Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 22. Sept. 2016 - VII ZR 14/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:220916UVIIZR14.16.0
bei uns veröffentlicht am22.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Dezember 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt den Profifußballbereich des Sportvereins 1. Fußball-Club Köln 01/07 e.V. (1. FC Köln). Sie verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel ihrer Lizenzspielermannschaft am 9. Februar 2014 in der 2. Bundesliga gegen den SC Paderborn 07.

2

Der Beklagte besuchte das Fußballspiel mit einer Dauerkarte, die ihm ein Bekannter zur Verfügung gestellt hatte. Er verfolgte die Begegnung vom Oberrang der Nordtribüne im RheinEnergieStadion. In der zweiten Halbzeit zündete er einen Knallkörper, der aufgrund seiner Sprengenergie dem Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn auf den Unterrang, wo er detonierte. Durch die Explosion wurden sieben Zuschauer verletzt.

3

Wegen dieses Vorfalls und vier weiterer vorangegangener Vorfälle bei anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der Klägerin verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) mit Urteil vom 19. März 2014 eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, bestehend aus einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 € sowie einer zur Bewährung ausgesetzten Anordnung, zwei Heimspiele unter teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen. Ferner erteilte es der Klägerin die Bewährungsauflage, insgesamt einen Geldbetrag von 30.000 € für Projekte und Maßnahmen zu verwenden, die der Gewaltprävention sowie der Ermittlung von konkreten Tätern bei den Fußballspielen der Klägerin dienen. Auf diese Bewährungsauflage wurde ein Betrag von 19.961,66 € angerechnet, den die Klägerin bereits zuvor für die Anschaffung eines Kamerasystems aufgewendet hatte. Das Sportgericht bildete die ausgeurteilte Gesamtstrafe in analoger Anwendung des § 54 StGB. Für den vom Beklagten verursachten Vorfall wurde eine Einzelgeldstrafe von 40.000 € festgesetzt, die als Einsatzstrafe unvermindert in die ausgeurteilte Gesamtstrafe einfloss. Die Einsatzstrafe wurde erhöht, indem die weiteren Einzelstrafen zu je 50% hinzuaddiert wurden. Dies ergab einen Wert von 79.000 €, von dem 30.000 € auf die zu leistenden Investitionen entfielen. Der verbleibende Betrag von 49.000 € wurde sodann zu der Gesamtgeldstrafe von 50.000 € aufgerundet.

4

Die Klägerin bezahlte die Geldstrafe. Sie verlangt vom Beklagten Ersatz in Höhe von 30.000 €.

5

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in SpuRt 2016, 83 sowie in MDR 2016, 209 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Zuschauervertrag zustande gekommen sei. Die dem Beklagten hieraus erwachsenen Verhaltenspflichten habe dieser verletzt, indem er einen Knallkörper zündete und ihn auf den Unterrang der Nordtribüne warf. Durch das Zünden des Knallkörpers habe der Beklagte pflichtwidrig das Interesse der Klägerin an einem ungestörten Spielablauf beeinträchtigt. Das Zünden des Knallkörpers habe auch adäquat kausal im Sinne einer Mitverursachung die Verhängung der Verbandsstrafe durch den DFB nach sich gezogen.

8

Es fehle jedoch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Denn die Verhängung der Verbandsstrafe unterfalle nicht mehr dem Schutzzweck der vom Beklagten verletzten Pflichten. Maßgeblich für das Verbot des Zündens von Knallkörpern im Stadion und hierdurch verursachter Spielstörungen sei die besondere Gefährlichkeit von Knallkörpern für die menschliche Gesundheit. Diese vom Beklagten geschaffene Gefahrenlage habe sich hinsichtlich des geltend gemachten Schadens jedoch nicht realisiert. Realisiert habe sich vielmehr das durch die Unterwerfung der Klägerin unter die Regeln des DFB geschaffene Risiko, dass der Verein für sportliche Vergehen seiner Anhänger die Verantwortung zu übernehmen habe und dementsprechend im Rahmen des Verbandes mit Strafen belegt werden könne.

9

Für eine Haftung aus § 826 BGB fehle es an dem dort vorausgesetzten Schädigungsvorsatz des Beklagten. Hierzu gehöre, dass der Schädiger Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen und die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt oder im Sinne eines bedingten Vorsatzes zur Erreichung seines Ziels billigend in Kauf genommen habe. Der Vorsatz müsse sich danach auch auf den Schaden erstrecken, eine nur allgemeine Vorstellung über mögliche Schädigungen genüge nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine hinreichend konkrete Vorstellung von den schädigenden Folgen seines Handelns gehabt habe, und zwar gerade in Bezug auf die Verhängung einer Geldstrafe durch das Sportgericht des DFB.

II.

10

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB nicht verneint werden.

11

1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Zuschauervertrag zustande gekommen ist. Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine ihm aus dem Zuschauervertrag gegenüber der Klägerin erwachsenen Verhaltenspflichten verletzt, indem er einen Knallkörper zündete und diesen auf den Unterrang der Nordtribüne warf. Diese Pflichten ergeben sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl aus der wirksam in den Vertrag einbezogenen Stadionordnung als auch unabhängig hiervon gemäß § 241 Abs. 2 BGB allgemein aus dem Zuschauervertrag (vgl. etwa OLG Rostock, NJW 2006, 1819 = SpuRt 2006, 249). Zutreffend gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Beklagte durch das Zünden des Knallkörpers pflichtwidrig das Interesse der Klägerin an einem ungestörten Spielablauf beeinträchtigt hat.

12

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht schließlich eine adäquate Kausalität des Zündens des Knallkörpers durch den Beklagten für die Verhängung der Verbandsstrafe durch das Sportgericht des DFB bejaht. Insbesondere ist es weder völlig unwahrscheinlich noch ungewöhnlich, dass Fußballclubs im Anschluss an Pyrotechnikvorfälle im Stadion Verbandsstrafen auferlegt werden (vgl. nur Walker, NJW 2014, 119, 120; Kober, Pyrotechnik in deutschen Fußballstadien, 2015, S. 131; Seip, causa sport 2016, 40, 43).

13

2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht jedoch an, es fehle an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem geltend gemachten Schaden und der Pflichtverletzung des Beklagten.

14

a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass nicht jeder adäquat verursachte Schaden zu ersetzen ist. Es entspricht ganz überwiegender Auffassung und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen. Ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt dagegen nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. BGH, Urteile vom 20. Mai 2014 - VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263 Rn. 10; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, NJW 2013, 1679 Rn. 12; vom 6. September 2012 - VII ZR 72/10, NJW 2012, 3371 Rn. 11; vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, NJW 2012, 2024 Rn. 14; vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f., juris Rn. 18, jeweils m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f. m.w.N.). Im Vertragsrecht hat der Schuldner nur für die Einbußen einzustehen, die die durch den Vertrag geschützten Interessen betreffen (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 104 m.w.N.).

15

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Handlung noch weitere Ursachen zu dem eingetretenen Schaden beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn der Schaden erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt auch in derartigen Fällen nur, wenn die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hat, dass der Schaden bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken dagegen in dem Schaden die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 m.w.N.).

16

b) Nach diesen Maßstäben fehlt es nicht an einem Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Die der Klägerin auferlegte Verbandsstrafe stammt aus dem Bereich der Gefahren, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht besteht.

17

aa) Das Berufungsgericht hat - zutreffend - festgestellt, dass sowohl die Vorschriften der Stadionordnung, nach denen unter anderem das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern und das Werfen mit Gegenständen verboten ist, als auch die allgemeine Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Klägerin (auch) dazu dienen, einen ungestörten Spielablauf zu gewährleisten, und dass der Beklagte pflichtwidrig dieses Interesse beeinträchtigt hat.

18

Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ein Zuschauervertrag zum Besuch eines Fußballspiels den Zuschauer, dessen einzige Hauptleistungspflicht in der Zahlung des Eintrittspreises besteht, daneben zur Rücksichtnahme auf das Interesse des Veranstalters an einem ungestörten Ablauf des Fußballspiels verpflichtet. Denn dies ist ein auf der Hand liegendes Hauptinteresse des Veranstalters. Es handelt sich dabei um ein gleichgerichtetes Interesse mit allen Vertragspartnern (Zuschauern), die ebenfalls einen ungestörten Spielablauf erwarten und erwarten können. Eine derartige Rücksichtnahmepflicht belastet den Zuschauer nicht. Er ist lediglich verpflichtet, alles zu unterlassen, was in einen ungestörten Spielablauf eingreifen würde. Derartige Handlungen unterlässt der verständige Zuschauer bereits aus dem eigenen Interesse eines ungestörten Spielablaufs.

19

bb) Die von der Klägerin auf die gegen sie verhängte Verbandsstrafe geleistete Zahlung steht in dem notwendigen inneren Zusammenhang mit der Störung des Spielablaufs. Bei dieser Bewertung und den daraus abgeleiteten rechtlichen Folgerungen handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 47/14, WRP 2016, 489 Rn. 33).

20

Die hier in Rede stehende Verbandsstrafe ist eine für den Veranstalter nicht zu vermeidende Folge gravierender Störungen des Ablaufs eines Fußballspiels. Denn ihm ist die Durchführung eines Profi-Fußballspiels im Rahmen eines Wettbewerbs (hier: 2. Bundesliga) nur mit Hilfe einer übergeordneten Organisation wie eines Verbandes möglich. Die Klägerin konnte somit nicht ohne eine durch ihre Mitgliedschaft in dem Verband der deutschen Profifußballvereine vermittelte Unterwerfung unter die Statuten des DFB ein Fußballspiel der 2. Bundesliga durchführen und den Zuschauern den Besuch anbieten. Die Organisation oder der Verband, der die Rahmenbedingungen festlegt, hat das gleichgerichtete Interesse mit dem Veranstalter des einzelnen Spiels und den verständigen Zuschauern an einem ungestörten Spielablauf. Um dies durchzusetzen, bedient sich der Verband unter anderem des Mittels der Verbandsstrafe für schuldhafte Störungen durch Zuschauer; dieses ist geeignet, präventiv direkt auf die Vereine oder Veranstalter und indirekt auf ihre Fans einzuwirken, damit es zu solchen Störungen nicht kommt.

21

Die Verurteilung durch das Sportgericht des DFB erfolgte auf der Grundlage von § 9a Nrn. 1 und 2 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. Hiernach sind Vereine und Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich; der gastgebende Verein und der Gastverein bzw. ihre Tochtergesellschaften haften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art. Damit beruht die ausgesprochene Strafe direkt auf der Störung durch den Beklagten. Sie ist gerade nicht nur "zufällig" aus Anlass der Störung verhängt worden (so aber im Ergebnis Pfister, SpuRt 2014, 10, 11 f., da die Strafe die Sorgfaltspflichtverletzung der Vereine sanktioniere und vor allem dazu diene, sie zu besseren Sicherungsmaßnahmen anzuhalten; LG für ZRS Wien, SpuRt 2012, 198 f. zur Österreichischen Fußballbundesliga). Ihr materieller Grund ist die hier vom Beklagten verursachte Spielstörung. Ihr Zweck ist dementsprechend auch ausweislich des dem Urteil des Sportgerichts zugrundeliegenden Antrags des Kontrollausschusses des DFB, zukünftiges Zuschauerfehlverhalten auszuschließen oder zumindest zu minimieren; dieses Ziel würde auch gefördert, wenn potentielle Täter damit zu rechnen hätten, solche Strafzahlungen ersetzen zu müssen.

22

Dem Zuschauervertrag kann nicht durch (ergänzende) Vertragsauslegung entnommen werden, trotz dieser Umstände hafte der Zuschauer für den hier eingetretenen Schaden ausnahmsweise nicht. Einen solchen Ausschluss hätten die Parteien redlicherweise, hätten sie den Fall bedacht, nicht vereinbart. Der Veranstalter, der selbst ein spielstörendes Verhalten des Zuschauers nicht sicher verhindern kann, hat ein berechtigtes Interesse daran, dass die Folgen, denen er sich nicht entziehen kann, von dem Störer getragen werden. Ein redlicher und verständiger Zuschauer hätte sich auf eine solche umfassende Haftung eingelassen. Denn ohne eine Handlung, die den Spielablauf zu stören geeignet ist, droht ihm eine derartige Haftungsfolge nicht. Er kann sie ohne weiteres vermeiden. Ihm ist beim Abschluss des Zuschauervertrages zudem klar, dass ein Veranstalter einen Zuschauer gar nicht erst zuließe, der nicht bereit wäre, für sich selbst eine solche Handlung auszuschließen.

23

Der Zurechnungszusammenhang kann auch nicht mit der Erwägung verneint werden, die Klägerin hätte die Geldstrafe nicht zahlen müssen, weil § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB unwirksam sei (allgemein zum Diskussionsstand: Walker, NJW 2014, 119; 120 ff.; Kober, Pyrotechnik in deutschen Fußballstadien, 2015, S. 126 ff.; Müller-Eiselt, Die Gewährleistung der Sicherheit bei Fußballspielen, 2015, S. 219 ff., 267; M. Fröhlich/H.-W. Fröhlich, causa sport 2015, 157, 158 f.; Scheuch, SpuRt 2016, 58, 61, jeweils m.w.N.). Hierauf kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil ihre Entscheidung zur Zahlung der Geldstrafe durch das vertragswidrige Verhalten des Beklagten herausgefordert worden ist und keine ungewöhnliche oder unsachgemäße Reaktion hierauf darstellt (vgl. BGH, Urteile vom 23. November 2006 - I ZR 276/03, WM 2007, 1192 Rn. 23; vom 7. März 2002 - VII ZR 41/01, NJW 2002, 2322, 2323, juris Rn. 27 m.w.N).

24

Verurteilungen auf dieser Grundlage erfolgen regelmäßig und werden von den betroffenen Vereinen auch befolgt (vgl. Walker, NJW 2014, 119, 124). Sowohl in der deutschen als auch in der internationalen Verbandsschiedsgerichtsbarkeit ist die Zulässigkeit dieser und vergleichbarer Normen, nach denen der Verein für ein schuldhaftes Verhalten der Zuschauer einzustehen hat, anerkannt worden (Ständiges Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen, Urteil vom 14. Mai 2013, SpuRt 2013, 200; TAS/CAS, Schiedsspruch vom 20. April 2007 - CAS 2007/A/1217 - Feyenoord Rotterdam v/ UEFA, SpuRt 2007, 164). Aus diesen Gründen kann es der Klägerin auch nicht zum Mitverschulden gereichen, dass sie die Strafe gezahlt hat, ohne Rechtsmittel gegen die Verurteilung auf der Grundlage dieser Norm einzulegen.

25

cc) Die Bedenken des Berufungsgerichts greifen demgegenüber nicht durch.

26

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht der Umstand, dass es nicht bei jedem Verstoß eines Zuschauers gegen seine Verhaltenspflichten zu einem Vermögensschaden in Form einer Verbandsstrafe auf Seiten der Klägerin kommt, nicht gegen die Zurechenbarkeit eines solchen Schadens. Dass es im Einzelfall zunächst ungewiss ist und von der Entscheidung des Sportgerichts des DFB abhängt, ob und welche Strafe verhängt wird, ändert nichts daran, dass gerade das Verhalten des störenden Zuschauers diesen Schaden angelegt hat. Es entspricht generell dem Schadensrecht, dass es häufig vom Zufall abhängt, ob Pflichtverletzungen zu einem Vermögensschaden führen, der zu ersetzen ist.

27

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spielt es auch keine Rolle, ob der Beklagte bewusst das Risiko übernommen hat, dass die Klägerin mit einer Verbandsstrafe belegt wird. Unzutreffend ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die in der Stadionordnung enthaltene Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände einen Hinweis darauf liefere, die Klägerin sei davon ausgegangen, bei einem Verstoß keine weiteren Ansprüche auf Schadensersatz zu haben. Dieser Rückschluss ist schon deshalb unzulässig, weil, wie das Berufungsgericht selbst feststellt, die Stadionordnung zudem den Hinweis enthält, dass weitere Schadensersatzansprüche von der Vertragsstrafe unberührt bleiben.

III.

28

Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat das Berufungsgericht die weiteren Angriffe des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts nicht geprüft und hierzu keine Feststellungen getroffen.

29

Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

30

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

31

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1, 2 Satz 2, § 278 Satz 1 BGB kann bereits aus Rechtsgründen weder auf eine vom Beklagten behauptete ungenügende, oberflächliche Kontrolle beim Betreten des Stadions durch von der Klägerin eingesetzte Ordner noch darauf gestützt werden, ein Ordner hätte ihn bereits in der ersten Halbzeit des Spiels aufgrund seines Verhaltens des Stadions verweisen müssen. Denn im Verhältnis zum Beklagten bestand für die Klägerin weder eine Verpflichtung noch eine Obliegenheit, Handlungen vorzunehmen, die ihn von Störungen des Spiels abhielten. Eine solche Beaufsichtigung oder Kontrolle darf ein Zuschauer nicht erwarten; er benötigt sie nicht, um Spielstörungen ohne weiteres unterlassen zu können. Eingesetzte Ordner sind deshalb keine Personen, derer sich die Klägerin zur Erfüllung einer Obliegenheit im Sinne einer gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechenden Anwendung von § 278 Satz 1 BGB gegenüber dem Beklagten bedient hat (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2013 - VII ZR 257/11, BGHZ 197, 252 Rn. 20-22; vom 14. Juli 2016 - VII ZR 193/14 Rn. 16-18).

32

Sollte es hierauf noch ankommen, wird die Zurückverweisung dem Berufungsgericht auch die Gelegenheit geben, erneut eine Haftung nach § 826 BGB zu prüfen. Mit der bisher gegebenen Begründung kann eine solche Haftung nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat einerseits festgestellt, dass auch dem Beklagten nicht entgangen sein dürfte, dass der DFB dem Verein bei entsprechenden Vorfällen eine Verbandsstrafe auferlegen kann. Andererseits sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine hinreichend konkrete Vorstellung von den schädigenden Folgen seines Handelns gehabt habe, und zwar gerade in Bezug auf die Verhängung einer Geldstrafe durch das Sportgericht des DFB. Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nicht erkennen, inwiefern dies bei dem Beklagten nicht der Fall gewesen sein soll. Denn es bedarf zwar der Feststellung, dass der bedingte Schädigungsvorsatz die gesamten Schadensfolgen umfasst hat. Dabei braucht sich der Schädiger den genauen Kausalverlauf allerdings nicht vorgestellt und den Umfang sowie die Höhe des Schadens nicht vorausgesehen zu haben (BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 213/86, NJW 1987, 3205, 3206, juris Rn. 18 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird, wenn es nach nochmaliger Überprüfung die bei dem Beklagten vorhandene Kenntnis von den möglichen Schadensfolgen für ausreichend erachten sollte, sodann zu prüfen haben, ob der Beklagte diese bei seinem Handeln billigend in Kauf genommen hat. Hierbei kann eine Rolle spielen, mit welcher Wahrscheinlichkeit er mit dem Eintritt des Schadens gerechnet hat. Außerdem können die übrigen Umstände seines konkreten Handelns zu berücksichtigen sein.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des Bundesgerichtshofes kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim Bundesgerichtshof Einspruch einlegen. Der Einspruch muss von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.

Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;

2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

Eick                       Halfmeier                    Jurgeleit

           Graßnack                        Sacher

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2017 - VII ZR 62/17

bei uns veröffentlicht am 09.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 62/17 Verkündet am: 9. November 2017 Mohr, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

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aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Dies gilt unabhängig davon, auf welche Bestimmung die Haftung gestützt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 140 f.; vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, VersR 2012, 905 Rn. 14; BGH, Urteile vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 14. März 2006 - X ZR 46/04, NJW-RR 2006, 965 Rn. 9; vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; MünchKommBGB /Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 122, 124; MünchKommBGB/Wagner, aaO Rn. 366 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f.). Die Schadensersatzpflicht hängt zum einen davon ab, ob die verletzte Bestimmung überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört. Zum anderen muss geprüft werden, ob die Bestimmung das verletzte Rechtsgut schützen soll. Darüber hinaus muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken ; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (BGH, Urteil vom 14. März 2006 - X ZR 46/04, NJW-RR 2006, 965 Rn. 9; MünchKommBGB/Oetker, aaO, § 249 Rn. 122, 124; Palandt/Grüneberg, aaO). Daran fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist. Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 141; vom 7. Juni 1968 - VI ZR 1/67, VersR 1968, 800, 802 f.; vom 13. Juli 1971 - VI ZR 165/69, NJW 1971, 1982 f.; vom 16. Februar 1972 - VI ZR 128/70, BGHZ 58, 162, 169 f.; vom 4. Mai 1993 - VI ZR 283/92, VersR 1993, 843, 844; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263, Rn. 17; MünchKomm/Oetker, aaO, § 249 Rn. 194; Staudinger/Schiemann, aaO Rn. 89; H. Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 3 X 4; Rüßmann in jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 249 BGB Rn. 35 f.; J. Lange/Schmidbauer in jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 823 BGB Rn. 57; Palandt /Grüneberg, aaO, vor § 249 Rn. 54; Coester-Waltjen, Jura 2001, 412, 413). Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 - VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273, 1274; vom 6. Mai 2003 - VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128, 1130; BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332, jeweils mwN).
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b) Die vom Kläger geltend gemachten Unfallfolgen fallen auch in den Schutzbereich der von der Beklagten verletzten Vorschriften. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 140 ff.; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 364; vom 7. Juni 1968 - VI ZR 1/67, VersR 1968, 800, 802 f. und vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, VersR 2012, 905 Rn. 14; BGH, Urteile vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f. mwN). Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen ; ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 - VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273, 1274; vom 6. Mai 2003 - VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128, 1130; BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332, jeweils mwN). Diese Frage ist nicht nur in Fällen der Haftung aus der Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB) zu stellen , sondern auch für § 823 Abs. 1 BGB und § 7 StVG. Dem Täter sollen nur solche Folgen zugerechnet werden, die durch den Gebots- und Verbotszweck der Norm verhindert werden sollen. Hiernach sind Sinn und Tragweite der verletzten Norm zu untersuchen, um zu klären, ob der geltend gemachte Schaden durch diese Norm verhütet werden sollte.
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(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420 f.; Palandt/ Grüneberg, BGB, 71. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f. mwN). Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 - VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273, 1274; vom 6. Mai 2003 - VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128, 1130; BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332, jeweils mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 163/02 Verkündet am:
11. Januar 2005
Weschenfelder
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 651 g Abs. 1

a) Für eine Reisemängelrüge gemäß § 651 g Abs. 1 BGB reicht es aus, daß
der Reisende erklärt, den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen zu wollen,
und dabei die Mängel nach Ort, Zeit, Geschehensablauf und Schadensfolgen
so konkret beschreibt, daß der Reiseveranstalter die zur Aufklärung
des Sachverhalts gebotenen Maßnahmen zur Wahrung seiner Interessen
ergreifen kann.

b) Die Ausschlußfrist von einem Monat nach § 651 g Abs. 1 BGB ist jedenfalls
gewahrt, wenn der Reisende seine Mängelrüge bei dem Reisebüro, über
das er die Reise gebucht hat, abgibt und sie von diesem innerhalb der Monatsfrist
an den Reiseveranstalter weitergeleitet wird.
BGH, Urt. v. 11. Januar 2005 - X ZR 163/02 - OLG Celle
LG Hannover
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das am 19. Mai 2002 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz und die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen einer Verletzung, die sie auf der Rückreise von einem bei der Beklagten gebuchten Pauschalurlaub erlitten hat.
Für den Zeitraum vom 15. bis 29. Juli 2000 buchte die Klägerin für sich und ihre damals 17 Jahre alte Tochter bei der Beklagten eine Pauschalreise nach G. mit Rückflug nach M. . Am Rückreisetag
wurde der Klägerin am Abfertigungsschalter für den vorgesehenen Flug in der Abflughalle des Flughafens mitgeteilt, daß in dieser Maschine nur noch ein freier Platz zur Verfügung stehe. Es könne daher nur entweder die Klägerin oder ihre Tochter zurück nach M. fliegen; die nächste verfügbare Flugmöglichkeit für zwei Personen zu diesem Flughafen sei erst 24 Stunden später. Die Klägerin war nur bereit, mit ihrer Tochter zu fliegen. Ein Schalterangestellter teilte ihr daraufhin mit, daß in Kürze ein Flug einer anderen Fluggesellschaft nach P. starte, auf dem noch Plätze für die Klägerin und ihre Tochter frei seien. Die Klägerin war mit dieser Alternative einverstanden. Der Schalterangestellte mahnte zur Eile, da der Flug nach P. nur noch wenige Minuten für weitere Reisende geöffnet sei. Er lief im Dauerlauf zu dem Abfertigungsschalter für den Flug nach P. auf der anderen Seite der Abflughalle voraus. Die Klägerin und ihre Tochter folgten ihm, jeweils mit ihrem Gepäck. Während des Laufens rutschte die Klägerin aus. Als Folge wurden bei ihr ein Gelenkerguß, eine Zerrung des rechten Kniegelenks mit Teilruptur des vorderen Kreuzbandes und ein unfallbedingter Knorpeldefekt an der medialen Condyle festgestellt.
Die Klägerin ist auch nach einer Operation nicht endgültig genesen und weiterhin zu 100 % arbeitsunfähig. Im Laufe des Berufungsverfahrens verlor die Klägerin, die vor dem Unfall als Altenpflegerin tätig gewesen ist, ihren Arbeitsplatz durch Kündigung des Arbeitgebers wegen Krankheit.
Am 2. August 2000 gab die Klägerin in dem Reisebüro, bei dem sie die Reise mit der Beklagten gebucht hatte, ein handschriftliches Schreiben ab, in dem das Geschehen bei ihrem Rückflug unter Nennung von Zeit und Ort geschildert sowie die zum damaligen Zeitpunkt eingetretenen Unfallfolgen mit
Angabe des behandelnden Arztes aufgeführt waren. Es schließt mit dem Satz: "Durch diese Situation sind wir nicht bereit, dieses Verhalten auf sich beruhen zu lassen."
Das Reisebüro leitete das Schreiben der Klägerin noch am 2. August 2000 an die Beklagte weiter.
Die Klägerin meint, die Beklagte hafte für ihren Unfall auf dem Flughafen von G. , weil sie zuvor vertragswidrig die Klägerin und ihre Tochter nicht mit dem geschuldeten Flug nach M. transportiert habe. Die Klägerin begehrt deshalb ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,-- DM, bezifferten Ersatz verschiedener materieller Schäden und die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus ihrer Unfallverletzung zu ersetzen.
Die Beklagte ist der Auffassung, daß die Klägerin ihre Ansprüche nicht rechtzeitig gemäß § 651 g BGB geltend gemacht habe, so daß sie damit ausgeschlossen sei. Außerdem hafte sie für den Unfall der Klägerin nicht, weil sich insoweit deren allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Verletzungsschaden der Klägerin sei der Beklagten nicht adäquat zurechenbar; vielmehr habe sich nur das allgemeine Lebensrisiko der Klägerin verwirklicht. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung bestätigt, soweit die Klägerin Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes begehrt hat. Im übrigen hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Beklagte dem Grunde nach ver-
pflichtet sei, der Klägerin alle materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Verletzung am 29. Juli 2000 entstanden seien.
Mit der Revision beantragt die Beklagte, das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist. Die Klägerin tritt diesem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsurteil hat Bestand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die Ausschlußfrist für die Anmeldung reisevertraglicher Ansprüche (§ 651 g Abs. 1 BGB) sei gewahrt.

a) Regelungszweck dieser Bestimmung ist, dem Reiseveranstalter alsbald Kenntnis davon zu geben, daß von einem seiner Reisenden Ansprüche geltend gemacht und worauf diese gestützt werden. Dadurch wird dem Reiseveranstalter ermöglicht, unverzüglich am Urlaubsort Recherchen über die behaupteten Reisemängel anzustellen, etwaige Regreßansprüche gegen seine Leistungsträger geltend zu machen und gegebenenfalls seinen Versicherer zu benachrichtigen (vgl. BGHZ 90, 363, 367 f.; 102, 80; Tempel, NJW 1987, 2841). Es ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, daß der Reisende deutlich macht, Forderungen gegen den Reiseveranstalter stellen zu wollen
und die Mängel nach Ort, Zeit, Geschehensablauf und Schadensfolgen so konkret beschreibt, daß der Reiseveranstalter Maßnahmen der geschilderten Art zur Wahrung seiner Interessen ergreifen kann. Nicht erforderlich ist dagegen die rechtliche Einordnung oder eine Bezifferung der erhobenen Ansprüche.

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 2. August 2000 innerhalb der Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 BGB erhalten. Dieses Schreiben enthält unter Nennung von Zeit und Ort eine Schilderung des Geschehens am Flughafen, das zu dem Unfall der Klägerin führte, und teilt die zum damaligen Zeitpunkt eingetretenen Unfallfolgen unter Angabe des behandelnden Arztes mit. Das Schreiben endet mit dem Satz: "Durch diese Situation sind wir nicht bereit, dieses Verhalten auf sich beruhen zu lassen." Damit wurde der Sachverhalt dem Reiseveranstalter so konkret vorgetragen, daß er in eine Sachprüfung eintreten konnte. Er mußte den Schlußsatz des klägerischen Schreibens auch dahingehend verstehen, daß von der Klägerin Ansprüche geltend gemacht wurden. Denn wenn der Reiseveranstalter nach Reiseende ein Schreiben des Reisenden erhält, in dem erhebliche Mängel oder im Zusammenhang mit der Reise eingetretene gravierende Schäden konkret geschildert werden, ist dies nach der Lebenserfahrung jedenfalls dann im Sinne einer Forderung nach finanzieller Entschädigung auszulegen , wenn der Reisende wie hier unmißverständlich erklärt, den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen zu wollen. Es ist dem Reiseveranstalter zumutbar und von ihm zu erwarten, insoweit etwa bestehende Zweifel durch Rückfrage beim Reisenden zu beseitigen (vgl. Tempel, aaO, 2847).
2. Die Beklagte ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gemäß § 651 f BGB zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet, die der Kläge-
rin entstanden sind, weil die Beklagte die Rückflugleistung nicht vertragsgemäß erbracht hat. Da die Fluggesellschaft ihr Erfüllungsgehilfe bei der Erbringung reisevertraglicher Leistungen ist, muß die Beklagte insoweit für sie einstehen. Die Beklagte hat den ihr zum Ausschluß ihrer Haftung obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Der eingeklagte Verletzungsschaden ist auch noch zurechenbar durch die mangelhafte Rückflugleistung verursacht, so daß die Ersatzpflicht der Beklagten festzustellen war.

a) Die Beklagte hat die Verletzung der Klägerin äquivalent verursacht. Denn bei vertragsgemäßer Leistung der Beklagten hätte die Klägerin sich nicht mit Gepäck durch die Abflughalle zu einem anderen Schalter bewegen müssen und hätte sich dabei auch nicht verletzen können. Um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu vermeiden, hat sie die Rechtsprechung allerdings schon seit langem durch weitere Zurechnungskriterien eingeschränkt. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind als solche Kriterien die Adäquanz des Kausalverlaufs und der Schutzzweck der Norm anerkannt (vgl. nur BGH, Urt. v. 11.11.1999 - III ZR 98/99, NJW 2000, 947).

b) Adäquat ist eine Bedingung dann, wenn das Ereignis im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen (vgl. nur BGH, Urt .v. 04.07.1994 - II ZR 126/94, NJW 1995, 126, 127; BGHZ 57, 137, 141; st. Rspr.). Adäquanz kann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt (BGH, Urt. v. 07.01.1993 - IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587, 1589). Mit diesem
Inhalt wirkt die Adäquanzlehre nur als recht grober Filter zur Beschränkung der Zurechenbarkeit.
Bei Anwendung dieses Maßstabes liegt es noch nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge, daß nach Wegfall einer vereinbarten Rückflugmöglichkeit die Fluggesellschaft nach einem Ersatzflug sucht, für einen solchen die Zeit knapp wird und der betroffene Fluggast dann infolge von Hektik oder Unachtsamkeit stürzt. Die Reaktion der Klägerin war nicht derart ungewöhnlich oder unsachgemäß, daß sie den Zurechnungszusammenhang zur Pflichtverletzung der Beklagten nach der Adäquanzlehre unterbrochen hätte.

c) Eine vertragliche Haftung besteht schließlich nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Diese Haftungsbegrenzung aufgrund des Schutzzwecks der Norm erfordert eine wertende Betrachtung und gilt gleichermaßen für die vertragliche wie die deliktische Haftung (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1994 - IX ZR 116/93, NJW 1995, 449; Urt. v. 04.07.1994 - II ZR 126/93, NJW 1995, 126; BGHZ 116, 209; Urt. v. 30.01.1990 - XI ZR 63/89, NJW 1990, 2057). Zweck vertraglicher und damit auch reisevertraglicher Haftung ist nicht, den Ersatzberechtigten von seinem allgemeinen Lebensrisiko zu entlasten. Für Schäden, die aufgrund des allgemeinen Lebensrisikos eintreten, wird deshalb auch dann nicht gehaftet, wenn sie im Zusammenhang mit einem haftungsbegründenden Ereignis eintreten (vgl. etwa BGH, Urt. v. 13.07.1971 - VI ZR 165/69, NJW 1971, 1982, 1983).
Das Berufungsgericht erkennt zutreffend, daß Sturzschäden grundsätzlich dem normalen Lebensrisiko zuzuordnen sind. Es meint jedoch, die Mitar-
beiter der Fluggesellschaft hätten als Erfüllungsgehilfen der Beklagten durch Nichtgewährung der ursprünglich versprochenen Flugmöglichkeit ein Verhalten der Klägerin herausgefordert, durch das sie in eine gesteigerte Gefahrenlage geraten sei; nachdem die Beklagte so ein vergrößertes Risiko geschaffen habe , sei sie auch für diejenigen Folgeschäden verantwortlich, die die Klägerin bei dem so veranlaßten Verhalten im Rahmen des normalen Lebensrisikos erlitten habe. Dazu gehören nach Auffassung des Berufungsgerichts auch die materiellen Schäden aus dem Sturz. Diese Ausführungen halten zwar nicht in allen Elementen der Begründung, wohl aber im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

d) Der Lauf durch die Abflughalle war ein willentliches, selbstgefährdendes Handeln der Klägerin, das ein deutlich erhöhtes Sturzrisiko bewirkte. Für den Bereich der unerlaubten Handlung hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung in den sogenannten Herausforderungs- und Verfolgungsfällen klargestellt, daß eine deliktische Haftung besteht, wenn das selbstgefährdende Verhalten durch vorwerfbares Tun herausgefordert wurde und der geltend gemachte Schaden infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist (BGHZ 132, 164; BGH, Urt. v. 04.05.1993 - VI ZR 283/92, NJW 1993, 2234). Diese zur Abgrenzung von Haftung und allgemeinem Lebensrisiko im Deliktsrecht entwickelten Grundsätze gelten ebenso bei der Anwendung der Schutzzwecklehre im Vertragsrecht.

e) Die Klägerin hat sich in einer gesteigerten Gefahrenlage verletzt, die auf vorwerfbares Tun der Erfüllungsgehilfen der Beklagten zurückzuführen war. Mangels Entlastungsbeweises vorwerfbar war der Beklagten zwar zunächst nur die fehlende Bereitstellung der vertragsgemäßen Rückflugleistung. Durch die-
se Pflichtwidrigkeit ist für die Klägerin noch kein gesteigertes Risiko eines Sturzes bei einem Lauf mit Gepäck durch die Abflughalle geschaffen worden. Die Mitteilung der Fluggesellschaft, daß der gebuchte Flug nicht angetreten werden kann, veranlaßt einen Reisenden nicht zu einem Lauf durch die Abflughalle mit Gepäck.
Die Klägerin wurde zu dem risikobehafteten Lauf vielmehr veranlaßt, weil sie von dem Mitarbeiter der Fluggesellschaft auf die kurzfristige anderweitige Flugmöglichkeit nach P. hingewiesen wurde. Dieser Hinweis auf anderweitige Flugmöglichkeiten war zwar im Interesse der Klägerin geboten, die deutlich gemacht hatte, nicht auf den nächsten Flug nach M. warten zu wollen. Die Klägerin hätte gegenüber der Beklagten die Verletzung einer vertraglichen Sorgfaltspflicht geltend machen können, wenn der Hinweis auf die andere Flugmöglichkeit unterblieben wäre.
Die Klägerin und ihre Tochter sollten den angebotenen Flug nach P. allerdings anstelle des geschuldeten Fluges nach M . als Erfüllung der vertraglichen Rückflugleistung annehmen. Damit hat die Beklagte durch ihre Erfüllungsgehilfen eine Leistung an Erfüllung statt angeboten. Dabei hat sie dieselben Sorgfaltsmaßstäbe zu beachten wie bei der ursprünglich geschuldeten Leistung. Sie mußte den Alternativflug insbesondere so anbieten , daß die Klägerin dadurch nicht in eine gesteigerte Gefahrenlage geriet. Die Beklagte hatte der Klägerin vielmehr durch angemessene Hilfe zu ermöglichen , den anderen Flug gefahrlos zu erreichen. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt wurde diese Hilfe nicht gewährt. Das die Klägerin zum Nachlaufen animierende Vorauslaufen des Mitarbeiters der Fluggesellschaft setzte die Klägerin vielmehr einem erhöhten Sturzrisiko aus. Es ist nicht
ersichtlich, daß die Erfüllungsgehilfen der Beklagten die ihnen zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätten, um der Klägerin ein problemloses Erreichen des Ausweichfluges zu ermöglichen. Unter diesen Umständen haftet die Beklagte für die materiellen Schäden der Klägerin infolge ihres Sturzes. Diese Haftung ergibt sich aus der Beklagten vorwerfbarem Verhalten bei der Bereitstellung des Ausweichfluges, nicht jedoch, wie das Berufungsgericht meint, schon aus der Nichtgewährung der vereinbarten Flugmöglichkeit.

f) Auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts hat das Berufungsgericht auch ein Mitverschulden der Klägerin rechtsfehlerfrei verneint. Das ist von der Revision nicht beanstandet worden.
3. Die gegen die Tenorierung des Berufungsurteils erhobene Rüge greift ebenfalls nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann über eine unbezifferte Feststellungsklage zwar nicht durch Grundurteil entschieden werden (BGH, Urt. v. 04.10.2000 - VIII ZR 109/99, NJW 2001, 155 m.w.N.). Die Auslegung des Berufungsurteils ergibt aber, daß es als Feststellungsurteil zu verstehen ist. Die Worte "dem Grunde nach" im Feststellungsausspruch sind bedeutungslos.
4. Das angefochtene Urteil hat somit Bestand. Die Revision ist zurückzuweisen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
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a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Verletzungshandlung noch weitere Ursachen zur Rechtsgutsverletzung beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsgutsverletzung erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen allerdings, wenn die zweite Ursache - das Eingreifen des Dritten - den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken in der Rechtsgutsverletzung dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. April 1955 - III ZR 161/53, BGHZ 17, 153, 159; vom 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 11 ff.; vgl. auch MünchKomm/BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 141 ff., 157 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn. 35, 58 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, Vorb. v. § 249 Rn. 33 ff.).

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

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aa) Zutreffend ist insoweit allerdings der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts, der von der Klägerin geltend gemachte Schaden hätte nicht ohne ihren freien Entschluss entstehen können, Klage gegen die S. Ltd. vor dem Landgericht Köln zu erheben. Das hat indes bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im Streitfall entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zur Folge, dass der zum Schadensersatz verpflichtende Zusammenhang zwischen mangelbehafteter Auskunft und Schaden fehlt. Dabei ist zwar die Ermittlung der in die Betrachtung einzubeziehenden Gesamtumstände eine tatrichterliche Aufgabe. Bei der Bewertung dieser Gesamtumstände und den daraus abgeleiteten rechtlichen Folgerungen handelt es sich jedoch um eine Rechtsfrage, die der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt.
23
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verletzter denjenigen Schaden, der ihm durch eine Handlung entstanden ist, die auf einer von ihm selbst getroffenen Willensentscheidung beruht, dann ersetzt verlangen , wenn die Handlung durch ein rechtswidriges Verhalten eines anderen herausgefordert worden ist und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses Verhalten darstellt (vgl. BGHZ 57, 25, 28 ff.; BGH, Urt. v. 4.7.1994 – II ZR 126/93, NJW 1995, 126, 127; Urt. v. 20.10.1994 – IX ZR 116/93, NJW 1995, 449, 451; Urt. v. 17.10.2000 – X ZR 169/99, NJW 2001, 512, 513; Urt. v. 7.3.2002 – VII ZR 41/01, NJW 2002, 2322, 2323). Bei Aufwendungen kommt eine Ersatzpflicht dann in Betracht , wenn ein wirtschaftlich denkender Mensch sie für notwendig erachten durfte , um einen konkret drohenden Schadenseintritt zu verhüten (vgl. BGHZ 123, 303, 309 m.w.N.).

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 193/14 Verkündet am:
14. Juli 2016
Klein,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beauftragt der Besteller einen Architekten mit der Objektplanung für ein Gebäude
und einen weiteren Architekten mit der Planung der Außenanlagen zu
diesem Objekt, trifft ihn grundsätzlich die Obliegenheit, dem mit der Planung der
Außenanlagen beauftragten Architekten die für die mangelfreie Erstellung seiner
Planung erforderlichen Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hat
der mit der Objektplanung beauftragte Architekt diese fehlerhaft erstellt, muss
sich der Besteller dessen Verschulden gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB
im Verhältnis zu dem mit der Planung der Außenanlagen beauftragten Architekten
zurechnen lassen (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Mai 2013
- VII ZR 257/11, BGHZ 197, 252).
BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - VII ZR 193/14 - OLG Celle
LG Stade
ECLI:DE:BGH:2016:140716UVIIZR193.14.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Borris
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 24. Juli 2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Mitverschuldenseinwand der Beklagten zu 2 zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens des Beklagten zu 1 und des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über Schadensersatzforderungen im Zusammenhang mit dem Neubau einer Grundschule.
2
Die klagende Gemeinde schloss mit dem Beklagten zu 1 einen Einheitsarchitektenvertrag vom 12. September/6.Dezember 2001 über die Planung und Überwachung des Neubaus der Grundschule F., der die Leistungsphasen 1 bis 9 gemäß § 15 HOAI (1996) zum Gegenstand hatte. Zudem beauftragte sie im Februar 2002 die Beklagte zu 2, eine Landschaftsarchitektin, mit der Planung und Überwachung des Baus der Freianlagen. Weiterhin beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 3 mit der Lieferung und dem Einbau von Türen- und Fensterelementen für den Neubau der Grundschule. Nach Fertigstellung und Abnahme des Gebäudes am 18. September
3
2002 wurde die Grundschule im Oktober 2002 bezogen. Zu Beginn der Sommerferien 2004 wurde in verschiedenen Räumen des Gebäudes Schimmelbildung festgestellt. Die Klägerin ließ das Objekt trocknen und desinfizieren; die Schüler der Grundschule wurden ab August 2004 in einer benachbarten Schule und von Januar 2005 bis zu den Sommerferien 2006 zusätzlich in angemieteten Containern unterrichtet.
4
In einem von der Klägerin beantragten selbständigen Beweisverfahren wurde festgestellt, dass der Schimmelbefall auf massivem und dauerhaftem Feuchteeintrag in das Gebäude beruhte. Ursächlich für die Durchfeuchtung des Gebäudes war nach den Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen unter anderem, dass die Betonsohle des Gebäudes ca. 7 cm unter der umgebenden Geländeoberfläche lag und eine wirksame Sickerschicht fehlte. Nachdem die Klägerin erfolglos zur Nachbesserung aufgefordert hatte, wurde der gesamte Estrichbelag ausgetauscht, die Sohlplatte neu abgedichtet und im Außenbereich eine Ringdrainage um das Gebäude angelegt.
5
Die Klägerin hat die Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner auf Zahlung von 268.481,63 € sowie auf Erstattung außergerichtlicher Gutachter- und Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen und von den Beklagten zu 1 und 2 darüber hinaus gesamtschuldnerisch die Zahlung weiterer 536.963,27 € begehrt. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 zu6 rückgewiesen; die Revision hat es nicht zugelassen. Der Beklagte zu 1 hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde eingelegt, diese jedoch zurückgenommen. Auf die Beschwerde der Beklagten zu 2 hat der Senat die Revision zugelassen, soweit das Berufungsgericht ihren Mitverschuldenseinwand zurückgewiesen hat.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision der Beklagten zu 2 führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , soweit das Berufungsgericht den von der Beklagten zu 2 im Verhältnis zur Klägerin erhobenen Mitverschuldenseinwand abgelehnt hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BauR 2014, 2120 abgedruckt ist, hat, soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Beklagte zu 1 sei der Klägerin dem Grunde nach gemäß § 635 BGB a.F. zum Schadensersatz verpflichtet, weil das von ihm aufgrund des Vollarchitektenvertrags geschuldete Werk mangelhaft gewesen und mit hoher Wahr- scheinlichkeit davon auszugehen sei, dass der Klägerin aus diesem Grund ein Anspruch auf Schadensersatz in noch unbestimmter Höhe zustehe. Dem Beklagten zu 1 seien hinsichtlich des Geländeanschlusses an das Gebäude sowohl Planungs- als auch Bauüberwachungsfehler vorzuwerfen. Die mangelhafte Ausführung des Geländeanschlusses beruhe auf der Planung des Beklagten zu 1, bei der das Baugrundgutachten - welches das Erfordernis von Drainagen ausgewiesen habe - nicht berücksichtigt worden sei.
10
Auch die Beklagte zu 2 sei der Klägerin dem Grunde nach gemäß §§ 631, 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihre Architektenleistung fehlerhaft erbracht habe. Sie habe die falschen Planungen des Beklagten zu 1 bezüglich des Geländeanschlusses in ihre eigene Planung übernommen und hiergegen keine Bedenken angemeldet. Für die Beklagte zu 2 sei die fehlerhafte Planung des Beklagten zu 1 erkennbar gewesen. Sie habe die Planungen des Beklagten zu 1 nicht ungeprüft übernehmen dürfen, weil sie eine für eigenständige Ausführungsplanungen qualifizierte und honorierte Außenarchitektin sei. Die Klägerin müsse sich gegenüber der Beklagten zu 2 kein Mitverschul11 den wegen der Planungsfehler des Beklagten zu 1 entgegenhalten lassen. Die Beklagte zu 2 sei nicht nur ausführende Handwerkerin, sondern (Außen)Architektin. Sie sei als solche verpflichtet gewesen, selbständig zu prüfen , ob die Voraussetzungen vorlagen, nach denen die Bodenplatten oberhalb der Entlüftungsfugen hätten eingebaut werden dürfen. Eine ungeprüfte Übernahme der Planungen des Beklagten zu 1 vermöge eine - für eigenständige Entwurfs- und Ausführungsplanungen qualifizierte und honorierte - (Außen )Architektin nicht zu entlasten. Der Bundesgerichtshof habe eine Anrechnung eines Mitverschuldens des Bauherrn wegen eines Fehlers des Planers nur im Verhältnis zu dem bauaufsichtsführenden Architekten angenommen.
Diese Konstellation liege hier nicht vor, weil der Beklagten zu 2 die Planung der Außenanlagen selbst oblegen habe.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
13
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Einwand der Beklagten zu 2, die Klägerin müsse sich wegen der Planungsfehler des Beklagten zu 1 ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB zurechnen lassen, nicht abgelehnt werden.
14
1. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Besteller in seinem Vertragsverhältnis zum bauaufsichtsführenden Architekten regelmäßig die Obliegenheit, diesem einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Der bauaufsichtsführende Architekt kann seine Aufgabe, eine mangelfreie Errichtung des Bauwerks herbeizuführen, nur auf der Grundlage mangelfreier Pläne sinnvoll wahrnehmen. Solche zu übergeben, liegt daher im eigenen Interesse des Bestellers. Überlässt er dem bauaufsichtsführenden Architekten fehlerhafte Pläne, verletzt er dieses Interesse im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst. Nach § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB muss er sich die Mitverursachung des Schadens durch den von ihm beauftragten planenden Architekten zurechnen lassen, weil er sich des Architekten zur Erfüllung der ihn aus § 254 Abs. 1 BGB im eigenen Interesse treffenden Obliegenheit bedient hat (BGH, Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rn. 30, 36).
15
Nichts anderes gilt, wenn der Besteller einem Tragwerksplaner durch den von ihm mit der Planung beauftragten Architekten Pläne und Unterlagen zu den bei der Erstellung der Tragwerksplanung zu berücksichtigenden Boden- und Grundwasserverhältnissen überreicht oder dazu sonstige Angaben macht, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen. Der Tragwerksplaner kann eine zutreffende Statik nur erstellen, wenn Klarheit hinsichtlich der Bodenund Grundwasserverhältnisse herrscht. Er kann und darf daher erwarten, dass der Besteller ihm die Angaben macht, die es ihm ermöglichen, eine mangelfreie , den Boden- und Grundwasserverhältnissen gerecht werdende Tragwerksplanung zu erstellen. Werden ihm insoweit unzutreffende Angaben gemacht oder ergeben sich sonst aus den ihm als Grundlage seiner Berechnungen übergebenen Unterlagen unzutreffende Boden- und Grundwasserverhältnisse, verletzt der Besteller die ihm gegenüber dem Tragwerksplaner bestehende Obliegenheit , diesem die der Tragwerksplanung zugrunde zu legenden tatsächlichen Verhältnisse mitzuteilen (BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - VII ZR 257/11, BGHZ 197, 252 Rn. 21 f.).
16
b) Beauftragt der Besteller einen Architekten mit der Objektplanung für ein Gebäude und einen weiteren Architekten mit der Planung der Außenanlagen zu diesem Objekt, darf der mit der Planung der Außenanlagen beauftragte Architekt erwarten, dass die ihm vom Besteller zur Verfügung gestellten Pläne und Unterlagen des mit der Objektplanung beauftragten Architekten zutreffende Angaben über die Umstände enthalten, die er für seine eigene Planung benötigt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Obliegenheiten des Bestellers im Verhältnis zu einem bauaufsichtsführenden Architekten und zu einem Tragwerksplaner gilt auch für das Verhältnis des Bestellers zu einem mit der Planung der Außenanlagen beauftragten Architekten, wenn dieser Pläne und Unterlagen des mit der Objektplanung beauftragten Architekten benötigt, um seine eigene Planungsleistung zu erbringen. Die Übergabe der Pläne und Unterlagen des mit der Objektplanung beauftragten Architekten stellt in diesem Fall eine Mitwirkungshandlung zur Erlangung einer sachgerechten Planung der Außenanlagen dar.
17
Dem Besteller obliegt es in diesem Fall, dem mit der Planung der Außenanlagen beauftragten Architekten mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Überlässt der Besteller einem mit der Planung der Außenanlagen beauftragten Architekten fehlerhafte Pläne des von ihm mit der Objektplanung beauftragten Architekten, muss er sich die Mitverursachung des infolge einer mangelhaften Planung eingetretenen Schadens durch diesen gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB zurechnen lassen, weil er sich dieses Architekten zur Erfüllung der ihn aus § 254 Abs. 1 BGB im eigenen Interesse treffenden Obliegenheit bedient hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rn. 30 f.; Urteil vom 15. Mai 2013 - VII ZR 257/11, BGHZ 197, 252 Rn. 20).
18
c) In einem solchen Fall trifft den Besteller dagegen kein Mitverschulden wegen fehlerhafter Pläne und Unterlagen, die er einem von ihm beauftragten Architekten zur Verfügung gestellt hat, wenn letzterer die Erstellung dieser Pläne und Unterlagen als eigene Leistung schuldet (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. März 2010 - 19 U 100/09, juris Rn. 65). Dann kann der Architekt nicht erwarten , dass der Besteller ihm zur Erfüllung der von ihm geschuldeten Planungsleistungen zutreffende Pläne oder Unterlagen zur Verfügung stellt.
19
2. Nach den vorstehenden Grundsätzen kann die Beklagte zu 2 der Klägerin auf der Grundlage des im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalts mit Erfolg den Einwand eines Mitverschuldens entgegenhalten.
20
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte zu 2, die mit der Planung der Außenanlagen der Grundschule F. beauftragt war, nach den vom Beklagten zu 1 erstellten Plänen und Unterlagen zum Geländeanschluss , aus denen sich unter anderem die zu den Planungsaufgaben des Beklagten zu 1 gehörende Gebäudeanschlusshöhe ergab, ihre Planung zu er- stellen. Zu diesem Zweck wurden ihr seitens der Klägerin die Detailzeichnungen zum Anschluss an das Gebäude übergeben, die vom Beklagten zu 1 gefertigt worden waren. Die Beklagte zu 2 konnte insoweit erwarten, dass ihr von der Klägerin fehlerfreie Planungsunterlagen übergeben würden. Die ihr zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen des Beklagten zu 1 waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fehlerhaft. Da die Klägerin den Beklagten zu 1 mit der Objektplanung der Grundschule beauftragt hatte, muss sie sich dessen Verschulden im Rahmen der Erfüllung ihrer Obliegenheit gemäß § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB zurechnen lassen.
21
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Mitverschulden der Klägerin nicht deswegen ausgeschlossen, weil die mit der Planung der Außenanlagen beauftragte Beklagte zu 2 verpflichtet gewesen ist, die ihr überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rn. 36; Urteil vom 6. Juli 2000 - VII ZR 82/98, BauR 2000, 1513, 1514 f., juris Rn. 15 f. m.w.N. = NZBau 2000, 525). Dies ist lediglich für die aufgrund der Zulassungsbeschränkung bereits entschiedene Frage bedeutsam, ob ihr hinsichtlich des Mangels der von ihr erstellten Planung, der auf der Übernahme fehlerhafter Angaben aus der vom Beklagten zu 1 erstellten Planung beruhte, ein Verschulden zur Last gelegt werden kann.
22
c) Das Berufungsgericht hat keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, dass die Beklagte zu 2, soweit es um den Geländeanschluss und die Gebäudeanschlusshöhe geht, mit einer eigenständigen Planung beauftragt gewesen ist. Das Berufungsgericht hat insoweit weder hinreichende eigene Feststellungen getroffen noch auf entsprechende Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen.
23
aa) Die Begründung des Berufungsgerichts, die Anrechnung eines Mitverschuldens der Klägerin im Verhältnis zur Beklagten zu 2 scheide aus, weil der Beklagten zu 2 die Planung der Außenanlagen selbst oblegen habe, besagt nichts darüber, ob die Beklagte zu 2 hinsichtlich des bereits vom Beklagten zu 1 zu planenden Geländeanschlusses eigene Planungsleistungen schuldete. Denn es fehlen Feststellungen dazu, dass die der Beklagten zu 2 übertragene Planung der Außenanlagen auch den bereits vom Beklagten zu 1 geplanten Geländeanschluss mit umfasste. bb) Aus den vom Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO in
24
Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts ergibt sich ebenfalls nichts dafür, dass die Beklagte zu 2 neben dem Beklagten zu 1 die Planung des Geländeanschlusses als eigene Planungsleistung schuldete. Hierfür reicht nicht die Feststellung, dass für die Beklagte zu 2 die nicht sach- und fachgerechte Planung des Beklagten zu 1 erkennbar und sie als Landschaftsarchitektin verpflichtet gewesen sei, selbständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorlagen , dass die Bodenplatten oberhalb der Entlüftungsfugen eingebaut werden durften. Das Bestehen einer solchen Prüfungspflicht bedeutet nicht, dass der Beklagten zu 2 insoweit ein eigenständiger Planungsauftrag erteilt worden war.

III.


25
Das Berufungsurteil kann im angefochtenen Umfang nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben, soweit der von der Beklagten zu 2 erhobene Einwand zurückgewiesen worden ist, die Klägerin treffe ein Mitverschulden an dem infolge der vom Beklagten zu 1 erstellten mangelhaften Planung eingetretenen Schaden. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Eick Halfmeier Jurgeleit Graßnack Borris
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 20.03.2013 - 5 O 282/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 24.07.2014 - 16 U 59/13 -

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.