Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 30. Sept. 2018 - 1 BvR 2421/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20180930.1bvr242117
bei uns veröffentlicht am30.09.2018

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 - 7 W 108/17 - die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes verletzt.

2. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine zivilrechtliche Entscheidung, mit der die Beschwerdeführerin zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet wurde, ohne dass über die Sache mündlich verhandelt oder ihr durch das Gericht Gehör gewährt wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist ein Presseverlag. Am 20. Mai 2017 veröffentlichte ein von ihr herausgegebenes Magazin einen Artikel mit der Überschrift "…". In diesem Artikel ging es unter anderem um Briefkastenfirmen, einen deutschen Fernsehmoderator und inwieweit dieser als Eigentümer und Vermieter einer Yacht auf M. ein Steuersparmodell nutzt.

3

2. Der Moderator (im Folgenden Antragsteller) machte daraufhin gegenüber der Beschwerdeführerin Unterlassungs-, Richtigstellungs- und Gegendarstellungsansprüche geltend. Die Prozessgeschichte umfasste in der Folge insgesamt drei Gegendarstellungsverfahren:

4

a) Der Antragsteller ließ die Beschwerdeführerin zunächst mit Schreiben vom 24. Mai 2017 zum Abdruck einer Gegendarstellung auffordern, die zwei Textpassagen aus dem Artikel der Beschwerdeführerin betraf. Die Beschwerdeführerin lehnte den Abdruck dieser Gegendarstellung mit Schreiben vom 26. Mai 2017 ab. Daraufhin stellte der Antragsteller am 1. Juni 2017 bei der Pressekammer des Landgerichts Hamburg (Az. 324 O 249/17) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Beschwerdeführerin zum Abdruck der zuvor geforderten Gegendarstellung verpflichtet werden sollte. Mit Beschluss vom 22. Juni 2017 wies das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, es mangele teils an einer gegendarstellungsfähigen Tatsachenbehauptung, teils an einem Gegendarstellungsinteresse, weil die Stellungnahme des Rechtsanwalts des Antragstellers in der Erstmitteilung berücksichtigt worden sei. Der Beschwerdeführerin, die von dem Verfahren keine Kenntnis hatte, wurde der Zurückweisungsbeschluss nicht mitgeteilt.

5

Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2017 erhob der Antragsteller daraufhin sofortige Beschwerde gegen den zurückweisenden Beschluss vom 22. Juni 2017. Mit Beschluss vom 10. Juli 2017 erklärte das Landgericht Hamburg, dass es der sofortigen Beschwerde des Antragstellers nicht abhelfe. Die Beschwerdeführerin wurde hiervon wiederum nicht in Kenntnis gesetzt.

6

Das Verfahren wurde dem Hanseatischen Oberlandesgericht zugeleitet und dort unter dem Aktenzeichen 7 W 72/17 geführt. Am 26. Juli 2017 fand ein Telefonat zwischen einem Richter des Pressesenats des Oberlandesgerichts und dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers statt, wie sich aus einem Telefonvermerk in der Gerichtsakte ergibt. Der Telefonvermerk lautet: "Bedenken mit RA Dr. G. erörtert; er meldet sich". Am 28. Juli 2017 nahm der Antragsteller seine sofortige Beschwerde zurück. Auch von diesen Vorgängen erfuhr die Beschwerdeführerin nichts.

7

b) Am 3. August 2017 forderte der Antragsteller die Beschwerdeführerin mit einem weiteren Schreiben erneut zum Abdruck einer Gegendarstellung zu dem Artikel vom 20. Mai 2017 auf. Mit diesem Schreiben wurden vier modifizierte Neufassungen der Gegendarstellung übermittelt, aus denen sich die Beschwerdeführerin eine zur Veröffentlichung aussuchen können sollte. Mit Schreiben vom 4. August 2017 lehnte die Beschwerdeführerin auch den Abdruck dieser vier alternativen Gegendarstellungen ab.

8

Nach dieser Zurückweisung des Gegendarstellungsbegehrens stellte der Antragsteller am 7. August 2017 einen zweiten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Hamburg (Az. 324 O 357/17), mit dem die Beschwerdeführerin zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet werden sollte. Das Schreiben der Beschwerdeführerin, mit dem diese ihre Ablehnung der begehrten Gegendarstellung begründete, legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers der Pressekammer dabei nicht vor.

9

In seiner Antragsschrift erklärte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers dem Landgericht: "Das Oberlandesgericht sieht in der streitgegenständlichen Berichterstattung eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung. Weiterhin ist das Oberlandesgericht der Meinung, dass die Einlassung des Antragstellers, die zitiert wird, in keinem Falle ausreicht und er nicht hinreichend zu Wort kommt."

10

Mit Beschluss des Landgerichts vom 16. August 2017 wurde auch der erneute Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der Beschwerdeführerin wurde weder der Antrag noch der Zurückweisungsbeschluss mitgeteilt.

11

Mit Schriftsatz vom 22. August 2017 legte der Antragsteller sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Verfügungsantrags vom 7. August 2017 ein. Mit Beschluss vom 24. August 2017 entschied das Landgericht Hamburg, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen.

12

Die Akte wurde daraufhin dem Oberlandesgericht vorgelegt, wo das Verfahren unter dem Aktenzeichen 7 W 95/17 geführt wurde. Mit Schriftsatz vom 1. September 2017 nahm der Antragsteller allerdings seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 7. August 2017 sowie die sofortige Beschwerde vom 22. August 2017 wieder zurück. Der Beschwerdeführerin, die von den gerichtlichen Verfahren nach wie vor keine Kenntnis hatte, teilte der Antragsteller mit Schreiben vom selben Tag mit, dass er auf den Abdruck der mit Schreiben vom 3. August 2017 verlangten vier Gegendarstellungsfassungen verzichte.

13

c) Bereits mit Schreiben vom 18. August 2017 hatte der Antragsteller der Beschwerdeführerin allerdings ein weiteres (drittes) Gegendarstellungsverlangen zugesandt. Die Beschwerdeführerin wies dieses Gegendarstellungsverlangen mit Schreiben vom 22. August 2017 zurück.

14

Am 4. September 2017 beantragte der Antragsteller beim Landgericht wiederum den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Az. 324 O 411/17), mit dem die Beschwerdeführerin verpflichtet werden sollte, eine der beiden am 18. August 2017 zugeleiteten Gegendarstellungen abzudrucken. Das Zurückweisungsschreiben der Beschwerdeführerin vom 22. August 2017 legte er dabei nicht vor. Der Antragsteller wies in seiner Antragsschrift wiederum auf die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts hin.

15

Mit Beschluss vom 12. September 2017 wies die Pressekammer des Landgerichts auch den dritten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Der Beschwerdeführerin wurde diese Zurückweisung wiederum nicht mitgeteilt. Die Zurückweisung wurde mit dem Ablauf der Dreimonatsfrist aus § 11 Abs. 2 des Hamburgischen Pressegesetzes (HPG), demzufolge die Gegendarstellung dem verantwortlichen Redakteur spätestens innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung zugehen muss, begründet. Mit Schriftsatz vom 25. September 2017 legte der Antragsteller wiederum sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 28. September 2017 entschied das Landgericht Hamburg, der sofortigen Beschwerde wiederum nicht abzuhelfen. Die Akte wurde dem Oberlandesgericht vorgelegt, wo sie unter dem Aktenzeichen 7 W 108/17 geführt wurde.

16

Am 5. Oktober 2017 erging dann der Beschluss des Oberlandesgerichts, mit dem der Beschwerdeführerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Bezugnahme auf die Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung auf Grundlage von § 11 Abs. 4 HPG auferlegt wurde, die erste Variante der mit Schreiben vom 18. August 2017 zugeleiteten Gegendarstellungen abzudrucken. Das Oberlandesgericht sah die Dreimonatsfrist noch als gewahrt an.

17

Die Beschwerdeführerin, die mit dem Beschluss erstmals von den gegen sie angestrengten Gerichtsverfahren erfuhr, legte am 17. Oktober 2017 Widerspruch gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 ein, über den die Pressekammer des Landgerichts am 3. November 2017 mündlich verhandelte. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung wurde in dieser Verhandlung die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert.

18

Mit Urteil vom 3. November 2017 bestätigte das Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 (Az. 324 O 411/17). Mit Schriftsatz vom 9. November 2017 legte die Beschwerdeführerin Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. November 2017 ein und beantragte zugleich, die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung der einstweiligen Verfügung vom 5. Oktober 2017 anzuordnen.

19

3. Am 26. Oktober 2017 hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 (Az. 7 W 108/17) erhoben. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG. Sie beruft sich auf ihr grundrechtsgleiches Recht auf prozessuale Waffengleichheit und auf ein faires Verfahren. Hilfsweise rügt sie die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 GG und der Presse- und Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Sie beklagt eine bewusste und im Wege der ständigen Praxis sogar systematische Übergehung ihrer Verfahrensgrundrechte.

20

4. Mit Beschluss vom 29. Januar 2018 unter dem Aktenzeichen 1 BvQ 70/17 hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung abgelehnt. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lägen nicht vor. Im Hinblick auf die gerügte Verletzung der grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführerin auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG und ein faires Verfahren aus Art. 20 Abs. 3 GG komme der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht, denn insofern sei der Nachteil bereits eingetreten und könnte durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht mehr abgewehrt werden. Ein möglicher Verstoß gegen das Recht auf Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sei durch die Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg am 3. November 2017 und den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 16. November 2017 über die Nichteinstellung der Zwangsvollstreckung nachträglich geheilt worden. Hinsichtlich einer vorliegend möglicherweise in Betracht kommenden nachträglichen Feststellung einer Verletzung des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit bestehe kein Eilbedürfnis.

21

5. Zu der vorliegenden Verfassungsbeschwerde haben die Hessische Staatskanzlei und das Staatsministerium der Justiz im Freistaat Sachsen Stellung genommen. Das Ministerium für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein hat auf die Stellungnahme verwiesen, die in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1783/17 abgegeben wurde, in dem - dort bezüglich eines äußerungsrechtlichen Unterlassungsbegehrens - ebenfalls die Praxis einiger Pressekammern gerügt wird, in einstweiligen Verfügungsverfahren regelmäßig ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht hat der Beschwerdeführerin und den Äußerungsberechtigten mitgeteilt, dass die in dem dortigen Verfahren abgegeben Stellungnahmen auch im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden sollen. Aus den Stellungnahmen ergibt sich, dass es insbesondere in den Landgerichtsbezirken Köln und Hamburg üblich ist, einstweilige Verfügungen im Presse- und Äußerungsrecht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. In den übrigen Landgerichtsbezirken stellt der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners und ohne mündliche Verhandlung eher eine Ausnahme dar. Für das vorliegende Verfahren ergibt sich aus den eingereichten Stellungnahmen, dass die Beschwerdeführerin in anderen Oberlandesgerichtsbezirken vor der Beschwerdeentscheidung angehört worden wäre.

II.

22

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Verletzung des Rechts der Beschwerdeführerin auf prozessuale Waffengleichheit durch den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 richtet. Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist im dargelegten Umfang zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Rüge der prozessualen Waffengleichheit zulässig. Diesbezüglich ist, unabhängig von dem Ausgangsverfahren, auch der Rechtsweg erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), denn die Rügen beziehen sich hier auf eine Rechtsverletzung unmittelbar durch die Handhabung des Prozessrechts im Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung selbst. Die insoweit geltend gemachten Grundrechtsverletzungen können vor den Fachgerichten nicht wirksam angegriffen werden. Zwar können die einstweiligen Verfügungen in Blick auf andere Rechtsverletzungen - auch wegen Verstoßes gegen das rechtliche Gehör - fachgerichtlich angegriffen werden. Hier jedoch wendet sich der Beschwerdeführer gegen ein seinem Vorbringen nach bewusstes und systematisches Übergehen seiner prozessualen Rechte, das die Fachgerichte im Vertrauen daraufhin praktizierten, dass diese Rechtsverletzungen angesichts später eröffneter Verteidigungsmöglichkeiten folgenlos blieben und deshalb nicht geltend gemacht werden könnten. Diesbezüglich besteht ein fachgerichtlicher Rechtsbehelf nicht. Insbesondere gibt es keine prozessrechtliche Möglichkeit, etwa im Wege einer Feststellungsklage eine fachgerichtliche Kontrolle eines solchen Vorgehens zu erwirken. Die Verfassungsbeschwerde kann damit ausnahmsweise unmittelbar gegen die einstweilige Verfügung selbst erhoben werden. Dass auch die Verfassungsbeschwerde die gerügten Rechtsverletzungen nicht mehr beseitigen kann, steht dem nicht entgegen. Denn die verfassungsrechtliche Prüfung dieses Vorgehens ist jedenfalls in Form einer feststellenden Entscheidung möglich (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2017 - 1 BvQ 16/17 -, juris, Rn. 11).

24

Allerdings kann nicht jede Verletzung prozessualer Rechte unter Berufung auf die prozessuale Waffengleichheit im Wege einer auf Feststellung gerichteten Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Vielmehr bedarf es eines hinreichend gewichtigen Feststellungsinteresses. Die Geltendmachung nur eines error in procedendo reicht hierfür nicht (vgl. BVerfGE 138, 64 <87 Rn. 71> m.w.N. - zu Art. 101 Abs. 1 GG). Anzunehmen ist ein Feststellungsinteresse jedoch insbesondere, wenn eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu befürchten ist (vgl. BVerfGE 91, 125 <133>), also eine hinreichend konkrete Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten rechtlichen und tatsächlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergehen würde. Dies ist vorliegend der Fall, denn ausweislich des Vortrags der Beschwerdeführerin sowie der Stellungnahmen der Äußerungsberechtigten entspricht die angegriffene Vorgehensweise, in der die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte erblickt, ständiger Praxis einiger Spruchkörper, die mit dem Presse- und Äußerungsrecht befasst sind.

25

2. Der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

26

a) Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

27

aa) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit ist Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zivilprozess und sichert verfassungsrechtlich die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter, der - auch im Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG - den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Ihr entspricht die Pflicht des Richters, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozessbeteiligten zu wahren (BVerfGE 52, 131 <156 f.> m.w.N.).

28

bb) Erforderlich ist danach die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter und die gleichwertigen Möglichkeiten zur Ausübung ihrer Rechte. Die prozessuale Waffengleichheit steht dabei im Zusammenhang mit dem Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG, der eine besondere Ausprägung der Waffengleichheit ist. Als prozessuales Urrecht (vgl. BVerfGE 70, 180 <188>) gebietet dieser, in einem gerichtlichen Verfahren der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 9, 89 <96 f.>; 57, 346 <359>). Entbehrlich ist eine vorherige Anhörung nur in Ausnahmefällen. In den besonderen Verfahrenslagen des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine vorherige Anhörung verzichtbar, wenn sie den Zweck des Verfahrens vereiteln würde, wie im ZPO-Arrestverfahren, bei der Anordnung von Untersuchungshaft oder bei Wohnungsdurchsuchungen (vgl. BVerfGE 70, 180 <188 f.> m.w.N.). In diesen Fällen reicht es aus, nachträglich Gehör zu gewähren. Voraussetzung der Verweisung auf eine nachträgliche Anhörung ist damit jedoch, dass ansonsten der Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens - hier: wirksamer vorläufiger Rechtsschutz in Eilfällen - verhindert würde.

29

cc) Der Sache nach findet bei diesem Verständnis des Grundrechts auf prozessuale Waffengleichheit auch die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Berücksichtigung. Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind als Ausdruck der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307 <316 f.>; 128, 326 <369>) bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen (vgl. BVerfGE 140, 317 <359 Rn. 91>; stRspr). Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass im Hinblick auf eine Prozessführung, die sich auf unterschiedliche private Interessen bezieht, der Begriff "Waffengleichheit" bedeutet, dass jeder Partei eine vernünftige Möglichkeit eingeräumt werden muss, ihren Fall vor Gericht unter Bedingungen zu präsentieren, die für diese Partei keinen substanziellen Nachteil im Verhältnis zu seinem Prozessgegner mit sich bringen (vgl. EGMR, Urteil vom 27. Oktober 1993, Nr. 37/1992/382/460, juris).

30

b) Nach diesen Maßstäben verletzt der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Sowohl der Erlass der einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung der Beschwerdeführerin als auch die einseitige Hinweiserteilung allein an den Antragsteller, ohne die Beschwerdeführerin hierüber unverzüglich zu benachrichtigen, haben gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien im Zivilprozess verstoßen.

31

aa) Nach den vorgenannten Maßstäben ergibt sich aus dem Grundsatz der Waffengleichheit, dass ein Gericht auch im Presse- und Äußerungsrecht der Gegenseite vor einer stattgebenden Entscheidung über den Antrag einer Partei im Zivilrechtsstreit Recht auf Gehör gewähren muss. Von der Erforderlichkeit einer Überraschung des Gegners kann bei der Geltendmachung von Ansprüchen im Presse- und Äußerungsrecht jedenfalls nicht als Regel ausgegangen werden. Noch weniger gilt dies im Gegendarstellungsrecht, wo das vorherige Veröffentlichungsverlangen materiell-rechtliche Voraussetzung des Gegendarstellungsanspruchs ist (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 5 HPG). Deswegen scheidet ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruchs als solche dem Schuldner verborgen bleibt, von vornherein aus.

32

bb) Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, wann über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann. Für die Beurteilung, wann ein dringender Fall im Sinne des § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt und damit auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, haben die Fachgerichte einen weiten Wertungsrahmen. Insbesondere dürfen sie dabei davon ausgehen, dass das Presserecht grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt ist, wenn es darum geht, gegen eine möglicherweise rechtswidrige Berichterstattung vorzugehen. Dies gilt vor allem auch im Gegendarstellungsrecht, für welches das Bundesverfassungsgericht stets betont hat, dass es in besonderer Weise von einer grundsätzlichen Eilbedürftigkeit gekennzeichnet ist (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 2000 - 1 BvQ 22/00 -, juris, Rn. 20). Angesichts der durch das Internet, ständig aktualisierte Online-Angebote und die sozialen Medien noch beschleunigten Möglichkeit der Weiterverbreitung von Informationen kann es verfassungsrechtlich im Interesse effektiven Rechtsschutzes sogar geboten sein, Unterlassungs- ebenso wie Gegendarstellungsansprüchen (vgl. dazu BVerfGE 63, 131 <143>) in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Berichterstattung zur Geltung zu verhelfen. Freilich setzt die Annahme einer Dringlichkeit und damit der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung auch eine entsprechende zügige Verfahrensführung voraus.

33

cc) Über eine einstweilige Verfügung über den Abdruck einer Gegendarstellung wird deshalb nicht selten zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müssen. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berechtigt demgegenüber aber nicht ohne weiteres dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag ganz aus dem Verfahren herauszuhalten. Nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag vielmehr grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dabei kann nach Art und Zeitpunkt der Gehörsgewährung differenziert und auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden.

34

Danach ist von Verfassungs wegen nichts dagegen zu erinnern, wenn das Gericht für die Gewährung des Gehörs in solchen Eilverfahren auch die Möglichkeiten einbezieht, die es der Gegenseite vorprozessual erlauben, sich zu dem Abdruckverlangen zu äußern, wenn sichergestellt ist, dass solche Äußerungen dem Gericht vollständig vorliegen. Hierfür kann auch auf die Möglichkeit zur Erwiderung gegenüber einem dem Verfügungsverfahren vorangehenden Abdruckverlangen abgestellt werden. Dies gilt jedenfalls in Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner in Anschluss an ein zurückgewiesenes Abdruckverlangen überdies auch die Möglichkeit hat, eine Schutzschrift zu hinterlegen. Denn seitdem der Gesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 945a, 945b ZPO die Möglichkeit geschaffen hat, vorbeugende Verteidigungsschriften gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügungen (Schutzschriften) zum Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu machen, und ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register hierfür eingeführt hat, ist gewährleistet, dass eine Schutzschrift dem letztlich entscheidenden Gericht zur Kenntnis gelangt (vgl. § 945a Abs. 2 Satz 1 ZPO).

35

Dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit genügen die Erwiderungsmöglichkeiten auf das Abdruckverlangen allerdings nur dann, wenn sowohl das Abdruckverlangen als auch die Begründung für die begehrte Gegendarstellung identisch sind und der Antragsteller ein etwaiges Zurückweisungsschreiben des Antragsgegners zusammen mit seiner Antragsschrift bei Gericht eingereicht hat. Nur dann ist sichergestellt, dass der Antragsgegner hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu dem vor Gericht geltend gemachten Vorbringen des Antragstellers in gebotenem Umfang zu äußern. Ist dies gewährleistet, kann und muss das Gericht die Argumente beider Seiten in seine Entscheidungsfindung einbeziehen und auf dieser Grundlage entscheiden.

36

Demgegenüber ist dem Antragsgegner Gehör zu gewähren, wenn ihm das Abdruckverlangen nicht in der gehörigen Form zugeleitet wurde oder der Antrag vor Gericht in anderer Weise als in dem Abdruckverlangen oder mit ergänzendem Vortrag begründet wird. Gehör ist auch zu gewähren, wenn das Gericht dem Antragsteller Hinweise nach § 139 ZPO erteilt, von denen die Gegenseite sonst nicht oder erst nach Erlass einer für sie nachteiligen Entscheidung erfährt (vgl. dazu Teplitzky, GRUR 2008, 34 <35 ff.>). Hinweise müssen, insbesondere sofern sie mündlich oder fernmündlich erteilt werden, vollständig dokumentiert werden, so dass sich nachvollziehbar aus den Akten ergibt, wer wann wem gegenüber welchen Hinweis gegeben hat. Entsprechend ist es verfassungsrechtlich geboten, den jeweiligen Gegner vor Erlass einer Entscheidung in den gleichen Kenntnisstand zu versetzen wie den Antragsteller, indem auch ihm die richterlichen Hinweise zeitnah mitgeteilt werden. Dies gilt insbesondere, wenn es bei Rechtsauskünften in Hinweisform darum geht, einen Antrag gleichsam nachzubessern oder eine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten oder dem Vorliegen der Dringlichkeit nach § 937 Abs. 2 ZPO abzugeben. Soweit Hinweise erteilt werden, ist der Gegenseite dies in Blick auf die Nutzung dieser Hinweise in diesem oder auch in anderen gegen den Antragsgegner gerichteten Verfahren auch im Falle der Ablehnung eines Antrags unverzüglich mitzuteilen. Ein einseitiges Geheimverfahren über einen mehrwöchigen Zeitraum, in dem sich Gericht und Antragsteller über Rechtsfragen austauschen, ohne den Antragsgegner in irgendeiner Form einzubeziehen, ist mit den Verfahrensgrundsätzen des Grundgesetzes jedenfalls unvereinbar.

37

dd) Diesen Grundsätzen genügt der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2017 nicht.

38

Zunächst hätte das Gericht angesichts des Verfahrenszeitraums wiederholt Veranlassung gehabt, der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies hätte auch dadurch geschehen können, dass die Beschwerdeführerin schriftsätzlich angehört worden wäre. Dass dies unterblieben ist, ist insoweit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, als das Gericht dem Antrag auf Erlass der beantragten Verfügung unabhängig von einer Berücksichtigung der vorprozessualen Zurückweisungsschreiben der Beschwerdeführerin stattgab, die weder von dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren eingereicht noch vom Gericht angemahnt worden waren. Dies gilt vor allem für einen Verfahrensablauf, bei dem die Beschwerdeführerin in einem über vier Monate währenden Verfahren mit mehreren Anträgen zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit hatte, sich überhaupt zu äußern.

39

Auch die Hinweise von Mitgliedern des Pressesenats gegenüber dem Antragsteller haben die prozessuale Waffengleichheit verletzt. Es ist nach dem Akteninhalt belegt, dass der Antragsteller nach einem Telefonat mit einem Richter des Pressesenats seinen ersten Gegendarstellungsantrag zurücknahm, anschließend anpasste und nach erneuter Zurückweisung durch die Beschwerdeführerin einen erneuten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht stellte. In dem Schriftsatz teilte er der Pressekammer dazu die von ihm in Erfahrung gebrachte Rechtsauffassung des Pressesenats mit. Es ist schon zweifelhaft, ob solche Hinweise inhaltlich mit dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit vereinbar sind. Jedenfalls aber verstößt es gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, dass diese der Beschwerdeführerin nicht jeweils unverzüglich mitgeteilt wurden und inhaltlich nicht erkennbar ist, was mit dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers besprochen wurde. Aktenvermerke wie "Bedenken erörtert" genügen den Dokumentationsanforderungen nicht.

40

3. Angesichts des festgestellten Verstoßes des oberlandesgerichtlichen Beschlusses kommt es auf eine Prüfung der Verletzung weiterer Grundrechte nicht an.

III.

41

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 937 Zuständiges Gericht


(1) Für den Erlass einstweiliger Verfügungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. (2) Die Entscheidung kann in dringenden Fällen sowie dann, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 945a Einreichung von Schutzschriften


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 945b Verordnungsermächtigung


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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 30. Sept. 2018 - 1 BvR 2421/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 30. Sept. 2018 - 1 BvR 1783/17

bei uns veröffentlicht am 30.09.2018

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2017 - 28 O 200/17 - die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2017 - 28 O 200/17 - die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes verletzt.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine zivilrechtliche Entscheidung, in der der Beschwerdeführerin die Unterlassung von Äußerungen aufgegeben wurde, ohne dass sie zuvor vorprozessual abgemahnt oder im gerichtlichen Verfahren angehört worden war.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist ein journalistisch-redaktionelles Recherchenetzwerk. Am 7. Juni 2017 veröffentlichte sie auf ihrer Webseite einen Artikel unter dem Titel "Die F.-Tonbänder". In diesem Artikel wird über den Verlauf einer Aufsichtsratssitzung eines Unternehmens berichtet, teilweise unter wörtlicher Wiedergabe der Wortbeiträge, die Korruptionsvorwürfe gegen das Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verkauf von U-Booten in das europäische Ausland zum Inhalt hatte. Dieses Unternehmen beantragte am 3. Juli 2017 beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweilen Verfügung mit dem Inhalt, der Beschwerdeführerin aufzugeben, die wörtliche oder sinngemäße Veröffentlichung der Protokolle zu unterlassen. Dem Antrag war keine vorprozessuale Abmahnung der Beschwerdeführerin vorausgegangen. Das Unternehmen gab in der Antragsschrift an, eine vorherige Abmahnung der Beschwerdeführerin sei nicht zumutbar, da diese auf ihrer Internetseite und in sozialen Medien einseitig über Rechtstreitigkeiten berichte.

3

2. Am 10. Juli 2017 erließ das Landgericht Köln die einstweilige Verfügung, ohne diese zu begründen oder die Beschwerdeführerin vorher anzuhören. Die einstweilige Verfügung wurde der Beschwerdeführerin am 18. Juli 2017 zugestellt. Von dem Inhalt des Verfügungsantrags vom 3. Juli 2017 und seiner Begründung erhielt die Beschwerdeführerin am 2. August 2017 erst nach Akteneinsicht Kenntnis.

4

3. Am 8. August 2017 legte die Beschwerdeführerin Widerspruch gegen die Beschlussverfügung vom 10. Juli 2017 ein und stellte einen Antrag auf Vollstreckungsschutz gemäß § 924 Abs. 3 Satz 2, § 707 ZPO. Das Landgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 16. August 2017 zurück.

5

4. Mit ihrer am 9. August 2017 bei Gericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom selben Tag hat die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angegriffenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts Köln beantragt, hilfsweise die einstweilige Aussetzung der Vollstreckung und weiter hilfsweise die Feststellung, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung ihre Rechte auf rechtliches Gehör, prozessuale Waffengleichheit und ein faires Verfahren sowie die Meinungs- und Pressefreiheit verletze. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, es sei gängige, jahrelang geübte Praxis der für Pressesachen zuständigen Zivilkammer des Landgerichts Köln, über einstweilige Verfügungen ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. An die Glaubhaftmachung der besonderen Dringlichkeit im Sinne des § 937 Abs. 2 ZPO würden lediglich geringe Anforderungen gestellt. Des Weiteren sei es üblich, derartige Verfügungen ohne vorherige Abmahnung zu erlassen. Ihre Verfahrensrechte würden durch diese Praxis bewusst übergangen.

6

5. Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs ließe sich in der mündlichen Verhandlung noch heilen. Soweit die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf die Verletzung des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit und auf ein faires Verfahren stütze, sei die Verfassungsbeschwerde zwar weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet und ein Rechtsweg vor den Fachgerichten nicht eröffnet, der Antrag könne jedoch mangels substantiierter Darlegung der Eilbedürftigkeit keinen Erfolg haben; die verfassungsrechtliche Prüfung könne insoweit nur zu einer nachträglichen Feststellung führen.

7

6. Auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2017 hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 11. Oktober 2017 die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene einstweilige Verfügung vom 10. Juli 2017 bestätigt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, gegen die Beschwerdeführerin bestehe einen Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Eingriff sei auch rechtswidrig, eine Abwägung der widerstreitenden Interessen - Vertraulichkeitsschutz auf Seiten des Unternehmens, Berichterstattungsinteresse auf Seiten der Beschwerdeführerin - ergebe, dass das Berichterstattungsinteresse aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles zurückzutreten habe. Gegen dieses Urteil des Landgerichts Köln vom 11. Oktober 2017 hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 13. November 2017 Berufung eingelegt. Über die Berufung hat das Oberlandesgericht Köln noch nicht entschieden.

8

7. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, der Präses der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und die Landesjustizministerien von Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie das betroffene Unternehmen als Antragstellerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Aus den Stellungnahmen ergibt sich, dass es insbesondere in den Landgerichtsbezirken Köln und Hamburg üblich ist, einstweilige Verfügungen im Presse- und Äußerungsrecht ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung des Gegners zu entscheiden, wobei in Hamburg immer und in Köln in der Regel eine vorprozessuale Abmahnung verlangt wird. In den übrigen Landgerichtsbezirken stellt der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners und ohne mündliche Verhandlung eine Ausnahme dar.

II.

9

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Verletzung des Rechts der Beschwerdeführerin auf prozessuale Waffengleichheit durch den Beschluss des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2017 richtet. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet.

10

1. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Rüge der prozessualen Waffengleichheit zulässig. Diesbezüglich ist, unabhängig von dem noch fortdauernden Ausgangsverfahren, auch der Rechtsweg erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), denn die Rügen beziehen sich hier auf eine Rechtsverletzung unmittelbar durch die Handhabung des Prozessrechts im Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung selbst. Die insoweit geltend gemachten Grundrechtsverletzungen können vor den Fachgerichten nicht wirksam angegriffen werden. Zwar können die einstweiligen Verfügungen in Blick auf andere Rechtsverletzungen - auch wegen Verstoßes gegen das rechtliche Gehör - fachgerichtlich angegriffen werden. Hier jedoch wendet sich der Beschwerdeführer gegen ein seinem Vorbringen nach bewusstes und systematisches Übergehen seiner prozessualen Rechte, das die Fachgerichte im Vertrauen daraufhin praktizierten, dass diese Rechtsverletzungen angesichts später eröffneter Verteidigungsmöglichkeiten folgenlos blieben und deshalb nicht geltend gemacht werden könnten. Diesbezüglich besteht ein fachgerichtlicher Rechtsbehelf nicht. Insbesondere gibt es keine prozessrechtliche Möglichkeit, etwa im Wege einer Feststellungsklage eine fachgerichtliche Kontrolle eines solchen Vorgehens zu erwirken. Die Verfassungsbeschwerde kann damit ausnahmsweise unmittelbar gegen die einstweilige Verfügung selbst erhoben werden. Dass auch die Verfassungsbeschwerde die gerügten Rechtsverletzungen nicht mehr beseitigen kann, steht dem nicht entgegen. Denn die verfassungsrechtliche Prüfung dieses Vorgehens ist jedenfalls in Form einer feststellenden Entscheidung möglich (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2017 - 1 BvQ 16/17 -, juris, Rn. 11).

11

Allerdings kann nicht jede Verletzung prozessualer Rechte unter Berufung auf die prozessuale Waffengleichheit im Wege einer auf Feststellung gerichteten Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Vielmehr bedarf es eines hinreichend gewichtigen Feststellungsinteresses. Die Geltendmachung nur eines error in procedendo reicht hierfür nicht (vgl. BVerfGE 138, 64 <87 Rn. 71> m.w.N. - zu Art. 101 Abs. 1 GG). Anzunehmen ist ein Feststellungsinteresse jedoch insbesondere, wenn eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu befürchten ist (vgl. BVerfGE 91, 125 <133>), also eine hinreichend konkrete Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten rechtlichen und tatsächlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergehen würde. Dies ist vorliegend der Fall, denn ausweislich des Vortrags der Beschwerdeführerin sowie der Stellungnahmen der Äußerungsberechtigten entspricht die angegriffene Vorgehensweise, in der die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte erblickt, ständiger Praxis einiger Spruchkörper, die mit dem Presse- und Äußerungsrecht befasst sind.

12

2. Der Beschluss des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2017 verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

13

a) Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

14

aa) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit ist Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zivilprozess und sichert verfassungsrechtlich die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter, der - auch im Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG - den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Ihr entspricht die Pflicht des Richters, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozessbeteiligten zu wahren (BVerfGE 52, 131 <156 f.> m.w.N.).

15

bb) Erforderlich sind danach die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter und gleichwertige Möglichkeiten zur Ausübung ihrer Rechte. Die prozessuale Waffengleichheit steht dabei im Zusammenhang mit dem Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG, der eine besondere Ausprägung der Waffengleichheit ist. Als prozessuales Urrecht (vgl. BVerfGE 70, 180 <188>) gebietet dieser, in einem gerichtlichen Verfahren der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 9, 89 <96 f.>; 57, 346 <359>). Entbehrlich ist eine vorherige Anhörung nur in Ausnahmefällen. In den besonderen Verfahrenslagen des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine vorherige Anhörung verzichtbar, wenn sie den Zweck des Verfahrens vereiteln würde wie im ZPO-Arrestverfahren, bei der Anordnung von Untersuchungshaft oder bei Wohnungsdurchsuchungen (vgl. BVerfGE 70, 180 <188 f.> m.w.N.). In diesen Fällen reicht es aus, nachträglich Gehör zu gewähren. Voraussetzung der Verweisung auf eine nachträgliche Anhörung ist jedoch, dass ansonsten der Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens - hier: wirksamer vorläufiger Rechtsschutz in Eilfällen - verhindert würde.

16

cc) Der Sache nach findet bei diesem Verständnis des Grundrechts auf prozessuale Waffengleichheit auch die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Berücksichtigung. Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind als Ausdruck der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307 <316 f.>; 128, 326 <369>) bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen (vgl. BVerfGE 140, 317 <359 Rn. 91>; stRspr). Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass im Hinblick auf eine Prozessführung, die sich auf unterschiedliche private Interessen bezieht, der Begriff "Waffengleichheit" bedeutet, dass jeder Partei eine vernünftige Möglichkeit eingeräumt werden muss, ihren Fall vor Gericht unter Bedingungen zu präsentieren, die für diese Partei keinen substanziellen Nachteil im Verhältnis zu seinem Prozessgegner bedeuten (vgl. EGMR, Urteil vom 27. Oktober 1993, Nr. 37/1992/382/460, juris).

17

b) Nach diesen Maßstäben verletzt der Beschluss des Landgerichts Köln die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht nur ohne vorherige Anhörung der Beschwerdeführerin, sondern auch ohne eine hinreichende vorprozessuale Abmahnung durch die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens ist die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Prozessgegner nicht mehr gewährleistet.

18

aa) Nach den vorgenannten Maßstäben ergibt sich aus dem Grundsatz der Waffengleichheit, dass ein Gericht auch im Presse- und Äußerungsrecht der Gegenseite vor einer stattgebenden Entscheidung über den Antrag einer Partei im Zivilrechtsstreit Recht auf Gehör gewähren muss. Von der Erforderlichkeit einer Überraschung oder Überrumpelung des Gegners kann bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Presse- und Äußerungsrecht jedenfalls nicht als Regel ausgegangen werden. Auch wenn insoweit häufig eine Eilbedürftigkeit anzuerkennen sein wird, folgt hieraus kein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs als solche dem Schuldner verborgen bleibt. Jedenfalls in den Fällen, in denen es um eine bereits veröffentlichte Äußerung geht, besteht regelmäßig kein Grund, von einer Anhörung und Äußerungsmöglichkeit eines Antragsgegners vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung abzusehen. Das Vorbringen der Antragstellerin im Ausgangsverfahren, es sei ihr nicht zuzumuten, der Gegenseite die Möglichkeit zu einer Berichterstattung über das gerichtliche Verfahren zu geben, vermag die grundsätzliche Gleichwertigkeit der am Zivilprozess beteiligten Parteien nicht in Frage zu stellen.

19

bb) Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, wann über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann. Für die Beurteilung, wann ein dringender Fall im Sinne des § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt und damit auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, haben die Fachgerichte einen weiten Wertungsrahmen. Insbesondere dürfen sie dabei davon ausgehen, dass das Presserecht grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt ist, wenn es darum geht, gegen eine möglicherweise rechtswidrige Berichterstattung vorzugehen. Angesichts der durch das Internet, ständig aktualisierte Online-Angebote und die sozialen Medien noch beschleunigten Möglichkeit der Weiterverbreitung von Informationen kann es verfassungsrechtlich im Interesse effektiven Rechtsschutzes sogar geboten sein, Unterlassungs- ebenso wie Gegendarstellungsansprüchen (vgl. dazu BVerfGE 63, 131 <143>) in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Berichterstattung zur Geltung zu verhelfen.

20

Die Annahme einer Dringlichkeit setzt freilich sowohl seitens des Antragstellers als auch seitens des Gerichts eine entsprechend zügige Verfahrensführung voraus. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist nach der Entscheidung des Gesetzgebers nur in dem Maße gerechtfertigt, wie die Dringlichkeit es gebietet. Wenn sich im Verlauf des Verfahrens zeigt, dass eine unverzügliche Entscheidung anders als zunächst vorgesehen nicht zeitnah ergehen muss oder kann, hat das Gericht Veranlassung, die Frage der Dringlichkeit erneut zu überdenken und gegebenenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und auf ihrer Grundlage zu entscheiden.

21

cc) Über eine einstweilige Verfügung gegen Veröffentlichungen der Presse wird gleichwohl angesichts der Eilbedürftigkeit nicht selten zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müssen. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berechtigt demgegenüber aber nicht ohne weiteres dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag generell aus dem Verfahren herauszuhalten. Nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag vielmehr grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dabei kann nach Art und Zeitpunkt der Gehörsgewährung differenziert und auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden.

22

Danach ist von Verfassungs wegen nichts dagegen zu erinnern, wenn das Gericht für die Gewährung des Gehörs in solchen Eilverfahren gegenüber Medienunternehmen auch die Möglichkeiten einbezieht, die es der Gegenseite vorprozessual erlauben, sich zu dem Verfügungsantrag zu äußern, wenn sichergestellt ist, dass solche Äußerungen vollständig dem Gericht vorliegen. Hierfür kann auch auf die Möglichkeit zur Erwiderung gegenüber einer dem Verfügungsverfahren vorangehenden Abmahnung abgestellt werden. Dies gilt jedenfalls in Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner in Anschluss an eine vorangehende Abmahnung überdies auch die Möglichkeit hat, eine Schutzschrift zu hinterlegen. Denn seitdem der Gesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 945a, 945b ZPO die Möglichkeit geschaffen hat, vorbeugende Verteidigungsschriften gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügungen (Schutzschriften) zum Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu machen, und hierfür ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register eingeführt hat, ist gewährleistet, dass eine Schutzschrift dem letztlich entscheidenden Gericht zur Kenntnis gelangt (vgl. § 945a Abs. 2 Satz 1 ZPO).

23

Dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit genügen die Erwiderungsmöglichkeiten auf eine Abmahnung allerdings nur dann, wenn der Verfügungsantrag in Anschluss an die Abmahnung unverzüglich nach Ablauf einer angemessenen Frist für die begehrte Unterlassungserklärung bei Gericht eingereicht wird, die abgemahnte Äußerung sowie die Begründung für die begehrte Unterlassung mit dem bei Gericht geltend gemachten Unterlassungsbegehren identisch sind und der Antragsteller ein etwaiges Zurückweisungsschreiben des Antragsgegners zusammen mit seiner Antragsschrift bei Gericht eingereicht hat. Nur dann ist sichergestellt, dass der Antragsgegner hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu dem vor Gericht geltend gemachten Vorbringen des Antragstellers in gebotenem Umfang zu äußern.

24

Demgegenüber ist dem Antragsgegner Gehör zu gewähren, wenn er nicht in der gehörigen Form abgemahnt wurde oder der Antrag vor Gericht in anderer Weise oder mit ergänzendem Vortrag begründet wird als in der Abmahnung. Gehör ist auch zu gewähren, wenn das Gericht dem Antragsteller Hinweise nach § 139 ZPO erteilt, von denen die Gegenseite sonst nicht oder erst nach Erlass einer für sie nachteiligen Entscheidung erfährt (vgl. dazu Teplitzky, GRUR 2008, 34 <35 ff.>). Hinweise müssen, insbesondere sofern sie mündlich oder fernmündlich erteilt werden, vollständig dokumentiert werden, so dass sich nachvollziehbar aus den Akten ergibt, wer wann wem gegenüber welchen Hinweis gegeben hat. Entsprechend ist es verfassungsrechtlich geboten, den jeweiligen Gegner vor Erlass einer Entscheidung in den gleichen Kenntnisstand zu versetzen wie den Antragsteller, indem auch ihm die richterlichen Hinweise zeitnah mitgeteilt werden. Dies gilt insbesondere, wenn es bei Rechtsauskünften in Hinweisform darum geht, einen Antrag gleichsam nachzubessern oder eine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten oder dem Vorliegen der Dringlichkeit nach § 937 Abs. 2 ZPO abzugeben. Soweit Hinweise erteilt werden, ist der Gegenseite dies in Blick auf die Nutzung dieser Hinweise in diesem oder auch in anderen gegen den Antragsgegner gerichteten Verfahren auch im Falle der Ablehnung eines Antrags unverzüglich mitzuteilen. Ein einseitiges Geheimverfahren über einen mehrwöchigen Zeitraum, in dem sich Gericht und Antragsteller über Rechtsfragen austauschen, ohne den Antragsgegner in irgendeiner Form einzubeziehen, ist mit den Verfahrensgrundsätzen des Grundgesetzes jedenfalls unvereinbar.

25

dd) Diesen Grundsätzen genügt der Beschluss des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2017 offensichtlich nicht. Das Gericht hat über die einstweilige Verfügung nicht nur ohne mündliche Verhandlung entschieden, sondern auch ohne eine vorherige ordnungsgemäße Abmahnung durch die Antragstellerin und ohne eine Anhörung der Beschwerdeführerin im Verfahren. Dadurch hatte die Beschwerdeführerin weder Anlass noch Möglichkeit, sich vor der Entscheidung des Gerichts Gehör zu verschaffen und ihre Sicht der Dinge darzulegen. Es ist auch in keiner Weise ersichtlich, dass eine Überraschung oder Überrumpelung der Beschwerdeführerin erforderlich gewesen wäre, um das Rechtsschutzziel nicht zu gefährden.

26

3. Angesichts des festgestellten Verstoßes des landgerichtlichen Beschlusses kommt es auf eine Prüfung der Verletzung weiterer Grundrechte nicht an.

III.

27

1. Soweit die Verfassungsbeschwerde darüber hinaus eine Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2017 und die Einstellung der Vollstreckung aus diesem Beschluss begehrt, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen, denn diese Entscheidungen sind zwischenzeitlich prozessual überholt, so dass es für diese Anträge am Rechtschutzbedürfnis fehlt. Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

28

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

29

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Für den Erlass einstweiliger Verfügungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

(2) Die Entscheidung kann in dringenden Fällen sowie dann, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Die Landesjustizverwaltung Hessen führt für die Länder ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister). Schutzschriften sind vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung.

(2) Eine Schutzschrift gilt als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder eingereicht, sobald sie in das Schutzschriftenregister eingestellt ist. Schutzschriften sind sechs Monate nach ihrer Einstellung zu löschen.

(3) Die Gerichte erhalten Zugriff auf das Register über ein automatisiertes Abrufverfahren. Die Verwendung der Daten ist auf das für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben Erforderliche zu beschränken. Abrufvorgänge sind zu protokollieren.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Führung des Registers, über die Einreichung von Schutzschriften zum Register, über den Abruf von Schutzschriften aus dem Register sowie über die Einzelheiten der Datenübermittlung und -speicherung sowie der Datensicherheit und der Barrierefreiheit zu treffen.

(1) Die Landesjustizverwaltung Hessen führt für die Länder ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister). Schutzschriften sind vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung.

(2) Eine Schutzschrift gilt als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder eingereicht, sobald sie in das Schutzschriftenregister eingestellt ist. Schutzschriften sind sechs Monate nach ihrer Einstellung zu löschen.

(3) Die Gerichte erhalten Zugriff auf das Register über ein automatisiertes Abrufverfahren. Die Verwendung der Daten ist auf das für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben Erforderliche zu beschränken. Abrufvorgänge sind zu protokollieren.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Für den Erlass einstweiliger Verfügungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

(2) Die Entscheidung kann in dringenden Fällen sowie dann, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.