Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2015 - X ZR 81/13

bei uns veröffentlicht am13.01.2015
vorgehend
Landgericht München I, 7 O 7110/08, 04.02.2010
Oberlandesgericht München, 6 U 2752/10, 23.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 8 1 / 1 3 Verkündet am:
13. Januar 2015
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kochgefäß
EPÜ Art. 69; PatG § 14; IntPatÜbkG Art. II § 3 i.d.F vom 20. Dezember 1991

a) Zur Prüfung der Gleichwirkung ist es erforderlich, den Patentanspruch darauf
zu untersuchen, welche der Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt
werden können, zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe erfindungsgemäß
zusammenkommen müssen. Die Gesamtheit dieser Wirkungen repräsentiert
die patentgemäße Lösung; ihre weitere Unterteilung in "erfindungswesentliche"
und "zusätzliche" Wirkungen ist verfehlt.

b) Auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF kann sich
auch derjenige berufen, dem die fehlerhafte Übersetzung der Patentschrift
nicht bekannt war, der jedoch in Kenntnis derselben zu dem Schluss hätte
kommen dürfen, dass durch das Patent ein von dem tatsächlich unter Schutz
gestellten abweichender Gegenstand geschützt ist.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - X ZR 81/13 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter
Gröning, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 23. Mai 2013 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin war Inhaberin des am 4. Oktober 1991 angemeldeten, mit Wir1 kung für Deutschland erteilten und inzwischen wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschenen europäischen Patents 481 303, das Kochgefäße mit einem kapselförmigen Boden mit einem seitlich profilierten Band betrifft (Klagepatent). Der einzige Anspruch des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache: "A cooking pan (10) with a capsular base (18), characterised in that the lateral wall (26) of the protection covering (22) of said capsular base (18) is shaped with raised portions (28, 30) and/or depressions (32, 34) obtained by providing corresponding recesses and/or projections in the relative region of the die of the mould used to produce said capsular base (18)."
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Die Klägerin hat die Beklagten wegen des Vertriebs bestimmter Topfmodelle in Deutschland mit der Behauptung, die angegriffenen Ausführungsformen verletzten das Klagepatent, auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Im Berufungsrechtszug haben die Parteien nach dem Ablauf der Schutzfrist den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat ein Gutachten eingeholt und sodann die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten, soweit der Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, den Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. I. Das Klagepatent betrifft Kochgefäße, die aus Metall mit niedrigem Wärme4 leitvermögen, beispielsweise aus rostfreiem Stahl (Edelstahl), hergestellt werden. Eine bessere Verteilung der Wärme auf den Inhalt des Topfes wird bei solchen Kochgefäßen dadurch erreicht, dass auf der Unterseite des Topfes eine gut wärmeleitende Schicht, etwa aus Aluminium, aufgebracht wird. Um diese gut wärmeleitende Schicht zu schützen, wird sie mit einer weiteren Metallschicht umhüllt, die eine größere Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Zerkratzen aufweist und typischerweise aus Edelstahl besteht. Im Stand der Technik war es nach der Beschreibung des Klagepatents bekannt, die gut wärmeleitende Schicht nicht nur an der Unterseite zu schützen, sondern die Schutzschicht auch seitlich hochzuziehen, so dass sie den seitlichen Rand der gut wärmeleitenden Schicht schützt. Das Ergebnis ist ein Kochgefäß, bei dem die Schicht aus Metall mit gutem Wärmeleitvermögen vollkommen eingeschlossen ist von Metall mit niedrigerem Wärmeleitvermögen und größerer Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Zerkratzen. Ein solches Kochgefäß ist im Klagepatent als "capsular base pan" bezeichnet (Sp. 1, Z. 23 ff.). Ein Kochgefäß dieser Art, bei dem eine gute Verbindung der einzelnen
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Schichten des Bodens erzielt wird, kann nach der Beschreibung durch das im europäischen Patent 209 745 und im italienischen Patent 1 209 648 geschilderte Verfahren hergestellt werden. Dabei wird an der Unterseite des Topfbodens in der Mitte eine konkave Verformung gebildet. Wird ein solchermaßen hergestellter Topf erwärmt , dehnen sich die Schichten des Topfbodens und insbesondere die gut wärmeleitende Schicht aus. Das führt nach der Darstellung in der Beschreibung des Klagepatents tendenziell zu einer konvexen Verformung des Topfbodens, die unter idealen Bedingungen, nämlich bei gleichmäßiger Erwärmung des Topfbodens, durch die erwähnte konkave Verformung kompensiert wird. Diese idealen Bedingungen liegen jedoch nicht immer vor, insbesondere dann nicht, wenn das Kochgefäß nicht mittig auf der Wärmequelle steht. In einer solchen Situation kann es bei Erhitzen des Kochgefäßes zu peripheren Deformationen kommen, die durch die konkave Wölbung im Boden nicht kompensiert werden. Ist der Boden nicht völlig eben, bringt dies den Nachteil mit sich, dass er nicht vollständig auf der Wärmequelle aufliegt und die Weiterleitung der Wärme an das Kochgefäß und seinen Inhalt beeinträchtigt wird. Das technische Problem besteht mithin darin, ein Kochgefäß mit einem kap6 selförmigen Boden dahin weiter zu entwickeln, dass periphere Deformationen verhindert werden. Erfindungsgemäß soll das durch ein Kochgefäß mit den Merkmalen des Pa7 tentanspruchs erreicht werden, die sich wie folgt gliedern lassen: 1. Kochgefäß mit kapselförmigem Boden; 2. die Seitenwand der Schutzabdeckung des kapselförmigen Bodens ist mit erhöhten Bereichen und/oder Vertiefungen geformt; 3. die erhöhten Bereiche und/oder Vertiefungen werden dadurch erhalten , dass im zugehörigen Bereich der Matrize des zur Herstellung des kapselförmigen Bodens verwendeten Presswerkzeugs entsprechende Ausnehmungen und/oder Vorsprünge vorgesehen sind.
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In der zunächst eingereichten deutschen Übersetzung der Patentschrift war der Begriff "mould" in Anspruch und Beschreibung als "Gusswerkzeug" übersetzt worden. Eine berichtigte Übersetzung der Patentschrift ist von der Klägerin erst im Verlauf des Verfahrens vor dem Landgericht beim Patentamt eingereicht worden. Mit dem Klagepatent ist der Klägerin Schutz für ein Erzeugnis gewährt wor9 den, das auch durch das Verfahren zu seiner Herstellung beschrieben wird. Nach Merkmal 3 werden die erhöhten Bereiche oder Vertiefungen der Seitenwand dadurch erhalten, dass das zur Herstellung des kapselförmigen Bodens verwendete Presswerkzeug entsprechende Ausnehmungen oder Vertiefungen im zugehörigen Bereich der Matrize aufweist. Diese Formulierung des Anspruchs als product-by-processAnspruch dient allein der Kennzeichnung des patentgemäßen Erzeugnisses und bringt keine Beschränkung auf Erzeugnisse zum Ausdruck, die tatsächlich mittels der in Merkmal 3 geschilderten Vorgehensweise hergestellt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 1993 - X ZB 13/90, BGHZ 122, 144, 155 - Tetraploide Kamille; BGH, Urteil vom 8. Juni 2010 - X ZR 71/08, Juris Rn. 23). Auch aus der gebotenen Auslegung des Patentanspruchs unter Berücksichtigung der Beschreibung des Klagepatents (BGH, Urteil vom 19. Juni 2001 - X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129, 1133 - Zipfelfreies Stahlband) ergeben sich keine Hinweise auf eine Beschränkung des geschützten Gegenstands durch den zu seiner Kennzeichnung herangezogenen Verfahrensweg. Soweit in der Beschreibung unter Verweis auf die europäische Patentanmeldung 209 745 und das italienische Patent 1 209 648 geschildert wird, dass die dort beschriebene Vorgehensweise, bei der die verschiedenen Bestandteile der Bodenkonstruktion in bestimmter Weise erhitzt und durch stoßartigen, zunächst zentral aufgebrachten Druck verbunden werden, zu einer besonders guten Verbindung der verschiedenen Schichten untereinander führe (Sp. 1, Z. 40 ff.), hat dies keinen Eingang in den Patentanspruch gefunden, der lediglich verlangt, dass die erhöhten Bereiche oder Vertiefungen mittels korrespondierender Ausnehmungen oder Vorsprünge der Matrize eines Presswerkzeugs hergestellt werden können.
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II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagten könnten sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Klagepatent
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habe nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜbkG in der bis zum 1. Mai 2008 geltenden Fassung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wegen der fehlerhaften Übersetzung von vornherein keine Wirkung entfaltet. Eine inhaltlich unrichtige oder unvollständige Übersetzung stehe einer fehlenden Übersetzung nicht gleich. Zutreffend habe das Landgericht eine wortsinngemäße Verletzung verneint.
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Bei den angegriffenen Ausführungsformen fehle es an einem kapselförmigen Boden. Darunter sei nach dem Klagepatent ein Boden zu verstehen, bei dem die Schicht mit hoher Wärmeleitfähigkeit vollständig eingekapselt sei. Dies erfordere, dass die Edelstahlschicht die Schicht mit hoher Wärmeleitfähigkeit nicht nur an der Topfunterseite vollständig abdecke, sondern auch seitlich bis zum Topfboden hochgezogen sei. Bei den von der Beklagten vertriebenen Töpfen sei die gut wärmeleitende Schicht nicht vollständig eingekapselt. Daher sei das gut wärmeleitende Material nicht gegen jegliche Korrosion, Oxidation oder mechanische Beschädigung geschützt. Die angegriffenen Ausführungsformen machten vom Klagepatent aber äquiva13 lent Gebrauch. Die erforderliche Gleichwirkung liege vor. Die Behauptung der Beklagten , das Problem, mit dem sich das Klagepatent befasse - die Verhinderung peripherer Deformationen, die zu Unebenheiten des Topfbodens führten - könne bei den angegriffenen Töpfen nicht auftreten, weil dort die Schicht hoher Wärmeleitfähigkeit nicht vollständig eingekapselt sei, treffe nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht zu. An der Gleichwirkung fehle es auch nicht deshalb, weil die angegriffenen Töpfe keinen kapselförmigen Boden aufwiesen. Die vollständige Einkapselung der gut wärmeleitenden Schicht diene dazu, eine Oxidation, Korrosion oder mechanische Beschädigung dieser Schicht vollständig zu verhindern. Auf die- sen Vorteil des kapselförmigen Bodens komme es aber hier nicht an. Nachdem das Problem, dem sich das Streitpatent widme - die Verhinderung einer Deformation des Topfbodens beim Erwärmen - auch bei Töpfen mit unvollständiger Verkapselung auftreten könne, seien aus dem Erfordernis eines kapselförmigen Bodens keine Mindestanforderungen an den Schutz der gut wärmeleitenden Schicht abzuleiten, denn insoweit handele es sich um eine zusätzliche Wirkung neben der mit dem Merkmal beabsichtigten erfindungswesentlichen Wirkung der Erhöhung der Steifigkeit von Deformationen im peripheren Bereich. Eine andere Beurteilung sei auch in Bezug auf den Einsatz einer Kupferschicht in der Mitte des Topfbodens bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht veranlasst. Der Fachmann habe die abgewandelte Ausführungsform ohne erfinderisches Bemühen auffinden können. Für ihn sei erkennbar gewesen, dass ein Boden, bei dem auf eine vollständige Kapselung verzichtet werde , nicht nur einfacher herzustellen sei, sondern auch dieselben Vorteile in Bezug auf die Versteifung und die dadurch bedingten Auswirkungen auf das Verformungsverhalten biete. Die abgewandelte Ausführungsform sei auch gleichwertig. Sie knüpfe an den Sinngehalt der Lehre des Klagepatents an, weil sie sich ebenso wie diese die Auswirkungen der randseitigen Versteifung auf das Verformungsverhalten bei Erwärmung des Kochgefäßes zunutze mache. Auch mit dem Verweis auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 Int14 PatÜbkG müssten die Beklagten erfolglos bleiben. Auf diese Norm könne sich nur berufen, wer die Erfindung im Vertrauen auf die Richtigkeit der fehlerhaften Übersetzung in Benutzung genommen habe. Voraussetzung hierfür sei, dass der Betreffende die fehlerhafte Übersetzung gekannt habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne sich derjenige, der, wie die Beklagten von sich behaupteten, das Klagepatent nicht gekannt habe, nicht auf guten Glauben berufen.
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III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
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1. Das Berufungsgericht hat eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents zu Recht verneint. Ein Kochgefäß mit kapselförmigem Boden im Sinne des Merkmals 1 liegt nach dem zutreffenden Verständnis des Klagepatents durch das Berufungsgericht nur vor, wenn die im Bereich des Bodens des Kochgefäßes angebrachte Schicht aus Metall mit gutem Wärmeleitvermögen vollständig von einer Schicht aus Metall mit niedrigerem Wärmeleitvermögen, aber größerer Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Zerkratzen, etwa Edelstahl, eingeschlossen ist. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Definition eines Kochgefäßes mit kapselförmigem Boden, die die Beschreibung als "patenteigenes Lexikon" mit der Darstellung der insoweit vorbekannten und durch Merkmal 2 weiterentwickelten Ausgestaltung enthält. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Edelstahlschicht an den Seitenflächen nicht bis zur Oberkante des Topfbodens hochgezogen und daher die Schicht aus gut wärmeleitendem Aluminium an ihrem seitlichen Rand nur teilweise von einer Edelstahlschicht geschützt ist. Außerdem ist im Zentrum des Bodens eine Kupferronde eingesetzt. 2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine äquivalente Verletzung
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des Klagepatents bejaht hat, ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht tragfähig.
a) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in
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dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten , aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit nach dem Gebot des Artikels 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (vgl. u.a. Senat, Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 154 - Schneidmesser I; Urteil vom 17. April 2007 - X ZR 1/05, GRUR 2007, 959, 961 - Pumpeinrichtung). Der Schutzbereich des Patents wird auf diese Weise nach Maßgabe dessen bestimmt, was der Fachmann auf der Grundlage der erfindungsgemäßen Lehre als äquivalent zu erkennen vermag, und damit an dem Gebot des Art. 1 des Auslegungsprotokolls ausgerichtet, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2010, GRUR 2011, 313 Rn. 35 - Crimpwerkzeug IV).
b) Für die Frage der Gleichwirkung ist entscheidend, welche einzelnen Wir19 kungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - zur Lösung der dem Patentanspruch zugrundeliegenden Aufgabe bereitstellen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden. Danach ist es erforderlich, den Patentanspruch darauf zu untersuchen, welche der Wirkungen , die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr; Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 113/11, GRUR 2012, 1122 Rn. 19 - Palettenbehälter III). Nur so ist gewährleistet, dass trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich solche Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfasst werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist. Als gleichwirkend kann eine Ausführungsform nur dann angesehen werden, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt , die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH, GRUR 2012, 1122 Rn. 26 - Palettenbehälter III).
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c) Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu stehen mit dieser Rechtsprechung nicht in Einklang. aa) Die in Merkmal 2 beschriebene Ausgestaltung der Seitenwand der
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Schutzabdeckung mit erhöhten Bereichen und/oder Vertiefungen bewirkt die Ausbildung von Rippen, die den Umfangstreifen der Schutzschicht versteifen, auf diese Weise peripheren Verformungen des Bodens des Kochgefäßes, wie sie etwa durch ungleiche Erwärmung entstehen können, entgegenwirken und damit einen guten Kontakt zwischen Gefäßboden und Wärmequelle sicherstellen. Wird das Kochgefäß gemäß Merkmal 1 mit einem kapselförmigen Boden versehen, zielt dies darauf, die gut wärmeleitenden Bestandteile der Bodenkonstruktion gegen Oxidation, Korrosion oder mechanische Beschädigung, etwa ein Zerkratzen, dadurch zu schützen, dass sie vollständig von einer Schicht aus Metall - etwa Edelstahl - umgeben werden, die eine größere Beständigkeit gegen solche Einwirkungen aufweist. Gleichwirkung kommt mithin nur in Betracht, wenn beide Wirkungen bei den angegriffenen Ausführungsformen erzielt werden. bb) Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass die Wirkungen, die mit
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den Versteifungen in der Seitenwand der Schutzabdeckung gemäß Merkmal 2 erzielt werden sollen, nach dem Ergebnis des hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens bei den angegriffenen Kochgefäßen gleichfalls erreicht werden. In Bezug auf die Wirkungen, die mit dem kapselförmigen Boden erzielt werden sollen, hat es demgegenüber ausgeführt, dem Merkmal 1 könnten keine Mindestanforderungen an die Schutzwirkung vor Oxidation, Korrosion und mechanische Beschädigung entnommen werden. Insoweit handele es sich um eine zusätzliche Wirkung neben der mit den Merkmalen 2 und 3 verfolgten, erfindungswesentlichen Wirkung der Erhöhung der Steifigkeit des Topfbodens. Diese Ausführungen stimmen mit der dargestellten Rechtsprechung des Se23 nats nicht überein. Sie berücksichtigen nicht, dass eine Gleichwirkung nur angenommen werden kann, wenn sämtliche erfindungsgemäßen Wirkungen erzielt wer- den. Das Berufungsgericht hat vielmehr rechtsfehlerhaft zwischen erfindungswesentlichen und zusätzlichen Wirkungen unterschieden und angenommen, es komme nicht darauf an, ob die angegriffene Ausführungsform auch letztere erziele. Dies wird auch dadurch belegt, dass das Berufungsgericht sich zustimmend auf die Ausführungen des Landgerichts bezogen hat, das die Kapselung der gut wärmeleitenden Schicht als für die Lehre des Patents bedeutungslosen Zweck bezeichnet hat. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher keinen Bestand haben.
d) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache scheidet aus,
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weil Feststellungen dazu fehlen, ob die erfindungsgemäßen Wirkungen durch die angegriffenen Ausführungsformen in einem praktisch noch erheblichen Maße erreicht werden. Eine Ausführungsform, die anstelle eines im Patentanspruch genannten
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Merkmals eine abweichende Gestaltung aufweist, fällt nicht nur dann in den Schutzbereich eines Patents, wenn sie die erfindungsgemäßen Wirkungen ohne jede Einschränkung erreicht. Für eine Gleichwirkung kann es genügen, dass eine nach dem Patentanspruch erforderliche Wirkung durch abgewandelte Mittel nur in eingeschränktem Umfang erzielt wird. Unter dem Gesichtspunkt angemessener Belohnung des Erfinders kann die Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patents bereits dann sachgerecht sein, wenn die erfindungsgemäßen Wirkungen im Wesentlichen , also in einem praktisch noch erheblichen Maße, erzielt werden. Hierfür kommt es auf die patentgemäße Wirkung und eine sich hieran orientierende Gewichtung der bei den angegriffenen Ausführungsformen festgestellten Defizite an (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 914 - Spannschraube; BGH, GRUR 2005, 1005, 1006 - Bratgeschirr; BGH, GRUR 2012, 1122 Rn. 27 - Palettenbehälter

III).

Bei den angegriffenen Ausführungsformen wird die mit Merkmal 1 verfolgte
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Wirkung jedenfalls nur in eingeschränktem Umfang erreicht. Die gut wärmeleitende Aluminiumschicht wird an ihrem seitlichen Rand nur teilweise von einer Schutz- schicht aus Edelstahl abgedeckt. Zudem weist die Schutzschicht im Zentrum der Topfbodenunterseite eine runde Einlage aus Kupfer auf und damit aus einem Material , das im Verhältnis zu Edelstahl weich und gut wärmeleitend ist. Für die Frage, ob die durch die nicht vollständige Verkapselung der gut wärmeleitenden Bestandteile der Bodenkonstruktion erzielte Wirkung noch als patentgemäß angesehen werden kann, wird es insbesondere darauf ankommen, welche praktische Bedeutung dem Schutz der einzelnen Bereiche des Topfbodens vor Korrosion, Oxidation und mechanischer Beschädigung zukommt und welche Beeinträchtigungen aus Sicht des Fachmanns hinsichtlich der Funktion und des Erscheinungsbilds bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Kochgefäße zu erwarten sind, wenn in eine aus Edelstahl bestehende Schutzschicht im Zentrum der Topfbodenunterseite eine Kupferronde eingesetzt ist und der obere Teil des Seitenrandes der Aluminiumschicht freiliegt und insoweit kein vollständiger Schutz gegen die genannten Einwirkungen gewährleistet ist. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht getroffen. IV. Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben; es
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ist aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 1. Sollte sich im wiedereröffneten Berufungsverfahren ergeben, dass eine
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Gleichwirkung im oben erläuterten Sinne vorliegt, wird das Berufungsgericht auf dieser Grundlage zu prüfen haben, ob die weiteren Voraussetzungen für eine äquivalente Verletzung vorliegen. 2. Für den Fall, dass das Berufungsgericht wiederum zu dem Ergebnis
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kommen sollte, dass die angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent mit gleichwertigen Mitteln verletzen, wird das Berufungsgericht erneut der Frage nachzugehen haben, ob sich die Beklagten auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung berufen können.
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a) Zutreffend hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt, dass das Übersetzungserfordernis nach Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜbkG aF für das Klagepatent maßgeblich ist. Zwar ist der bisherige Art. II § 3 IntPatÜbkG aufgehoben worden. Die Norm findet aber auf europäische Patente, die vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden sind, weiterhin in der Fassung Anwendung, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Patents gegolten hat (Art. XI § 4 IntPatÜbkG). Nachdem der Hinweis auf die Erteilung des Streitpatents am 3. Mai 1995 veröffentlicht worden ist, ist hier die bis zum 31. Dezember 2001 geltende Fassung von Art. II § 3 IntPatÜbkG maßgeblich. Danach hatte der Anmelder oder Inhaber eines in fremder Verfahrenssprache
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erteilten europäischen Patents, das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt werden sollte, binnen drei Monaten ab Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents eine deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen; anderenfalls galten die Wirkungen des europäischen Patents für das Inland als von Anfang an nicht eingetreten (Art. II § 3 Abs. 1 und 2 IntPatÜbkG aF). Nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF darf im Falle einer fehlerhaften Übersetzung einer europäischen Patentschrift derjenige, der im Inland in gutem Glauben die Erfindung in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung getroffen hat, nach Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung die Benutzung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten unentgeltlich fortsetzen, wenn die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde.
b) Die unter dem Aktenzeichen 691 09 436 T2 ursprünglich eingereichte
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Übersetzung des Klagepatents war fehlerhaft, insbesondere war angegeben, dass die erhöhten Bereiche und Vertiefungen "durch Vorsehen entsprechender Vertiefun- gen und/oder Vorsprünge im zugehörigen Bereich des (…) verwendeten Gußwerk- zeugs" erhalten werden. Erst in einer berichtigten Übersetzung, die die Klägerin auf einen Hinweis des Landgerichts beim Patentamt eingereicht hat (691 09 436 T4), wurde die entsprechende Wendung in der Verfahrenssprache ("obtained by providing corresponding recesses and/or projections in the relative region of the die of the mould used to produce said capsular base") zutreffend ins Deutsche übersetzt. Zwar ist dort davon die Rede, dass die erhöhten Bereiche und/oder Vertiefungen in der Seitenwand der Schutzabdeckung "durch Vorsehen entsprechender Ausnehmungen und/oder Vorsprünge im zugehörigen Bereich der Matrize des (…) Prellwerkzeugs erhalten wurde", doch ist, wovon beide Parteien stillschweigend ausgehen, aus fachlicher Sicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich insoweit um ein Schreibversehen handelt und tatsächlich ein Presswerkzeug gemeint ist. Bei den angegriffenen Ausführungsformen werden die Rippen an der seitli33 chen Wandung der Edelstahlschicht nicht durch Einsatz eines Gusswerkzeugs, sondern durch Verwendung eines Presswerkzeugs hergestellt.
c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner ausgeführt, dass die Fehler in
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der zunächst eingereichten Übersetzung nicht dazu führten, dass die Wirkungen des Klagepatents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Inhaltliche Abweichungen zwischen Patentschrift und Übersetzung haben auf Bestand und Schutzbereich des europäischen Patents im Inland keinen Einfluss (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - Xa ZR 74/09, GRUR 2010, 708 Rn. 12, 16 - Nabenschaltung II).
d) Das Berufungsgericht hat den Standpunkt eingenommen, die Berufung
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der Beklagten auf Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG müsse schon deshalb erfolglos bleiben , weil die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen die fehlerhafte Übersetzung der Klagepatentschrift nicht gekannt haben. Dies trifft nicht zu. aa) Zu der rechtsähnlichen Regelung in § 43 Abs. 4 PatG aF, der Vorgänger36 vorschrift zu § 123 Abs. 5 PatG, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der dort normierte Schutz des guten Glaubens nicht auf denjenigen beschränkt ist, der bewusst die Nutzung eines beispielsweise wegen unterbliebener Zahlung der gesetzlichen Gebühren erloschenen Patents aufgenommen hat, sondern auch dem unbewussten Benutzer zugutekommt (BGH, Urteil vom 27. Mai 1952 - I ZR 138/51, BGHZ 6, 172, 176 - Wäschepresse; ebenso schon RG, GRUR 1926, 475, 477 zum Weiterbenutzungsrecht nach § 6 der Bekanntmachung betreffend die Begründung, Erhaltung oder Wiederherstellung von gewerblichen Schutzrechten der Angehörigen der Vereinigten Staaten von Amerika vom 6. Juli 1921 [RGBl. 1921, S. 844]). Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgeführt, § 43 Abs. 4 PatG aF enthalte einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch außerhalb seines unmittelbaren Anwendungsbereichs Anwendung finde. Daraus ist zutreffend der Schluss gezogen worden, dass grundsätzlich auch derjenige den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF genießt, der die ihm günstige, unrichtige Fassung der Übersetzung nicht gekannt hat (Rogge, GRUR 1993, 283, 284 f.; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014 Rn. 1774; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. Juni 2011 - 2 U 62/04, Juris Rn. 185; aA Rauh, GRUR Int. 2011, 667, 671). bb) Auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF kann
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sich mithin auch derjenige berufen, der, wäre ihm die fehlerhafte Übersetzung bekannt gewesen, zu dem Schluss hätte kommen dürfen, dass der Anspruch des betreffenden Patents auf einen vom dem tatsächlich geschützten abweichenden Gegenstand gerichtet ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Ein guter Glaube wird etwa dann zu verneinen sein, wenn der angesprochene Fachmann, sofern er die Übersetzung läse, deren Fehlerhaftigkeit ohne weiteres erkennen würde und - gegebenenfalls unter Heranziehung der Übersetzung der Beschreibung - in der Lage wäre, den Inhalt des Patents zutreffend zu bestimmen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Juris Rn. 181 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2003 - 2 U 6/02 Rn. 77 f., in Juris; Rauh, GRUR Int. 2011, 667, 672). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt bei der Klägerin (vgl. BGHZ 6, 172, 177 - Wäschepresse). Eine Berufung auf guten Glauben wäre den Beklagten danach verwehrt, wenn ihnen aufgrund ihrer Fachkenntnis bei Lektüre der zunächst eingereichten Übersetzung ohne weiteres hätte klar sein müssen, dass die erfindungsgemäße Ausbildung der Seitenwand des Bodens nicht durch ein Gusswerkzeug be- werkstelligt werden könnte, so dass sie zu dem Schluss hätten kommen müssen, dass die Übersetzung fehlerhaft war.
e) Sollte danach ein Gutglaubensschutz in Betracht kommen, wird das Beru38 fungsgericht auch zu prüfen haben, ob eine Berufung der Beklagten auf ein Weiterbenutzungsrecht daran scheitert, dass die angegriffenen Ausführungsformen auch in der fehlerhaften Übersetzung eine Verletzung des Klagepatents darstellen würden. Da sich, wie ausgeführt, aus Merkmal 3 keine weiteren Anforderungen an die Ausgestaltung der erhöhten Bereiche oder Vertiefungen der Seitenwand der Schutzabdeckung des kapselförmigen Bodens ergeben, wird die Verletzung eines gedachten, der fehlerhaften Übersetzung entsprechenden Patentanspruchs nur dann verneint werden können, wenn sich derartige, von den angegriffenen Ausführungsformen nicht erfüllte Anforderungen aus Sicht des Fachmanns ergäben, sollten die erhöhten Bereiche oder Vertiefungen der Seitenwand der Schutzabdeckung erfindungsgemäß mittels eines Gusswerkzeugs erhältlich sein.
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Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.
Meier-Beck Gröning Bacher
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 04.02.2010 - 7 O 7110/08 -
OLG München, Entscheidung vom 23.05.2013 - 6 U 2752/10 (2) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 43


(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt ermittelt auf Antrag den Stand der Technik, der für die Beurteilung der Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung in Betracht zu ziehen ist, und beurteilt vorläufig die Schutzfähigkeit der angemeldeten Erfindun

Patentgesetz - PatG | § 123


(1) Wer ohne Verschulden verhindert war, dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ist auf Antrag wieder in den vorig

Gesetz über internationale Patentübereinkommen - IntPatÜbkG | § 4


Für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, bleiben Artikel II § 3 dieses Gesetzes, § 2 Abs. 1 des Patentkostengesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 36

Gesetz über internationale Patentübereinkommen - IntPatÜbkG | § 3


(1) Artikel I, Artikel V, Artikel VIII sowie die §§ 2 und 3 dieses Artikels treten am 1. Oktober 1976 in Kraft. (2) Der Tag, an dem1.das Straßburger Patentübereinkommen nach seinem Artikel 9,2.der Patentzusammenarbeitsvertrag nach seinem Artikel

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2015 - X ZR 81/13 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2015 - X ZR 81/13 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2012 - X ZR 113/11

bei uns veröffentlicht am 17.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 113/11 Verkündet am: 17. Juli 2012 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 168/00

bei uns veröffentlicht am 12.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 168/00 Verkündet am: 12. März 2002 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja Schneidmesser

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2007 - X ZR 1/05

bei uns veröffentlicht am 17.04.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 1/05 Verkündet am: 17. April 2007 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2001 - X ZR 159/98

bei uns veröffentlicht am 19.06.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 159/98 Verkündet am: 19. Juni 2001 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2010 - X ZR 71/08

bei uns veröffentlicht am 08.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 71/08 Verkündet am: 8. Juni 2010 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2000 - X ZR 128/98

bei uns veröffentlicht am 28.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 128/98 Verkündet am: 28. Juni 2000 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein Bratgeschi
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2015 - X ZR 81/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Sept. 2017 - X ZR 112/15

bei uns veröffentlicht am 05.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 112/15 Verkündet am: 5. September 2017 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2017:050917UXZR112.15

Landgericht München I Endurteil, 11. Jan. 2018 - 7 O 16124/17

bei uns veröffentlicht am 11.01.2018

Tenor I. Der Beklagtenpartei wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bi

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Aug. 2016 - X ZR 76/14

bei uns veröffentlicht am 23.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 76/14 Verkündet am: 23. August 2016 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2016 - X ZR 114/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 114/13 Verkündet am: 10. Mai 2016 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____

Referenzen

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

(1) Artikel I, Artikel V, Artikel VIII sowie die §§ 2 und 3 dieses Artikels treten am 1. Oktober 1976 in Kraft.

(2) Der Tag, an dem

1.
das Straßburger Patentübereinkommen nach seinem Artikel 9,
2.
der Patentzusammenarbeitsvertrag nach seinem Artikel 63,
3.
das Europäische Patentübereinkommen nach seinem Artikel 169
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(3) Artikel II, Artikel VII sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 10 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 1 treten an dem Tag in Kraft, an dem nach der Bestimmung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation europäische Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt eingereicht werden können (Artikel 162 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens); der Tag des Inkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(4) Artikel III sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 11 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 2 treten an dem Tag in Kraft, an dem der Patentzusammenarbeitsvertrag für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

(5) Artikel IV sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung der Buchstaben r und s in Artikel 1 § 1 Buchstabe A Nr. 3 des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und § 1 dieses Artikels treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Europäischen Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft, Artikel IV jedoch unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 6.

(6) Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 4 des Patentgesetzes betrifft, und Nr. 7 sowie Artikel VI treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Straßburger Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt für die Anwendung von Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 1 und 2 des Patentgesetzes betrifft, eine innerhalb von sechs Monaten vor der Anmeldung erfolgte Beschreibung oder Benutzung außer Betracht, wenn sie auf der Erfindung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht.

23
4. Mit Patentanspruch 13 des Streitpatents ist der Beklagten ein Sach (Erzeugnis-)Anspruch über ein Produkt erteilt worden, das allein durch sein Herstellungsverfahren nach den Verfahrensansprüchen 1 bis 12 beschrieben wird. Diese Formulierung des Patentanspruchs 13 als sog. Product-by-Process-Anspruch dient, wie das Patentgericht zutreffend erkannt hat und von den Parteien nicht in Abrede gestellt worden ist, allein der Kennzeichnung des patentgemäßen Erzeugnisses und bringt keine Beschränkung auf Erzeugnisse zum Ausdruck, die tatsächlich mittels des Verfahrens hergestellt worden sind (vgl. Senat, BGHZ 122, 144, 155 - Tetraploide Kamille; Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 14 Rdn. 46). Auch unter Berücksichtigung der Beschreibung des Streitpatents liegen hier besondere Hinweise für eine Beschränkung des Schutzbereichs für das Erzeugnis auf den zu seiner Kennzeichnung herangezogenen Verfahrensweg nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 159/98 Verkündet am:
19. Juni 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
"zipfelfreies Stahlband"
Wird das geschützte Erzeugnis im Patentanspruch durch das Verfahren seiner
Herstellung gekennzeichnet, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln
, ob und inwieweit sich aus dem angegebenen Herstellungsweg durch
diesen bedingte Merkmale des daraus erhaltenen Erzeugnisses ergeben, die
das Erzeugnis als anspruchsgemäß qualifizieren.
BGH, Urt. v. 19. Juni 2001 - X ZR 159/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Melullis, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 3. März 1998 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert : Das deutsche Patent 38 03 064 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß die Patentansprüche folgende Fassung erhalten: 1. Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten Bleches oder Bandes mit guter Umformbarkeit aus Stahl mit folgender Zusammensetzung in Gewichtsprozenten: 0,02 bis 0,06 % Kohlenstoff, vorzugsweise 0,03-0,048 % Kohlenstoff , 0,01 bis 0,40 % Silizium, 0,10 bis 0,80 % Mangan, 0,005 bis 0,08 % Phosphor, 0,005 bis 0,02 % Schwefel, max. 0,009 % Stickstoff, 0,015 bis 0,08 % Aluminium, 0,01 bis 0,04 % Titan, max. 0,15 % von einem oder mehreren der Elemente Kupfer, Vanadium, Nickel, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen, wobei der Titangehalt auf mindestens dem Vierfachen des Stickstoffgehalts eingestellt wird, bei dem eine Zipfelfreiheit oder zumindest Zipfelarmut bei einem hohen Streckgrenzenniveau eingestellt wird, indem die Bramme auf oberhalb 1120 ° C erwärmt und zu Warmband bei einer Walzendtemperatur oberhalb des Ar -Punktes ausgewalzt und das

3

Band bei 520 ± 100 ° C gehaspelt, anschließend kaltgewalzt und nach dem Kaltwalzen rekristallisierend im Bund unterhalb A ge-

1

glüht wird, wobei die Kaltwalzung in Abhängigkeit vom Titangehalt mit nachstehenden Umformgraden (Epsilon) erfolgt:
ca. 0,01 % Titan: Epsilon 20 bis 60 %, vorzugsweise 30 bis 50 %,
ca. 0,02 % Titan: Epsilon 10 bis 15 % oder Epsilon 40 bis 85 %, vorzugsweise 50 bis 80 %,

ca. 0,03 % Titan: Epsilon 5 bis 25 %, vorzugsweise 10 bis 20 %, oder Epsilon 50 bis 85 %, vorzugsweise 60 bis 80 %,
ca. 0,04 % Titan: Epsilon 15 bis 25 %, vorzugsweise 20 %, oder Epsilon 55 bis 80 %, vorzugsweise 60 bis 70 %.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem nach dem rekristallisierenden Glühen mit einem Umformgrad von ca. 1 % dressiert wird.
3. Zum Tiefziehen geeignetes Blech oder Band aus Stahl in der gegebenen Zusammensetzung und hergestellt nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2 mit einer Ferritkorngröße feiner als ASTM 7 für einen Titangehalt von ca. 0,01 % und feiner als ASTM 9 für Titangehalte von 0,015 bis 0,04 %.
4. Verwendung eines gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 hergestellten Bleches oder Bandes für das zipfelarme Tiefziehen, vorzugsweise von rotationssymmetrischen Teilen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu ¾ der Klägerin und zu ¼ der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 29. Januar 1988 angemeldeten deutschen Patents 38 03 064 (Streitpatents), das ein Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten Bleches oder Bandes mit guter Umformbarkeit aus Stahl sowie ein zum Tiefziehen geeignetes kaltgewalztes Blech oder Band aus Stahl und dessen Verwendung betrifft.
In einem Einspruchsverfahren, an dem auch die Klägerin beteiligt gewesen ist, hat das Bundespatentgericht das Streitpatent beschränkt aufrechterhalten (Beschl. v. 26.07.1994, 13 W (pat) 103/92). Wegen des Wortlauts der Ansprüche in der aufrechterhaltenen Fassung wird auf die geänderte Patentschrift (C-2-Schrift) Bezug genommen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er nicht neu sei und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht hat sie das Streitpatent nur noch beschränkt verteidigt. Danach sollten die Patentansprüche wie folgt lauten:
1. Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten Bleches oder Bandes mit guter Umformbarkeit aus Stahl mit folgender Zusammensetzung in Gewichtsprozenten:
0,02 bis 0,06 % Kohlenstoff, vorzugsweise 0,03-0,048 % Kohlenstoff , 0,01 bis 0,40 % Silizium, 0,10 bis 0,80 % Mangan, 0,005 bis 0,08 % Phosphor, 0,005 bis 0,02 % Schwefel, max. 0,009 % Stickstoff, 0,015 bis 0,08 % Aluminium, 0,01 bis 0,04 % Titan, max. 0,15 % von einem oder mehreren der Elemente Kupfer, Vanadium, Nickel, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
wobei der Titangehalt auf mindestens dem 3,5fachen des Stickstoffgehalts eingestellt wird,
bei dem eine Zipfelfreiheit oder zumindest Zipfelarmut bei einem hohen Streckgrenzenniveau eingestellt wird, indem die Bramme auf oberhalb 1120 ° C erwärmt und zu Warmband bei einer Walzendtemperatur oberhalb des Ar -Punktes ausgewalzt und das

3

Band bei 520 ± 100 ° C gehaspelt, anschließend kaltgewalzt und nach dem Kaltwalzen rekristallisierend im Bund unterhalb A ge-

1

glüht wird, wobei die Kaltwalzung in Abhängigkeit vom Titangehalt mit nachstehenden Umformgraden (e) erfolgt: ca. 0,01 % Titan: e 20 bis 60 %, vorzugsweise 30 bis 50 %, ca. 0,02 % Titan: e 10 bis 15 % oder e 40 bis 85 %, vorzugswei- se 50 bis 80 %,
ca. 0,03 % Titan: e 5 bis 25 %, vorzugsweise 10 bis 20 %, oder e 50 bis 85 %, vorzugsweise 60 bis 80 %, ca. 0,04 % Titan: e 15 bis 25 %, vorzugsweise 20 %, oder e 55 bis 80 %, vorzugsweise 60 bis 70 %.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem nach dem rekristallisierenden Glühen mit einem Umformgrad von ca. 1 % dressiert wird.
3. Zum Tiefziehen geeignetes Blech oder Band aus Stahl in der gegebenen Zusammensetzung und hergestellt nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2 mit einer Ferritkorngröße feiner als ASTM 7 für einen Titangehalt von ca. 0,01 % und feiner als ASTM 9 für Titangehalte von 0,015 bis 0,04 %.
4. Verwendung eines gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 hergestellten Bleches oder Bandes für das zipfelarme Tiefziehen, vorzugsweise von rotationssymmetrischen Teilen.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Klageabweisung im übrigen dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß die Patentansprüche die verteidigte Fassung erhalten haben; sein Urteil ist in BPatGE 40, 104 veröffentlicht.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären.
Die Beklagte tritt der Berufung entgegen. Für den Fall, daß das Streitpatent mit den ihm durch das angefochtene Urteil gegebenen Ansprüchen keinen Bestand haben sollte, verteidigt sie das Streitpatent hilfsweise mit diesem Anspruchssatz mit der Maßgabe, daß die Einstellung des Titangehalts in Anspruch 1 mit mindestens dem Vierfachen (statt 3,5fachen) des Stickstoffgehalts angegeben wird.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. rer. nat. G. G. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten des Prof. Dr.-Ing. habil. L. M. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Mit den in erster Instanz verteidigten Ansprüchen ist das Streitpatent nicht patentfähig. Der Senat hat jedoch nicht die Überzeugung gewonnen, daß das Streitpatent auch mit den hilfsweise verteidigten Ansprüchen nicht patentfähig und daher insgesamt für nichtig zu erklären ist (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4, 21 Abs. 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 PatG).
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten Stahlbleches oder -bandes mit guter Umformbarkeit sowie ein zum Tiefziehen geeignetes kaltgewalztes Stahlblech oder -band und dessen Verwendung.
Hinsichtlich der allgemeinen Grundlagen der in Streit stehenden Erfindung ist nach den Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen und dem unstreitigen Vorbringen der Parteien zunächst von Folgendem auszugehen:
Mit der plastischen Verformung von Kristallen ist je nach Art der Verformung eine charakteristische Ä nderung der Kristallorientierung verbunden. Durch die Ä nderung der Orientierungen beim Walzen wird eine ursprünglich regellose Orientierungsverteilung in eine nicht-regellose, für Material und Umformvorgang typische Verteilung überführt, so daß einige Orientierungen besonders häufig, andere Orientierungen dagegen seltener vorkommen. Die Häufigkeitsverteilung von Orientierungen wird auch als Textur bezeichnet; sie ändert sich durch Rekristallisation in charakteristischer Weise.
Die Ausbildung einer nichtregellosen Textur hat Konsequenzen für die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs, insbesondere bei der Blechumformung. Unterwürfe man einen einzelnen Kristalliten aus einem vielkristallinen Werkstoff in unterschiedlichen Richtungen einer Zugbelastung, so wären die entsprechenden Spannungs-Dehnungs-Diagramme verschieden; in manchen Richtungen erscheint der Kristallit weicher, in anderen härter. Liegt deshalb in einem Vielkristall eine ausgeprägte Textur vor, so verformt sich das Material nicht in allen Richtungen einheitlich (Anisotropie). Ausgeprägte Texturen bringen Schwierigkeiten für die Blechumformung mit sich.

Die Auswirkungen der Textur auf die Blechumformung lassen sich durch die Bestimmung des r-Wertes und des Dr-Wertes abschätzen. Bei der Blechumformung ist ein möglichst leichter Materialfluß parallel zur Blechoberfläche und ein möglichst erschwerter Materialfluß senkrecht zur Blechoberfläche , also in Blechdicke, wünschenswert. Auskunft darüber gibt der r-Wert, für den nach einer Zugverformung parallel zur Blechrichtung die Dehnung in den dazu senkrechten Richtungen, also parallel zur Blechdicke und parallel zur Blechoberfläche (senkrecht zur Blechdicke), gemessen wird. Ein großer r-Wert ist für die Blechumformung von Vorteil, weil ein erschwertes Fließen in Blechdicke eine schnelle Dickenabnahme beim Umformen verhindert, was der Gefahr einer Rißeinleitung entgegenwirkt. Zur Bestimmung des r-Wertes wird üblicherweise aus dem Blech eine Probe so herausgeschnitten, daß die Zugrichtung senkrecht zur Walzrichtung liegt. Da eine einzelne Richtung in der Blechebene keinen Aufschluß darüber geben kann, wie der r-Wert unter einem anderen Winkel zur Walzrichtung aussehen würde, wird zur Bestimmung der Schwankung des r-Wertes in der Blechebene (planaren Anisotropie) der Dr- Wert bestimmt, indem man Zugproben parallel und senkrecht zur Walzrichtung und unter einem Winkel von 45° dazu ausschneidet, die jeweiligen r-Werte bestimmt und nach der Formel Dr = (r - 2r + r )/2 berechnet. 0 45 90
Eine planare Anisotropie, derzufolge bei der Blechumformung das Material nicht in allen Richtungen des Bleches gleich gut fließt, schlägt sich in einer Unebenheit der Ränder nieder und führt bei rotationssymmetrischen Ausgangsblechen zur Bildung von Zipfeln. Diese Zipfel sind zum einen nachteilig, weil sie in einem nachfolgenden Arbeitsgang entfernt werden müssen, wodurch
auch Material verlorengeht, zum anderen, weil sie zu einer uneinheitlichen Blechdicke des hergestellten Bauteils führen.
Wie die Streitpatentschrift erläutert, wird daher zum Tiefziehen von rotationssymmetrischen Stahlteilen möglichst texturfreies kaltgewalztes Band oder Blech eingesetzt, damit ein quasi-isotropes Umformen möglich und das gezogene Teil möglichst zipfelfrei ist.
In der Zeitschrift "Blech, Rohre, Profile" 9/1977, S. 341 ff. (Anl. P 3) wird von Singer die Ursache für die Zipfelbildung beschrieben und ein Maß für die relative Zipfelhöhe Z sowie die ebene Anisotropie Dr definiert, für die jeweils Ergebnisse mit dem Wert Null (zipfelfreies Material) ideal wären. Für die in der Vorveröffentlichung erwähnten Stähle lasse sich jedoch, so die Streitpatentschrift weiter, zipfelfreies Material nur durch (mit einer zweimaligen Gefügeumwandlung verbundenes) Normalglühen des kaltgewalzten Bandes in einer Durchlaufglühe bei etwa 1000 ° C erreichen, wobei im Endzustand eine Korngröße ASTM 8 (Korngrößenklasse der American Society for Testing of Materials ) bei einer relativen Zipfelhöhe von 0,3 bis 0,4 % und Dr ca. ± 0,1 erzielt werde. Für nicht normalisierend geglühtes Band sei nur ein zipfelarmer Zustand durch Kompromisse bei der Verfahrensführung erreichbar, wobei die Walzendtemperaturen bei ca. 750 ° C und die Kaltwalzgrade entweder unter 25 % oder über 80 % liegen sollten; auch solle mit für die Zipfeligkeit als ungünstig bezeichneten Rekristallisationstemperaturen von über 600 ° C gearbeitet werden.
Hieraus und aus den Angaben der Patentschrift zur Aufgabe der Erfindung ergibt sich das technische Problem, ein Stahlblech und ein Verfahren zu
seiner Herstellung vorzuschlagen, das zumindest weitgehend zipfelfrei und auch im übrigen tiefziehgeeignet ist und kostengünstig unter Verzicht auf Normalglühen produziert werden kann.
Die in den verteidigten Ansprüchen 1 und 3 angegebenen erfindungsgemäßen Lösungen lassen sich wie folgt gliedern:
Anspruch 1: Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten Bleches oder Bandes mit guter Umformbarkeit
1. aus Stahl mit folgender Zusammensetzung in Gewichtsprozenten :
1.1 0,02 bis 0,06 % Kohlenstoff, 1.2 0,01 bis 0,40 % Silizium, 1.3 0,10 bis 0,80 % Mangan, 1.4 0,005 bis 0,08 % Phosphor, 1.5 0,005 bis 0,02 % Schwefel, 1.6 max. 0,009 % Stickstoff, 1.7 0,015 bis 0,08 % Aluminium, 1.8 0,01 bis 0,04 % Titan, 1.9 max. 0,15 % von einem oder mehreren der Elemente Kupfer , Vanadium, Nickel, 1.10 Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
1.11 wobei der Titangehalt auf mindestens dem 3,5-fachen des Stickstoffgehalts eingestellt wird,

2. bei dem eine Zipfelfreiheit oder zumindest Zipfelarmut bei einem hohen Streckgrenzenniveau eingestellt wird,
2.1 indem die Bramme auf oberhalb 1120 ° C erwärmt,
2.2 zu Warmband bei einer Walzendtemperatur oberhalb des Ar -Punktes ausgewalzt,

3


2.3 das Band bei 520 ± 100 ° C gehaspelt,
2.4 anschließend kaltgewalzt,
2.4.1 wobei die Kaltwalzung in Abhängigkeit vom Titangehalt mit nachstehenden Umformgraden (e) erfolgt: ca. 0,01 % Titan: e 20 - 60 % ca. 0,02 % Titan: e 10 - 15 oder 40 - 85 %, ca. 0,03 % Titan: e 5 - 25 oder 50 - 85 %, ca. 0,04 % Titan: e 15 - 25 oder 55 - 80 %,
2.5 und nach dem Kaltwalzen rekristallisierend im Bund geglüht wird,
2.5.1 unterhalb der Temperatur A (721 ° C).

1


Anspruch 3: Zum Tiefziehen geeignetes Blech oder Band aus Stahl
A. mit der Zusammensetzung
A.1 0,02 bis 0,06 % Kohlenstoff, A.2 0,01 bis 0,40 % Silizium, A.3 0,10 bis 0,80 % Mangan, A.4 0,005 bis 0,08 % Phosphor, A.5 0,005 bis 0,02 % Schwefel, A.6 max. 0,009 % Stickstoff, A.7 0,015 bis 0,08 % Aluminium, A.8 0,01 bis 0,04 % Titan, A.9 max. 0,15 % von einem oder mehreren der Elemente Kupfer , Vanadium, Nickel, A.10 Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
A.11 wobei der Titangehalt auf mindestens dem 3,5-fachen des Stickstoffgehalts eingestellt ist,
B. mit einer Ferritkorngröße feiner als ASTM 7 für einen Titangehalt von ca. 0,01 % und feiner als ASTM 9 für Titangehalte von 0,015 bis 0,04 % und
C. hergestellt nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1.
Die Erfindung wird von der Streitpatentschrift dahin erläutert, daß bei Anwendung der erfindungsgemäßen Brammen-, Glüh-, Walz- und Haspeltemperaturen (Merkmale 2.1 bis 2.3) für den genannten Stahl (Merkmal 1) ein rekristallisierendes Glühen eines Bundes im Haubenofen (Merkmal 2.5) ausrei-
che, um dem Stahlband hervorragende Tiefzieheigenschaften, insbesondere eine extreme Zipfelarmut, zu geben. Die üblicherweise beim Stand der Technik für den Stahl St 4 Nz oder RSt 14 durch Normalisieren erreichten Werte der Korngröße von bestenfalls ASTM 8 könnten durch rekristallisierendes Glühen unterschritten werden, wobei zusätzlich durch die vom Titangehalt abhängige Wahl entsprechender Kaltwalzgrade (Merkmal 2.4.1) eine niedrige Streckgrenze (R , definiert als der Spannungswert, bei dem nach Entlastung eine Deh- p0.2 nung von 0,2 % verbleibt) beibehalten werden könne. Das ist im Sinne von - für eine leichte und hohe Verformbarkeit vorteilhaften - relativ niedrigen Werten zu verstehen, denn nach Darstellung der Streitpatentschrift hat sich überraschend gezeigt, daß den "zipfelfreien" Umformgraden jeweils ein bestimmtes Zugfestigkeits - und Streckgrenzenniveau zugeordnet werden konnte und die größte Zipfeligkeit bei der niedrigsten Streckgrenze/Zugfestigkeit festzustellen war (Merkmal 2). Ursachen für die günstigen Eigenschaften des erzeugten Blechs sieht die Streitpatentschrift ferner in der frühzeitigen Bildung von Titannitrid (Merkmale 1.8 und 1.11), die verhindere, daß während des rekristallisierenden Glühens ein nachfolgend noch näher erläutertes "pancake-Gefüge" durch Aluminiumnitrid -Ausscheidungen entstehen könne, sowie in durch die Wahl niedriger Haspeltemperaturen überraschend erzielten Warmbandqualitäten, die nach dem Kaltwalzen ein zipfelfreies Material gewährleisteten und eine zusätzliche Kornverfeinerung ermöglichten.
II. Anspruch 1 des Streitpatents in der von der Beklagten verteidigten Fassung des angefochtenen Urteils ist neu.
1. Als von der Streitpatentschrift angesprochenen Fachmann hat das Bundespatentgericht zutreffend einen mit der Herstellung und Entwicklung von
tiefziehfähigem Kaltband befaßten Diplomingenieur mit Hochschulausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung angesehen. Der gerichtliche Sachverständige hat dies dahin ergänzt, daß es sich in der Regel nicht um einen Physiker oder Metallkundler, sondern einen diplomierten (oder auch promovierten) Ingenieur mit eisenhüttenkundlicher Hochschulausbildung handele.
2. Der auf dem Symposium "Warmband für Kaltwalzer" gehaltene Vortrag "Kaltband mit globularem Gefüge" von Bleck/Hübner (Anl. 5 = D 1) nimmt die Lehre des Streitpatents trotz weitgehender Übereinstimmung nicht vollständig vorweg. Es wird dort beschrieben, daß aufgrund der Vorteile der Stranggußtechnik weltweit vermehrt eingesetzte Aluminium-beruhigte Stähle bei der normalen Warmband-Temperaturführung am haubengeglühten Kaltband ein gestrecktes, verhältnismäßig grobes Korn bildeten (sog. pancake-Gefüge). Dieses Gefüge und die damit verbundene Textur seien, obwohl an sich für hohe Umformansprüche sehr vorteilhaft, wegen der Ausbildung einer aufgerauhten Oberfläche ("Orangenhaut") dann unerwünscht, wenn wie z.B. bei Batteriehülsen eine dekorative Oberfläche gefordert sei. Die Autoren schildern die Entwicklung neuer, Al-beruhigter Stähle, die auf der Erkenntnis beruhe, daß sich ein pancake-Gefüge nur bilde, wenn bei der Rekristallisation des kaltgewalzten Stahls feine Aluminiumnitride ausgeschieden würden, die zu einer Gefügeanisotropie und zu einer Texturbeeinflussung führten. Daraus ergebe sich die Aufgabe, die zur Alterungsbeständigkeit notwendige Stickstoffabbindung einem anderen Legierungspartner als Aluminium zu überlassen. Die NAffinität der untersuchten Nitridbildner Bor, Aluminium, Titan nehme in dieser Reihenfolge zu (B/N = 0,77; Al/N = 1,93; Ti/N = 3,42). Sowohl mit stöch. stöch. stöch. einer Ti- als auch mit einer B-Legierung könne die pancake-Bildung im Kaltband unterdrückt werden. Neben für eine Umformung günstigen mechanischen
Eigenschaften des Warmbandes sei der Vorteil der neu entwickelten Stähle in ihrem feinen globularen Gefüge zu sehen. Die Korngröße des Kaltbandes sei dabei stark vom Kaltwalzgrad abhängig; eine Korngröße ³ 9 werde ab einem Kaltwalzgrad von ca. 50 % erzielt. Das feine Gefüge führe allerdings insbesondere beim Ti-legierten Stahl zu einem höheren Streckgrenzenniveau.
Die Zusammensetzung des untersuchten Stahls St 14 (Ti) entspricht derjenigen in Merkmal 1 des Streitpatents. Zwar ist sie in der Druckschrift selbst nicht angegeben; der Fachmann konnte sie jedoch z.B. in der vom Verein Deutscher Eisenhüttenleute herausgegebenen Stahl-Eisen-Liste 1981, in der die in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten Stahlsorten mit ihrem Kurznamen und ihrer chemischen Zusammensetzung angegeben sind (Anl. 12 S. 30), nachsehen und liest sie insofern mit, wenn der untersuchte Stahl mit dem Kürzel St 14 bezeichnet wird.
Die Einhaltung des Merkmals 1.11 folgt aus dem Zusammenhang der Vorveröffentlichung. Zwar ist zu Vergleichszwecken ein unterstöchiometrisch legierter Ti-Stahl untersucht worden, von dem auf S. 7 gesagt wird, daß es bei ihm nach einer Teilrekristallisation zu einer Verzögerung bei der Rekristallisation infolge AlN-Ausscheidung komme. Eine solche Rekristallisationsverzögerung wird der Fachmann jedoch wegen der dadurch nötigen längeren Glühzeit ohne weiteres als nachteilig ansehen. Wenn der Vortrag mit dem Satz schließt, es bleibe festzuhalten, daß im Vergleich zum klassischen Kaltband mit keiner Rekristallisationsverzögerung bei den neu entwickelten Stählen zu rechnen sei, ergibt sich, wie die Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, hieraus für den Fachmann, daß die unterstöchiometrische Legierung des Ti-Stahls nur zur Verdeutlichung der Zu-
sammenhänge erfolgt ist, tatsächlich jedoch vermieden werden soll. Auch den Hinweis der Schrift auf die höhere Streckgrenze des titanlegierten Stahls wird der Fachmann nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht dahin verstehen , daß sich deswegen ein unterstöchiometrisches Titan-StickstoffVerhältnis empfehle.
Zwischen einer stöchiometrischen Einwaage und dem im Streitpatent angegebenen Verhältnis von Ti/N ³ 3,5 kann, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, gleichfalls kein sachlicher Unterschied gesehen werden, da der Fachmann zur Sicherstellung einer vollständigen Abbindung stets geringfügig überdosieren wird.
Eine Stoßofentemperatur von 1250 ° C (und damit eine Erwärmung der Bramme auf oberhalb 1120 ° C, Merkmal 2.1) wird auf S. 3 als üblich bezeichnet. Aufgrund dieser von dem gerichtlichen Sachverständigen bestätigten Üblichkeit würde der Fachmann einen Hinweis erwarten, wenn diese Temperatur bei der Herstellung der geschilderten Stähle trotz ihrer ausdrücklichen Erwähnung nicht angewandt werden soll. Der Fachmann wird eine solche Temperatur daher als nach der Druckschrift auch für das geschilderte Verfahren sinnvoll und angebracht ansehen.
Die Walzendtemperatur (Merkmal 2.2) ist nicht explizit angegeben. Die Klägerin hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, daß es den Normalfall darstellt , das Warmwalzen bei einer Temperatur oberhalb Ar , bei der austeniti-

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sches (g) in ferritisches (a) Gefüge übergeht, zu beenden. Daher bedurfte dies für den Fachmann als selbstverständlich keiner besonderen Erwähnung; auch das hat der Sachverständige bestätigt.

Nach dem Haspeln wird das Band kaltgewalzt (Merkmal 2.4) und entsprechend Merkmal 2.5 nach dem Kaltwalzen rekristallisierend im Bund geglüht (S. 1).
Daß die Kaltwalzung in Abhängigkeit vom Titangehalt mit den in Merkmal 2.4.1 angegebenen Umformgraden erfolgen solle, sagt die Schrift in dieser Form zwar nicht. Sie erwähnt und stellt in Bild 6 jedoch Kaltwalzgrade von ³ 50, insbesondere einen Kaltwalzgrad von 60 % dar, den Merkmal 2.4.1 des Streitpatents für sämtliche angegebenen Titangehalte zuläßt.
Nicht vorgegeben sind hingegen eine Haspeltemperatur von 520 ± 100 ° C (Merkmal 2.3), die Ausführung des rekristallisierenden Glühens bei einer Temperatur unterhalb A (721 ° C) (Merkmal 2.5.1) und die Einstellung

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von Zipfelfreiheit oder zumindest Zipfelarmut bei einem hohen Streckgrenzenniveau.
3. Die von der Klägerin gleichfalls als neuheitsschädlich angesehene japanische Offenlegungsschrift Sho 59-67321 (Anl. 11/11 a = D 6) nimmt den Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls nicht vorweg.
Versuchsbrammen der Stähle mit der in Tabelle 1 angegebenen, Merkmal 1 entsprechenden Zusammensetzung wurden allerdings zu Vergleichszwecken teils auf 1200 ° C, teils auf eine niedrigere Temperatur von 1060 ° C erwärmt. Obwohl die Schrift die höhere, Merkmal 2.1 entsprechende Erwärmung verwirft, ist sie gleichwohl beschrieben und damit dem Fachmann offenbart. Die Brammen wurden bei einer Fertigtemperatur von 850 - 900 ° C warm-
gewalzt (Merkmal 2.2), bei unterschiedlichen, bevorzugt zwischen 300 und 540 ° C liegenden Temperaturen gehaspelt (Merkmal 2.3), anschließend mit einem Kaltwalzgrad von 75 % bei ca. 0,03 % Titan kaltgewalzt (Merkmale 2.4 und 2.4.1) und geglüht.
Die Glühung erfolgte jedoch nicht im Bund, sondern im Durchlauf bei einer Temperatur von 820 ° C (entgegen Merkmalen 2.5 und 2.5.1).
4. Die übrigen von den Parteien diskutierten Schriften liegen weiter ab vom Gegenstand des Streitpatents und sind ebensowenig neuheitsschädlich. Das hat der Sachverständige bestätigt, und auch die Klägerin macht nichts Gegenteiliges mehr geltend. Sie bedürfen daher an dieser Stelle keiner Erörterung.
III. Die technische Lehre des verteidigten Anspruchs 1 war dem Fachmann jedoch durch den Stand der Technik nahegelegt. Es bedurfte keiner erfinderischen Tätigkeit, um von der Entgegenhaltung D 1 zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu gelangen.
Der Fachmann mußte hierzu nur bei der Nacharbeitung des in der Druckschrift beschriebenen titanlegierten Stahls eine Haspeltemperatur im Bereich von 520 ± 100 ° C (Merkmal 2.3) wählen und das rekristallisierende Glühen bei einer Temperatur unterhalb des Punktes A (721 ° C) ausführen (Merk-

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mal 2.5.1). Beides bot sich ihm nach seinem allgemeinen Fachwissen und seiner praktischen Erfahrung an.
1. Zur Haspeltemperatur heißt es in der Entgegenhaltung, die Aluminiumnitridbildung setze erst im Coil ein bzw. werde bei Haspeltemperaturen < 600 ° C sogar vollständig unterdrückt (S. 3 unten). Wie die Beklagte zu Recht vorbringt und der Sachverständige bestätigt hat, ist dem allerdings nicht die Anweisung an den Fachmann zu entnehmen, das Band bei einer unter 600 ° C liegenden Temperatur zu haspeln. Denn der Satz steht im Zusammenhang mit der Erörterung der Ausscheidungstemperatur der untersuchten Nitridbildner B, Al und Ti: bei der üblichen Stoßofentemperatur von 1250 ° C gingen alle Bornitride in Lösung, während die Titannitride noch weitestgehend ausgeschieden seien; in der Warmbandstraße finde dann die BN-Bildung bereits im Austenit in einem weiten Temperaturbereich statt, während die AlN-Ausscheidung auf ein engeres Temperaturintervall zwischen 650 und 850 ° C beschränkt sei und bevorzugt erst im Ferrit erfolge. Es werden insoweit nur, wie der Sachverständige ausgeführt hat, die metallkundlichen Grundlagen der beschriebenen Stahlherstellung referiert. Bei einer stöchiometrischen Titanlegierung besteht wegen der TiN-Ausscheidung tatsächlich keine Notwendigkeit, eine Aluminiumnitridbildung im Coil zu unterdrücken.
Andererseits entnimmt der Fachmann der Druckschrift in diesem Zusammenhang entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nicht den Hinweis, das Warmband bei einer höheren Temperatur zu haspeln, um ein weicheres Warmband zu produzieren, auf das bei der anschließenden Kaltverformung ein geringerer Druck aufgebracht werden muß und das ein Kaltband mit niedrigerer Streckgrenze ergibt. Denn nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen können hohe Haspeltemperaturen zwar für einen gewünschten weichen Stahl gewählt werden, der Fachmann wird bei einem kaltzuwalzenden
Band jedoch das Gefüge als die entscheidende Größe ansehen und deswegen eine hohe Haspeltemperatur als bloße Möglichkeit betrachten.
Die Haspeltemperatur wird vom Fachmann, wie der Sachverständige weiter dargelegt hat, typischerweise experimentell bzw. anhand von Erfahrungswerten bestimmt. Gegen eine hohe Temperatur kann dabei die sich hieraus ergebende Kornvergrößerung sprechen. Der im Streitpatent angegebene Bereich liegt nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen dessen , was der Fachmann üblicherweise in Betracht ziehen und erproben wird. Eine Bestätigung findet dies etwa in der Abhandlung "Strain hardening of highstrength steels" (Anl. 7 = D 3), in der die Haspeltemperatur mit 580 ° C angegeben wird, ebenso wie in der japanischen Offenlegungsschrift Sho 59-67321 (Anl. 11/11 a = D 6), die Haspeltemperaturen von 300 bis 540 ° C erwähnt, die sie einer "hohen Haspeltemperatur" von 650 ° C oder darüber gegenüberstellt (S. 2 - 5 der Übersetzung).
2. Das rekristallisierende Glühen bei einer Temperatur unterhalb des Punktes A , bei dem das ferritische Gefüge in das austenitische übergeht, aus-

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zuführen, lag für den Fachmann gleichfalls nahe. Denn er wählte, wie der Sachverständige erläutert hat, die Glühtemperatur so, daß er einerseits eine vollständige Rekristallisation erreichte, andererseits negative Effekte wie ein unerwünschtes Kornwachstum möglichst vermied. Wegen der Texturschädlichkeit der Gefügeumwandlung glühte er daher im allgemeinen unterhalb des Übergangs zum Austenit. Die Druckschrift D 1 gab dem Fachmann keinen Hinweis , daß bei der Herstellung des beschriebenen titanlegierten Stahls etwas anderes sinnvoll sein könne.
3. Damit legte die Schrift dem Fachmann in Verbindung mit seinem allgemeinen Fachwissen und seiner praktischen Erfahrung die Gesamtkombination der Merkmale des verteidigten Anspruchs 1 nahe. Daß Zipfelfreiheit oder Zipfelarmut bei hohem Streckgrenzenniveau (Merkmal 2) nicht erwähnt sind, ist dabei unerheblich. Denn sie sollen sich nach dem Streitpatent durch die Einhaltung der in den Merkmalen 2.1 bis 2.5.1 ergebenden Parameter bei der Herstellung eines Stahlbandes mit der Zusammensetzung nach Merkmal 1 ergeben und sind daher ebenso notwendige Folge des nahegelegten Herstellungsverfahrens.
IV. Dagegen hat der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, daß es keiner erfinderischen Tätigkeit bedurfte, um vom Stand der Technik zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung des Hilfsantrages der Beklagten zu gelangen.
1. Von der mit dem Hauptantrag verteidigten Anspruchsfassung unterscheidet sich diese dadurch, daß nach Merkmal 1.11' der Titangehalt auf mindestens das Vierfache des Stickstoffgehalts eingestellt wird. Gegen eine solche Anspruchsfassung, die eine Beschränkung gegenüber der Mindestangabe in der primär verteidigten Anspruchsfassung darstellt und den ursprungsoffenbarten Ausführungsbeispielen des Streitpatents entspricht, die den Titangehalt gleichfalls mit mindestens dem Vierfachen des Stickstoffgehalts angeben, bestehen keine Bedenken.
Mit dieser Anspruchsfassung ist ein Verfahren bezeichnet, bei dem der Titangehalt ausgeprägt überstöchiometrisch eingestellt wird, so daß sich durch die Bildung von Titankarbid die Streckgrenze erhöht und der Stahl härter wird.

2. Der Vortrag Bleck/Hübner (D 1) konnte dem Fachmann das so umschriebene Herstellungsverfahren nicht nahelegen.
Zwar hat der Sachverständige das Vorbringen der Klägerin bestätigt, daß der Fachmann, dem es um eine zuverlässige Bindung des Stickstoffs zu tun ist, in der Praxis etwas überstöchiometrisch einwiegen möge. Auch wenn unter diesem Gesichtspunkt mit der Klägerin eine Überdosierung um 10 bis 15 % in Betracht gezogen wird, ergibt sich hieraus jedoch lediglich ein Titangehalt, der das 3,76- bis 3,93fache des Stickstoffgehalts beträgt. Der beanspruchte Gehalt liegt darüber.
Der Fachmann entnimmt der Druckschrift D 1 zwar, wie ausgeführt, daß eine unterstöchiometrische Einstellung des Titangehalts wegen der hierdurch verursachten Verzögerung der Rekristallisation nicht sinnvoll ist. Andererseits fehlt jedoch jede Anregung, Titan gezielt und ausgeprägt überstöchiometrisch in einem Maße einzuwiegen, welches deutlich über das hinausgeht, was zur sicheren Vermeidung eines unterstöchiometrischen Verhältnisses angemessen ist. Nach dem Inhalt der Druckschrift erscheint dies dem Fachmann vielmehr, wie der Sachverständige bestätigt hat, nachteilig, da er die Titanlegierung zwar benötigt, um die gewollte Unterdrückung der pancake-Bildung zu erreichen, dies jedoch nach der Entgegenhaltung D 1 nur um den Preis erreicht wird, daß die Streckgrenzen des beschriebenen Stahl St 14 (Ti), wie auf S. 6 angegeben, insgesamt auf einem an sich unerwünscht höheren Niveau liegen. Aufgrund des feineren Korns seien, so heißt es dort, höhere Dressiergrade zur Beseitigung der Streckgrenzendehnung und zum Erreichen des Streckgrenzenminimums notwendig; für das in Bild 9 gezeigte Beispiel bedeute das konkret, daß
beim Einsatz von St 14 (Ti) anstelle von St 14 der Dressiergrad von 0,5 auf 1,5 % habe angehoben werden müssen und daß im ausdressierten Zustand mit einem um 40 Newton/mm2 höheren Streckgrenzenniveau gerechnet werden müsse. Das entspricht der vom Sachverständigen bestätigten Lehrmeinung zum Prioritätszeitpunkt, für tiefziehgeeignete Bleche eine niedrige Streckgrenze anzustreben, und muß den Fachmann von einer ausgeprägten überstöchiometrischen Titaneinwaage abhalten, von der eine noch höhere Streckgrenze zu erwarten ist.
Aufgrund dessen wird der Fachmann eine solche überstöchiometrische Einwaage auch nicht deshalb erwägen, weil sonst im Stand der Technik höhere Titangehalte erwähnt werden, wie etwa in der Abhandlung "Verbesserung der Eigenschaften von Warmbreitband aus weichem unlegiertem Stahl" in Stahl und Eisen 106 (1986) S. 122 ff. (Anl. 10 = D 5), wo gesagt wird, bei Ti-haltigem Stahl werde das Ti/N-Verhältnis im Bereich zwischen 2 und 4 angestrebt. Denn das ändert nichts daran, daß aus diesem - ohnehin sehr ungenauen - Bereich dem Fachmann bei der Herstellung des titanlegierten Stahls, zum dem ihn die Druckschrift D 1 anregt, nur ein stöchiometrisches Titan-Stickstoff-Verhältnis brauchbar erscheinen wird und er deshalb ein Verhältnis 2:1 ebenso verwerfen wird wie ein Verhältnis gleich oder größer 4:1.
3. Auch im übrigen kann nicht festgestellt werden, daß das Verfahren nach Anspruch 1 in der hilfsweise verteidigten Fassung durch den Stand der Technik nahegelegt worden ist.

a) In einem weiteren Vortrag von Bleck/Hübner mit dem Titel "Kaltband mit besonderen Tiefzieheigenschaften" (Anl. 5 c) wird geschildert, daß es bei
der üblichen Herstellweise von Tiefziehblechen zur Ausbildung einer planaren Anisotropie komme, die beim Tiefziehen zur Zipfelbildung führen könne. Durch geeignete Maßnahmen sei es möglich, die planare Anisotropie zu minimieren und sogar vollständig zu unterdrücken. Dazu gehöre zunächst der Kaltwalzgrad. Kaltwalzgrade über 70 % könnten die planare Anisotropie verringern, seien aber nicht in allen Fällen technisch machbar. Auch bei Kaltwalzgraden von etwa 30 bis 40 % sei der r-Wert nahezu richtungsunabhängig, nachteilig seien jedoch ein geringes r-Wert-Niveau und das sich beim rekristallisierenden Glühen einstellende grobe Gefüge. Sondermaßnahmen wie geänderte Temperaturführung beim Warmbandwalzen, Warmbandglühen oder ein Legieren mit stickstoffaffinen Elementen könnten die Differenzen in der r-Wert-Charakteristik deutlich verkleinern. In diesem Zusammenhang wird ein Bor-legierter Stahl als günstige Alternative zu einem vakuumentkohlten Sonderstahl mit überstöchiometrisch zulegiertem Titan (IF-Stahl) zur Herstellung von gut umformbarem Kaltband mit geringer planarer Anisotropie empfohlen.
Die Aussagen über einen Bor-legierten Stahl lassen sich jedoch, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, nicht ohne weiteres auf einen Titan -legierten Stahl übertragen. Gegen eine solche Übertragung spricht auch, daß der Vortrag selbst zwar auch einen Titan-legierten Stahl erwähnt, jedoch nur als vakuumentkohlten Sondertiefziehstahl und gerade nicht als Alternative zu einem Bor-legierten Stahl im Zusammenhang mit der Vermeidung planarer Anisotropie und daraus sich ergebender Zipfelbildung. Im übrigen fehlen auch hier Hinweise auf eine überstöchiometrische Boreinwaage; vielmehr wird eingangs des Textes (S. 2) darauf hingewiesen, daß die chemische Zusammensetzung des Stahls so zu wählen sei, daß die festigkeitssteigernden Elemente möglichst minimiert würden.


b) Der Schlußbericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften "Recristallisation des tôles d'aciers extra-doux durcies" (D 9) gelangt zu dem Ergebnis, daß die endgültigen Eigenschaften der untersuchten Stähle von den Bedingungen des Warmwalzens, insbesondere von der Temperatur am Ende des Walzens und der Abkühlgeschwindigkeit vor der Haspelung, abhängig seien , während die Haspeltemperatur demgegenüber wenig Einfluß habe (Schlußfolgerung 9.2, S. 9 = S. 13 Übersetzung). Zwar ist, worauf die Klägerin verweist, dem Rapport auch zu entnehmen, daß der untersuchte Stahl Ti-2 mit einem Ti/N-Verhältnis von 49:1 nach einem Haspeln bei einer Temperatur von 500 ° C einen Dr-Wert von 0,02 aufwies (Tab. XIII - (1), also nahezu Isotropie zeigte. Der Stahl Ti-2 entspricht jedoch weder hinsichtlich des (geringeren) Aluminium- noch hinsichtlich des (höheren) Titangehalts den Vorgaben des Streitpatents (Merkmale 1.7 und 1.8). Zudem zeigt Tab. XIV dem Fachmann, daß mit dem Stahl Ti-1, dessen Titangehalt mit 0,12 % noch deutlich höher liegt (Tab. I), mit Haspeln bei hoher Temperatur und Haubenglühen bei 800 ° C mit einem Dr-Wert von Null eine Anisotropie vollständig vermieden wird. Die Empfehlung des Rapports geht dahin, eine Ti- oder Nb-Zugabe von 0,5 bis 0,7 % mit der sorgfältigen Auswahl der Bedingungen für das Warmwalzen und das Kaltwalzen mit einem Verformungsgrad um 70 % und einem geeigneten Durchlaufglühzyklus zu kombinieren, um Bleche mit hoher Festigkeit bei einem günstigen Anisotropiekoeffizienten zu erhalten (9.4). Eine in Richtung auf die Lehre des Streitpatents weisende Anregung ist nicht erkennbar, und auch die Klägerin ist auf die Entgegenhaltung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr zurückgekommen.

c) In der japanischen Offenlegungsschrift (D 6) werden zwei Stahlzusammensetzungen mit deutlich überstöchiometrischem Titananteil (16:1 bzw. 11:1) untersucht. Da die Schrift die erfindungsgemäße Stoßofentemperatur ausdrücklich verwirft, entnimmt ihr der Fachmann jedoch, wie die Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen bestätigt hat, keine zum dem Verfahren nach dem Streitpatent führende Anregung.
V. Auch für Anspruch 3 des Streitpatents in der Fassung des Hilfsantrags der Beklagten lassen sich die Voraussetzungen einer Nichtigerklärung nicht feststellen.
1. Anspruch 3 ist ein auf ein zum Tiefziehen geeignetes Blech oder Band gerichteter Sachanspruch. Sein Gegenstand ist durch drei Merkmale gekennzeichnet : zum ersten durch die "gegebene Zusammensetzung", d.h. die Stahlanalyse nach Merkmal A, zum zweiten durch die Ferritkorngröße nach Merkmal B und zum dritten durch das Verfahren nach Anspruch 1 oder 2 (Merkmal C). Während die beiden ersten Merkmale physikalische Eigenschaften der Sache selbst bezeichnen, umschreibt Merkmal C diese mittelbar durch das Verfahren zu ihrer Herstellung.
Aus der Eigenschaft eines Sachanspruchs folgt, daß es für den Rechtsbestand des Anspruchs 3 nicht auf die Patentfähigkeit des Verfahrens, sondern nur auf die Patentfähigkeit des beanspruchten Stahlblechs oder Stahlbands ankommt (Sen., BGHZ 122, 144, 154/155 - tetraploide Kamille). Damit wird das Verfahren jedoch nicht bedeutungslos. Vielmehr gehören zu den Sachmerkmalen der hierdurch bezeichnete beanspruchte Gegenstand und s eine erfindungsgemäßen körperlichen oder funktionalen Eigenschaften, die sich aus der Anwendung
des Verfahrens bei seiner Herstellung ergeben. Welche das sind, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln. Maßgebend ist dabei - wie stets - wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlußfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der auf diesem Wege herstellbaren Sache zieht.
Im Streitfall wird das beanspruchte Stahlblech oder -band nicht allein durch die Stahlanalyse und die Korngröße definiert. In diesem Fall wäre die Angabe des Herstellungsverfahrens überflüssig, die jedoch gerade dazu bestimmt ist, das Verfahrenserzeugnis selbst weiter zu kennzeichnen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Bezugnahme auf das Verfahren nach Anspruch 1 aber auch nicht lediglich dahin verstanden werden, daß das Blech oder Band beim Tiefziehen Zipfelfreiheit oder zumindest Zipfelarmut und ein hohes Streckgrenzenniveau aufweist. Schon nach der Problemstellung (vgl. S. 2 Z. 44 - 46 und S. 2 Z. 67 - S. 3 Z. 3) geht es dem Streitpatent um ein kostengünstig herstellbares tiefziehgeeignetes Stahlblech oder -band. Nach der Streitpatentschrift beeinflussen die verschiedenen Maßnahmen zur Verfahrensführung , die in ihrer Kombination in Anspruch 1 unter Schutz gestellt sind, wechselseitig die (physikalische) Beschaffenheit des Blechs oder Bands. Die Zipfelfreiheit oder zumindest -armut ist zum einen vom Kaltwalzgrad abhängig, der wiederum in Abhängigkeit vom Titangehalt zu wählen ist. Zum anderen spielen die Temperaturen der verschiedenen Umformschritte eine Rolle, namentlich die Haspeltemperatur und die Glühtemperatur. Aus dem Zusammenwirken dieser jeweils erfindungsgemäß eingestellten Parameter ergibt sich (jeweils ) ein bestimmtes Gefüge des kaltgewalzten Stahlblechs, das bei einem erhöhten, aber immer noch relativ niedrigen Streckgrenzenniveau als zumindest zipfelarm qualifiziert werden kann. Da dieses Gefüge mit räumlich-
körperlichen Merkmalen nicht zuverlässig charakterisiert werden kann, charakterisiert Anspruch 3 des Streitpatents es mittelbar durch die Angabe des Herstellungsweges. Zipfelarmut bei hohem Streckgrenzenniveau reicht hingegen auch gemeinsam mit der Stahlanalyse und der Ferritkorngröße zur Kennzeichnung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses nicht aus. Denn annähernde Zipfelfreiheit bei einer Korngröße ASTM 8 war nach der Streitpatentschrift auch im Stand der Technik - wenn auch mit den damit verbundenen Nachteilen - etwa durch Normalglühen erreichbar (S. 2 Z. 18-20). Ein "hohes" Streckgrenzenniveau im Sinne des Streitpatents läßt sich sinnvoll überhaupt nur relativ in bezug auf einen bestimmten Kaltwalzgrad einer bestimmten Legierung verstehen. Denn wie die Streitpatentschrift auf S. 2 Z. 58-60 bemerkt und Figur 11 der Streitpatentschrift zeigt, liegt das erfindungsgemäß zugelassene Streckgrenzenniveau in einem breiten Bereich zwischen 175 und 450 Newton/mm2 und ist insbesondere bei geringerem Titananteil nur insofern hoch, als die geringere Zipfeligkeit bei höheren Streckgrenzen festzustellen war (S. 3 Z. 57-59). Selbst das gilt im übrigen nicht ausnahmslos, wie Fig. 11 zeigt, wo z.B. bei Legierung A bei e > 60 % die Streckgrenze außerhalb des erfindungsgemäßen Bereichs höher liegt als bei e £ 60 % innerhalb des erfindungsgemäßen Bereichs. Anspruch 3 des Streitpatents kennzeichnet den erfindungsgemäßen Stahl hiernach - auch - dadurch, daß er unter Beachtung der Verfahrensmerkmale 2 bis 2.5.1 hergestellt worden ist.
2. Daraus ergibt sich, daß der druckschriftliche Stand der Technik den Gegenstand des Anspruchs 3 ebensowenig vorwegnimmt oder nahelegt wie das Verfahren nach Anspruch 1. Denn um das wie vorstehend gekennzeichnete Stahlblech oder -band in die Hand zu bekommen (Sen., BGHZ 103, 150,
156/157 - Fluoran), mußte der Fachmann den Herstellungsweg nach Anspruch 1 kennen und anwenden.
3. Das erfindungsgemäße Band wird aber auch durch die von der Klägerin geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nicht vorweggenommen. Dabei kann mit dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen werden, daß die Klägerin nach einem Anspruch 1 entsprechenden Verfahren (in der Alternative 0,018 % Titan, einem Ti/N-Verhältnis von 4:1 und einem Kaltwalzgrad von 61,4 - 63,5 %) Stahlband hergestellt hat, das zipfelarm war und eine Ferritkorngröße feiner als ASTM 9 aufgewiesen hat. Ein Band nach Anspruch 3 ist damit der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht worden (§ 3 Abs. 1 PatG).
Ob das entsprechend der Auffassung des Bundespatentgerichts schon deshalb gilt, weil nicht feststeht, daß entsprechende Coils vor dem Anmeldetag des Streitpatents an Kunden ausgeliefert worden sind, bedarf keiner Entscheidung. Ebenso kann dahinstehen, ob der weiteren Annahme des Bundespatentgerichts gefolgt werden könnte, es wäre zwar für Fachleute ohne weiteres möglich gewesen, den gelieferten Stahl innerhalb etwa einer Woche ohne unzumutbaren Aufwand zu analysieren, dies habe jedoch zu fern gelegen und sei deshalb als rein theoretische Möglichkeit außer Betracht zu lassen, da es sich nur um ca. 0,03 % der Jahresproduktion der Klägerin gehandelt habe, die als handelsübliche Stahlqualitäten ST 12 bis 14 ausgeliefert worden seien und deren Analyse allenfalls infolge eines reinen Zufalls erfolgt wäre. Das gleiche gilt für die Erwägung der Beklagten, der Fachmann habe jedenfalls keinen Anlaß gehabt, das Kaltband auf Zipfelfreiheit zu untersuchen, da hierfür bei der gelieferten Qualität in der maßgeblichen DIN 1623 keine Werte festgelegt gewesen seien. Denn eine mit zumutbarem Aufwand durchgeführte Analyse des
gelieferten Bandes hätte dem Fachmann den Gegenstand des Anspruchs 3 des Streitpatents nicht zugänglich gemacht.
Durch die Analyse hätte er nämlich nur die Zusammensetzung nach Anspruch 1, die bestehende Zipfelfreiheit oder -armut sowie die Streckgrenze feststellen können. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß er dem kaltgewalzten Erzeugnis die Einzelheiten der Verfahrensführung nach der Merkmalsgruppe 2 des Anspruchs 1 und die sich erst daraus ergebenden Eigenschaften hätte entnehmen können. Ohne Kenntnis des Verfahrens hätte er auch ein dem Verfahren entsprechendes Produkt nicht herstellen können, und eine neuheitsschädliche Vorwegnahme des Produkts ist schon aus diesem Grunde zu verneinen (Sen., BGHZ 103, 150 - Fluoran; Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz , 9. Aufl., § 3 PatG Rdn. 51, 52; Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 3 Rdn. 116, 117; Rogge, GRUR 1996, 931, 933 mit Fn. 13). Das Bundespatentgericht hat in diesem Zusammenhang allerdings als zwischen den Parteien unstreitig behandelt, daß die Klägerin ihren Kunden auf Anfrage über die Verfahrensschritte , soweit sie nicht ohnehin zum Wissen des Fachmanns gehörten oder sich aus der Beschaffenheit des Stahls ergaben, Auskunft gegeben hätte. Daß die Klägerin hierzu bereit gewesen wäre, bestreitet die Beklagte jedenfalls in der Berufungsinstanz. Auf diese Bereitschaft kommt es jedoch nicht an. Eine Benutzungshandlung ist offenkundig, wenn sie die nicht zu entfernte Möglichkeit eröffnet, daß beliebige Dritte und damit auch Fachkundige zuverlässige, ausreichende Kenntnis von der Erfindung erhalten (Sen.Beschl. v. 05.03.1996 - X ZB 13/92, GRUR 1996, 747, 752 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem ). Maßgeblich ist deshalb nicht, ob die Klägerin bereit gewesen wäre, die fehlenden Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sondern ob sie diese Möglichkeit tatsächlich eröffnet hat. Insofern gilt für die Offenba-
rung der Verfahrensführung nichts anderes als für die Offenbarung der Stahlzusammensetzung. Daß sie tatsächlich einen Kunden entsprechend unterrichtet oder auch nur allgemein ihre Bereitschaft dazu erklärt hat, wird von der Klägerin jedoch nicht behauptet, und dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte.
VI. Die mit der Nichtigkeitsklage ebenfalls angegriffenen Patentansprüche 2 und 4 haben weitere Ausgestaltungen der Lehre der Patentansprüche 1 und 3 in ihrer hilfsweise verteidigten Fassung zum Gegenstand, sind auf diese rückbezogen und werden daher durch deren Patentfähigkeit ebenfalls getragen.
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 110 Abs. 3 Satz 2 PatG in der nach Art. 29 2. PatGÄ ndG weiter anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Rogge Melullis Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck

(1) Artikel I, Artikel V, Artikel VIII sowie die §§ 2 und 3 dieses Artikels treten am 1. Oktober 1976 in Kraft.

(2) Der Tag, an dem

1.
das Straßburger Patentübereinkommen nach seinem Artikel 9,
2.
der Patentzusammenarbeitsvertrag nach seinem Artikel 63,
3.
das Europäische Patentübereinkommen nach seinem Artikel 169
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(3) Artikel II, Artikel VII sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 10 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 1 treten an dem Tag in Kraft, an dem nach der Bestimmung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation europäische Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt eingereicht werden können (Artikel 162 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens); der Tag des Inkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(4) Artikel III sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 11 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 2 treten an dem Tag in Kraft, an dem der Patentzusammenarbeitsvertrag für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

(5) Artikel IV sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung der Buchstaben r und s in Artikel 1 § 1 Buchstabe A Nr. 3 des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und § 1 dieses Artikels treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Europäischen Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft, Artikel IV jedoch unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 6.

(6) Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 4 des Patentgesetzes betrifft, und Nr. 7 sowie Artikel VI treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Straßburger Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt für die Anwendung von Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 1 und 2 des Patentgesetzes betrifft, eine innerhalb von sechs Monaten vor der Anmeldung erfolgte Beschreibung oder Benutzung außer Betracht, wenn sie auf der Erfindung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 168/00 Verkündet am:
12. März 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Schneidmesser I
PatG 1981 § 14; EPÜ Art. 69

a) Durch in den Patentanspruch aufgenommene Zahlen- und Maßangaben
wird der Schutzgegenstand des Patents mitbestimmt und damit auch begrenzt.
Wie jeder Bestandteil eines Patentanspruchs sind Zahlen- und
Maßangaben jedoch grundsätzlich der Auslegung fähig.

b) Erschließt sich dem Fachmann kein abweichender Zahlenwert als im Sinne
des anspruchsgemäßen Wertes gleichwirkend, erstreckt sich der Schutzbereich
insoweit nicht über den Sinngehalt des Anspruchs hinaus.
BGH, Urt. v. 12. März 2002 - X ZR 168/00 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 23. August 2000 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschlieûlichen Lizenz an dem am 12. Juni 1987 angemeldeten deutschen Patent 37 19 721 (Klagepatent), wegen dessen Verletzung sie die Beklagte in Anspruch nimmt.
Das Klagepatent ist im Einspruchsverfahren vom Bundespatentgericht beschränkt aufrechterhalten worden. Patentanspruch 1 lautet danach:
"Mit einem Gegenmesser zusammenwirkendes Schneidmesser (1) für Rotationsschneidanlagen für Papier, insbesondere mehrlagige vereinzelte Papierprodukte in Schuppenformation, mit einem runden, im wesentlichen kegelstumpfförmigen Grundkörper (4), dessen zur senkrecht zur Drehachse verlaufenden Schneidebene (6) konische Tragfläche Klingen (8) o. dgl. trägt, dadurch gekennzeichnet , daû die Klingen (8)

a) auf der kegelstumpfförmigen Rückfläche (3) des Grundkörpers (4) angeordnet sind und mit der Schneidebene (6) einen Winkel (5) von 10°- 22°, vorzugsweise 16° einschlieûen,

b) in unterschiedlichen Schneidstellungen in Richtung auf die Schneidebene (6) in länglichen Aussparungen (18) des Grundkörpers (4) verschiebbar gelagert und in diesem arretierbar sind,

c) mit ihren Längsachsen einen spitzen Winkel zum jeweiligen Radius des Grundkörpers (4), der 9° - 12° beträgt, einschlieûen ,
- in Draufsicht rechteckig ausgebildet sind, und
- in Zahnform die Schneidfläche (13) bilden."
Die Beklagte ist als übernehmende Gesellschaft Rechtsnachfolgerin der mit ihr verschmolzenen E. GmbH (im folgenden: E.). E. belieferte ein französi-
sches Unternehmen, das eine Rotationsschneidemaschine von der Klägerin bezogen hatte, mit passenden Schneidmessern, in denen die Klägerin eine Verletzung des Klagepatents sieht.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäû zur Unterlassung und zur Rechnungslegung verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung festgestellt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daû die angegriffenen Schneidmesser in den Schutzbereich des Klagepatents fallen und die Beklagte wegen deren Herstellung und Vertriebs zur Unterlassung, zum Schadensersatz und zur Entschädigung sowie zur Rechnungslegung verpflichtet ist (§§ 14, 139 Abs. 1 und 2, 33 Abs. 1 PatG, 242 BGB).
I. Das Klagepatent betrifft ein Schneidmesser für Rotationsschneidanlagen für Papier. Derartige Schneidmesser dienen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, im Zusammenwirken mit einem Gegenmesser eine Schuppe aus vereinzelten, überlappend aufeinanderliegenden Druckerzeug-
nissen zu beschneiden. Sie bestehen aus einem runden Grundkörper, dessen zur - senkrecht zur Drehachse verlaufenden - Schneidebene konische Tragfläche mit einer Vielzahl von Klingen bestückt ist.
Bei einem aus der deutschen Offenlegungsschrift 35 36 989 bekannten Schneidmesser dieser Art ist die konische Tragfläche als Vorderfläche des Grundkörpers der Schneidebene zugekehrt. Sind die Schneidflächen der (unverschiebbar ) in Ausnehmungen der Tragfläche untergebrachten Klingen abgenutzt , können sie zwar nachgeschliffen werden, jedoch verringert sich der Durchmesser des Schneidmessers entsprechend.
Das Berufungsgericht hat das technische Problem in Übereinstimmung mit den Angaben in der Klagepatentschrift dahin formuliert, die Lebensdauer derartiger Schneidmesser zu erhöhen und gleichzeitig zu gewährleisten, daû der jeweils wirksame Radius der Schneidflächen auch nach einem etwaigen Nachschleifen unverändert bleiben kann, und die erfindungsgemäûe Lösung nach dem aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 wie folgt in Merkmale gegliedert :
1. Es handelt sich um ein mit einem Gegenmesser zusammenwirkendes Schneidmesser für Rotationsschneidanlagen für Papier, insbesondere mehrlagige vereinzelte Papierprodukte in Schuppenformation.
2. Das Schneidmesser besitzt einen runden, im wesentlichen kegelstumpfförmigen Grundkörper.
3. Der Grundkörper weist eine Tragfläche auf, die zur - senkrecht zur Drehachse verlaufenden - Schneidebene konisch ist und Klingen oder dergleichen trägt.
4. Die Klingen

a) sind auf der kegelstumpfförmigen Rückfläche des Grundkörpers angeordnet und schlieûen mit der Schneidebene einen Winkel von 10° bis 22°, vorzugsweise von 16°, ein,

b) sind in unterschiedlichen Schneidstellungen in Richtung auf die Schneidebene in länglichen Aussparungen des Grundkörpers verschiebbar gelagert und in diesen arretierbar,

c) schlieûen mit ihren Längsachsen einen spitzen Winkel zum jeweiligen Radius des Grundkörpers ein, wobei der Winkel 9° bis 12° beträgt ,

d) sind in Draufsicht rechteckig ausgebildet und

e) bilden in Zahnform die Schneidfläche.
Nach den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, bei denen es sich auf den Beschluû des Bundespatentgerichts im Einspruchsverfahren bezogen hat, unterscheidet sich das so umschriebene Schneidmesser von dem im Einspruchsverfahren gewürdigten Stand der Technik insbesondere dadurch, daû die Klingenlängsachsen nur einen kleinen Winkel von 9° bis 12° zum
Radius des Grundkörpers aufweisen und die Schneidkanten entsprechend flach in das Schneidgut eintauchen, wodurch sich eine besonders vorteilhafte Schnittführung ergibt. Das wird weder von der Revisionsklägerin noch von der Revisionsbeklagten angegriffen und läût keinen Rechtsfehler erkennen.
II. Auch insoweit unbeanstandet und rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiterhin festgestellt, daû das von E. hergestellte und vertriebene Schneidmesser bis auf Merkmal 4 c) wortsinngemäû Patentanspruch 1 des Klagepatents entspreche. Hinsichtlich des streitigen Merkmals 4 c) hat das Landgericht gemeint, daû auch dieses verwirklicht sei, weil der Winkel bei der angegriffenen Ausführungsform selbst mit dem von der Beklagten behaupteten Maû von 8° 40' noch im Wortsinn des Anspruchs liege, zu dem der Fachmann den in der DIN ISO 2768 T2 für die Toleranzklassen "fein" und "mittel" vorgesehenen Toleranzbereich von ± 20' rechne. Das Berufungsgericht hat offengelassen , ob dem zu folgen sei, und angenommen, daû ein Winkel von 8° 40' jedenfalls eine Verletzung des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln begründe.
1. Die Auffassung der Beklagten, der Schutzbereich eines Patents, in dessen Anspruch Maûangaben als Höchst- und Mindestwerte angegeben seien , beschränke sich unter Ausschluû von Äquivalenten auf den im Anspruch genannten Bereich, hat das Berufungsgericht für unzutreffend erachtet. Zwar möge die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage vor 1978 (Sen.Urt. v. 31.1.1984 - X ZR 7/82, GRUR 1984, 425 - Bierklärmittel) im Hinblick auf die durch § 14 PatG betonte Bedeutung der Patentansprüche für die Bemessung des Schutzbereichs sowie unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Rechtssicherheit einer Einschränkung bedürfen. Sie könne jedoch nicht so weit gehen, daû jeder über den Anspruchswortlaut hinausgehende
Schutzbereich ausgeschlossen sei. Vielmehr erfasse, soweit nicht der Stand der Technik oder sonstige Umstände wie etwa Beschränkungen oder Verzichtserklärungen im Erteilungsverfahren eine einschränkende Auslegung geböten , der Schutzbereich eines Patents, dessen Anspruch Zahl- und Maûangaben enthalte, jedenfalls solche Ausführungsformen, bei denen von dem im Patent beanspruchten Bereich nur in derart geringfügigem Maû abgewichen werden, daû sich dem Fachmann die Gleichwirkung geradezu aufdränge.
2. Die Revision ist demgegenüber der Meinung, das entscheidende Gewicht , das der Rechtssicherheit für auûenstehende Dritte nach dem Auslegungsprotokoll zu Art. 69 EPÜ zukomme, hindere, den Schutzbereich von Patentansprüchen , die Zahlenangaben als Höchst- und Mindestwerte enthalten, durch Äquivalenzbetrachtungen über die im Patentanspruch genannten Grenzen hinaus zu erweitern. Solche Höchst- und Mindestwerte müûten vielmehr wörtlich genommen und als absolute Grenzen des Schutzbereichs behandelt werden. Die Rechtsprechung des Senats zur Erstreckung des Schutzbereichs auf äquivalente Ausführungsformen sei nicht auf Anspruchsmerkmale übertragbar , die mit der Formulierung "von ... bis" mit Zahlen- und Maûangaben Höchst- und Mindestwerte festlegten. Die Lehre von der Äquivalenz sei für normale Anspruchsmerkmale entwickelt worden, die den unter Schutz gestellten Gegenstand mit Worten und Begriffen definierten. Zahlen- und Maûangaben seien schon begrifflich durch die Angabe der Maûeinheit und des Zahlenwertes um ein Vielfaches schärfer und exakter definiert als ein normales, in Worten und Begriffen formuliertes Anspruchsmerkmal; sie würden daher vom angesprochenen Verkehr von vornherein als exakte scharf definierte Grenze des Schutzbereichs verstanden. Zudem habe es der Anmelder in der Hand, die
im Patentanspruch angegebenen Höchst- und Mindestwerte zu variieren und exakt an den Anwendungsbereich der Erfindung anzupassen.
3. Dem kann nur zum Teil gefolgt werden.

a) Nach § 14 PatG und der wortgleichen Vorschrift des Art. 69 Abs. 1 EPÜ wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Nach den Grundsätzen, die der erkennende Senat hierzu entwickelt hat, dient die Auslegung der Patentansprüche nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung (BGHZ 98, 12, 18 f. - Formstein; 105, 1, 10 - Ionenanalyse; 125, 303, 309 f. - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung ). Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschlieûlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maûgebend ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln. Macht die angegriffene Ausführungsform von dem so ermittelten Sinngehalt eines Patentanspruchs Gebrauch, dann wird die unter Schutz stehende Erfindung benutzt. Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fach-
mann auf Grund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr). Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, daû der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maûgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGHZ 106, 84, 90 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886, 889 - Weichvorrichtung I). Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, daû sie (1.) das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen , die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann (Einzelheiten hierzu Sen.Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr), müssen (3.) darüber hinaus die Überlegungen , die der Fachmann anstellen muû, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, daû der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.

Von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht kein Anlaû. Sie stehen in Einklang mit dem Protokoll über die Auslegung von Art. 69 Abs. 1 EPÜ (BGBl. 1976 II 1000), das nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BGHZ 106, 84, 93 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung) auch zur Auslegung von § 14 PatG heranzuziehen ist. Nach Art. 2 Nr. 1 der Münchener Revisionsakte zum Europäischen Patentübereinkommen vom 29.11.2000 soll zukünftig das revidierte Auslegungsprotokoll in Art. 2 ausdrücklich vorsehen, daû bei der Bestimmung des Schutzbereichs des europäischen Patents solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen ist, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind.

b) Die Grundsätze der Schutzbereichsbestimmung sind auch dann anzuwenden , wenn der Patentanspruch Zahlen- oder Maûangaben enthält. Solche Angaben nehmen an der Verbindlichkeit des Patentanspruchs als maûgeblicher Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs teil. Die Aufnahme von Zahlen- oder Maûangaben in den Anspruch verdeutlicht, daû sie den Schutzgegenstand des Patents mitbestimmen und damit auch begrenzen sollen (Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung). Es verbietet sich daher, solche Angaben als minder verbindliche, lediglich beispielhafte Festlegungen der geschützten technischen Lehre anzusehen, wie dies in der Rechtsprechung zur Rechtslage im Inland vor Inkrafttreten des Art. 69 EPÜ und der entsprechenden Neuregelung des nationalen Rechts für möglich erachtet worden ist (vgl. RGZ 86, 412, 416 f. - pyrophore Metallegierungen; RG, Urt. v. 10.3.1928 - I 238/27, GRUR 1928, 481 - Preûhefe I; OGH BrZ 3, 63, 71 f. - künstliche Wursthüllen).


c) Wie jeder Bestandteil eines Patentanspruchs sind Zahlen- und Maûangaben grundsätzlich der Auslegung fähig. Wie auch sonst kommt es darauf an, wie der Fachmann solche Angaben im Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs versteht, wobei auch hier zur Erläuterung dieses Zusammenhangs Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind. Dabei ist zu berücksichtigen , daû Zahlen- und Maûangaben schon nach ihrem objektiven Gehalt, der auch das Verständnis des Fachmanns prägen wird, nicht einheitlich sind, sondern in unterschiedlichen Formen Sachverhalte mit durchaus verschiedenen Inhalten bezeichnen können.

d) Schon diese Umstände schlieûen es aus, daû der Fachmann Zahlen-, Maû- oder Bereichsangaben eine immer gleiche feste Bedeutung zuweisen wird. Jedoch wird er solchen Angaben in aller Regel einen höheren Grad an Eindeutigkeit und Klarheit zubilligen, als dies bei verbal umschriebenen Elementen der erfindungsgemäûen Lehre der Fall wäre (v. Rospatt, GRUR 2001, 991, 993). Denn Zahlen sind als solche eindeutig, während sprachlich formulierte allgemeine Begriffe eine gewisse Abstraktion von dem durch sie bezeichneten Gegenstand bedeuten. Zudem müssen solche Begriffe, wenn sie in einer Patentschrift verwendet werden, nicht notwendig in dem Sinn gebraucht werden , den der allgemeine technische Sprachgebrauch ihnen beimiût; die Patentschrift kann insoweit ihr "eigenes Wörterbuch" bilden (vgl. Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; v. 13.4.1999 - X ZR 23/97, Mitt. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Aus der Sicht des fachmännischen Lesers kann durch Zahlen- und Maûangaben konkretisierten Merkmalen deshalb die Bedeutung zukommen, daû der objektive, erfindungsgemäû zu erreichende Erfolg genauer und gegebenenfalls enger eingegrenzt
wird, als dies bei bloû verbaler Umschreibung der Fall wäre. Da es Sache des Anmelders ist, dafür zu sorgen, daû in den Patentansprüchen alles niedergelegt ist, wofür er Schutz begehrt (Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 905 - Batteriekastenschnur; v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - Mechanische Betätigungsvorrichtung), darf der Leser der Patentschrift annehmen, daû diesem Erfordernis auch bei der Aufnahme von Zahlenangaben in die Formulierung der Patentansprüche genügt worden ist. Dies gilt um so mehr, als der Anmelder bei Zahlenangaben besonderen Anlaû hat, sich über die Konsequenzen der Anspruchsformulierung für die Grenzen des nachgesuchten Patentschutzes klar zu werden.
Daher ist eine deutlich strengere Beurteilung angebracht, als es der Praxis zur Rechtslage in Deutschland vor 1978 entsprach (Bruchhausen, GRUR 1982, 1, 4). Eine eindeutige Zahlenangabe bestimmt und begrenzt den geschützten Gegenstand grundsätzlich insoweit abschlieûend; ihre Über- oder Unterschreitung ist daher in aller Regel nicht mehr zum Gegenstand des Patentanspruchs zu rechnen (v. Falck, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 543, 577).
Andererseits schlieût dies nicht aus, daû der Fachmann eine gewisse, beispielsweise übliche Toleranzen umfassende, Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansieht. So hat das House of Lords in der Catnic-Entscheidung (R.P.C. 1982, 163; deutsch GRUR Int. 1982, 136), die allerdings die Rechtslage im Vereinigten Königreich vor der europäischen Harmonisierung betraf, bei einem auf einen rechten Winkel gerichteten Anspruchsmerkmal Abweichungen von 6° bzw. 8° vom rechten Winkel als mit
der Annahme einer Benutzung der geschützten Lehre vereinbar angesehen. In einem solchen Fall kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob im Anspruch von einem rechten Winkel oder von 90° die Rede ist. Maûgeblich ist vielmehr der unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu ermittelnde Sinngehalt des Patentanspruchs. In einem anderem Zusammenhang kann der gleiche Winkel sich daher dem Fachmann auch als exakt einzuhaltende Gröûe darstellen. Dies gilt grundsätzlich auch für Zahlenbereiche mit Grenzwerten (vgl. Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung; vgl. auch White, The C.I.P.A. Guide to the Patents Act, 5. Aufl., Part III, Section 125 Rdn. 22 mit Hinweis auf die soweit ersichtlich - insoweit - unveröffentlichten Entscheidungen Lubrizol v. Esso und Goldschmidt v. EOC Belgium). Ein Verständnis , daû ein Wert genau einzuhalten ist, wird vor allem dann der Vorstellung des Fachmanns entsprechen, wenn er erkennt, daû es sich um einen "kritischen" Wert handelt. Wie eine bestimmte Zahlen- oder Maûangabe im Patentanspruch demnach zu verstehen ist, ist eine Frage des der tatrichterlichen Beurteilung unterliegenden fachmännischen Verständnisses im Einzelfall.

d) Wie für die Erfassung des technischen Sinngehalts des Patentanspruchs gilt auch für die Bestimmung eines über diesen hinausreichenden Schutzbereichs, daû im Anspruch enthaltene Zahlen- oder Maûangaben mit den angegebenen Werten den geschützten Gegenstand begrenzen. Im Rahmen der Schutzbereichsbestimmung darf vom Sinngehalt der Zahlen- und Maûangaben nicht abstrahiert werden. Bei der Prüfung der Frage, ob der Fachmann eine Ausführungsform mit einem vom Anspruch abweichenden Zahlenwert aufgrund von Überlegungen, die sich am Sinngehalt der im Anspruch umschriebenen Erfindung orientieren, als gleichwirkende Lösung auffinden kann, muû vielmehr die sich aus der Zahlenangabe ergebende Eingren-
zung des objektiven, erfindungsgemäû zu erreichenden Erfolgs berücksichtigt werden. Als im Sinne des Patentanspruchs gleichwirkend kann nur eine Ausführungsform angesehen werden, die der Fachmann als eine solche auffinden kann, die nicht nur überhaupt die Wirkung eines - im Anspruch zahlenmäûig eingegrenzten - Merkmals der Erfindung erzielt, sondern auch gerade diejenige , die nach seinem Verständnis anspruchsgemäû der zahlenmäûigen Eingrenzung dieses Merkmals zukommen soll. Fehlt es daran, ist auch eine objektiv und für den Fachmann erkennbar technisch ansonsten gleichwirkende Ausführungsform vom Schutzbereich des Patents grundsätzlich nicht umfaût.
Damit im Kern übereinstimmend hat auch die Rechtsprechung im Vereinigten Königreich zur Feststellung einer Verletzung geprüft, ob die fachkundige Öffentlichkeit erwarten und sich darauf einstellen darf, daû es nach dem Patent auf die genaue Einhaltung des Wortlauts des Patentanspruchs ankommen soll (vgl. die sog. dritte Catnic-Frage; für das harmonisierte Recht u.a. Patents Court, F.S.R. 1989, 181 = GRUR Int. 1993, 245 - Improver Corporation v. Remington Consumer Products Ltd. ("Epilady"-Fall); Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Bezogen auf ein einzelnes Merkmal des Patentanspruchs geht es darum, ob das betreffende Merkmal dem Fachmann als ein solches erscheint, das ausschlieûlich wortsinngemäû benutzt werden kann, wenn die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln eingehalten werden soll (vgl. Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Ein solches Verständnis kann insbesondere bei Zahlen- und Maûangaben in Betracht zu ziehen sein (vgl. Patents Court, R.P.C. 1997, 649 - Auchincloss v. Agricultural & Veterinary Supplies Ltd.).
Wie bei anderen Elementen des Patentanspruchs auch darf deshalb die anspruchsgemäûe Wirkung nicht unter Auûerachtlassung von im Anspruch enthaltenen Zahlen- und Maûangaben bestimmt werden. Es reicht daher für die Einbeziehung abweichender Ausführungsformen in den Schutzbereich grundsätzlich nicht aus, daû nach der Erkenntnis des Fachmanns die erfindungsgemäûe Wirkung im übrigen unabhängig von der Einhaltung des Zahlenwertes eintritt. Erschlieût sich dem Fachmann kein abweichender Zahlenwert als im Sinne des anspruchsgemäûen Wertes gleichwirkend, erstreckt sich der Schutzbereich insoweit nicht über den Sinngehalt des Patentanspruchs hinaus. Die anspruchsgemäûe Wirkung des zahlenmäûig bestimmten Merkmals wird in diesem Fall nach dem Verständnis des Fachmanns durch die (genaue ) Einhaltung eines Zahlenwertes bestimmt und kann daher notwendigerweise durch einen abweichenden Zahlenwert nicht erzielt werden. In einem solchen Fall genügt es nicht, daû der Fachmann auch eine von der Zahlenangabe abstrahierende Lehre als technisch sinnvoll erkennt.
Der Anmelder wird nicht immer den vollen technischen Gehalt der Erfindung erkennen und ausschöpfen; er ist auch - unbeschadet der Frage, ob ihm das rechtlich möglich ist - von Rechts wegen nicht gehalten, dies zu tun. Beschränkt sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung , als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre, darf die Fachwelt darauf vertrauen, daû der Schutz entsprechend beschränkt ist. Dem Patentinhaber ist es dann verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen. Das gilt selbst dann, wenn der Fachmann erkennt, daû die erfindungsgemäûe Wirkung als solche (in dem vorstehend ausgeführ-
ten engeren Sinn) über den im Patentanspruch unter Schutz gestellten Bereich hinaus erreicht werden könnte.
4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze läût die Bestimmung des Schutzbereichs des Klagepatents durch das Berufungsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die angegriffenen Schneidmesser erzielten mindestens im wesentlichen die gleiche Wirkung wie Vorrichtungen, bei denen der Winkel zwischen den Längsachsen der Klingen und dem jeweiligen Radius des Grundkörpers zwischen 9° und 12° liege. Die im Klagepatent unter Schutz gestellte geringfügige Abwinklung der Klingen zum jeweiligen Radius führe im Vergleich mit dem Stand der Technik zu einer anderen Schneidgeometrie. Sie bewirke, wie das Bundespatentgericht in seinem Beschluû vom 15. Februar 1996 überzeugend ausgeführt habe, im Zusammenwirken mit der Grundform der Klingen, daû bei einem entsprechend dem Klagepatent ausgestalteten Schneidmesser stets das radial innere Ende der Schneidkante zuerst in das Papier eintauche. Das flache Eintauchen der Schneidkanten in das Schneidgut gewährleiste einen "sanften Einschnitt", wobei gleichzeitig die gegenüber einem Rundmesser bessere Schneidwirkung einer zahnförmigen Schneidfläche erhalten bleibe. Diese Wirkungen träten, wie auch die Beklagte nicht in Abrede stelle, bei der Wahl eines geringfügig spitzeren Winkels (8° 40© statt 9°) in gleicher Weise ein.
Der Fachmann, dem die Wirkungsweise eines gemäû dem Hauptanspruch des Patents ausgestalteten Schneidmesser auch ohne nähere Darstellung in der Beschreibung aufgrund seines Fachwissens klar sei, könne auf-
grund von Überlegungen, die sich an der im Anspruch 1 umschriebenen Erfindung orientierten, ohne weiteres erkennen, daû die Wahl eines geringfügig spitzeren Winkels die erzielten Ergebnisse nicht wesentlich ändere. Allerdings werde der Fachmann dann, wenn in einem Patentanspruch ein bestimmter Bereich vorgegeben sei und sich der Patentschrift kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lasse, daû die beanspruchten Werte nur beispielhaft gemeint sein könnten, in der Regel keinen Anlaû haben, sich darüber Gedanken zu machen, ob die Erfindung auch bei der Wahl anderer Werte ausführbar sein könnte. Etwas anderes müsse aber für solche Werte gelten, die nur in so geringem Maû auûerhalb des im Patent genannten Bereichs lägen, daû eine ins Gewicht fallende Änderung der Wirkung von vornherein ausgeschlossen erscheine. So liege es im Streitfall, da der Winkel von 8° 40© um weniger als 4 % von dem im Patent genannten unteren Wert abweiche. Dem angesprochenen Fachmann - einem mit einschlägigen Schneidanordnungen vertrauten Maschinenbauingenieur - sei zudem bekannt, daû eine Abweichung von ± 20© sich im Rahmen der von der einschlägigen DIN-Norm vorgegebenen Allgemeintoleranz für Winkelmaûe halte.
Dem Inhalt der Patentschrift und dem dort mitgeteilten Stand der Technik könne nicht entnommen werden, daû die Vermeidung einer noch so geringfügigen Überschreitung des im Merkmal 4 c) der Merkmalsgliederung genannten Bereichs für die unter Schutz gestellte Lehre wesentlich und bestimmend sei. Bei der in der Patentschrift gewürdigten DE-OS 35 36 989 seien die Längsachsen der Klingen parallel zum jeweiligen Radius angeordnet, ihre Schneidkanten seien schräg zu den Längsachsen in der Weise orientiert, daû stets das radial äuûere Ende zuerst in das Papier eintauche. Aber auch der übrige, im Einspruchsverfahren herangezogene und auf dem Deckblatt der
Klagepatentschrift genannte Stand der Technik gebe keine Veranlassung zu einer einschränkenden und eine äquivalente Verletzung ausschlieûenden Auslegung des Patents.
Damit hat das Berufungsgericht alle maûgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt , daû der Fachmann den unteren Wert des Winkelbereichs von 9° bis 12° im Prioritätszeitpunkt nicht als starren Grenzwert ansah und eine Ausführungsform , bei der das Winkelmaû von 9° geringfügig unterschritten wird, als gleichwirkend auffinden konnte. Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wirkung der im Klagepatent unter Schutz gestellten geringfügigen Abwinklung der Klingen zum jeweiligen Radius, die im Vergleich mit dem Stand der Technik zu einer anderen Schneidgeometrie führe, ergibt sich, daû der für den Fachmann erkennbare technische Sinngehalt des durch die Bereichsangabe 9 bis 12° näher definierten spitzen Winkels zum jeweiligen Radius des Grundkörpers in dieser durch den Winkel bestimmten und im Anspruch durch die Winkelangabe ausgedrückten Schneidgeometrie zu finden ist. Dann konnte das Berufungsgericht aber auch ohne Rechtsfehler zu der Feststellung gelangen , daû der Fachmann den objektiv unstreitig gleichwirkenden geringfügig kleineren Winkel der angegriffenen Ausführungsform aufgrund von Überlegungen als gleichwirkend auffinden konnte, die sich derart am Sinngehalt des Patentanspruchs einschlieûlich der in Merkmal 4 c) enthaltenen Winkelangabe orientierten, daû er die angegriffene Ausführungsform als der gegenständlichen gleichwertige Lösung des dem Klagepatent zugrundeliegenden Problems in Betracht zog.
5. Die Rüge der Revision, mit der Berufung auf die Allgemeintoleranz setze sich das Berufungsgericht in Widerspruch zu seiner Unterstellung, nach dem Verständnis des Fachmanns seien bei der Angabe des Bereichs 9° bis 12° Herstellungstoleranzen bereits berücksichtigt, ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat mit dieser Unterstellung ersichtlich nur sagen wollen, der technische Sinngehalt (Wortsinn) des Winkelbereichs 9° bis 12° dürfe nach dem Verständnis des Fachmanns nicht noch um einen Toleranzbereich auf 8° 40© bis 12° 20© erweitert werden. Das schloû es nicht aus, bei der Prüfung der Frage, ob die angegriffene Ausführungsform vom Fachmann als gleichwirkend aufgefunden werden konnte, das geringe, sich im Rahmen der üblichen Toleranz haltende Maû der Abweichung vom Wortlaut des Anspruchs zu berücksichtigen.
6. Keinen Erfolg hat auch die weitere Rüge, das Klagepatent sei im Einspruchsbeschwerdeverfahren durch Aufnahme des Winkelbereichs 9° bis 12° eingeschränkt worden, was es ausschlieûe, den Schutzbereich über diese Grenzen hinaus wieder auszudehnen.
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Beschränkung nehme dem Klagepatent nicht den Schutzbereich, den es gehabt hätte, wenn es schon in der nunmehr geltenden Fassung angemeldet (und erteilt) worden wäre. Das ist richtig, und dabei hat das Berufungsgericht auch nicht, wie die Revision meint, übersehen, daû das Klagepatent "doppelt" beschränkt worden ist, nämlich zunächst durch die Aufnahme des Merkmals des spitzen Winkels aus dem erteilten Anspruch 6 und sodann durch den konkreten Winkelbereich aus dem erteilten Anspruch 7. Denn das schlieût es zwar aus, jeden spitzen Winkel als äquivalent anzusehen, verbietet jedoch nicht die Annahme, der Fachmann er-
kenne eine geringfügige Unterschreitung des 9°-Winkels als für die erfindungsgemäûe Wirkung unschädlich.
III. Ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen lassen die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen, die es aus der festgestellten Patentverletzung abgeleitet hat; die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen. Sie ist daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 1/05 Verkündet am:
17. April 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EPÜ Art. 69; PatG § 14
Pumpeinrichtung
Zur Beantwortung der Frage, ob eine als patentverletzend beanstandete Ausführung
trotz Abweichung vom Wortsinn in den Schutzbereich eines Patentanspruchs fällt,
reicht es nicht aus, nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs zu prüfen
, ob bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden
ist. Diese Ausführung muss - soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemäße
Lösung von Bedeutung ist - als Gesamtheit erfasst werden; hiervon ausgehend ist
zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche eine auffindbar gleichwertige Lösung
darstellt.
BGH, Urt. v. 17. April 2007 - X ZR 1/05 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 23. Dezember 2004 verkündete und durch Beschluss vom 12. Januar 2005 berichtigte Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten um die Verletzung des deutschen Teils des am 26. September 1987 angemeldeten, in englischer Sprache erteilten europäischen Patents 309 596 (Klagepatents). Dieses Patent umfasst zwölf Patentansprüche , von denen Anspruch 1 wie folgt lautet: "A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising
a) a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,
b) a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,
c) a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,
d) an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
e) an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
f) drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,
g) wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber, characterised by control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre , respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced."
2
Das Klagepatent war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, über die der Senat am 22. Oktober 2002 abschließend entschieden hat (Az. X ZR 115/99). Patentanspruch 1 hatte in der erteilten Fassung Bestand.
3
Die Klägerin hat in Prozessstandschaft und gestützt auf abgetretenes Recht Patentverletzungsklage gegen die Beklagten erhoben, weil diese in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung A. - System-Hochdruckpumpen gemäß den Anl. K 5, 5a vertreiben. Diese Geräte weisen zwei hintereinander geschaltete, unabhängig voneinander angetriebene Kolben auf, wobei der erste Kolben einen konstanten oberen Totpunkt hat, während der zweite Kolben linear verstellt werden kann. Bei dem Gerät 2690, das Untersuchungsgegenstand des sogenannten Weissgerber-Berichts (Anl. K 6) war, können laut dieses Berichts die Flussraten von 0,1 ml/min bis zu 10 ml/min variieren. In der Betriebsart "Auto" ändert sich über diese Variationsbreite hiernach die Hublänge des Primärkolbens in fünf Stufen (Schritten). Der Hub bis zum oberen Totpunkt beträgt bei zunehmender Flussrate 25 μl, 50 μl, 100 μl, 120 μl oder 130 μl und umgekehrt. Die Hublänge des zweiten Kolbens (Akkumulatorkolbens ) ändert sich laut des Berichts in ähnlicher Weise, wobei sie auf den einzelnen Stufen jeweils etwas abnimmt (bei zunehmender Flussrate) bzw. zunimmt (bei abnehmender Flussrate). Nach jedem Kolben hat die Vorrichtung einen Drucksensor, von denen der letzte den Systemdruck feststellt. Die Anpassung der Hublänge erfolgt jedoch unabhängig vom Systemdruck. Laut Bedienungsanleitung gemäß Anl. K 5a ist es möglich, über eine Software die Vorkompression so zu gestalten, dass die Drücke ausgeglichen werden (to balance pressures, providing the smooth, ripple-free flow).
4
Nach Einholung eines Gutachtens und mündlicher Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten zu Schadensersatz festgestellt.
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Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den bereits vom erkennenden Senat in der Patentnichtigkeitssache als gerichtlichen Sachverständigen hinzugezogenen Prof. Dr. M. mit einer schriftlichen Begutachtung betraut und mündlich angehört. Das Berufungsgericht hat sodann unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abgewiesen.
6
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, wobei sie hauptsächlich begehrt, das Urteil des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18. Dezember 2002 in der Fassung des Beschlusses vom 29. Januar 2003 zurückzuweisen.
7
Die Beklagten treten diesem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Nach Patentanspruch 1 betrifft das Klagepatent eine Pumpeinrichtung mit wählbarer Flussrate zum Fördern von Flüssigkeiten unter hohem Druck. Solche Vorrichtungen werden insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flussrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flussrate zur Vermeidung von Messfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei ) gehalten werden. Ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergibt sich bereits, wenn die Einrichtung zwei mit Phasenabstand angetriebene Pumpen aufweist, die mit gleichbleibendem Hubvolumen arbeiten und bei denen nur die Hubfrequenz verändert wird.

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Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bildet jedoch die Kompressibilität der Flüssigkeit eine zusätzliche Quelle für Flusspulsationen. Denn bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe muss der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen. Das führt zu Flusspulsationen entsprechend der Pumpenfrequenz , die sich insbesondere bei niedrigen Flussraten und kleinen Spitzen (Peaks) im Chromatogramm bemerkbar machen.
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Hieraus ergibt sich, wie in der Klagepatentschrift weiter angegeben ist, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flussraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Messergebnisse weitgehend zu vermeiden.
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Nach Patentanspruch 1 des Klagepatents soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden: Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flussrate, umfassend 1. eine erste Pumpenkammer (7), 1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und 1.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 2. eine zweite Pumpenkammer (18), 2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und 2.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 3. eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslassöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlassöffnung der zweiten Pumpenkammer, 4. ein Einlassventil (4) 4.1 das an die Einlassöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 5. ein Auslassventil (13), 5.1 das an den Auslass der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 6. Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36) 6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens , 6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird, 7. mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuermittel (41, 42, 43, 44, 35) 7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt 7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung, 7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flussrate verringert wird und umgekehrt, 7.4 derart, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden ("such that pulsations ... are reduced").
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Patentgemäß wird also die Flussrate sowohl durch Veränderung der Hubfrequenz als auch durch Veränderung des Hubvolumens beeinflusst. Daraus ergeben sich zwei Vorteile: - Zum einen wird mit - bei kleinerer Flussrate - kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt.
- Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Diese wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, welches das gesamte Chromatogramm im Wesentlichen gleichmäßig beeinflusst.
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2. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass bei dem mit der Klage beanstandeten A. -System die unter den Nrn. 1 bis 6 aufgegliederten Merkmale vorhanden sind. In Streit steht allein die Verwirklichung der Merkmalsgruppe 7.
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3. Insoweit geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit ständiger Rechtsprechung des Senats davon aus, dass eine patentgeschützte Lehre von einem zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigten Dritten entweder in wortsinngemäßer Weise oder unter Verwendung vom Wortsinn abweichender Mittel verletzt werden kann. Im Streitfall hält es jedoch keine dieser Alternativen für gegeben.
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Die mit den Antriebsmitteln gekoppelten Steuermittel des A. - Systems dienten zwar zur Einstellung der Hublängen der Kolben zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt (Merkmale 7, 7.1). Da bei dem A. -System das Hubvolumen in drei bzw. fünf Stufen der geänderten Flussrate angepasst werden könne, erfolge die Steuerung aber nicht in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate (Merkmal 7.2). Denn der als Sachverständiger hinzugezogene Prof. Dr. M. habe angegeben, der Durchschnittsfachmann verstehe dieses Merkmal dahin, dass Frequenz und Hubvo- lumen mit der Flussrate so geändert würden, dass es zu einer stetigen (nicht notwendigerweise linearen) Funktion komme. Merkmal 7.3 sei nicht wortsinngemäß verwirklicht, weil nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. dann, wenn die patentierte Idee mit einfachen steuerungstechnischen Mitteln genutzt werden solle, vom Kern der geschützten Lehre nur Gebrauch gemacht werde, wenn sich die in Fig. 5 der Klagepatentschrift gezeigte Kurve a von der Kurve b löse und oberhalb dieser liege. Das sei aber schon dann nicht der Fall, wenn das Hubvolumen - wie bei dem A. -System - jedenfalls abschnittsweise konstant bleibe. Merkmal 7.4 sei schließlich nicht verwirklicht, weil nach den Angaben von Prof. Dr. M. für die patentgemäßen Mittel kennzeichnend sei, die Pulsationen - entsprechend der beispielhaften Fig. 6 des Klagepatents - nur reduzieren zu können, Zweck und Grundlage des A. -Systems aber die Eliminierung der Pulsationen sei.
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Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sei zu folgen, weil sie von Sachverstand geprägt seien, gegen die fachliche Kompetenz von Prof. Dr. M. keine vernünftigen Einwände vorgebracht werden könnten und der in erster Instanz als gerichtlicher Sachverständiger hinzugezogene Prof. Dr. S. deshalb zu einem anderen Ergebnis (wortsinngemäße Verwirklichung aller Merkmale) gekommen sei, weil er unrichtigerweise auf das Verständnis eines Anwenders, nicht aber auf die Sicht des Durchschnittsfachmanns abgestellt habe, als der nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Patentnichtigkeitsverfahren und den Ausführungen von Prof. Dr. M. ein Diplomingenieur anzusehen sei, der an einer Fachhochschule, einer Technischen Hochschule oder eine Universität ausgebildet worden sei und der vertiefte Kenntnisse im Bereich der Feinmechanik, der Hochdrucktechnik und der Steuerungstechnik sowie Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Flüssigkeitschromatographen habe. Diesem Anforderungsprofil entspreche Prof. Dr. M. als Direktor des Instituts für Fluidtechnische Antriebe und Steuerungen der … ohne Weiteres. Dessen Feststellungen werde deshalb gefolgt.
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Daher scheide auch eine äquivalente Verwirklichung aus. Denn nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei das A. -System seiner Funktionsweise nach dem im Nichtigkeitsverfahren entscheidungserheblichen Stand der Technik (Saito) nachgebildet, womit bereits eine Einteilung in drei/fünf Bereiche offenbart gewesen sei. Was das Merkmal 7.2 anbelange, stehe das A. -System somit für den Durchschnittsfachmann näher bei Saito als beim Klagepatent. Was die Merkmale 7.3 und 7.4 betreffe, scheide eine äquivalente Benutzung hingegen deshalb aus, weil das A. -System wie Saito zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden und somit seine Aufgabe nicht deckungsgleich mit der des Klagepatents sei.
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4. Mit dieser Begründung kann die Abweisung der Klage keinen Bestand haben, weil dem Urteil weder eine Auslegung des Klagepatents durch das Berufungsgericht zu Grunde liegt, noch dessen Ausführungen zur Frage der Verwendung abgewandelter Mittel frei von Rechtsfehlern sind und die bislang getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung nicht erlauben, ob das mit der Klage beanstandete A. -System die Lehre nach Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß oder mittels abweichender Gestaltung in einer in dessen Schutzbereich fallenden Weise verwirklicht.
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a) Das Berufungsgericht ist zwar in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass es zur Beurteilung der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, zunächst der Befassung mit der technischen Lehre bedarf, die sich aus dem angeblich benutzten Patentanspruch ergibt. Die Art und Weise, wie das Berufungsgericht sich den dann seinem Urteilsauspruch zu Grunde gelegten Sinngehalt von Patentanspruch 1 erschlossen hat, war aber nicht rechtsfehlerfrei. Denn die Ermittlung hat der vom Berufungsgericht hinzugezogene Sachverständige vorgenommen und die angefochtene Entscheidung lässt nicht erkennen, dass für die im Urteil wiedergegebenen Ausführungen zum Wortsinn eine eigene Würdigung des Berufungsgerichts maßgeblich war. Das widerspricht ständiger Rechtssprechung, die sich auf Urteile des Senats gründet, die bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts ergangen sind. Denn hiernach betrifft die Auslegung eines Klagepatents eine Rechtsfrage (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung, m.w.N.; vgl. auch die nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen Senatsentscheidungen BGHZ 166, 305, 311 - Vorausbezahlten Telefongespräche; v. 13.02.2007 - X ZR 74/05, Tz. 18 - Kettenradanordnung , für BGHZ bestimmt). Sie ist deshalb von dem angerufenen Gericht eigenständig zu leisten und darf nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen werden, wie der Senat in seinem Urteil vom 11. Dezember 2005 (X ZR 76/04, GRUR 2006, 131 - Seitenspiegel) bestätigt hat. Das Verständnis eines oder der in den Tatsacheninstanzen hinzugezogenen Sachverständigen vom Patentanspruch genießt als solches bei der richterlichen Auslegung grundsätzlich auch ebenso wenig Vorrang wie das Verständnis einer Partei (Sen.Urt. v. 13.02.2007 - X ZR 74/05, Tz. 18 - Kettenradanordnung, für BGHZ bestimmt). Denn es kommt nicht darauf an, wie einzelne Angehörige der Fachwelt oder eine Mehrzahl von Fachleuten den Patentanspruch verstehen. Das Gericht hat vielmehr selbst mittels eines wertenden Akts zu bestimmen, wie der Patentanspruch zu verstehen ist, wenn das auf dem betreffenden Ge- biet der Technik übliche allgemeine Fachwissen sowie die durchschnittlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachwelt zur Erfassung des Wortlauts des Patentanspruchs und dessen hiermit festgelegten Sinns herangezogen und auf diese Weise fachmännischer Sicht Rechnung getragen wird (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
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b) aa) Bei der Verneinung der Frage, ob das A. -System als vom Wortsinn abweichende Ausführung der Lehre des Patentanspruchs 1 in dessen Schutzbereich fällt, hat das Berufungsgericht eine zergliedernde Betrachtung vorgenommen, indem es sich nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs die Frage vorgelegt hat, ob insoweit bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden ist. Schon das genügt nicht den rechtlichen Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats darüber entscheiden, ob eine Ausführung trotz vorhandener Abweichung vom Wortsinn den Patentanspruch verwirklicht. Ebenso wie bei der Bestimmung, welcher Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs zukommt, stets dessen Gesamtzusammenhang in den Blick zu nehmen ist und eine Erforschung des Inhalts einzelner Merkmale nur dazu dienen kann, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als Einheit zu ermitteln (vgl. BGHZ 159, 221 - Drehzahlermittlung), ist auch die angegriffene Ausführung, soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemäße Lösung von Bedeutung ist, als Gesamtheit zu erfassen; hiervon ausgehend ist zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche trotz der vorhandenen Abwandlung eines oder mehrer patentgemäßer Lösungsmittel eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellt.
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bb) Der Senat hat im Interesse der Rechtssicherheit für die Prüfung, ob das so ist, einen Fragenkatalog erarbeitet (unter anderem BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I), dessen Beantwortung regelmäßig geboten ist. Eine Aussage darüber, ob eine abweichende Ausführung in den Schutzbereich fällt, kann danach regelmäßig nur dann als auf ausreichender Grundlage beruhend angesehen werden, wenn die Entscheidung erkennen lässt, dass der Tatrichter sich mit den betreffenden Fragen befasst hat und - bei Verneinung der Zugehörigkeit - an welcher Voraussetzung es fehlen soll.
23
Auch diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
24
(1) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss nämlich regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit (zwar abgewandelten, aber) objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Seine Fachkenntnisse müssen den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen , die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen (wortsinngemäßen) Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
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(2) Die vom Berufungsgericht aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M. im Hinblick auf das Merkmal 7.2 übernommene Feststellung , dass die Lösung des A. -System für den Durchschnittsfachmann näher beim Stand der Technik (Saito) liege als beim Klagepatent, betrifft hiernach keinen Gesichtspunkt, der darüber entscheidet, ob die mit der Klage beanstandete Ausführung in den Schutzbereich des Patentanspruchs 1 des Klagepatents fällt. Welcher der drei vom Senat herausgearbeiteten Voraussetzungen die angebliche Nähe zum Stand der Technik entgegenstehen soll, hat das Berufungsgericht auch nicht dargelegt. Entgegen der Erwiderung der Beklagten lässt die allgemeine und letztlich nur eine Behauptung darstellende Aussage des Berufungsgerichts weder erkennen, dass hiermit die dritte Voraussetzung verneint werden sollte, noch wäre sie überhaupt geeignet, das Fehlen derselben zu begründen. Da diese Voraussetzung auf konkrete Überlegungen abstellt , ist eine derart allgemeine Darlegung, wie sie das Berufungsgericht für ausreichend gehalten hat, insoweit völlig unbrauchbar.
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(3) Sollte das Berufungsgericht jedoch gemeint haben, hieraus folge die Berechtigung des von den Beklagten erhobenen Einwands, das A. - System stelle mit Rücksicht auf den Stand der Technik keine patentfähige Erfindung dar, beruhte auch das nicht auf einer rechtsfehlerfreien Rechtsanwendung. Denn auch zur Darlegung und zum Nachweis dieses sogenannten Formstein -Einwands genügt nicht eine vergleichsweise größere Nähe der als patentverletzend beanstandeten Ausführung zum Stand der Technik. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Lehre zum technischen Handeln, die diese Ausführung verkörpert, sich nicht durch Neuheit oder erfinderische Tätigkeit vom Stand der Technik unterscheidet. Denn zum Erfolg des sogenannten FormsteinEinwands ist es nötig, dass die Gesamtheit derjenigen Merkmale der als patentverletzend beanstandeten Ausführung, deretwegen festgestellt werden kann, dass diese in den Schutzbereich des Patentanspruchs fällt, als gegenständliche Lehre zum technischen Handeln den gesetzlichen Anforderungen für einen Patentschutz nicht genügt hätte, wenn sie zum Prioritätszeitpunkt des erteilten Patents angemeldet worden wäre (BGHZ 98, 21 f. - Formstein; BGHZ 134, 353, 357 f. - Kabeldurchführung I).
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(4) Auch die hinsichtlich der Merkmale 7.3 und 7.4 getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, deren äquivalente Verletzung scheide aus, weil das A. -System zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden, und damit bei ihm ein Umstand gegeben sei, auf den es nach der Lehre des Klagepatents nicht ankomme, füllt keine der maßgeblichen Voraussetzungen aus. Mit dieser Feststellung ist zunächst einmal nur ein Mehr an Leistung im Vergleich zu dem angesprochen, was ausweislich Merkmal 7.4 die nach Patentanspruch 1 geschützte Lehre ausmachen soll. Ein Leistungsüberschuss einer vom Wortsinn abweichenden Ausführung schließt aber deren Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patentanspruchs nicht aus. Dies gilt insbesondere, wenn die als patentverletzend beanstandete Ausführung über die Gesamtheit der Merkmale hinaus, die im Hinblick auf die Einbeziehung dieser Ausführung in den Schutzbereich von Bedeutung sind, zusätzliche Gestaltungsmittel aufweist, weil dann deren Existenz für eine weitere Leistungssteigerung verantwortlich sein kann. Gerade das war im Streitfall zu klären, weil die Klägerin sich insoweit unter Hinweis auf den Prospekt gemäß Anl. K 5a auf das Vorhandenseins eines Druckwandlers und einer softwaregesteuerten Vordruckregelung berufen hat. Die damit aufgezeigte Möglichkeit, dass auch das A. -System über das Hubvolumen so gesteuert wird, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeneinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden, und dieses System zur Beseitigung noch verbleibender Pulsationen nur durch zusätzliche Maßnahmen befähigt ist, wird jedoch durch den bloßen Hinweis des Berufungsgerichts nicht ausgeräumt, nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei aus dem so genannten Weissgerber-Bericht (Anl. K 6) nicht ersichtlich, wie sich die Regelung von Primär- und Systemdruck auf die Pulsation auswirke, um den vom A. -System beanspruchten "ripple-free flow" nachzuweisen.
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cc) Damit ist bisher (auch) die Frage der Gleichwirkung des A. - Systems ungeklärt geblieben. Hierbei handelt es sich um eine Frage, deren Beantwortung tatrichterlicher Feststellung und Würdigung bedarf (Sen.Urt. v. 22.11.2005 - X ZR 81/01, GRUR 2006, 313 - Stapeltrockner). Jedenfalls das macht die ausgesprochene Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht notwendig.
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5. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht Folgendes zu bedenken haben:
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a) Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent unter Schutz gestellt ist, ist gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat. Das verleiht dem in dem betreffenden Patentanspruch gewählten Wortlaut entscheidende Bedeutung. Was bei sinnvollem Verständnis - gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Erläuterungen in Beschreibung und Zeichnungen - mit ihm nicht so deutlich einbezogen ist, dass es als zur Erfindung gehörend erkannt wird, kann den Gegenstand dieses Patentanspruchs nicht kennzeichnen (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
31
b) Hiernach wird im Streitfall zu berücksichtigen sein, dass das Patent davon ausgeht, dass die Pumpeinrichtung die Wahl mehrerer Flussraten erlaubt (wählbare Flussrate, gewünschte Flussrate Sp. 1 Z. 47 der Beschreibung), dass also der Betreiber im Rahmen der Förderkapazität der Einrichtung einstellen kann, welche Flüssigkeitsmenge am Ausgang der Pumpeinrichtung zur Verfügung steht. Da andererseits die Anzahl der wählbaren Flussraten im Patentanspruch 1 nicht angegeben und dort auch nicht vorgegeben ist, wie sie sich unterscheiden sollen, könnte deshalb sogar ausreichen, wenn die Einrichtung die Einstellung von mindestens zwei Flussraten innerhalb der förderbaren Flüssigkeitsmengen erlaubt. Die Einstellbarkeit in drei oder fünf Stufen würde ebenfalls genügen und die gewünschte Flussrate wäre patentgemäß immer nur eine der Flüssigkeitsmengen, die entsprechend der jeweiligen Herrichtung der Vorrichtung jeweils zur Abgabe eingestellt werden kann.
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Bei diesem Verständnis kommt es zur Flussrate, die aus den nach der Herrichtung der Vorrichtung möglichen ausgewählt wird, weil patentgemäß sowohl die Hubfrequenz der angetriebenen Kolben als auch die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge geräteseits gesteuert werden. Die Einstellung der Hublängen der Kolben zwischen den beiden Totpunkten, die diese Menge bestimmen, erfolgte dabei nach der Merkmal 7.2 zugrunde liegenden Anweisung geräteseits in Abhängigkeit von der eingestellten Flussrate. Die mit den Antriebsmitteln gekoppelten Steuermittel sorgten hiernach automatisch für eine Einstellung der Hublänge je nachdem, welche der möglichen Einstellungen der Flussrate der Betreiber gerade gewählt hat. Wird eine mögliche Flussrate eingestellt, müsste das System für eine bestimmte Hublänge beider Kolben unter verschiedenen möglichen sorgen. Im Fall einer Änderung der Flussrate (Verringerung oder Erhöhung auf einen anderen einstellbaren Wert) bedeutete das, dass auch dann eine automatische Einstellung der Hublänge zu erfolgen hätte.
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Was hierbei zu geschehen hat, besagten die Merkmale 7.3 und 7.4. Weder bei einer Erhöhung der Flussrate noch bei einer Verringerung der Flussrate darf danach das Hubvolumen gleich bleiben. Eine Änderung der Einstellung der Flussrate muss vielmehr auch eine Änderung des Hubvolumens nach oben oder unten zur Folge haben. Ausgehend von dem eingangs erwähnten Verständnis müsste daher die Einrichtung jeder vom Betreiber einstellbaren Flussrate dadurch Rechnung tragen, dass ein dieser Flussrate eigenes Hubvolumen gepumpt wird, das sich von dem Hubvolumen unterscheidet, mit der bei der nächst höheren oder nächst niedrigeren einstellbaren Flussrate gearbeitet wird. Hinsichtlich des Maßes der Verringerung oder Erhöhung des Hubvolumens bei geänderter Einstellung einer der möglichen Flussraten schreibt Merkmal 7.4 schließlich die Orientierung an dem dort vorgegebenen Ziel vor.
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c) Die vorstehend skizzierte Auslegung führt jedoch nicht ohne Weiteres zur Feststellung, dass das A. -System Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht wortsinngemäß verwirklicht. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt , dass über die Verletzungsfrage nicht allein die Form entscheidet, die eine als patentverletzend beanstandete Ausführung bei Berücksichtigung aller ihrer Gestaltungsmerkmale in ihrer konkreten Form hat (BGHZ 112, 140 - Befestigungsvorrichtung II; BGHZ 125, 303 - Zerlegvorrichtung für Baumstämme ; BGHZ 142, 7 - Räumschild), und dass letztlich die objektive Eignung maßgeblich ist, die sich bei einer Sache daraus ergibt, wie sie benutzt werden kann, und nicht daraus, wie sie im Einzelfall oder üblicherweise benutzt wird (Sen.Urt. v. 13.12.2005 - X ZR 14/02, GRUR 2006, 399, 401 - Rangierkatze).
Im Streitfall könnte es deshalb darauf ankommen, ob das A. -System nach seiner vorrichtungsmäßigen Ausgestaltung unter Beschränkung auf die drei oder fünf Flussraten bedient werden kann, bei denen eine Umstellung des Hubvolumens erfolgt. Bejahendenfalls könnten jedenfalls die Merkmale 7.2 und 7.3 verwirklicht sein und es könnte nur noch die wortsinngemäße Verwirklichung von Merkmal 7.4 in Frage stehen, zu dem dann auch auf der Grundlage der vorstehend erörterten Auslegung von Patentanspruch 1 ebenfalls noch weitere Feststellungen des Berufungsgerichts notwendig wären.
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6. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung, die nach den vorstehenden Ausführungen den gesamten Prozessstoff zu umfassen hat, zu dem Ergebnis gelangen, dass Ansprüche wegen Patentverletzung bestehen, wird eine Zurückweisung der Berufung insoweit nicht in Betracht kommen, als das Landgericht festgestellt hat, die Beklagten hätten den der Klägerin entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Denn die Klägerin klagt nicht aus eigenem Recht.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.12.2002 - 21 O 1678/00 -
OLG München, Entscheidung vom 23.12.2004 - 6 U 1946/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 128/98 Verkündet am:
28. Juni 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Bratgeschirr
EPÜ Art. 69 Abs. 1, PatG 1981 § 14
Im Rahmen der Prüfung, ob eine abgewandelte Ausführungsform der patentierten
Lösung gleichwirkend ist, ist eine Untersuchung erforderlich, welche von
den einzelnen Wirkungen, die mit den Merkmalen des Patentanspruchs erzielt
werden können, zur Lösung des ihm zugrundeliegenden Problems patentgemäß
zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte
Lösung und stellt die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung
dar.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - X ZR 128/98 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 24. Juni 1998 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Inhaber eines deutschen und eines mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents.
Anspruch 1 des deutschen Patents ..., das auf einer Anmeldung vom 2. März 1988 beruht, lautet:
"Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht, bei dem eine Oberfläche des Haushaltsgegenstandes durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) versehen und dann die Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) mit einer Antihaftschicht (24, 25) versehen wird, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) deren Poren zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack (55) auf Harzbasis in untere Lagen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) bis zu einem ersten Niveau (60) ausgefüllt werden, und dann ein Antihaftlack (56) in obere Lagen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) eingebracht wird."
Bei der Anmeldung des in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten europäischen Patents ..., das neben Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht auch einen Haushaltsgegenstand mit einer Antihaftschicht betrifft, ist die Priorität der vorgenannten Anmeldung in Anspruch genommen worden. Anspruch 1 dieses Patents lautet:
"Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht, bei dem eine Oberfläche des Haushaltsgegenstandes durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) versehen und dann die Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) mit einer Antihaftschicht (24, 25) versehen wird,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack (55) auf Harzbasis die Poren der unteren Lagen (20, 21, 22) der Hartstoffschicht bis zu einem ersten Niveau (60) ausgefüllt werden, so daß zumindest die unterste Lage (20) mit dem Einbrennlack (55) ausgefüllt ist, und dann die Poren der oberen Lagen (21, 22, 23) der Hartstoffschicht mit einem Antihaftlack (56) ausgefüllt werden."
Der Beklagte zu 2 vertrieb zunächst im Rahmen eines einzelkaufmännischen Unternehmens Brat- und Kochgeschirre einer dänischen Herstellerin in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 1. Januar 1994 erfolgt der Vertrieb durch die mit Gesellschaftsvertrag vom 26. Oktober 1993 gegründete und am 9. Dezember 1993 im Handelsregister eingetragene Beklagte zu 1, deren Mitgeschäftsführer der Beklagte zu 2 ist und die ihre Produkte als "schnittfest, kratzfest, langlebig" bewirbt. Der Kläger hat die Beklagten deshalb wegen Verletzung beider Patente auf Unterlassung und Rechnungslegung gerichtlich in Anspruch genommen und ferner Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten beantragt.
Das Landgericht hat nach Einholung von Sachverständigengutachten die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat diese Verurteilung abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision und dem Antrag, die landgerichtliche Verurteilung wiederherzustellen. Die Beklagten sind diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Um die relativ große Empfindlichkeit der eigentlichen Antihaftschicht von Haushaltsgegenständen gegen Kratz- und Schnittbelastungen zu verringern, sei es bekannt gewesen, die Oberfläche der Haushaltsgegenstände zunächst mit einer porösen keramischen Hartstoffschicht zu versehen und erst darauf die Antihaftschicht anzubringen , und zwar so, daß sie die durch die körnige Struktur der Hartstoffschicht entstehenden Täler ausfülle und die Spitzen ihrer Körner noch mit einer dünnen Schicht überdecke. Dieses Verfahren habe den Nachteil, daß die relativ zähflüssige Antihaftschicht die poröse Struktur der darunter angebrachten Hartstoffschicht nicht vollständig ausfüllen könne. In die im unteren Bereich verbleibenden Freiräume könne bei längerem Gebrauch, insbesondere bei Überhitzung, Fett eindringen, was zu ästhetischen Beeinträchtigungen durch Fleckenbildung führe. Hiervon ausgehend solle die Erfindung nach beiden Klagepatenten den Stand der Technik so weiterbilden, daß die optische Qualität der Oberfläche erhalten bleibe und gleichzeitig die Belastbarkeit der Beschichtung noch weiter erhöht werde.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; sie beruhen auf entsprechenden Angaben in den Klagepatentschriften.
2. Den jeweiligen Ansprüchen 1 beider Klagepatente hat das Berufungsgericht entnommen, daß sie ein inhaltlich übereinstimmendes Verfahren lehrten. Dies lasse sich beim deutschen Patent wie folgt gliedern:
1. Die Oberfläche des Haushaltsgegenstandes wird durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht versehen.
2. Die Hartstoffschicht wird dann mit einer Antihaftschicht versehen.
3. a) Nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht werden deren Poren zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack auf Harzbasis in unteren Lagen der Hartstoffschicht ausgefüllt,

b) und zwar bis zu einem ersten Niveau.
4. Danach wird ein Antihaftlack in obere Lagen der Hartstoffschicht eingebracht.
In Anspruch 1 des europäischen Patents seien die Merkmale 3 und 4 wie folgt formuliert:
3. a) Nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht werden zunächst die Poren der unteren Lagen der Hartstoffschicht mit einem dünnflüssigen Einbrennlack auf Harzbasis ausgefüllt,

b) und zwar bis zu einem ersten Niveau, so daß zumindest die unterste Lage mit dem Einbrennlack ausgefüllt ist.
4. Dann werden die Poren der oberen Lagen der Hartstoffschicht mit einem Antihaftlack ausgefüllt.
Auch diese Feststellungen beruhen nicht auf einem Rechtsfehler; die Aufgliederungen werden auch vom Kläger im Rahmen der Begründung seines Rechtsmittels verwendet; auch der Kläger geht davon aus, daß die Ansprüche 1 beider Klageschutzrechte inhaltsgleich seien; die Revisionserwiderung erinnert insoweit nichts. Im weiteren Verfahren wird allerdings Art. II § 8 Abs. 1 IntPatÜG zu berücksichtigen sein.
3. a) Bei der Beantwortung der Frage nach der Verletzung der Klagepatente ist das Berufungsgericht auf die von ihm aufgegliederten Merkmale 1 bis 3 b nicht eingegangen. Es hat gemeint, es könne ihre Benutzung dahinstehen lassen, weil bei der Herstellung der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre Merkmal 4 weder wortlautgemäß noch gleichwirkend verwirklicht werde. Dieses Merkmal verstehe der Fachmann dahin, daß nach dem teilweisen Ausfüllen der in der Hartstoffschicht befindlichen, als Poren bezeichneten Hohlräume der Antihaftlack in den oberen Bereich dieser Hohlräume und damit in die Hartstoffschicht selbst eingebracht werde. Für den fachkundigen Leser der Patentschriften sei ohne weiteres ersichtlich, daß durch das Eindringen des Antihaftlacks in Hohlräume der Hartstoffschicht und die dadurch erreichte innige Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht eine besondere Stabilität der Beschichtung erreicht werde, die zur Lösung der den Klagepatenten zugrundeliegenden Teilaufgabe, die Belastbarkeit der Schicht noch
weiter zu erhöhen, wesentlich beitrage. Die von dem vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Dr. W. in seinem Analysebericht vom 17. Oktober 1996 getroffenen Feststellungen zu einer von den Beklagten vertriebenen Bratpfanne ergäben jedoch, daß bei der dort untersuchten Beschichtung die in der Hartstoffschicht vorhandenen Risse vollständig mit dünnflüssigem Lack ausgefüllt seien und eine aus diesem Lack (Basislack oder Versiegelungslack) bestehende Schicht die Keramikschicht vollständig überdecke. An keiner Stelle habe sich ein Eindringen des nachträglich aufgebrachten Antihaftlacks auch nur in den obersten Bereich der Hartstoffschicht gefunden. Eine diesem Eindringen gleichende Wirkung ergebe sich nicht dadurch, daß die Antihaftschicht an verschiedenen Stellen in den dünnflüssigen, die Hartstoffschicht vollständig überziehenden Lack eingedrungen sei und so den oberen Bereich der an der Oberfläche der Hartstoffschicht befindlichen Täler ausgefüllt habe. Denn das bloße Vorhandensein von Antihaftlack in Teilbereichen der auf der Oberfläche der Hartstoffschicht festzustellenden, flachwelligen Täler bewirke eine vergleichbar stabile Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht nicht.
Diese Würdigung bekämpft die Revision mit Erfolg. Jedenfalls die Feststellung , die mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre der Beklagten seien nicht nach einem dem patentgemäßen gleichwirkenden Verfahren hergestellt, ist nicht frei von Rechtsirrtum.

b) Bei Beachtung des gemäß Art. 164 Abs. 1 EPÜ als Bestandteil dieses Übereinkommens zu berücksichtigenden Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ, dessen Grundsätze auch für das deutsche Recht maßgeblich sein sollen (BT-Drucks. 7/3712, 30; BGHZ 98, 12 - Formstein), beschränkt sich der
Schutzbereich eines Verfahrenspatents nicht auf Verfahren, die in jeder Hinsicht die Anweisungen verwirklichen, die der betreffende Anspruch des Patents nach seinem Inhalt vorschreibt. Auch abgewandelte Verfahren werden regelmäßig umfaßt, wenn ihre Ausgestaltung die gleiche oder im wesentlichen gleiche Wirkung hat und vom Fachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Patentansprüche, d.h. an der darin unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, als Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems aufgefunden werden konnte (zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ: BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse, m.w.N.; zum inhaltsgleichen § 14 PatG: Sen.Urt. v. 18.05.1999 - X ZR 156/97, GRUR 1999, 977, 981 - Räumschild, m.w.N.). Die Zugehörigkeit zum Schutzbereich eines Patentanspruchs kann deshalb regelmäßig nur nach einem Vergleich der geschützten Lehre und der streitigen Ausgestaltung verneint werden, der seinerseits zweierlei voraussetzt: Zum einen müssen die Wirkungen erkannt sein, die nach der im Patentanspruch bezeichneten, geschützten Lehre vorausgesetzt werden. Zum anderen bedarf es der Kenntnis der tatsächlichen Beschaffenheit des angeblichen Verletzungsgegenstandes und seiner Wirkungen. Die hierzu nötigen Feststellungen hat der Tatrichter zu treffen.

c) Was die Beschaffenheit der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre anbelangt, ist diese Feststellung nicht prozeßordnungsgemäß getroffen.
Wie infolge des bei der Produktion der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre angewandten Verfahrens die Verbindung von Hartstoffschicht und Antihaftschicht sowie ihre Stabilität tatsächlich beschaffen sind, läßt sich durch einen einfachen Augenschein der von den Beklagten ver-
triebenen Erzeugnisse nicht feststellen. Ein Gutachten hierüber fehlt. Der erstinstanzlich hinzugezogene gerichtliche Sachverständige hat sich zu dieser Frage nicht geäußert. Für die Verfasser der von dem Kläger vorgelegten Privatgutachten trifft dies ebenfalls zu. Verläßliche Erkenntnisse hätte das Berufungsgericht deshalb allenfalls aus den Abbildungen gewinnen können, die im Rahmen der Begutachtungen mittels Rasterelektronenmikroskopie der Beschichtung der beanstandeten Brat- und Kochgeschirre erstellt und als Bestandteil der Gutachten zu den Gerichtsakten gereicht worden sind. Dem angefochtenen Urteil läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß das Berufungsgericht diese Abbildungen im Hinblick auf die von ihm für wesentlich gehaltene Frage der Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht untersucht und seine Zweifel an einer stabilen Verbindung zwischen diesen beiden Schichten hieraus abgeleitet hat. Auch auf Parteivortrag, der sich über diese Verbindung verhält, verweist das Berufungsgericht nicht. Seine Feststellung hierzu beschränkt sich damit auf eine bloße Behauptung. Dies ist - wie die Revision zu Recht rügt - keine Auseinandersetzung mit dem streitigen Prozeßstoff, wie sie § 286 ZPO voraussetzt. Eine sachgerechte Beantwortung der Frage, wie bei den mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirren die Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht sowie ihre Stabilität tatsächlich beschaffen sind, erfordert vielmehr weitere Untersuchungen. Diese wird das Berufungsgericht einem Sachverständigen übertragen müssen.
4. Bei der erneuten Befassung mit der Verletzungsfrage wird es auch nicht angehen, sich im Hinblick auf die patentgemäßen Wirkungen wiederum letztlich nur für das Merkmal 4 und seine Wirkung zu interessieren. Ebensowenig wie die bloße Übereinstimmung im Leistungsergebnis ausreicht (Sen.Urt. v. 06.11.1990 - X ZR 55/89, GRUR 1991, 444, 446 - Autowaschvorrichtung,
m.w.N.), kann die Frage der Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne nicht allein aufgrund eines Einzelvergleichs der Wirkung entschieden werden, die einerseits einem einzelnen oder mehreren einzelnen Merkmalen eines Patentanspruchs zukommt, andererseits mit der statt dessen bei einer beanstandeten Ausführung vorhandenen Ausgestaltung erreicht werden kann. Entscheidend ist, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - gerade zur Lösung des dem Patentanspruch zugrundeliegenden Problems bereitstellen. Nur so ist gewährleistet, daß trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich die Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfaßt werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 06.11.1990, aaO). Es ist deshalb nötig, den Patentanspruch einer Untersuchung daraufhin zu unterziehen, welche von den einzelnen Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung des zugrundeliegenden Problems patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar.
Eine Ausführung, die anstelle eines oder mehrerer im Patentanspruch genannter Merkmale eine abweichende Gestaltung nutzt, muß sie freilich nicht in völliger Identität erreichen. Unter dem Gesichtspunkt angemessener Belohnung des Erfinders kann eine Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patents bereits dann sachgerecht sein, wenn im wesentlichen, also in einem praktisch noch erheblichen Maße, die Wirkungen des Patents erzielt werden (Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 914 - Spannschraube, m.w.N.). Diese Möglichkeit verbietet es, in Fällen, in denen immerhin von einer teilweisen Übereinstimmung in den Wirkungen ausgegangen werden muß, oh-
ne weiteres die erforderliche Gleichwirkung zu verneinen. Das kann nur nach Analyse der patentgemäßen Wirkungen und einer sich hieran orientierenden Gewichtung des bei der beanstandeten Ausführung festgestellten Defizits geschehen. Diese Untersuchung wird deshalb nachzuholen sein. Denn mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist zugunsten des Klägers anzunehmen, daß das mit der Klage beanstandete Brat- und Kochgeschirr in seiner optischen Erscheinung nicht durch Fleckenbildung beeinträchtigt wird, deshalb gerade den am Stand der Technik bemängelten Nachteil vermeidet und mithin jedenfalls insoweit einem patentgemäß hergestellten Erzeugnis gleicht.
5. Die hiernach erforderliche Untersuchung ihrerseits setzt eine Auslegung des Patentanspruchs, von dessen Lehre angeblich Gebrauch gemacht worden sein soll, daraufhin voraus, welcher Sinn ihm nach dem Offenbarungsgehalt der Patentansprüche unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen als den patenteigenen Auslegungshilfen zukommt (vgl. Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube). Den Vorrang der Ermittlung des dem Anspruchswortlaut beizumessenden Sinns auch dann, wenn eine Patentverletzung durch eine abgewandelte Ausgestaltung zu prüfen ist, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung immer wieder betont (BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 17.02.1999 - X ZR 22/97, GRUR 1999, 914 - Kontaktfederblock). Sie trägt der in Art. 69 Abs. 1 EPÜ wie in § 14 PatG zum Ausdruck kommenden zentralen Bedeutung des Inhalts der Patentansprüche für den Schutzbereich Rechnung. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns (Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube).
Ohne eine Befassung mit der Frage, wie der Fachmann die Lehre nach Anspruch 1 des europäischen Patents versteht, wird deshalb auch der vom Berufungsgericht heranzuziehende Sachverständige die an ihn zu richtenden Beweisfragen nicht beantworten können. Die sachverständigen Ä ußerungen hierzu können möglicherweise auch Einfluß auf die vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil dargelegte Meinung haben, die mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre seien keine Erzeugnisse, die nach einem Verfahren hergestellt seien, das von dem sinnvoll verstandenen Wortlaut des Anspruchs 1 der Klagepatente Gebrauch mache. Da bereits im Stand der Technik die Antihaftschicht die durch die körnige Struktur der Hartstoffschicht entstehenden Vertiefungen nach oben abdeckte, erscheint es insbesondere nicht ausgeschlossen, daß der Fachmann mit Merkmal 4 keine weitere Funktion als die verbindet, auch nach Durchführung des patentgemäßen Verfahrens die bereits bekannten Antihafteigenschaften zu gewährleisten. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die zu der Feststellung des Fehlens einer wortsinngemäßen
Benutzung von Anspruch 1 des europäischen Patents geführt haben, werden mithin ebenfalls zu überprüfen sein; die Berechtigung der gegen diese Feststellung vorgebrachten Rügen der Revision kann deshalb dahinstehen.
Rogge Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens
19
Wie auch die Revision im Ansatz nicht verkennt, hat sich das Berufungsgericht mit dem Sinngehalt von Patentanspruch 1 in seiner Gesamtheit befasst und auf dieser Grundlage geprüft, welche spezifischen Wirkungen den nicht wortsinngemäß verwirklichten Merkmalen nach dem Klagepatent zukommen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden. Dies genügt den vom Senat entwickelten methodischen Anforderungen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Artikel I, Artikel V, Artikel VIII sowie die §§ 2 und 3 dieses Artikels treten am 1. Oktober 1976 in Kraft.

(2) Der Tag, an dem

1.
das Straßburger Patentübereinkommen nach seinem Artikel 9,
2.
der Patentzusammenarbeitsvertrag nach seinem Artikel 63,
3.
das Europäische Patentübereinkommen nach seinem Artikel 169
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(3) Artikel II, Artikel VII sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 10 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 1 treten an dem Tag in Kraft, an dem nach der Bestimmung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation europäische Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt eingereicht werden können (Artikel 162 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens); der Tag des Inkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(4) Artikel III sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 11 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 2 treten an dem Tag in Kraft, an dem der Patentzusammenarbeitsvertrag für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

(5) Artikel IV sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung der Buchstaben r und s in Artikel 1 § 1 Buchstabe A Nr. 3 des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und § 1 dieses Artikels treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Europäischen Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft, Artikel IV jedoch unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 6.

(6) Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 4 des Patentgesetzes betrifft, und Nr. 7 sowie Artikel VI treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Straßburger Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt für die Anwendung von Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 1 und 2 des Patentgesetzes betrifft, eine innerhalb von sechs Monaten vor der Anmeldung erfolgte Beschreibung oder Benutzung außer Betracht, wenn sie auf der Erfindung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht.

Für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, bleiben Artikel II § 3 dieses Gesetzes, § 2 Abs. 1 des Patentkostengesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3656), die Verordnung über die Übertragung der Ermächtigung nach Artikel II § 3 Abs. 6 des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 1. Juni 1992 (BGBl. 1992 II S. 375) und die Verordnung über die Übersetzungen europäischer Patentschriften vom 2. Juni 1992 (BGBl. 1992 II S. 395) jeweils in den Fassungen anwendbar, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises gegolten haben.

(1) Artikel I, Artikel V, Artikel VIII sowie die §§ 2 und 3 dieses Artikels treten am 1. Oktober 1976 in Kraft.

(2) Der Tag, an dem

1.
das Straßburger Patentübereinkommen nach seinem Artikel 9,
2.
der Patentzusammenarbeitsvertrag nach seinem Artikel 63,
3.
das Europäische Patentübereinkommen nach seinem Artikel 169
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(3) Artikel II, Artikel VII sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 10 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 1 treten an dem Tag in Kraft, an dem nach der Bestimmung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation europäische Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt eingereicht werden können (Artikel 162 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens); der Tag des Inkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(4) Artikel III sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 11 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 2 treten an dem Tag in Kraft, an dem der Patentzusammenarbeitsvertrag für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

(5) Artikel IV sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung der Buchstaben r und s in Artikel 1 § 1 Buchstabe A Nr. 3 des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und § 1 dieses Artikels treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Europäischen Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft, Artikel IV jedoch unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 6.

(6) Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 4 des Patentgesetzes betrifft, und Nr. 7 sowie Artikel VI treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Straßburger Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt für die Anwendung von Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 1 und 2 des Patentgesetzes betrifft, eine innerhalb von sechs Monaten vor der Anmeldung erfolgte Beschreibung oder Benutzung außer Betracht, wenn sie auf der Erfindung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht.

(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt ermittelt auf Antrag den Stand der Technik, der für die Beurteilung der Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung in Betracht zu ziehen ist, und beurteilt vorläufig die Schutzfähigkeit der angemeldeten Erfindung nach den §§ 1 bis 5 und ob die Anmeldung den Anforderungen des § 34 Absatz 3 bis 5 genügt (Recherche). Soweit die Ermittlung des Standes der Technik einer zwischenstaatlichen Einrichtung vollständig oder für bestimmte Sachgebiete der Technik ganz oder teilweise übertragen worden ist (Absatz 8 Nummer 1), kann beantragt werden, die Ermittlungen in der Weise durchführen zu lassen, dass der Anmelder das Ermittlungsergebnis auch für eine europäische Anmeldung verwenden kann.

(2) Der Antrag kann nur von dem Patentanmelder gestellt werden. Er ist schriftlich einzureichen. § 25 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Eingang des Antrags wird im Patentblatt veröffentlicht, jedoch nicht vor der Veröffentlichung des Hinweises gemäß § 32 Absatz 5. Jedermann ist berechtigt, dem Deutschen Patent- und Markenamt Hinweise zum Stand der Technik zu geben, die der Erteilung eines Patents entgegenstehen könnten.

(4) Der Antrag gilt als nicht gestellt, wenn bereits ein Antrag nach § 44 gestellt worden ist. In diesem Fall teilt das Deutsche Patent- und Markenamt dem Patentanmelder mit, zu welchem Zeitpunkt der Antrag nach § 44 eingegangen ist. Die für die Recherche nach § 43 gezahlte Gebühr nach dem Patentkostengesetz wird zurückgezahlt.

(5) Ist ein Antrag nach Absatz 1 eingegangen, so gelten spätere Anträge als nicht gestellt. Absatz 4 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(6) Stellt das Deutsche Patent- und Markenamt nach einem Antrag auf Recherche fest, dass die Anmeldung die Anforderung des § 34 Absatz 5 nicht erfüllt, so führt es die Recherche für den Teil der Anmeldung durch, der sich auf die in den Patentansprüchen als erste beschriebene Erfindung oder Gruppe von Erfindungen bezieht, die untereinander in der Weise verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(7) Das Deutsche Patent- und Markenamt teilt dem Anmelder das Ergebnis der Recherche nach Absatz 1 unter Berücksichtigung des Absatzes 6 ohne Gewähr für Vollständigkeit mit (Recherchebericht). Es veröffentlicht im Patentblatt, dass diese Mitteilung ergangen ist. Gegen den Recherchebericht ist ein Rechtsbehelf nicht gegeben. Ist der Stand der Technik von einer zwischenstaatlichen Einrichtung ermittelt worden und hat der Anmelder einen Antrag im Sinne von Absatz 1 Satz 2 gestellt, so wird dies in der Mitteilung angegeben.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur beschleunigten Erledigung der Patenterteilungsverfahren durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass

1.
die Ermittlung des in Absatz 1 bezeichneten Standes der Technik einer anderen Stelle des Deutschen Patent- und Markenamts als der Prüfungsstelle (§ 27 Absatz 1), einer anderen staatlichen oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung vollständig oder für bestimmte Sachgebiete der Technik oder für bestimmte Sprachen übertragen wird, soweit diese Einrichtung für die Ermittlung des in Betracht zu ziehenden Standes der Technik geeignet erscheint;
2.
das Deutsche Patent- und Markenamt ausländischen oder zwischenstaatlichen Behörden Auskünfte aus Akten von Patentanmeldungen zur gegenseitigen Unterrichtung über das Ergebnis von Prüfungsverfahren und von Ermittlungen zum Stand der Technik erteilt, soweit es sich um Anmeldungen von Erfindungen handelt, für die auch bei diesen ausländischen oder zwischenstaatlichen Behörden die Erteilung eines Patents beantragt worden ist;
3.
die Prüfung der Patentanmeldungen nach § 42 sowie die Kontrolle der Gebühren und Fristen ganz oder teilweise anderen Stellen des Deutschen Patent- und Markenamts als den Prüfungsstellen oder Patentabteilungen (§ 27 Absatz 1) übertragen werden.

(1) Wer ohne Verschulden verhindert war, dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ist auf Antrag wieder in den vorigen Stand einzusetzen. Dies gilt nicht für die Frist

1.
zur Erhebung des Einspruchs (§ 59 Abs. 1) und zur Zahlung der Einspruchsgebühr (§ 6 Abs. 1 Satz 1 des Patentkostengesetzes),
2.
für den Einsprechenden zur Einlegung der Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung des Patents (§ 73 Abs. 2) und zur Zahlung der Beschwerdegebühr (§ 6 Abs. 1 Satz 1 des Patentkostengesetzes) und
3.
zur Einreichung von Anmeldungen, für die eine Priorität nach § 7 Abs. 2 und § 40 in Anspruch genommen werden kann.

(2) Die Wiedereinsetzung muß innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beantragt werden. Der Antrag muß die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden.

(3) Über den Antrag beschließt die Stelle, die über die nachgeholte Handlung zu beschließen hat.

(4) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(5) Wer im Inland in gutem Glauben den Gegenstand eines Patents, das infolge der Wiedereinsetzung wieder in Kraft tritt, in der Zeit zwischen dem Erlöschen und dem Wiederinkrafttreten des Patents in Benutzung genommen oder in dieser Zeit die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat, ist befugt, den Gegenstand des Patents für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten weiterzubenutzen. Diese Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden.

(6) Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Wirkung nach § 33 Abs. 1 infolge der Wiedereinsetzung wieder in Kraft tritt.

(7) Ein Recht nach Absatz 5 steht auch demjenigen zu, der im Inland in gutem Glauben den Gegenstand einer Anmeldung, die infolge der Wiedereinsetzung die Priorität einer früheren ausländischen Anmeldung in Anspruch nimmt (§ 41), in der Zeit zwischen dem Ablauf der Frist von zwölf Monaten und dem Wiederinkrafttreten des Prioritätsrechts in Benutzung genommen oder in dieser Zeit die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat.

(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt ermittelt auf Antrag den Stand der Technik, der für die Beurteilung der Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung in Betracht zu ziehen ist, und beurteilt vorläufig die Schutzfähigkeit der angemeldeten Erfindung nach den §§ 1 bis 5 und ob die Anmeldung den Anforderungen des § 34 Absatz 3 bis 5 genügt (Recherche). Soweit die Ermittlung des Standes der Technik einer zwischenstaatlichen Einrichtung vollständig oder für bestimmte Sachgebiete der Technik ganz oder teilweise übertragen worden ist (Absatz 8 Nummer 1), kann beantragt werden, die Ermittlungen in der Weise durchführen zu lassen, dass der Anmelder das Ermittlungsergebnis auch für eine europäische Anmeldung verwenden kann.

(2) Der Antrag kann nur von dem Patentanmelder gestellt werden. Er ist schriftlich einzureichen. § 25 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Eingang des Antrags wird im Patentblatt veröffentlicht, jedoch nicht vor der Veröffentlichung des Hinweises gemäß § 32 Absatz 5. Jedermann ist berechtigt, dem Deutschen Patent- und Markenamt Hinweise zum Stand der Technik zu geben, die der Erteilung eines Patents entgegenstehen könnten.

(4) Der Antrag gilt als nicht gestellt, wenn bereits ein Antrag nach § 44 gestellt worden ist. In diesem Fall teilt das Deutsche Patent- und Markenamt dem Patentanmelder mit, zu welchem Zeitpunkt der Antrag nach § 44 eingegangen ist. Die für die Recherche nach § 43 gezahlte Gebühr nach dem Patentkostengesetz wird zurückgezahlt.

(5) Ist ein Antrag nach Absatz 1 eingegangen, so gelten spätere Anträge als nicht gestellt. Absatz 4 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(6) Stellt das Deutsche Patent- und Markenamt nach einem Antrag auf Recherche fest, dass die Anmeldung die Anforderung des § 34 Absatz 5 nicht erfüllt, so führt es die Recherche für den Teil der Anmeldung durch, der sich auf die in den Patentansprüchen als erste beschriebene Erfindung oder Gruppe von Erfindungen bezieht, die untereinander in der Weise verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(7) Das Deutsche Patent- und Markenamt teilt dem Anmelder das Ergebnis der Recherche nach Absatz 1 unter Berücksichtigung des Absatzes 6 ohne Gewähr für Vollständigkeit mit (Recherchebericht). Es veröffentlicht im Patentblatt, dass diese Mitteilung ergangen ist. Gegen den Recherchebericht ist ein Rechtsbehelf nicht gegeben. Ist der Stand der Technik von einer zwischenstaatlichen Einrichtung ermittelt worden und hat der Anmelder einen Antrag im Sinne von Absatz 1 Satz 2 gestellt, so wird dies in der Mitteilung angegeben.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur beschleunigten Erledigung der Patenterteilungsverfahren durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass

1.
die Ermittlung des in Absatz 1 bezeichneten Standes der Technik einer anderen Stelle des Deutschen Patent- und Markenamts als der Prüfungsstelle (§ 27 Absatz 1), einer anderen staatlichen oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung vollständig oder für bestimmte Sachgebiete der Technik oder für bestimmte Sprachen übertragen wird, soweit diese Einrichtung für die Ermittlung des in Betracht zu ziehenden Standes der Technik geeignet erscheint;
2.
das Deutsche Patent- und Markenamt ausländischen oder zwischenstaatlichen Behörden Auskünfte aus Akten von Patentanmeldungen zur gegenseitigen Unterrichtung über das Ergebnis von Prüfungsverfahren und von Ermittlungen zum Stand der Technik erteilt, soweit es sich um Anmeldungen von Erfindungen handelt, für die auch bei diesen ausländischen oder zwischenstaatlichen Behörden die Erteilung eines Patents beantragt worden ist;
3.
die Prüfung der Patentanmeldungen nach § 42 sowie die Kontrolle der Gebühren und Fristen ganz oder teilweise anderen Stellen des Deutschen Patent- und Markenamts als den Prüfungsstellen oder Patentabteilungen (§ 27 Absatz 1) übertragen werden.

(1) Artikel I, Artikel V, Artikel VIII sowie die §§ 2 und 3 dieses Artikels treten am 1. Oktober 1976 in Kraft.

(2) Der Tag, an dem

1.
das Straßburger Patentübereinkommen nach seinem Artikel 9,
2.
der Patentzusammenarbeitsvertrag nach seinem Artikel 63,
3.
das Europäische Patentübereinkommen nach seinem Artikel 169
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(3) Artikel II, Artikel VII sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 10 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 1 treten an dem Tag in Kraft, an dem nach der Bestimmung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation europäische Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt eingereicht werden können (Artikel 162 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens); der Tag des Inkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

(4) Artikel III sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung von Nummer 11 in Artikel 1 § 1 Buchstabe A des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und Artikel X Nr. 2 treten an dem Tag in Kraft, an dem der Patentzusammenarbeitsvertrag für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

(5) Artikel IV sowie Artikel IX, soweit er die Einfügung der Buchstaben r und s in Artikel 1 § 1 Buchstabe A Nr. 3 des Gesetzes über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts betrifft, und § 1 dieses Artikels treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Europäischen Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft, Artikel IV jedoch unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 6.

(6) Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 4 des Patentgesetzes betrifft, und Nr. 7 sowie Artikel VI treten am ersten Tag des auf die Bekanntmachung des Inkrafttretens des Straßburger Patentübereinkommens im Bundesgesetzblatt folgenden vierten Kalendermonats in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt für die Anwendung von Artikel IV Nr. 3, soweit er § 2 Abs. 1 und 2 des Patentgesetzes betrifft, eine innerhalb von sechs Monaten vor der Anmeldung erfolgte Beschreibung oder Benutzung außer Betracht, wenn sie auf der Erfindung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht.