Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2015:rk20150625.1bvr055515
bei uns veröffentlicht am25.06.2015

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

I.

1

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen § 16, § 17 Abs. 2 und § 20 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG).

2

1. Durch Art. 1 des am 16. August 2014 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz - TarifAStG) vom 11. August 2014 (BGBl I S. 1348) wurde das Mindestlohngesetz geschaffen. Mit ihm bezweckt der Gesetzgeber unter anderem, einen Lohnunterbietungswettbewerb unter den Unternehmen auch zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme zu vermeiden und abhängig Beschäftigte vor Niedrigstlöhnen zu schützen (vgl. BTDrucks 18/1558, S. 28).

3

Das Mindestlohngesetz sieht in § 1 vor, dass abhängig Beschäftigte ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts von mindestens 8,50 € brutto je Zeitstunde haben. Nach § 20 MiLoG sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns zu bezahlen. § 16 MiLoG unterwirft unter Verweis auf § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) bestimmte Branchen, darunter das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe, mit Sitz im Ausland einer Meldepflicht gegenüber der Zollverwaltung. Nach § 17 MiLoG unterliegen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Personen geringfügig nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) beschäftigen, sowie in den in § 2a SchwarzArbG aufgezählten Wirtschaftsbereichen Aufzeichnungspflichten über den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit. Die Unterlagen sind nach § 17 Abs. 2 Satz 1 MiLoG in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der Beschäftigung bereitzuhalten. Nach § 21 MiLoG sind Verstöße gegen die Pflichten aus den § 16, § 17 Abs. 2 und § 20 MiLoG Ordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldern geahndet werden können.

4

2. Die 14 Beschwerdeführenden sind inhabergeführte Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaften aus Österreich, Polen und Ungarn. Als Transport- und Logistikunternehmen erbringen sie Transportdienstleistungen auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in Form von grenzüberschreitendem Verkehr einschließlich Transitfahrten sowie Kabotagebeförderungen.

5

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung rügen die Beschwerdeführenden eine Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Durch die angegriffenen Vorschriften des Mindestlohngesetzes befürchten sie schwere Nachteile, davon 13 Beschwerdeführende eine Insolvenz. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig und insbesondere der Grundsatz der Subsidiarität gewahrt, weil gegen formelle Gesetze ein unmittelbarer Rechtsweg nicht zur Verfügung stehe und es nicht zumutbar sei, gegen die bußgeldbewehrten Vorschriften des Mindestlohngesetzes zu verstoßen, um die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Normen in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren prüfen zu lassen.

6

Die Beschwerdeführenden beantragen ergänzend, dem Europäischen Gerichtshof sechs Fragen zur Auslegung von Unionsrecht im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen. Im Wege der einstweiligen Anordnung seien die angegriffenen Vorschriften des Mindestlohngesetzes für Transportunternehmen mit Sitz im EU-Ausland, die Transport-, Kabotage- und grenzüberschreitende Fahrten in der Bundesrepublik Deutschland erbringen, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig außer Kraft zu setzen.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der Beschwerdeführenden angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde erweist sich als unzulässig, weil sie dem Grundsatz der Subsidiarität nicht genügt.

8

1. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>; 134, 242 <285 Rn. 150>; stRspr). Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann. Dies ist sogar dann zu verlangen, wenn das Gesetz keinen Auslegungs-, Ermessens- oder Beurteilungsspielraum offen lässt, der es den Fachgerichten erlauben würde, die geltend gemachte Grundrechtsverletzung kraft eigener Entscheidungskompetenz zu vermeiden (vgl. BVerfGE 123, 148 <173>). Obwohl dann die fachgerichtliche Prüfung für die Beschwerdeführenden günstigstenfalls dazu führen kann, dass die ihnen nachteilige gesetzliche Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird, ist sie regelmäßig geboten, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 123, 148 <173> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 -, www.bverfg.de, Rn. 23). Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht ausnahmsweise nur dann nicht, wenn die angegriffene Regelung die Beschwerdeführenden zu Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können (vgl. BVerfGE 43, 291 <387>; 60, 360 <372>), oder wenn die Anrufung der Fachgerichte nicht zumutbar ist, etwa weil das offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre (vgl. BVerfGE 55, 154 <157>; 65, 1 <38>; 102, 197 <208>), oder wenn ein Sachverhalt allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das Bundesverfassungsgericht letztlich zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären (vgl. BVerfGE 123, 148 <172 f.>). Es ist außerdem unzumutbar, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm zu verstoßen und sich dem Risiko einer Ahndung auszusetzen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 -, www.bverfg.de, Rn. 23).

9

2. Nach diesen Maßstäben sind die Beschwerdeführenden gehalten, den fachgerichtlichen Rechtsweg zu beschreiten.

10

a) Es ist zwar unzumutbar, zur Eröffnung des fachgerichtlichen Rechtswegs gegen die bußgeldbewehrten Pflichten aus dem Mindestlohngesetz zu verstoßen, um auf diese Weise eine Prüfung der angegriffenen Normen in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>). Der Grundsatz der Subsidiarität reicht jedoch weiter.

11

b) Hier besteht die Möglichkeit, vor den Fachgerichten auf Feststellung zu klagen, nicht zu den nach § 16, § 17 Abs. 2 und § 20 MiLoG gebotenen Handlungen verpflichtet zu sein. Diese Verweisung auf den fachgerichtlichen Rechtsweg ist weder sinn- noch aussichtslos und erweist sich auch sonst nicht als unzumutbar.

12

aa) Entsprechende negative Feststellungsklagen sind nicht von vornherein unzulässig. Es liegt nahe, dass die Fachgerichte hier ein berechtigtes rechtliches Interesse an der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses als gegeben ansehen. Dieses ergibt sich daraus, dass die Auslegung und Anwendung des Mindestlohngesetzes mit Blick auf das Verhältnis der Beschwerdeführenden zu ihren abhängig Beschäftigten und den staatlichen Behörden ungeklärt ist. Diese Unklarheit erwächst aus den in der Fachliteratur umstrittenen Fragen, was unter einer Beschäftigung im Inland nach § 20 MiLoG zu verstehen ist und ob die Mindestlohnpflicht für ausländische Unternehmen der Transportbranche mit Unionsrecht vereinbar ist (vgl. etwa Bissels/Falter/Evers, ArbRAktuell 2015, S. 4; Moll/Katerndahl, DB 2015, S. 555; Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 1. Aufl. 2015, § 20 Rn. 15 f.; Sittard, NZA 2015, S. 78; Stommel/Valder, jurisPR-TranspR 5/2014, Anm. 4).

13

bb) Die vorherige Klärung der rechtlichen Fragen bei der Auslegung und Anwendung der in Rede stehenden Normen durch die Fachgerichte erscheint auch geboten. Fachgerichtliche Entscheidungen sind geeignet, die in der fachrechtlichen Diskussion bereits aufgeworfenen Unklarheiten bezüglich der Reichweite des Mindestlohngesetzes aufzubereiten; sie können damit auch die Bewertung des Gesetzes in verfassungs- wie unionsrechtlicher Hinsicht beeinflussen. Zwar wären die Fachgerichte mit Blick auf Art. 100 Abs. 1 GG gehindert, die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Vorschriften des Mindestlohngesetzes selbst für verfassungswidrig zu erklären. Doch setzt ein zulässiger Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht zur Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen voraus, dass das vorlegende Gericht die Anwendbarkeit und Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Norm sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 127, 335 <355>). Es muss dabei auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen (vgl. BVerfGE 86, 71 <78>) und unter Umständen auch eine verfassungskonforme Auslegung in Betracht ziehen (vgl. BVerfGE 76, 100 <105>; 86, 71 <77>; 126, 331 <355 f.>).

14

Vorliegend ist auslegungsbedürftig, wer unter den Begriff der im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 20 MiLoG fällt. Entsprechend bedarf es auch der Auslegung der angegriffenen §§ 16 und 17 MiLoG. Diese Regelungen knüpfen zwar nicht ausdrücklich an die Verpflichtung an, den Mindestlohn zu zahlen, ermöglichen aber deren Durchsetzung und Kontrolle und hängen damit untrennbar von der Mindestlohnpflicht ab. Es ist bislang auch ungeklärt, ob die Beschäftigung im Inland wie im Sozialversicherungsrecht zu verstehen ist (vgl. Bissels/Falter/Evers, ArbRAktuell 2015, S. 4 <5>), ob ausnahmslos jede, auch nur kurzfristige Tätigkeit auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Inlandsbeschäftigung darstellt oder ob etwa eine bestimmte Dauer (vgl. Sittard, NZA 2015, S. 78 <82>) oder ein Bezug zu den deutschen Sozialversicherungssystemen (vgl. BAG, Urteil vom 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 -, juris, Rn. 20 f.) und zu den Lebenshaltungskosten in Deutschland (vgl. EuGH, Urteil vom 18. September 2014, Bundesdruckerei, C-549/13, juris, Rn. 34 f.) vorauszusetzen ist. Dabei stellt sich auch die Frage, ob eine Mindestlohnpflicht bei kurzzeitigen Einsätzen in Deutschland erforderlich ist, um die mit dem Mindestlohngesetz verfolgten Ziele zu erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2001, Mazzoleni und ISA, C-165/98, Slg. 2001, I-2189, Rn. 34, 41).

15

cc) Die Fachgerichte sind darüber hinaus aufgerufen, von den Beschwerdeführenden aufgeworfene unionsrechtliche Fragen aufzuarbeiten, soweit diese entscheidungserheblich sind, und zu prüfen, ob eine Normenkollision mit Unionsrecht besteht (vgl. BVerfGK 15, 306 <314>). So wie die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts in erster Linie den Fachgerichten obliegt, sind sie auch zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts berufen (vgl. BVerfGE 126, 286 <316>; 129, 78 <103>) und gehalten, erforderlichenfalls den Europäischen Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) anzurufen. Auch die Auswirkungen der geklärten unionsrechtlichen Fragen auf das nationale Recht sind nicht vorrangig durch das Bundesverfassungsgericht, sondern in erster Linie durch die Fachgerichte zu klären (vgl. BVerfGE 129, 186 <202>).

16

c) Die Beschreitung des fachgerichtlichen Rechtswegs ist nicht deshalb unzumutbar, weil die Beschwerdeführenden den Eintritt schwerer Nachteile bei Fortgeltung des Mindestlohngesetzes befürchten. Hier bestehen Zweifel an einer hinreichenden Substantiierung, soweit Insolvenzrisiken der betroffenen Unternehmen behauptet, aber nicht mit Bilanzen belegt werden. Jedenfalls kann zur Vermeidung von Nachteilen vorläufiger Rechtsschutz der Fachgerichte in Anspruch genommen werden. Die Fachgerichte sind, auch wenn in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 46, 43 <51>), nicht daran gehindert, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird. Der vorläufige Rechtsschutz würde den Eintritt von Nachteilen während der Durchführung des Hauptsacheverfahrens verhindern (vgl. BVerfGE 86, 382 <389>).

17

d) Eine Vorabentscheidung wegen allgemeiner Bedeutung der Verfassungsbeschwerde nach dem entsprechend anwendbaren § 90 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 BVerfGG ist nicht angezeigt, da dem Vorteil einer vorherigen Befassung der Fachgerichte im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Subsidiaritätsgrundsatzes nur verhältnismäßig geringe Belastungen der Beschwerdeführenden durch die Verweisung auf den fachgerichtlichen Rechtsweg gegenüberstehen.

III.

18

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG; vgl. BVerfGE 13, 127; 102, 197 <198, 224>).

19

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15

Referenzen - Gesetze

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15 zitiert 14 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 100


(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung


Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG

Mindestlohngesetz - MiLoG | § 17 Erstellen und Bereithalten von Dokumenten


(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpfl

Mindestlohngesetz - MiLoG | § 16 Meldepflicht


(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen im A

Mindestlohngesetz - MiLoG | § 20 Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns


Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 g

Mindestlohngesetz - MiLoG | § 21 Bußgeldvorschriften


(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig1.entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes eine Prüfung nicht duldet oder bei einer Prüfung nicht mitwirkt,2.entgegen §

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG 2004 | § 2a Mitführungs- und Vorlagepflicht von Ausweispapieren


(1) Bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen sind die in folgenden Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen tätigen Personen verpflichtet, ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz mitzuführen und den Behörden der Zollv

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 14. Jan. 2015 - 1 BvR 931/12

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

Gründe A. 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Thüringer Landesgesetzgeber mi

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 10 AZR 200/11

bei uns veröffentlicht am 18.04.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. November 2010 - 10 Sa 109/10 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15.

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Juli 2018 - 11 K 544/16

bei uns veröffentlicht am 17.07.2018

Tenor 1. Die zusammen mit der Prüfungsverfügung vom 21. Oktober 2015 versandte Aufklärungsanordnung wird aufgehoben, soweit die Klägerin darin verpflichtet wird, Firma und Anschrift ihrer jeweiligen Auftraggeber mitzuteilen. Im Übrigen wird die Klag

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Juli 2018 - 11 K 2644/16

bei uns veröffentlicht am 17.07.2018

Tenor 1. Die zusammen mit der Prüfungsverfügung vom 16. Februar 2016 versandte Aufklärungsanordnung wird aufgehoben, soweit die Klägerin darin verpflichtet wird, Firma und Anschrift ihrer jeweiligen Auftraggeber mitzuteilen. Im Übrigen wird die Klag

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Feb. 2017 - 2 S 1610/15

bei uns veröffentlicht am 13.02.2017

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. Juni 2015 - 2 K 588/14 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der

Referenzen

(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben über

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen, und
7.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.
Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1 unverzüglich zu melden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums verpflichtet, der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vor Beginn der Beschäftigung einer Kraftfahrerin oder eines Kraftfahrers für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eine Anmeldung mit folgenden Angaben elektronisch zuzuleiten:

1.
die Identität des Unternehmens, sofern diese verfügbar ist in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz,
2.
den Familiennamen und den Vornamen sowie die Anschrift im Niederlassungsstaat eines oder einer Zustellungsbevollmächtigten,
3.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum, die Anschrift und die Führerscheinnummer der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers,
4.
den Beginn des Arbeitsvertrags der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers und das auf diesen Vertrag anwendbare Recht,
5.
den voraussichtlichen Beginn und das voraussichtliche Ende der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland,
6.
die amtlichen Kennzeichen der für die Beschäftigung im Inland einzusetzenden Kraftfahrzeuge,
7.
ob es sich bei den von der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen um Güterbeförderung oder Personenbeförderung und grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage handelt;
die Anmeldung ist mittels der elektronischen Schnittstelle des Binnenmarkt-Informationssystems nach Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission („IMI-Verordnung“) (ABI. L 316 vom 14.11.2012, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, zuzuleiten. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einem Entleiher, hat der Verleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit folgenden Angaben zuzuleiten:

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die Dauer der Überlassung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen,
7.
den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Entleihers.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen,

1.
dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch übermittelt werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen kann, und
3.
wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 bestimmen.

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

(2a) Abweichend von Absatz 2 hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sicherzustellen, dass der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer, die oder der von ihm für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschäftigt wird, die folgenden Unterlagen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zur Verfügung stehen:

1.
eine Kopie der nach § 16 Absatz 2 zugeleiteten Anmeldung,
2.
die Nachweise über die Beförderungen, insbesondere elektronische Frachtbriefe oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, genannten Belege und
3.
alle Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe f und Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, genannten Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer oder die Kraftfahrerin bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, oder die Aufzeichnungen nach § 1 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Fahrpersonalverordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geändert worden ist.
Die Kraftfahrerin oder der Kraftfahrer hat im Falle einer Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die ihm oder ihr nach Satz 1 zur Verfügung gestellten Unterlagen mit sich zu führen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format vorzulegen; liegt keine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vor, gilt die Pflicht nach dem ersten Halbsatz nur im Rahmen einer auf der Straße vorgenommenen Kontrolle für die Unterlagen nach Satz 1 Nummer 2 und 3.

(2b) Nach Beendigung der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundene elektronische Schnittstelle folgende Unterlagen innerhalb von acht Wochen ab dem Tag des Verlangens zu übermitteln:

1.
Kopien der Unterlagen nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 2 und 3,
2.
Unterlagen über die Entlohnung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers einschließlich der Zahlungsbelege,
3.
den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie91/533/EWGdes Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288 vom 18.10.1991, S. 32) und
4.
Unterlagen über die Zeiterfassung, die sich auf die Arbeit der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers beziehen, insbesondere die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers.
Die Behörden der Zollverwaltung dürfen die Unterlagen nach Satz 1 nur für den Zeitraum der Beschäftigung nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verlangen, der zum Zeitpunkt des Verlangens beendet ist.
Soweit eine Anmeldung nach § 16 Absatz 2 nicht zugeleitet wurde, obwohl eine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorliegt, hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen die Unterlagen nach Satz 1 außerhalb der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundenen elektronischen Schnittstelle als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zu übermitteln.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers, des Verleihers oder eines Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen einschränken oder erweitern.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.

Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Zeitpunkt zu zahlen.

(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben über

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen, und
7.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.
Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1 unverzüglich zu melden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums verpflichtet, der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vor Beginn der Beschäftigung einer Kraftfahrerin oder eines Kraftfahrers für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eine Anmeldung mit folgenden Angaben elektronisch zuzuleiten:

1.
die Identität des Unternehmens, sofern diese verfügbar ist in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz,
2.
den Familiennamen und den Vornamen sowie die Anschrift im Niederlassungsstaat eines oder einer Zustellungsbevollmächtigten,
3.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum, die Anschrift und die Führerscheinnummer der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers,
4.
den Beginn des Arbeitsvertrags der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers und das auf diesen Vertrag anwendbare Recht,
5.
den voraussichtlichen Beginn und das voraussichtliche Ende der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland,
6.
die amtlichen Kennzeichen der für die Beschäftigung im Inland einzusetzenden Kraftfahrzeuge,
7.
ob es sich bei den von der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen um Güterbeförderung oder Personenbeförderung und grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage handelt;
die Anmeldung ist mittels der elektronischen Schnittstelle des Binnenmarkt-Informationssystems nach Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission („IMI-Verordnung“) (ABI. L 316 vom 14.11.2012, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, zuzuleiten. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einem Entleiher, hat der Verleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit folgenden Angaben zuzuleiten:

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die Dauer der Überlassung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen,
7.
den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Entleihers.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen,

1.
dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch übermittelt werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen kann, und
3.
wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 bestimmen.

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

(2a) Abweichend von Absatz 2 hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sicherzustellen, dass der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer, die oder der von ihm für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschäftigt wird, die folgenden Unterlagen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zur Verfügung stehen:

1.
eine Kopie der nach § 16 Absatz 2 zugeleiteten Anmeldung,
2.
die Nachweise über die Beförderungen, insbesondere elektronische Frachtbriefe oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, genannten Belege und
3.
alle Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe f und Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, genannten Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer oder die Kraftfahrerin bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, oder die Aufzeichnungen nach § 1 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Fahrpersonalverordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geändert worden ist.
Die Kraftfahrerin oder der Kraftfahrer hat im Falle einer Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die ihm oder ihr nach Satz 1 zur Verfügung gestellten Unterlagen mit sich zu führen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format vorzulegen; liegt keine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vor, gilt die Pflicht nach dem ersten Halbsatz nur im Rahmen einer auf der Straße vorgenommenen Kontrolle für die Unterlagen nach Satz 1 Nummer 2 und 3.

(2b) Nach Beendigung der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundene elektronische Schnittstelle folgende Unterlagen innerhalb von acht Wochen ab dem Tag des Verlangens zu übermitteln:

1.
Kopien der Unterlagen nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 2 und 3,
2.
Unterlagen über die Entlohnung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers einschließlich der Zahlungsbelege,
3.
den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie91/533/EWGdes Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288 vom 18.10.1991, S. 32) und
4.
Unterlagen über die Zeiterfassung, die sich auf die Arbeit der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers beziehen, insbesondere die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers.
Die Behörden der Zollverwaltung dürfen die Unterlagen nach Satz 1 nur für den Zeitraum der Beschäftigung nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verlangen, der zum Zeitpunkt des Verlangens beendet ist.
Soweit eine Anmeldung nach § 16 Absatz 2 nicht zugeleitet wurde, obwohl eine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorliegt, hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen die Unterlagen nach Satz 1 außerhalb der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundenen elektronischen Schnittstelle als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zu übermitteln.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers, des Verleihers oder eines Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen einschränken oder erweitern.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.

(1) Bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen sind die in folgenden Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen tätigen Personen verpflichtet, ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz mitzuführen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen vorzulegen:

1.
im Baugewerbe,
2.
im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
3.
im Personenbeförderungsgewerbe,
4.
im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
5.
im Schaustellergewerbe,
6.
bei Unternehmen der Forstwirtschaft,
7.
im Gebäudereinigungsgewerbe,
8.
bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
9.
in der Fleischwirtschaft,
10.
im Prostitutionsgewerbe,
11.
im Wach- und Sicherheitsgewerbe.

(2) Der Arbeitgeber hat jeden und jede seiner Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nachweislich und schriftlich auf die Pflicht nach Absatz 1 hinzuweisen, diesen Hinweis für die Dauer der Erbringung der Dienst- oder Werkleistungen aufzubewahren und auf Verlangen bei den Prüfungen nach § 2 Abs. 1 vorzulegen.

(3) Die Vorlagepflichten nach den Absätzen 1 und 2 bestehen auch gegenüber den nach Landesrecht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach diesem Gesetz zuständigen Behörden in den Fällen des § 2 Absatz 3.

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

(2a) Abweichend von Absatz 2 hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sicherzustellen, dass der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer, die oder der von ihm für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschäftigt wird, die folgenden Unterlagen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zur Verfügung stehen:

1.
eine Kopie der nach § 16 Absatz 2 zugeleiteten Anmeldung,
2.
die Nachweise über die Beförderungen, insbesondere elektronische Frachtbriefe oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, genannten Belege und
3.
alle Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe f und Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, genannten Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer oder die Kraftfahrerin bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, oder die Aufzeichnungen nach § 1 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Fahrpersonalverordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geändert worden ist.
Die Kraftfahrerin oder der Kraftfahrer hat im Falle einer Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die ihm oder ihr nach Satz 1 zur Verfügung gestellten Unterlagen mit sich zu führen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format vorzulegen; liegt keine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vor, gilt die Pflicht nach dem ersten Halbsatz nur im Rahmen einer auf der Straße vorgenommenen Kontrolle für die Unterlagen nach Satz 1 Nummer 2 und 3.

(2b) Nach Beendigung der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundene elektronische Schnittstelle folgende Unterlagen innerhalb von acht Wochen ab dem Tag des Verlangens zu übermitteln:

1.
Kopien der Unterlagen nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 2 und 3,
2.
Unterlagen über die Entlohnung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers einschließlich der Zahlungsbelege,
3.
den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie91/533/EWGdes Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288 vom 18.10.1991, S. 32) und
4.
Unterlagen über die Zeiterfassung, die sich auf die Arbeit der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers beziehen, insbesondere die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers.
Die Behörden der Zollverwaltung dürfen die Unterlagen nach Satz 1 nur für den Zeitraum der Beschäftigung nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verlangen, der zum Zeitpunkt des Verlangens beendet ist.
Soweit eine Anmeldung nach § 16 Absatz 2 nicht zugeleitet wurde, obwohl eine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorliegt, hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen die Unterlagen nach Satz 1 außerhalb der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundenen elektronischen Schnittstelle als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zu übermitteln.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers, des Verleihers oder eines Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen einschränken oder erweitern.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes eine Prüfung nicht duldet oder bei einer Prüfung nicht mitwirkt,
2.
entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes das Betreten eines Grundstücks oder Geschäftsraums nicht duldet,
3.
entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 5 Satz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes Daten nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt,
4.
entgegen § 16 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 Satz 1 eine Anmeldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vorlegt oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig zuleitet,
5.
entgegen § 16 Absatz 1 Satz 3, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 2, eine Änderungsmeldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht,
6.
entgegen § 17 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt oder nicht oder nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt,
7.
entgegen § 17 Absatz 2 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise bereithält,
8.
entgegen § 17 Absatz 2a Satz 1 nicht sicherstellt, dass die dort genannten Unterlagen zur Verfügung stehen,
9.
entgegen § 17 Absatz 2a Satz 2 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vorlegt,
10.
entgegen § 17 Absatz 2b Satz 1 oder 3 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt oder
11.
entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags

1.
entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder
2.
einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig wird, der entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 11 und des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.

(4) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die in § 14 genannten Behörden jeweils für ihren Geschäftsbereich.

(5) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie für die Vollziehung des Vermögensarrestes nach § 111e der Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten durch die in § 14 genannten Behörden gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes.

(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben über

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen, und
7.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.
Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1 unverzüglich zu melden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums verpflichtet, der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vor Beginn der Beschäftigung einer Kraftfahrerin oder eines Kraftfahrers für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eine Anmeldung mit folgenden Angaben elektronisch zuzuleiten:

1.
die Identität des Unternehmens, sofern diese verfügbar ist in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz,
2.
den Familiennamen und den Vornamen sowie die Anschrift im Niederlassungsstaat eines oder einer Zustellungsbevollmächtigten,
3.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum, die Anschrift und die Führerscheinnummer der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers,
4.
den Beginn des Arbeitsvertrags der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers und das auf diesen Vertrag anwendbare Recht,
5.
den voraussichtlichen Beginn und das voraussichtliche Ende der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland,
6.
die amtlichen Kennzeichen der für die Beschäftigung im Inland einzusetzenden Kraftfahrzeuge,
7.
ob es sich bei den von der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen um Güterbeförderung oder Personenbeförderung und grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage handelt;
die Anmeldung ist mittels der elektronischen Schnittstelle des Binnenmarkt-Informationssystems nach Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission („IMI-Verordnung“) (ABI. L 316 vom 14.11.2012, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, zuzuleiten. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einem Entleiher, hat der Verleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit folgenden Angaben zuzuleiten:

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die Dauer der Überlassung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen,
7.
den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Entleihers.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen,

1.
dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch übermittelt werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen kann, und
3.
wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 bestimmen.

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

(2a) Abweichend von Absatz 2 hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sicherzustellen, dass der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer, die oder der von ihm für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschäftigt wird, die folgenden Unterlagen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zur Verfügung stehen:

1.
eine Kopie der nach § 16 Absatz 2 zugeleiteten Anmeldung,
2.
die Nachweise über die Beförderungen, insbesondere elektronische Frachtbriefe oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, genannten Belege und
3.
alle Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe f und Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, genannten Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer oder die Kraftfahrerin bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, oder die Aufzeichnungen nach § 1 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Fahrpersonalverordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geändert worden ist.
Die Kraftfahrerin oder der Kraftfahrer hat im Falle einer Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die ihm oder ihr nach Satz 1 zur Verfügung gestellten Unterlagen mit sich zu führen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format vorzulegen; liegt keine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vor, gilt die Pflicht nach dem ersten Halbsatz nur im Rahmen einer auf der Straße vorgenommenen Kontrolle für die Unterlagen nach Satz 1 Nummer 2 und 3.

(2b) Nach Beendigung der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundene elektronische Schnittstelle folgende Unterlagen innerhalb von acht Wochen ab dem Tag des Verlangens zu übermitteln:

1.
Kopien der Unterlagen nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 2 und 3,
2.
Unterlagen über die Entlohnung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers einschließlich der Zahlungsbelege,
3.
den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie91/533/EWGdes Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288 vom 18.10.1991, S. 32) und
4.
Unterlagen über die Zeiterfassung, die sich auf die Arbeit der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers beziehen, insbesondere die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers.
Die Behörden der Zollverwaltung dürfen die Unterlagen nach Satz 1 nur für den Zeitraum der Beschäftigung nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verlangen, der zum Zeitpunkt des Verlangens beendet ist.
Soweit eine Anmeldung nach § 16 Absatz 2 nicht zugeleitet wurde, obwohl eine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorliegt, hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen die Unterlagen nach Satz 1 außerhalb der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundenen elektronischen Schnittstelle als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zu übermitteln.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers, des Verleihers oder eines Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen einschränken oder erweitern.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.

Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Zeitpunkt zu zahlen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Thüringer Landesgesetzgeber mit der im Jahr 2011 im Thüringer Ladenöffnungsgesetz neu geregelten Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen in Verkaufsstellen gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat, weil das Land für eine derartige Regelung nicht gesetzgebungsbefugt war.

I.

2

1. Die Öffnungs- und Schließzeiten von Verkaufsstellen sowie diese flankierende Arbeitnehmerschutzvorschriften sind bundesrechtlich im Gesetz über den Ladenschluss (LadSchlG) vom 28. November 1956 (BGBl I S. 875, zuletzt geändert durch Art. 228 der Neunten Zuständigkeitsverordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl I S. 2407) geregelt (zur Vorgeschichte BVerfGE 1, 283 <284 ff.>). Das Ladenschlussrecht zielte schon immer sowohl auf die Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse als auch auf den Schutz der Beschäftigten; die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergab sich dementsprechend sowohl aus der Vorgängerregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für Regelungen über den Handel als auch aus derjenigen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG für Regelungen zum Arbeitsschutz (vgl. BVerfGE 1, 283 <292, 297 f.>; 13, 230 <233>; 111, 10 <28>; stRspr). Generell finden sich Vorgaben zu Arbeitszeiten auf der Grundlage der Gesetzgebungskompetenz zum Arbeitsschutz im Arbeitszeitgesetz des Bundes, das mit Wirkung vom 1. Juli 1994 die Arbeitszeitordnung aus dem Jahr 1938 abgelöst hat.

3

a) Im Ladenschlussgesetz des Bundes gibt § 17 Abs. 4 LadSchlG vor, dass Beschäftigte die Freistellung an einem Samstag im Monat verlangen können. In anderen Bestimmungen des Gesetzes finden sich Regelungen zu Sonn- und Feiertagen, zur Höchstzeit der Beschäftigung in Verkaufsstellen während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten sowie 30 Minuten darüber hinaus und zur maximalen Tagesarbeitszeit. Für Betriebe, die an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein dürfen, wird auch die maximale Anzahl der Beschäftigungstage pro Jahr festgelegt und für den Einsatz an Sonn- und Feiertagen ist ein Ausgleich durch Freistellungen an Werktagen vorgesehen. § 17 Abs. 4 LadSchlG lautet:

(4) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen können verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag von der Beschäftigung freigestellt zu werden.

4

b) Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG; BGBl I 1994, S. 1170, zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013, BGBl I S. 868), regelt allgemein für alle abhängig Beschäftigten die Arbeitszeiten an Werktagen, zu denen auch der Samstag zählt (§§ 3 bis 8 ArbZG); dazu kommen Regelungen über die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen (§§ 9 bis 13 ArbZG). Ein Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und weiterer Abgeordneter vom 28. Juni 1993 enthielt den Vorschlag, in das Gesetz zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes die bislang in § 17 LadSchlG geregelte Möglichkeit der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen aufzunehmen und § 17 LadSchlG aufzuheben (BTDrucks 12/5282, S. 6 und 8). Gleiches schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 24. September 1993 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. Oktober 1993 vor, die diesen Vorschlag aber nicht aufgegriffen hat (BTDrucks 12/5888, S. 41, 7 und 8). Eine solche Neuregelung kam nicht zustande.

5

2. Im Zuge der Föderalismusreform wurden die Gesetzgebungskompetenzen für den Ladenschluss geändert. Die Kompetenz für das "Recht des Ladenschlusses" wurde aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. herausgenommen und damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl I S. 2034). Die Reform ging insgesamt auf die Initiative der Länder zurück, wonach die bundesstaatliche Ordnung einer kritischen Prüfung unterzogen werden sollte, um den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen. Im Oktober 2003 wurde die "Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" eingesetzt. Dort schlugen die Länder Berlin und Baden-Württemberg im Januar 2004 vor, die Kompetenz für den Ladenschluss auf die Länder zu übertragen (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, Anlage CD-Rom Zusatzmaterial/Arbeitsunterlagen/AU 15); die für das Recht des Ladenschlusses zuständige Arbeitsgruppe behandelte das Thema erstmals im April 2004. Im Ergebnis sahen die Länder und einige Sachverständige das Ladenschlussrecht als Materie an, die auf die Länder übertragen werden könne (a.a.O., S. 444 ff.); dem schloss sich die Bundesregierung später an (a.a.O., Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Ergebnisvermerk der Projektgruppen/PG 5/5. Sitzung, S. 4). Da insgesamt keine Einigung erreicht werden konnte, erklärte die Kommission ihre Arbeit zwar im November 2005 ohne konkretes Ergebnis für beendet. Der von den Vorsitzenden der Kommission erarbeitete Kompromissvorschlag enthielt aber bereits den Wortlaut des späteren Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (a.a.O., Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Sprechzettel der Vorsitzenden/Sprechzettel vom 3.12.2004). Später wurde dies aufgegriffen und Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. dementsprechend durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) geändert, das am 1. September 2006 in Kraft trat.

6

3. Nachfolgend erließen 15 Länder Ladenschluss- oder Ladenöffnungsgesetze. Derzeit hat einzig Bayern keine eigenen Regelungen erlassen; dort gilt weiterhin das Ladenschlussgesetz des Bundes.

7

a) Das in der Bundesregierung für die Regelungsmaterie zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 gegenüber dem entsprechend zuständigen Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit erklärt, es gehe zwar von einer fortbestehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Vorschriften zur Arbeitszeit aus, sehe aber keine abschließende Bundesregelung. Es sei sinnvoll, Ladenschluss und Arbeitszeit gemeinsam zu regeln, weshalb der Bund derzeit keine Initiative zur Regelung der besonderen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen für die Beschäftigten im Einzelhandel plane, das Thema aber im Hinblick auf seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz im Auge behalte.

8

b) Der thüringische Landesgesetzgeber verabschiedete am 24. November 2006 das Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG; GVBl S. 541). Zur Arbeitszeit in Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 ThürLadÖffG, dass eine Beschäftigung nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und in Ausnahmefällen 30 Minuten darüber hinaus erfolgen darf. Im Übrigen verweist § 12 Abs. 2 Satz 1 ThürLadÖffG auf die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes des Bundes; § 12 Abs. 2 Satz 2 ThürLadÖffG begrenzt die Beschäftigung einzelner Personen auf höchstens 22 Sonn- und Feiertage jährlich. Im Jahr 2011 hat der Landesgesetzgeber den vorliegend angegriffenen § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG eingefügt. Nach Satz 1 sind für im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei, wovon nach Satz 2 im Verordnungswege Ausnahmen zugelassen werden können; nach Satz 3 müssen Belange der Beschäftigten und insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beachtet werden. Die vollständige Regelung lautet:

§ 12 Besonderer Arbeitnehmerschutz

(1) In Verkaufsstellen dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und, falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten unerlässlich ist, während insgesamt weiterer 30 Minuten beschäftigt werden. Die Dauer der Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers darf acht Stunden nicht überschreiten.

(2) Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen finden die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend Anwendung. Eine Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers ist jährlich an höchstens 22 Sonn- und gesetzlichen Feiertagen erlaubt.

(3) Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Das für das Ladenöffnungsrecht zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. Bei der Häufigkeit der Arbeitseinsätze an Werktagen ab 20.00 Uhr sowie der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen hat der Arbeitgeber die sozialen Belange der Beschäftigten, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu berücksichtigen.

9

Die Länder haben die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen ansonsten weitgehend freigegeben. Durch das Gesetz Thüringens wurde eine Öffnung der Geschäfte von Montag 0:00 Uhr bis Samstag 20:00 Uhr ermöglicht. Gesetzliche Vorgaben zum Ladenschluss gerade an Werktagen gibt es im Übrigen in Bayern, wo das Ladenschlussgesetz des Bundes fortgilt, landesrechtlich sonst in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Hinsichtlich der möglichen Arbeitszeiten an Samstagen enthält das Gesetz Mecklenburg-Vorpommerns die Vorgabe, dass ein Wochenende im Monat frei bleiben muss, in Hamburg, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bremen existieren § 17 Abs. 4 LadSchlG entsprechende Regelungen. An Sonn- und Feiertagen lassen die Ladenöffnungsgesetze der Länder für den Verkauf von bestimmten Waren (Zeitungen, Backwaren, Blumen und Pflanzen, landwirtschaftliche Produkte, Milch- und Milcherzeugnisse) und für Verkaufsstellen in besonderen Lagen (in Bahnhöfen, Fernbahnhöfen, Flughäfen und in Apotheken, an Tankstellen und in Touristenregionen) begrenzte Öffnungszeiten zu. Zudem können in den Ländern unterschiedlich viele verkaufsoffene Sonntage allgemein freigegeben werden. Die tatsächlichen Öffnungszeiten der Verkaufsstätten variieren stark; sie schöpfen die zulässigen Ladenöffnungszeiten nicht aus.

II.

10

Die Beschwerdeführerin betreibt als ein Unternehmen der Möbelbranche bundesweit Verkaufsstellen, unter anderem in E… in Thüringen.

11

Dieses Möbelhaus hat wochentags einschließlich samstags von 10:00 bis 19:00 Uhr und an verkaufsoffenen Sonntagen in der Regel von 13:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde waren dort insgesamt 125 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, davon 90 im Verkauf und zwölf im Kassenbereich. Insgesamt 44 % der Beschäftigten waren in Teilzeit tätig.

12

Die Vergütung im Verkauf erfolgt provisionsabhängig, wobei das Unternehmen eine monatliche und eine jährliche Mindestvergütung garantiert. Der höchste Umsatzanteil mit 45 % des wöchentlichen Umsatzes fällt nach Angaben der Beschwerdeführerin auf den Samstag. Die Ursache hierfür sei, dass das Einkaufen von Einrichtungsgegenständen heutzutage weniger als notwendige Tätigkeit und auch nicht als Entscheidung Einzelner, sondern häufig als Freizeitbeschäftigung mit Erlebniswert für die ganze Familie angesehen werde. Aufgrund der starken Kundenfrequenz gebe es an Samstagen einen hohen Verkaufsberatungsbedarf. Daher seien im Betrieb in E… in der Vergangenheit samstags rund 80 Beschäftigte im Verkauf tätig gewesen, die aufgrund des Vergütungsmodells bei hohem Umsatz auch erhebliche Provisionsgewinne hätten erzielen können.

III.

13

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die unmittelbar angegriffene Regelung sei formell verfassungswidrig. Dem Land Thüringen fehle die für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit oder in Art. 9 Abs. 3 GG erforderliche Gesetzgebungskompetenz. § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG sei eine arbeitszeitrechtliche Regelung, die unter die bereits in Anspruch genommene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Arbeitsrecht aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG falle. Die Regelungskompetenz für die Arbeitszeit an Wochenenden sei den Ländern durch die Föderalismusreform mit der Verschiebung der Gesetzgebungszuständigkeit für den Ladenschluss nicht mit übertragen worden. Zudem verstoße die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn die Beschwerdeführerin werde im Vergleich zu Betreibern von Verkaufsstellen mit abhängig Beschäftigten außerhalb Thüringens benachteiligt.

14

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie sei seit Inkrafttreten des in § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG geregelten Beschäftigungsverbots mit massiven Problemen konfrontiert. Die Regelung belaste sie selbst, aber auch einen Großteil der Beschäftigten. Die bislang an mehr als zwei - hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten attraktiven - Samstagen tätigen Beschäftigten verlören in erheblichem Maße Provisionen. Da an den übrigen Wochentagen kein Bedarf für weitere Einsätze bestehe, müssten sie ihre Arbeitszeit reduzieren, was wiederum die Mindestvergütung herabsetze. Das wirke sich insbesondere für Teilzeitkräfte negativ aus, die ihre Provisionen zum größten Teil an Samstagen erwirtschafteten. Es sei zudem unmöglich, an Samstagen ausreichend erfahrene Kräfte einzusetzen. Neue Kräfte ausschließlich für die Samstage seien nicht nur unerfahren, sondern auch nicht zu gewinnen, da eine solche Beschäftigung zu geringfügig sei. Die Beschränkung der Samstagsarbeit führe so dazu, dass die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin unattraktiv werde. Zudem belaste sie die Beschwerdeführerin mit erheblichen Kosten. Die Fixkosten blieben gleich oder stiegen, etwa durch die Einstellung von weiteren Aushilfskräften. Ohne erfahrene Beschäftigte an Samstagen könne sie ihre qualitativ hochwertige Verkaufsberatung nicht aufrechterhalten. Es stehe zu befürchten, dass Kunden in benachbarte Einkaufsstädte in anderen Ländern abwanderten, denn im Möbeleinzelhandel würden ohne weiteres 90 Minuten Fahrzeit in Kauf genommen. Wenn die Anzahl der zur Verfügung stehenden Verkaufsberater und -beraterinnen um 50 % abgesenkt werden müsse, führe dies zu einem Umsatzrückgang von 20 bis 25 %.

IV.

15

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Landesregierung des Freistaats Thüringen, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Handelsverband Deutschland Stellung genommen.

16

1. Die Landesregierung des Freistaats Thüringen hält die Verfassungsbeschwerde bereits mangels hinreichender Begründung für unzulässig, denn Ausführungen zu den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG fehlten. Die Regelung verstoße aber auch nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG unterfalle nach ihrem Wortlaut dem Recht des Ladenschlusses gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Der verfassungsändernde Gesetzgeber habe die Zuständigkeit für das Ladenschlussrecht genau in dem Umfang rezipiert und auf die Länder zurückverlagern wollen, wie dies bisher durch Bundesgesetz geregelt war. Das Ladenschlussrecht habe zum Zeitpunkt des Zuständigkeitstransfers nicht nur Wirtschaftsrecht, sondern auch spezielles, für den Einzelhandel geltendes Arbeitsschutzrecht umfasst. Mit dem "Recht des Ladenschlusses" würden die beiden traditionellen Kompetenzgehalte Wirtschaft und Arbeitsschutz inkorporiert. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber diesen Zusammenhang habe auflösen wollen. Für ihn spreche auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von Kompetenznormen, nach der sachlich Zusammenhängendes nicht durch begriffsjuristische Engführung auseinandergerissen werden solle (Verweis auf BVerfGE 97, 228; 97, 332). Eine Landeskompetenz sei aber selbst dann gegeben, wenn die angegriffene Regelung dem Arbeitsschutz im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zuzuordnen wäre. Dann hätte der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht abschließend Gebrauch gemacht.

17

2. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund sehen keine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin durch § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG. Für die Regelung der Arbeitszeit an Samstagen sei eine Gesetzgebungskompetenz des Landes gegeben, denn es fehle an einer sperrenden Regelung des Bundes. Mit der Föderalismusreform seien die Kompetenzzuordnungen für den Ladenschluss und den Arbeitsschutz auseinandergefallen. Arbeitszeitrechtliche Regelungen fielen nicht unter das "Ladenschlussrecht" des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Auch eine Zuständigkeit der Länder zur Regelung der Arbeitszeiten im Einzelhandel aufgrund eines Sachzusammenhangs mit dem Ladenschluss komme nicht in Betracht. Dennoch verfüge das Land über die Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeiten an Werktagen aus Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, da der Bund von seiner Kompetenz durch das Arbeitszeitgesetz nicht abschließend Gebrauch gemacht habe. Abschließend seien lediglich die Regelungen im Hinblick auf die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen, nicht jedoch für die Werktage einschließlich des Samstags.

18

Die Regelung sei auch materiell verfassungsgemäß. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG sei durch hinreichende, dem Gewicht der Beeinträchtigung entsprechende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG sei nicht gegeben, denn dieses enthalte kein Normsetzungsmonopol.

19

3. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Handelsverband Deutschland halten die Verfassungsbeschwerde für begründet, da das Land Thüringen nicht zum Erlass von § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG gesetzgebungsbefugt sei. Als arbeitszeitrechtliche Regelung falle die Norm unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Zwischen Ladenöffnungszeiten und Arbeitszeitregelungen bestehe kein zwingender Sachzusammenhang. Der Bund habe das Arbeitszeitrecht umfassend geregelt und damit im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. Die angegriffene Regelung stelle die Einzelhandelsunternehmen in Thüringen auch vor erhebliche praktische Probleme.

B.

20

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG verstößt nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Vorschrift ist auch materiell mit dem Grundgesetz vereinbar.

I.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist ausweislich ihrer Begründung auf eine Überprüfung lediglich der Sätze 1 und 2 des § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG gerichtet und insoweit zulässig.

22

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich in zulässiger Weise unmittelbar gegen die bereits in Kraft befindliche Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG, wonach im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei gestellt werden müssen. Davon können im Verordnungswege Ausnahmen zugelassen werden. Das ist hier nicht geschehen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin durch diese Regelung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG) selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt ist. Sie betreibt eine Verkaufsstelle in Thüringen, so dass die Regelung auf sie Anwendung findet, ohne dass es eines weiteren Vollzugsaktes bedarf (vgl. BVerfGE 126, 112 <133> m.w.N.). Sie darf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - anders als in der Vergangenheit üblich - nicht an mehr als zwei Samstagen im Monat im Verkauf einsetzen.

23

2. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert allerdings, dass vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>; 134, 242 <285 Rn. 150>; stRspr). Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 123, 148 <172> m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte aber ausnahmsweise verneint, wenn sie nicht zumutbar ist, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre. Dies kann der Fall sein, wenn der Misserfolg eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von vornherein feststeht, weil die Norm der Verwaltung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>). Wirft ein Sachverhalt allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen auf, die das Bundesverfassungsgericht letztlich zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, ist die vorherige Nutzung fachgerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten auch im Hinblick auf einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht effektiven Rechtsschutz nicht zumutbar (vgl. BVerfGE 123, 148 <172 f.> m.w.N.). Außerdem verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>).

24

Danach musste die Beschwerdeführerin hier vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Zwar ist ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG weder straf- noch bußgeldbewehrt, doch normiert § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG ein unmittelbar geltendes Beschäftigungsverbot ohne jeden Auslegungsspielraum. Die Beschwerdeführerin müsste bewusst gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen, um Unterlassungsverfügungen gemäß § 13 Abs. 2 ThürLadÖffG und in der Folge wohl auch Zweifel an ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zu provozieren. Auch ist hier mangels Auslegungsspielraums nicht ersichtlich, dass die weitere Fallanschauung der Fachgerichte die Entscheidungsgrundlage des Bundesverfassungsgerichts verbessern könnte. Im Mittelpunkt der Verfassungsbeschwerde stehen Fragen der Gesetzgebungskompetenz, deren Klärung ohnehin letztlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist.

25

3. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen an § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Dafür reicht es aus, dass die Beschwerdeführerin die fehlende Gesetzgebungskompetenz für die unmittelbar angegriffene Vorschrift hinreichend substantiiert gerügt hat.

II.

26

Die angegriffene Regelung ist formell und materiell verfassungsmäßig. Sie verstößt weder gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch gegen materielles Verfassungsrecht.

27

1. Die angegriffene Vorschrift kann einen Eingriff in Grundrechte rechtfertigen, denn sie ist vom Landesgesetzgeber kompetenzgemäß erlassen worden. Die Länder haben gemäß Art. 70 Abs. 1 GG das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Für die Gesetzgebungsmaterie des Ladenschlusses sind nach Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die Länder zur Gesetzgebung befugt; das Arbeitszeitrecht ist demgegenüber gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die angegriffene Regelung fällt nicht als Regelung des "Ladenschlusses" unter die Bereichsausnahme des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zugunsten der Länder, sondern ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Von dieser Kompetenz hat der Bund aber nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht (vgl., dies noch offen lassend, zum Berliner Ladenschlussrecht BVerfGE 125, 39 <88 f.>).

28

a) Die Systematik des Grundgesetzes fordert im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG (vgl. BVerfGE 12, 205 <228 f.>; 15, 1 <17>; 26, 281 <297 f.>; 42, 20 <28>; 61, 149 <174>; 132, 1 <6 Rn. 19>).

29

aa) Für die Zuweisung einer Gesetzgebungsmaterie an Bund oder Länder ist der in Betracht kommende Kompetenztitel anhand des Wortlauts, historisch, systematisch und mit Blick auf den Normzweck auszulegen (vgl. BVerfGE 109, 190 <212>). Dabei ist insbesondere das Gewicht der historischen Interpretation von der Struktur und Ausformung des Kompetenztitels abhängig. Die Regelungsgeschichte des jeweiligen Normbestandes ist weniger relevant, wenn die Kompetenzmaterie einen Lebenssachverhalt benennt, und maßgeblicher, wenn die Regelungsmaterie normativ-rezeptiv einen vorgefundenen Normbereich aufgegriffen hat; dann kommt dem Gesichtspunkt des Traditionellen oder Herkömmlichen wesentliche Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 3, 407 <414 f.>; 61, 149 <175>; 97, 198 <219>; 106, 62 <105>; 109, 190 <213>; 134, 33 <55 Rn. 55>). Hat der Verfassungsgeber also eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie als solche nachvollziehend im Kompetenztitel benannt, ist davon auszugehen, dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznormen bestimmt (vgl. BVerfGE 109, 190 <218>).

30

bb) Bei der Zuordnung von Gesetzesmaterien zu Kompetenznormen dürfen die einzelnen Vorschriften eines Gesetzes allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Ausschlaggebend ist vielmehr der Regelungszusammenhang. Eine Teilregelung, die bei isolierter Betrachtung einer Materie zuzurechnen wäre, für die der Kompetenzträger nicht zuständig ist, kann nur dann gleichwohl in seine Kompetenz fallen, wenn sie mit dem kompetenzbegründenden Schwerpunkt der Gesamtregelung derart eng verzahnt ist, dass sie als Teil dieser Gesamtregelung erscheint (vgl. BVerfGE 97, 228 <251 f.>; 97, 332 <342 f.>; 98, 265 <299>). Daneben kann eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz als Kompetenz kraft Sachzusammenhangs bestehen. Sie stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 98, 265 <299>). Ein solcher Sachzusammenhang kann auch eine Kompetenz der Länder begründen (vgl. BVerfGE 7, 29 <38 ff.>; 28, 119 <145 ff.>).

31

b) Danach ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen für § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG vorliegend nicht aus Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Die angegriffene Regelung lässt sich weder dem "Recht des Ladenschlusses" als ausdrückliche Ausnahme von der konkurrierenden Gesetzgebung zuordnen noch ist sie mit den übrigen ladenschlussrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zwingend kompetenzbegründend verzahnt. Der Landesgesetzgeber verfügt hier auch nicht über eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs.

32

aa) Das Grundgesetz selbst bestimmt den Begriff "Ladenschluss" nicht näher. Nach dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wird mit dem Begriff "Ladenschluss" der gesetzlich geregelte Rahmen der täglichen Verkaufszeit in Einzelhandelsgeschäften umschrieben. Beschäftigungsbedingungen sind dem gängigen Wortsinn nach hiervon nicht umfasst.

33

bb) Gegen die Zuordnung arbeitszeitrechtlicher Regelungen zum Kompetenztitel Ladenschluss spricht - entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen (Urteil vom 21. Juni 2012 - Vf. 77-II-11 -, juris, Rn. 97) - auch die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Über das gängige Wortverständnis hinaus sind für die Zuordnung zudem das rechtliche und historische Umfeld sowie die Zielrichtung einer Verfassungsnorm von Bedeutung (vgl. BVerfGE 74, 102 <116>; 83, 119 <126>). Hier ist zu berücksichtigen, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber in Ansehung des damaligen Ladenschlussgesetzes lediglich eine Kompetenznorm zugunsten des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) verändert hat, obwohl das Gesetz stets aufzwei Kompetenztitel (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) gestützt wurde. Das Ladenschlussgesetz war sowohl dem Arbeitsschutz als auch dem Handel zugeordnet; es sollte zum einen zur Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse einer übermäßigen Konkurrenz durch beliebige Ladenöffnungszeiten entgegensteuern sowie zum anderen dem Arbeitsschutz dienen (vgl. BVerfGE 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daraus ergab sich für die damaligen Vorschriften der §§ 1 - 16, 19, 20 LadSchlG eine - verfassungsrechtlich im Grundsatz unproblematische (vgl. BVerfGE 103, 197 <215 f.>) - doppelte Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes sowohl aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. als auch zugleich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (vgl. BVerfGE 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daneben gibt es im Ladenschlussgesetz aber auch Regeln über speziell arbeitsschutzrechtliche Aspekte (§ 17 LadSchlG), die immer schonausschließlich dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zugeordnet waren.

34

Der Zuständigkeitstransfer im Rahmen der Föderalismusreform hat nicht beide Kompetenzgrundlagen erfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Verfassungsänderung zur Kompetenz für den Ladenschluss die Zuständigkeit für alle bislang im Ladenschlussgesetz des Bundes getroffenen Regelungen auf die Landesgesetzgeber übergehen sollte. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hatte hier ausschließlich die handelsbezogenen Aspekte des Ladenschlussrechts im Blick. In den Arbeitsgruppen und Projektgruppen der Föderalismusreform bezogen sich die politischen Beratungen wie auch die Aussprachen auf die allgemeinen Begriffe "Ladenschluss", "Ladenöffnung" oder "Ladenschlussrecht" (Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, S. 356, 360, 370 - 372, 444 ff.; Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Protokollvermerke der AG 1/7. Sitzung, S. 22 f.) im Sinne der Möglichkeiten des Handels. Nur an einer Stelle wird pauschal auf die "Übertragung des Ladenschlussgesetzes" (a.a.O., S. 444 - Schmitz -) verwiesen. Die einstige regulatorische Entscheidung des Bundesgesetzgebers, innerhalb des Ladenschlussgesetzes und nicht etwa im Arbeitszeitgesetz Vorgaben zu den Arbeitszeiten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen für Verkaufsstellen zu normieren, ist für die neue kompetenzrechtliche Zuordnung im Zuge der Föderalismusreform damit nicht prägend geworden.

35

Der Zuständigkeitstransfer wurde zudem ausschließlich im Rahmen von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. und an keiner Stelle im Zusammenhang mit dem Kompetenztitel für das Arbeitsschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG diskutiert; diese Kompetenz verblieb vielmehr unangetastet beim Bund. Auch in der Begründung des 52. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes 2006 (BTDrucks 16/813, S. 13) finden sich keine Hinweise darauf, dass durch die veränderte Zuständigkeit für das "Recht des Ladenschlusses" auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG berührt sein könnte. Ziel des verfassungsändernden Gesetzgebers war es vielmehr, Gesetzgebungskompetenzen wegen nur regionaler Auswirkungen auf die Länder zu übertragen, und dies nur insoweit, wie das Prinzip der Wirtschaftseinheit nicht gefährdet werde (vgl. BTDrucks 16/813, S. 9; Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, S. 356 - Kröning und Funke -, S. 371, 446 - Huber -; Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/ Protokollvermerke der AG 1/7. Sitzung, S. 22 f.). Dies trifft auf den Ladenschluss zu, nicht aber auf den Arbeitsschutz als Teil des Arbeitsrechts oder auf das spezielle Arbeitszeitrecht.

36

cc) Auch der Vergleich zu anderen Gesetzgebungsmaterien, die mit der Föderalismusreform anknüpfend an einen gewerberechtlichen Bestand von der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausgenommen wurden (das Recht "der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte"), spricht dafür, dass die konkurrierende Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeit auch für den Einzelhandel beim Bund verblieben ist. Benannt wurden ausschließlich Materien des Wirtschaftsrechts, die insofern einheitlich Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. und nicht mehreren Kompetenztiteln zugeordnet waren.

37

dd) Der Zweck der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, eine neu konturierte, klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft zu erzielen, steht einer nunmehr divergierenden Kompetenz für Ladenschluss im Wortsinn einerseits und Arbeitszeitregelungen andererseits nicht entgegen. Zwar können strenge arbeitszeitrechtliche Vorgaben des Bundes faktisch Ladenschlussregelungen sein und so die Länderzuständigkeit für den Ladenschluss begrenzen. Allerdings träfe dies nur Unternehmen mit abhängig Beschäftigten, denn für Selbständige gelten die arbeitnehmerschützenden Bestimmungen nicht. Zudem stießen arbeitszeitrechtliche Regelungen, die einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in den Ländern deutlich entgegengesetzt wären, wegen des bei der Ausübung der Gesetzgebungskompetenzen regelmäßig geltenden Gebots wechselseitiger bundesstaatlicher Rücksichtnahme auf verfassungsrechtliche Grenzen (vgl. BVerfGE 43, 291 <348>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>).

38

ee) Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich weder aus einer engen Verzahnung von § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG mit den übrigen, der Materie des Ladenschlusses zuzuordnenden Vorschriften des Gesetzes (1) noch kraft Sachzusammenhangs (2). Der arbeitszeitliche Ausgleich für den Einsatz von Beschäftigten im Rahmen der verlängerten Ladenöffnung an Samstagen, den das Land Thüringen mit § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG schaffen wollte (vgl. ThürLTDrucks 5/3191, S. 9), ist keine unerlässliche Bedingung für diese Verlängerung von Ladenöffnungszeiten.

39

(1) Eine Regelung der samstäglichen Arbeitszeit im Wege eines Freistellungsanspruchs ist mit dem Ladenschlussrecht nicht derart zwingend verzahnt, dass sie von der diesbezüglichen geschriebenen Gesetzgebungskompetenz der Länder mit erfasst wäre. Es handelt sich lediglich um Materien, die aufeinander wirken, aber nicht zwingend zusammen geregelt werden müssen. Das Auseinanderfallen von Gesetzgebungskompetenzen in Bereichen, die einander beeinflussen, ist dem Grundgesetz nicht fremd. So regelt der Bund etwa Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen im Rettungswesen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG oder in den Gaststätten in § 10 Abs. 1 Nr. 4 ArbZG ungeachtet der im Übrigen bestehenden Landeskompetenzen für diese Materien. Die Landesgesetzgeber sind auch nicht gehindert, von ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss Gebrauch zu machen, wenn sie nicht zugleich Regelungen zur Arbeitszeit treffen können. Vielmehr haben die Länder den Ladenschluss größtenteils neu geregelt, ohne jeweils auch den Arbeitsschutz neu zu fassen. Die Mehrzahl der Länder hat die Ladenöffnung an Werktagen weitgehend freigegeben, ohne die Beschäftigungsmöglichkeiten an Samstagen in größerem Maße einzuschränken, als dies durch § 17 Abs. 4 LadSchlG der Fall ist.

40

(2) Eine Landeskompetenz ergibt sich auch nicht kraft Sachzusammenhangs. Zwar liegt es nicht fern, auch die Arbeitszeit zu regeln, wenn der Ladenschluss normiert wird. Doch genügen reine Zweckmäßigkeitserwägungen zur Begründung von Gesetzgebungskompetenzen aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs nicht (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>). Notwendig ist vielmehr, dass das Übergreifen in den Kompetenzbereich des Bundes für den Arbeitsschutz unerlässlich ist, um eine Regelung des Ladenschlusses verständigerweise treffen zu können. Daran fehlt es hier. Arbeitszeitrechtliche Regelungen erfassen weite Teile des Arbeitslebens und sind nicht ladenschlussspezifisch. Ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag für Sonn- und Feiertage ist hier nicht einschlägig (dazu BVerfGE 125, 39 <80 ff.>; SächsVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - Vf. 77-II-11 -, juris, Rn. 98).

41

c) Für die Regelungen in § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG besteht gleichwohl eine Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen. Der Bund hat zwar nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für arbeitszeitrechtliche Vorschriften zum Einsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen. Er hat von dieser jedoch nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht. Der Bund hat die Arbeitszeiten nicht erkennbar erschöpfend geregelt. Damit ist dem Land die Regelungskompetenz derzeit auch durch den weiterhin geltenden § 17 Abs. 4 LadSchlG nicht vollständig entzogen.

42

aa) Zwar darf der Bund die Arbeitszeiten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) regeln, ohne dass dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist (Art. 72 Abs. 2 GG). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG allerdings die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner in Art. 74 GG benannten Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

43

Ein Gebrauchmachen von einer Gesetzgebungskompetenz in einer den Landesgesetzgeber im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG ausschließenden Weise liegt vor, wenn ein Bundesgesetz eine bestimmte Frage erschöpfend regelt (vgl. BVerfGE 7, 342 <347>; 20, 238 <248>; 49, 343 <359>; 67, 299 <324>). Auch diese Vorgabe ist zur Sicherung einer klaren vertikalen Kompetenzordnung strikt auszulegen (dazu oben II 1 a). Die Sperrwirkung für die Länder setzt voraus, dass der erschöpfende Gebrauch der Kompetenz durch den Bund hinreichend erkennbar ist (vgl. BVerfGE 98, 265 <301>). Bloße Wert- und Zielvorstellungen entfalten keine Sperrwirkung (vgl. BVerfGE 49, 343 <359>). Eine erschöpfende Regelung kann allerdings positiv durch eine Regelung erfolgen oder negativ durch das Unterlassen einer Regelung (vgl. BVerfGE 2, 232 <236>; 34, 9 <28>); auch durch absichtsvollen Regelungsverzicht kann eine Kompetenzmaterie erschöpft sein (vgl. BVerfGE 32, 319 <327 f.>; 98, 265 <300>).

44

Die Sperrwirkung tritt nach Art. 72 Abs. 1 GG ein, solange und soweit der Bund die Materie regelt; sie ist also zeitlich und sachlich begrenzt. Maßgeblich für die Bestimmung ihrer Reichweite sind die gesetzliche Regelung selbst und der hinter ihr stehende Regelungszweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte (vgl. BVerfGE 98, 265 <300>; 109, 190 <230 f.>). Entscheidend ist, dass ein bestimmter Sachbereich tatsächlich umfassend und lückenlos geregelt ist oder nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte (BVerfGE 102, 99 <115>). Der abschließende Charakter einer Regelung bestimmt sich insofern nach einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes (vgl. BVerfGE 67, 299 <324>; 98, 265 <301>; 102, 99 <114>; 109, 190 <229>) und kann auch durch mehrere zusammenwirkende Gesetze erreicht werden (vgl. BVerfGE 34, 9 <28>). Ist die Regelung abschließend, ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, die Materie ergänzend oder unter neuen Gesichtspunkten zu regeln; das Grundgesetz weist den Ländern nicht die Aufgabe zu, Entscheidungen des Bundesgesetzgebers nachzubessern (vgl. BVerfGE 36, 193 <211 ff.>; 102, 99 <115>).

45

bb) Hiernach ergibt sich aus der Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG gegenüber den Ländern keine Sperrwirkung, soweit die Länder eine über den dort bundesgesetzlich vorgesehenen Freistellungsanspruch von nur einem Samstag im Monat hinausgehende Freistellung von Samstagsarbeit in Verkaufsstellen gesetzlich vorschreiben. Zwar hatte die bundesrechtliche Regelung zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung insofern faktisch abschließende Wirkung, als die Länder damals keine Regelungskompetenz für den Ladenschluss hatten. Doch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass § 17 Abs. 4 LadSchlG nach der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen für den Ladenschluss auf die Länder in der hier zu entscheidenden Frage der Beschäftigung im Einzelhandel an Samstagen abschließend gelten soll. Der Bundesgesetzgeber musste sich darüber zum damaligen Zeitpunkt schlicht keine Gedanken machen; weder war die Regelung damals aus der Sicht des Gesetzgebers bewusst abschließend konzipiert noch ist sie heute objektiv eindeutig als abschließend zu verstehen. Es liegt damit also keine verfassungsrechtlich unzulässige nachträgliche Umdeutung (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>), sondern ein Handeln in einer umfassend veränderten legislativen Situation vor.

46

Die bundesgesetzliche Norm beschränkt nach ihrem Wortlaut den Freistellungsanspruch auf einen Samstag im Kalendermonat, legt aber objektiv nicht ausdrücklich fest, dass dies als abschließende Vorgabe für eine diesbezüglich zwingende Arbeitszeitregelung zu verstehen ist. Ein Anhaltspunkt, dass der Freistellungsanspruch auf genau einen Samstag begrenzt sein soll, ist der Regelung nicht zu entnehmen. Insofern lässt sich die Regelung auch als eine bloße Minimalgarantie verstehen. Ausweislich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit im Deutschen Bundestag zur Erweiterung der Ladenöffnungszeiten am Samstag sollte ein gesetzlicher Anspruch eingeführt werden, der "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen soll" (BTDrucks 15/591, S. 2).

47

Die Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG bezieht sich, wird er im Zusammenhang mit den übrigen arbeitszeitrechtlichen Vorgaben des § 17 LadSchlG betrachtet, zudem erkennbar auf die damals geltenden bundeseinheitlichen Bestimmungen zum Ladenschluss. Dieser Normenkomplex ist jedoch als Grundlage für die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben im Wege der Föderalismusreform entfallen. Auch das steht der Annahme entgegen, es liege unter den Bedingungen der heutigen Kompetenzverteilung eine klar erkennbare abschließende Bundesregelung vor.

48

Die Regelungsgeschichte spricht ebenfalls nicht für eine eindeutig abschließende Regelung des Bundes, die eine Regelung der Länder sperren würde. Vorgaben zur Arbeitszeit finden sich seit jeher in mehreren gesetzlichen Regelungen (dazu oben A I 1). So gelten neben dem Arbeitszeitgesetz des Bundes besondere Vorschriften für Jugendliche im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und Sonderregelungen für werdende und stillende Mütter im Mutterschutzgesetz (MuSchG). Desgleichen ist § 17 LadSchlG eine Sonderregelung für Verkaufsstellen des Einzelhandels. Da der Bund für diese bis zur Föderalismusreform eine Regelungskompetenz besaß, ohne dass die Länder daneben über eine solche Kompetenz verfügten, kam es auf den Charakter der Regelung im Verhältnis zu eventuell unterschiedlichen Vorstellungen der Länder überhaupt nicht an.

49

Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die bundesrechtliche Regelung zur Beschäftigung an Samstagen unter den geänderten Vorzeichen für abschließend zu halten. Jedenfalls seit der Föderalismusreform ist nicht hinreichend eindeutig erkennbar, dass die alten Bundesregelungen abschließenden Charakter haben. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes im Jahr 1993 hat der Bund die Möglichkeit einer Vereinheitlichung und Klarstellung der Reichweite der Ausnahmen vom generellen Beschäftigungsverbot an Sonntagen ungenutzt gelassen (dazu oben A I 1 b; anders hingegen die Konstellation in BVerfGE 109, 190 <231>, wo eine umfassende Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung durch den Bund vor Verabschiedung eines entsprechenden Landesgesetzes anzeigte, dass eine abschließende Regelung vorlag). Auch nach dem Zuständigkeitstransfer durch die Föderalismusreform ist eine solche Klarstellung mit Blick auf eine klare Kompetenzabgrenzung nicht erfolgt. Vielmehr ist nicht nur das Land Thüringen nachfolgend davon ausgegangen, dass eigene Regeln zur Samstagsarbeit zum Ausgleich der Folgen weiter liberalisierter Ladenöffnungszeiten nicht durch Bundesrecht gesperrt seien. Auch das fachlich zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat aus der Perspektive des Bundes in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass die Regelung nicht abschließend sei (oben A I 3 a); sie werde das Thema im Hinblick auf die eigene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz lediglich im Auge behalten. Entsprechend hat auch Mecklenburg-Vorpommern mit § 7 Abs. 5 Satz 5 LöffG (vom 18. Juni 2007, GVOBl 2007 S. 226) eine strengere Schutzvorschrift als § 17 Abs. 4 LadSchlG beschlossen und haben Hamburg (§ 9 Abs. 6 Satz 1 LÖG HA vom 22. Dezember 2006, HmbGVBl 2006 S. 611 in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2009, HmbGVBl S. 444), Rheinland-Pfalz (§ 13 Abs. 3 LadöffnG vom 21. November 2006, GVBl 2006 S. 351), Baden-Württemberg (§ 12 Abs. 4 LadÖG vom 14. Februar 2007, GBl 2007 S. 135 in der Fassung des Gesetzes vom 10. November 2009, GBl S. 628) und Brandenburg (§ 10 Abs. 3 BbgLöG vom 27. November 2006, GVBl II 2006 S. 158 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2010, GVBl I Nr. 46) § 17 Abs. 4 LadSchlG entsprechende Regelungen erlassen. Die Länder haben mit dem Erlass von 15 unterschiedlichen Landesgesetzen das Ladenschlussrecht heterogen normiert, ohne dass der Bund eigene Regelungen zur Samstagsarbeit auf den Weg gebracht hätte, aus denen ein anderweitiger Regelungswille erkennbar würde.

50

Dem Bundesgesetzgeber ist es im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung allerdings unbenommen, einheitliche und, wenn er dies für angezeigt hält, auch abschließende arbeitszeitrechtliche Vorgaben zum Ladenschluss zu machen. Werden solche eindeutig abschließenden Bundesregelungen verabschiedet, träte gemäß Art. 72 Abs. 1 GG eine Sperrwirkung ein, die zur Nichtigkeit des bereits erlassenen Landesrechts führen würde (vgl. Huber, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 31 Rn. 29; Degenhart, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 70 Rn. 54; Kunig in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 72 Rn. 8; siehe auch Uhle, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, 1. Aufl. 2007, Art. 72 Rn. 24; Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 72 Rn. 87, für die Nichtigkeit aufgrund von Art. 31 GG vgl. Ipsen, Staatsrecht I, 26. Aufl. 2014, Rn. 726; BVerwG, Urteil vom 27. November 1992 - BVerwG 8 C 9.91 -, juris, Rn. 21).

51

cc) Da eine erschöpfende Regelung der in Rede stehenden Materie durch den Bund mithin nicht eindeutig erkennbar ist, steht Art. 72 Abs. 1 GG der Regelung des § 12 ThürLadÖffG nicht entgegen. Das im Sinne einer klaren Kompetenzverteilung strikte Verständnis der Kompetenzregeln erlaubt es nicht, eine einstmals unter anderen kompetenziellen Vorzeichen getroffene Regelung nunmehr ohne hinreichende Anhaltspunkte insbesondere im Wortlaut der Norm als erschöpfend zu verstehen. Das Land Thüringen durfte folglich in eigener Kompetenz die über § 17 Abs. 4 LadSchlG hinausgehende Vorgabe machen, dass abhängig Beschäftigte in Verkaufsstellen in Thüringen an zwei Samstagen im Monat nicht eingesetzt werden dürfen.

52

2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG ist materiell mit der Verfassung vereinbar. Sie greift zwar in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein, indem sie den gewünschten Einsatz der von ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen für den Samstag und entsprechende arbeitsrechtlich herzuleitende Befugnisse beschränkt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

53

a) Regelungen, die die Berufsausübung einschränken, sind verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind (vgl. BVerfGE 111, 10 <32>; 121, 317 <346>; stRspr). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 11 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79 m.w.N.).

54

Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit muss den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten genügen, die umso strenger ausfallen, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann, während Beschränkungen allein der Berufsausübung eher zu rechtfertigen sind. Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern. Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 121, 317 <346> m.w.N.).

55

b) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch die Beschränkung der Möglichkeit der Beschwerdeführerin, nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen nur eingeschränkt einsetzen zu können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

56

aa) Der Eingriff hat kein besonders hohes Gewicht. Zwar kann die Regelung für ein Unternehmen, das wie die Beschwerdeführerin insbesondere an Samstagen den höchsten Umsatz macht und im Verkauf dazu auf den Einsatz von Fachkräften angewiesen ist, nicht unerhebliche Umstellungen erforderlich werden lassen. Doch wiegt dies angesichts der vielfältigen verbleibenden Dispositionsmöglichkeiten eines Arbeitgebers über den Personaleinsatz nicht ausnehmend schwer.

57

bb) Das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie und damit auf Gemeinwohlbelange, die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfGE 111, 10 <32>). Der Gesetzgeber will so auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Einzelhandel reagieren, die sowohl die Gesundheit wie das Familienleben beeinträchtigen. Die mit der Liberalisierung des Ladenschlusses verbundene Zunahme von Wochenendarbeit verlagere Arbeit in Zeiten, die der physiologischen Erholung und der sozialen Teilhabe dienen; die beschränkte Einsatzmöglichkeit an Samstagen bezwecke insofern, dem Personal möglichst weitgehend ein zusammenhängendes arbeitsfreies Wochenende zu sichern und die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern (vgl. ThürLTDrucks 5/3191, S. 9).

58

cc) Die Beschränkung der Einsatzmöglichkeit von Beschäftigten auf zwei Samstage im Monat ist verhältnismäßig.

59

Der auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung weite Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 11 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79) erlaubt es dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Schutzkonzeptes auch, bestimmte Sachverhalte herauszugreifen und Problemstellungen nicht flächendeckend zu regeln (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>). Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber die Regelung für die Verfolgung seiner Ziele nicht für erforderlich halten durfte, weil sie unter verschiedenen gleich geeigneten Möglichkeiten nicht die am wenigsten belastende sei (vgl. BVerfGE 102, 197 <217>). Nach der weitgehenden Freigabe der Ladenschlusszeiten sichern die ladenschlussrechtlichen Regelungen allein jedenfalls kein arbeitsfreies Wochenende. Die angegriffene Regelung garantiert Beschäftigten in regelmäßigen, kürzeren Abständen demgegenüber ein vollständig freies Wochenende für Erholung, ein gemeinsames Familienleben und soziale Teilhabe (vgl. BVerfGE 125, 39 <82 f., 85 ff.>). Die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG bestehende Möglichkeit, Arbeitszeit betrieblich zu regeln, ist nicht gleich geeignet, dieses Ziel für alle zu erreichen; darauf hat der Gesetzgeber keinen Einfluss und ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht gibt es auch nur in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gebildet ist. Gleiches gilt für tarifvertragliche Regelungen, die eine Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit voraussetzen.

60

Die Regelung ist angemessen. Die Berufsausübungsfreiheit wird durch § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG nur geringfügig beschränkt. Sie hindert die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen. Allerdings erzwingt sie organisatorische Vorkehrungen in personeller Hinsicht. Damit entstehen für die Unternehmen voraussichtlich Kosten. Auch können sich Umsatzeinbußen ergeben, wenn nicht alle erfahrenen Fachkräfte an allen besonders frequentierten Samstagen als Einkaufstag zur Verfügung stehen. Deren Einsatz hängt jedoch nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin mit davon ab, dass die unternehmerische Lohngestaltung den Verdienst bislang in erster Linie an Verkaufsprovisionen koppelt; wäre mit der Freistellung an zwei Samstagen kein besonderer Verdienstverlust verbunden, wäre auch eine andere Einsatzmotivation und Einsatzplanung des Personals zu erwarten. Es ist auch insofern nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn der Gesetzgeber die erheblichen Belange des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als überwiegend erachtet. Vor dem Hintergrund der Flexibilisierung der Arbeitszeiten und der Ausweitung von Ladenöffnungszeiten kann der Gesetzgeber der Möglichkeit zur Erholung und sozialen Teilhabe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend große Bedeutung beimessen. Insofern müssen sich Regeln zur Freistellung an Samstagen auch an der aus Art. 6 Abs. 2 GG resultierenden Schutzpflicht des Gesetzgebers zugunsten von Familien mit Kindern orientieren, wonach der Gesetzgeber dafür Sorge tragen muss, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbar sind (vgl. BVerfGE 88, 203 <260>). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die angegriffene Regelung in Familien nicht nur die erwünschten positiven Wirkungen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat, sondern auch negative Effekte, da sie einer flexiblen Aufteilung von Betreuungsaufgaben im Wege stehen kann. Der Gesetzgeber hat insofern auch mögliche faktische Diskriminierungen zu berücksichtigen, die von Schutzgesetzen zugunsten von Frauen ausgehen können (vgl. BVerfGE 85, 191 <209>; 109, 64 <90>). Vorliegend überschreitet der Gesetzgeber seinen Ausgestaltungsspielraum jedoch nicht, wenn er zur Arbeitszeit im Handel an Wochenenden normativ begrenzte Vorgaben macht.

61

3. Die angegriffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil in anderen Bundesländern geringere Beschränkungen der Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen bestehen. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden (vgl. BVerfGE 32, 346 <360>; 33, 224 <231>; stRspr). Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfGE 134, 1 <21 Rn. 61>). Daneben ist eine branchenspezifische Ungleichbehandlung innerhalb des Landes nicht ersichtlich.

62

4. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG liegt nicht vor. Art. 9 Abs. 3 GG schützt koalitionsspezifische Betätigungen (vgl. BVerfGE 84, 212 <224>) und der Staat überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen (vgl. BVerfGE 94, 268 <283>). Es ist jedoch weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die hier angegriffene Regelung einen Handlungsrahmen stecken würde, der die Koalitionsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen würde.

63

Im Ergebnis ist die angegriffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar.

C.

64

Die Entscheidung ist zu B II 1 c und damit im Ergebnis mit 5 : 3 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

1

Der Beschluss ist weder mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch mit der dazu bisher ergangenen Rechtsprechung beider Senate (vgl. insbesondere BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>) vereinbar. Bedauerlicherweise kann ich ihm daher größtenteils nicht zustimmen.

2

Der Senatsbeschluss räumt dem Landesgesetzgeber eine Befugnis zu einer Arbeitszeitregelung ein, die das Grundgesetz dem Bund zugewiesen und von der der Bundesgesetzgeber abschließend Gebrauch gemacht hat. Daran hat sich auch durch die Grundgesetzänderung im Zuge der Föderalismusreform nichts geändert (I). Darüber hinaus weicht das Gesetz durch die Ersetzung des subjektiven Rechts auf einen arbeitsfreien Samstag im Monat durch ein absolutes Verbot der Arbeit an zwei Samstagen von der bundesrechtlichen Regelung ab, ohne dass die dafür erforderliche Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 GG gegeben ist (II). Mangels Landeskompetenz kann offen bleiben, ob die Grundrechtsabwägung von Landesgesetzgeber und Senat mangels Berücksichtigung der Beeinträchtigung des Rechts auf Berufsausübung auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den weiten Spielraum des Gesetzgebers in Fragen der Arbeitszeitregelung überschritten hat (III).

I.

3

§ 17 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes kann sich auf eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes stützen, die durch die Föderalismusreform nicht entfallen ist (1). Die Bundesregelung ist abschließend, so dass gemäß Art. 72 Abs. 2 GG kein Raum für eine Landesregelung bleibt. Dies geht sowohl aus dem Wortlaut der Norm als auch aus der Gesetzgebungsgeschichte hervor, die der Beschluss nur unvollständig rezipiert (2). Daran hat sich durch die Föderalismusreform nichts geändert. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzesklarheit für eine Öffnung zugunsten der Länder ein ausdrückliches Gesetz verlangt (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>), an dem es hier fehlt (3).

4

1. Dem Mehrheitsbeschluss ist insoweit zuzustimmen, als er darlegt, dass der Verfassungsgeber in der Föderalismusreform das "Recht des Ladenschlusses" aus der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes herausgenommen (siehe Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG), es aber bei der konkurrierenden Bundeskompetenz für die Arbeitszeitregelung auch im Zusammenhang mit dem Ladenschluss belassen hat. Aus der Subtraktion des "Rechts des Ladenschlusses" vom Recht der Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG kann keine Addition der Arbeitszeitregelung zum Recht des Ladenschlusses abgeleitet werden.

5

2. Der Bund hat von seiner Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zur Arbeitszeitregelung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. § 17 Abs. 4 LadSchlG ist abschließend konzipiert. Nach der Rechtsprechung beider Senate ist für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <230>).

6

Der Bund hat den Sachbereich der Samstagsarbeit in § 17 Abs. 4 LadSchlG vollständig geregelt, indem er Beschäftigten im Einzelhandel einen individuellen Anspruch auf einen freien Samstag im Monat eingeräumt hat (vgl. Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, LadSchlG, Vorbemerkung Rn. 1 ; Thüsing/Stiebert, GewArch 2013, S. 425 <430 f.>; Mosbacher, Sonntagsschutz und Ladenschluß, 2007, S. 250 ff., 267; Neumann, in: Landmann/Rohmer, GewO, LadSchlG, Vorbemerkung ; Kämmerer/Thüsing, GewArch 2006, S. 266 <267 f., 727>; Kühling, AuR 2006, S. 384 <385 f.>; Schunder, NJW 2003, S. 2131 <2133>; Rose, DB 2003, S. 1223 <1225>; a.A. Försterling, ZG 2007, S. 36 <55 ff.>; Horstmann, NZA 2006, S. 1246 <1249 f.>; Kühn, AuR 2006, S. 418 <420 f.>). Das zeigt schon der abschließende Wortlaut der Vorschrift, die eine spezialrechtliche Regelung für den sonstigen Werktag Samstag (siehe zum Beispiel § 3 Abs. 2 BUrlG) enthält. Das Bedürfnis der Wirtschaft und der Arbeitnehmer nach der Ermöglichung von Samstagsarbeit zu Erwerbszwecken einerseits und das Bedürfnis der betroffenen Familien nach einem gemeinsamen Wochenende auf der anderen Seite hat der Bundesgesetzgeber mit der Regelung in § 17 Abs. 4 LadSchlG erschöpfend gegeneinander abgewogen.

7

Ausdrücklichkeit ist für eine abschließende Regelung gerade nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <234>; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 72 Rn. 29 m.w.N.). Für einen bundesrechtlichen Regelungsvorbehalt zugunsten der Länder (vgl. BVerfGE 29, 125 <137>; 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>) ist nichts ersichtlich. Genau einen solchen hätte es aber gebraucht, um die Arbeitszeitregelung den Ländern zu öffnen. Der Beschluss erweckt nur durch unvollständige Wiedergabe der Gesetzgebungsgeschichte den gegenteiligen Eindruck:

8

Die Vorschrift wurde im Jahre 2003 auf Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung hinzugefügt, um den Beschäftigten des Einzelhandels "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen" (BTDrucks 15/591, S. 2). Dass das "zumindest" - anders als dies der Beschluss andeutet - keinen Spielraum für die Länder eröffnen sollte, sondern - im Hinblick auf die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG - den Tarifparteien eine andere, auch weitergehende Regelung erlauben wollte, wird deutlich, wenn die Fraktion der SPD, die den Gesetzentwurf schließlich zusammen mit der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete (S. 2), in den Ausschussberatungen ausführte, dass die "vom Bundesrat geforderte Länderkompetenz <…> nach wie vor abgelehnt" werde (S. 12). Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte in den Ausschussberatungen, dass der Gesetzentwurf "einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Kunden und den Beschäftigten im Handel" herbeiführe und die Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG "berechtigte Arbeitnehmerinteressen" berücksichtige (a.a.O.). Während also eine der damaligen Mehrheitsfraktionen den Ausschluss der Länderkompetenz hervorhob, betonte die andere den Charakter der Regelung als (abschließende) Gesamtabwägung. Für abweichende Regelungen der Länder ist daneben kein Platz, denn jede abweichende Abwägung würde diejenige des zuständigen Bundesgesetzgebers überspielen.

9

3. Die wegen des Grundsatzes der Gesetzesklarheit erforderliche ausdrückliche Öffnung des Gesetzes für Länderregelungen ist nicht erfolgt, auch nicht durch Gewohnheitsrecht.

10

a) Die Änderung des Grundgesetzes kann schwerlich rückwirkend aus der abschließenden Wahrnehmung einer Bundeskompetenz eine nicht abschließende machen. Der bloße Verweis auf "geänderte Vorzeichen", auf die der Beschluss rekurriert, reicht dafür nicht aus. Hierfür wäre nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats vielmehr eine ausdrückliche Gesetzesänderung durch Einfügung einer Abweichungsklausel erforderlich, um dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzesklarheit gerecht zu werden (so ausdrücklich BVerfGE 109, 190 <235>). Warum der Grundsatz der Rechtsklarheit bei einer "umfassenden Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung", nicht aber bei einer abschließenden Regelung der Arbeitszeit im Einzelhandel am Samstag gelten soll, wie der Beschluss meint (Rn. 49), bleibt unerfindlich. Für eine Beschränkung des Erfordernisses der Gesetzesklarheit bei Wahrnehmung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz auf bestimmte Bereiche oder auf "umfassende Reformen" ist weder nach der zitierten Rechtsprechung noch sonst ein Grund ersichtlich.

11

Das Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das nicht mit einem Schreiben der Bundesregierung gleichgesetzt werden kann (vgl. BVerfGE 109, 190 <234>; 132, 1 <21 Rn. 54>), steht einer ausdrücklichen Gesetzesänderung nicht gleich, zumal es sich nicht um eine gesetzgeberische, sondern eine exekutive Meinungsäußerung eines einzigen Bundesministeriums mit unverbindlichem Charakter handelt.

12

b) Allenfalls könnte man eine gewohnheitsrechtliche Abwandlung am Werke sehen. Aber auch hierfür fehlt es an allen Voraussetzungen (vgl. BVerfGE 22, 114 <121>): Die Regelungen bestehen erst relativ kurz. Auch der Beschluss führt nur die Arbeitszeitregelungen von vier Ländern an (Rn. 49), was für eine allgemeine Praxis bei weitem nicht ausreicht. Vor allem aber sagen die Existenz und die Hinnahme weiterer Länderregelungen nichts über deren Verfassungsmäßigkeit oder den abschließenden Charakter der Bundesregelung aus. Dafür ist allein die Rechtsüberzeugung des Bundesgesetzgebers, nicht die der Bundesregierung oder gar eines einzigen Fachministeriums maßgeblich (vgl. erneut BVerfGE 109, 190 <235>). Daran fehlt es jedoch soweit ersichtlich vollständig, und auch der Beschluss führt dazu nichts an.

13

c) Dass das Grundgesetz gerade beim Recht der Arbeit auch nach der Föderalismusreform von einer in der Regel abschließenden Bundesregelung ausgeht, wird auch darin deutlich, dass die Föderalismusreform dieses von der Bedürfnisklausel ausdrücklich freigestellt hat (Art. 72 Abs. 2 GG), so dass das Erfordernis des Nachweises des Bedürfnisses einer Bundesregelung entfällt (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Berlin 2005, S. 128 ff.). Dem widerspräche es, die Schwelle für eine Bundesregelung auf andere Art und Weise wieder anzuheben und vom Bundesgesetzgeber eine ausdrückliche Äußerung zum abschließenden Charakter seiner Regelungen zu verlangen. Schließlich wurden die Arbeitszeitregelungen erst recht nicht in den Bereich der Abweichungsgesetzgebung des Art. 72 Abs. 3 GG übernommen, der den Ländern ausnahmsweise (vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 133 Rn. 47) das Abweichen von einem Bundesgesetz erlaubt.

14

Der Senatsbeschluss führt zu einer Vernebelung der Kompetenzregelung des Grundgesetzes nach Sachmaterien, die ein Markenzeichen des Föderalismus des Grundgesetzes im Vergleich zu den finalen Zuständigkeiten der Europäischen Union darstellt, die zur Kompetenzabgrenzung die nicht trennscharfen, dem Grundrechtsbereich entnommenen Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit heranzieht (vgl. Art. 5 Abs. 2-4 EUV und Art. 115, 114 AEUV). Als Konsequenz wäre dem Bundesgesetzgeber zu raten, künftig allen Gesetzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz eine salvatorische Klausel zur Abschließlichkeit der Regelung hinzuzufügen. Selbst eine solche Klarstellung liefe aber nach dem Senatsbeschluss Gefahr, von geänderten Umständen überholt zu werden. Das widerspricht der gesamten bisherigen Rechtsprechung beider Senate des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>). Auch der Beschluss verlangt mit zahlreichen Nachweisen "im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG" (Rn. 28). Allein: er zieht für die Abgrenzung der Kompetenzbereiche im Ladenschlussrecht keine Konsequenzen daraus. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Gesetzesklarheit (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>) bleibt dabei ebenso auf der Strecke wie die Klarheit der Kompetenzzuordnung im Bundesstaat.

II.

15

Selbst wenn man aber den abschließenden Charakter von § 17 Abs. 4 LadSchlG als offen bezeichnen wollte, so weicht die Landesregelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG durch die Einführung eines Arbeitsverbots im Einzelhandel an zwei Samstagen im Monat von der Bundesregelung so eindeutig ab, dass sie wegen Widerspruchs zur Bundesregelung nichtig ist (Art. 72, 31 GG), jedenfalls aber dem Verbot widersprüchlicher Länderregelungen unterfällt, da keine Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 GG vorliegt. Konzeptionelle Entscheidungen des Bundesgesetzgebers dürfen nach der Senatsrechtsprechung "auch durch auf Spezialzuständigkeiten gründende Einzelentscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden" (BVerfGE 98, 265 <301>).

16

Dem thüringischen Gesetz liegt aber eine solch abweichende Konzeption zugrunde. Während die Bundesregelung den Arbeitnehmern ein Recht auf Geltendmachung eines freien Samstags einräumt, schließt die Landesregelung eine Beschäftigung an zwei Samstagen im Monat auch mit Zustimmung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers völlig aus. Es handelt sich also nicht einfach um ein höheres Schutzniveau zugunsten der Beschäftigten, zum Beispiel ein Recht auf zwei statt einen arbeitsfreien Samstag, sondern um ein Arbeitsverbot an zwei Samstagen, also ein - vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 GG problematisches (dazu unten III) - Arbeitsverbotsgesetz.

17

Mit Ausnahme der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG kennt das Grundgesetz keine Regelungskonkurrenz zwischen Bund und Ländern. Vielmehr gibt es Wettbewerbsföderalismus nur zwischen mehreren Gesetzgebern auf gleicher Stufe (vgl. Korte, Standortfaktor Öffentliches Recht, Habil. FU Berlin 2013 , S. 377 ff.). Dies hat auch freiheitsschützende Funktion, weil so widersprüchliche Regelungen vermieden (vgl. BVerfGE 98, 83 <97 f.>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>) und vor allem ein politischer "Schönheitswettbewerb" der Länder durch einseitiges "Draufsatteln" auf Bundesregelungen verhindert werden können.

III.

18

Angesichts des Verstoßes gegen die grundgesetzlichen Gesetzgebungskompetenzen kann im Ergebnis offen bleiben, ob die paternalistische Landesregelung, welche auch die Tariffreiheit einschränkt (Art. 9 Abs. 3 GG), dem - in der Tat weiten - Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers zum Trotz materiell die Grundrechte verletzt. Hierfür wäre weiterer Vortrag der Beteiligten sinnvoll und notwendig gewesen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG).

19

Jedenfalls ist die Grundrechtsabwägung des thüringischen Gesetzgebers und auch diejenige des Senatsbeschlusses unvollständig, weil sie den Wechsel von dem bundesrechtlichen subjektiven Recht auf das landesgesetzliche objektive Arbeitsverbot im Einzelhandel an zwei Samstagen im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nicht reflektiert. Die Freiheitsrechte des Grundgesetzes setzen solch absoluten Regelungen durchaus Grenzen (vgl. zu vergleichbaren Konstellationen BVerfGE 85, 191 <206 ff.> - Nachtarbeitsverbot; abweichende Meinung Masing, BVerfGE 121, 317 <381, 388> - Rauchverbot). Durch das Arbeitsverbot wird das Gewicht, das der thüringische Gesetzgeber der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin entgegensetzen kann, erheblich vermindert. So ist es eben keineswegs notwendigerweise im Interesse vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie jeden zweiten Samstag nicht arbeiten dürfen. Viele Familien verfügen nicht über eine Möglichkeit der externen Kinderbetreuung, so dass sich die Eltern abstimmen müssen, wenn sie auf den Doppelverdienst angewiesen sind. Andere hätten lieber am Montag als am Samstag frei, um selbst in Ruhe einkaufen zu können. Für viele Eltern kleiner Kinder ist nicht wesentlich, ob sie Samstag oder an einem anderen Wochentag arbeiten. Dass auch Alleinstehende besondere Verdienstmöglichkeiten am Samstag schätzen können, sei nur nebenbei erwähnt. Die Provisionsregelungen bestehen im übrigen durchaus auch im Arbeitnehmerinteresse. Über all dies verliert der Beschluss kaum ein Wort.

(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben über

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen, und
7.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.
Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1 unverzüglich zu melden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums verpflichtet, der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vor Beginn der Beschäftigung einer Kraftfahrerin oder eines Kraftfahrers für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eine Anmeldung mit folgenden Angaben elektronisch zuzuleiten:

1.
die Identität des Unternehmens, sofern diese verfügbar ist in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz,
2.
den Familiennamen und den Vornamen sowie die Anschrift im Niederlassungsstaat eines oder einer Zustellungsbevollmächtigten,
3.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum, die Anschrift und die Führerscheinnummer der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers,
4.
den Beginn des Arbeitsvertrags der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers und das auf diesen Vertrag anwendbare Recht,
5.
den voraussichtlichen Beginn und das voraussichtliche Ende der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland,
6.
die amtlichen Kennzeichen der für die Beschäftigung im Inland einzusetzenden Kraftfahrzeuge,
7.
ob es sich bei den von der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen um Güterbeförderung oder Personenbeförderung und grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage handelt;
die Anmeldung ist mittels der elektronischen Schnittstelle des Binnenmarkt-Informationssystems nach Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission („IMI-Verordnung“) (ABI. L 316 vom 14.11.2012, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, zuzuleiten. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einem Entleiher, hat der Verleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit folgenden Angaben zuzuleiten:

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die Dauer der Überlassung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen,
7.
den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Entleihers.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen,

1.
dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch übermittelt werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen kann, und
3.
wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 bestimmen.

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

(2a) Abweichend von Absatz 2 hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sicherzustellen, dass der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer, die oder der von ihm für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschäftigt wird, die folgenden Unterlagen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zur Verfügung stehen:

1.
eine Kopie der nach § 16 Absatz 2 zugeleiteten Anmeldung,
2.
die Nachweise über die Beförderungen, insbesondere elektronische Frachtbriefe oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, genannten Belege und
3.
alle Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe f und Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, genannten Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer oder die Kraftfahrerin bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, oder die Aufzeichnungen nach § 1 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Fahrpersonalverordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geändert worden ist.
Die Kraftfahrerin oder der Kraftfahrer hat im Falle einer Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die ihm oder ihr nach Satz 1 zur Verfügung gestellten Unterlagen mit sich zu führen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format vorzulegen; liegt keine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vor, gilt die Pflicht nach dem ersten Halbsatz nur im Rahmen einer auf der Straße vorgenommenen Kontrolle für die Unterlagen nach Satz 1 Nummer 2 und 3.

(2b) Nach Beendigung der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundene elektronische Schnittstelle folgende Unterlagen innerhalb von acht Wochen ab dem Tag des Verlangens zu übermitteln:

1.
Kopien der Unterlagen nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 2 und 3,
2.
Unterlagen über die Entlohnung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers einschließlich der Zahlungsbelege,
3.
den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie91/533/EWGdes Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288 vom 18.10.1991, S. 32) und
4.
Unterlagen über die Zeiterfassung, die sich auf die Arbeit der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers beziehen, insbesondere die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers.
Die Behörden der Zollverwaltung dürfen die Unterlagen nach Satz 1 nur für den Zeitraum der Beschäftigung nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verlangen, der zum Zeitpunkt des Verlangens beendet ist.
Soweit eine Anmeldung nach § 16 Absatz 2 nicht zugeleitet wurde, obwohl eine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorliegt, hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen die Unterlagen nach Satz 1 außerhalb der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundenen elektronischen Schnittstelle als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zu übermitteln.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers, des Verleihers oder eines Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen einschränken oder erweitern.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.

Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Zeitpunkt zu zahlen.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Zeitpunkt zu zahlen.

(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben über

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen, und
7.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.
Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1 unverzüglich zu melden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums verpflichtet, der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vor Beginn der Beschäftigung einer Kraftfahrerin oder eines Kraftfahrers für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eine Anmeldung mit folgenden Angaben elektronisch zuzuleiten:

1.
die Identität des Unternehmens, sofern diese verfügbar ist in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz,
2.
den Familiennamen und den Vornamen sowie die Anschrift im Niederlassungsstaat eines oder einer Zustellungsbevollmächtigten,
3.
den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum, die Anschrift und die Führerscheinnummer der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers,
4.
den Beginn des Arbeitsvertrags der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers und das auf diesen Vertrag anwendbare Recht,
5.
den voraussichtlichen Beginn und das voraussichtliche Ende der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland,
6.
die amtlichen Kennzeichen der für die Beschäftigung im Inland einzusetzenden Kraftfahrzeuge,
7.
ob es sich bei den von der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen um Güterbeförderung oder Personenbeförderung und grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage handelt;
die Anmeldung ist mittels der elektronischen Schnittstelle des Binnenmarkt-Informationssystems nach Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission („IMI-Verordnung“) (ABI. L 316 vom 14.11.2012, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, zuzuleiten. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einem Entleiher, hat der Verleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit folgenden Angaben zuzuleiten:

1.
den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
den Beginn und die Dauer der Überlassung,
3.
den Ort der Beschäftigung,
4.
den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5.
den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,
6.
die Branche, in die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden sollen,
7.
den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Entleihers.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen,

1.
dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch übermittelt werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen kann, und
3.
wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 bestimmen.

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

(2a) Abweichend von Absatz 2 hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sicherzustellen, dass der Kraftfahrerin oder dem Kraftfahrer, die oder der von ihm für die Durchführung von Güter- oder Personenbeförderungen im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschäftigt wird, die folgenden Unterlagen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zur Verfügung stehen:

1.
eine Kopie der nach § 16 Absatz 2 zugeleiteten Anmeldung,
2.
die Nachweise über die Beförderungen, insbesondere elektronische Frachtbriefe oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1055 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 17) geändert worden ist, genannten Belege und
3.
alle Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe f und Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABI. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, genannten Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer oder die Kraftfahrerin bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, oder die Aufzeichnungen nach § 1 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Fahrpersonalverordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geändert worden ist.
Die Kraftfahrerin oder der Kraftfahrer hat im Falle einer Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes die ihm oder ihr nach Satz 1 zur Verfügung gestellten Unterlagen mit sich zu führen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen als Schriftstück oder in einem elektronischen Format vorzulegen; liegt keine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vor, gilt die Pflicht nach dem ersten Halbsatz nur im Rahmen einer auf der Straße vorgenommenen Kontrolle für die Unterlagen nach Satz 1 Nummer 2 und 3.

(2b) Nach Beendigung der Beschäftigung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundene elektronische Schnittstelle folgende Unterlagen innerhalb von acht Wochen ab dem Tag des Verlangens zu übermitteln:

1.
Kopien der Unterlagen nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 2 und 3,
2.
Unterlagen über die Entlohnung der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers einschließlich der Zahlungsbelege,
3.
den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie91/533/EWGdes Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288 vom 18.10.1991, S. 32) und
4.
Unterlagen über die Zeiterfassung, die sich auf die Arbeit der Kraftfahrerin oder des Kraftfahrers beziehen, insbesondere die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers.
Die Behörden der Zollverwaltung dürfen die Unterlagen nach Satz 1 nur für den Zeitraum der Beschäftigung nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verlangen, der zum Zeitpunkt des Verlangens beendet ist.
Soweit eine Anmeldung nach § 16 Absatz 2 nicht zugeleitet wurde, obwohl eine Beschäftigung im Inland nach § 36 Absatz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorliegt, hat der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen die Unterlagen nach Satz 1 außerhalb der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem verbundenen elektronischen Schnittstelle als Schriftstück oder in einem elektronischen Format zu übermitteln.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers, des Verleihers oder eines Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen einschränken oder erweitern.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. November 2010 - 10 Sa 109/10 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Erteilung von Auskünften und auf Zahlung in Anspruch. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Beklagte nach §§ 2, 3 EFZG verpflichtet ist, an ihre aus Portugal nach Deutschland vorübergehend entsandten Arbeitnehmer Entgelt für Zeiten zu entrichten, an denen die Arbeit wegen eines gesetzlichen Feiertags oder wegen unverschuldeter Erkrankung ausfällt.

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck müssen die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zahlen. Den Beitragseinzug regelte im Anspruchszeitraum der allgemeinverbindliche Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 in der jeweils geltenden Fassung.

3

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung portugiesischen Rechts. Sie führt arbeitszeitlich überwiegend Rohbauarbeiten aus und nimmt mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern seit 1996 am Sozialkassenverfahren teil. Hinsichtlich der hier betroffenen in den Jahren 2007 und 2008 entsandten baugewerblichen Arbeitnehmer gab die Beklagte für Oktober 2007 bis Dezember 2007 sowie für April, Mai und Oktober 2008 Monatsmeldungen gegenüber dem Kläger ab. In diesen Monatsmeldungen waren die an die einzelnen Arbeitnehmer gezahlten Bruttolöhne aufgeführt. Zugleich gab die Beklagte „Tage ohne Lohn“ an, mit denen sie die deutschen Feiertage und die Arbeitsunfähigkeitstage der Arbeitnehmer bezeichnete. Für diese „Tage ohne Lohn“ zahlte die Beklagte keine Vergütung. Im Fall der Arbeitsunfähigkeit trat die staatliche portugiesische Pflichtversicherung ein. Diese erbringt ab dem dritten Krankheitstag bzw. im Fall eines Krankenhausaufenthalts ab dem ersten Krankheitstag Leistungen an die Arbeitnehmer. Die Leistungen werden über ein Umlageverfahren finanziert, an dem sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber beteiligen.

4

Für Oktober 2007 bis Dezember 2007 sowie für April, Mai und Oktober 2008 errechnete der Kläger für die „Tage ohne Lohn“ einen Mindestbeitrag in unstreitiger Höhe von 2.519,15 Euro.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Meldungen der Beklagten entsprächen nicht den tarifvertraglichen Anforderungen. Sie seien fehlerhaft, da die Beklagte allen Arbeitnehmern, die während der Entsendung arbeitsunfähig erkrankten oder deren Arbeit wegen eines Feiertags ausfalle, Lohn nach §§ 2, 3 EFZG schulde. Diese Vorschriften seien Eingriffsnormen im Sinne des im Streitzeitraum geltenden Art. 34 EGBGB.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular Auskunft zu erteilen über

                 

a)    

die Höhe der monatlichen beitragspflichtigen Bruttolöhne in Euro mit der Maßgabe, dass der aus Portugal entsandte Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung nach §§ 2, 3 EFZG hat, wenn die Arbeit infolge eines deutschen gesetzlichen Feiertags ausfällt oder er infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist,

                 

b)    

die Beschäftigungstage, soweit kein voller Beschäftigungsmonat,

                 

c)    

gewährte Urlaubstage und gewährte Urlaubsvergütung, soweit darauf bereits ein tariflicher Anspruch bestand,

                 

jedes einzelnen von ihr in den Monaten Oktober 2007 bis Dezember 2007 und April, Mai und Oktober 2008 in die Bundesrepublik Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmers,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.519,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz per annum seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, sie habe den Auskunftsanspruch für den streitgegenständlichen Zeitraum durch die Angabe „Tage ohne Lohn“ erfüllt. Die §§ 2, 3 EFZG seien nicht anwendbar.

8

Das Arbeitsgericht hat dem in erster Instanz allein gestellten Auskunftsantrag entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat diesen ebenso abgewiesen wie den im Berufungsverfahren erstmals gestellten Zahlungsantrag. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und Verurteilung der Beklagten nach dem Zahlungsantrag.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

10

I. Die Klageanträge betreffen, wie der Kläger in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, nur solche entsandten gewerblichen Arbeitnehmer, auf die im streitigen Zeitraum portugiesisches Vertragsrecht und portugiesisches Sozialversicherungsrecht anwendbar war und die im Besitz einer Bescheinigung gemäß Art. 11 der noch bis zum 30. April 2010 geltenden VO (EWG) Nr. 574/72 (Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, ABl. EG L 74 vom 27. März 1972 S. 1; in der konsolidierten Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, ABl. EG L 28 vom 30. Januar 1997 S. 1; geändert durch Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005, ABl. EU L 117 vom 4. Mai 2005 S. 1) waren. Soweit der Kläger Beiträge für Feiertage verlangt, bezieht sich sein Begehren, wie er ebenfalls in der Senatsverhandlung erklärt hat, ausschließlich auf etwaige Ansprüche der betreffenden Arbeitnehmer nach § 2 EFZG, nicht auf die nach portugiesischem Recht bestehenden Forderungen auf Zahlung von Feiertagslohn(vgl. Art. 259 Abs. 1 Código do Trabalho, Gesetz Nr. 99/2003 vom 27. August 2003, jetzt Art. 269 Abs. 1 Código do Trabalho, Gesetz Nr. 7/2009 vom 12. Februar 2009).

11

II. Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten die begehrten Auskünfte und Beiträge nicht verlangen. Die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen (§§ 6, 18, 21, 22 VTV iVm. § 1 Abs. 3 AEntG in der bis zum 23. April 2009 geltenden Fassung) liegen nicht vor. Die Beklagte schuldet den betreffenden Arbeitnehmern für die maßgeblichen „Tage ohne Lohn“ kein Entgelt. Die §§ 2, 3 EFZG finden auf die Arbeitsverhältnisse der Beklagten mit den hier betroffenen Arbeitnehmern im Anspruchszeitraum keine Anwendung.

12

1. Die Parteien streiten nicht darüber, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit portugiesischen Arbeitsrechts auf die betreffenden Arbeitsverhältnisse vorliegen. Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit der §§ 2, 3 EFZG aufgrund einer Rechtswahl oder nach dem im Streitzeitraum geltenden Art. 30 EGBGB(vgl. jetzt Art. 8 Rom-I-VO - Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

13

2. Die Anwendbarkeit der §§ 2, 3 EFZG folgt auch nicht aus Art. 34 EGBGB(vgl. jetzt Art. 9 Rom-I-Verordnung). § 2 EFZG ist keine „Eingriffsnorm“ nach Art. 34 EGBGB. Entsprechendes gilt für § 3 EFZG, soweit die Arbeitsverhältnisse von Wanderarbeitnehmern betroffen sind, auf die deutsches Sozialversicherungsrecht nicht anwendbar ist.

14

a) Nach Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO, der zwar auf den Streitfall noch nicht anwendbar ist, aber zur Orientierung insoweit herangezogen werden kann, sind „Eingriffsnormen“ zwingende Vorschriften, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie auf alle in Betracht kommenden Sachverhalte angewendet werden müssen(vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 31, AP GG Art. 25 Nr. 5 = EzA GVG § 20 Nr. 5; 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 100, 130). Inländische Gesetze sind daher nur dann Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB, wenn sie entweder ausdrücklich oder nach ihrem Sinn und Zweck ohne Rücksicht auf das nach den deutschen Kollisionsnormen anwendbare Recht gelten sollen. Nicht ausreichend ist, dass die betreffende Norm als Arbeitnehmerschutznorm einseitig zwingend (vgl. BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B II 1 der Gründe, aaO; Schlachter Anm. AP EGBGB nF Art. 30 Nr. 10; BeckOK R/G/K/U/Schönbohm VO (EG) 593/2008 Art. 9 Rn. 3) und günstiger als die nach dem an sich anwendbaren ausländischen Recht einschlägige Vorschrift ist. Art. 34 EGBGB will zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts ohne Rücksicht auf ihren Schutznormcharakter und „ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anwendbare Recht” durchsetzen(ErfK/Schlachter 12. Aufl. zu Art. 9 Rom-I-VO Rn. 21; Schlachter NZA 2000, 57; Markovska RdA 2007, 352). Erforderlich ist, dass die Vorschrift nicht nur auf den Schutz von Individualinteressen der Arbeitnehmer gerichtet ist, sondern mit ihr zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt werden (BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 78, BAGE 125, 24, 42; 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B II 1 der Gründe, aaO; 3. Mai 1995 - 5 AZR 15/94 - zu III 1 a der Gründe, BAGE 80, 84, 92 f.; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu IV 1 der Gründe, BAGE 71, 297, 316 f.; 24. August 1989 - 2 AZR 3/89 - zu A II 6 der Gründe, BAGE 63, 17, 30 ff.). Bei der Bestimmung einer innerstaatlichen Norm als international zwingende Eingriffsnorm ist Zurückhaltung geboten, wie sich auch aus Erwägungsgrund 37 zur Rom-I-VO ergibt, nach der der Begriff „Eingriffsnormen“ eng ausgelegt werden soll (vgl. Staudinger in Ferrari/Kieninger/Mankowski ua. Internationales Vertragsrecht 2. Aufl. Art. 9 VO (EG) 593/2008 Rn. 6).

15

b) Nach diesen Maßgaben sind § 2 und § 3 EFZG nicht als Eingriffsnormen auf den Streitfall anwendbar.

16

aa) Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 EFZG regelt die Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen. Sie sichert dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, die Fortzahlung der Vergütung. Nach § 9 Abs. 1 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden. Aus § 275 Abs. 1 BGB folgt, dass der Arbeitnehmer an gesetzlichen Feiertagen wegen Unmöglichkeit von seiner vertraglichen Leistungspflicht befreit ist. Der Arbeitgeber müsste bei Anwendung der allgemeinen schuldrechtlichen Regeln nach § 326 Abs. 1 BGB keine Arbeitsvergütung zahlen. Dem hilft § 2 Abs. 1 EFZG durch die Pflicht zur Entgeltfortzahlung ab. Die Vorschrift ist unmittelbar darauf gerichtet, dem Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch zu verschaffen, den er nach seinem Vertrag nicht hätte. Sie regelt das Austauschverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

17

bb) Das im Zusammenhang mit gesetzlichen Feiertagen offenkundige öffentliche Interesse, das auch verfassungsrechtlichen Schutz genießt (BVerfG 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 - BVerfGE 125, 39), wird nicht durch § 2 Abs. 1 EFZG, sondern durch das Feiertagsrecht geschützt. Dieses Interesse gebietet, die Erwerbsarbeit an Feiertagen grundsätzlich ruhen zu lassen. Geschützt ist damit der allgemein wahrnehmbare Charakter des Feiertags als eines Tags der im Grundsatz verbindlichen (vgl. § 10 ArbZG) Arbeitsruhe. Dieser Schutzzweck wird durch § 2 Abs. 1 EFZG nur mittelbar unterstützt. Wahrnehmbare Arbeitsruhe würde auch dann herrschen, wenn Arbeitnehmer - wie es für Selbstständige ohnehin weitgehend der Fall ist - an Feiertagen kein Geld verdienen könnten. § 2 Abs. 1 EFZG erleichtert den Arbeitnehmern die Einhaltung der Arbeitsruhe und weist das Vergütungsrisiko einer Vertragspartei, nämlich dem Arbeitgeber zu, ist aber nicht selbst Voraussetzung der im öffentlichen Interesse liegenden Arbeitsruhe an Feiertagen.

18

cc) Die Vorschrift des § 3 EFZG ist dann als Eingriffsnorm im Sinne des Art. 34 EGBGB anwendbar, wenn auf die betreffenden Arbeitsverhältnisse deutsches Sozialversicherungsrecht Anwendung findet und damit ein hinreichender Inlandsbezug besteht. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

19

dd) Auch § 3 EFZG sichert dem Arbeitnehmer, der nach allgemeinen Regeln bei Arbeitsunfähigkeit zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet ist(§ 275 Abs. 1 BGB), jedoch nach § 326 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf die Gegenleistung hätte, einen Vergütungsanspruch. Insofern dient die Vorschrift dem Ausgleich der Interessen der Parteien eines privatrechtlichen Vertrags.

20

ee) Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2001 (- 5 AZR 255/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 100, 130) kann es sich bei § 3 EFZG dennoch um eine Eingriffsnorm im Sinne des Art. 34 EGBGB handeln. Das öffentliche Interesse an der in § 3 EFZG normierten Entgeltfortzahlungspflicht hat der Fünfte Senat damit begründet, dass die Pflicht des Arbeitgebers ganz wesentlich der Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen und damit mittelbar aller Beitragszahler dient. Deren Entlastung liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse und rechtfertigt es, § 3 EFZG als Eingriffsnorm einzuordnen, wenn für die betreffenden Arbeitnehmer deutsches Sozialversicherungsrecht gilt.

21

ff) In Fällen, in denen die Arbeitnehmer nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen, kann diese Erwägung nicht durchgreifen. Die Geltung des § 3 EFZG würde hier den Arbeitnehmern einen Anspruch verschaffen, dadurch den Arbeitgeber belasten und zu einer Entlastung allenfalls bei der ausländischen Sozialversicherung führen. § 3 EFZG hat damit in diesen Fällen keinen Bezug zum gesamtgesellschaftlichen öffentlichen Interesse in Deutschland.

22

c) Auch § 7 AEntG aF(jetzt § 2 AEntG) benennt die §§ 2, 3 EFZG nicht als Eingriffsnormen. Die Vorschrift legt in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie) fest, welche Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern zwingend Anwendung finden. Sie ordnet die international zwingende Geltung der betreffenden deutschen Normen an. Unter den in § 2 AEntG ausdrücklich erwähnten Regelungen befinden sich auch diejenigen Vorschriften, die nach allgemeiner Auffassung als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB anzusehen sind, etwa die Vorschriften über Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Hygiene, Schutzmaßnahmen für Schwangere und Wöchnerinnen(vgl. § 2 Nr. 5, 6 AEntG). Hätte der Gesetzgeber auch die hier betroffenen Normen über die Entgeltfortzahlung in jedem Fall als Eingriffsnormen angesehen, so hätte es nahe gelegen, sie in den Katalog des § 2 AEntG aufzunehmen(vgl. HK-ArbR/Mayer 2. Aufl. § 2 AEntG Rn. 1).

23

3. Europarechtliche Vorschriften führen zu keinem anderen Ergebnis.

24

a) Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 iVm. Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO (EG) Nr. 883/2004 (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, konkretisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009), unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt, grundsätzlich allen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats, die Leistungen bei Krankheit als Zweig der sozialen Sicherheit einschließlich der Verpflichtungen von Arbeitgebern betreffen. Danach würde § 3 EFZG auch für die Arbeitnehmer der Beklagten gelten. Indes besteht nach Art. 12 Abs. 1 der VO(EG) Nr. 883/2004 eine Ausnahme: Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst. Die Parteien haben diesen Ausnahmetatbestand dem Rechtsstreit in tatsächlicher Hinsicht übereinstimmend zugrunde gelegt (siehe oben zu I); denn die entsandten Arbeitnehmer unterliegen unstreitig dem portugiesischen Sozialversicherungsrecht, sodass eine Anwendung des EFZG auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO (EG) Nr. 883/2004 nicht in Betracht kommt.

25

b) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. Juli 2008 (- VI ZR 105/07 - Rn. 16, BGHZ 177, 237) folgt nichts anderes. Sie besagt, dass die Anwendung der Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971, die in ihren Artikeln 4, 13 und 14 den genannten Vorschriften der VO (EG) Nr. 883/2004 weitgehend entsprechende Regelungen enthielt, regelmäßig nicht zum Verlust von Leistungsansprüchen führen darf, die nach dem nationalen Recht eines der Mitgliedstaaten ohne Rückgriff auf die Gemeinschaftsvorschriften bereits erworben worden sind. Nach deutschem Recht war ein Anspruch, dessen Verlust zu vermeiden gewesen wäre, nicht entstanden. Die nach portugiesischem Recht entstandenen Ansprüche auf Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit bleiben unberührt.

26

c) Die Voraussetzungen einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV liegen nicht vor. Der Streitfall betrifft schon nicht die Auslegung von Art. 12 der VO(EG) Nr. 883/2004. Vielmehr ist die genannte Ausnahmevoraussetzung dem Rechtsstreit von den Parteien in tatsächlicher Hinsicht übereinstimmend zugrunde gelegt worden.

27

III. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Thiel    

        

    Trümner    

                 

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.