Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B

bei uns veröffentlicht am07.10.2016

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt im Wege des Zugunstenverfahrens die Anerkennung eines Impfschadens und die Gewährung einer Grundrente.

2

Die am 7.9.1989 geborene Klägerin wurde am 4.4.1990 gegen Diphtherie und Tetanus sowie gegen Poliomyelitis geimpft. Im Juli 1990 wurde bei ihr eine Epilepsie mit BNS-Anfällen diagnostiziert sowie eine psychomotorische und mentale Retardierung. Ihren deshalb gestellten Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens lehnte der Beklagte ab. Das dagegen von der Klägerin angestrengte Klageverfahren blieb in allen Instanzen erfolglos, unter anderem weil die Tatsacheninstanzen im Nachhinein erweiterte Angaben ihrer Eltern zu Krankheitssymptomen unmittelbar nach der Impfung als nicht ausreichend beweiskräftig ansahen.

3

Im Jahr 2004 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag, den sie damit begründete, der Beklagte habe das Zeitfenster für das Auftreten von ungewöhnlichen Impfreaktionen zu eng gewählt; statt 14 seien aufgrund der einschlägigen AHP 1983 30 Tage anzusetzen. Auch diesen Antrag lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 18.5.2005). Die dagegen erhobene Klage hat das SG auf der Grundlage eines von ihm eingeholten weiteren Gutachtens des bereits im Vorprozess gehörten Sachverständigen Prof. Dr. K. abgewiesen (Urteil vom 19.12.2007 - S 12 VJ 1339/06). Das LSG hat ein weiteres Gutachten - versehentlich von Amts wegen - sowie danach ein Gutachten auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholt. Obwohl beide Gutachten einen Impfschaden bejaht haben, hat das LSG den Anspruch der Klägerin auf Anerkennung eines Impfschadens auf der Grundlage des erstinstanzlichen Gutachtens erneut verneint (Urteil vom 18.2.2016 - L 6 VJ 2595/14). Auf der Grundlage der teilweise durch neuere medizinische Erkenntnisse aus den AHP 1996 und 2004 korrigierten AHP 1983 sei ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen der am 4.4.1990 erfolgten Impfung der Klägerin und ihrem Anfallsleiden nach wie vor nicht hinreichend wahrscheinlich. Symptome einer von den AHP als möglicher Impfschaden benannten Impfpoliomyelitis seien bei der Klägerin nicht festgestellt worden. Ein BNS-Anfallsleiden wie bei der Klägerin könne nach dem neuesten medizinischen Stand überhaupt nicht durch eine Impfung verursacht werden. Wenn anlässlich einer Impfung erste Symptome aufträten, so sei dies nur gelegenheitsursächlich. Das Anfallsleiden der Klägerin könne auch deshalb nicht auf die Impfung zurückgeführt werden, weil sich durch die dokumentierten ärztlichen Befunde nicht nachweisen lasse, dass die Erkrankung, wie von den AHP 1996 und 2004 gemäß dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand vorausgesetzt, zwischen dem 3. und 14. Tag nach der Impfung der Klägerin aufgetreten sei. Anderslautende Angaben hätten ihre Eltern erstmals vier Jahre nach der Impfung gemacht. Wie bereits im Vorprozess angenommen, sei der Beweiswert dieser späteren Angaben zur Beweisführung gering. Der Senat folge daher dem Gutachten des vom SG erneut gehörten Sachverständigen, nicht dagegen den abweichenden Bewertungen der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. D. Diese beruhten auf falschen Annahmen und gäben zudem nicht die aktuelle medizinische Lehrmeinung wieder.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt, ihr nicht ausreichendes rechtliches Gehör gewährt und weitere Verfahrensfehler begangen.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die geltend gemachten Verfahrensfehler durch einen Gehörsverstoß (1.), durch Verletzung der Amtsermittlungspflicht (2.) noch die behauptete grundsätzliche Bedeutung (3.) oder sinngemäß eine Divergenz (4.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

6

1. Die Klägerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs iS von § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG. Ein solcher Verstoß liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 8a, 8b mwN). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

a) Die Beschwerde meint, der Klägerin hätte eine zweiwöchige Schriftsatzfrist eingeräumt werden müssen, nachdem das LSG in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, der Rechtsstreit sei zu ihren Lasten entscheidungsreif, weil der Primärschaden nach wie vor nicht ausreichend nachgewiesen sei. Indes fehlt es an der hinreichend substantiierten Darlegung, welche neuen Tatsachen oder Beweisergebnisse der von der Klägerin mitgeteilten Rechtsansicht des LSG zugrunde liegen, zu denen sie sich noch nicht hatte ausreichend äußern können. Wie in der Beschwerdebegründung anklingt, stützt das Urteil des LSG seine von der Klägerin als überraschend kritisierte Rechtsansicht auf das Gutachten des bereits vom SG gehörten und auch von diesem für überzeugend gehaltenen Sachverständigen Prof. Dr. K. Zudem hatten die Vorinstanzen bereits im Vorprozess entscheidungserhebliche Zweifel an späteren Aussagen der Eltern der Klägerin über den Krankheitsverlauf geäußert, die aus Sicht der Instanzgerichte den dokumentierten früheren anamnestischen Angaben widersprachen. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, warum der Hinweis des LSG gleichwohl auch einen sorgfältigen und gewissenhaften Prozessbeteiligten überraschen musste und deshalb trotz der bereits sehr langen Verfahrenslaufzeit eine weitere Schriftsatzfrist oder noch weitergehende Hinweise des Gerichts erforderte. Damit ist gleichzeitig auch kein Verstoß gegen das Gebot fairen Verfahrens ersichtlich, das ebenfalls Überraschungsentscheidungen verbietet.

8

b) Die Klägerin kritisiert außerdem, das LSG habe in der mündlichen Verhandlung eine gutachterliche Stellungnahme aus einem anderen Verfahren eingeführt, zu der sie sich nicht habe äußern können. Indes fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der vom LSG in seinem Urteil allein verwertete Aspekt dieser gutachterlichen Äußerung - die fehlende Zuverlässigkeit einer Symptombeschreibung durch medizinische Laien - aus einer im Vorjahr getroffenen Entscheidung des LSG stammte. Diese war in der allgemein zugänglichen Datenbank Juris veröffentlicht worden und der Klägerin laut ihrer Äußerung in der mündlichen Berufungsverhandlung ohnehin bekannt. Hiervon abgesehen setzt sich die Beschwerde auch nicht damit auseinander, ob und inwieweit diesem Aspekt der in das Verfahren eingeführten gutachterlichen Stellungnahme angesichts der Mehrfachbegründung des LSG zur Glaubhaftigkeit der Angaben der Eltern überhaupt tragende Entscheidungsrelevanz zukommt.

9

c) Ebenso wenig hat die Klägerin substantiiert dargelegt, warum die unterbliebene Anhörung der von ihr benannten Sachverständigen Prof. Dr. D. eine Gehörsverletzung darstellt. Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den Beteiligten gemäß § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten(BVerfG vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273 - Juris RdNr 11; vgl auch BSG vom 12.12.2006 - B 13 R 427/06 B - Juris RdNr 7; BGH vom 7.10.1997 - VI ZR 252/96 - NJW 1998, 162, 163 - Juris RdNr 10 - alle mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 4; BVerwG NJW 1996, 2318), zB auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Beschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl allgemein zu dieser Voraussetzung: BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Dieser Obliegenheit ist ein Beteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und er schriftlich Fragen im oben dargelegten Sinne angekündigt hat, die objektiv sachdienlich sind; liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 4 RdNr 5).

10

Insoweit hat die Beschwerde nicht dargelegt, warum die von ihr zuletzt im Schriftsatz vom 18.2.2016 noch formulierte Frage an die Sachverständige - Erläuterung des in ihrem Gutachten dargelegten Zusammenhangs zwischen Poliomyelitis und Schluckimpfung - überhaupt noch erläuterungsbedürftig war, nachdem die Sachverständige ua zu diesem Punkt ihr Gutachten erstattet und die Beteiligten dazu eine Reihe von Stellungnahmen gewechselt hatten. Tatsächlich zielte der Antrag der Klägerin ersichtlich nicht darauf ab, näher bezeichnete Lücken oder Widersprüche im Gutachten erläutern zu lassen, sondern der Sachverständigen die Möglichkeit zu eröffnen, das Gericht nochmals mündlich von ihrem schriftlichen Gutachten zu überzeugen, weil die Klägerin es für zutreffend hielt. Dazu war das LSG indes nicht verpflichtet. Eine Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. K., dessen Gutachten die Klägerin umfassend als lückenhaft und widersprüchlich kritisiert, hat sie nach ihrem Vortrag nicht beantragt.

11

Soweit die Klägerin im Übrigen umfangreich zu vermeintlichen Widersprüchen des vom LSG herangezogenen Gutachtens und zu angeblichen Schwächen der Argumentation des LSG vorträgt, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Diese entzieht § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG indes der Beurteilung durch das Revisionsgericht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160 RdNr 58 mwN).

12

2. Auch die von der Klägerin behauptete Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG hat sie nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

13

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

14

Indes hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit seines Antrags zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausreichend zu begründen(Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 96 mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahe zu legen (vgl BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - NZS 2012, 230; BSG Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - Beck RS 2010, 65789 = Juris RdNr 12). Im Übrigen fehlt es jedenfalls an einer nachvollziehbaren Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen könnte, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem materiellen Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).

15

Danach fehlt es überwiegend schon an der Bezeichnung prozessordnungsgemäßer Beweisanträge, sofern trotz der Unübersichtlichkeit der 124 Seiten umfassenden Beschwerdebegründung davon ausgegangen wird, dass sich die Sachaufklärungsrüge insoweit auf sämtliche zu Protokoll erklärten und im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenen Anträge beziehen soll.

16

Soweit die Klägerin danach beantragt hat,

        

Beweis zu erheben durch Einholung des entsprechenden Beschlusses/Protokolls des ärztlichen Sachverständigenbeirats - Sektion Versorgungsmedizin - beim BMAS, aus dem ersichtlich ist, auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse und Grundlagen die Verkürzung des in den AHP 1983 mit bis zu 30 Tagen angegebenen Zeitintervalls zwischen Manifestation eines hirnorganischen Anfallsleidens und einer Impfung mit Polio-Lebend-Impfstoff auf ein in den AHP 1996 mit 3 bis 14 Tagen angegebenes Zeitintervall zurückzuführen ist,

fehlt es an der Angabe des hypothetischen Beweisergebnisses. Dies wäre umso wichtiger gewesen, als das LSG zu der genannten Frage bereits erfolglos von Amts wegen ermittelt hat. Nahe gelegen hätten deshalb Ausführungen in der Beschwerdebegründung, wieso sich ihm das Erfordernis weiterer Ermittlungen gleichwohl aufdrängen musste. Daran fehlt es.

17

Soweit die Klägerin darüber hinaus beantragt hat,

        

die Nutzen-Lasten-Analyse des bei ihr verwendeten Impfstoffes anzufordern und in die Kausalitätsbeurteilung einzubeziehen,

fehlt zum einen schon die eindeutige Bezeichnung eines Beweismittels und zum anderen wiederum diejenige des hypothetischen Beweisergebnisses, weshalb wiederum unklar bleibt, wieso sich dem LSG eine Entscheidungserheblichkeit der bloßen Beweisanregung erschließen musste. Dasselbe gilt für den Antrag, Akten des LSG Berlin-Brandenburg ohne Angaben des Aktenzeichens beizuziehen, abgesehen davon, dass sich die Beschwerdebegründung auch hier nicht damit auseinandersetzt, ob und inwieweit die Beiziehung vom materiellen Rechtsstandpunkt des LSG veranlasst war.

18

Soweit die Klägerin weiter beantragt hat,

        

Prof. Dr. B. zur Abklärung der Ursache des von ihm neu diagnostizierten Krankheitsbildes "Postpoliosyndrom", mit Auswertung der Nervenleitgeschwindigkeit, insbesondere mit der Fragestellung einer möglichen kausalen Verknüpfung zu einer früheren verursachenden Polyinfektion anzuhören,

hat sie wiederum das hypothetische Beweisergebnis nicht angegeben und es damit dem LSG maßgeblich erschwert, die Entscheidungserheblichkeit dieses Antrags zu beurteilen. Um in der aktuellen Prozesssituation ein Beweisthema korrekt zu bezeichnen, hätte sie zudem angeben müssen, warum gerade die von ihr genannten Punkte entscheidungserheblich und weiter klärungsbedürftig sein sollten. Denn je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema bereits vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (Fichte, SGb 2000, 653, 656).

19

Soweit die Klägerin beantragt hat,

        

Prof. Dr. D. mündlich anzuhören,

 fehlt es für die Annahme eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags an der Angabe eines konkreten Beweisthemas und wiederum des voraussichtlichen Beweisergebnisses. Um in der aktuellen Prozesssituation ein Beweisthema korrekt zu bezeichnen, hätte die Klägerin genau angeben müssen, welche Punkte trotz der bereits vorliegenden schriftlichen Gutachten weiter klärungsbedürftig und entscheidungserheblich sein sollten (vgl Fichte, SGb 2000, 653, 656).

20

Soweit die Klägerin beantragt hat,

        

ein weiteres Gutachten zum Nachweis der Tatsache einzuholen, dass der bei ihr verwendete Impfstoff ersetzt wurde, da die bei ihr aufgetretene Impfreaktion bei dem verwandten Impfstoff zu häufig eingetreten ist,

befasst sich die Beschwerdebegründung wieder nicht damit, ob es auf dem Boden der materiellen Rechtsauffassung des LSG auf die unter Beweis gestellte Behauptung ankam. Denn das LSG hat jedenfalls im Fall der Klägerin gestützt auf das Gutachten des vom SG gehörten Sachverständigen einen Impfschaden verneint. Ein Beweisantrag darf in dieser Weise entsprechend § 244 Abs 3 S 2 StPO abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, vom maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Gerichts aus für die Entscheidung ohne Bedeutung ist(vgl Hauck in Zeihe, SGG, § 160 SGG RdNr 26a).

21

Die Ablehnung der von der Klägerin gestellten Anträge auf Einholung weiterer Gutachten nach § 109 SGG können nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen.

22

Soweit die Klägerin darüber hinaus angibt, sie habe in der mündlichen Verhandlung noch Beweiserhebungen "gemäß Beweisanträgen in ihren konkret bezeichneten Schriftsätzen" beantragt, liegt darin keine ausreichend genaue Bezeichnung weiterer Beweisanträge. Hierzu hätte es insbesondere der weiteren Ausführungen bedurft, wo sich die genaue Fundstelle für den Beweisantrag befindet, und dass er in der letzten mündlichen Verhandlung bzw in welchem Schriftsatz, auf welchem Blatt etc gestellt worden ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Der pauschale Verweis der Klägerin auf Anlagen zur Nichtzulassungsbeschwerde reicht insoweit nicht aus. Vor allem aber finden sich diese Beweisanträge nicht im Protokoll der mündlichen Verhandlung wieder, obwohl dieses Protokoll in der mündlichen Berufungsverhandlung vorläufig aufgezeichnet und von der anwaltlich vertretenen Klägerin genehmigt worden ist. Nachdem der Protokollberichtigungsantrag der Klägerin erfolglos geblieben ist (vgl Beschluss des LSG vom 15.6.2016), verblieb ihr allein der Nachweis der Fälschung (§ 165 S 2 ZPO; hierzu BSG Beschluss vom 18.8.2015 - B 9 V 14/15 B). Dass dieser erbracht worden wäre, trägt die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht vor.

23

3. Schließlich hat die Klägerin auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht substantiiert dargelegt.

24

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). An diesen Darlegungen fehlt es hier.

25

Die Formulierung der Frage,

        

dürfen und können Angaben in AHP Ziffer 57 (1996) gemäß der herrschenden Rechtsprechung des BSG zu den AHP ("vorweggenommene Sachverständigengutachten" etc) zugrunde gelegt werden, wenn nach Amtsermittlung des LSG und offenbar zu Unrecht verlorenem erstinstanzlichen Verfahren im Jahr 1998 niemand der Verantwortlichen der Fachgruppe Impfschäden zu den AHP (BMAS, Dr. R., Prof. Di.) eine dem fehlerhaften Gutachten Prof. Dr. K. die Grundlage entreißen,

ist zum einen schon sprachlich missglückt und daher kaum verständlich. Sie stützt sich zudem maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls, wie den Ausgang des Ursprungsverfahrens, das Ergebnis eines einzelnen, im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens und in diesem sachlichen Zusammenhang die Anwendung einer bestimmten Fassung der AHP. Der Verweis auf solche fallspezifischen Umstände ist aber von vornherein nicht geeignet, eine fallübergreifende Klärungsbedürftigkeit und damit eine Voraussetzung einer grundsätzlichen Rechtsfrage darzulegen, die sich auch in anderen Verfahren in derselben Weise stellen könnte, und deshalb vom Revisionsgericht zur Bewahrung der Rechtseinheit oder zur Fortbildung des Rechts beantwortet werden müsste. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist korrigierte Fassung der aufgeworfenen Frage mitberücksichtigt würde.
Denn unabhängig davon fehlt es für eine Beurteilung der Klärungsfähigkeit der behaupteten grundsätzlichen Rechtsfrage auch an der aus sich heraus verständlichen Schilderung des vom LSG verbindlich (§ 163 SGG) festgestellten Sachverhalts, die, anders als der Vortrag der Beschwerde, von Ergänzungen, Berichtigungen, Zusatzinformationen, Weglassungen und Ausschmückungen frei zu sein hat (vgl Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 64 mwN).

26

4. Schließlich hat die Klägerin auch die Voraussetzungen einer Divergenz nicht substantiiert vorgetragen. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil infrage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Soweit die Klägerin daher rügt, das LSG verstoße gegen mehrere Urteile des BSG, indem es nicht den neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand zugrunde lege, legt sie daher keine Divergenz dar, sondern stellt die Richtigkeit der LSG-Entscheidung im Einzelfall infrage. Diese ist indes nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

27

5. Die Beschwerde ist darüber hinaus auch unzulässig, soweit sie auf 124 Seiten nebst Anlagen eine Vielzahl weiterer Einzelaspekte anführt, ohne nach tatsächlichen Feststellungen, Rügen und Zulassungsgründen sowie umfänglichen Zitaten aus anderen Verfahren, Gutachten und Entscheidungen oä klar zu unterscheiden. Eine umfangreiche Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht den formellen Erfordernissen des § 160a Abs 2 S 3 SGG, wenn die Ausführungen zu den Zulassungsgründen unübersichtlich, ungegliedert oder sonst unklar und mit für das Beschwerdegericht unerheblichen Fragen vermengt sind(BSG Beschluss vom 12.5.1999 - B 4 RA 181/98 B; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 24.8.2010 - 1 BvR 2309/09 - BVerfGK 17, 508).

28

6. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

29

7. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

30

8. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B

Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B zitiert 18 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 62


Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 402 Anwendbarkeit der Vorschriften für Zeugen


Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 397 Fragerecht der Parteien


(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten. (2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 116


Die Beteiligten werden von allen Beweisaufnahmeterminen benachrichtigt und können der Beweisaufnahme beiwohnen. Sie können an Zeugen und Sachverständige sachdienliche Fragen richten lassen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 18. Aug. 2015 - B 9 V 14/15 B

bei uns veröffentlicht am 18.08.2015

Tenor Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Februar 2015 Prozesskostenhilfe zu

Bundessozialgericht Urteil, 19. Okt. 2011 - B 13 R 33/11 R

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 24. Aug. 2010 - 1 BvR 2309/09

bei uns veröffentlicht am 24.08.2010

Gründe 1 Die mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts verbundene Verfassungsbeschwerde
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2016 - B 9 V 28/16 B.

Bundessozialgericht Beschluss, 08. Nov. 2018 - B 9 V 28/18 B

bei uns veröffentlicht am 08.11.2018

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Beschluss, 08. Nov. 2018 - B 9 V 29/18 B

bei uns veröffentlicht am 08.11.2018

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.

Referenzen

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Die Beteiligten werden von allen Beweisaufnahmeterminen benachrichtigt und können der Beweisaufnahme beiwohnen. Sie können an Zeugen und Sachverständige sachdienliche Fragen richten lassen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente.

2

Die 1939 geborene Klägerin war mit dem im selben Jahr geborenen W. S. (Versicherter) bereits (von 1986 bis zur Scheidung im Jahr 1993) verheiratet; in diese Ehe hatte sie zwei Kinder aus einer vorangegangenen Ehe mitgebracht.

3

Im Mai 2002 wurde bei dem Versicherten ein Hirntumor diagnostiziert. Nach einer Strahlentherapie bis September 2003 nahm er an einer onkologischen Rehabilitationsmaßnahme teil. Zu dieser Zeit litt er an gelegentlichem Schwindel, einer leichten Gangunsicherheit bei deutlicher allgemeiner Schwäche, Gedächtnisstörungen und einer leichten Aphasie (Sprachstörung). Die Befunde besserten sich nicht wesentlich. Eine am 26.4.2004 durchgeführte Magnetresonanztomographie des Kopfes belegte eine Persistenz des Tumorgeschehens. Ab Oktober 2004 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Versicherten zunehmend. Er wurde mehrfach stationär behandelt und erhielt ab November 2004 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III.

4

Seit Juni 2003 wohnte der Versicherte wieder bei der Klägerin; im Dezember 2003 bezogen sie gemeinsam eine neue Wohnung. Die Klägerin bezieht seit Februar 2004 eine Rente aus eigener Versicherung. Der Versicherte und sie meldeten am 4.5.2004 beim Standesamt die Eheschließung an, die dort am 11.5.2004 erfolgte. Am 16.4.2005 verstarb der Versicherte.

5

Den Antrag der Klägerin vom 4.5.2005 auf Gewährung einer großen Witwenrente lehnte die Beklagte ab, weil die Ehe kein volles Jahr gedauert und die Klägerin die Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt habe (Bescheid vom 26.7.2005, Widerspruchsbescheid vom 30.11.2006).

6

Das SG hat nach Beiziehung von Pflegegutachten des MDK Schleswig-Holstein vom November und Dezember 2004 sowie des Gutachtens einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie die Klage mit Urteil vom 16.12.2008 abgewiesen. Die besonderen Umstände des Falls stünden einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe entgegen. Die Sachverständige habe bestätigt, dass sich die Tumorerkrankung bereits bis zur Eheschließung wesentlich verschlimmert habe. Die am 26.4.2004 durchgeführte Magnetresonanztomographie habe eindeutig eine Persistenz des Tumorgeschehens belegt. Es hätten weiterhin generalisierte Anfälle und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine deutlich wahrnehmbare Sprachstörung bestanden. Der Versicherte und die Klägerin hätten daher nicht annehmen können, dass der Tumor durch die Therapien zurückgedrängt worden sei. Zudem hätten sie sich erst zu einem Zeitpunkt zur Heirat entschlossen, als ihnen die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Versicherten und die schlechte Prognose bereits bekannt gewesen seien.

7

Das LSG hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.1.2011 die Klägerin persönlich angehört sowie den Sohn der Klägerin aus erster Ehe und eine gemeinsame Freundin der Klägerin und des Versicherten als Zeugen vernommen. Die ebenfalls als Zeugin geladene Tochter der Klägerin aus erster Ehe hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

8

Mit Urteil vom selben Tage hat das LSG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide und des Urteils des SG verurteilt, der Klägerin Witwenrente aus der Versicherung des Verstorbenen zu gewähren. Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens widerlegt, weil zur Überzeugung des Senats die erneute Eheschließung am 11.5.2004 nicht ausschließlich oder überwiegend von Versorgungsgedanken der Ehepartner motiviert gewesen sei. Nach den glaubhaften Einlassungen der Klägerin und der Zeugen stehe fest, dass bei beiden Ehepartnern von finanziellen Erwägungen unabhängige bzw diesen zumindest gleichwertige emotionale Beweggründe für die Heirat vorgelegen hätten, die aus der langjährigen inneren Verbundenheit sowie von dem Wunsch nach Beistand und Unterstützung des Versicherten in dessen schwerer Lebensphase getragen gewesen seien. Dies seien besondere Umstände iS des § 46 Abs 2a SGB VI, die die Annahme zuließen, dass die Eheschließung nicht bzw nicht überwiegend zum Zwecke der Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung erfolgt sei.

9

Der Senat habe sich nicht gedrängt gefühlt, dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag der Beklagten zu folgen und "den damals zuständigen Standesbeamten hinsichtlich der Durchführung der Heirat des Verstorbenen mit der Klägerin, insbesondere dem Inhalt der Vorgespräche, die Daten der Bestellung des Aufgebots, die Motivation zur Heirat zu vernehmen". Das von der Beklagten unter Beweis gestellte Datum der Bestellung des Aufgebots sei bereits bekannt. Soweit sie die Vernehmung des Standesbeamten zu den weiteren Umständen der Eheschließung, insbesondere zum Inhalt der Vorgespräche und der Motivation der Eheleute beantragt habe, begehre sie Ermittlungen "ins Blaue hinein", zu denen der Amtsermittlungsgrundsatz nicht verpflichte. Der Beweisantrag ziele auf eine unzulässige Ausforschung ab, weil noch nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass sich die Eheleute dem Standesbeamten gegenüber zu den Motiven der Eheschließung geäußert haben könnten. Denn es sei kein Grund für die Annahme ersichtlich, ein Standesbeamter, der eine reguläre Eheschließung im Standesamt vornehme, könne sich zu Eheentschließungsmotiven äußern. Dass die schwerwiegende Erkrankung des Versicherten gegenüber dem Standesbeamten thematisiert worden sei, liege auch deshalb fern, weil an der anschließenden Hochzeitsfeier ca 20 Gäste teilgenommen hätten, die gemeinsam mit dem Brautpaar in einer Gaststätte das Essen eingenommen hätten.

10

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 103, 128 SGG. Das LSG hätte sich gedrängt fühlen müssen, ihrem Beweisantrag, den zuständigen Standesbeamten zu vernehmen, nachzugehen. Dies gelte nicht nur für den Fall einer Nottrauung am Krankenbett (Hinweis auf das Senatsurteil vom 6.5.2010 - B 13 R 134/08 R - veröffentlicht in Juris), sondern auch für den hier vorliegenden besonderen Umstand, dass zwischen der Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt kurz nach einer ärztlichen Untersuchung, bei der eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustands dokumentiert worden sei, und der Vornahme der Trauung lediglich sechs Tage gelegen hätten. Der Beweisantrag ziele nicht auf eine unzulässige Ausforschung ab. Vielmehr sei die Vernehmung des Standesbeamten zur Objektivierung der gewonnenen Erkenntnisse geboten gewesen. Denn dessen Aussage hätte Anhaltspunkte zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin und weitere Erkenntnisse zu den Beweggründen beider Eheleute ergeben können. Indem das LSG die Vernehmung des Standesbeamten mit der Begründung abgelehnt habe, es sei fernliegend, dass die schwerwiegende Erkrankung des Versicherten gegenüber dem Standesbeamten thematisiert worden sei, habe es die Beweiswürdigung unzulässig vorweggenommen.

11

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

14

Nach Einlegung der Revision hat die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 10.5.2011 "aufgrund des Urteils vom 27.01.2011" große Witwenrente ab 1.5.2005 bewilligt. Diesen hat sie nach Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 31.8.2011 zurückgenommen.

15

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

16

A. Die statthafte Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt sowie begründet worden (§ 164 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGG).

17

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Revision nicht durch den Rentenbescheid vom 10.5.2011 unzulässig geworden. Der - nach der am 18.3.2011 eingelegten Revision erlassene - Bescheid ist ausdrücklich "aufgrund des Urteils vom 27.01.2011" ergangen. Allein in dem Erlass eines solchen Ausführungsbescheids liegt kein durch die Beklagte erfolgtes Anerkenntnis des Witwenrentenanspruchs der Klägerin in dem vom LSG festgestellten Umfang (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, § 154 RdNr 16, Stand: Einzelkommentierung März 1996).

18

B. Die Revision der Beklagten ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht der von der Vorinstanz bereits zugesprochene Anspruch auf große Witwenrente gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI ab 1.5.2005 zu (§ 99 Abs 2 Satz 1 SGB VI).

19

1. Der Leistungsausschlussgrund des § 46 Abs 2a SGB VI(hierzu im Einzelnen Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 55/08 R - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 18 ff)liegt bei der Klägerin nicht vor. Nach dieser Vorschrift haben zwar Witwen keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat (Regeltatbestand); die Klägerin erfüllt jedoch den Ausnahmetatbestand, "dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen".

20

Das LSG hat aufgrund der Beweisaufnahme, insbesondere der Zeugenvernehmung und der persönlichen Anhörung der Klägerin festgestellt, dass bei ihrer Heirat mit dem Versicherten nicht allein oder überwiegend der Zweck verfolgt wurde, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Im Vordergrund standen vielmehr von finanziellen Erwägungen unabhängige bzw diesen zumindest gleichwertige emotionale Beweggründe für die Heirat, die aus der langjährigen inneren Verbundenheit sowie von dem Wunsch nach Beistand und Unterstützung des Versicherten in dessen schwerer Lebensphase getragen waren.

21

2. Das Berufungsgericht hat ausreichende Einzeltatsachen festgestellt, aus denen es die vorgenannten Schlussfolgerungen gezogen hat. Das BSG ist an die vom LSG getroffenen klaren und einander nicht widersprechenden Feststellungen gebunden. Denn die Beklagte hat in Bezug auf diese keine zulässige und begründete Revisionsrüge vorgebracht (§ 163 SGG).

22

Der Senat hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 6.5.2010 (B 13 R 134/08 R) darauf hingewiesen, dass der Frage, ob besondere (innere und äußere) Umstände im Sinne des Ausnahmetatbestands vorliegen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen, anhand aller Ermittlungsmöglichkeiten (§ 103 SGG) nachzugehen ist. Sie ist in erster Linie auf tatsächlicher Ebene zu beantworten. Somit obliegt es zuvörderst den Tatsacheninstanzen, sich nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und unter Würdigung aller Tatsachen bzw Indizien eine Überzeugung davon zu verschaffen, ob im Einzelfall die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass die Erlangung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war. Ein Rentenversicherungsträger, der vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit seine Annahme, dass eine Versorgungsehe vorliege, verteidigen will, kann deshalb durch das Stellen von Beweisanträgen darauf hinwirken, dass alle Umstände - auch die für eine Versorgungsehe sprechenden Tatsachen bzw Indizien - in die Beweiswürdigung des Gerichts einbezogen werden (aaO - Juris RdNr 19). Im Übrigen hat er bereits im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren (zeitnah) entsprechende eigene Ermittlungen durchzuführen (§ 20 SGB X).

23

3. Die auf § 103 Satz 1 SGG gestützte Verfahrensrüge der Beklagten greift nicht durch. Das LSG musste sich, ausgehend von seiner Rechtsansicht, nach den Umständen des vorliegenden Falls nicht gedrängt fühlen, weiter zu ermitteln. Insbesondere musste es nicht dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag nachgehen, "den damals zuständigen Standesbeamten hinsichtlich der Durchführung der Heirat des Verstorbenen mit der Klägerin, insbesondere dem Inhalt der Vorgespräche, die Daten der Bestellung des Aufgebots, die Motivation zur Heirat zu vernehmen". Es konnte auf die Vernehmung des Zeugen verzichten, ohne gegen das Verbot einer Vorwegnahme der Beweiswürdigung zu verstoßen.

24

a) Das Gericht muss im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) von allen Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen, Gebrauch machen. Von einer Beweisaufnahme darf es nur dann absehen bzw einen Beweisantrag nur dann ablehnen, wenn es auf die ungeklärte Tatsache nicht ankommt, wenn sie also als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, wenn die behauptete Tatsache oder ihr Fehlen bereits erwiesen oder wenn die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist (vgl BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 10; BSG vom 28.5.2008 - B 12 KR 2/07 B - Juris RdNr 11; Senatsurteil vom 6.5.2010 - B 13 R 134/08 R - Juris RdNr 21; BSG vom 7.4.2011 - B 9 SB 47/10 B - Juris RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 8, jeweils mwN). Ferner ist das Gericht nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen (vgl BFH vom 1.2.2007 - VI B 118/04 - Juris RdNr 5; BVerwG vom 13.6.2007 - 4 BN 6/07 - Juris RdNr 10). Unsubstantiiert sind nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch Beweisanträge, die dazu dienen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen, etwa solche, die ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen bestimmter Tatsachen aufgestellt worden sind (vgl BVerwG vom 29.3.1995 - Buchholz 310 § 86 Abs 1 VwGO Nr 266; Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, Vor § 284 RdNr 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl 2011, Einf § 284 RdNr 27).

25

b) Zwar darf eine Tatsachenbehauptung nicht schon dann als unsubstantiiert oder unerheblich behandelt werden, wenn sie nicht auf dem Wissen des Behauptenden, sondern auf einer Vermutung beruht. Denn ein Prozessbeteiligter wird häufig von einer entscheidungserheblichen Tatsache, die sich ihm als möglich oder wahrscheinlich darstellt, keine genaue Kenntnis haben, wozu auch innere Tatsachen (also Vorgänge des Seelenlebens, zB Beweggründe, Überlegungen, Willensrichtungen; vgl hierzu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, Einf § 284 RdNr 20) bei einer anderen Person zählen (vgl BVerwG vom 29.3.1995 - aaO; BGH vom 25.4.1995 - NJW 1995, 2111, 2112; Greger, aaO, Vor § 284 RdNr 5). Daher steht es ihm - insbesondere wenn er von dieser Person keine wahrheitsgemäße Aussage erwartet - frei, andere Zeugen, denen gegenüber die betreffende Person sich über ihre Absichten und Motive geäußert hat, zu benennen und so einen mittelbaren Beweis der inneren Tatsache anzustreben (vgl BGH vom 4.5.1983 - NJW 1983, 2034, 2035; BGH vom 11.2.1992 - NJW 1992, 1899, 1900; BGH vom 30.4.1992 - NJW 1992, 2489). Allerdings muss dann regelmäßig auch dargelegt werden, wie der Zeuge die innere Tatsache bei der anderen Person erfahren hat, die in sein Wissen gestellt wird (vgl BGH vom 30.4.1992 - aaO; Greger, aaO, Vor § 284 RdNr 5). Ausnahmen hiervon sind allerdings denkbar, wenn zB nach der Lebenserfahrung naheliegt, dass eine Person regelmäßig Kenntnis von den bei einer anderen Person eingetretenen inneren Tatsachen hat - etwa im Verhältnis von Ehegatten (vgl BGH vom 4.5.1983 - NJW 1983, 2034, 2035 f).

26

c) Einer "aufs Geratewohl" gemachten oder "ins Blaue hinein" aufgestellten Tatsachenbehauptung braucht das Gericht jedoch nicht nachzugehen (vgl BSG vom 19.9.1979 - 11 RA 84/78 - Urteilsumdruck S 5 - in Juris nur als Kurztext veröffentlicht; Senatsbeschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - Juris RdNr 12; BVerwG vom 29.3.1995 - aaO; BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 21; BGH vom 3.5.2011 - XI ZR 374/08 - Juris RdNr 66; Greger, aaO, Vor § 284 RdNr 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, Einf § 284 RdNr 29). Beweisanträge, die so unbestimmt bzw unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll bzw die allein den Zweck haben, dem Beweisführer, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen zu verschaffen, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen (vgl BSG vom 19.9.1979 - aaO; Senatsbeschluss vom 19.11.2009 - aaO; BVerwG vom 29.3.1995 - aaO; BAG vom 12.7.2007 - AP Nr 168 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, aaO, Einf § 284 RdNr 27; vgl auch BVerfG vom 18.6.1993 - DVBl 1993, 1002, 1003); sie sind als Beweisausforschungs- bzw -ermittlungsanträge auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig.

27

Dies ist vorliegend der Fall. Denn soweit die Beklagte die Vernehmung des damals zuständigen Standesbeamten "insbesondere" zum Inhalt der Vorgespräche und der Motivation der Eheleute beantragt hat, hat sie keine in das Wissen des Standesbeamten gestellten Tatsachen benannt, die belegen könnten, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, für die Klägerin einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung aus der Versicherung des Verstorbenen zu begründen.

28

d) Zu Unrecht bezieht sich die Beklagte auf das Senatsurteil vom 6.5.2010 (B 13 R 134/08 R). Wenn der Senat damals als Verfahrensfehler gewertet hat, dass das LSG den zuständigen Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung nicht vernommen hat, lag dies darin begründet, dass dort die Eheschließung nicht routinemäßig in der neutralen Umgebung des Standesamts, sondern als sogenannte Nottrauung gemäß § 7 Personenstandsgesetz (PersStdG) aF(ab 1.1.2009: § 13 Abs 3 PersStdG) auf einer Krankenstation erfolgte (aaO - Juris RdNr 22 f). Denn durch eine solche Nottrauung soll den Verlobten auch die Möglichkeit eröffnet werden, dem überlebenden Verlobten die mit der Ehe verbundenen materiellen Vorteile zu sichern (vgl Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, Komm Bd 1, Stand Februar 2009, 42. Lieferung, § 5 RdNr 50; Gaaz in Gaaz/Bornhofen, Personenstandsgesetz, Handkomm, 2. Aufl 2010, § 13 RdNr 29; vgl auch BGH vom 13.7.1989 - NJW 1990, 505; OLG Düsseldorf vom 15.10.2003 - FamRZ 2004, 703, 704; Sprau in Palandt, BGB, 70. Aufl 2011, § 839 RdNr 141; hiernach obliegt dem Standesbeamten gegenüber den Verlobten die Amtspflicht, ihnen in Fällen dringender Todesgefahr eine unverzügliche Eheschließung zu ermöglichen. Bei schuldhafter Verletzung dieser Amtspflicht und dem Eintritt eines wirtschaftlichen Schadens haftet er dem Hinterbliebenen nach § 839 BGB iVm Art 34 GG). Schon deshalb ist in derartigen Fällen nicht auszuschließen, dass bei einer solchen Trauung etwaige Versorgungsgesichtspunkte bzw finanzielle Motive zwischen dem Standesbeamten und den Verlobten zur Sprache kommen können.

29

e) Demgegenüber lag hier kein Fall einer Nottrauung vor. Denn die Heirat zwischen der Klägerin und dem Versicherten erfolgte im Standesamt. Hier aber ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, der als Zeuge benannte Standesbeamte könne sich zu den Heiratsmotiven des Versicherten und der Klägerin äußern. Auch hat die Beklagte keine konkreten (greifbaren) Anhaltspunkte dargelegt, woraus sie ihre Annahme herleiten will, die Aussage des damals zuständigen Standesbeamten könne - auch nach einem zeitlichen Abstand von über 6 ½ Jahren zwischen Trauung und Beweisantrag - (weitere) Erkenntnisse zu den Motiven des Versicherten und der Klägerin für die Heirat erbringen.

30

aa) Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, dass das PersStdG vom 4.5.1998 (BGBl I 833) in der hier maßgeblichen bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (aF) den Standesbeamten nicht dazu verpflichtet, die Heiratsmotive zu ermitteln. Vielmehr hat er gemäß § 5 Abs 2 Satz 1 PersStdG aF(vgl ab 1.1.2009: § 13 Abs 1 Satz 1 PersStdG) lediglich zu prüfen, ob der Eheschließung ein materiell-rechtliches Ehehindernis entgegensteht. Ein solches liegt vor, wenn eine der Voraussetzungen für die Eheschließung nicht erfüllt ist, dh die Ehefähigkeit (§ 1303 BGB und § 1304 BGB) nicht gegeben ist oder ein Eheverbot (§ 1306 BGB, § 1307 BGB und § 1308 BGB) vorliegt. Ferner muss der Standesbeamte gemäß § 1310 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 BGB seine Mitwirkung an der Eheschließung verweigern, wenn offenkundig ist, dass die Ehe aus einem der in § 1314 Abs 2 BGB genannten Gründe aufhebbar wäre(Nr 1 aaO: Bewusstlosigkeit oder vorübergehende Störung der Geistestätigkeit iS des § 105 Abs 2 BGB eines Ehegatten bei der Erschließung; Nr 2 aaO: Unkenntnis, dass es sich um eine Eheschließung gehandelt hat; Nr 3 aaO: Eingehung der Eheschließung durch arglistige Täuschung; Nr 4 aaO: Herbeiführung der Eheschließung durch Drohung; Nr 5 aaO: Eingehung einer sog "Scheinehe"). All dies war hier nicht einschlägig (zum Verhältnis von Scheinehe und Versorgungsehe vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - BSGE 103, 91 = SozR 4-2600 § 46 Nr 5, RdNr 25, 43 mwN; vgl auch Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, Komm Bd 1, Stand Februar 2009, 42. Lieferung, § 5 RdNr 47). Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute ihre Heiratsmotive dem Standesbeamten ungefragt offenbart haben, sind nicht ersichtlich.

31

bb) Soweit die Beklagte meint, dass sich im hier zu beurteilenden Fall "besondere Umstände" daraus ergäben, dass zwischen der Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt kurz nach einer ärztlichen Untersuchung, bei der eine - weitere - Verschlechterung des Gesundheitszustands des Versicherten dokumentiert worden sei, und der Vornahme der Trauung lediglich "sechs Tage" gelegen hätten, ist dies nicht zutreffend.

32

Zwar mag der Versicherte zur Zeit der Anmeldung der Eheschließung und Trauung äußerlich bereits von der Krankheit gezeichnet gewesen sein. Jedoch ist weder ersichtlich, dass der zuständige Standesbeamte von einer aktuellen Verschlechterung des Gesundheitszustands oder gar von einer lebensgefährlichen Erkrankung des Versicherten Kenntnis gehabt hätte, noch, dass aus einer solchen etwaigen Kenntnis etwas zum entscheidungserheblichen Beweisthema hätte folgen können.

33

Zwar war der Abstand zwischen Anmeldung beim Standesamt (4.5.2004) und Eheschließung (11.5.2004) kurz; eine gesetzliche Mindest- oder Regelfrist wurde damit aber nicht unterschritten. Denn nach dem 2004 geltenden Personenstandsrecht war eine bestimmte Aufgebotsfrist gesetzlich nicht (mehr) vorgegeben. Aus § 6 Abs 1 Satz 2 PersStdG aF ergab sich lediglich, dass die Anmeldung frühestens sechs Monate vor der Eheschließung erfolgen durfte. Im Übrigen wäre aber selbst die bis zum 30.6.1998 noch geltende (kürzbare) (Mindest-)Aufgebotsfrist von einer Woche (vgl § 3 Satz 2 und 3 PersStdG in der bis dahin geltenden Fassung) nicht unterschritten worden. Denn die Eheschließung am 11.5. erfolgte eine Woche nach deren Anmeldung beim Standesamt am 4.5., sodass selbst nach der bis zum 30.6.1998 geltenden Rechtslage kein (besonderer) Ausnahmefall vorgelegen hätte.

34

4. Nach allem durfte das LSG zu Recht den von der Beklagten gestellten Beweisantrag ablehnen, ohne gegen § 103 SGG zu verstoßen. Anhaltspunkte dafür, dass das LSG die Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG; vgl hierzu BSG vom 8.11.2005 - SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 16; Senatsurteil vom 27.8.2009 - B 13 R 101/08 R - Juris RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 10 ff) überschritten hat, bestehen nicht.

35

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Februar 2015 Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt H aus S beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Das Baden-Württembergische LSG hat mit Urteil vom 26.2.2015 einen Anspruch der Klägerin auf die Feststellung, dass sie durch die Beibringung des verschreibungspflichtigen Medikamentes Haldol durch ihre Mutter Opfer einer Giftbeibringung bzw eines tätlichen Angriffs iS von § 1 Opferentschädigungsgesetz geworden ist und dadurch psychische Gesundheitsstörungen davon getragen hat, verneint. Das LSG hat einen Protokollberichtigungsantrag der Klägerin mit Beschluss vom 11.6.2015 abgelehnt und ausgeführt, das Protokoll sei richtig. Bei Verkündung des Urteils habe eine schriftliche Urteilsformel vorgelegen, die verlesen worden sei; dies sei auch protokolliert worden. Dass die schriftliche Urteilsformel nicht zu den Verfahrensakten genommen worden sei, stelle keine wesentliche Förmlichkeit dar, die das Protokoll unrichtig mache. Das handschriftlich geführte Protokoll mit der Urteilsformel sei nämlich lediglich nicht zu den Gerichtsakten genommen worden, sondern in Anbetracht der umfangreichen, diktierten Zeugenaussage abgetippt und die getippte Version zu den Akten genommen worden.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt, die sie mit dem Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) begründet. Ferner beantragt sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des sie vertretenden Rechtsanwalts. Das angefochtene Urteil des LSG beruhe nach Auffassung der Klägerin auf einem Verfahrensmangel aufgrund eines Verstoßes gegen § 132 Abs 2 S 1 SGG. Nach dieser Vorschrift werde das Urteil durch Verlesen der Urteilsformel verkündet, was voraussetze, dass diese vorher schriftlich niedergelegt worden sei. Eine solche Urteilsformel sei indes vom LSG-Senat nach Schluss der mündlichen Verhandlung weder in der Urteilsberatung noch danach vor der Urteilsverkündung gefertigt worden, da sich ein solches Schriftstück an keiner Stelle der LSG-Akte befinde. Damit sei lückenlos belegt, dass eine schriftliche Urteilsformel nicht gefertigt worden sei, sodass ein Urteil im Rechtssinne nicht vorliege. Zwar sei auf Seite 5 der Sitzungsniederschrift vermerkt: "Nach geheimer Beratung verkündet die Vorsitzende im Namen des Volkes das Urteil durch Verlesen der folgenden Urteilsformel:". Dabei handele es sich allerdings um eine Protokollfälschung iS des § 202 SGG iVm § 165 S 2 ZPO trotz des mittlerweile vorliegenden Beschlusses des LSG vom 15.6.2015 über die Ablehnung des Antrags auf Berichtigung der Niederschrift. Da der dargestellte Verfahrensmangel das Urteil selbst betreffe, beruhe dieses mithin auf ihm. Im Übrigen beruhe das Urteil auch deshalb auf dem Verfahrensmangel, weil das LSG, um ein Urteil wirksam werden lassen zu können, eine erneute Verhandlung hätte anberaumen müssen, in welcher die Klägerin weiter hätte vortragen können, sodass nicht auszuschließen sei, dass sodann ein für sie günstigeres Urteil gefällt werden würde.

3

II. Der Antrag der Klägerin, ihr für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision PKH unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn ua die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist(vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen ist die Beschwerdebegründung nicht gerecht geworden.

6

Die Klägerin rügt als Verfahrensfehler einen Verstoß gegen § 132 Abs 2 S 1 SGG, weil das LSG das Urteil in der mündlichen Verhandlung nicht durch Verlesen der Urteilsformel verkündet habe. Die Urteilsformel sei am Ende der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben worden, ohne vorher schriftlich fixiert worden zu sein. Die im Protokoll der mündlichen Verhandlung vermerkte Verkündung des Urteils durch Verlesen der Urteilsformel stelle eine Protokollfälschung iS des § 202 SGG iVm § 165 S 2 ZPO dar. Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin allerdings weder einen Verfahrensmangel schlüssig dargelegt, noch, dass die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem gerügten vermeintlichen Mangel beruhen kann.

7

Zwar kann ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 132 Abs 2 S 1 SGG einen Verfahrensfehler iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG darstellen. Erst und nur durch die Verkündung wird ein Urteil nach mündlicher Verhandlung wirksam. Das Urteil wird durch Verlesen der Urteilsformel verkündet. Eine wirksame Urteilsverkündung liegt erst vor, wenn die Urteilsformel vollständig verlesen ist (vgl hierzu insgesamt Harks in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 132 RdNr 20 und 24 mwN). Wird die Urteilsformel am Ende der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben, ohne dass sie vorher schriftlich fixiert war, liegt nach Literaturmeinungen zum SGG ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, der so schwerwiegend ist, dass aus der nur mündlich vorgetragenen Urteilsformel kein Urteil im Rechtssinne wird (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zum SGG, 4. Aufl, 96. Lieferung 02/2015, § 132 RdNr 19; Harks in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 132 RdNr 20 und 24 mwN). Für das zivilprozessuale Verfahren hat der BGH entschieden, dass die als "Geburtsakt" des Urteils anzusehende Verkündung bei beiden Formen der Verlautbarung voraussetzt, dass zumindest die Urteilsformel im Zeitpunkt der Verkündung schriftlich niedergelegt ist. Fehlt es hieran, kann weder eine Verlesung des Urteils noch eine Bezugnahme hierauf erfolgen (BGH Urteil vom 16.10.1984 - VI ZR 205/83 - Juris RdNr 15).

8

Die bloße Behauptung einer nicht schriftlich fixierten Urteilsformel genügt den Darlegungserfordernissen für den behaupteten Verfahrensfehler insoweit allerdings nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Nichtvorliegen eines Schriftstückes mit einer unterschriebenen Urteilsformel nicht zur Annahme eines nichtigen Scheinurteils führt (vgl BAG Urteil vom 16.5.2002 - 8 AZR 412/01 - BAGE 101, 145 = AP Nr 61 zu Art 101 GG, Juris RdNr 20). An der Wirksamkeit eines Urteils fehlt es nur dann, wenn den an die Verlautbarung eines Urteils zu stellenden Elementarforderungen nicht genügt ist (vgl BGH Großer Senat vom 14.6.1954 - GSZ 3/54 - BGHZ 14, 39, 44 ff; BGH Beschluss vom 6.12.1988 - VI ZB 27/88 - NJW 1989, 1156, 1157; Harks in Roos/Wahrendorf, aaO, RdNr 23 mwN). Grundsätzlich erbringt die Protokollierung der Verkündung des Urteils nach § 160 Abs 3 Nr 7 ZPO - die Form der Verkündung braucht nicht genannt zu sein - in Verbindung mit der nach § 160 Abs 3 Nr 6 ZPO vorgeschriebenen Aufnahme der Urteilsformel in das Protokoll Beweis dafür, dass das Urteil auch in diesem Sinne ordnungsgemäß, dh auf der Grundlage einer schriftlich fixierten und unterschriebenen Urteilsformel verkündet worden ist(vgl BAG, aaO, Juris RdNr 23 mwN). Gegen diesen die Urteilsverkündung betreffenden Inhalt ist nach § 165 S 2 ZPO grundsätzlich nur der Nachweis der Fälschung zulässig, den die Klägerin mit der bloßen Behauptung einer solchen Fälschung nicht erbracht hat. Im Übrigen kann die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 165 ZPO allenfalls dann entfallen, wenn und soweit sie durch äußere Mängel des Protokolls iS von § 419 ZPO ganz oder teilweise aufgehoben oder gemindert ist. Derartige Mängel müssen aus der Protokollurkunde selbst hervorgehen (vgl BAG, aaO, mwN).

9

Hierzu hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt, dass eine wissentlich falsche Beurkundung durch das LSG vorliegt. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Der Umstand, dass sich nunmehr keine unterschriebene Urteilsformel in der Verfahrensakte befindet, besagt nicht, dass ein derartiges Schriftstück auch im Zeitpunkt der Verkündung des Urteils gefehlt hat. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass sie selbst oder ihr Prozessbevollmächtigter gesehen hätten, wie die Vorsitzende die Verkündung des Urteils ohne Verlesung eines in der Hand gehaltenen Urteilsvermerks vorgenommen habe. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass die gleichfalls anwesenden weiteren Richter und ehrenamtlichen Richter des Senats die Urteilsverkündung ohne Verlesung der Urteilsformel hingenommen hätten. Wenn die Vorsitzende Richterin des LSG das Urteil "durch Verlesen der Urteilsformel" zu verkünden hat (§ 132 Abs 2 S 1 SGG) und in dem "Termin" auch die ehrenamtlichen Richter anwesend sein müssen (§ 132 Abs 1 S 2 und 3 SGG), ist allgemein hinreichend gewährleistet, dass der oder die Vorsitzende keine andere als die bei geheimer Abstimmung zustande gekommene Entscheidung des gesamten Gerichts verkündet; eine Abweichung könnten die Beisitzer verhindern, sodass insoweit eine rechtlich unerlässliche Garantie für eine ordnungsgemäße Verlautbarung gegeben ist (vgl auch BSG Urteil vom 24.11.1976 - 9 RV 104/75 - SozR 1500 § 150 Nr 4 S 14).

10

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft das Verwaltungsprozessrecht und richtet sich gegen die Verwerfung eines Antrags auf Zulassung der Berufung als unzulässig.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin wandte sich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Ausbildungsförderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für zwei jeweils ein Jahr umfassende Bewilligungszeiträume. Die Aufhebung der entsprechenden Bewilligungsbescheide war erfolgt, weil sich im Zeitpunkt der erstmaligen, mündlichen Antragstellung auf einem Konto der Beschwerdeführerin weiteres Vermögen in Höhe von 15.000 Euro befunden hatte, das die Beschwerdeführerin weder bei der mündlichen Antragstellung noch bei der etwa drei Wochen später erfolgten förmlichen Antragstellung unter Verwendung eines entsprechenden Formulars angegeben hatte und das nach Auffassung der zuständigen Behörde die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin im ersten Bewilligungszeitraum ganz und im zweiten Bewilligungszeitraum überwiegend entfallen ließ.

3

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ohne Zulassung der Berufung ab und legte der Beschwerdeführerin die außergerichtlichen Kosten der durch einen Rechtsanwalt vertretenen beklagten Behörde auf. Den Einwand der Beschwerdeführerin, bei den 15.000 Euro habe es sich in der Sache um Vermögen ihrer Eltern gehandelt, die das Geld auf ihren Namen angelegt und das entsprechende Konto verwaltet hätten, um es so vor dem Zugriff ihrer Gläubiger im Falle des Scheiterns ihrer selbstständigen Tätigkeit zu schützen, hielt das Verwaltungsgericht für nicht durchgreifend. Vielmehr kam es nach Einvernahme der Eltern als Zeugen und unter Würdigung der eigenen Angaben der Beschwerdeführerin zu der Überzeugung, die Beschwerdeführerin sei weder aus rechtlichen Gründen an der Verwertung des betreffenden Geldvermögens gehindert noch aufgrund eines Treuhandvertrages einem Herausgabeanspruch ihrer Eltern ausgesetzt gewesen. Das Vermögen war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts der Beschwerdeführerin auch weiterhin zuzurechnen, obwohl sie den Geldbetrag nach der mündlichen Antragstellung ihren Eltern überwiesen hatte, weil die Vermögensverfügung im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck stehe.

4

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machte die Beschwerdeführerin, vertreten durch einen Rechtsanwalt, diverse Einwände gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend, ohne allerdings die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO zu erwähnen. Unter anderem trug sie vor, das Urteil setze sich nicht mit ihren Einwänden auseinander, es berücksichtige die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend, das Gericht hätte im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht das Bestehen eines Treuhandverhältnisses prüfen müssen und hätte auch nicht die besondere Art des Kontos berücksichtigt, zumal ein solchermaßen geführtes Treuhandkonto noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen sei.

5

Das Oberverwaltungsgerichts verwarf den Antrag unter Belastung der Beschwerdeführerin mit den außergerichtlichen Kosten der beklagten Behörde im Berufungszulassungsverfahren mit der Begründung als unzulässig, die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, auf welchen der gesetzlichen Zulassungsgründe der Zulassungsantrag gestützt werden solle. Es sei unklar, ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen zur Begründung des Zulassungsantrags möglicherweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts, besondere Schwierigkeiten der Rechtssache, eine Divergenz der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu den von ihr genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts oder einen Verfahrensmangel geltend machen wolle und welches Vorbringen dem jeweiligen Zulassungsgrund zuzuordnen wäre. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, das Vorbringen der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin den möglicherweise in Betracht kommenden Zulassungsgründen zuzuordnen. Greife der Kläger lediglich inhaltlich in der Art einer Berufungsbegründungsschrift die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung an, so sei es ausgeschlossen, dieses Vorbringen ohne weiteres dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen, da andernfalls die mit dem Zulassungsverfahren verbundenen Darlegungserfordernisse ins Leere liefen.

6

2. Mit ihrer ausschließlich gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, das Oberverwaltungsgericht habe die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung zu erreichen, in nicht mehr vertretbarer Weise erschwert und deshalb Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Ihr Vorbringen hätte zumindest dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet werden müssen. Die Anrechnung der 15.000 Euro als Vermögen der Beschwerdeführerin verstoße zudem gegen Art. 6 GG. Schließlich sehe sie sich auch dadurch in ihrem Justizgewährleistungsanspruch verletzt, dass die Beklagte einen Rechtsanwalt beauftragt habe und ihr diese Kosten auferlegt worden seien.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, denn die von ihr aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerfGE 74, 228 <234>; 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 96, 27 <39>). Sie ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, denn sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet, und hat daher keine Aussicht auf Erfolg. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist deshalb entsprechend § 114 Satz 1 ZPO wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen.

8

1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 6 GG geltend macht und sich gegen die Auferlegung außergerichtlicher Kosten wendet, ist die Verfassungsbeschwerde mangels einer den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig. Was die Belastung mit den außergerichtlichen Kosten der beklagten Behörde betrifft, hat sich die Beschwerdeführerin nicht mit den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts auseinander gesetzt, wonach die Frage, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Beklagte notwendig war, nicht im Rahmen der Kostengrundentscheidung, sondern nach § 162 Abs. 1 VwGO bei der Festsetzung der Höhe der Kosten zu prüfen ist. Vor diesem Hintergrund leuchtet es nicht ein, warum die Beschwerdeführerin durch die Kostengrundentscheidung im Hinblick auf die Rechtsanwaltskosten der Beklagten beschwert sein soll.

9

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Die Beschwerdeführerin ist nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

10

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <231>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 92, 365 <410>; 104, 220 <231>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber mehrere Instanzen, so darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 84, 366 <369 f.>; 104, 220 <231 f.>). Das bedeutet für die Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO, dass die Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags nicht überspannt werden dürfen, so dass die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leer läuft (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 14 m.w.N.). Insbesondere dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalts mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 10; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Juni 2005 - 1 BvR 2615/04 -, juris, Rn. 17).

11

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen ist das Oberverwaltungsgericht gerecht geworden.

12

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat die Anforderung an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht dadurch überspannt, dass es in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 4 S 588/00 -, juris, Rn. 4 ff.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 19 ZB 09.7 -, juris, Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 6 AD 2/08 -, juris, Rn. 2 f.; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 1 L 122/08 -, juris, Rn. 3 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 124 Rn. 49; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 188) für erforderlich gehalten hat, dass das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags zumindest der Sache nach eindeutig einem oder mehreren Zulassungsgründen zuzuordnen ist. Die abschließende Aufzählung von Zulassungsgründen in § 124 Abs. 2 VwGO legt es nahe, dies als Mindestvoraussetzung für eine den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechende Darlegung zu verlangen (zur Verfassungsmäßigkeit von § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 11 f.).

13

Für eine den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist zwar nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich eine der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Ziffern oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es unschädlich, wenn der Antragsteller sein Vorbringen dem falschen Berufungszulassungsgrund zuordnet oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das Oberverwaltungsgericht vielmehr dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Wenn aber aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar. Auch einem durchschnittlichen, nicht auf das Verwaltungsprozessrecht spezialisierten Rechtsanwalts ist es zumutbar, durch einen hinreichend strukturierten Vortrag zumindest der Sache nach deutlich zu machen, welcher gesetzlich normierte Zulassungsgrund geltend gemacht wird.

14

bb) Das Oberverwaltungsgericht war nicht aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG gehalten, das Vorbringen der Beschwerdeführerin durch Auslegung zumindest dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen. Es kann dahinstehen, ob die im Ansatz auch vom Oberverwaltungsgericht vertretene Auffassung, wonach eine entsprechende Auslegung im Hinblick auf die gesetzessystematische Unterscheidung zwischen der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und der Begründung der Berufung (§ 124a Abs. 3, Abs. 6 VwGO) grundsätzlich nicht in Betracht kommen soll, wenn der Antragsteller in der Art einer Berufungsbegründungsschrift die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils angreift (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 19 ZB 09.7 -, juris, Rn. 4; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 1 L 122/08 -, juris, Rn. 4; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 4 S. 588/00 -, juris, Rn. 4 ff.; kritisch Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124a Rn. 90 ), mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist. In jedem Fall ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es das Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall für unklar gehalten hat, welchen Zulassungsgrund die Beschwerdeführerin geltend machen und ob sie sich insbesondere auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO stützen wollte. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin waren überhaupt nicht auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO ausgerichtet. Eine Darlegung der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. dazu BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 16 m.w.N.) war nicht hinreichend klar erkennbar. Die Beschwerdeführerin hat weder hinreichend deutlich tragende Rechtssätze des Verwaltungsgerichts, gegen die sie sich wenden wollte, herausgearbeitet, noch hinreichend konkretisiert, welche Tatsachenfeststellung sie angreift.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.