Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 02. Mai 2018 - 1 BvR 666/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20180502.1bvr066617
bei uns veröffentlicht am02.05.2018

Tenor

1. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 10. Februar 2015 - 7 U 44/12 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 10. Februar 2015 - 7 U 44/12 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Hanseatische Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 29. November 2016 - VI ZR 152/15 - und vom 7. Februar 2017 - VI ZR 152/15 - werden damit gegenstandslos.

3. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die zivilgerichtliche Verpflichtung zum Abdruck eines "Nachtrags".

2

1. Die Beschwerdeführerin verlegt das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin. Kläger des Ausgangsverfahrens ist Dr. G., der frühere Chefjustitiar der H. AG, über den in dem Nachrichtenmagazin berichtet wurde.

3

Mit der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts wurde die Beschwerdeführerin verurteilt, in dem Nachrichtenmagazin einen als "Nachtrag" überschriebenen Text zu veröffentlichen, in dem sie erklärt, dass die Berichterstattung "aus heutiger Sicht nicht aufrechterhalten" werde.

4

2. In der Ausgabe 34/2010 vom 23. August 2010 erschien in der Zeitschrift unter der Überschrift "Angst und Verfolgungswahn" ein dreiseitiger Beitrag, der sich kritisch mit den Zuständen bei der aus einer Fusion von zwei Landesbanken entstandenen H. AG befasste. Der Beitrag behandelt zunächst die im Jahr 2009 erfolgte Entlassung des Vorstandsmitglieds R. wegen des Verdachts, Journalisten vertrauliches Material zugespielt zu haben. Weiter heißt es, im Zuge der Ermittlungen sei die Staatsanwaltschaft zu der Einschätzung gelangt, es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass R. nach der Methode des Spurenlegens Opfer einer Falschbezichtigung geworden sei." Erst kürzlich sei ein Ermittlungsverfahren gegen einen - in dem Beitrag nicht namentlich bezeichneten - früheren Sicherheitsberater der Bank eingeleitet worden, einen ehemaligen Subunternehmer der für die Bank tätigen Consultingfirma P. AG. Dieser solle R.s Büro verwanzt, dessen Privatwohnung durchsucht und zudem mitgeholfen haben, Dokumente zu frisieren und zu verschicken, die R. seinen Job gekostet hätten. Ausgelöst worden seien die neuen Ermittlungen durch Schilderungen des früheren Sicherheitsberaters gegenüber Vertretern der H. AG bei einem vertraulichen Treffen am 29. Juli 2010. Diesbezüglich heißt es in dem Beitrag:

"Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter [Mitarbeiter der P. AG] gebeten, spätabends zum Seiteneingang der H.-Zentrale in der H. Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. [der Kläger des Ausgangsverfahrens] persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von F. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R.s Büro eine Wanze installiert. 'Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, zu erhalten', heißt es im Protokoll. (…) Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?"

5

3. Wegen dieser Berichterstattung betrieben der Kläger, die P. AG und die H. AG jeweils Unterlassungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin; im Fall des Klägers verbunden mit einer Klage auf Richtigstellung. In den mündlichen Verhandlungen vom 23. März 2012 gab die Beschwerdeführerin in allen drei Hauptsacheverfahren im Hinblick darauf, dass der als Zeuge geladene Subunternehmer bei der Beweisaufnahme das Zeugnis verweigert hatte, strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab. Ein gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft im Oktober 2012 mangels hinreichenden Tatverdachts ein.

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4. Das Landgericht hat die Beschwerdeführerin mit - nicht angegriffenem - Urteil vom 23. April 2012 sinngemäß verurteilt, richtigzustellen, dass der Kläger an Abhörmaßnahmen wie den im Bericht vom 23. August 2010 beschriebenen angeblichen Maßnahmen gegen R. nicht mitgewirkt habe. Auf die Berufung der Beschwerdeführerin hat das Oberlandesgericht mit - nicht angegriffenem - Urteil vom 28. Januar 2014 das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen bestätigt.

7

5. Mit - nicht angegriffenem - Urteil vom 18. November 2014 hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Bei Vorliegen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung bestehe kein Richtigstellungsanspruch, sondern lediglich ein Anspruch auf eine die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht infrage stellende nachträgliche Mitteilung, die unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Sachverhalts ausführe, dass der Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde. Dieser Anspruch ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung; die von der Verdachtsberichterstattung ausgehende Rufbeeinträchtigung müsse der Kläger nicht länger hinnehmen. Zwar könne der Presse nicht verwehrt werden, nach sorgfältiger Recherche auch über Vorgänge oder Umstände zu berichten, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mit Sicherheit feststehe. Auch stelle die Verpflichtung eines Presseunternehmens zur Veröffentlichung einer nachträglichen Berichtigung einen erheblichen Eingriff in dessen Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK dar. Indes könne dem Betroffenen nicht zugemutet werden, dass ein berechtigtes Interesse an seiner Rehabilitierung zum Schutze der Pressefreiheit gänzlich zurücktrete. Die insofern vorzunehmende Güterabwägung führe zu einer gegenüber der Richtigstellung für die Presse weniger einschneidenden Form des Berichtigungsanspruchs: Um die durch die ursprünglich zulässige Verdachtsäußerung hervorgerufene Störung abzustellen, sei es geeignet, erforderlich, aber auch ausreichend, dass auf Verlangen des Betroffenen nachträglich mitgeteilt werde, dass der berichtete Verdacht nach Klärung des Sachverhalts nicht aufrechterhalten werde.

8

6. Mit angegriffenem Urteil vom 10. Februar 2015 verurteilte das Oberlandesgericht die Beschwerdeführerin, eine vom Kläger formulierte Erklärung, in der die oben zitierte Passage aus dem ursprünglichen Bericht wiedergegeben wird, in der nach Eintritt der Rechtskraft nächsten erreichbaren Ausgabe ihres Nachrichtenmagazins zu veröffentlichen. Die Erklärung müsse zudem im Inhaltsverzeichnis angekündigt werden und ihr Abdruck in demselben Teil des Heftes erfolgen wie die ursprüngliche Berichterstattung. Abweichend von der Verurteilung im ersten Berufungsurteil müsse die Veröffentlichung der Nachtragserklärung nicht mehr unter der Überschrift "Richtigstellung", sondern unter der Überschrift "Nachtrag" erfolgen. Der letzte Satz der Erklärung müsse nunmehr den Zusatz "aus heutiger Sicht" enthalten und habe demnach zu lauten:

"[Im Magazin (…) haben wir durch die Berichterstattung] (…) den Verdacht erweckt, der H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen R. mitgewirkt. Diesen Verdacht erhalten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht. Der Verlag."

9

Der Anspruch auf Veröffentlichung dieses "Nachtrags" folge aus § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 186 StGB, da der von der Beschwerdeführerin veröffentlichte Verdacht unberechtigt sei, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit in erheblichem Maße herabsetze und diese Rufbeeinträchtigung fortdauere. Eine Verdachtsberichterstattung sei einem Berichtigungsanspruch auch in den Fällen zugänglich, in denen rechtmäßig über einen Verdacht berichtet worden sei. Der Kläger habe im Rahmen der vom Gericht durchgeführten Beweisaufnahme beweisen können, dass der Verdacht, er habe an Abhörmaßnahmen gegen R. mitgewirkt, unberechtigt sei. Dabei sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht erforderlich, dass der Betroffene der Presse bereits bei Geltendmachung des Anspruchs die Ausräumung des Verdachts nachweisen könne. Da ein derartiger Nachweis ohne die nur in einem Prozess zugänglichen Beweismitteln nur in seltenen Ausnahmefällen geführt werden könne, würde eine solche Voraussetzung dem aus dem Persönlichkeitsrecht folgenden Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen nicht gerecht. Ob die Beschwerdeführerin vor der Veröffentlichung die von ihr behauptete Recherche durchgeführt und damit die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung erfüllt habe, könne offenbleiben. Denn auch in diesem Fall stehe dem Kläger ein Anspruch auf Veröffentlichung der nunmehr verlangten Nachtragserklärung zu, die inhaltlich den sich aus dem Revisionsurteil ergebenden Anforderungen entspreche. Auch der Wortlaut der nunmehr ausgeurteilten Formulierung sei nicht zu beanstanden. Die Formulierung "diesen Verdacht erhalten wir (…) nicht aufrecht" sei vom Bundesgerichtshof in der Revisionsentscheidung gebilligt worden. Die Formulierung gebe der Beschwerdeführerin lediglich auf, im Nachhinein aufgrund neuer Erkenntnisse von ihrer bisherigen Berichterstattung abzurücken und erwecke beim Leser nicht den Eindruck einer insoweit fehlerhaften Erstberichterstattung. Zudem sei es der Beschwerdeführerin nicht verwehrt, im Rahmen der Veröffentlichung zum Ausdruck zu bringen, dass sie in Erfüllung eines gerichtlichen Urteils und nicht etwa aus freier Überzeugung handele, solange sie dabei die Erklärung nicht in unzulässiger Weise entwerte. Die Abdruckmodalitäten seien dem Grundsatz der "Waffengleichheit" geschuldet. Da die Erstmitteilung im Inhaltsverzeichnis angekündigt gewesen sei, könne auch eine Ankündigung des Nachtrags im Inhaltsverzeichnis verlangt werden. Die Länge der Erklärung sei in Anbetracht der ausführlichen Verdachtsschilderung in der Erstmitteilung nicht zu beanstanden. Sie beschränke sich auf die für den Leser notwendigen Angaben, was dem Kläger im Einzelnen vorgeworfen worden sei, und die knappe Feststellung, dass die Beschwerdeführerin diesen Verdacht aus heutiger Sicht nicht aufrechterhalte.

10

7. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde sowie eine Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin wies der Bundesgerichtshof zurück.

11

8. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die jüngste Entscheidung des Oberlandesgerichts und die beiden darauffolgenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Sie rügt die Verletzung ihrer Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs.1 GG. Die Zuerkennung einer Nachtragspflicht bei rechtmäßiger Verdachtsberichterstattung sei jenseits eines rechtskräftigen Freispruchs im Strafverfahren generell verfassungswidrig. Insbesondere könne der Presse nicht zugemutet werden, selbst nachzuforschen, ob sich der Verdacht bewahrheitet habe oder gar auf die bloße Behauptung des Betroffenen hin, der Verdacht sei unbegründet, einen Prozess über die Wahrheit oder Unwahrheit des Verdachts führen zu müssen. Der Eingriff in das Grundrecht der Pressefreiheit sei zudem unverhältnismäßig, da die Beeinträchtigung in Bezug auf den Kläger nicht mehr vorliege, so dass kein objektives Berichtigungsbedürfnis gegeben sei. Der Wortlaut der nach dem angegriffenen Urteil abzudruckenden Erklärung verletze die Beschwerdeführerin schon deshalb in ihrer Pressefreiheit und insbesondere ihrer negativen Meinungsfreiheit, weil sie gezwungen werde, sich einen Äußerungsinhalt zu eigen zu machen, den ihr die Zivilgerichte untergeschoben hätten. Weiterhin werde durch die vorformulierte Erklärung "diesen Verdacht erhalten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht" eine persönliche Distanzierung der Beschwerdeführerin erzwungen, obwohl stattdessen eine neutrale Formulierung möglich gewesen wäre. Schließlich werde durch die Nennung anderer Namen in der tenorierten Fassung des abzudruckenden Nachtrags in die Persönlichkeitsrechte Dritter eingegriffen. Denn es werde der Verdacht wiederholt, dass diese gemeinsam mit dem Kläger an den beschriebenen Abhörmaßnahmen mitgewirkt hätten. Zudem werde die Beschwerdeführerin durch die Veröffentlichung gezwungen, gegen gerichtlich zu Protokoll erklärte Unterlassungsverpflichtungen zu verstoßen und sich somit unmittelbar Vertragsstrafeansprüchen auszusetzen. Dieser Punkt sei bislang von keinem der mit dem Ausgangsverfahren befassten Gerichte erwogen worden, worin auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG liege.

12

9. Mit Beschluss vom 22. Juni 2017 hat das Bundesverfassungsgericht dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben und die Vollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts bis zur Entscheidung über die Hauptsache einstweilen eingestellt.

13

10. Die Verfassungsbeschwerde wurde der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Bundesgerichtshof und dem Kläger des Ausgangsverfahrens zugestellt. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat eine Stellungnahme abgegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

II.

14

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet.

15

1. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG.

16

a) Das Grundrecht auf Pressefreiheit gewährleistet seinem Träger das Recht, das von ihm verlegte Presseerzeugnis nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten (vgl. BVerfGE 95, 28 <35 f.>). Diese Freiheit ist sowohl in positiver wie in negativer Hinsicht geschützt. Insbesondere gehört es zu den verfassungsrechtlich gesicherten Aufgaben der Presse, investigativ und in den Grenzen des Zulässigen über Verdächtigungen von hohem öffentlichen Interesse zu berichten (BVerfGE 7, 198 <208>; 12, 113 <125>). Der Träger der Pressefreiheit soll grundsätzlich selbst entscheiden dürfen, was er in sein Presseerzeugnis aufnehmen will und was nicht.

17

Hinsichtlich des Inhalts der Berichterstattung ist die Presse durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Hierzu gehört in seiner negativen Ausprägung auch das Recht, sich die Äußerung und Verbreitung einer fremden Meinung nicht als eigene zurechnen lassen zu müssen (vgl. BVerfGE 95, 173 <182>).

18

b) Die Meinungs- und Pressefreiheit genießen keinen vorbehaltlosen Schutz. Gemäß Art. 5 Abs. 2 GG finden sie ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre. Dazu zählen auch § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 186 StGB, auf die das Oberlandesgericht sein Urteil gestützt hat. Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften ist Sache der Zivilgerichte. Sie kann vom Bundesverfassungsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dabei die Ausstrahlungswirkung des von der Entscheidung berührten Grundrechts hinreichend beachtet worden ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 97, 391 <401>; 101, 361 <388>; stRspr).

19

aa) Verfassungsrechtlich ist vom Grundsatz her nichts dagegen einzuwenden, wenn die Rechtsprechung aus den Vorschriften der §§ 823 und 1004 BGB einen "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch" ableitet, der selbständig neben dem an andere Voraussetzungen gebundenen Gegendarstellungsrecht steht und eingreift, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Meldung über eine Straftat sich aufgrund späterer gerichtlicher Erkenntnisse in einem anderen Licht darstellt und die durch die Meldung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts andauert (vgl. BGHZ 57, 325). Entsprechendes gilt für verfahrensabschließende Entscheidungen der Staatsanwaltschaft. Da die Berichterstattung über den Verdacht einer Straftat stets das Risiko der Unrichtigkeit in sich trägt und besonders belastende Auswirkungen auf Betroffene haben kann, kann die Presse zur Abmilderung solcher Wirkungen in eine Folgeverantwortung genommen werden, wenn die strafrechtlichen Ermittlungen zu der betreffenden Straftat eingestellt werden oder der Betroffene freigesprochen wird. Es ist dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte den erforderlichen Ausgleich zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht dadurch herbeiführen, dass sie dem Betroffenen das Recht zubilligen, eine nachträgliche Mitteilung über den für ihn günstigen Ausgang des Strafverfahrens zu verlangen.

20

bb) Eine im Nachgang zu rechtmäßigen Presseberichten angeordnete nachträgliche Mitteilung über erst später bekanntwerdende Umstände unterscheidet sich in ihren Anforderungen jedoch grundsätzlich von einer Richtigstellung gegenüber ursprünglich rechtswidrigen Presseberichten. Denn hier ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die ursprüngliche Berichterstattung verfassungsrechtlich von der Pressefreiheit gedeckt war und die Presseorgane diese grundsätzlich als abgeschlossen betrachten durften. Die Entscheidung, über welche Ereignisse berichtet wird, gehört zum wesentlichen Inhalt der Pressefreiheit, weshalb die Presse nicht einer generellen Pflicht unterworfen werden darf, die Berichterstattung über ein einmal aufgegriffenes Thema bei neuen Entwicklungen fortzusetzen oder im Nachgang zu einer Berichterstattung nachzuforschen, ob sich ein Verdacht bewahrheitet hat oder nicht (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats - 1 BvR 765/97 -, NJW 1997, S. 2589). Der für die freiheitliche demokratische Grundordnung konstituierende Charakter der Pressefreiheit (vgl. BVerfGE 7, 198 <208>; 77, 65 <74>; stRspr) erfordert danach, dass Eingriffe durch die Zuerkennung von Ansprüchen auf nachträgliche Mitteilung in Anschluss an eine ursprünglich rechtmäßige Verdachtsberichterstattung auf Ausnahmefälle begrenzt bleiben müssen. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren die entsprechenden Tatvorwürfe durch Einstellungsbeschluss fallen gelassen werden oder ein Freispruch gegenüber dem Betroffenen ergangen ist und dies der Presse von diesem nachprüfbar bekannt gemacht wurde. Demgegenüber kann eine nachträgliche Mitteilung nicht beliebig unter Berufung auf neue Erkenntnisse und das Verlangen nach einer neuen Würdigung der Verdachtslage begehrt werden. Insoweit unterscheidet sich auch der Rechtsstreit um den Anspruch auf Abdruck einer nachträglichen Mitteilung seinem Gegenstand nach von dem Rechtsstreit um Richtigstellung und ist nicht nur dessen Fortsetzung. Während der Anspruch auf Richtigstellung davon abhängt, ob die Presse in der Würdigung der Verdachtsmomente zum Zeitpunkt der Veröffentlichung den insoweit geltenden Anforderungen genügt, setzt ein Anspruch auf nachträgliche Mitteilung voraus, dass spätere Erkenntnisse zu einer solchen Mitteilung qualifiziert Anlass geben.

21

Auch hinsichtlich Inhalt, Form und Umfang des abzudruckenden Textes ist bei der Abwägung die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des Textes zu berücksichtigen. Insbesondere ist hierbei auch die negative Meinungsfreiheit der Presse zu beachten und darf sie nicht zu einer eigenen Bewertung der veränderten Sachlage verpflichtet werden. Die ihr abverlangte Erklärung muss sich auf eine distanzierte Mitteilung der geänderten Umstände in ihrem objektiven Gehalt beschränken. Soweit im Rahmen einer solchen nachträglichen Mitteilung darüber hinaus dritte Personen Erwähnungen finden, sind auch deren Rechte zu wahren.

22

c) Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht gerecht.

23

Das Oberlandesgericht unterscheidet nicht - wie es der Bundesgerichtshof ihm aufgegeben hat -, ob es sich um eine Richtigstellung der ursprünglichen Berichtserstattung handelt oder um eine nachträgliche Mitteilung in Blick auf geänderte Umstände. Es hat vielmehr den auf die ursprüngliche Berichterstattung bezogenen Rechtsstreit um Richtigstellung als Rechtsstreit um nachträgliche Mitteilung fortgeführt und damit in allgemeiner Würdigung der für die Verdachtslage maßgeblichen Umstände entschieden. Dabei hat es nicht zwischen der für die Beurteilung der ursprünglichen Berichterstattung maßgeblichen ex ante-Perspektive und der für die nachträgliche Mitteilung maßgeblichen Perspektive des Bekanntwerdens inzwischen ergangener strafrechtlicher Entscheidungen differenziert. Der Sache nach verlangt das Oberlandesgericht damit von der Presse, auch nach der Berichterstattung bekanntwerdende Umstände allgemein zu verfolgen sowie von den Betroffenen neu herangebrachte Gesichtspunkte zu berücksichtigen und diese dann in Ergänzung ihrer früheren Berichterstattung zur Grundlage von - fremdformulierten - nachträglichen Mitteilungen zu machen. Dies ist mit der Pressefreiheit nicht vereinbar.

24

Ausgehend von der vom Oberlandesgericht offengelassenen und damit hier zu unterstellenden Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Berichterstattung genügt der der Beschwerdeführerin auferlegte "Nachtrag" den verfassungsrechtlichen Anforderungen nach Inhalt, Form und Umfang nicht. Denn die erfolgte Verurteilung stellt - auch wenn sie als "Nachtrag" bezeichnet ist - in der Sache eine Berichtigung dar, die nur bei rechtswidriger Berichterstattung zulässig wäre. Geht man demgegenüber von der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Berichterstattung aus, darf die Beschwerdeführerin nicht dazu verpflichtet werden, von dieser Berichterstattung abzurücken und zu erklären, dass sie den Verdacht nicht mehr aufrecht erhalte. Zum Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers hätte die von einer kurzen Zusammenfassung der angegriffenen Berichterstattung eingeleitete Mitteilung, dass das gegen ihn geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei, ausgereicht. Mehr hätte der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Meinungs- und Pressefreiheit nicht abverlangt werden dürfen.

25

Durch die Verurteilung zur erneuten Wiedergabe einer Passage aus der ursprünglichen Berichterstattung, in der neben dem Kläger zwei weitere Personen identifizierbar erwähnt werden, greift die Entscheidung zudem in die Persönlichkeitsrechte Dritter ein. Denn in Bezug auf diese Personen wird - ohne dass sie ein Interesse daran haben könnten - der vor Jahren geäußerte Verdacht wiederholt und damit erneut und zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Verdachtsberichterstattung längst nicht mehr zulässig sein dürfte, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt. Für den hierin liegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der beiden genannten Personen ist keine Rechtfertigung ersichtlich. Es kann dahinstehen, wie es verfassungsrechtlich zu bewerten ist, dass die Beschwerdeführerin darüber hinaus durch die Verurteilung zur Veröffentlichung des Nachtrags unter Nennung der beiden weiteren Personen gerichtlich dazu gezwungen würde, gegen die von ihr in zwei Parallelverfahren gegenüber der H. AG und der P. AG abgegebenen Unterlassungserklärungen zu verstoßen.

26

2. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts beruht auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern. Es ist nicht auszuschließen, dass das Gericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird.

27

3. Durch die Aufhebung des Urteils des Oberlandesgerichts und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht (§ 95 Abs. 2 BVerfGG) werden die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 29. November 2016 über die Nichtzulassungsbeschwerde und vom 7. Februar 2017 über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

28

4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


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Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34a


(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93c


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 10


(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Be

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

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Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - 7 U 44/12

bei uns veröffentlicht am 10.02.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. April 2012, Geschäftsnummer 324 O 628/10, hinsichtlich Ziffer I. des Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Re
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 18. Okt. 2018 - 15 U 37/18

bei uns veröffentlicht am 18.10.2018

Tenor I.                            Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgericht Köln vom 14.2.2018 (28 O 134/17) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: 1. Die

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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. April 2012, Geschäftsnummer 324 O 628/10, hinsichtlich Ziffer I. des Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Rechtskraft dieser Entscheidung nächsten erreichbaren Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der S.“ im redaktionellen Teil Deutschland mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung in „DER S.“ vom 23. 08. 2010, Seite 26 ff. „Angst und Verfolgungswahn“ unter Verwendung der Überschrift „Nachtrag“ mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis zu veröffentlichen:

„Im Magazin ‚DER S.‘ Nr. 34 vom 23. 08. 2010 ist ein Bericht unter der Überschrift ‚Angst und Verfolgungswahn‘ erschienen, in dem der damalige Chefjustitiar der H. Dr. W. G. erwähnt wird. In dem Bericht haben wir durch die Berichterstattung

Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der H.-Zentrale in der Hamburger Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von M. F.-Z. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R. Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erhalten‘, heißt es im Protokoll. ... Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?

den Verdacht erweckt, der damalige H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt. Diesen Verdacht erhalten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht.

Der Verlag“

Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1. wird zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Parteien wie folgt: Von den Gerichtskosten haben der Kläger 10,7 %, die Beklagte zu 1. 39,7 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 24,8 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1. 39,7 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 24,8 % zu tragen; im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 21,2 % zu tragen; im Übrigen trägt die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. hat der Kläger 22% zu tragen; im Übrigen trägt der Beklagte zu 2. seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. hat der Kläger 22% zu tragen; im Übrigen trägt der Beklagte zu 3. seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten der zweiten Instanz vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs tragen die Parteien wie folgt: Von den Gerichtskosten haben der Kläger 16 %, die Beklagte zu 1. 64 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 10% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1. 64 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 10 % tragen; im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 20 % zu tragen; im Übrigen trägt die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Beklagten zu 2. und 3. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs tragen der Kläger 20 % und die Beklagte zu 1. 80 %.

Die Kosten des Revisionsverfahrens VI ZR 76/14 tragen die Parteien wie folgt: Von den Gerichtskosten haben der Kläger 19,5 %, die Beklagte zu 1. 78 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 1,25 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1. 78 % und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 1,25 % tragen; im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 20 % zu tragen; im Übrigen trägt die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Beklagten zu 2. und 3. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1

gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:

2

I. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte zu 1. gegen ein Urteil, mit dem ihr u.a. auferlegt worden ist, eine Richtigstellung zu veröffentlichen, dass der Kläger an Abhörmaßnahmen gegen das Vorstandsmitglied R. nicht mitgewirkt habe. Der Senat hat mit Urteil vom 28. Januar 2014 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte zu 1. stattdessen verurteilt, unter der Überschrift „Richtigstellung“ eine Erklärung abzudrucken, dass sie den Verdacht erweckt habe, der Kläger habe an den angeblichen Abhörmaßnahmen gegen R. mitgewirkt, und sie diesen Verdacht nicht aufrechterhalte. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Senats mit Urteil vom 18. November 2014 (Az.: VI ZR 76/14) auf die zugelassene Revision hin aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.

3

Der Kläger war Chefjustitiar der H.AG. Die Beklagte zu 1) verlegt das Nachrichtenmagazin „Der S.“, in dessen Ausgabe 34/2010 am 23. August 2010 ein Beitrag „Angst und Verfolgungswahn“ über die H.AG erschien, der sich u.a. mit Vorgängen um die Entlassung des H.-Vorstandsmitglieds R. im April 2009 befasst und in dem die streitgegenständlichen Passagen enthalten sind (Anlage K 1).

4

Zum Sachverhalt im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die Feststellungen im Urteil des Senats vom 28. Januar 2014 verwiesen. Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen U., F.-Z. und M. Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das gerichtliche Protokoll vom 10. Dezember 2013 (Bl. 353 - 355R d.A.) Bezug genommen.

5

Der Bundesgerichtshof hat beanstandet, dass der Senat ausgehend vom Vorbringen der Beklagten zu 1. die Rechtmäßigkeit der Verdachtsberichterstattung verneint habe. Bei einer zulässigen Verdachtsberichterstattung könne der Kläger nicht die vom Senat zuerkannte Richtigstellung, sondern nur eine nachträgliche Mitteilung verlangen, die die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht in Frage stelle und unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Sachverhalts ausführe, dass der Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde. Die Überschrift der Erklärung könne deshalb nicht „Richtigstellung“, sondern beispielsweise „Nachtrag zum Bericht vom…“ lauten.

6

Die Beklagte zu 1. trägt vor, ein Anspruch auf eine nachträgliche oder ergänzende Mitteilung könne nur dann bestehen, wenn der Betroffene dem Medium gegenüber bereits bei Geltendmachung des Anspruchs in geeigneter Weise evident nachweise, dass der Verdacht unbegründet sei. Eine Beweiserhebung über die Unbegründetheit in einem Prozess könne der Presse nicht zugemutet werden und würde diese in der Presse- und Meinungsfreiheit verletzen. Da der Kläger bei Geltendmachung des Anspruchs diesen Nachweis nicht erbracht habe, sei die Klage abzuweisen. Aber selbst wenn man die durchgeführte Beweisaufnahme berücksichtigte, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht, da der Kläger den Verdacht nicht vollständig ausgeräumt habe. Im Übrigen sei der Gesamtverdacht einer Beteiligung des Klägers an möglichen Machenschaften gegen R. noch nicht abschließend geklärt (vgl. Anlage BK 3).

7

Unabhängig davon fehle es inzwischen an einer noch fortdauernden Rufbeeinträchtigung des Klägers, da in dem Portal „JUVE“, in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. November 2014, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20. November 2014 und in einer Pressemitteilung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (Anlagen BK 4 bis 8) darüber berichtet worden sei, dass sich der Verdacht (angeblich) als unbegründet erwiesen habe. Der Kläger habe auf diese Weise eine Rehabilitation erfahren, die der durch den begehrten Nachtrag zu erzielenden mindestens gleichkomme.

8

Jedenfalls bestehe kein Anspruch auf einen Nachtrag in der begehrten Form. Der Kläger habe die vom Bundesgerichtshof gemachten Vorgaben mehrfach missachtet. Es sei weder erforderlich, noch zumutbar oder angemessen, die nachträgliche Mitteilung im selben Teil des Heftes wie die Erstberichterstattung und unter entsprechender Ankündigung im Inhaltsverzeichnis abzudrucken. Die ellenlange wortwörtliche Wiedergabe der Erstmitteilung sei weder für das Verständnis noch für die Rehabilitation des Klägers erforderlich. Durch die Formulierung „Diesen Verdacht erhalten wir … nicht aufrecht“ werde sie (Beklagte zu 1.) gezwungen, persönlich von ihrer bisherigen Berichterstattung abzurücken, was nicht verlangt werden dürfe. Durch die Formulierung „haben wir … den Verdacht erweckt“ werde ebenfalls der unzutreffende Eindruck einer unzulässigen Berichterstattung erweckt. Die Mitteilung, dass der Verdacht „aus heutiger Sicht“ nicht aufrechterhalten werde, sage überhaupt nichts über die ursprüngliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Verdachtsberichterstattung aus.

9

Die Beklagte zu 1.) beantragt,

10

Ziffer I des Urteils des Landgerichts aufzuheben und die Klage diesbezüglich abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt unter Rücknahme seiner Klage im Übrigen,

12

die Berufung der Beklagten zu 1. mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Rechtskraft dieser Entscheidung nächsten erreichbaren Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der S.“ im redaktionellen Teil Deutschland mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung in „DER S.“ vom 23. 08. 2010, Seite 26 ff. „Angst und Verfolgungswahn“ unter Verwendung der Überschrift „Nachtrag“ mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis zu veröffentlichen:

13

„Im Magazin ‚DER S.‘ Nr. 34 vom 23. 08. 2010 ist ein Bericht unter der Überschrift ‚Angst und Verfolgungswahn‘ erschienen, in dem der damalige Chefjustitiar der H. Dr. Wolfgang G. erwähnt wird. In dem Bericht haben wir durch die Berichterstattung

14

Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der H.-Zentrale in der Hamburger Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von M. F.-Z. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R.s Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erhalten‘, heißt es im Protokoll. ... Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?

15

den Verdacht erweckt, der damalige H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt. Diesen Verdacht erhalten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht.

16

Der Verlag“;

17

hilfsweise,

18

dass die Beklagte zu 1. verurteilt wird, in der nach Rechtskraft dieser Entscheidung nächsten erreichbaren Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der S.“ im redaktionellen Teil Deutschland mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung in „DER S.“ vom 23. 08. 2010, Seite 26 ff. „Angst und Verfolgungswahn“ unter Verwendung der Überschrift „Nachtrag“ mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis zu veröffentlichen:

19

„Im Magazin ‚DER S.‘ Nr. 34 vom 23. 08. 2010 ist ein Bericht unter der Überschrift ‚Angst und Verfolgungswahn‘ erschienen, in dem der damalige Chefjustitiar der H. Dr. W. G. erwähnt wird. Wir haben durch die Berichterstattung

20

Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der HSH-Nordbank-Zentrale in der Hamburger Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von M. F.-Z. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R.s Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erhalten‘, heißt es im Protokoll. ... Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?

21

über den Verdacht berichtet, der damalige H.-Chefjustitiar G. habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt. Dieser Verdacht wird nach zwischenzeitlich erfolgter Einstellung des Verfahrens mangels Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO) nicht aufrecht erhalten.

22

Der Verlag“;

23

äußerst hilfsweise und für den Fall, dass dem vorstehenden Haupt- oder Hilfsantrag nicht entsprochen werden sollte, im Wege der Hilfsanschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung, mindestens jedoch einen Entschädigungsbetrag in Höhe von € 15.000,--, zu zahlen.

24

Die Beklagte zu 1. beantragt, diese Anträge des Klägers sowie die Hilfsanschlussberufung zurückzuweisen.

25

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des Landgerichts vom 20. April 2012, das Urteil des Senats vom 28. Januar 2014, das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2014 sowie auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

26

II. Nachdem der Kläger seinen bisherigen Berichtigungsanspruch eingeschränkt hat, hat die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der nunmehr geltend gemachte Berichtigungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB i.V.m. den §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 186 StGB zu, da der von der Beklagten zu 1. veröffentlichte Verdacht unberechtigt ist, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit in erheblichem Maße herabsetzt und diese Rufbeeinträchtigung fortdauert.

27

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass eine Verdachtsberichterstattung einem Berichtigungsanspruch zugänglich ist. Dieses gilt, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18. November 2014 bekräftigt hat, auch in Fällen, in denen rechtmäßig über einen Verdacht berichtet worden ist (vgl. BGH, VI ZR 76/14, Rz. 38 ff.). Dem steht entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 28. Januar 2014 näher ausgeführt hat, hat das Bundesverfassungsgericht in dem von der Beklagten zu 1. angeführten Fall (NJW 1997, 2589) den Berichtigungsanspruch im Falle einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung nicht ausgeschlossen. Auch der von einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung Betroffene kann unter Abwägung der beiderseitigen Grundrechtspositionen eine Berichtigung verlangen, da dem Betroffenen nicht zugemutet werden kann, dass sein berechtigtes Interesse an einer Rehabilitierung zum Schutze der Pressefreiheit gänzlich zurücktritt (BGH, a.a.O.). Das ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG), dessen Wahrung der Berichtigungsanspruch dient, zieht der Pressefreiheit Schranken. Im Konfliktfall sind beide Rechtspositionen gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH NJW 1995, 861, 863, juris-Rz. 64). Vor diesem Hintergrund kann der Berichtigungsanspruch entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene der Presse bereits bei Geltendmachung des Anspruchs die Ausräumung des Verdachts nachweist. Da ein derartiger Nachweis ohne die nur in einem Prozess zugänglichen Beweismittel nur in seltenen Ausnahmefällen geführt werden könnte, würde eine solche Voraussetzung dem aus dem Persönlichkeitsrecht folgenden Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen nicht gerecht.

28

Der Kläger hat bewiesen, dass der Verdacht, dass er an Abhörmaßnahmen gegen F. R. mitgewirkt habe, unberechtigt ist. Davon ist der Senat - auch nach erneuter Überprüfung - aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Zur Begründung verweist der Senat auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 28. Januar 2014. Da nur dieser Verdacht Gegenstand des begehrten Nachtrages ist, ist nicht von Belang, ob ein anderer möglicherweise gegen den Kläger gerichteter Verdacht ausgeräumt ist.

29

Der von der Beklagten zu 1. über den Kläger verbreitete Verdacht ist schwerwiegend und ehrabschneidend. Da die mit dem Verdacht verbundene Rufbeeinträchtigung fortdauert (vgl. dazu auch BGH, VI ZR 76/14, Rz. 32), besteht ein Anspruch des Klägers auf Veröffentlichung einer Berichtigung. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. ist die Rufbeeinträchtigung nicht durch die Meldungen in dem Portal „JUVE“, in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. November 2014, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20. November 2014 und durch die Pressemitteilung seiner Prozessbevollmächtigten (Anlagen BK 4 bis 8) entfallen. Um die durch eine Presseveröffentlichung entstandene Rufbeeinträchtigung zu beseitigen, muss die Berichtigung möglichst den gleichen Empfängerkreis und Aufmerksamkeitswert wie die beanstandete Berichterstattung erreichen (BGH NJW 1995, 861, 863, juris-Rz. 62; Gamer in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 13. Kapitel Rn. 91) woran es bei den genannten Mitteilungen ersichtlich fehlt. Für den Berichtigungsanspruch gilt ebenfalls der in den Regelungen des Gegendarstellungsrechts zum Ausdruck kommende Grundsatz der „Waffengleichheit“. Dies bedeutet, dass die Veröffentlichung grundsätzlich so erfolgen muss, dass die Berichtigung möglichst den gleichen Leserkreis und den gleichen Grad an Aufmerksamkeit wie die Erstmitteilung erreicht (vgl. Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 31 Rz. 23; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., S. 170; Gamer, a.a.O.).

30

Der nunmehr vom Kläger verlangte und mit diesem Urteil zuerkannte „Nachtrag“ ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte zu 1. vor der Veröffentlichung die von ihr behauptete Recherche durchgeführt hat und damit die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung erfüllt hat. Auch bei einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung steht dem Kläger ein Anspruch auf Veröffentlichung dieser Nachtragserklärung zu.

31

Mit der Wahl der Überschrift „Nachtrag“ hat der Kläger den vom Bundesgerichtshof gestellten Anforderungen, dass für die Überschrift ein neutraler Begriff zu wählen ist, genügt. Der Bundesgerichtshof hat die Bezeichnung „Nachtrag“ in seinem Urteil ausdrücklich gebilligt (BGH, VI ZR 76/14, Rz. 43). Die Erklärung enthält auch den vom Bundesgerichtshof für erforderlich erachteten Hinweis auf die zwischenzeitliche Klärung des Sachverhalts, um die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht in Frage zu stellen. Durch die Formulierung „aus heutiger Sicht“ wird dem Leser klar, dass die Nichtaufrechterhaltung des Verdachts nicht auf einer zu korrigierenden fehlerhaften Einschätzung der damaligen Verdachtslage, sondern auf im Nachhinein gewonnenen Erkenntnissen beruht. Der Mitteilung näherer Einzelheiten hierzu bedarf es nicht (vgl. BGH, a.a.O.).

32

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. sind die Formulierungen in der Erklärung auch nicht im Übrigen zu beanstanden. Die Formulierung „Diesen Verdacht erhalten wir … nicht aufrecht“ ist vom Bundesgerichtshof in der Revisionsentscheidung gebilligt worden (dort Rz. 44). Die Formulierung gibt der Beklagten lediglich auf, im Nachhinein aufgrund neuer Erkenntnisse von ihrer bisherigen Berichterstattung abzurücken, und erweckt beim Leser nicht den Eindruck einer insoweit fehlerhaften Erstberichterstattung. Soweit die Beklagte zu 1. befürchtet, zu einer „persönlichen“ Erklärung gezwungen zu werden, ist ihr entgegenzuhalten, dass ihr nicht verwehrt ist, im Rahmen der Veröffentlichung zum Ausdruck zu bringen, dass sie in Erfüllung eines gerichtlichen Urteils und nicht etwa aus freier Überzeugung erfolgt, solange sie die Erklärung nicht in unzulässiger Weise entwertet (vgl. BVerfGE 28, 1; Soehring, a.a.O., Rz. 25). Durch die Formulierung „haben wir … den Verdacht erweckt“ wird lediglich beschrieben, dass die Beklagte zu 1. durch die wiedergegebenen Passagen den Verdacht erweckt hat. Dass dieses in unzulässiger Weise geschehen sei, ist der Formulierung nicht zu entnehmen.

33

Die Abdruckmodalitäten sind dem Grundsatz der „Waffengleichheit“ geschuldet. Da die Erstmitteilung im Inhaltsverzeichnis angekündigt war, kann auch eine Ankündigung des Nachtrags im Inhaltsverzeichnis verlangt werden. Hierdurch wird erreicht, dass der Leser den Nachtrag ebenso leicht im Heft auffindet wie die Erstmeldung (vgl. Seitz/Schmidt, a.a.O., Seite 171). Gleiches gilt für die Anordnung, dass der Abdruck in demselben Teil des Heftes zu erfolgen hat (vgl. Soehring, a.a.O., Rz. 23). Die Länge der Erklärung ist auch in Anbetracht der ausführlichen Verdachtsschilderung in der Erstmitteilung nicht zu beanstanden. Sie beschränkt sich auf die für den Leser notwendigen Angaben, was dem Kläger im Einzelnen vorgeworfen wurde, und die knappe Feststellung, dass die Beklagte zu 1. diesen Verdacht aus heutiger Sicht nicht aufrechterhält.

34

Das weitere Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die maßgeblichen Rechtsfragen durch das in dieser Sache ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs geklärt sind.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.