u.a. -, juris; für die gegenteilige Auffassung vgl. Nachweise in BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Dezember 2009 - 2 BvR 244/08 -, juris).

28

Ein Rechtsschutzinteresse bestünde im Übrigen auch bei anzunehmender Erledigung fort. Dabei kann offen bleiben, ob sich dies im vorliegenden Fall bereits aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergibt (vgl. BVerfGK 8, 319 <322>). Ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse ist hier jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Fortbestehens beeinträchtigender Wirkungen der angegriffenen Entscheidungen und der zugrundeliegenden vollzugsbehördlichen Maßnahme (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 104, 220 <233>; 110, 77 <85 f.>) anzuerkennen. Denn für die Entscheidung über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung kommt es unter anderem darauf an, ob eine fehlende Erprobung des Gefangenen in Lockerungen auf rechtmäßiger oder auf rechtswidriger Versagung von Lockerungen beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2009 - 2 BvR 2009/08 -, EuGRZ 2009, S. 246 <249 f.>). In diesem Zusammenhang entfaltet die ungerechtfertigte Verneinung der Lockerungseignung in einer Vollzugsplanfortschreibung eine fortdauernde beeinträchtigende Wirkung, wenn sie von den Fachgerichten als rechtmäßig bestätigt wird. Bei gewichtigen Grundrechtsverstößen ist zudem von einem auch nach Erledigung fortbestehenden Interesse an der Gewährung verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes auszugehen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine verfassungsgerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>; 117, 244 <268>; BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschluss der 2.Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 - 2 BvR 785/93 -, juris). Angesichts der Bedeutung lockerungsbezogener Entscheidungen für die Chance des Betroffenen auf Wiedererlangung der Freiheit (vgl. BVerfGE 109, 133 <165 f.>; 117, 71 <108>) steht hier ein im Sinne dieses Grundsatzes gewichtiger Grundrechtsverstoß in Rede.

29

2. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

30

a) Der Vollzug von Freiheitsstrafen ist nicht nur kraft einfachen Gesetzesrechts (§ 2 Satz 1 StVollzG), sondern von Verfassungs wegen dem Ziel der Resozialisierung verpflichtet (vgl. BVerfGE 35, 202 <235 f.>; 116, 69 <85>; stRspr).

31

Der Vollzugsplan, zu dessen Aufstellung und kontinuierlicher Fortschreibung § 7 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StVollzG die Vollzugsbehörde verpflichtet, ist zentrales Element eines am Resozialisierungsziel ausgerichteten Vollzuges (vgl. BVerfGK 1, 3 <5 f.>; 9, 231 <236>). Er dient der Konkretisierung des Vollzugsziels im Blick auf den einzelnen Gefangenen und bildet mit richtungsweisenden Grundentscheidungen zum Vollzugs- und Behandlungsablauf einen Orientierungsrahmen für den Gefangenen wie für die Vollzugsbediensteten. Dies setzt voraus, dass der Plan auf die Entwicklung des Gefangenen und die in Betracht kommenden Behandlungsansätze in zureichender, Orientierung ermöglichender Weise eingeht (BVerfGK 9, 231 <236 f.> m.w.N.). Das gilt angesichts der Verpflichtung, auch dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten eine Chance zur Wiedererlangung seiner Freiheit zu eröffnen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238 f.>; 64, 261 <271 f.>; 98, 169 <200>), auch in Fällen lebenslanger Freiheitsstrafe. In diesen Fällen muss jedenfalls bei schon länger andauerndem Vollzug unabhängig davon, ob ein Entlassungszeitpunkt sich bereits konkret abzeichnet, die Vollzugsplanung besonders auch auf die Vermeidung schädigender Auswirkungen lang dauernden Freiheitsentzuges als ein wesentliches Teilelement des Resozialisierungsauftrages (vgl. BVerfGE 45, 187 <238 f.>; 98, 169 <200>) ausgerichtet sein (BVerfGK 9, 231 <237>). Die Bestimmungen über den Vollzugsplan begründen dabei eigenständige Rechte und Pflichten, die gegenüber den einzelne Vollzugsmaßnahmen betreffenden Rechten und Pflichten verselbständigt sind. Die demnach grundsätzlich gegebene Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch lockerungsbezogene Lücken oder Inhalte des Vollzugsplans besteht unabhängig davon, ob der Gefangene zuvor Lockerungen beantragt hat (vgl. BVerfGK 8, 319 <324>).

32

Erstrebt ein Gefangener Vollzugslockerungen (§ 11 Abs. 1 StVollzG), so wird er durch deren Versagung in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse berührt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris). Das gilt auch für einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten. Androhung und Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe finden ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <272 f.>; stRspr). Die Vollzugsanstalten sind mithin im Blick auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet, schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs, vor allem deformierenden Persönlichkeitsstörungen, die die Lebenstüchtigkeit ernsthaft in Frage stellen und es ausschließen, dass sich der Gefangene im Falle einer Entlassung aus der Haft im normalen Leben noch zurechtzufinden vermag, im Rahmen des Möglichen zu begegnen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <272 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris). Diesem Ziel dient der in § 13 Abs. 1 StVollzG geregelte Urlaub (vgl. BVerfGE 64, 261 <273>) ebenso wie ein mit Zustimmung des Gefangenen als Lockerung des Vollzugs angeordneter Ausgang oder eine Ausführung unter Aufsicht. Vollzugslockerungen machen es dem Gefangenen möglich, nach langem Freiheitsentzug wenigstens ansatzweise Orientierung für ein normales Leben zu suchen und zu finden. Je nach dem Erfolg dieser Orientierungssuche stellen sich die Lebensverhältnisse des Gefangenen günstiger oder ungünstiger dar. Für eine vom Gericht zu treffende Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (§ 57a Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 StGB) spielt die Bewährung in Vollzugslockerungen ebenfalls eine entscheidende Rolle (vgl. BVerfGE 117, 71 <108>); die Chancen, zu einer günstigen Sozialprognose zu gelangen (vgl. § 57a Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 StGB), werden durch eine vorherige Gewährung von Vollzugslockerungen verbessert, durch deren Versagung aber verschlechtert (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1134>, und vom 12. Juni 2002 - 2 BvR 116/02 -, juris). Lockerungen können danach nicht auf die Funktion der unmittelbaren Vorbereitung einer konkret absehbaren Entlassung beschränkt werden. Bei langjährig Inhaftierten kann es, auch wenn eine konkrete Entlassungsperspektive sich noch nicht abzeichnet, geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris). Die Justizvollzugsanstalt darf sich zudem nicht auf bloße pauschale Wertungen oder auf den Hinweis einer abstrakten Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Sinne von § 11 Abs. 2 StVollzG beschränken. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren (vgl. BVerfGE 64, 261 <277>; 70, 297 <312 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 1998 - 2 BvR 1951/96 -, NStZ 1998, S. 430 <431>). Ob dies geschehen ist, hat die Strafvollstreckungskammer zu überprüfen (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1134>).

33

b) Das Landgericht hat erkannt, dass nach diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen einem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten nicht jegliche Lockerungsperspektive allein mit der Begründung versagt werden kann, die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer für seine Strafe stehe noch aus (vgl. auch Hanseatisches OLG, Beschluss vom 6. Oktober 1977 - Vollz (Ws) 10/77 -, ZfStrVo 1978 , S. 8; OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 17. November 1988 - 3 Ws 699/88 (StVollz) -, NStZ 1989, S. 246 f., und vom 5. Juli 1993 - 3 Ws 242/93 -, StV 1993, S. 599; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 27; Lesting, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Auflage 2006, § 11 Rn. 50). Es hat aber diese Erkenntnis auf den konkreten Fall nicht angewendet.

34

Die Vollzugsplanfortschreibung für den Beschwerdeführer enthielt zur Frage der Vollzugslockerungen allein zwei Aussagen, die nach den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben ungeeignet sind, die Versagung von Lockerungen oder eine entsprechende Vorprägung konkreter Lockerungsentscheidungen durch den Vollzugsplan zu tragen: "Erst im Anschluss daran", d.h. an die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer, "können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen" und "Bevor der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden". Durch eine wohlwollende Auslegung der Vollzugsplanfortschreibung dahingehend, dass die sonstigen darin enthaltenen Erwägungen gleichfalls zur Begründung der lockerungsbezogenen Planaussage dienen sollten, konnte - unabhängig von der Frage, ob diese Auslegung noch im Rahmen des fachgerichtlichen Entscheidungsspielraums anzusiedeln wäre - dieser Begründungsmangel schon deshalb nicht behoben werden, weil sich in der Vollzugsplanfortschreibung neben zahlreichen Hinweisen auf eine positive Entwicklung nicht eine einzige Feststellung findet, die auch nur in der Tendenz geeignet wäre, eine fehlende Lockerungseignung des Beschwerdeführers zu begründen.

35

Allerdings hatte die Vollzugsbehörde im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer ergänzende Ausführungen gemacht: Lockerungen orientierten sich auch am voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, zumal im Strafurteil festgestellt worden sei, dass die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren deutlich überschritten werden müsse. Zwar habe der Beschwerdeführer seine Taten zwischenzeitlich mit Hilfe des psychologischen Dienstes aufgearbeitet, am Anti-Gewalt-Training teilgenommen und das Abitur erreicht sowie ein verbessertes Vollzugsverhalten gezeigt. Dennoch müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne. Hinzu komme die in der Haftzeit erfolgte strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen einer Betäubungsmittelstraftat. Eine verlässliche Prognose könne derzeit noch nicht erstellt werden. Fraglich sei zudem, inwieweit vor der Gewährung von Vollzugslockerungen noch ein externes Gutachten erforderlich werde. Erst nach Festlegung der Mindestverbüßungsdauer könne die Lockerungseignung geprüft werden. Die erfolgte Abwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Argumente, insbesondere seines Resozialisierungsinteresses, habe daher zu dem Ergebnis geführt, dass die Gewährung von Vollzugslockerungen nicht angezeigt sei.

36

Es kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit es sich hier um ein im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen handelte (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 1996 - 1 Vollz (Ws) 83/96 -, StV 1997, S. 32 f.; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Auflage 2008, § 11 Rn. 18; Kamann/Volckart, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Auflage 2006, § 115 Rn. 53; Schuler, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, § 115 Rn. 4 m.w.N. aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung). Denn jedenfalls beruht auch die nachgeschobene Begründung nicht auf der von Verfassungs wegen gebotenen Gesamtwürdigung der für die Frage der Lockerungseignung erheblichen Umstände (vgl. BVerfGE 64, 261 <277>; 70, 297 <312 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 1998 - 2 BvR 1951/96 -, NStZ 1998, S. 430 <431>), sondern auf der unhaltbaren Annahme, dass über die Lockerungseignung des Beschwerdeführers erst nach Festlegung der Mindestverbüßungsdauer befunden werden könne. Mit den Behauptungen, es müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne, und erst "nach Eingang der festgelegten Mindestverbüßungsdauer" könne "die Lockerungseignung geprüft werden", hat die Justizvollzugsanstalt in ihrer Stellungnahme nicht nur an der unzutreffenden ursprünglichen Begründungserwägung festgehalten, sondern zugleich in aller Deutlichkeit bekundet, dass entgegen ihrer Behauptung, es sei eine umfassende Abwägung erfolgt, die erforderliche nähere Prüfung der Lockerungseignung noch gar nicht stattgefunden hatte. Das damit eingestandene Prüfungs- und Abwägungsdefizit springt im Übrigen auch insofern ins Auge, als sich die Stellungnahme mit keinem Wort zu der Frage verhält, weshalb nicht ungeachtet etwaiger Prognoseunsicherheiten die Lockerungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVollzG dadurch gewährleistet werden können, dass Ausführungen mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris). Nachdem der Beschwerdeführer längst die Haftdauer überschritten hatte, jenseits derer einem zu lebenslanger Haft Verurteilten nach § 13 Abs. 1, 3 StVollzG sogar Urlaub aus dem geschlossenen Vollzug gewährt werden kann, waren Feststellungen dazu offensichtlich nicht entbehrlich.

37

Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den lockerungsbezogenen Inhalt der Vollzugsplanfortschreibung dennoch unbeanstandet gelassen hat, gehen an diesen Mängeln der angefochtenen Maßnahme der Justizvollzugsanstalt vorbei und sind auch sonst nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hat angenommen, Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr lägen beim Beschwerdeführer nicht vor; auf Flucht- oder Missbrauchsgefahr habe sich die Vollzugsanstalt auch nicht gestützt. Unter dieser Voraussetzung konnte die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt, Lockerungen vollzugsplanerisch jedenfalls bis zur Festsetzung der Mindestverbüßungszeit auszuschließen, nur auf der Grundlage einer Ermessensausübung dahingehend, dass Lockerungen unabhängig von den Versagungsgründen nach § 11 Abs. 2 StVollzG nicht zu gewähren seien, Bestand haben (vgl. zur Zulässigkeit rein ermessensbasierter Versagung von Vollzugslockerung statt vieler Arloth, StVollzG, 2. Auflage 2008, § 11 Rn. 3, 12; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 26). Dass die Justizvollzugsanstalt eine Ermessensentscheidung in diesem Sinne getroffen habe, hat das Landgericht offenbar auch angenommen. Zu deren Rechtfertigung wären aber, voraussetzungsgemäß, von der Frage des Vorliegens einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr unabhängige Ermessensgründe erforderlich gewesen. Tragfähige Gründe dieser Art hat das Landgericht nicht festgestellt; sie waren - ganz abgesehen von den Grenzen des zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren - auch weder in der Vollzugsplanfortschreibung noch in der behördlichen Stellungnahme zum Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung aufzufinden. In der behördlicherseits angeführten Begründung, dass zunächst die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden müsse, offenbarte sich vielmehr je nachdem, ob dies als Rechts- oder als Ermessenserwägung aufzufassen war, ein Ermessensnichtgebrauch oder -fehlgebrauch.

IV.

38

1. Der Beschluss des Landgerichts beruht auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Er ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben, soweit er die in der Vollzugsplanfortschreibung vom 10. Oktober 2007 getroffene Feststellung zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen betrifft. Die Sache ist insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts, das allein in dieser Frage mit der Rechtsbeschwerde angerufen war, wird damit gegenstandslos.

39

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.

(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.

(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.

(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.

(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.

Tenor

Der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 11. April 2014 - StVK 301/2013 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Juni 2014 - 1 Ws 223/2014 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben, und die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde des strafgefangenen Beschwerdeführers betrifft die Versagung von Ausführungen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer verbüßt seit August 1997 eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Straubing wegen zweifachen Mordes. Einen am 16. April 2013 gestellten Antrag auf Gewährung von Lockerungsmaßnahmen lehnte die Justizvollzugsanstalt mit Bescheid vom 2. Juli 2013 wegen bestehender Flucht- und Missbrauchsbefürchtungen ab. Der Gefangene habe ein brutales Gewaltverbrechen begangen, weshalb im Urteil die besondere Schwere der Schuld festgestellt worden sei. Die in den begangenen groben Gewaltdelikten zu Tage tretende Gewaltproblematik und bisher fehlende und noch zu erlernende adäquate Konfliktbewältigungsstrategien und Empathiefähigkeit führten zu einer positiven Gefährlichkeitsprognose, aufgrund derer vom Gefangenen weiterhin schwerwiegende Straftaten zu erwarten seien. Eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung sei angezeigt. Der Anstaltspsychologe gehe bei dem Beschwerdeführer von einer "radikal ichzentrierte[n] Persönlichkeitsdisposition" aus, die "in Haft bis dato keine nennenswerte Modifikation erfahren hat", was daran deutlich werde, "dass der Gefangene es sich zum Lebenszweck gemacht zu haben scheint, mit Hingabe gegen hierorts vermeintlich erfahrenes Unrecht und Ungemach zu kämpfen". Eine stationär durchzuführende Sozialtherapie für Gewaltstraftäter sei "klar indiziert"; unerlässliche Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass der Gefangene baldmöglichst die Feststellung der Mindestverbüßungsdauer beantrage.

3

Zur Fluchtgefahr führte die Anstalt aus, dass der Beschwerdeführer - bei dem bislang wegen seiner fehlenden Einwilligung in das entsprechende Verfahren die Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer nicht erfolgt sei - voraussichtlich noch viele Jahre im Strafvollzug verbringen werde. Zudem sprächen das nicht beanstandungsfreie Vollzugsverhalten sowie die derzeit nicht vorhandenen tragfähigen sozialen Bindungen ebenfalls für Fluchtbefürchtungen.

4

Zwar könnten Ausführungen mit Bediensteten das Flucht- und Missbrauchsrisiko auf ein hinnehmbares Maß reduzieren. Eine Ausführung könne aber aus Ermessensgründen nicht gewährt werden. Wegen der erheblichen Risiken müsste sie durch mehrere Bedienstete durchgeführt werden, die dann für andere Betreuungsaufgaben in der Anstalt nicht mehr zur Verfügung stünden. Dem stünde lediglich ein minimaler Effekt im Hinblick auf die Behandlung gegenüber; im Wesentlichen würde dadurch "lediglich eine Abwechslung in der Alltagsroutine der Anstalt für den Gefangenen bewirkt". Wegen der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen würde er weder seine Zuverlässigkeit unter Beweis stellen, noch zeigen können, dass er mit Freiräumen umgehen könne. Schließlich seien in die Abwägung auch generalpräventive Aspekte mit einzubeziehen. Die Ausführung eines untherapierten Gewalttäters, der auch am übrigen Behandlungsprogramm der Anstalt kaum Interesse zeige, könne möglicherweise negative Auswirkungen auf die Therapiemotivation anderer Gefangener haben, weil diese den ungünstigen Schluss ziehen könnten, dass auch ohne Durchführung einer Therapie Vollzugslockerungen erreicht werden könnten. Bei ihrer Entscheidung verkenne die Anstalt nicht, dass der Beschwerdeführer bereits seit 17 Jahren in Haft sei und ein Interesse an der Verringerung von möglichen Haftschäden habe.

5

2. a) Am 26. September 2013 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf "unverzügliche Einleitung von Vollzugslockerungen, namentlich Ausführung, alternativ Ausgang", den die Anstalt am 1. Oktober 2013 mündlich unter Hinweis auf ihren vorangegangenen Bescheid vom 2. Juli 2013 ablehnte. Die Sach- und Rechtslage habe sich seither nicht verändert.

6

b) Gegen diese Entscheidung stellte der Beschwerdeführer unter dem 1. Oktober 2013 Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Es entspreche nicht den Tatsachen, wenn die Anstalt davon ausgehe, dass sich die Sach- und Rechtslage seit dem Bescheid vom 2. Juli 2013 nicht geändert habe. Zwar habe er bereits zum damaligen Zeitpunkt unter Platzangst gelitten, dies aber erstmals in seinem Antrag vom 26. September 2013 vorgetragen. Insofern sei ein wichtiges Merkmal, das die Anstalt bei ihrer damaligen Entscheidung nicht berücksichtigt habe, hinzugetreten. Zudem seien Lockerungen nach einer Haftdauer von fast 18 Jahren nicht verfrüht, sollte Resozialisierung wirklich durchgeführt werden.

7

In ihrer Stellungnahme zum Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Oktober 2013 verwies die Justizvollzugsanstalt wiederum auf ihren Bescheid vom 2. Juli 2013. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht eingetreten; eine Diagnose "Platzangst" sei bei dem Strafgefangenen zu keiner Zeit gestellt worden. Ein gegen den Bescheid vom 2. Juli 2013 gerichteter Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung sei als unzulässig verworfen worden. Ein nahezu gleichlautender Antrag auf Gewährung von Vollzugslockerungen vom 31. Juli 2013 sei am 6. August 2013 ebenfalls unter Hinweis auf den Bescheid vom 2. Juli 2013 zurückgewiesen worden. Da hier lediglich wiederholend auf den Bescheid vom 2. Juli 2013 hingewiesen worden sei, habe keine eigenständige anfechtbare Maßnahme im Sinne von § 109 StVollzG vorgelegen. Sie, die Justizvollzugsanstalt, gehe davon aus, dass es auch diesmal an einer Einzelfallmaßnahme fehle. Zudem sei ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar; vielmehr lasse der Gefangene "durch seine wiederholte Antragstellung eindeutig rechtsmissbräuchliche Tendenzen erkennen".

8

Der Beschwerdeführer erwiderte, dass er in der Justizvollzugsanstalt Straubing nicht resozialisiert werde. Er warf der Anstalt zahlreiche Rechtsbrüche vor, wies darauf hin, dass sein Antrag vom 26. September 2013 eine völlig neue Tatsache - gemeint ist die Platzangst - beinhaltet habe, und betonte, dass "adäquates Handeln vonnöten sei", um seiner Platzangst und damit weiteren Haftschäden vorzubeugen.

9

Mit angegriffenem Beschluss vom 11. April 2014 wies das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei zwar entgegen der Auffassung der Justizvollzugsanstalt zulässig, aber unbegründet. Die vom Beschwerdeführer bereits wiederholt genannte Erkrankung an Platzangst lasse nicht erkennen, dass Lockerungen gewährt werden müssten. Die Anstalt habe sich mit den vom Beschwerdeführer angeführten Punkten auseinandergesetzt und diese im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung richtig gewichtet und ausreichend gewürdigt. In ihrer Stellungnahme habe die Justizvollzugsanstalt ausgeführt, dass eine Platzangst nicht diagnostiziert worden sei. Außerdem sei erklärt worden, dass vor der Aussage des zuständigen Beamten - gemeint ist die mündliche Ablehnung des Antrags am 1. Oktober 2013 -, es habe mit dem Bescheid vom 2. Juli 2013 sein Bewenden, der Vortrag des Beschwerdeführers, er benötige wegen seiner Platzangst Lockerungen, bekannt gewesen sei. Dieses lasse eindeutig erkennen, dass der neuerliche Vortrag des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Platzangst in den ablehnenden mündlichen Bescheid bei der Abwägung Einzug gefunden habe. Die gesamte Abwägung unter Einbeziehung der Abwägung aus dem Bescheid vom 2. Juli 2013 lasse keine Fehler erkennen.

10

c) Mit der Rechtsbeschwerde warf der Beschwerdeführer dem Landgericht die Missachtung zahlreicher, von ihm zitierter obergerichtlicher Entscheidungen, insbesondere auch zur Ausführung langjährig Inhaftierter, vor. Er habe sein "Platzangstproblem" erstmals in seinem Antrag vom 26. September 2013 geschildert; weder die Justizvollzugsanstalt noch das Landgericht seien auf dieses Problem eingegangen. Zwar lasse sich der Stellungnahme der Anstalt entnehmen, dass eine Diagnose Platzangst bei ihm zu keiner Zeit gestellt worden sei. Das bedeute allerdings nicht, dass sich ein Arzt oder Psychiater mit dem Problem zuvor gezielt auseinandergesetzt habe und zu einem positiven oder negativen Ergebnis gekommen sei. Vielmehr habe sich bisher niemand darum gekümmert, und die Anstalt habe sich zu keinem Zeitpunkt damit auseinandergesetzt. Damit habe sie einen eindeutigen Ermessensfehler begangen. Zudem verkenne das Gericht die zwingende Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt aus dem Gegensteuerungsgrundsatz, schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken. Seitens der Anstalt gebe es keinerlei tatsächliche Gründe, ihm Lockerungen zu versagen. Eine konkrete Gefahr könne positiv bei ihm nicht ausgemacht werden.

11

Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 23. Juni 2014 die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Ein dem Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Juli 2001 (- Ws 765/01 -, juris) vergleichbarer Fall sei nicht gegeben.

12

d) Die gegen den Beschluss erhobene Anhörungsrüge wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2014 zurück.

II.

13

1. Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 GG, Art. 3, Art. 19, Art. 103 und Art. 104 GG.

14

Obwohl er nunmehr seit über 18 Jahren inhaftiert sei, gebe es von Seiten der Justizvollzugsanstalt keinerlei Bestrebungen, Lockerungen in absehbarer oder ferner Zukunft auch nur in Erwägung zu ziehen. Erschwerend komme hinzu, dass die Gewährung von Hafturlaub einer langanhaltenden, oft jahrelangen Lockerungsphase bedürfe, während derer zunächst Ausführungen in größeren zeitlichen Abständen durchgeführt würden. Da es ohne ausreichende Lockerungen keine günstige Sozialprognose gebe, werde zudem seitens der Anstalt die Möglichkeit einer Entlassung nach 15 Jahren erheblich erschwert. Sämtliche Anträge auf Vollzugslockerungen seien abgelehnt worden, zuletzt mit Bescheid vom 2. Juli 2013. Dieser habe sich aber gerade nicht mit seiner Platzangst befasst.

15

Haftschäden seien zu vermeiden. Seine Platzangst habe sich über die vielen Haftjahre langsam herausgebildet; sie sei nicht täglich präsent, trete aber in immer kürzeren Abständen auf (von einer Woche bis zu einem Monat). Er leide dann an Schlaflosigkeit, Schweißausbrüchen und Beklemmungen. Er sei sich "ziemlich sicher", dass Lockerungen, sei es auch nur in Form von Ausführungen, sein Platzangstproblem zumindest dämpfen würden. Das Landgericht habe diesbezüglich nichts ermittelt.

16

2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat zur Verfassungsbeschwerde dahingehend Stellung genommen, dass der Beschwerdeführer der Justizvollzugsanstalt am 31. Juli 2013 erstmals die Problematik seiner Platzangst mitgeteilt habe. Die Anstalt habe daraufhin beim Anstaltsarzt nachgefragt, ob diesbezüglich Erkenntnisse vorlägen, was dieser verneint habe. Als der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2013 erneut einen Antrag auf Lockerungsgewährung gestellt habe und dabei wiederum darauf verwiesen habe, unter Platzangst zu leiden, habe die Anstalt den Vorgang erneut dem Anstaltsarzt zugeleitet. Dieser habe am 11. Oktober 2013 mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer am 28. November 2012 einer Magnetresonanztherapie unterzogen habe. Im Befund finde sich kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer Probleme gehabt habe, die mit der Untersuchung verbundene räumliche Beengung und Fixierung seines Körpers zu tolerieren. Auch bei einer ausführlichen psychiatrischen Untersuchung am 22. November 2012 sei die Diagnose Platzangst nicht gestellt worden. Der zuständige Anstaltspsychologe habe am 15. Oktober 2013 ebenfalls mitgeteilt, dass hinsichtlich einer bestehenden Platzangst beim Beschwerdeführer keine Erkenntnisse vorlägen.

17

Die Justizvollzugsanstalt habe durch ihre Entscheidung vom 1. Oktober 2013 keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt. Es handele sich bei der Entscheidung über Ausführung und Ausgang nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayStVollzG um eine Ermessensentscheidung. Die Anstalt habe bei ihrer Entscheidung vom 2. Juli 2013 die von Verfassungs wegen gebotene Gesamtwürdigung der für die Frage der Lockerungseignung erheblichen Umstände vorgenommen und auf diese bei ihrer Entscheidung vom 1. Oktober 2013 Bezug genommen. Es seien zahlreiche Aspekte, wie etwa die Art und Schwere des zugrundeliegenden Delikts, die vom Anstaltspsychologen gestellte Diagnose, die Verweigerungshaltung des Beschwerdeführers bezüglich einer therapeutischen Behandlung und generalpräventive Aspekte berücksichtigt worden. Es sei zudem ausdrücklich nicht verkannt worden, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit 17 Jahren in Haft befinde und ein Interesse an der Verringerung möglicher Haftschäden habe. Die Anstalt habe zudem gesondert gewürdigt, warum der Antrag auch hinsichtlich einer Ausführung durch Bedienstete abzulehnen sei. Zudem sei der Vortrag des Beschwerdeführers zu seiner Platzangst berücksichtigt worden. Hierzu habe sie den Vorgang dem Anstaltsarzt zur Prüfung zugeleitet mit dem Ergebnis, dass ärztlicherseits die Diagnose Platzangst nicht habe bestätigt werden können. Spätestens durch die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt im gerichtlichen Verfahren habe der Beschwerdeführer auch gewusst, dass die Anstalt seinen diesbezüglichen Vortrag berücksichtigt habe. Selbst wenn ihm nicht vorab bereits mündlich mitgeteilt worden sei, dass sein Vortrag zur Platzangst in die Gesamtwürdigung miteinbezogen worden sei, sei ein daraus etwaig folgender Begründungsmangel jedenfalls durch die Stellungnahme der Anstalt vom 11. November 2013 geheilt worden. Es handele sich dabei nicht um ein unzulässiges Nachschieben von Gründen, sondern lediglich um die zulässige nachträgliche Heilung eines formellen Begründungsfehlers.

18

3. Der Beschwerdeführer erwiderte auf die Stellungnahme, dass er die Magnetresonanztherapie durchführen lassen habe, weil er bereits wochenlang wegen eines Bandscheibenvorfalls unter starken Schmerzen gelitten und keine Alternative bestanden habe. Der Anstaltspsychologe habe zwar angegeben, dass keine Klaustrophobie vorliege, aber gleichzeitig geäußert, dass die Störungen des Beschwerdeführers von der langen Haft herrühren könnten.

19

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

20

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

21

1. Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

22

a) aa) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein zukünftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 116, 69 <85 f.> m.w.N.; stRspr). Besonders bei langjährig im Vollzug befindlichen Personen erfordert dies, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <277>; 98, 169 <200>; 109, 133 <150 f.>; BVerfGK 17, 459 <462>; 19, 306 <315>; 20, 307 <312>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1133>). Die Gesetzgeber haben dementsprechend im Strafvollzugsgesetz ebenso wie im Bayerischen Strafvollzugsgesetz auch dem Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe ein Behandlungs- und Resozialisierungskonzept zugrunde gelegt (vgl. BVerfGE 117, 71 <91>). Der Wiedereingliederung des Delinquenten dienen unter anderem die Vorschriften über Vollzugslockerungen (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 92).

23

Auch einem zu lebenslanger Haft Verurteilten kann daher nicht jegliche Lockerungsperspektive mit der Begründung versagt werden, eine konkrete Entlassungsperspektive stehe noch aus (vgl. BVerfGK 9, 231 <237>; BVerfGK 17, 459 <462 f.>; 19, 306 <315>). Der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit dienen nicht nur Urlaub und Ausgänge, sondern - gerade bei Gefangenen, die die Voraussetzungen hierfür noch nicht erfüllen - auch Ausführungen (vgl. BVerfGK 17, 459 <462>; 19, 306 <315 f.>; 20, 307 <312>).

24

Bei langjährig Inhaftierten kann daher, auch wenn eine konkrete Entlassungsperspektive sich noch nicht abzeichnet und weitergehenden Lockerungen eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr entgegensteht, zumindest die Gewährung von Lockerungen in Gestalt von Ausführungen geboten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris, Rn. 3) und der damit verbundene personelle Aufwand hinzunehmen sein (vgl. BVerfGK 17, 459 <462 f.>; 19, 306 <316>; 20, 307 <313>).

25

bb) Sollen einem langjährig Inhaftierten selbst Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit versagt werden, so genügt zur Rechtfertigung nicht der bloße Verweis darauf, dass die Personallage der Vollzugsanstalt nichts anderes erlaube (vgl. BVerfGK 19, 157 <163 f.>; 20, 307 <313> m.w.N.). Grundrechte bestehen nicht nur nach Maßgabe dessen, was an Verwaltungseinrichtungen im konkreten Fall oder üblicherweise vorhanden ist (vgl. BVerfGE 15, 288 <296>; 34, 369 <380 f.>; 35, 307 <310>; BVerfGK 13, 163 <166> m.w.N.). Zwar können sich Grenzen für die Möglichkeit der Durchführung von Behandlungsmaßnahmen aus der räumlichen und personellen Ausstattung der Justizvollzugsanstalt ergeben (vgl. BVerfGE 42, 95 <100 f.>). Der Strafgefangene kann nicht verlangen, dass unbegrenzt personelle und sonstige Mittel aufgewendet werden, um Beschränkungen seiner grundrechtlichen Freiheiten zu vermeiden (vgl. BVerfGE 34, 369 <380 f.>; 34, 384 <402>; 35, 307 <310>; 42, 95 <100 f.>; BVerfGK 13, 163 <166>; 13, 487 <492>). Außerdem ist eine Vollzugsanstalt von Verfassungs wegen nicht gehalten, dem Strafgefangenen die Erreichung eines von ihm angestrebten Zieles auf einem Wege zu ermöglichen, der für sie außerordentliche Schwierigkeiten mit sich bringt und die Gewährleistung des Vollzugszweckes oder der Ordnung in der Anstalt ernsthaft in Frage stellt, wenn der Strafgefangene das gleiche Ziel ganz oder doch weitgehend auf einem ihm zumutbaren und für die Vollzugsanstalt mit wesentlich weniger Aufwand verbundenem Wege erreichen kann (vgl. BVerfGE 34, 369 <381>). Allerdings kann der Staat grundrechtliche und einfachgesetzliche Ansprüche Gefangener nicht nach Belieben dadurch verkürzen, dass er die Vollzugsanstalten nicht so ausstattet, wie es zur Wahrung der Rechte der Gefangenen erforderlich wäre. Vielmehr setzen die Grundrechte auch Maßstäbe für die notwendige Beschaffenheit staatlicher Einrichtungen. Es ist daher Sache des Staates, Vollzugsanstalten in der zur Wahrung der Grundrechte erforderlichen Weise auszustatten (vgl. BVerfGE 40, 276 <284>; 45, 187 <240>; BVerfGK 13, 163 <168 f.>; 13, 487 <492 f.> m.w.N.; BVerfGK 19, 157 <163>; 20, 107 <113>).

26

b) Die Gründe, mit denen das Landgericht die Versagung der vom Beschwerdeführer begehrten Ausführung gerechtfertigt hat, sind nach diesen Maßstäben nicht tragfähig. Dabei kann dahinstehen, ob das Problem der vom Beschwerdeführer behaupteten Klaustrophobie bei der Lockerungsentscheidung ausreichend berücksichtigt worden ist.

27

aa) Wenn das Gericht dem Beschwerdeführer entgegenhält, die gesamte von der Justizvollzugsanstalt vorgenommene Abwägung unter Einbeziehung der Abwägung aus dem Bescheid vom 2. Juli 2013 lasse keine Fehler erkennen, so misst es - wie zuvor schon die Vollzugsbehörde - den Interessen des Beschwerdeführers an einer Erhaltung seiner Lebenstüchtigkeit und der Vermeidung von Haftschäden kein hinreichendes Gewicht bei. Mit der Billigung der Ermessenserwägung der Justizvollzugsanstalt, eine Ausführung habe lediglich einen minimalen Effekt im Hinblick auf die Behandlung des Beschwerdeführers, im Wesentlichen werde dadurch lediglich eine Abwechslung von der Alltagsroutine der Anstalt für den Gefangenen bewirkt, verkennt das Gericht das hohe Gewicht, das dem Resozialisierungsinteresse des Beschwerdeführers nach mehr als 18jähriger Haftverbüßung zukommt. Die Gewährung von Lockerungen, auch der Ausführung, dient dem Zweck, die Lebenstüchtigkeit des Gefangenen zu erhalten und den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken, und nicht lediglich dazu, dem Inhaftierten eine Abwechslung in seiner Alltagsroutine zu verschaffen. Vollzugslockerungen machen es dem Gefangenen möglich, nach langem Freiheitsentzug wenigstens ansatzweise Orientierung für ein normales Leben zu suchen und zu finden. Je nach dem Erfolg dieser Orientierungssuche stellen sich die Lebensverhältnisse des Gefangenen günstiger oder ungünstiger dar (BVerfGK 17, 459 <462>). Dabei greift das Gebot, die Lebenstüchtigkeit des Gefangenen zu erhalten, nicht erst dann ein, wenn er bereits Anzeichen einer haftbedingten Depravation aufweist (BVerfGK 19, 157 <165>). Ferner hat das Interesse des Gefangenen, vor den schädlichen Folgen aus der langjährigen Inhaftierung bewahrt zu werden und seine Lebenstüchtigkeit im Falle der Entlassung aus der Haft zu behalten, um so höheres Gewicht, je länger die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bereits andauert (vgl. BVerfGE 64, 261 <272 f.>; 70, 297 <315>). Die von der Justizvollzugsanstalt vorgenommene Bewertung des Interesses des Beschwerdeführers an einer Ausführung trägt der Funktion von Ausführungen langjährig Inhaftierter nicht ausreichend Rechnung.

28

bb) Daneben verfehlt der angegriffene Beschluss die verfassungsrechtlichen Anforderungen auch dadurch, dass er sich mit den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgezeigten Grenzen der Möglichkeit, Versagungen durch Personalknappheit zu rechtfertigen, nicht auseinandersetzt. Der Grundsatz, dass bei langjährig Inhaftierten im Falle des Vorliegens von Flucht- oder Missbrauchsgefahr zumindest die Gewährung von Lockerungen in Gestalt von Ausführungen geboten sein kann, beinhaltet auch die Konsequenz, dass der damit verbundene personelle Aufwand hinzunehmen sein kann (s.o. unter 1.a)aa)). Zwar können sich Grenzen für die Möglichkeit der Durchführung von Behandlungsmaßnahmen auch aus der räumlichen und personellen Ausstattung der Anstalt ergeben (s.o. unter 1.a)bb)). Dies setzt jedoch zum einen die Feststellung des Vorliegens einer auch mit besonderem Einsatz nicht vermeidbaren Notsituation voraus und führt zum anderen auch in diesem Fall lediglich zur Rechtfertigung der ausnahmsweisen Versagung eines an sich bestehenden Anspruchs wegen entgegenstehender Rechte anderer Gefangener oder sonstiger Belange von vergleichbarem Gewicht (vgl. BVerfGK 13, 487 <493>; 19, 157 <164>). Es stünde im Widerspruch zu diesen Grundsätzen, wenn die Personallage und der Umstand, dass im Falle der Ausführung des Beschwerdeführers die verantwortlichen Beamten für andere Zwecke nicht zur Verfügung stünden, bereits zulässigerweise in der Ermessensentscheidung der Anstalt über das Ob der Ausführung Berücksichtigung finden dürften. Auch diesen Ermessensfehler hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung unbeanstandet gelassen.

29

2. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

30

a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

31

b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar.

32

§ 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt es dem Strafsenat, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn er die Beschwerde für unzulässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Da der Strafsenat von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), Gebrauch gemacht hat, liegen über die Feststellungen im Beschlusstenor hinaus Entscheidungsgründe, die das Bundesverfassungsgericht einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss selbst sich verfassungsrechtlicher Prüfung entzöge oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfGK 19, 157 <167>; 306 <317 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 1993 - 2 BvR 251/93 -, juris; Beschluss der2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -, juris). Dies ist angesichts der offenkundigen inhaltlichen Abweichung des landgerichtlichen Beschlusses von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutungeiner solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, juris) hier der Fall.

33

3. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht eine dem Beschwerdeführer günstigere Entscheidung getroffen hätte, wenn es das Resozialisierungsinteresse des Beschwerdeführers hinreichend beachtet hätte.

IV.

34

1. Die angegriffenen Entscheidungen sind nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen.

35

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.