vorgehend
Landgericht München I, 21 O 1678/00, 18.12.2002
Oberlandesgericht München, 6 U 1946/03, 23.12.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 1/05 Verkündet am:
17. April 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EPÜ Art. 69; PatG § 14
Pumpeinrichtung
Zur Beantwortung der Frage, ob eine als patentverletzend beanstandete Ausführung
trotz Abweichung vom Wortsinn in den Schutzbereich eines Patentanspruchs fällt,
reicht es nicht aus, nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs zu prüfen
, ob bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden
ist. Diese Ausführung muss - soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemäße
Lösung von Bedeutung ist - als Gesamtheit erfasst werden; hiervon ausgehend ist
zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche eine auffindbar gleichwertige Lösung
darstellt.
BGH, Urt. v. 17. April 2007 - X ZR 1/05 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 23. Dezember 2004 verkündete und durch Beschluss vom 12. Januar 2005 berichtigte Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten um die Verletzung des deutschen Teils des am 26. September 1987 angemeldeten, in englischer Sprache erteilten europäischen Patents 309 596 (Klagepatents). Dieses Patent umfasst zwölf Patentansprüche , von denen Anspruch 1 wie folgt lautet: "A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising
a) a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,
b) a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,
c) a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,
d) an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
e) an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
f) drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,
g) wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber, characterised by control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre , respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced."
2
Das Klagepatent war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, über die der Senat am 22. Oktober 2002 abschließend entschieden hat (Az. X ZR 115/99). Patentanspruch 1 hatte in der erteilten Fassung Bestand.
3
Die Klägerin hat in Prozessstandschaft und gestützt auf abgetretenes Recht Patentverletzungsklage gegen die Beklagten erhoben, weil diese in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung A. - System-Hochdruckpumpen gemäß den Anl. K 5, 5a vertreiben. Diese Geräte weisen zwei hintereinander geschaltete, unabhängig voneinander angetriebene Kolben auf, wobei der erste Kolben einen konstanten oberen Totpunkt hat, während der zweite Kolben linear verstellt werden kann. Bei dem Gerät 2690, das Untersuchungsgegenstand des sogenannten Weissgerber-Berichts (Anl. K 6) war, können laut dieses Berichts die Flussraten von 0,1 ml/min bis zu 10 ml/min variieren. In der Betriebsart "Auto" ändert sich über diese Variationsbreite hiernach die Hublänge des Primärkolbens in fünf Stufen (Schritten). Der Hub bis zum oberen Totpunkt beträgt bei zunehmender Flussrate 25 μl, 50 μl, 100 μl, 120 μl oder 130 μl und umgekehrt. Die Hublänge des zweiten Kolbens (Akkumulatorkolbens ) ändert sich laut des Berichts in ähnlicher Weise, wobei sie auf den einzelnen Stufen jeweils etwas abnimmt (bei zunehmender Flussrate) bzw. zunimmt (bei abnehmender Flussrate). Nach jedem Kolben hat die Vorrichtung einen Drucksensor, von denen der letzte den Systemdruck feststellt. Die Anpassung der Hublänge erfolgt jedoch unabhängig vom Systemdruck. Laut Bedienungsanleitung gemäß Anl. K 5a ist es möglich, über eine Software die Vorkompression so zu gestalten, dass die Drücke ausgeglichen werden (to balance pressures, providing the smooth, ripple-free flow).
4
Nach Einholung eines Gutachtens und mündlicher Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten zu Schadensersatz festgestellt.
5
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den bereits vom erkennenden Senat in der Patentnichtigkeitssache als gerichtlichen Sachverständigen hinzugezogenen Prof. Dr. M. mit einer schriftlichen Begutachtung betraut und mündlich angehört. Das Berufungsgericht hat sodann unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abgewiesen.
6
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, wobei sie hauptsächlich begehrt, das Urteil des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18. Dezember 2002 in der Fassung des Beschlusses vom 29. Januar 2003 zurückzuweisen.
7
Die Beklagten treten diesem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


8
Die zulässige Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
1. Nach Patentanspruch 1 betrifft das Klagepatent eine Pumpeinrichtung mit wählbarer Flussrate zum Fördern von Flüssigkeiten unter hohem Druck. Solche Vorrichtungen werden insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flussrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flussrate zur Vermeidung von Messfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei ) gehalten werden. Ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergibt sich bereits, wenn die Einrichtung zwei mit Phasenabstand angetriebene Pumpen aufweist, die mit gleichbleibendem Hubvolumen arbeiten und bei denen nur die Hubfrequenz verändert wird.

10
Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bildet jedoch die Kompressibilität der Flüssigkeit eine zusätzliche Quelle für Flusspulsationen. Denn bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe muss der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen. Das führt zu Flusspulsationen entsprechend der Pumpenfrequenz , die sich insbesondere bei niedrigen Flussraten und kleinen Spitzen (Peaks) im Chromatogramm bemerkbar machen.
11
Hieraus ergibt sich, wie in der Klagepatentschrift weiter angegeben ist, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flussraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Messergebnisse weitgehend zu vermeiden.
12
Nach Patentanspruch 1 des Klagepatents soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden: Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flussrate, umfassend 1. eine erste Pumpenkammer (7), 1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und 1.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 2. eine zweite Pumpenkammer (18), 2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und 2.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 3. eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslassöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlassöffnung der zweiten Pumpenkammer, 4. ein Einlassventil (4) 4.1 das an die Einlassöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 5. ein Auslassventil (13), 5.1 das an den Auslass der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 6. Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36) 6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens , 6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird, 7. mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuermittel (41, 42, 43, 44, 35) 7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt 7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung, 7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flussrate verringert wird und umgekehrt, 7.4 derart, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden ("such that pulsations ... are reduced").
13
Patentgemäß wird also die Flussrate sowohl durch Veränderung der Hubfrequenz als auch durch Veränderung des Hubvolumens beeinflusst. Daraus ergeben sich zwei Vorteile: - Zum einen wird mit - bei kleinerer Flussrate - kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt.
- Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Diese wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, welches das gesamte Chromatogramm im Wesentlichen gleichmäßig beeinflusst.
14
2. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass bei dem mit der Klage beanstandeten A. -System die unter den Nrn. 1 bis 6 aufgegliederten Merkmale vorhanden sind. In Streit steht allein die Verwirklichung der Merkmalsgruppe 7.
15
3. Insoweit geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit ständiger Rechtsprechung des Senats davon aus, dass eine patentgeschützte Lehre von einem zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigten Dritten entweder in wortsinngemäßer Weise oder unter Verwendung vom Wortsinn abweichender Mittel verletzt werden kann. Im Streitfall hält es jedoch keine dieser Alternativen für gegeben.
16
Die mit den Antriebsmitteln gekoppelten Steuermittel des A. - Systems dienten zwar zur Einstellung der Hublängen der Kolben zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt (Merkmale 7, 7.1). Da bei dem A. -System das Hubvolumen in drei bzw. fünf Stufen der geänderten Flussrate angepasst werden könne, erfolge die Steuerung aber nicht in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate (Merkmal 7.2). Denn der als Sachverständiger hinzugezogene Prof. Dr. M. habe angegeben, der Durchschnittsfachmann verstehe dieses Merkmal dahin, dass Frequenz und Hubvo- lumen mit der Flussrate so geändert würden, dass es zu einer stetigen (nicht notwendigerweise linearen) Funktion komme. Merkmal 7.3 sei nicht wortsinngemäß verwirklicht, weil nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. dann, wenn die patentierte Idee mit einfachen steuerungstechnischen Mitteln genutzt werden solle, vom Kern der geschützten Lehre nur Gebrauch gemacht werde, wenn sich die in Fig. 5 der Klagepatentschrift gezeigte Kurve a von der Kurve b löse und oberhalb dieser liege. Das sei aber schon dann nicht der Fall, wenn das Hubvolumen - wie bei dem A. -System - jedenfalls abschnittsweise konstant bleibe. Merkmal 7.4 sei schließlich nicht verwirklicht, weil nach den Angaben von Prof. Dr. M. für die patentgemäßen Mittel kennzeichnend sei, die Pulsationen - entsprechend der beispielhaften Fig. 6 des Klagepatents - nur reduzieren zu können, Zweck und Grundlage des A. -Systems aber die Eliminierung der Pulsationen sei.
17
Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sei zu folgen, weil sie von Sachverstand geprägt seien, gegen die fachliche Kompetenz von Prof. Dr. M. keine vernünftigen Einwände vorgebracht werden könnten und der in erster Instanz als gerichtlicher Sachverständiger hinzugezogene Prof. Dr. S. deshalb zu einem anderen Ergebnis (wortsinngemäße Verwirklichung aller Merkmale) gekommen sei, weil er unrichtigerweise auf das Verständnis eines Anwenders, nicht aber auf die Sicht des Durchschnittsfachmanns abgestellt habe, als der nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Patentnichtigkeitsverfahren und den Ausführungen von Prof. Dr. M. ein Diplomingenieur anzusehen sei, der an einer Fachhochschule, einer Technischen Hochschule oder eine Universität ausgebildet worden sei und der vertiefte Kenntnisse im Bereich der Feinmechanik, der Hochdrucktechnik und der Steuerungstechnik sowie Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Flüssigkeitschromatographen habe. Diesem Anforderungsprofil entspreche Prof. Dr. M. als Direktor des Instituts für Fluidtechnische Antriebe und Steuerungen der … ohne Weiteres. Dessen Feststellungen werde deshalb gefolgt.
18
Daher scheide auch eine äquivalente Verwirklichung aus. Denn nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei das A. -System seiner Funktionsweise nach dem im Nichtigkeitsverfahren entscheidungserheblichen Stand der Technik (Saito) nachgebildet, womit bereits eine Einteilung in drei/fünf Bereiche offenbart gewesen sei. Was das Merkmal 7.2 anbelange, stehe das A. -System somit für den Durchschnittsfachmann näher bei Saito als beim Klagepatent. Was die Merkmale 7.3 und 7.4 betreffe, scheide eine äquivalente Benutzung hingegen deshalb aus, weil das A. -System wie Saito zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden und somit seine Aufgabe nicht deckungsgleich mit der des Klagepatents sei.
19
4. Mit dieser Begründung kann die Abweisung der Klage keinen Bestand haben, weil dem Urteil weder eine Auslegung des Klagepatents durch das Berufungsgericht zu Grunde liegt, noch dessen Ausführungen zur Frage der Verwendung abgewandelter Mittel frei von Rechtsfehlern sind und die bislang getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung nicht erlauben, ob das mit der Klage beanstandete A. -System die Lehre nach Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß oder mittels abweichender Gestaltung in einer in dessen Schutzbereich fallenden Weise verwirklicht.
20
a) Das Berufungsgericht ist zwar in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass es zur Beurteilung der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, zunächst der Befassung mit der technischen Lehre bedarf, die sich aus dem angeblich benutzten Patentanspruch ergibt. Die Art und Weise, wie das Berufungsgericht sich den dann seinem Urteilsauspruch zu Grunde gelegten Sinngehalt von Patentanspruch 1 erschlossen hat, war aber nicht rechtsfehlerfrei. Denn die Ermittlung hat der vom Berufungsgericht hinzugezogene Sachverständige vorgenommen und die angefochtene Entscheidung lässt nicht erkennen, dass für die im Urteil wiedergegebenen Ausführungen zum Wortsinn eine eigene Würdigung des Berufungsgerichts maßgeblich war. Das widerspricht ständiger Rechtssprechung, die sich auf Urteile des Senats gründet, die bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts ergangen sind. Denn hiernach betrifft die Auslegung eines Klagepatents eine Rechtsfrage (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung, m.w.N.; vgl. auch die nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen Senatsentscheidungen BGHZ 166, 305, 311 - Vorausbezahlten Telefongespräche; v. 13.02.2007 - X ZR 74/05, Tz. 18 - Kettenradanordnung , für BGHZ bestimmt). Sie ist deshalb von dem angerufenen Gericht eigenständig zu leisten und darf nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen werden, wie der Senat in seinem Urteil vom 11. Dezember 2005 (X ZR 76/04, GRUR 2006, 131 - Seitenspiegel) bestätigt hat. Das Verständnis eines oder der in den Tatsacheninstanzen hinzugezogenen Sachverständigen vom Patentanspruch genießt als solches bei der richterlichen Auslegung grundsätzlich auch ebenso wenig Vorrang wie das Verständnis einer Partei (Sen.Urt. v. 13.02.2007 - X ZR 74/05, Tz. 18 - Kettenradanordnung, für BGHZ bestimmt). Denn es kommt nicht darauf an, wie einzelne Angehörige der Fachwelt oder eine Mehrzahl von Fachleuten den Patentanspruch verstehen. Das Gericht hat vielmehr selbst mittels eines wertenden Akts zu bestimmen, wie der Patentanspruch zu verstehen ist, wenn das auf dem betreffenden Ge- biet der Technik übliche allgemeine Fachwissen sowie die durchschnittlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachwelt zur Erfassung des Wortlauts des Patentanspruchs und dessen hiermit festgelegten Sinns herangezogen und auf diese Weise fachmännischer Sicht Rechnung getragen wird (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
21
b) aa) Bei der Verneinung der Frage, ob das A. -System als vom Wortsinn abweichende Ausführung der Lehre des Patentanspruchs 1 in dessen Schutzbereich fällt, hat das Berufungsgericht eine zergliedernde Betrachtung vorgenommen, indem es sich nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs die Frage vorgelegt hat, ob insoweit bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden ist. Schon das genügt nicht den rechtlichen Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats darüber entscheiden, ob eine Ausführung trotz vorhandener Abweichung vom Wortsinn den Patentanspruch verwirklicht. Ebenso wie bei der Bestimmung, welcher Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs zukommt, stets dessen Gesamtzusammenhang in den Blick zu nehmen ist und eine Erforschung des Inhalts einzelner Merkmale nur dazu dienen kann, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als Einheit zu ermitteln (vgl. BGHZ 159, 221 - Drehzahlermittlung), ist auch die angegriffene Ausführung, soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemäße Lösung von Bedeutung ist, als Gesamtheit zu erfassen; hiervon ausgehend ist zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche trotz der vorhandenen Abwandlung eines oder mehrer patentgemäßer Lösungsmittel eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellt.
22
bb) Der Senat hat im Interesse der Rechtssicherheit für die Prüfung, ob das so ist, einen Fragenkatalog erarbeitet (unter anderem BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I), dessen Beantwortung regelmäßig geboten ist. Eine Aussage darüber, ob eine abweichende Ausführung in den Schutzbereich fällt, kann danach regelmäßig nur dann als auf ausreichender Grundlage beruhend angesehen werden, wenn die Entscheidung erkennen lässt, dass der Tatrichter sich mit den betreffenden Fragen befasst hat und - bei Verneinung der Zugehörigkeit - an welcher Voraussetzung es fehlen soll.
23
Auch diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
24
(1) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss nämlich regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit (zwar abgewandelten, aber) objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Seine Fachkenntnisse müssen den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen , die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen (wortsinngemäßen) Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
25
(2) Die vom Berufungsgericht aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M. im Hinblick auf das Merkmal 7.2 übernommene Feststellung , dass die Lösung des A. -System für den Durchschnittsfachmann näher beim Stand der Technik (Saito) liege als beim Klagepatent, betrifft hiernach keinen Gesichtspunkt, der darüber entscheidet, ob die mit der Klage beanstandete Ausführung in den Schutzbereich des Patentanspruchs 1 des Klagepatents fällt. Welcher der drei vom Senat herausgearbeiteten Voraussetzungen die angebliche Nähe zum Stand der Technik entgegenstehen soll, hat das Berufungsgericht auch nicht dargelegt. Entgegen der Erwiderung der Beklagten lässt die allgemeine und letztlich nur eine Behauptung darstellende Aussage des Berufungsgerichts weder erkennen, dass hiermit die dritte Voraussetzung verneint werden sollte, noch wäre sie überhaupt geeignet, das Fehlen derselben zu begründen. Da diese Voraussetzung auf konkrete Überlegungen abstellt , ist eine derart allgemeine Darlegung, wie sie das Berufungsgericht für ausreichend gehalten hat, insoweit völlig unbrauchbar.
26
(3) Sollte das Berufungsgericht jedoch gemeint haben, hieraus folge die Berechtigung des von den Beklagten erhobenen Einwands, das A. - System stelle mit Rücksicht auf den Stand der Technik keine patentfähige Erfindung dar, beruhte auch das nicht auf einer rechtsfehlerfreien Rechtsanwendung. Denn auch zur Darlegung und zum Nachweis dieses sogenannten Formstein -Einwands genügt nicht eine vergleichsweise größere Nähe der als patentverletzend beanstandeten Ausführung zum Stand der Technik. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Lehre zum technischen Handeln, die diese Ausführung verkörpert, sich nicht durch Neuheit oder erfinderische Tätigkeit vom Stand der Technik unterscheidet. Denn zum Erfolg des sogenannten FormsteinEinwands ist es nötig, dass die Gesamtheit derjenigen Merkmale der als patentverletzend beanstandeten Ausführung, deretwegen festgestellt werden kann, dass diese in den Schutzbereich des Patentanspruchs fällt, als gegenständliche Lehre zum technischen Handeln den gesetzlichen Anforderungen für einen Patentschutz nicht genügt hätte, wenn sie zum Prioritätszeitpunkt des erteilten Patents angemeldet worden wäre (BGHZ 98, 21 f. - Formstein; BGHZ 134, 353, 357 f. - Kabeldurchführung I).
27
(4) Auch die hinsichtlich der Merkmale 7.3 und 7.4 getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, deren äquivalente Verletzung scheide aus, weil das A. -System zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden, und damit bei ihm ein Umstand gegeben sei, auf den es nach der Lehre des Klagepatents nicht ankomme, füllt keine der maßgeblichen Voraussetzungen aus. Mit dieser Feststellung ist zunächst einmal nur ein Mehr an Leistung im Vergleich zu dem angesprochen, was ausweislich Merkmal 7.4 die nach Patentanspruch 1 geschützte Lehre ausmachen soll. Ein Leistungsüberschuss einer vom Wortsinn abweichenden Ausführung schließt aber deren Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patentanspruchs nicht aus. Dies gilt insbesondere, wenn die als patentverletzend beanstandete Ausführung über die Gesamtheit der Merkmale hinaus, die im Hinblick auf die Einbeziehung dieser Ausführung in den Schutzbereich von Bedeutung sind, zusätzliche Gestaltungsmittel aufweist, weil dann deren Existenz für eine weitere Leistungssteigerung verantwortlich sein kann. Gerade das war im Streitfall zu klären, weil die Klägerin sich insoweit unter Hinweis auf den Prospekt gemäß Anl. K 5a auf das Vorhandenseins eines Druckwandlers und einer softwaregesteuerten Vordruckregelung berufen hat. Die damit aufgezeigte Möglichkeit, dass auch das A. -System über das Hubvolumen so gesteuert wird, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeneinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden, und dieses System zur Beseitigung noch verbleibender Pulsationen nur durch zusätzliche Maßnahmen befähigt ist, wird jedoch durch den bloßen Hinweis des Berufungsgerichts nicht ausgeräumt, nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei aus dem so genannten Weissgerber-Bericht (Anl. K 6) nicht ersichtlich, wie sich die Regelung von Primär- und Systemdruck auf die Pulsation auswirke, um den vom A. -System beanspruchten "ripple-free flow" nachzuweisen.
28
cc) Damit ist bisher (auch) die Frage der Gleichwirkung des A. - Systems ungeklärt geblieben. Hierbei handelt es sich um eine Frage, deren Beantwortung tatrichterlicher Feststellung und Würdigung bedarf (Sen.Urt. v. 22.11.2005 - X ZR 81/01, GRUR 2006, 313 - Stapeltrockner). Jedenfalls das macht die ausgesprochene Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht notwendig.
29
5. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht Folgendes zu bedenken haben:
30
a) Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent unter Schutz gestellt ist, ist gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat. Das verleiht dem in dem betreffenden Patentanspruch gewählten Wortlaut entscheidende Bedeutung. Was bei sinnvollem Verständnis - gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Erläuterungen in Beschreibung und Zeichnungen - mit ihm nicht so deutlich einbezogen ist, dass es als zur Erfindung gehörend erkannt wird, kann den Gegenstand dieses Patentanspruchs nicht kennzeichnen (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
31
b) Hiernach wird im Streitfall zu berücksichtigen sein, dass das Patent davon ausgeht, dass die Pumpeinrichtung die Wahl mehrerer Flussraten erlaubt (wählbare Flussrate, gewünschte Flussrate Sp. 1 Z. 47 der Beschreibung), dass also der Betreiber im Rahmen der Förderkapazität der Einrichtung einstellen kann, welche Flüssigkeitsmenge am Ausgang der Pumpeinrichtung zur Verfügung steht. Da andererseits die Anzahl der wählbaren Flussraten im Patentanspruch 1 nicht angegeben und dort auch nicht vorgegeben ist, wie sie sich unterscheiden sollen, könnte deshalb sogar ausreichen, wenn die Einrichtung die Einstellung von mindestens zwei Flussraten innerhalb der förderbaren Flüssigkeitsmengen erlaubt. Die Einstellbarkeit in drei oder fünf Stufen würde ebenfalls genügen und die gewünschte Flussrate wäre patentgemäß immer nur eine der Flüssigkeitsmengen, die entsprechend der jeweiligen Herrichtung der Vorrichtung jeweils zur Abgabe eingestellt werden kann.
32
Bei diesem Verständnis kommt es zur Flussrate, die aus den nach der Herrichtung der Vorrichtung möglichen ausgewählt wird, weil patentgemäß sowohl die Hubfrequenz der angetriebenen Kolben als auch die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge geräteseits gesteuert werden. Die Einstellung der Hublängen der Kolben zwischen den beiden Totpunkten, die diese Menge bestimmen, erfolgte dabei nach der Merkmal 7.2 zugrunde liegenden Anweisung geräteseits in Abhängigkeit von der eingestellten Flussrate. Die mit den Antriebsmitteln gekoppelten Steuermittel sorgten hiernach automatisch für eine Einstellung der Hublänge je nachdem, welche der möglichen Einstellungen der Flussrate der Betreiber gerade gewählt hat. Wird eine mögliche Flussrate eingestellt, müsste das System für eine bestimmte Hublänge beider Kolben unter verschiedenen möglichen sorgen. Im Fall einer Änderung der Flussrate (Verringerung oder Erhöhung auf einen anderen einstellbaren Wert) bedeutete das, dass auch dann eine automatische Einstellung der Hublänge zu erfolgen hätte.
33
Was hierbei zu geschehen hat, besagten die Merkmale 7.3 und 7.4. Weder bei einer Erhöhung der Flussrate noch bei einer Verringerung der Flussrate darf danach das Hubvolumen gleich bleiben. Eine Änderung der Einstellung der Flussrate muss vielmehr auch eine Änderung des Hubvolumens nach oben oder unten zur Folge haben. Ausgehend von dem eingangs erwähnten Verständnis müsste daher die Einrichtung jeder vom Betreiber einstellbaren Flussrate dadurch Rechnung tragen, dass ein dieser Flussrate eigenes Hubvolumen gepumpt wird, das sich von dem Hubvolumen unterscheidet, mit der bei der nächst höheren oder nächst niedrigeren einstellbaren Flussrate gearbeitet wird. Hinsichtlich des Maßes der Verringerung oder Erhöhung des Hubvolumens bei geänderter Einstellung einer der möglichen Flussraten schreibt Merkmal 7.4 schließlich die Orientierung an dem dort vorgegebenen Ziel vor.
34
c) Die vorstehend skizzierte Auslegung führt jedoch nicht ohne Weiteres zur Feststellung, dass das A. -System Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht wortsinngemäß verwirklicht. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt , dass über die Verletzungsfrage nicht allein die Form entscheidet, die eine als patentverletzend beanstandete Ausführung bei Berücksichtigung aller ihrer Gestaltungsmerkmale in ihrer konkreten Form hat (BGHZ 112, 140 - Befestigungsvorrichtung II; BGHZ 125, 303 - Zerlegvorrichtung für Baumstämme ; BGHZ 142, 7 - Räumschild), und dass letztlich die objektive Eignung maßgeblich ist, die sich bei einer Sache daraus ergibt, wie sie benutzt werden kann, und nicht daraus, wie sie im Einzelfall oder üblicherweise benutzt wird (Sen.Urt. v. 13.12.2005 - X ZR 14/02, GRUR 2006, 399, 401 - Rangierkatze).
Im Streitfall könnte es deshalb darauf ankommen, ob das A. -System nach seiner vorrichtungsmäßigen Ausgestaltung unter Beschränkung auf die drei oder fünf Flussraten bedient werden kann, bei denen eine Umstellung des Hubvolumens erfolgt. Bejahendenfalls könnten jedenfalls die Merkmale 7.2 und 7.3 verwirklicht sein und es könnte nur noch die wortsinngemäße Verwirklichung von Merkmal 7.4 in Frage stehen, zu dem dann auch auf der Grundlage der vorstehend erörterten Auslegung von Patentanspruch 1 ebenfalls noch weitere Feststellungen des Berufungsgerichts notwendig wären.
35
6. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung, die nach den vorstehenden Ausführungen den gesamten Prozessstoff zu umfassen hat, zu dem Ergebnis gelangen, dass Ansprüche wegen Patentverletzung bestehen, wird eine Zurückweisung der Berufung insoweit nicht in Betracht kommen, als das Landgericht festgestellt hat, die Beklagten hätten den der Klägerin entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Denn die Klägerin klagt nicht aus eigenem Recht.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.12.2002 - 21 O 1678/00 -
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Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2005 - X ZR 14/02

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2005 - X ZR 81/01

bei uns veröffentlicht am 22.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 81/01 Verkündet am: 22. November 2005 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2002 - X ZR 115/99

bei uns veröffentlicht am 22.10.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 115/99 Verkündet am: 22. Oktober 2002 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgeric
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2007 - X ZR 1/05.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2010 - X ZR 104/08

bei uns veröffentlicht am 16.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 104/08 vom 16. November 2010 in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Gröning, Dr. Berger, Dr. Grabin

Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05

bei uns veröffentlicht am 31.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 95/05 Verkündet am: 31. März 2009 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja S

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2010 - X ZR 193/03

bei uns veröffentlicht am 14.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 193/03 Verkündet am: 14. Dezember 2010 Beširović Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2015 - X ZR 81/13

bei uns veröffentlicht am 13.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 8 1 / 1 3 Verkündet am: 13. Januar 2015 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 115/99 Verkündet am:
22. Oktober 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2002 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen,
Keukenschrijver, Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Juristischen Beschwerdesenats und Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 16. April 1999 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des am 26. September 1987 angemeldeten und am 31. März 1993 veröffentlichten europäischen Patents 309 596 (Streitpatents). Das Streitpatent umfaßt 12 Patentansprüche, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising

a) a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,

b) a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,

c) a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,

d) an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,

e) an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,

f) drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,

g) wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber,
characterised by
control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre , respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced."
In der Streitpatentschrift ist dieser Anspruch wie folgt ins Deutsche übersetzt :
"Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, und mit wählbarer Flußrate mit

a) einem ersten Kolben (10), der in einer ersten Pumpenkammer (7) eine Hubbewegung vollführt, wobei die erste Pumpenkammer eine Einlaß- und eine Auslaßöffnung besitzt,

b) einem zweiten Kolben (20), der in einer zweiten Pumpenkammer (18) eine Hubbewegung vollführt, wobei die zweite Pumpenkammer eine Einlaß- und eine Auslaßöffnung besitzt,

c) einer Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslaßöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlaßöffnung der zweiten Pumpenkammer,

d) einem an die Einlaßöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossenen Einlaßventil (4), durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,

e) einem an den Auslaß der ersten Pumpenkammer angeschlossenen Auslaßventil (13), durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,

f) Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens,

g) wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird,
gekennzeichnet durch
mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuer- mittel (41, 42, 43, 44, 35) zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt in Abhängigkeit von der gewünschten Flußrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpeinrichtung, wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge ) sich mit abnehmender Flußrate verringert und umgekehrt , derart, daß Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden."
Wegen des Wortlauts der übrigen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hält das Streitpatent für nicht patentfähig. Sie ist insbesondere der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei durch die amerikanische Patentschrift 4 681 513 neuheitsschädlich vorweggenommen, jedenfalls aber nahegelegt.
Die Beklagte hat das Streitpatent mit der Maßgabe verteidigt, daß in Patentanspruch 10 eine Alternative gestrichen werden solle.
Mit dieser Maßgabe hat das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Univ.-Prof. Dr.-Ing. H. M. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Wie das Bundespatentgericht hat auch der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Gegenstand der Streitpatents nicht patentfähig ist, so daß die Nichtigkeitsklage zu Recht abgewiesen worden ist (Artt. 52 Abs. 1, 54, 56, 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
I. Das Streitpatent betrifft eine Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit wählbarer Flußrate. Solche Vorrichtungen werden, wie die Streitpatentschrift erläutert, insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flußrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flußrate zur Vermeidung von Meßfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei) gehalten werden.
Die Patentschrift beschreibt, daß Hubkolbenpumpen mit nur einem Kolben von Haus aus mit Flußschwankungen (Pulsationen) behaftet seien, weil der Kolben nur während eines Teils des Pumpzyklus´ fördere. Zur Reduzierung dieser Pulsationen sei es bekannt, eine Doppelkolbenpumpe zu verwenden, deren miteinander verbundene Pumpenköpfe jeweils einen Hubkolben besitzen , die über Nocken und eine Nockenwelle mit einem vorbestimmten Phasenabstand angetrieben werden, so daß sich ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergebe. Zudem seien zusätzliche Pulsationsdämpfer bekannt.
Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bilde jedoch die Kompressibilität der Lösungsmittel eine zusätzliche Quelle für Flußpulsationen. Bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe müsse der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen, was zu Flußpulsationen entsprechend der Pumpenfrequenz führe, die sich insbesondere bei niedrigen Flußraten und entsprechend kleineren Spitzen (Peaks) im Chromatogramm störend bemerkbar machten.
Aus der amerikanischen Patentschrift 4 352 636 sei es bekannt, die durch die Kompressibilität der Lösungsmittel erzeugten Pulsationen durch speziell ausgebildete Nocken zu reduzieren, deren Form so gewählt sei, daß sich während des gesamten Rotationszyklus mit Ausnahme eines kurzen Abschnitts zu Beginn des Ausstoßhubs des ersten Kolbens die gleiche Fördermenge ergebe , um durch eine Vorkompressionsphase und den resultierenden positiven Förderpuls die Kompressibilität der Flüssigkeit auszugleichen. Die Vorkompressionsphase sei jedoch von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die nicht alle präzise bestimmt werden könnten, so daß eine Restpulsation zu er-
warten sei. Außerdem benötige die Konstruktion präzise bearbeitete Nocken und sei damit verhältnismäßig kompliziert.
Hieraus ergibt sich, wie in der Streitpatentschrift angegeben, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flußraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Meßergebnisse weitgehend zu vermeiden.
Erfindungsgemäß soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden:
Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flußrate, umfassend 1. eine erste Pumpenkammer (7), 1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und 1.2 die eine Einlaßöffnung und eine Auslaßöffnung aufweist, 2. eine zweite Pumpenkammer (18), 2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und 2.2 die eine Einlaßöffnung und eine Auslaßöffnung aufweist, 3. eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslaßöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlaßöffnung der zweiten Pumpenkammer , 4. ein Einlaßventil (4)
4.1 das an die Einlaßöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 5. ein Auslaßventil (13), 5.1 das an den Auslaß der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 6. Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36) 6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens, 6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird, 7. mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steu- ermittel (41, 42, 43, 44, 35) 7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt 7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flußrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung, 7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flußrate verringert wird und umgekehrt,
7.4 derart, daß Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden ("such that pulsations ... are reduced").
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift zeigt ein Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Die Streitpatentschrift erläutert, daß erfindungsgemäß die Flußrate, die bei den bekannten Fördersystemen bei gleichbleibendem Hubvolumen durch Veränderung der Hubfrequenz der Kolben verändert worden sei, durch Veränderung sowohl der Hubfrequenz als auch des Hubvolumens verändert werde. Daraus ergeben sich zwei Vorteile:
- Zum einen wird mit - bei kleinerer Flußrate - kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt. - Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Sie wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, das das gesamte Chromatogramm im wesentlichen gleichmäßig beeinflußt; außerdem führt, wie Prof. Dr.-Ing. S. in dem von der Beklagten erstinstanzlich vorgelegten Privatgutachten darlegt und der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, das Speicherverhalten des Systems zu einer Art "Tiefpaßwirkung", d.h. zu einer Glättung der Pulsationen, die um so ausgeprägter erfolgt, desto höher die Pulsationsfrequenz ist.
Mit konstruktiv einfachen Mitteln werden damit die nachteiligen Auswirkungen von Pulsationen in dem besonders kritischen Bereich der niedrigeren Flußraten reduziert.
Anspruch 1 des Streitpatents läßt hierbei offen, in welchem konkreten Maße bei einer Verringerung der Flußrate die Hublänge reduziert werden soll und welche Hubdauer und Hubfrequenz sich demgemäß bei einer vorgegebenen Flußrate ergeben. Stellt man den Zusammenhang wie in dem angefochtenen Urteil und nachstehend wiedergegeben graphisch dar (wobei h die Hublänge und T die Dauer des Kolbenhubs bezeichnen), bleibt demgemäß eben- h so offen, wo genau zwischen dem Nullpunkt und dem Punkt 1 auf der eine
Flußrate V < V < V darstellenden Geraden V der dem Verhältnis Hublänge
2
1 0 1 zu Hubdauer entsprechende "Betriebspunkt" B liegt, wie die Form der Kurve 1’ B' offenbleibt, die die Betriebspunkte B , B und B verbindet und die, wie dar- 0 1’ 2’ gestellt, eine Gerade sein kann, aber nicht sein muß.

B


B’

Jedoch erhält der Fachmann, bei dem es sich um einen Diplomingenieur mit vertieften Kenntnissen im Bereich der Feinmechanik, der Hochdrucktechnik und der Steuerungstechnik und Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Flüssigkeitschromatographen handelt, durch das funktionale Merkmal 7.4 eine Zielrichtung vorgegeben, an der er sich bei der Auswahl des "Betriebspunktes" B orientieren kann, indem er diesen so wählt, daß die x’ Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom wirksam verringert werden. Darüber hinaus muß die Kurve B' der Bedingung h > h > h ... > h genügen, die sich aus Merkmal 7.3 ergibt, d.h. 0 1’ 2’ n’ die Hublänge darf, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, nach dem Verständnis des Fachmanns vom Wortsinn dieses Merkmals bei einer einstellbaren geringeren Flußrate nicht ansteigen oder gleichbleiben, soweit nicht die technischen Gegeben-
heiten, wie insbesondere die Auflösung des Schrittmotors, eine Veränderung nur um bestimmte Inkremente zulassen. Eine Ausnahme von dieser Bedingung bilden nur die in der Beschreibung des Streitpatents erwähnten sehr geringen Flußraten unter etwa 0,1 ml/min, bei denen das Hubvolumen bis herunter zur Flußrate Null auf einem konstanten Wert gehalten wird (Sp. 11 Z. 42 - 49). Der Fachmann erkennt, wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, daß dies mit der erfindungsgemäßen Lehre deshalb vereinbar ist, weil bei sehr geringen Hubvolumina eine weitere Verringerung des Hubvolumens praktisch nicht oder nicht mehr sinnvoll realisierbar sein kann.
II. Ein Gegenstand mit diesen Merkmalen war am Anmeldetag des Streitpatents neu.
Die - wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht - von dem im Prüfungsverfahren und im Nichtigkeitsverfahren erörterten Stand der Technik für eine neuheitsschädliche Vorwegnahme allein in Betracht kommende amerikanische Patentschrift 4 681 513 ("Saito") beschreibt keine Pumpeinrichtung mit Steuermitteln , mit denen im vorstehend erläuterten Sinne das Hubvolumen mit abnehmender Flußrate derart verringert wird, daß störende Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden (Merkmale 7.3 und 7.4).
Mit dem in Sp. 5 Z. 10 bis Sp. 8 Z. 26 beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiel , das durch das nachfolgende, in Fig. 7 dargestellte Blockdiagramm veranschaulicht wird, offenbart diese Druckschrift eine Pumpeinrichtung mit den Merkmalen 1 bis 6.2 des Streitpatents.

Es handelt sich um eine Pumpeinrichtung, die in Übereinstimmung mit Merkmal 1 zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, vorgesehen ist. Die Pumpe weist zwei hintereinander geschaltete Pumpeneinheiten 50, 40 auf, die durch eine Leitung 60 miteinander verbunden sind (Merkmal 3). Jede Pumpeneinheit weist einen Kolben 53, 43 auf, der in einer Pumpenkammer eine Hubbewegung vollführt (Merkmale 1.1 und 2.1). In Einlaßöffnungen und Auslaßöffnungen jeder Pumpeneinheit sind Rückschlagventile 52, 51; 42, 41 angeordnet, die ein Rückströmen der Flüssigkeit verhindern (Merkmale 1.2, 2.2, 4 und 5). Der Antrieb der Kolben 53, 43 erfolgt über Nockenscheiben 55, 45, die jeweils von
einem Schrittmotor 56, 46 angetrieben werden (Merkmal 6.1). Die Schrittmoto- ren führen Drehbewegungen in alternierender Drehrichtung durch, die mit Hilfe der Nockenscheiben in die oszillierende Bewegung der Kolben umgesetzt werden. Wegen der hintereinander geschalteten Pumpeneinheiten muß die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer vor Beginn der Förderung zunächst auf den Druck, der in der Verbindungsleitung und der zweiten Pumpenkammer herrscht, vorverdichtet werden, da sich erst danach die Rückschlagventile öffnen (Merkmal 6.2).
Die Pumpeinrichtung soll für drei unterschiedliche Analysebereiche des nachgeschalteten Flüssigkeitschromatographen einsetzbar sein, nämlich für die Mikroanalyse mit einer Flußrate bis 0,1 µl/min, die Semimikroanalyse mit einer Flußrate bis 1 µl/min und die Makroanalyse mit einer Flußrate bis 10 µl/min. Die Druckschrift erläutert, daß es sehr schwierig sei, diese drei Flußratenbereiche (die sich um den Faktor 100 unterscheiden) durch die Verwendung einer konventionellen Pumpenanordnung abzudecken, bei der die Nocken zum Antrieb der Kolben in einer Richtung rotieren. Wenn die Nocken jeden Flußratenbereich abdecken sollten, würde die Hubdauer bei großen Flußraten so kurz, daß sich die Kolben von der Nockenscheibe abhöben, während bei kleinen Flußraten die Geschwindigkeit des Schrittmotors so stark verlangsamt werden müßte, daß dieser nicht mehr glatt rotieren könnte (Sp. 4, Z. 4 bis 14 der US-Patentschrift).
Zur Bewältigung dieses Problems ist bei dem bevorzugten Ausführungsbeispiel vorgesehen, auf den Nockenscheiben 55, 45, mit denen die Kolben angetrieben werden, - wie in der nachfolgend wiedergegebenen Fig. 10 gezeigt - insgesamt fünf aneinander anschließende, sich zu 360° ergänzende
Winkelbereiche vorzusehen, von denen zwei (P , P ) als Hilfssegmente dienen 1 2 und die übrigen drei als Nutzsegmente für jeweils einen der drei unterschiedlichen Analysebereiche eingesetzt werden, und zwar der Nockenbereich M für die Mikroanalyse, der Nockenbereich S für die Semimikroanalyse und der Nokkenbereich N für die Makroanalyse (US-Patentschrift Sp. 7, Z. 54 – Sp. 8 Z. 4). In den Winkelbereichen M, S und N weisen die Nocken Kontur-Segmente mit jeweils unterschiedlicher, jedoch innerhalb der einzelnen Winkelbereiche konstanter Steigung auf. Dabei soll sich bei einer minimal erreichbaren Flußrate von 5,955 µl/min in der Makroanalyse eine Hublänge von 11.191 µm, bei einer Flußrate von 0,5955 µl/min in der Semimikroanalyse eine Hublänge von 621 µm und bei einer Flußrate von 0,05955 µl/min in der Mikroanalyse eine Hublänge von 31 µm ergeben.

Der zentrale Steuerkreis 63 bestimmt abhängig von dem eingegebenen Wert für die gewünschte Flußrate die Rotationsgeschwindigkeit und den Winkelbereich , über den die Schwenkbewegung zum Antrieb des zweiten Kolbens erfolgt (Sp. 6, Z. 42 bis 56). In Abhängigkeit von der Bewegung des zweiten Kolbens wird der Antriebsmotor 56 für den ersten Kolben 53 geregelt. Der sich in der Druckleitung 62 einstellende Enddruck der Pumpe wird mit dem Druck-
sensor 64 erfaßt. Falls sich Druckpulsationen im Übergangsbereich zwischen der Förderung der ersten und der zweiten Pumpeneinheit ergeben, wird die Vorkompressionsphase der ersten Pumpeneinheit durch Erhöhung oder Erniedrigung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens so verändert, daß die Druckschwankungen verringert werden (US-Patentschrift Sp. 7, Z. 3 - 26).
In der Entgegenhaltung ist somit zwar die Verringerung des Hubvolumens für niedrigere Flußraten beschrieben, jedoch nur für den Übergang von der Makroanalyse zur Semimikroanalyse oder von der Semimikroanalyse zur Mikroanalyse. Dagegen ist der Schrift, wie bereits das sachkundig besetzte Bundespatentgericht angenommen und die eingehende Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, nichts dafür zu entnehmen, daß auch innerhalb der Analysebereiche bei Wahl einer niedrigeren Flußrate das Hubvolumen verringert werden könnte. Insbesondere bezieht der Fachmann nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Angaben in der Entgegenhaltung zur Veränderung des Winkelbereichs (Sp. 6 Z. 44 - 56) nur auf den Wechsel zwischen den für die unterschiedlichen Analysebereiche vorgesehenen Winkelbereichen M, S und N, nicht jedoch auf die Möglichkeit, einen dieser Bereiche bei geringerer Flußrate nur teilweise zu überstreichen. Der vorstehend zu I formulierten Gültigkeitsbedingung für den Verlauf der Kurve B ist somit nicht genügt, Merkmal 7.3 nicht erfüllt.
Es kommt hinzu, daß die Schrift auch keinen Anhaltspunkt dafür bietet, daß die Verringerung des Hubvolumens bei dem Übergang von einem "gröberen" zu einem "feineren" Analysebereich an der Zielsetzung orientiert wäre,
Pulsationen zu reduzieren (Merkmal 7.4), oder dieses Ziel auch nur objektiv zu erreichen geeignet wäre.
Die Zielsetzung bei der Ausgestaltung der Nocken mit Bereichen unterschiedlicher Steigung ist eine andere, wie sich aus Sp. 4 Z. 4 - 14 der US-Patentschrift und der darauf bezogenen Aufgabe ergibt, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, die ein Fluid über einen ziemlich breiten Bereich von Flußraten fördern kann (Sp. 4 Z. 28 - 30). Es gilt nämlich sowohl ein Abheben der Kolben von den Nockenscheiben bei zu hoher Geschwindigkeit als auch eine nicht-glatte Rotation bei zu niedriger Geschwindigkeit des Schrittmotors zu vermeiden. Zwar erwähnt die Entgegenhaltung auch als Anliegen der Erfindung , eine Pumpenanordnung bereitzustellen, die nur kleine Anzahl von Flußratenpulsationen erzeugt (Sp. 4 Z. 22 - 24). Jedoch wird dieses Ziel mit anderen Mitteln verfolgt, nämlich dadurch, daß die Vorkompressionsphase der ersten Pumpeneinheit gegebenenfalls durch Erhöhung oder Erniedrigung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens so verändert wird, daß die Druckschwankungen verringert werden. Deswegen setzt die Entgegenhaltung, anders als das Streitpatent, auch zwingend zwei gesondert ansteuerbare Schrittmotoren für die beiden Nocken voraus. Schließlich ergibt sich auch nichts anderes aus der des weiteren genannten Zielsetzung, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, deren Flußrate verändert werden kann, ohne das Zeitintervall der Flußratenpulsationen allzu lang zu machen (Sp. 4 Z. 25 - 27). Sie knüpft an die Darlegung in der Beschreibung an, ein Mittel, die Abnahme der durchschnittlichen Flußrate aufgrund des höheren Förderdrucks zu mindern, bestehe darin, den Hub des Kolbens zu verlängern und damit die Frequenz der Absorp- tionen des Kompressionsvorgangs pro Zeiteinheit zu reduzieren; werde die Hubdauer jedoch auf einen extrem großen Wert wie z.B. eine Minute angeho-
ben, werde die sonst übliche Wirkung der Ladung auf die Pumpe zum Glätten von Flußratenpulsationen oder die Wirkung eines Dämpfers zum Entfernen von Flußratenpulsationen nicht mehr erreicht werden können (Sp. 3 Z. 42 - 61). Es geht der Schrift somit auch in diesem Zusammenhang gerade nicht um eine kontinuierliche Verringerung des Hubs bei abnehmenden Flußraten, sondern lediglich um die Vermeidung extrem hoher Frequenzen.
Es läßt sich auch nicht feststellen, daß bei der in der Entgegenhaltung beschriebenen Pumpeinrichtung durch die Verringerung des Hubvolumens bei Wahl eines feineren Analysebereichs mit niedrigerer Flußrate tatsächlich Pulsationen reduziert würden. Denn wie dort in Sp. 8 Z. 17 - 26 beschrieben wird, muß die Einlaßpumpe 50 das Fluid bei einer größeren Flußrate fördern als die Auslaßpumpe 40; ist die Nocke 55 im Profil mit der Nocke 45 identisch, ist es deshalb notwendig, die Nocke 55 über zwei oder mehrere der Winkelbereiche zu rotieren. Da die Übergänge zwischen den Winkelbereichen unstetig sind, werden hierdurch, wie der Privatgutachter Prof. Dr. S. eingehend begründet und der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, zwangsläufig Pulsationen verursacht. Zwar weist die Formulierung der Entgegenhaltung, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, den Fachmann darauf hin, daß auch nicht-identische Nockenprofile denkbar wären. Jedoch fehlt es an einer konkreten Offenbarung, wie solche nicht identischen Nockenprofile ausgestaltet werden könnten, ebenso wie an jedem Hinweis, daß ihre Verwendung wünschenswert sein könnte. Auch hieran wird deutlich, daß der Entgegenhaltung nichts dafür zu entnehmen ist, durch ein abnehmendes Hubvolumen bei abnehmender Flußrate störende Pulsationen zu reduzieren.
Dafür läßt sich schließlich auch nichts aus dem Argument der Klägerin herleiten, die Ausgestaltung der Nocken mit Segmenten unterschiedlicher Steigung sei nur Gegenstand des bevorzugten Ausführungsbeispiels und des Anspruchs 5 der Entgegenhaltung, während Anspruch 1 ganz allgemein Nocken lehre, die an jeder rotierenden Welle zum Zusammenwirken mit den an den freien Enden jedes Kolbens angebrachten Nockenstößeln befestigt seien, und Schrittmotoren, die so gesteuert würden, daß sie innerhalb eines Winkelbereichs vor und zurück rotierten, der entsprechend der gewünschten Flußrate gesteuert sei ("stepper motors being controlled to rotate back and forth within an angular range controlled according to the desired flow rate"). Es ist schon zweifelhaft, ob der Fachmann diesen Anspruch trotz der beschriebenen Nachteile eines alle Flußratenbereiche abdeckenden Nockens dahin versteht, daß die Nocken auch mit gleichmäßiger Steigung ausgebildet sein können, denn wie der gerichtliche Sachverständige erläutert hat, erlaubt es die begrenzte Schrittmotorauflösung dem Fachmann nicht, bei der Vorrichtung nach Saito kurzerhand auf unterschiedliche Nockensegmente zu verzichten. Jedenfalls ist dem nicht weiter erläuterten, allgemein formulierten Anspruch für den Fachmann, wie der Sachverständige bestätigt hat, mangels entsprechender Erläuterungen oder wenigstens Zielvorgaben in der Beschreibung aber nicht zu entnehmen, daß die Steuerung so erfolgen soll, daß bei Wahl einer geringeren Flußrate ein kleinerer Winkelbereich überstrichen wird.
III. Hiernach läßt sich aber auch nicht feststellen, daß der Stand der Technik dem Fachmann die technische Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents nahegelegt hat. Die amerikanische Patentschrift 4 681 513 enthält nach dem Vorstehenden ebensowenig eine Anregung, schädliche Pulsationen dadurch zu verringern, daß das Hubvolumen mit abnehmender Flußrate verrin-
gert wird, wie der übrige im Verfahren erörterte Stand der Technik, der keine Pumpeinrichtung für hohe Drücke kennt, bei der eine Steuerung der Hublänge der Kolben vorgesehen ist. Der Fachmann mußte daher, um zu der Erfindung zu gelangen, sich von den bislang verfolgten Lösungen abkehren, Pulsationen durch Dämpfungseinrichtungen und dergleichen so weit wie möglich zu vermeiden , und statt dessen den anderen Weg einschlagen, die Pulsationen in möglichst kleine und hochfrequente Flußschwankungen umzuwandeln, die das chromatographische Meßergebnis nicht oder nur wenig stören. Der gerichtliche Sachverständige hat dies dahin ausgedrückt, daß das Streitpatent nicht wie der Stand der Technik versuche, Druckschwankungen zu eliminieren, sondern sie als systemimmanent betrachte und es unternehme, ihre Auswirkungen auf das Ergebnis der Messung zu minimieren, indem es die Höhe der Pulsationen mit abnehmender Flußrate reduziere und gleichzeitig die Frequenz der Pulsationen möglichst hoch halte. Allein sein allgemeines Fachwissen konnte den Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, nicht auf diesen bislang nicht begangenen Weg führen.
IV. Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 des Streitpatents werden bereits durch die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 getragen und haben deshalb mit diesem Bestand.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Jestaedt Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 81/01 Verkündet am:
22. November 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stapeltrockner
PatG § 14; EPÜ Art. 69

a) Die Prüfung, ob eine angegriffene Ausführungsform das der Erfindung
zugrunde liegende Problem mit gleichwirkenden Mitteln löst, erfordert die
Ermittlung des Sinngehalts des Patentanspruchs und der Wirkungen, die
mit den anspruchsgemäßen Merkmalen - je für sich und in ihrer Gesamtheit
- erzielt werden, sowie die tatrichterliche Feststellung, ob und gegebenenfalls
mit welchen konkreten, vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden
Mitteln diese Wirkungen von der angegriffenen Ausführungsform
erreicht werden.

b) Es ist eine Rechtsfrage, ob die Überlegungen, die der Fachmann anstellen
muss, um eine abweichende Ausführungsform als gleichwirkend aufzufinden
, derart am Sinngehalt des Patentanspruchs orientiert sind, dass der
Fachmann die abweichende Ausführungsform als gleichwertige Lösung in
Betracht zog.
BGH, Urt. v. 22. November 2005 - X ZR 81/01 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 1. März 2001 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch. Die Klägerin ist aufgrund eines Vertrags vom 28. November/4. Dezember 1996 Lizenznehmerin der B. , die der Klägerin außerdem ihre Schadensersatz - und Auskunftsansprüche gegen die Beklagte abgetreten hat. Zu den im Lizenzvertrag aufgeführten Patenten gehört auch das inzwischen infolge des Ablaufs der Schutzdauer erloschene europäische Patent 0 049 737 (Klagepatent ), das am 4. Juli 1981 angemeldet und u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist. Verfahrenssprache ist Englisch. Das Klagepatent betrifft "Method and apparatus of treating a plurality of planar articles". Die Patentansprüche 1-3 befassen sich mit dem patentgemäßen Verfahren ; Patentanspruch 4, der die patentgemäße Vorrichtung betrifft, lautet: "Apparatus for exposing and drying a stack of planar articles (23) in abutting face-to-face contact characterized by a plurality of guide members (31, 32) defining a path (14, 24) having a series of connected reversing curves, said guide members (31, 32) presenting said path with a plurality of smooth parallel guide surface for confining said stack of articles (23) to travel therethrough; by means to engage and push said stack through said path (14, 24); and by means (16) to direct air to said path (14, 24) at the outer portions of said curves."
2
Die Beklagte vertreibt Fertigungsstraßen für die Blechverarbeitung und bringt unterschiedliche Industrieöfen zum Trocknen von Dosendeckeln auf den Markt, die von der C. GmbH in D. produziert werden. In der Angebotspalette der Beklagten befindet sich u.a. ein Trocknungsofen mit der Modellnummer D… , bei dem Dosendeckel auf zwei parallelen Trocknungswegen in einem kurvenförmigen Verlauf durch den Luftstrom geführt werden. Die auf zwei grobgliedrigen Förderketten angeordneten Deckel werden von diesen durch den Ofen gezogen. Dabei werden die Deckel einzeln von einem Magneten auf die sich bewegende Kette mit einem Abstand von ca. 0,4 mm auf der Grundfläche aufgesetzt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Förderketten und die Anordnung der Dosendeckel.


3
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin sei lediglich einfache Lizenznehmerin und insoweit aufgrund eigener Ansprüche nicht aktivlegitimiert. Eine "hinreichende Prozessführungsbefugnis" der Klägerin ergebe sich auch nicht aus der mit nachgelassenen Schriftsatz eingereichten "Prozessstandschaftserklärung". Diese setze die Klägerin nicht wirksam in die Lage, Rechte der B. im eigenen Namen geltend zu machen.
4
Das Berufungsgericht hat, nachdem die Klägerin eine weitere Ermächtigung zur Prozessführung vorgelegt hatte, die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Erteilung von Auskunft und Rechnungslegung verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der B. durch die zu unterlassenden Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
5
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht angreift. Die Klägerin tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht.
7
I. 1. Mit der Rüge, das Berufungsurteil könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht zu Unrecht selbst in der Sache entschieden habe, hat die Revision keinen Erfolg. Das Berufungsgericht konnte jedenfalls von einer Zurückverweisung absehen und selbst entscheiden, wenn es dies für sachdienlich hielt (§ 540 ZPO a.F.). Das Berufungsgericht hat die Sachdienlichkeit rechtsfehlerfrei bejaht. Der Senat hat die von der Revision hiergegen erhobenen Rügen geprüft und nicht für durchgreifend erachtet.
8
2. Soweit die Revision rügt, dass der Tenor des Berufungsurteils von Patentanspruch 4 in mehreren Punkten abweiche, greift diese Rüge ebenfalls nicht durch. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass der Tenor eines Verletzungsurteils nicht aus der Wiedergabe der Patentansprüche bestehen kann, sondern die Mittel, aus denen sich die Benutzung des Patentanspruchs ergeben soll, im Klageantrag und der ihm entsprechenden Urteilsformel so konkret bezeichnet werden müssen, dass die Urteilsformel die Grundlage für die Zwangsvollstreckung bilden kann (BGHZ 162, 365 - Blasfolienherstellung

).


9
II. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Patentverletzung nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
10
1. Das Klagepatent betrifft ein Gerät zum Behandeln einer Anzahl ebener Gegenstände. Patentanspruch 4 bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Exponieren und Trocknen eines Stapels ebener Gegenstände, die Seite an Seite liegen.
11
Die Klagepatentschrift (Sp. 1 Z. 48 - Sp. 2 Z. 17) schildert es als Problem bei der Herstellung von Getränkedosen, das Dichtungsmittel, das auf den mit Flansch versehenen Deckel aufgebracht ist, um den Deckel später auf den Dosenkörper aufzubringen, zu härten oder zu trocknen. Die Dosendeckel werden, damit sie besser zu handhaben sind, nach dem Aufbringen des Dichtungsmittels zu säulenartigen Stapeln zusammengefasst und in diesen Stapeln zum nächsten Arbeitsvorgang transportiert. Werden solche Stapel gebildet, so ist es nach der Beschreibung des Klagepatents schwierig, Luftströme oder Wärme so auf die Dosendeckel zu lenken, dass das Trocknen des am Umfang des Dosendeckels aufgebrachten Dichtungsmittels beschleunigt wird. Bei der Verwendung herkömmlicher Dichtungsmittel auf Lösungsbasis verdampfe selbst in gestapeltem Zustand das Dichtungsmittel verhältnismäßig leicht. Bei den vermehrt nachgefragten lösungsmittelfreien Dichtungsmitteln auf Wasserbasis dauere der Trocknungsvorgang jedoch wesentlich länger, nämlich bis zu zehn Tagen.
12
Das Klagepatent stellt die Nachteile dar, die bei Einsatz solcher Dichtungsmittel auftreten (Sp. 2 Z. 18 ff.). Das Erreichen von praktikablen Trocknungszeiten für Dichtungsmittel auf Wasserbasis mache bisher das Entstapeln der Deckel erforderlich, um damit die Luftströme direkt auf das Dichtungsmittel auftreffen und dieses wirksam trocknen zu lassen. Nach dem Klagepatent sollen diese Nachteile vermieden werden, indem die gestapelten Deckel beim Durchlaufen von Kurven mit entgegengesetzten Richtungen aufgefächert werden , hierdurch die abgedeckte Oberfläche der gestapelten Gegenstände freigelegt wird und damit der gesamte Deckelumfang und das darauf aufgetragene Dichtungsmittel durch den Heißluftstrom erreichbar wird (Sp. 2 Z. 28 f.).
13
2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, das Wesen der Erfindung bestehe darin, dass die ebenen Gegenstände, z.B. Dosendeckel, nicht einzeln (etwa separat in Kammern), sondern in einem - mehr oder weniger - geschlossenen Verband durch den Trocknungsofen geführt würden und der kurvenförmige Verlauf der Strecke zwangsläufig eine Auffächerung der Deckel an der jeweiligen Außenseite der Krümmung bewirke, wobei bis dahin durch das Aneinanderstoßen der Deckel verdeckte äußere Bereiche der Oberfläche freigelegt würden, weil sich dort Berührungspunkte/-flächen der teilweise aneinander stoßenden Deckel verschöben und damit auch an diesen Stellen bislang verdeckte Bereiche der Dichtungsmasse nunmehr für den Heißluftstrom zugänglich gemacht würden.

14
3. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Berufungsgericht gehe bei dieser Auslegung des Klagepatents weit über das Offenbarte hinaus. Das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Vorrichtung nach dem Klagepatent um einen starren, Kraft übertragenden Deckelstapel handele, der mit Hilfe von glatten parallelen Führungsteilen, die auf den Deckel begrenzend und Kurven bildend einwirkten, über den Weg durch den Trocknungsofen geschoben würden. Das Berufungsgericht habe diese erfindungswesentlichen Merkmale außer Acht gelassen. Dies zeige auch, dass das Berufungsgericht nicht in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Feststellungen ohne Zuziehung eines Sachverständigen aufgrund eigener Sachkunde zu treffen.
15
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, zunächst der Befassung mit dem technischen Sinngehalt, den der vom Klagepatent angesprochene Fachmann mit den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und mit den Patentansprüchen in ihrer Gesamtheit verbindet (BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse). Diese Ermittlung kann sich gegebenenfalls auf die zwischen den Parteien streitigen Merkmale konzentrieren. Auch dann darf jedoch der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Auge verloren werden, da Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale stets nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als einer Einheit zu ermitteln (BGHZ 159, 221, 226 - Drehzahlermittlung).
16
Das angefochtene Urteil genügt diesen Anforderungen nicht. Die Ausführungen des Berufungsgerichts beschränken sich letztlich auf die Auseinandersetzung mit den Einwänden der Beklagten. Das Berufungsgericht hat nicht den Sinngehalt ermittelt, der sich aus der Sicht eines Fachmanns aus dem Klagepa- tent in seiner Gesamtheit ergibt. Der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt des Patentanspruchs ist aber nicht nur der Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs eines Klagepatents (BGHZ 106, 84, 90 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 03.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I).
17
Erst wenn diese Grundlage ermittelt ist, kann sachgerecht geprüft werden , ob die angegriffene Ausführungsform das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse einen Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, sowie schließlich, ob die Überlegungen, die ein Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGHZ 150, 149, 153, 154 - Schneidmesser I).
18
Die Ermittlung des technischen Sinngehalts des Klagepatents kann der Senat selbst vornehmen. Wie ein Patent auszulegen und ob ein Patentanspruch im Instanzenzug richtig erkannt und in seinem Inhalt verstanden worden ist, ist eine Rechtsfrage (BGHZ 160, 204, 213 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung

).


19
5. Die Merkmalsgliederung - als bloßes Hilfsmittel für die Beurteilung eines Eingriffs in das geschützte Recht – kann der Senat selbstständig vornehmen. Er gliedert die Vorrichtung nach Patentanspruch 4 wie folgt: 1. Die Vorrichtung dient zum Exponieren und Trocknen von ebenen Gegenständen.
2. Die Gegenstände bilden einen Stapel und liegen Seite an Seite aneinander an (in abutting face-to-face contact).
3. Eine Mehrzahl von Führungsteilen bildet einen Weg mit einer Folge von untereinander verbundenen, sich umkehrenden Krümmungen.
4. Die Führungsteile bilden den Weg mit einer Mehrzahl von glatten parallelen Führungsflächen, die dem Stapel die Bewegung durch diese aufzwingen (for confining said stack to travel therethrough

).


5. Die Vorrichtung verfügt über Mittel, die auf den Stapel einwirken und ihn durch den Weg schieben.
6. Auf den äußeren Krümmungen wird Luft gegen den Weg gelenkt.
20
Das Klagepatent gibt in Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Behandeln des größeren Teils der aneinanderstoßenden Flächen einer Mehrzahl von ebenen Gegenständen an, die Seite an Seite (in face-to-face contact) zueinander stehen. Die Klagepatentschrift Sp. 1 Z. 48 f. nennt insbesondere Dosendeckel von Getränkebehältern als solche Gegenstände und zeigt als Fig. 6 einen solchen typischen Deckel. Ein derartiger Deckel weist einen Flansch und eine Wölbung auf, die ein Aneinanderliegen über die gesamte Fläche ausschließen. Daher bedeutet "abutting face-to-face contact" im Sinne des Klagepatents ein Aneinanderliegen mit einer Berührung der Flächen benachbarter Gegenstände an einigen Stellen. Diese Gegenstände sollen entlang eines gewünschten Wegs gefördert (pushed) werden und zwar in der Weise, dass jeder der Gegenstände seine Bewegungskraft (motive force) vom Kontakt mit dem ihm folgenden Gegenstand erhält und seinerseits Bewegungskraft auf den ihm vorhergehenden Gegenstand durch den Kontakt mit diesem überträgt (Sp. 2 Z. 43-48). Damit geben Patentanspruch 1 für das Verfahren und entsprechend auch Patentanspruch 4 für die patentgemäße Vorrichtung an, dass das Fördern der Gegenstände über den gewünschten Weg mittels Schub erfolgen soll, der durch den Kontakt "face-to-face" vom im Stapel letzten der Gegenstände auf die vorhergehenden weitergegeben wird. Damit enthält der Begriff "Stapel" (stack) ebener Gegenstände im Patentanspruch 4 eine andere Bedeutung, als das Berufungsgericht (BU 19 unten/20 oben) sie ihm beigemessen hat. Der Begriff dient nicht nur der Abgrenzung von den nach dem Stand der Technik bekannten Anlagen, bei denen die zu trocknenden Deckel einzeln und etwa durch Fördertaschen getrennt - also ohne gegenseitige Berührung - durch den Trockenofen transportiert werden. Er gibt vielmehr zusammen mit den zuvor erörterten Merkmalen die Art und Weise an, in der das Fördern der Gegenstände durch den Trocknungsofen erfolgen soll. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschreibung ausdrücklich bekannte Verfahren und Vorrichtungen, bei denen eine Vereinzelung der Deckel erfolgt, als nachteilig, vor allem aufgrund ihrer Komplexität und hohen Kosten, verwirft (Sp. 2 Z. 18-27). Anhaltspunkte für andere Mittel zur Förderung der Dosendeckel durch den Trocknungsofen finden sich in der Klagepatentschrift nicht. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt und die Parteien haben nicht dargelegt, dass das allgemeine Wissen eines Fachmanns, der sich mit der Lehre des Klagepatents auseinandersetzte, diesen andere Möglichkeiten der Beförderung mit derselben Wirkung als vom Wortsinn des Patentanspruchs umfasst erkennen ließ. Zu der Auffächerung der geschobenen Deckelstapel ist dem Patentanspruch 4 des Klagepatents weiter zu entnehmen, dass diese mittels der Führungsteile erreicht werden soll. Diese sollen einen Weg mit sich umkehrenden Krümmungen bilden, und über ihn soll der Stapel von Gegenständen gefördert werden, wobei die glatten parallelen Führungsflächen dem Stapel die Bewegungsrichtung vorgeben. Bei der Art der Förderung der Stapel kommt diesen Führungsteilen besondere Bedeutung zu. Erst sie gewährleisten die geordnete Fortbewegung über den gewünschten Weg. Ohne sie würde schon das Fördern des Stapels Schwierigkeiten bereiten, erst recht wäre das Auffächern in der Weise, dass der größere Teil jedes der in dem Stapel befindlichen Gegenstände dem Behandlungsmedium exponiert ist, ausgeschlossen.
21
6. Legt man diese Auslegung zugrunde, so genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts zur angegriffenen Ausführungsform nicht für die Beurteilung , ob eine Verletzung des Klagepatents vorliegt. Das Berufungsgericht hat zunächst schon nicht festgestellt, wie die angegriffene Ausführungsform im Einzelnen beschaffen ist. Dies hat grundsätzlich die Klägerin darzulegen, wobei ihr allerdings nach Treu und Glauben Beweiserleichterungen zugute kommen können , wenn und soweit sie Tatsachen nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwernissen spezifizieren kann, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar ist (Sen.Urt. v. 30.09.2003 - X ZR 114/00, GRUR 2004, 268 f. - Blasenfreie Gummibahn II). Das Berufungsgericht hat sodann aufgrund entsprechenden Parteivortrags Feststellungen dazu zu treffen, wie die angegriffene Ausführungsform beschaffen ist und worin die Unterschiede zu einer dem Wortsinn des Patentanspruchs entsprechenden Lösung bestehen.
22
Erst im Anschluss daran kann festgestellt werden, ob die angegriffene Ausführungsform, wie das Berufungsgericht angenommen hat, das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst. Dazu sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich , die in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden können. Das Berufungsgericht wird bei der Nachholung dieser Feststellungen zu beachten haben, dass Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne Erzielung der erfindungsgemäßen Wirkungen bedeutet. Die Frage der Gleichwirkung kann deshalb nicht allein aufgrund eines Einzelvergleichs der Wirkung entschieden werden, die einerseits einem einzelnen oder mehreren einzelnen Merkmalen des Patentanspruchs zukommt, andererseits mit der statt dessen bei einer beanstandeten Ausführung vorhandenen Ausgestaltung erreicht werden kann. Entscheidend ist, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - gerade zur Lösung des dem Patentanspruch zugrunde liegenden Problems bereitstellen. Es ist deshalb nötig, den Patentanspruch einer Untersuchung daraufhin zu unterziehen, welche von den einzelnen Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung des zugrunde liegenden Problems patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (Sen.Urt. v. 28.06.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005,1006 - Bratgeschirr).
23
Sofern das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Ausführungsform die erfindungsgemäßen Wirkungen erzielt, wird es weiter zu prüfen haben, ob seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigten, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden (BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I). War auch dies der Fall, wird das Berufungsgericht der Frage nachzugehen haben, ob die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen musste, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zog (BGHZ 150, 149, 154). Bei dieser Frage handelt es sich allerdings um eine Rechtsfrage, die der revisionsrechtlichen Prüfung zugänglich ist. Sie hängt jedoch entscheidend von den zunächst in der Tatsacheninstanz zu klärenden tatsächlichen Grundlagen ab, die das Berufungsgericht nunmehr zu ermitteln haben wird.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.08.1998 - 315 O 120/98 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.03.2001 - 3 U 219/98 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 14/02 Verkündet am:
13. Dezember 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Rangierkatze

a) Eine Patentverletzung liegt jedenfalls vor, wenn die Merkmale des Patentanspruchs
verwirklicht sind und die angegriffene Ausführungsform objektiv
geeignet ist, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen.
Einer Patentverletzung steht nicht entgegen, dass eine Vorrichtung
normalerweise anders bedient wird und die Abnehmer deshalb von der patentverletzenden
Lehre regelmäßig keinen Gebrauch machen. Die Patentverletzung
entfällt in einem solchen Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller
ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange
die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich bleibt.

b) Für die Prüfung einer Patentverletzung ist es unerheblich, dass ein zusätzlicher
Vorteil, den die angegriffene Ausführungsform aufweist, behördlichen
Vorgaben entspricht, die nach Inkrafttreten des Streitpatents Gültigkeit erlangten.
BGH, Urt. v. 13. Dezember 2005 - X ZR 14/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 22. Januar 1998 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin war Inhaberin des deutschen Patents 28 21 322 (im Folgenden : Klagepatent). Sie hat die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
2
Das Klagepatent betraf eine Antriebsvorrichtung für eine druckluftbetriebene Zugmaschine, insbesondere für die Verwendung im untertägigen Grubenbetrieb (Rangierkatze). Patentanspruch 1 hatte folgenden Wortlaut: "Antriebsvorrichtung für eine, insbesondere im untertätigen Grubenbetrieb , bei Rangier- und/oder Umschlagarbeiten, vorzugsweise hängend, verfahrbare druckluftbetriebene Zugmaschine (Rangierkatze ) mit einer pneumatischen Handsteuerung für den Druckluftmotor und das Maschinenbremsaggregat, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass bei mit Druckluftbeaufschlagtem Bremsaggregat (18) sowohl die Zufuhr von Frischluft zum Antriebsmotor (16) als auch die Abfuhr der verbrauchten Luft vom Antriebsmotor gleichzeitig für beide Drehrichtungen blockierbar ist."
3
Fig. 1 der Patentschrift zeigt in perspektivischer Darstellung ein Ausführungsbeispiel.


4
Die Gemeinschuldnerin, deren Insolvenzverwalter der Beklagte zu 1 ist, stellte her und vertrieb sogenannte pneumatische Steigkatzen unter der Typenbezeichnung P. . Der Beklagte zu 2 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Die nachstehend wiedergegebene Zeichnung (Anl. D der Beklagten ) zeigt das Schaltbild der Steigkatze der Gemeinschuldnerin:
5
Die Zeichnung wurde von der Klägerin mit Bezugszahlen entsprechend der Klagepatentschrift und von den Beklagten mit dem Bezugszeichen "Ü" für eine Überbrückungsleitung zwischen der Zuluftleitung 46 und dem Zylinder "Z" sowie mit dem Bezugszeichen "W" für ein Wechselventil versehen, das die sogenannte Betriebsbremse mit den Steuerleitungen 43 und 51 verbindet. Nach Auffassung der Klägerin macht die Steigkatze der Gemeinschuldnerin von allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Klagepatents identisch Gebrauch.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie dagegen abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie beantragt, im Umfang des Unterlassungsanspruchs die Erledigung der Hauptsache festzustellen und die Berufung der Beklagten im Übrigen zurückzuweisen. Die Beklagten treten der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, soweit sich der Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht erledigt hat, weil das Klagepatent infolge Ablaufs der Schutzdauer am 16. Mai 1998 erloschen ist. Dem Berufungsgericht ist auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kostenentscheidung hinsichtlich der teilweisen Erledigung gemäß § 91 a ZPO zu übertragen.
8
I. 1. Das Klagepatent betrifft eine Antriebsvorrichtung für eine vorzugsweise hängende, druckluftbetriebene Zugmaschine, die insbesondere als Ran- gierkatze für den Einsatz unter Tage bestimmt ist. Das Klagepatent schildert bekannte, insbesondere im untertägigen Grubenbereich eingesetzte Zugmaschinen. Bei diesen wird die Fahrgeschwindigkeit über ein pneumatisches Handsteuergerät stufenlos reguliert, mit dem auch der pneumatische Teil des Bremsaggregats beaufschlagt wird. Dadurch wird die mittels Federkraft hervorgerufene Bremswirkung aufgehoben. Im entlüfteten Zustand des Bremsaggregats oder bei fehlender Druckluft, etwa bei Schlauchbruch, wird daher sofort die Federkraft wirksam und bewirkt das Abbremsen der Rangierkatze bis zum Stillstand.
9
Die Patentschrift beanstandet an diesen bekannten Vorrichtungen, dass bei Talfahrt der Zugmaschine mit erhöhter Hangabtriebskraft eine Betriebssituation eintrete, in der die dem Antriebsmotor zugeführte Frischluft nicht zum Erzeugen eines Drehmoments umgesetzt werde. Dadurch könnten der Antriebsmotor durchdrehen und die Zugmaschine eine unzulässige und unkontrollierbare Geschwindigkeit erhalten, die zu einer erheblichen Gefährdung der Bergleute sowie Aggregate und Vorrichtungen in dem von der Zugmaschine befahrbaren Streckenbereich führe (Sp. 2 Z. 28-50).
10
Das Ziel des Klagepatents sei es daher, die bekannte Antriebsvorrichtung für eine druckluftbetriebene Zugmaschine so zu verbessern, dass auch eine, gleich durch welche Ursachen hervorgerufene, erhöhte Hangabtriebskraft kein Betriebsverhalten der Zugmaschine bewirkt, welches die ohnehin bestehenden Gefahrenmomente im untertägigen Streckenbereich noch zusätzlich verschärfe (Sp. 2 Z. 51-58).
11
2. Hierzu soll der Antriebsmotor bei Talfahrt als Bremse verwendet werden (Sp. 3 Z. 3-5, Sp. 6 Z. 48-50). Dazu lehrt das Klagepatent eine Antriebsvorrichtung für eine Zugmaschine (Rangierkatze): 1. die insbesondere im untertägigen Grubenbetrieb bei Rangierund /oder Umschlagarbeiten, vorzugsweise hängend, verfahrbar ist und 2. druckluftbetrieben ist.
3. Die Vorrichtung weist eine pneumatische Handsteuerung für den Druckluftmotor und das Maschinenbremsaggregat auf.
4. a) Sowohl die Zufuhr von Frischluft zum Antriebsmotor (16)

b) als auch die Abfuhr der verbrauchten Luft vom Antriebsmotor
sind gleichzeitig für beide Drehrichtungen blockierbar, c)

d) während das Bremsaggregat (18) mit Druckluft beaufschlagt ist.
12
II. Die angegriffene Ausführungsform erfüllt den Oberbegriff des Klagepatents. Es handelt sich um eine Antriebsvorrichtung für eine Zugmaschine, die insbesondere im untertägigen Grubenbetrieb bei Rangier- und/oder Umschlagarbeiten hängend verfahrbar sowie druckluftbetrieben ist und eine pneumati- sche Handsteuerung für den Druckluftmotor und das Maschinenbremsaggregat aufweist. Das ist zwischen den Parteien unstreitig.
13
1. a) Das Berufungsgericht verneint eine Patentverletzung jedoch, weil Merkmal 4 d nicht erfüllt sei. Es geht davon aus, dass der Fachmann alle apparativen Teile, die über die Handsteuerung durch Druckluft beaufschlagt werden können und bei Fehlen von Druckluft die Rangierkatze abbremsen, als Maschinenbremsaggregat im Sinne des Patentanspruchs 1 bezeichne. Alle diese Teile müssten gemäß Merkmal 4 d auch dann noch mit Druckluft beaufschlagt werden können und demgemäß ohne Bremswirkung sein, wenn die Zufuhr von Frischluft zum Antriebsmotor und die Abfuhr der verbrauchten Luft vom Antriebsmotor gleichzeitig für beide Drehrichtungen blockiert seien. Patentanspruch 1 lehre keine konstruktiven Einzelheiten des Bremsaggregats; dass es zwei Bremsbacken aufweise, die durch eine Feder an den Steg des Schienenstrangs angedrückt werden, werte der Fachmann als bloße Besonderheit des Ausführungsbeispiels (Sp. 5 Z. 17-20 sowie 60-62). Die angegriffene Vorrichtung weise außer einer Schienenbremse auch noch eine als Lamellenbremse ausgestaltete "Betriebsbremse" auf. Diese sei nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten nicht mehr von Druckluft beaufschlagt, wenn Zuluft und Abluft in Bezug auf den Antriebsmotor gleichzeitig für beide Drehrichtungen gesperrt würden. Das Entlüften der Betriebsbremse bewirke ein Abbremsen der Rangierkatze. Dieses Wirksamwerden der Betriebsbremse im Fall der Absperrung des Antriebsmotors von Zu- und Abluft schließe eine Patentverletzung durch die Vorrichtung der Beklagten aus.
14
b) Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht stand.
15
Aus dem Wortlaut von Patentanspruch 1 in Verbindung mit der Beschreibung und den Zeichnungen der Patentschrift (Sp. 2 Z. 13-26, Sp. 5 Z. 17-20 sowie 60-62; Fig. 1) folgt, dass das Bremsaggregat als Schienenbremse ausgestaltet sein kann. Zu weiteren Bremsen verhält sich die Patentschrift nicht. Sie werden durch das Patent weder vorgeschrieben noch - als negatives Merkmal - ausgeschlossen. Die patentgemäße Antriebsvorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass bei gleichzeitiger Blockade von Zuluft und Abluft für den Antriebsmotor ein Bremsaggregat weiter mit Druckluft beaufschlagt, also gelöst bleiben muss. Dadurch soll vermieden werden, dass die Rangierkatze durch Wirksamwerden der Federkraft sofort bis zum Stillstand abgebremst wird. Vielmehr soll eine kontrollierte Weiterfahrt talwärts ermöglicht werden (vgl. Sp. 2 Z. 8-12 und 51-58).
16
Die angegriffene Ausführungsform ist mit einer Schienenbremse und einer Betriebsbremse ausgestattet. Die Schienenbremse dient als Feststellbremse bei Stillstand der Rangierkatze und außerdem als Notfallbremse. Dagegen führt die Betriebsbremse alle im Betrieb erforderlichen Brems- und Anhaltevorgänge aus.
17
Bei Bedienung der Steuerventile 25 oder 26 werden über die Steuerleitung 43 oder 51 (auch) die Ventile 47 und 44 oder 54 und 53 geschlossen. Der Antriebsmotor 16 erhält dann keine Zuluft mehr und die Abluft kann über das Ventil "D" oder "D' " nicht mehr entweichen. Diese Wirkungsweise ergibt sich aus dem oben wiedergegebenen Schaltbild für die Vorrichtung der Beklagten (Anl. D der Beklagten). Bei dieser gleichzeitigen Unterbrechung von Zuluft und Abluft beim Antriebsmotor bleibt die Schienenbremse gelöst. Damit ist Merkmal 4 d des Klagepatents erfüllt.
18
Die Annahme des Berufungsgerichts, der hier maßgebliche Fachmann bezeichne als Maschinenbremsaggregat im Sinne des Patentanspruchs 1 alle apparativen Teile, die über die Handsteuerung durch Druckluft beaufschlagt werden können und bei Fehlen von Druckluft die Rangierkatze abbremsen, verkennt bereits die für die Auslegung des Patents maßgebliche Fragestellung. Die angegriffene Vorrichtung erfüllt alle Merkmale des Klagepatents. Der Gegenstand eines Patents bestimmt sich sowohl im Nichtigkeitsverfahren als auch im Verletzungsprozess nach dem objektiven Inhalt der Patentansprüche. Das Verständnis des Fachmanns bildet insoweit lediglich den Maßstab für die Bestimmung der im Patent unter Schutz gestellten Lehre, als die Auslegung des Patents auf der Grundlage der Kenntnisse und Fähigkeiten eines mit den typischerweise zu erwartenden und verlangenden Kenntnissen ausgestatteten Angehörigen der maßgeblichen Fachkreise, des "Durchschnittsfachmanns" im Sinne des Patentrechts, vorzunehmen ist.
19
Dem Inhalt der Patentansprüche und der sie erläuternden Beschreibung ist kein Hinweis dafür zu entnehmen, dass sich der Begriff Bremsaggregat im Sinne des Klagepatents auf eine Mehrzahl von Bremsen beziehen soll. Ansprüche und Beschreibung bieten ebenso wie die ergänzenden Abbildungen insbesondere aufgrund der erkennbaren Zielsetzung des Klagepatents keinen Anlass dafür, eine zusätzlich zu der Schienenbremse vorhandene Betriebsbremse notwendig als Bremsaggregat im Sinne des Patentanspruchs 1 einzuordnen. Eine zusätzliche Betriebsbremse berührt die Wirkung des mit den Patentansprüchen unter Schutz gestellten Aggregats nicht. Sie steht insbesondere nicht der von der patentgemäßen Lehre angestrebten kontrollierten Talfahrt entgegen. Diese Betriebsbremse bringt die Rangierkatze nicht etwa sofort zum Stillstand , sondern verstärkt die gewünschte Wirkung der patentgemäßen Motorbremse , indem sie gleichwirkend mit jener eine gut kontrollierte Abfahrt ermög- licht. Das Vorhandensein oder Fehlen einer solchen weiteren Bremse ist daher für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre ohne Bedeutung. Ihre Zuordnung zum weiterhin mit Druck zu beaufschlagenden patentgemäßen Bremsaggregat ist mit Inhalt und Funktion der im Patent unter Schutz gestellten Lehre nicht zu vereinbaren.
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c) Das Berufungsgericht konnte die Verletzungsklage daher nicht schon deshalb abweisen, weil die angegriffene Ausführungsform zusätzlich zur Schienenbremse eine Betriebsbremse aufweist, die bei Talfahrt entlüftet wird. Dem Senat ist jedoch eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt. Das Berufungsgericht hat nämlich keine ausreichenden Feststellungen für die Beantwortung der Frage getroffen, ob die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Dazu wäre es notwendig, aber auch ausreichend, dass beim Abbremsen auf Talfahrt eine Bremswirkung nicht ausschließlich durch die Betriebsbremse (Lamellenbremse), sondern jedenfalls auch in spürbarem Maße durch die gleichzeitige Unterbrechung von Zu- und Abluft beim Antriebsmotor hervorgerufen werden könnte. Wie dargelegt, ist zwar davon auszugehen, dass es zu einer gleichzeitigen Unterbrechung von Zuluft und Abluft auch bei der angegriffenen Ausführungsform kommt, wenn bei Talfahrt gebremst wird. Zur Wirkung dieser Unterbrechung auf den Bremsvorgang fehlen jedoch Feststellungen.
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Die Beklagten tragen vor, bei ihrer Vorrichtung komme es nicht auf die vom Klagepatent gelehrte, sondern auf eine andere Form der Problemlösung an, nämlich eine dynamische Selbststeuerung statt der patentgemäßen Handsteuerung. Das Berufungsgericht wird aber zu beachten haben, dass ein Patent schon dann verletzt wird, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausführungsform objektiv geeignet sind, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen regelmäßig, nur in Ausnahmefällen oder nur zufällig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkungen zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelmäßig so bedient wird, dass die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entfällt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich bleibt (RG GRUR 1932, 1030, 1031 f.; Ullmann in Benkard, PatG, 9. Aufl., § 14 Rdn. 115). Es ist deshalb unerheblich, wenn den Abnehmern der angegriffenen Steigkatze etwa in der Bedienungsanleitung nur eine dynamische Selbststeuerung des Druckluftmotors empfohlen wird. Denn die vom Bediener ausgelöste, gleichzeitige Blockierung der Zu- und Abluft ist auf der Grundlage des dem Revisionsgericht zur Beurteilung stehenden Sachverhalts jedenfalls möglich.
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Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Prüfung auch zu beachten haben, dass es einer Patentverletzung nicht entgegensteht, wenn die angegriffene Ausführungsform mit der Betriebsbremse gegenüber der patentgemäßen Lösung einen zusätzlichen Vorteil aufweist. Nach ständiger Rechtsprechung fällt eine Ausführungsform, die von allen Merkmalen des Patents Gebrauch macht, auch dann in dessen Schutzbereich, wenn sie einen zusätzlichen Vorteil aufweist (vgl. Sen.Urt. v. 19.11.1996 - X ZR 111/94, Umdruck S. 21; zur früheren Rechtslage auch BGH, Urt. v. 23.02.1962 - I ZR 114/60, GRUR 1962, 354, 356 - Furniergitter; Urt. v. 12.07.1955 - I ZR 141/53, GRUR 1955, 573, 574 - Kabelschelle). Soweit solche weiteren Vorteile ihrerseits auf einem erfinderischen Schritt beruhen, handelt es sich regelmäßig um eine gleichwohl von der Lehre des Ausgangspatents Gebrauch machende abhängige Erfindung (vgl. BGHZ 142, 6, 16 f. - Räumschild).
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Die Auffassung der Revisionsbeklagten, die angegriffene Steigkatze benutze neben der Motorbremse ein zusätzliches Hilfsmittel, welches nach der Lehre des Patents nicht verwendet werden soll, findet in den Ansprüchen des Klagepatents und der sie erläuternden Beschreibung keine Stütze. Wie dargelegt , ist der Klagepatentschrift nichts dafür zu entnehmen, dass eine patentgemäße Vorrichtung keine Betriebsbremse aufweisen dürfe, die die Wirkung der Motorbremse verstärkt. Die von den Beklagten in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des Senats sind nicht einschlägig. Die Verletzungsform verzichtet nicht auf den entscheidenden Vorteil des Klagepatents, also die Nutzung der Bremswirkung des Motors, indem sie ein im Leistungsergebnis übereinstimmendes Mittel benützt, dessen Einsatz zu vermeiden Hauptzweck der Erfindung ist. Da sich das Klagepatent überhaupt nicht mit einer zusätzlichen Betriebsbremse befasst, kann deren Vermeidung auch nicht sein Hauptzweck sein (vgl. BGHZ 113, 10 f. - Autowaschvorrichtung; Sen.Urt. v. 17.10.1985 - X ZR 31/82, GRUR 1986, 238 - Melkstand).
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Ob die Hinzufügung der Betriebsbremse nach Inkrafttreten des Patents infolge behördlicher Vorgaben notwendig wurde, ist ohne Einfluss auf die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform das Streitpatent verletzt. Denn entscheidend ist allein, ob diese Ausführungsform jedenfalls auch von der patentgemäßen Lehre Gebrauch macht. Die Gründe für die Hinzufügung einer Betriebsbremse sind dafür unerheblich.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.05.1995 - 4 O 152/94 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.01.1998 - 2 U 51/95 -