Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 17. Jan. 2017 - 2 BvR 2013/16
Tenor
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Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. August 2016 - VG 2 L 170/16.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin K… .
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Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Der am 1. Januar 1992 geborene Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 7. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 10. Oktober 2015 meldete er sich als Asylsuchender und erhielt die entsprechende Bescheinigung. Seine Registrierung in der Außenstelle des Bundesamts fand am 12. Januar 2016 statt, und er stellte einen Asylantrag. Eine mündliche Anhörung wurde nicht durchgeführt. Aufgrund eines Eurodac-Treffers stellte das Bundesamt am 9. März 2016 ein Übernahmegesuch an Bulgarien. Es erklärte hierin, dass der Beschwerdeführer am 12. Januar 2016 seinen Asylantrag gestellt habe. Bulgarien akzeptierte die Übernahme mit Schreiben vom 17. März 2016 gemäß Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) und teilte mit, dass der Beschwerdeführer nach Stellung des Asylantrags untergetaucht und der Antrag daraufhin abgelehnt worden sei.
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Mit Bescheid vom 27. April 2016 - zugestellt am 3. Mai 2016 - lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab, ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an und befristete das Einreiseverbot auf zwölf Monate. Bulgarien sei nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gründe für einen Selbsteintritt seien nicht ersichtlich.
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2. a) Der Beschwerdeführer erhob am 5. Mai 2016 Klage gegen den Bescheid und beantragte die Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung. Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 begründete er Klage und Eilantrag dahingehend, dass er bei seiner Flucht aus Afghanistan durch Bulgarien gereist sei. Er sei schwer erkrankt gewesen und bei der Ankunft in Bulgarien ohnmächtig gewesen. Er sei inhaftiert und schlecht behandelt worden. Die dringend erforderliche medizinische Behandlung habe er nicht erhalten; zur Stellung eines Asylantrags sei er gezwungen worden. Einen wirksamen Asylantrag habe er aber nicht gestellt. Nach seiner Einreise nach Deutschland sei keine persönliche Anhörung gemäß Art. 5 Dublin-III-VO durchgeführt worden. Schon dieser Verstoß führe zum Erfolg des Eilantrags, da die Dublin-III-VO anders als die Dublin-II-VO zum Schutz der Interessen des Asylbewerbers - von nicht einschlägigen Ausnahmefällen abgesehen - eine persönliche Anhörung vorsehe. Die Vorschrift sei auch drittschützend, gegebenenfalls sei die Frage nach dem Drittschutz dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen.
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Im Übrigen habe Bulgarien aufgrund der fehlenden Information über die Meldung als Asylsuchender am 10. Oktober 2015 keine wirksame Zustimmung abgegeben. Zudem sei die Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs beziehungsweise des Wiederaufnahmegesuchs abgelaufen. Richtigerweise sei von einem Aufnahmeverfahren auszugehen, da der in Bulgarien gestellte Asylantrag unwirksam gewesen sei. Die Frist für das Aufnahmegesuch nach Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 Dublin-III-VO habe gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO mit der Meldung als Asylsuchender am 10. Oktober 2015 begonnen und sei mithin am 10. Januar 2016 abgelaufen. Es sei europarechtlich eindeutig, dass es nicht darauf ankomme, wann das Bundesamt den förmlichen Asylantrag nach § 14 AsylG entgegennehme. Auch wenn man von einem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 23 Dublin-III-VO ausgehe, seien die Fristen abgelaufen. Das Gesuch sei jedenfalls nicht "so bald wie möglich" gestellt worden. Soweit das Gericht dieser Auslegung nicht folgen wolle, sei jedenfalls eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Entweder habe dies im Eilverfahren zu erfolgen oder dem Eilantrag sei stattzugeben, um den Vorlagebeschluss im Hauptsacheverfahren fassen zu können.
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Schließlich sei nach der Rechtsprechung zahlreicher Verwaltungsgerichte die Abschiebung nach Bulgarien wegen dort bestehender systemischer Mängel auszusetzen. Dem Beschwerdeführer drohe bei einer Rückkehr nach Bulgarien zum einen eine rechtswidrige Inhaftierung sowie die Rückschiebung nach Afghanistan. Außerdem sei er an Tuberkulose erkrankt, und eine ausreichende medizinische Behandlung sei in Bulgarien nicht gewährleistet. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er aufgrund einer allergischen Reaktion auf die verschriebenen Medikamente stationär in ein Klinikum aufgenommen worden sei und sich die Behandlung als äußerst kompliziert erweise.
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b) Mit Beschluss vom 26. Mai 2016 gab das Verwaltungsgericht dem Eilantrag statt, da das Bundesamt die Verwaltungsvorgänge nicht vorgelegt habe.
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c) Mit Beschluss vom 25. August 2016 - den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 31. August 2016 zugegangen - änderte das Verwaltungsgericht den Beschluss vom 26. Mai 2016 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen und lehnte den Eilantrag ab. Das persönliche Gespräch gemäß Art. 5 Dublin-III-VO hätte zwar grundsätzlich durchgeführt werden müssen; dies sei nicht erfolgt. Dieser Verfahrensfehler sei jedoch bei der gebundenen Entscheidung über den Asylantrag gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, da die unterlassene Anhörung offensichtlich keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt habe. Im Asylverfahren, das nur gebundene Entscheidungen kenne, könne allein eine fehlende Anhörung die Aufhebung des Bescheids nie rechtfertigen. Systemische Mängel des Asylsystems in Bulgarien verneinte das Verwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte. Auch aus einer Nichteinhaltung der Fristen zur Stellung des Aufnahme- beziehungsweise Wiederaufnahmegesuchs gemäß Art. 21 Abs. 1, 23 Abs. 3 Dublin-III-VO ergebe sich keine Begründetheit des Antrags. Die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Dublin-III-VO sei ebenfalls nicht abgelaufen, da die stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts diese unterbrochen habe. Es liege schließlich kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG vor, da davon auszugehen sei, dass die in Osteuropa weitverbreitete Tuberkulose in Bulgarien behandelbar sei. Die Reisefähigkeit des Beschwerdeführers sei durch die Tuberkulose nicht eingeschränkt.
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II.
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1. Der Beschwerdeführer hat am 27. September 2016 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG, des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG rügt. Er hat weiter beantragt, die Vollziehung des Bescheids des Bundesamts bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde auszusetzen und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu bewilligen.
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Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Er habe insbesondere keine Anhörungsrüge erheben müssen, da er keine Verletzung des rechtlichen Gehörs rüge. Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet. Das Verwaltungsgericht habe ihn seinem gesetzlichen Richter entzogen, indem es die entscheidungserheblichen Fragen der Auslegung des Unionsrechts nicht dem EuGH vorgelegt habe. Dies gelte zum einen für die Heilbarkeit eines Verstoßes gegen Art. 5 Dublin-III-VO nach § 46 VwVfG. Der Beschwerdeführer habe in der Klage- und Antragsbegründung die Erforderlichkeit einer Vorlagefrage an den EuGH nach dem drittschützenden Charakter des Art. 5 Dublin-III-VO aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt, sondern schlicht die Unbeachtlichkeit des Verstoßes nach § 46 VwVfG angenommen. Auch diese Frage habe es jedoch dem EuGH vorlegen müssen, da keineswegs geklärt sei, dass Europarecht die Heilbarkeit von Verstößen gegen Unionsrecht in diesem Umfang zulasse. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht auch zu Unrecht bejaht, dass der Mangel "offensichtlich" an dem Ergebnis nichts geändert habe. Weiterhin sei die Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO hinsichtlich des Begriffs eines Antrags auf internationalen Schutz entscheidungserheblich, und dies sei im fachgerichtlichen Verfahren auch dargelegt worden. Aus dem Gesamtsystem des europäischen Asylrechts folge unzweifelhaft, dass schon die Meldung als Asylsuchender ein Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Unionsrechts sei, der die Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs auslöse. Gleiches gelte, soweit man ein Wiederaufnahmegesuch im Sinne des Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO annehme, da auch dieses spätestens drei Monate nach dem Antrag auf internationalen Schutz zu stellen sei. Auch diese entscheidungserheblichen und im fachgerichtlichen Verfahren formulierten Fragen habe das Verwaltungsgericht nicht dem EuGH vorgelegt. Das Verwaltungsgericht sei hierzu jedoch verpflichtet gewesen, da es im Asylverfahren im Eilrechtsschutz letztinstanzlich tätig und damit wegen Art. 267 AEUV vorlagepflichtig sei. Sollte man davon ausgehen, dass eine Vorlagepflicht ausschließlich im Hauptsacheverfahren bestehen könne, so sei Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, da in diesem Fall die aufschiebende Wirkung bis zu einer Entscheidung über die Vorlage im Hauptsacheverfahren anzuordnen sei, um die Schaffung endgültiger Tatsachen zu vermeiden. Im Übrigen habe die Frage zu Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO grundsätzliche Bedeutung gehabt, so dass nach § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG eine Übertragung durch den Einzelrichter auf die Kammer erforderlich gewesen sei.
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Weiterhin verletze die Entscheidung sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Das Verwaltungsgericht habe seine ausgesprochen kompliziert verlaufene Tuberkulose-Erkrankung nicht hinreichend berücksichtigt. Die Behandelbarkeit der Tuberkulose habe der erkennende Richter nicht belegt, sondern allenfalls vermutet. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass nach der aktuellen Auskunftslage - eine grundsätzlich noch adäquate medizinische Versorgung in Bulgarien unterstellt - jedenfalls für inhaftierte oder in Aufnahmeeinrichtungen untergebrachte Asylbewerber praktisch keine medizinische Versorgung gewährleistet sei. Weiterhin drohe in Bulgarien eine Kettenabschiebung nach Afghanistan. Schließlich verletze die Entscheidung das Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, da er nach seiner Abschiebung nach Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit willkürlich inhaftiert werde. Selbst wenn ihm keine Haft drohen sollte, gelte seit Januar 2016, dass Personen, die wie der Antragsteller einen Folgeantrag stellen müssten, völlig rechtlos seien.
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2. Das Land Brandenburg und das Bundesministerium des Innern hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens und des Asylverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
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Zwar liegt kein Entzug des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch Unterlassen einer Vorlage an den EuGH vor (1.). Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzt aber das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (2.). Ob die weiteren geltend gemachten Grundrechtsverstöße vorliegen, bedarf keiner Entscheidung (3.).
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1. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor. Eine Vorlagepflicht im Eilverfahren besteht nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich nicht, so dass eine Nichtvorlage des im Asyl-Eilverfahren letztinstanzlich entscheidenden Verwaltungsgerichts keinen Entzug des EuGH als gesetzlichen Richter darstellt.
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Es entspricht der bisher ganz herrschenden Auffassung, dass eine Nichtvorlage an den EuGH im Eilverfahren keinen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter begründen kann (vgl. BVerfGK 5, 196 <201>; BVerfGK 9, 330 <334 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. November 1991 - 2 BvR 1642/91 -, NVwZ 1992, S. 360; offen gelassen in BVerfGK 10, 48 <53>; aus der Literatur statt vieler Degenhart, in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 101 Rn. 19). Dies folgt daraus, dass nach der Rechtsprechung des EuGH in Eilverfahren auch für das letztinstanzlich entscheidende Gericht keine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Mai 1977 - C-107/76 - Hoffmann La Roche, juris, Rn. 5; Urteil vom 27. Oktober 1982 - C-35/82 - Morson und Jhanjan, juris, Rn. 8 f.). Es ist ausreichend - allerdings auch erforderlich -, dass die Rechtsfrage im sich anschließenden Hauptsacheverfahren ohne Präjudiz durch die Eilentscheidung dem EuGH vorgelegt werden kann. Denn das Vorlageverfahren soll insbesondere verhindern, dass sich in einem Mitgliedstaat eine nationale Rechtsprechung herausbildet, die mit den Normen des Unionsrechts nicht im Einklang steht.
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Es kann dahin stehen, ob diese Rechtsprechung angesichts der Bedeutung des Vorlageverfahrens für den Individualrechtsschutz (vgl. statt vieler Gaitanides, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 267 AEUV, Rn. 12) zukünftig der Modifizierung bedarf, falls durch eine Eilentscheidung nicht umkehrbare Fakten geschaffen werden könnten. Soweit im Rahmen eines dem Hauptsacheverfahren vorgeschalteten Eilverfahrens prozessuale Gestaltungen denkbar sind, die die Möglichkeit einer Klärung unionsrechtlicher Zweifelsfragen im Hauptsacheverfahren erhalten, stellt es jedenfalls keinen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar, wenn eine Vorlage nicht schon im Eilverfahren an den EuGH gerichtet wird.
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2. a) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verstößt jedoch gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG gewährt nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; stRspr). Den Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes müssen die Gerichte auch bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>), da dieser in besonderer Weise der Sicherung grundrechtlicher Freiheit dient. Dabei ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn sich die vorzunehmende Interessenabwägung in erster Linie an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts orientiert (vgl. BVerfGK 15, 102 <107>; zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris). Kommt diese Prüfung bei einem von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Bescheid zu dem Ergebnis, dass an dessen Rechtmäßigkeit keine ernsthaften Zweifel bestehen oder dieser sogar offensichtlich rechtmäßig ist, kann der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO - hier in Verbindung mit § 34a Abs. 2 AsylG - abgelehnt werden.
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Stellt sich bei dieser Rechtsprüfung jedoch eine Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH erfordert, so lassen sich weder - ohne Weiteres - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit verneinen, noch kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bejaht werden (vgl. zu ähnlichen Situationen BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. April 2005 - 1 BvR 223/05 -, juris; BVerfGK 11, 153 <158 f.>; einfach-rechtlich auch VGH Baden Württemberg, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 11 S 1843/12 -, juris, Rn. 23). In diesen Fällen wird eine Antragsablehnung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nur dann Bestand haben können, wenn dieser Umstand - über die notwendig nur vorläufige rechtliche Einschätzung des Gerichts hinausgehend - in die Abwägung des Bleibeinteresses des Antragstellers mit dem öffentlichen Vollzugsinteresse einbezogen wird.
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Im Anwendungsbereich der Dublin-III-VO ist dabei die Wertung des europäischen Rechts zu beachten, dass grundsätzlich in jedem Mitgliedstaat angemessene, durch das Unionsrecht vereinheitlichte Aufnahmebedingungen herrschen, die Mindeststandards festlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juni 2016 - C-63/15 - Ghezelbash -, juris, Rn. 60). Ein Überwiegen des Suspensivinteresses wird bei einer unionsrechtlich nicht geklärten Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht im Eilverfahren vorläufig zu Lasten des Asylbewerbers entscheidet, deshalb nur dann zu bejahen sein, wenn besondere, in der Person des Asylbewerbers liegende Gründe die Rücküberstellung in einen anderen Mitgliedstaat mit der Folge, dass das Hauptsacheverfahren in Deutschland von dort aus betrieben werden muss, unzumutbar erscheinen lassen.
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b) Gemessen an diesen Maßstäben verletzt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auf der Auffassung, ein Verstoß gegen Art. 5 Dublin-III-VO sei nach § 46 VwVfG stets unbeachtlich. Diese Rechtsmeinung ist weder durch die EuGH-Rechtsprechung im Sinne einer Übereinstimmung mit dem Unionsrecht geklärt, noch handelt es sich um einen acte clair oder um einen acte éclairé. Unionsrechtlich spricht nach den den Drittschutz von Bestimmungen der Dublin-III-VO stärkenden Entscheidungen des EuGH vom 7. Juni 2016 (C-63/15 - Ghezelbash -, juris, Rn. 34 ff. und C-155/15 - Karim -, juris, Rn. 19 ff.) vielmehr manches dafür, dass das erstmals in der Dublin-III-VO eingeführte obligatorische persönliche Gespräch mit dem Asylbewerber für die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheids beachtlich ist. Denn in einem solchen Gespräch können sowohl die Voraussetzungen für vorrangige Zuständigkeitsgründe nach Art. 8 ff. Dublin-III-VO als auch für eine Ausübung des Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin-III-VO geklärt werden (vgl. Erwägungsgrund 17 und 18 der Dublin-III-VO). Es greift zu kurz, wenn das Verwaltungsgericht auf die allgemeine Anwendbarkeit des nationalen Verfahrensrechts einschließlich des § 46 VwVfG beim nationalen Vollzug von Unionsrecht hinweist. Dies beantwortet gerade nicht die hier interessierende Frage, inwieweit Art. 5 Dublin-III-VO mit der in Absatz 2 enthaltenen Normierung von Fallgruppen, in denen von dem Gespräch abgesehen werden darf, eine spezielle und insoweit abschließende Regelung des Verfahrens darstellt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung umstritten ist (vgl. etwa abweichend und auf die europarechtliche Klärungsbedürftigkeit hinweisend VG Frankfurt
), Beschluss vom 22. September 2016 - VG 2 L 300/16.A -, juris, Rn. 31; VG Cottbus, Beschluss vom 21. Oktober 2016 - 1 L 397/16.A -, juris, Rn. 15), läuft deshalb Gefahr, die praktische Wirksamkeit von Art. 5 Dublin-III-VO in Frage zu stellen. Es ist im Übrigen gerade im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, dass nach einem Gespräch mit dem Beschwerdeführer, in dem dieser seine schwer behandelbare Krankheit geschildert hätte, das Bundesamt von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht hätte. Unabhängig von der Frage, ob dem Flüchtling insoweit ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht, dürfte dann jedenfalls für die Anwendung des § 46 VwVfG kein Raum mehr bestehen.
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Stand mithin (zumindest) eine ungeklärte unionsrechtliche Rechtsfrage im Raum, bei der im Hauptsacheverfahren eine Vorlage an den EuGH nahelag, hätte sich das Verwaltungsgericht nicht mit einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten zufrieden geben dürfen, sondern hätte darüber hinaus eine Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der Situation des Beschwerdeführers bei einer Abschiebung nach Bulgarien durchführen müssen. In die Abwägung wäre unter anderem einzustellen gewesen, dass der Beschwerdeführer einen durch Unverträglichkeitsreaktionen komplizierten Krankheitsverlauf vorgetragen hat und die medizinische Versorgung von Flüchtlingen in Bulgarien, auch wenn sie nach Auffassung des Verwaltungsgerichts noch nicht den Schluss auf systemische Mängel zulässt, für schwerwiegend erkrankte Flüchtlinge erhebliche Lücken aufweist. Ob es dem Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund zumutbar war, das Hauptsacheverfahren aus Bulgarien und dort nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts gegebenenfalls aus der Obdachlosigkeit oder Haft heraus weiter zu betreiben, hätte genauerer Begründung bedurft.
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Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob auch die weitere Frage, wann der Asylantrag europarechtlich als gestellt gilt und wann deshalb die Frist für die Stellung des Aufnahmegesuchs gemäß Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO oder des Wiederaufnahmegesuchs gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO in Verbindung mit Art. 9 der Eurodac-VO zu laufen beginnt, klärungsbedürftig im Sinne des Art. 267 AEUV ist. Das Verwaltungsgericht hat einen entscheidungsrelevanten Fristablauf mit einem Satz verneint, ohne zu erkennen zu geben, ob es von einem Aufnahme- oder einem Wiederaufnahmefall ausgeht und warum die Frist nicht abgelaufen ist. Die Auffassungen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu dem Beginn der Frist für die Stellung des Aufnahme- und Wiederaufnahmegesuchs des ersuchenden an den ersuchten Mitgliedstaat sind geteilt (vgl. VG Köln, Beschluss vom 16. August 2016 - 20 L 1609/16.A -, juris einerseits und VG Minden, Beschluss vom 24. August 2016 - 1 L 1299/16.A -, juris andererseits). Für einen Fristbeginn schon mit dem Vorliegen eines Asylantrags im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylG und nicht erst mit der den Anforderungen des § 14 AsylG genügenden Antragstellung könnte jedoch das Ziel der Dublin-III-VO sprechen, eine möglichst schnelle, an enge Fristen gebundene Klärung des zuständigen Mitgliedstaats zu erreichen (vgl. Erwägungsgrund 5 der Dublin-III-VO).
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3. Hat die Verfassungsbeschwerde schon wegen des Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG Erfolg, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Nichtübertragung des Verfahrens auf die Kammer nach § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG einen Verstoß gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters begründet. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar sein dürfte, wenn ein Einzelrichter der Kammer von der Rechtsprechung eines anderen Kammermitglieds zu einer grundsätzlich klärungsfähigen Rechtsfrage entscheidungserheblich abweicht, anstatt die Frage auf die Kammer zu übertragen. Die Pflicht zur Rückübertragung auf die Kammer gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG wird dann in nicht mehr vertretbarer Weise gehandhabt.
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Ebenso wenig bedarf es einer Entscheidung, ob die pauschale Annahme, Tuberkulose sei in Osteuropa weit verbreitet und mithin behandelbar, angesichts des schweren Krankheitsverlaufs bei dem Beschwerdeführer und der vom Verwaltungsgericht selbst angenommenen schwierigen Erreichbarkeit von medizinischer Behandlung in Bulgarien den Anforderungen aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 GG genügte.
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IV.
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Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 17. Jan. 2017 - 2 BvR 2013/16
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Urteil einreichenBundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 17. Jan. 2017 - 2 BvR 2013/16 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Der Asylantrag ist bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. Das Bundesamt kann den Ausländer in Abstimmung mit der von der obersten Landesbehörde bestimmten Stelle verpflichten, seinen Asylantrag bei einer anderen Außenstelle zu stellen. Der Ausländer ist vor der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung darauf hinzuweisen, dass nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines Asylantrages die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 10 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes Beschränkungen unterliegt. In Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 ist der Hinweis unverzüglich nachzuholen.
(2) Der Asylantrag ist beim Bundesamt zu stellen, wenn der Ausländer
- 1.
einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzt, - 2.
sich in Haft oder sonstigem öffentlichem Gewahrsam, in einem Krankenhaus, einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Jugendhilfeeinrichtung befindet, oder - 3.
minderjährig ist und sein gesetzlicher Vertreter nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) Befindet sich der Ausländer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 in
- 1.
Untersuchungshaft, - 2.
Strafhaft, - 3.
Vorbereitungshaft nach § 62 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes, - 4.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes, weil er sich nach der unerlaubten Einreise länger als einen Monat ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 5.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Aufenthaltsgesetzes, - 6.
Mitwirkungshaft nach § 62 Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes, - 7.
Ausreisegewahrsam nach § 62b des Aufenthaltsgesetzes,
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.
(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2012 - 11 K 2330/12 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 5833/16.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.06.2016 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Antragsteller bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat (§§ 166 VwGO, 114 ff ZPO). Insbesondere fehlt ein aktueller Leistungsbescheid.
3Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 5833/16.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.06.2016 anzuordnen,
5hat Erfolg.
6Der Antrag ist zunächst gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG statthaft. Danach sind Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller hier am 30.06.2016 zugestellt, so dass die Antragsfrist durch den am 05.07.2016 bei Gericht eingegangenen Antrag gewahrt ist.
7Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfes ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse grundsätzlich nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessensabwägung.
8Gemessen an diesen Kriterien ist vorliegend die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weil bei summarischer Prüfung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand Überwiegendes für die Rechtswidrigkeit des Bescheides spricht.
9Ungarn dürfte zwar ursprünglich für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig gewesen sein. Es spricht hier aber alles dafür, dass die Zuständigkeit gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO bereits vor Stellung des Wiederaufnahmeersuchens auf die Bundesrepublik übergegangen ist.
10Nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat, in dem der neue Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig, wenn das Gesuch um Wiederaufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Absatz 2 niedergelegten Fristen unterbreitet wird. Absatz 2 der Vorschrift sieht eine Stellung des Wiederaufnahmegesuchs so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Stellung des Asylantrags vor, der Unterabsatz 1 sieht eine Frist von zwei Monaten nach Erhalt einer Eurodac-Treffermeldung vor. Dabei ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Regelungszusammenhang sowie unter Berücksichtigung des der Verordnung zugrunde liegenden Ziels einer raschen Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zu gewährleisten (Erwägungsgrund 5), dass es sich wegen der eindeutigen Beweislage im Falle einer Eurodac-Treffermeldung bei der Zweimonatsfrist des Unterabsatz 1 um eine Verkürzung der Dreimonatsfrist des Unterabsatz 2 handelt. Die Verordnung geht dabei offenbar von der Vorstellung aus, dass zeitgleich mit Stellung eines Asylantrages eine entsprechende Eurodac-Recherche erfolgt bzw. erfolgen soll. Die Dreimonatsfrist des Unterabsatz 2 stellt sich demgegenüber als Ausschlussfrist dar, nach deren Ablauf auf jeden Fall ein Zuständigkeitsübergang eintritt.
11Ob diese Dreimonatsfrist, wie die Beklagte offenbar meint, erst mit der Stellung des förmlichen Asylantrags beim Bundesamt zu laufen beginnt (hier der 09.04.2016), muss in hohem Maße bezweifelt werden. Es spricht gerade unter dem Aspekt der Beschleunigung vielmehr alles dafür, dass die Frist bereits mit der Stellung des materiellen Asylgesuchs zu laufen beginnt (hier der 21.09.2015, Datum der BüMA). Dies gilt vor allem auch deshalb, weil sowohl der Dublin III-Verordnung als auch der Verfahrensrichtlinie die im deutschen Recht bestehende Unterscheidung zwischen materiellem und formellem Asylgesuch fremd ist und ein Anknüpfen an den Zeitpunkt einer möglicherweise Monate nach der Erstmeldung als Asylsuchender liegenden förmlichen Asylantragstellung – wie hier - die Fristenregelungen des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung praktisch völlig leer laufen ließe. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass es ausschließlich in der Hand der Antragsgegnerin liegt, die Voraussetzungen für die förmliche Asylantragstellung zu schaffen und den Asylsuchenden zur persönlichen Vorsprache zu laden. Es hinge daher völlig unabhängig von der tatsächlichen Dauer des Aufenthalts des Asylsuchenden und dem seit dem materiellen Asylgesuch verstrichenen Zeitraum alleine von der Antragsgegnerin ab, die Frist nach Art. 23. Abs. 3 Dublin III-Verordnung in Gang zu setzen. Eine derartige Auslegung bzw. Handhabung stünde in offenem Widerspruch zu dem Ziel einer raschen Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und der Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Verfahren.
12Selbst wenn man aber mit dem Bundesamt davon ausgehen wollte, dass der Fristbeginn erst durch die förmliche Asylantragstellung in Gang gesetzt wird, so ist es zur Überzeugung des Gerichts zwingend erforderlich, dass der maßgebliche Sachverhalt in dem Wiederaufnahmeersuchen umfassend und zutreffend dargelegt wird, damit der ersuchte Mitgliedstaat in die Lage versetzt wird, die Einhaltung der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung in eigener Zuständigkeit zu überprüfen. Hier ist das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht in diesem Sinne umfassend gewesen, sondern im Gegenteil irreführend, wenn es dort heißt, der Ausländer habe angegeben, am 02.08.2015 in die Bundesrepublik gekommen zu sein und habe am 19.04.2016 Asyl beantragt („He stated that he entered Germany on 02.08.2015; The alien applied for asylum on 19.04.2016“). Diese Angaben lassen in keiner Weise erkennen, dass hier bereits spätestens am 21.09.2015 ein materielles Asylgesuch vorlag. Die Angaben in dem Wiederaufnahmeersuchen verschleiern daher das bestehende Problem hinsichtlich der Bestimmung des Fristbeginns und ermöglichen dem ersuchten Mitgliedstaat auch keine Überprüfung dahingehend, welcher Zeitpunkt der seiner Auffassung nach zutreffende für den Beginn der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ist. Eine auf einer solchen unvollständigen Tatsachengrundlage fussende etwaige Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates könnte daher auch nicht als Ausübung des Selbsteintrittsrechts trotz Fristablauf ausgelegt werden. Diese Sichtweise wird u.a. durch einen Vermerk der Beklagten in einem anderen Verfahren (6167988-475) bestätigt, wenn es dort heißt: „Aufgrund der großen Zeitspanne zwischen Einreise in Deutschland und förmlicher Asylantragstellung ist die Einleitung eines Dublin-Verfahrens nicht mehr aussichtsreich, da von den Mitgliedstaaten zunehmend auf den bereits erfolgten Ablauf der Zweimonatsfrist verwiesen wird.“
13Hier hat Ungarn aber auf das Wiederaufnahmeersuchen nicht reagiert. Eine Zustimmung könnte daher allenfalls gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung fingiert werden. Ob allerdings auf der Grundlage eines fehlerhaften, jedenfalls aber unvollständigen Wiederaufnahmeersuchens davon ausgegangen werden kann im Sinne des Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, ist mehr als fraglich.
14Hinzukommt, dass die ungarische Regierung bereits seit August 2015 nur noch 12 Asylsuchende pro Monat im Rahmen des Dublin-Systems wiederaufnehmen wollte und die in den vergangenen Monaten verlautbarten Erklärungen der ungarischen Regierung den Schluss auf eine vollständige Weigerung der Aufnahme weiterer Asylsuchender zulassen. Es passt in dieses Bild, dass Ungarn ausweislich der in den vergangenen Wochen bei der Kammer eingegangenen Dublin-Verfahren – anders als bis September 2015 - generell nicht mehr geantwortet hat. Es spricht manches dafür, dass bei dieser Sachlage eine Anwendung der Zustimmungsfiktion des Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ausgeschlossen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO – ebenso wie Art 22 Abs. 7 - lediglich die Stattgabe eines Aufnahmegesuchs mit der Folge der Aufnahmeverpflichtung des ersuchten Staates fingiert. Die Vorschrift trifft aber – im Unterschied zu zahlreichen anderen Regelungen der Verordnung wie etwa Art. 21 Abs. UAbs. 3, Art. 23 Abs. 3 oder auch Art. 12 Abs. 4 UAbs. 2 - ausdrücklich keine Regelung über einen Zuständigkeitsübergang bei verspäteter Antworterteilung. Der Eintritt der Stattgabefiktion setzt daher zur Überzeugung des Gerichts die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates voraus, begründet diese aber nicht.
15Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.04.2015 – 22 L 246/15.A – Juris.
16Jedenfalls steht aufgrund der Haltung der ungarischen Regierung nicht fest im Sinne des § 34a AsylVfG, dass die Abschiebung nach Ungarn alsbald durchgeführt werden kann, so dass die Abschiebungsanordnung auch aus diesem Grunde rechtswidrig ist. Es scheint im Gegenteil festzustehen, dass Ungarn keine Dublin-Überstellungen mehr akzeptieren wird. In einer dem erkennenden Gericht in einem Parallelverfahren zugeleiteten Nachricht der ungarischen Dublin-Einheit vom 14.06.2016 lehnt diese nicht nur eine Dublin-Überstellung in dem betreffenden Verfahren ab, sondern bittet das Bundesamt darüber hinaus, für die Zukunft keine Dublin-Überstellungen mehr zu planen („We kindly inform you that – with regard to our previous communication – we can not accept any incoming Dublin transfers. Therefore we kindly ask you to cancel this transfer and we also ask you not to plan any Dublin transfer to Hungary in the future.“)
17Die Bundesrepublik ist zudem nach derzeitiger Sachlage auch aufgrund der Auffangzuständigkeit des Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO für die Entscheidung über das Asylbegehren des Antragstellers zuständig, da einer Überstellung nach Ungarn systemische Mängel des dortigen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegenstehen und eine weitere Prüfung nach einem zuständigen Mitgliedstaat nach Ablauf der Fristen für die Stellung von Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchen nicht mehr möglich ist.
18Vgl. EuGH, Urteil vom 14.11.2013 – C-4/11 – Puid – ; Thym, Anmerkung zu Puid, NvwZ 2014, 130 ff.
19Denn es liegen unverändert konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis in Ungarn nicht an die zu fordernden und bei Einfügung des § 27 a AsylVfG vorausgesetzten unions- bzw. völkerrechtlichen Standards heranreichen und systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn bestehen. Insbesondere werden Asylbewerber, gerade auch sog. Dublin-Rückkehrer, praktisch ausnahmslos inhaftiert, wobei sowohl hinsichtlich des Verfahrens der Haftanordnung als auch hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Haftanordnung Anhaltspunkte für eine grundrechtsverletzende, willkürliche und nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Inhaftierungspraxis bestehen.
20Vgl. u.a. VG Köln, Urteile vom 15.07.2015 – 3 K 2005/15.A -, vom 08.09.2015 – 18 K 3798/15.A – und vom 22.12.2015 – 2 K 6214/14.A -.
21Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin H. aus Minden wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der Antrag des Antragstellers,
3ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin H1. aus N. beizuordnen,
4ist unbegründet. Es fehlt an den für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforder-lichen hinreichenden Erfolgsaussichten des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
5Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfol-gung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe dann versagt werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlos-sen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 08.08.2011 – 12 E 225/11 ‑, juris Rn. 3.
7Nach diesen Maßstäben hat der Antrag des Antragstellers,
8die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren 1 K 3221/16.A gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30.06.2016 unter Ziff. 2 enthaltene Abschiebungsanordnung nach Polen anzuordnen,
9keine Aussicht auf Erfolg. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
10Für die vorzunehmende Interessenabwägung gelten die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO anwendbaren allgemeinen Grundsätze. Dementsprechend ist das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung gegen das öffentliche Interesse an deren alsbaldiger Vollziehung abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage maßgeblich zu berücksichtigen.
11Dagegen setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – anders als in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags (§ 36 Abs. 1 und 4 Satz 1 AsylG) – nicht voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen. Im Gegensatz zu § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG enthält § 34a Abs. 2 AsylG keine entsprechende Einschränkung. Ein Antrag, § 34a Abs. 2 AsylVfG entsprechend zu fassen, fand im Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit.
12Vgl. VG Trier, Beschluss vom 18.09.2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris Rn. 5 ff. mit ausführlicher Darstellung des Ablaufs des Gesetzgebungsverfahrens; VG N. , Beschlüsse vom 29.12.2014 – 10 L 607/14.A –, juris Rn. 5 und vom 14.10.2014 – 1 L 759/14.A –, juris Rn. 4.
13Die vorgenannte Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.06.2016 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14Die vom Antragsteller gerügten formellen Fehler greifen nicht durch.
15Soweit der Antragsteller vorbringt, ihm sei das in Art. 4 Abs. 3 der Dublin III-Verordnung aufgeführte Merkblatt nicht ausgehändigt worden, vermag er damit nicht durchzudringen. Zwar entspricht das dem Antragsteller ausgehändigte Merkblatt nicht der Fassung, welche die EU-Kommission in Anlage X ihrer Durchführungsverordnung (EU) Nr. 188/2014 vom 30.01.2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vorgesehen hat. Der wesentliche Inhalt des Dublin-Verfahrens wird dem Antragsteller aber durch das vom Bundesamt verwendete Merkblatt näher gebracht. Insofern liegt nach Auffassung des Gerichts bereits kein Verfahrensfehler vor. Aus Art. 4 Abs. 3 Dublin III-Verordnung folgt insbesondere nicht, dass das Merkblatt der EU-Kommission zur Unterrichtung im Dublin-Verfahren für die Durchführung des Verfahrens von wesentlicher Bedeutung ist. Deshalb spricht auch Einiges dafür, dass nach den allgemeinen, in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätzen ein diesbezüglicher Verfahrensfehler jedenfalls unbeachtlich wäre. Nach dieser Bestimmung darf ein Verwaltungsakt nicht allein deshalb aufgehoben werden, weil er unter Verletzung von Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsbestimmungen zustande gekommen ist, wenn offensichtlich eine gleichlautende Entscheidung zu treffen wäre.
16Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 05.06.2015 – 13 L 1253/15.A –, juris Rn. 8; VG Schwerin, Beschluss vom 17.03.2015 – 3 B 687/15 As –, juris Rn. 9 f.
17Dies ist hier der Fall. Der Bescheid des Bundesamtes ist alternativlos (vgl. dazu im Einzelnen die nachfolgenden Erwägungen.
18Weiterhin kann auch kein relevanter Verfahrensmangel aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 5 Dublin III-Verordnung festgestellt werden. Zweck dieser Regelung ist ausweislich des Erwägungsgrundes 18 der Dublin III-Verordnung, die Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern. Der Antragsteller soll über die Anwendung der Dublin III-Verordnung und über die Möglichkeit informiert werden, bei dem Gespräch Angaben über die Anwesenheit von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung in den Mitgliedstaaten zu machen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern. Das Bundesamt hat mit dem Antragsteller am 25.05.2016 und 30.06.2016 ordnungsgemäße persönliche Gespräche zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens geführt. Es wurden von ihm alle Fragen beantwortet. Das Ziel der Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats wurde erreicht.
19Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2015 – 8 K 364/15.A –, juris Rn. 30.
20Überdies ist nicht ersichtlich, dass – hätte der Antragsteller (weitere) Einwände gegen die Überstellung nach Polen gegenüber dem Bundesamt anbringen können – diese zu einer anderen Sachentscheidung hätten führen müssen.
21Der angefochtene Bescheid begegnet auch keinen materiellen Bedenken. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Vorliegend ist die Zuständigkeit Polens für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers gegeben; diese Zuständigkeit ist auch nicht auf einen anderen Staat übergegangen.
22Gemäß Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1c Dublin III-Verordnung hat Polen den Antragsteller für die Bearbeitung des von ihm in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Antrags auf internationalen Schutz wieder aufzunehmen, weil der Antragsteller nach den Ermittlungen des Bundesamtes bereits in Polen Schutzanträge gestellt hat, für deren Bearbeitung Polen gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig ist, und weil das Bundesamt die polnischen Behörden am 20.06.2016 um Wiederaufnahme ersucht hat (Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Demgemäß haben sich die polnischen Behörden am 28.06.2016 gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO ausdrücklich für zuständig erklärt. Die sechsmonatige Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO) ist noch (lange) nicht abgelaufen.
23Zur Fristberechnung vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2016 – 1 C 15.15 ‑, bei juris; OVG NRW, Urteil vom 07.07.2016 – 13 A 2302/15.A – ebenfalls bei juris.
24Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Bescheid nicht deshalb aufzu-heben und die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, weil die Bundesrepublik Deutschland das Wiederaufnahmegesucht ver-spätet gestellt hat.
25Nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO ist ein Wiederaufnahmegesuch sobald wie mög-lich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der EURO-DAG-Treffermeldung zu stellen. Der Antragsteller hat seinen Asylantrag am 25.05.2016 gestellt. Das Übernahmeersuchen vom 20.06.2016 war daher nicht verspätet.
26Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist für die Fristberechnung der Zeitpunkt der formellen Asylantragstellung am 25.05.2016 zugrunde zu legen und nicht der Zeitpunkt, als er sich am 24.08.2015 als Asylsuchender erstmals gemeldet hat.
27Zwar normiert die in Art. 6 Abs. 1 der RL 2013/32/EU eine Pflicht zur Registrierung binnen drei bzw. sechs Arbeitstagen, nachdem eine Person einen Antrag auf inter-nationalen Schutz bei einer für die Registrierung dieses Antrags zuständigen nationalen Behörde gestellt hat. Insoweit ist bereits fraglich, ob sich der Antragsteller unmittelbar auf die Richtlinienbestimmung berufen kann. Jedenfalls ist ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen Art. 6 Abs. 1 der RL 2013/32/EU nicht ersichtlich. Die Registrierung des Antragstellers ist am 24.08.2015 gegenüber der Zentralen Ausländerbehörde Dortmund erfolgt, als diese ihm gemäß § 63a AsylG die Bescheini-gung über die Meldung als Asylsuchender mit den in § 63a Abs. 1 Satz 2 AsylG genannten Angaben zu seiner Person ausgehändigt hat. Die Aufnahmeeinrichtung ist gemäß § 63a Abs. 3 AsylG für die Ausstellung dieser Bescheinigung auch zu-ständig.
28Eine weiterreichende Registrierungspflicht, insbesondere die persönliche Vorsprache und erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers, die in der Praxis regel-mäßig mit der förmlichen Antragstellung bei einer Außenstelle des Bundesamtes stattfindet, ist dem Wortlaut der Richtlinie nicht zu entnehmen. Vielmehr unter-scheidet die Richtlinie ihrerseits zwischen der Registrierung gemäß Art. 6 Abs. 1 der RL 2013/32/EU und dem förmlichen Antrag gemäß Art. 6 Abs. 2 der RL 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten gewährleisten, „dass eine Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, tatsächlich die Möglichkeit hat, diesen sobald wie möglich zu stellen.“ Für die Entgegennahme des förmlichen Antrags enthält Art. 6 Abs. 2 der RL 2013/32/EU mithin eine eigenständige Frist.
29Vgl. hierzu VG Gießen, Beschluss vom 29.02.2016 – 3 L 208/16.Gi.A ‑; VG Hannover, Beschluss vom 30.12.2015 – 6 B 6186/15 ‑, beide bei juris.
30Ein Verstoß gegen diese Frist („sobald wie möglich“) ist vorliegend nicht ersichtlich. Sinn und Zweck der zügigen Registrierung liegen gemäß Erwägungsgrund Nr. 27 der RL 2013/32/EU darin, dass Drittstaatsangehörigen und Staatenlose, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den noch keine bestandskräftige Entscheidung ergangen ist, die Pflichten und Rechte erfüllen, die in dieser Richtlinie sowie in der RL 2013/33/EU festgelegt worden sind. Welcher Zeitrahmen den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 der RL 2013/32/EU noch entspricht, richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls.
31Vgl. VG Gießen, a.a.O.
32Nach summarischer Prüfung hat insoweit die Antragsgegnerin gegen das Gebot, „sobald wie möglich“ den Asylantrag entgegen zu nehmen, nicht verstoßen. Dass es insoweit zu teilweise erheblichen Wartezeiten kommt und gekommen ist, ist aus der Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Das Bundesamt befindet sich – wie allge-mein und auch dem Antragsteller bekannt sein dürfte – derzeit in einer Situation extremer Arbeitsüberlastung. Hinsichtlich ausstehender Einzelschritte einer voll-ständigen „Registrierung“ des Antragstellers und der Entgegennahme seines Antrags im eigentlichen Sinne gilt derzeit der Grundsatz, dass Unmögliches nicht geleistet nicht werden muss (impossibilium nulla est obligatio).
33So auch VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.11.2015 – 12 B 88/15 ‑, bei juris.
34Der Zeitraum von ca. neun Monaten, der vorliegend zwischen Registrierung und Asylantragstellung lag, ist jedenfalls angesichts der derzeitigen Situation des Bundesamtes auf alle Fälle noch hinzunehmen. Die Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO war nicht auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen. Vielmehr wurde vorliegend diese Frist eingehalten.
35Das polnische Asylsystem steht einer Überstellung des Antragstellers nach Polen nicht entgegen. Unter Beachtung von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ist von einer Überstellung an den als zuständig bestimmten Mitgliedstaat abzusehen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens darauf, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GK) und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der GR-Charta, der GK und der EMRK zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“
36vgl. EuGH (Große Kammer), Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 (N.S. u.a.) -, NVwZ 2012, 417 = InfAuslR 2012, 108
37bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“
38vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2315/93 -, NJW 1996, 1665 = DVBl. 1996, 753
39zu Grunde liegende Vermutung, an deren Widerlegung wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems hohe Hürden geknüpft sind, ist nur dann als widerlegt anzusehen, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat, die entweder im Rechtssystem dieses Staats angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen und wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich zu prognostizieren sind, ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass auch im zu entscheidenden Einzelfall der Asylbewerber mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.
40Vgl. EuGH (Große Kammer), Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 -, a.a.O., und vom 14.11.2013 - Rs. C-4/11 (Puid) -, NVwZ 2014, 129 = InfAuslR 2014, 68; BVerwG, Beschlüsse vom 19.3.2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039, und vom 6.6.2014 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = InfAuslR 2014, 352.
41Hingegen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob der jeweilige Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.6.2014 - 10 B 35.14 -, a.a.O.
43Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Polen - mit der Folge einer dem Antragsteller ernsthaft drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung - bestehen nicht.
44Vgl. BayVGH, Urteil vom 13.4.2015 - 11 B 15.50031 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 4.7.2014 - 6a K 265/14.A - und vom 10.3.2015 - 6a K 3687/14.A -, jew. www.nrwe.de = juris; VG N. , Beschlüsse u.a. vom 4.11.2014 - 6 L 781/14.A - (nachfolgend Urteil vom 22.5.2015 - 6 K 2414/14.A -), vom 14.12.2015 - 6 L 1331/15.A - und vom 29.6.2016 - 6 L 1214/16.A -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 2.3.2015 - 17 L 2510/14.A -, www.nrwe.de = juris, m.w.N.; VG Magdeburg, Beschluss vom 14.4.2015 - 9 B 147/15 -, AuAS 2015, 128 = juris.
45Die der Kammer vorliegenden Erkenntnisse lassen vielmehr den Rückschluss zu, dass die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage für Asylsuchende in Polen unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen, zumal sich weder aus Berichten des UNHCR noch aus der Rechtsprechung des EGMR irgendwelche Hinweise darauf ergeben, dass die Republik Polen bei der Vollziehung der Dublin-Verordnungen ihre Verpflichtungen nach der GK, der EMRK oder dem Unionsrecht missachten oder unvertretbare rechtliche Sonderpositionen einnehmen würde.
46Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 19.11.2013 - 25 L 2154/13.A - und vom 2.3.2015 - 17 L 2510/14.A -, jew. www.nrwe.de = juris; VG N. , Beschlüsse u.a. vom 4.11.2014 - 6 L 781/14.A -, vom 14.12.2015 - 6 L 1331/15.A - und vom 29.6.2016 - 6 L 1214/16.A -.
47Auch die Unterbringung von Asylbewerbern in geschlossenen Aufnahmeeinrichtungen, die sie während ihres Verfahrens nicht verlassen dürfen, weil sie unter Verstoß gegen das polnische Ausländergesetz (vgl. zu den Grundlagen: S. 7 ff. des streitigen Bescheides) die polnische Grenze illegal überquert haben, bedeutet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Polen und keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.
48So VG N. , Beschluss vom 21.07.2016 - 6 L 1264/16.A ‑.
49Im Übrigen ist ausweislich von Auskünften der Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Polen aus dem Jahr 2013 selbst in diesen Aufnahmezentren z.B. die medizinische Behandlung und Versorgung von Asylbewerbern sowie ihre psychologische Betreuung kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Personen im Flüchtlingsverfahren haben auch sonst prinzipiell den gleichen Anspruch auf medizinische Versorgung wie polnische Staatsangehörige; ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten.
50Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 19.11.2013 - 25 L 2154/13.A - und vom 2.3.2015 - 17 L 2510/14.A -, jew. a.a.O.
51Auch die Anordnung der Abschiebung der Antragsteller nach Polen gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Soll ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder - wie hier - in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden, ordnet nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Der Antragsteller hat nichts Durchgreifendes dazu vorgetragen und es ist für die Kammer auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass die Abschiebung in die Republik Polen trotz ausdrücklicher Zustimmung der polnischen Behörden zur Wiederaufnahme des Antragstellers nicht durchführbar wäre.
52Dass die neu gewählte polnische Regierung am 23.11.2015 erklärt hat, entgegen der Vereinbarung der Vorgängerregierung mit der EU nicht 7.000 Flüchtlinge aufnehmen zu wollen,
53vgl. http://www.mbem.nrw/sites/default/files/asset/document/12.01. 2016_-_polen_spezial.pdf,
54sagt ganz abgesehen davon, dass der polnische Außenminister diese Aussage Anfang Januar 2016 deutlich relativiert hat,
55vgl. http://www.freiewelt.net/nachricht/polen-will-trotz-vorshybehalte-eu-fluechtlingsshyquote-erfuellen-10064936/,
56nichts darüber aus, dass Polen seither nicht mehr bereit wäre, in konkreten Einzelfällen anschließend gegebene Zusagen der Wiederaufnahme von Schutzsuchenden - wie hier - einzuhalten. Das gilt ebenso mit Blick auf die Erklärung der polnischen Ministerpräsidentin von Ende März 2016, sie sehe keine Möglichkeit, dass im Moment Migranten nach Polen kämen,
57vgl. Zeit online vom 23.3.2016: „Polen will gar keine Flüchtlinge mehr aufnehmen“, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-03/ bruessel-polen-anschlag-fluechtlinge,
58denn trotz der vorzitierten Erklärung der Ministerpräsidentin hat Polen auch anschließend noch ausdrückliche Rückübernahmeerklärungen abgegeben, z.B. Mitte Mai 2016
59vgl. VG N. , Beschluss vom 29.6.2016 - 6 L 1214/16.A -
60und im vorliegenden Verfahren im Juni 2016.
61Dem steht nicht entgegen, dass die EU-Kommission am 13.01.2016 die erste Stufe des sog. EU-Rechtsstaatsmechanismus gegen Polen eingeleitet hat. An der Situation bzgl. der Asylverfahren in Polen ändert dies nichts.
62Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Polen. Die Abschiebung kann durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
63Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.09.2014 – 2 BvR 732/14 –, juris Rn. 11; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.04.2014 – 2 B 215/14 –, juris Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.05.2011 – A 11 S 1523/11 –, juris Rn. 4.
64Entsprechende Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich.
65Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Ge-richtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83b AsylG.
(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.
(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.
(1) Der Asylantrag ist bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. Das Bundesamt kann den Ausländer in Abstimmung mit der von der obersten Landesbehörde bestimmten Stelle verpflichten, seinen Asylantrag bei einer anderen Außenstelle zu stellen. Der Ausländer ist vor der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung darauf hinzuweisen, dass nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines Asylantrages die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 10 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes Beschränkungen unterliegt. In Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 ist der Hinweis unverzüglich nachzuholen.
(2) Der Asylantrag ist beim Bundesamt zu stellen, wenn der Ausländer
- 1.
einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzt, - 2.
sich in Haft oder sonstigem öffentlichem Gewahrsam, in einem Krankenhaus, einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Jugendhilfeeinrichtung befindet, oder - 3.
minderjährig ist und sein gesetzlicher Vertreter nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) Befindet sich der Ausländer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 in
- 1.
Untersuchungshaft, - 2.
Strafhaft, - 3.
Vorbereitungshaft nach § 62 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes, - 4.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes, weil er sich nach der unerlaubten Einreise länger als einen Monat ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 5.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Aufenthaltsgesetzes, - 6.
Mitwirkungshaft nach § 62 Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes, - 7.
Ausreisegewahrsam nach § 62b des Aufenthaltsgesetzes,
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.
(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.
(1) Die Vorschriften für die Revision in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses gelten entsprechend in folgenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht (Verfassungsgerichtshof, Staatsgerichtshof) eines Landes:
- 1.
Verfahren über die Verwirkung von Grundrechten, den Verlust des Stimmrechts, den Ausschluss von Wahlen und Abstimmungen, - 2.
Verfahren über die Verfassungswidrigkeit von Parteien, - 3.
Verfahren über Anklagen gegen den Bundespräsidenten, gegen ein Regierungsmitglied eines Landes oder gegen einen Abgeordneten oder Richter und - 4.
Verfahren über sonstige Gegenstände, die in einem dem Strafprozess ähnlichen Verfahren behandelt werden.
(2) In sonstigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes gelten die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend. Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung der in § 14 Absatz 1 genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt mindestens 5 000 Euro.