Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2018 - I ZR 257/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:280618UIZR257.16.0
bei uns veröffentlicht am28.06.2018
vorgehend
Landgericht Köln, 84 O 155/15, 06.01.2016
Oberlandesgericht Köln, 6 U 6/16, 25.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 257/16 Verkündet am:
28. Juni 2018
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Anschrift des Klägers
Bei juristischen Personen des Privatrechts genügt als ladungsfähige Anschrift
die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift, sofern
dort gemäß § 170 Abs. 2 ZPO Zustellungen an das Organ als gesetzlichen Vertreter
der juristischen Person oder den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter im
Sinne von § 171 ZPO bewirkt werden können.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 257/16 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2018:280618UIZR257.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. November 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin im Hinblick auf den Feststellungsantrag (Teilerledigung nach Unterwerfungserklärung ) zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte produziert und vertreibt Matratzen. Die Klägerin behauptet, ebenfalls Herstellerin und Anbieterin von Matratzen zu sein. Sie beanstandet die nachfolgend eingeblendete Werbung der Beklagten, in der diese im Jahr 2015 mit der Aussage "Wir sind Stiftung Warentest-Testsieger 2015!" im Internet für eine bestimmte Matratze geworben hat, als irreführend:
2
Die Klägerin hat vorgetragen, das beste Testergebnis bei der Stiftung Warentest habe im Jahre 2015 die von ihr hergestellte und vertriebene sogenannte "Anti-Kartell-Matratze" erzielt. Sie hat beantragt, der Beklagten zu verbieten , Matratzen mit der Aussage "WIR SIND STIFTUNG WARENTESTTESTSIEGER 2015!" zu bewerben, insbesondere, wenn dies wie durch den oben ausschnittsweise wiedergegebenen Inhalt der im Internet unter der Adresse www.s .de abrufbaren Internetseite geschieht. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei unzulässig, weil die Klä3 gerin keine ladungsfähige Anschrift angegeben habe.
4
Das Landgericht hat die Klage mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Klägerin als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt.
5
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte einen zwischen den Parteien am 6. Januar 2016 vor dem Oberlandesgericht Hamburg abgeschlossenen Vergleich vorgelegt, in dem die Beklagte sich strafbewehrt verpflichtet hat, es ab 13. Januar 2016 zu unterlassen, Matratzen mit der Aussage WIR SIND STIFTUNG WARENTEST-TESTSIEGER 2015! Das Dream Team "Taschenfederkern + BULTEX-Komfortschaum" bleibt unübertroffen. im Internet unter der Adresse www.s .de zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies wie durch den oben ausschnittsweise wiedergegebenen Inhalt der Internetseite geschieht. Daraufhin hat die Klägerin - soweit für das Revisionsverfahren von Inter6 esse - den Rechtsstreit für erledigt erklärt, soweit die Beklagte sich in dem Vergleich zur Unterlassung verpflichtet hat. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
7
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin insoweit mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat insoweit zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die einseitige Erledigungserklärung enthalte den Antrag auf Feststellung, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen, aber durch ein nach Anhängigkeit der Klage eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden sei. Dieser Antrag sei unbegründet, weil die Klage von ihrer Anhängigkeit bis zu ihrer Erledigung durch Abschluss des Vergleichs unzulässig gewesen sei.
9
Vor Eintritt der Erledigung durch Abschluss des gerichtlichen Vergleichs am 13. Januar 2016 habe die Klägerin für sich keine ladungsfähige Anschrift angegeben. Bei juristischen Personen des Privatrechts sei die Angabe ihres tatsächlichen Geschäftssitzes erforderlich. Eine Postfachangabe, Briefkastenadresse oder die Anschrift eines Bürodienstleisters, der die Entgegennahme und Weiterleitung von Postsendungen übernehme, genüge nicht. Vielmehr müsse die Adresse angegeben werden, unter der der Leiter oder gesetzliche Vertreter regelmäßig erreichbar sei, so dass eine persönliche Zustellung nach § 170 ZPO durch Übergabe an den Zustellungsempfänger möglich sei. Die in der Klage angegebene Anschrift "N. 50" in H. sei bei Klageerhebung unrichtig gewesen, da sich dort zu diesem Zeitpunkt eine Großbaustelle befunden habe und keine nutzbaren Büroflächen vorhanden gewesen seien. Auch an der mit Schriftsatz vom 16. November 2015 angegebenen Anschrift "N. 80" in H. habe sich nach dem Vortrag der Klägerin nicht deren tatsächlicher Geschäftssitz befunden. Sie habe dort lediglich die Dienste der E. GmbH in Anspruch genommen, die Unternehmen unter anderem in H. unter der Anschrift "N. 80" und inzwischen wieder "N. 50" die bedarfsabhängige Nutzung von Büroräumlichkeiten und unterschiedliche Bürodienstleistungen wie die Entgegennahme und Bearbeitung von Post anbiete.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg.
11
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei einer einseitigen Erledigungserklärung des Klägers zu prüfen ist, ob die Klage bis zum geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen oder - wenn die Klage in der Vorinstanz erfolglos war - das Rechtsmittel zurückzuweisen (st.
Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - I ZR 107/10, GRUR 2014, 385 Rn. 13 = WRP 2014, 443 - H 15 mwN).
12
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin vor Eintritt der Erledigung keine ladungsfähige Anschrift für sich angegeben habe, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
13
a) Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. § 253 Abs. 4 ZPO bestimmt, dass auf die Klageschrift die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze anzuwenden sind. Nach § 130 Nr. 1 Halbsatz 1 ZPO sollen die vorbereitenden Schriftsätze die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung enthalten.
14
Aus diesen Vorschriften folgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass eine ordnungsgemäße Klageerhebung grundsätzlich die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers voraussetzt. Wird diese Angabe schlechthin oder ohne zureichenden Grund verweigert, ist die Klage unzulässig (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 335 f. [juris Rn. 8]). Das gilt auch dann, wenn der Kläger - wie im vorliegenden Fall - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Durch die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift dokumentiert der Kläger seine Bereitschaft, sich möglichen nachteiligen Folgen des Prozesses, insbesondere einer Kostenpflicht, zu stellen , und ermöglicht dem Gericht die Anordnung seines persönlichen Erscheinens. Führt ein Kläger einen Prozess aus dem Verborgenen, um sich dadurch einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen, handelt er rechtsmissbräuchlich. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers ist daher jedenfalls dann zwingendes Erfordernis einer ordnungsgemäßen Klageerhebung, wenn sie ohne weiteres möglich ist (BGHZ 102, 332, 336 [juris Rn. 8]). Verfassungsrechtlich ist es allerdings geboten, dass die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers nicht ausnahmslos Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage ist, sondern dass darauf im Einzelfall verzichtet werden kann (vgl. BVerfG, NJW 1996, 1272, 1273 [juris Rn. 2]). Für eine solche Ausnahme bedarf es triftiger Gründe, etwa schwer zu beseitigender Schwierigkeiten oder schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen (BGHZ 102, 332, 336 [juris Rn. 8]; BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, NJW-RR 2004, 1503 [juris Rn. 9]).
15
Darüber hinaus hat der Kläger in der Klageschrift auch eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten anzugeben, bei der die ernsthafte Möglichkeit besteht , dass dort eine ordnungsgemäße Zustellung vorgenommen werden kann. Diese Angabe muss daher darauf gerichtet sein, eine Übergabe der Klageschrift an den Zustellungsempfänger selbst zu ermöglichen. Dafür kommt nicht nur dessen Wohnanschrift, sondern in geeigneten Fällen auch die Angabe der Arbeitsstelle in Betracht (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358, 364 [juris Rn. 26]).
16
b) Die Revision macht zutreffend geltend, dass sich aus diesen für natürliche Personen entwickelten Grundsätzen nicht ergibt, die Klage einer juristischen Person sei nur zulässig, wenn für sie als ladungsfähige Anschrift der tatsächliche Geschäftssitz im Sinne eines Geschäftslokals angegeben wird, in dem der Leiter oder gesetzliche Vertreter regelmäßig angetroffen werden kann.
17
aa) Die für natürliche Personen entwickelten Grundsätze zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift lassen sich nicht unmittelbar auf juristische Personen übertragen. Dem Wohnsitz einer natürlichen Person entspricht bei juristischen Personen der Sitz. Das legt die Annahme nahe, dass bei juristischen Personen deren Sitz als ladungsfähige Anschrift angegeben werden kann. Daraus ergibt sich jedoch nicht als Erfordernis ordnungsgemäßer Klageerhebung, dass an diesem Sitz dietatsächliche Geschäftstätigkeit der juristischen Person ausgeübt werden muss und deren Leiter oder gesetzlicher Vertreter dort angetroffen werden muss. Soweit es für erforderlich gehalten wird, für den Beklagten eine Anschrift anzugeben, die eine persönliche Zustellung erlaubt, erklärt sich dies in erster Linie durch das schützenswerte Interesse der mit einem Rechtsstreit überzogenen Partei. Dieses Interesse besteht beim Kläger, der aktiv den Prozess beginnt und betreibt, von vornherein nicht.
18
bb) Der Zweck der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers ist bei juristischen Personen erfüllt, wenn die juristische Person durch die angegebene Anschrift eindeutig identifiziert wird und unter dieser Anschrift wirksam Zustellungen an die juristische Person vorgenommen werden können. Danach genügt bei juristischen Personen des Privatrechts als ladungsfähige Anschrift die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift, sofern dort gemäß § 170 Abs. 2 ZPO Zustellungen an den Leiter, also bei juristischen Personen an deren Organ als gesetzlichen Vertreter (vgl. Saenger/Siebert, ZPO, 7. Aufl., § 170 Rn. 5), oder den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter im Sinne von § 171 ZPO bewirkt werden können. Dafür spricht auch der in § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke, dass Zustellungen an eine Gesellschaft unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift erfolgen können. Die von der Rechtsprechung entwickelten, über die ausdrücklich im Gesetz geregelten Zulässigkeitserfordernisse hinausgehenden Anforderungen an die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers dürfen im Hinblick auf den Anspruch des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz nicht weiter gehen, als es für die Wahrung der berechtigten Interessen des Beklagten und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens erforderlich ist (vgl. BVerfG, NJW 1996, 1272, 1273 [juris Rn. 2]).
19
cc) Soweit der Bundesfinanzhof angenommen hat, bei juristischen Personen sei grundsätzlich die Angabe ihres tatsächlichen Geschäftssitzes in der Klage erforderlich (BFH, Beschluss vom 18. August 2011 - V B 44/10, juris Rn. 9), war diese nicht näher begründete Erwägung im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich. Da der Kläger dort seine Geschäftstätigkeit aufgegeben hatte und über keinen tatsächlichen Geschäftssitz mehr verfügte, hielt es der Bundesfinanzhof für eine ordnungsgemäße Klageerhebung für ausreichend, wenn keine Zweifel an der Identität des Klägers bestehen und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Zustellungs- oder Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist (BFH, Beschluss vom 18. August 2011 - V B 44/10, juris Rn. 17).
20
c) Danach war die Klage entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, bis zur Teilerledigung durch den gerichtlichen Vergleich vom 6. Januar 2016 nicht mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Klägerin unzulässig.
21
Jedenfalls bei der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. November 2015 angegebenen Anschrift "N. 80" in H. handelte es sich nach den vorgenannten Grundsätzen um eine ladungsfähige Anschrift. Das kann der Senat selbst feststellen, da die ordnungsgemäße Klageerhebung in jeder Lage des Verfahrens - und damit auch in der Revisionsinstanz - von Amts wegen zu prüfen ist und dabei die Mittel des Freibeweises gelten.
22
Die Anschrift "N. 80" in H. ist seit dem 23. November 2015 als Geschäftsanschrift im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin hat dort nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Dienste einer Gesellschaft in Anspruch genommen, die Eingangspost entgegennimmt und bearbeitet. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass unter dieser Anschrift Zustellungen an einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter der Klägerin bewirkt werden konnten. Die Klägerin hat vorgetragen ihr Verfahrensbevollmächtigter habe gegen sie testweise einen Mahnbescheid beantragt, der am 9. Dezember 2015 unter dieser Anschrift ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Beklagte hat diese Behauptung nicht bestritten, sondern lediglich den Beweiswert einer solchen Zustellung in Zweifel gezogen, weil es sich um eine "fingierte Zustellung" gehandelt habe. Die Zuverlässigkeit der Weiterleitung der eingegangenen Post an die Klägerin durch den von ihr beauftragten Bürodienstleister hat die Beklagte nicht in Frage gestellt.
23
3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat eine Geschäftstätigkeit der Klägerin im Handel oder Vertrieb von Matratzen unterstellt. Auf dieser Grundlage hat es zutreffend angenommen, der für erledigt erklärte Teil der Unterlassungsklage sei ursprünglich begründet gewesen, weil die damit angegriffene konkrete Verletzungsform den Tatbestand irreführender Werbung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG erfüllt habe.
24
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der angesprochene Durchschnittsverbraucher verstehe die Werbeaussage dahin, die Stiftung Warentest habe im Jahre 2015 keine andere Matratze besser bewertet als die von der Beklagten beworbene. Dies sei unrichtig, weil die sogenannte "Anti-Kartell-Matratze" der Klägerin von der Stiftung Warentest im Jahre 2015 besser beurteilt worden sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten beziehe sich die beanstandete Werbeaussage nicht ausdrücklich allein auf die Gruppe der Federkernmatratzen, in der das Produkt der Beklagten in einem Test gemeinsam mit einer weiteren Matratze die Bestnote erzielt habe. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
25
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Revisionsgericht kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil noch Feststellungen zur werbenden Tätigkeit der Klägerin erforderlich sind.
Koch Schaffert Kirchhoff Feddersen Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 06.01.2016 - 84 O 155/15 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.11.2016 - 6 U 6/16 -

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam.

(2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Leitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam.

(2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Leitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.

13
1. Die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin ist zulässig. Die Erledigung der Hauptsache kann vom Kläger auch im Revisionsverfahren jedenfalls dann einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll, als solches - wie vorliegend - außer Streit steht. Zu prüfen ist dann, ob die Klage bis zum geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen oder - wenn die Klage in der Vorinstanz erfolglos war - das Rechtsmittel zurückzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 168/06, GRUR 2010, 57 Rn. 15 = WRP 2010, 123 - Scannertarif; Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 131/10, GRUR 2012, 651 Rn. 17 = WRP 2012, 1118 - regierung-oberfranken.de).

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam.

(2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Leitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine juristische Person in der Rechtsform einer GmbH, Gegenstand ihres Unternehmens war der An- und Verkauf von …. Im Anschluss an zwei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen versagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) der Klägerin den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen und die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen. In der nach Zurückweisung des Einspruchs eingereichten Klage war als Adresse der --durch ihren Geschäftsführer A B vertretenen-- Klägerin die "X-Str. …, … Y-Stadt" angegeben. Auf Anforderung des Gerichts bezeichnete die Klägerin "c/o C D, Z-Str. …, … Y-Stadt" als ihre ladungsfähige Anschrift und teilte mit, dass aufgrund der zeitweiligen Einstellung des Geschäftsbetriebs ein Firmensitz in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nicht unterhalten werde. Die vorgenannte Anschrift stelle lediglich ihre postalische Erreichbarkeit sicher. Der Wohnsitz des Geschäftsführers werde wie folgt mitgeteilt: "A B, Belarus, … R-Stadt, …."

2

Nachdem das FA die Klage für unzulässig hielt, weil ein Geschäftssitz der Klägerin in der X-Str. …, … Y-Stadt seit der Einstellung des Geschäftsbetriebs nicht mehr unterhalten werde und die Möglichkeit einer Postzustellung unter der c/o-Adresse einer ladungsfähigen Anschrift nicht gleichgestellt werden könne, gab die Klägerin ihre ladungsfähige Anschrift mit "E, M-Str. …, … Y-Stadt" an. Dabei handelt es sich um die Anschrift eines Büroserviceunternehmens (S-AG). Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung teilte das FA mit, dass sich am Gebäude weder ein Firmenschild noch ein Briefkasten mit Namensschild befunden habe. Die Klägerin verfüge laut Auskunft einer Mitarbeiterin im Eingangsbereich über keine Geschäftsräume, es werde lediglich die eingehende Post weitergeleitet.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab und begründete dies mit dem Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift. Eine Zustellung nach § 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 166 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) sei ausgeschlossen, da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung in der M-Str. … in … Y-Stadt über keine Geschäftsräume verfüge. Da sich dort nicht einmal ein Briefkasten mit dem Namen der Klägerin befinde, habe auch eine Ersatzzustellung nicht vorgenommen werden können. Dem Gericht sei auf telefonische Nachfrage unter der von der Klägerin mitgeteilten Telefonnummer mitgeteilt worden, die ladungsfähige Anschrift befinde sich in der X-Str. … in … Y-Stadt. Die an diesem Ort befindlichen Geschäftsräume habe die Klägerin aber bereits vor mehreren Jahren aufgegeben.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gestützten Beschwerde. Das FG habe die Klage zu Unrecht wegen eines fehlenden Firmensitzes als unzulässig abgewiesen. Durch Buchung der entsprechenden Serviceleistungen habe sie eine zustellfähige Adresse bei der S-AG unterhalten. Soweit das FA vortrage, keine Angaben zur Firma vorgefunden zu haben, widerspreche dies ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung. Das persönliche Erscheinen der Klägerin sei weder notwendig gewesen noch vom Gericht angeordnet worden. Zudem habe der Geschäftsführer der Klägerin seine ladungsfähige Anschrift mitteilen lassen, so dass es dem Gericht möglich gewesen sei, diesen ordnungsgemäß zu laden. Das Urteil des FG verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), außerdem seien die vom Gericht aufgestellten Erfordernisse unverhältnismäßig.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist begründet.

6

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 FGO). Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen vor. Das FG hat zwar zu Recht das Vorliegen einer ladungsfähigen Anschrift verneint, aber nicht berücksichtigt, dass eine Klage ausnahmsweise auch ohne ladungsfähige Anschrift zulässig sein kann.

7

1. Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO regelmäßig die Bezeichnung des Klägers unter Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 2001 VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651, und vom 19. Oktober 2000 IV R 25/00, BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112; BFH-Beschluss vom 31. Mai 2010 V B 49/08, BFH/NV 2010, 1978).

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a) Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift dient in erster Linie der Identifizierung des Klägers und der Zustellung des mit dem Prozess verbundenen Schriftverkehrs. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass das FG die Möglichkeit hat, das persönliche Erscheinen des Klägers anzuordnen und durchzusetzen. Daneben ist die Bezeichnung der Beteiligten nach Namen, Beruf und Wohnort im Rubrum des Urteils anzugeben (§ 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO). In der zivilprozessualen Rechtsprechung wird die Klägeranschrift auch deshalb für erforderlich erachtet, um sicherzustellen, dass sich der Kläger bei einem etwaigen Unterliegen seiner Kostenpflicht nicht durch Unerreichbarkeit entzieht (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 9. Dezember 1987 IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1988, 2114). Diesem Aspekt wird aber in der verwaltungsgerichtlichen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Kassel, Beschluss vom 30. Mai 1989  12 TH 1658/89, NJW 1990, 140) und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112) nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, da Beklagter im Regelfall eine Behörde ist und deren Aufwendungen nicht erstattungsfähig sind (§ 139 Abs. 2 FGO).

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b) Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hatte. Dem Wohnsitz einer natürlichen Person entspricht der Sitz einer juristischen Person. Da bei natürlichen Personen im Hinblick auf ihre Erreichbarkeit auf die Angabe des tatsächlichen Wohnorts abgestellt wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112), ist bei juristischen Personen grundsätzlich die Angabe ihres tatsächlichen Firmen- oder Geschäftssitzes erforderlich.

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aa) Die Klägerin hatte ihre Geschäftsräume in der X-Str. … in Y-Stadt aufgegeben und ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, so dass sie dort über keinen Firmen- oder Geschäftssitz mehr verfügte.

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bb) Unabhängig davon, ob in der M-Str. … in Y-Stadt ein Briefkasten mit dem Firmenschild der Klägerin angebracht worden ist, handelt es sich um keinen tatsächlichen Firmen- oder Unternehmenssitz der Klägerin. Denn unter dieser Adresse verfügte die Klägerin --was zwischen den Beteiligten unstrittig ist-- weder über Räume, von denen aus sie ihre Geschäfte ausübte, noch befand sich dort die Geschäftsführung oder Verwaltung der Klägerin. Dass die Klägerin die Möglichkeit hatte, dort Räume anzumieten, begründet keinen tatsächlichen Firmen- oder Geschäftssitz. Ein solcher wurde auch nicht unter der von der Klägerin zuvor als ladungsfähige Anschrift bezeichneten c/o-Adresse unterhalten.

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2. Das FG hat in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass nach den Besonderheiten des Streitfalls auf die Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift der Klägerin ausnahmsweise verzichtet werden konnte.

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a) Mit dem Erfordernis, die Zulässigkeit einer Klage ausnahmslos von der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift abhängig zu machen, stellt ein Fachgericht Anforderungen auf, die über die ausdrücklich im Gesetz geregelten Zulässigkeitserfordernisse hinausgehen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 2. Februar 1996  1 BvR 2211/94, NJW 1996, 1272). Denn § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ordnet lediglich an, dass der Kläger zu bezeichnen ist, in welcher Weise dies zu geschehen hat, schreibt § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vor (vgl. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 65 Rz 39).

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aa) Das ungeschriebene und für juristische Personen des Privatrechts weitgehend ungeklärte Erfordernis der Angabe der ladungsfähigen Anschrift darf nicht zu einer unzumutbaren Einschränkung des aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Gebots führen, dem Rechtsuchenden den Zugang zu den Gerichten nicht unnötig zu erschweren oder zu versagen. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ist daher unter Berücksichtigung dieses Grundrechts und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verfassungskonform auszulegen.

15

bb) Für § 82 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung, auf den die Fassung des § 65 FGO zurückgeht (vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte BFH-Urteil vom 11. Dezember 1992 VI R 162/88, BFHE 169, 507, unter II.2.a mit Hinweis auf BTDrucks IV/1446) ist in der verfassungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auf die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ausnahmsweise verzichtet werden kann (BVerfG-Beschluss in NJW 1996, 1272; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 13. April 1999  1 C 24/97, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 382), wenn ihre Erfüllung unmöglich oder unzumutbar ist. Ein solcher Ausnahmefall wird bejaht, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen (BVerwG-Urteil in HFR 2000, 382, unter Hinweis auf das BGH-Urteil in BGHZ 102, 332, 336). Darüber hinaus ist das Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift dann unschädlich, wenn der Kläger glaubhaft über eine solche Anschrift nicht verfügt (BVerwG-Urteil in HFR 2000, 382, unter Hinweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Juni 1992  12 CE 92.1201, Bayerisches Verwaltungsblatt 1992, 594). In diesen Ausnahmefällen müssen dem Gericht aber die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet werden. Wird die Angabe dagegen ohne zureichenden Grund verweigert, liegt keine ordnungsgemäße Klage vor (BVerwG-Urteil in HFR 2000, 382).

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b) In der Rechtsprechung des BFH wurde eine Einschränkung für die Angabe der ladungsfähigen Anschrift bislang bereits für natürliche Personen bejaht. So haben der VI. Senat des BFH im Urteil in BFH/NV 2002, 651 und der IV. Senat im Urteil in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112 entschieden, dass es für die Zulässigkeit einer Klage der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift dann nicht bedarf, wenn sich der Kläger dadurch der konkreten Gefahr der Verhaftung aussetzen würde. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Identität des Klägers feststeht und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist (BFH-Urteile in BFH/NV 2002, 651, Leitsatz 1, sowie in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112, Leitsatz).

17

c) Die entsprechende Anwendung der verfassungs- und verwaltungsprozessualen Grundsätze zum effektiven Rechtsschutz hat bei juristischen Personen des Privatrechts, die ihre Geschäftstätigkeit aufgegeben haben und über keinen tatsächlichen Geschäfts- oder Firmensitz mehr verfügen, zur Folge, dass dessen Fehlen der Zulässigkeit einer Klage dann nicht entgegensteht, wenn keine Zweifel an der Identität der Klägerin bestehen und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Zustellungs- oder Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist.

18

3. Im Streitfall folgt daraus, dass das FG die Zulässigkeit der Klage zu Unrecht verneint hat.

19

a) An der Identität der Klägerin bestanden und bestehen keine Zweifel, so dass es insoweit der Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift nicht bedurfte.

20

b) Auch sind in der Kommunikation mit dem Gericht keine Schwierigkeiten aufgetreten, da die Klägerin durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Soweit die Angabe der ladungsfähigen Anschrift für erforderlich gehalten wird, um dem FG die Möglichkeit zu eröffnen, ein persönliches Erscheinen der Klägerin anzuordnen und durchzusetzen, kommt diesem Gesichtspunkt bei juristischen Personen des Privatrechts --wie einer GmbH im Streitfall-- nur hinsichtlich ihres Geschäftsführers Bedeutung zu. Dieser als der satzungsmäßige Vertreter der GmbH (§ 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) ist Adressat der Anordnung auf persönliches Erscheinen und ihm gegenüber wird auch das Ordnungsgeld angedroht und festgesetzt (§ 80 Abs. 2 FGO). Die Wohnanschrift des Geschäftsführers hat die Klägerin dem Gericht im Schriftsatz vom 25. August 2008 mitgeteilt, so dass eine etwaige Anordnung des persönlichen Erscheinens diesem gegenüber erfolgen konnte. Der Geschäftsführer war zwar zwischenzeitlich in das Ausland verzogen, eine Anordnung zum persönlichen Erscheinen kann aber nach § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 183 ZPO auch im Ausland zugestellt werden.

21

c) Der Zulässigkeit der Klage steht auch das Erfordernis der Angabe des Wohnortes im Rubrum des Urteils (§ 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht entgegen. Denn hierfür kann bei Unternehmen auf den Sitz i.S. des § 11 der Abgabenordnung (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 105 FGO Rz 4) abgestellt werden (statuarischer Sitz), der sich bei Körperschaften an dem Ort befindet, der durch Satzung dazu bestimmt wurde. Schließlich ist der im finanzgerichtlichen Verfahren nur untergeordnete Gesichtspunkt einer Kostenerstattung nicht geeignet, der Klägerin den Zugang zu den Finanzgerichten zu versagen.

22

d) Die zur Annahme eines Ausnahmefalles führenden Tatsachen sind dem Gericht auch unterbreitet worden. Der Prozessbevollmächtigte hatte im Schriftsatz vom 25. August 2008 mitgeteilt, dass aufgrund der zeitweiligen Einstellung des Geschäftsbetriebs ein Firmensitz in der Bundesrepublik nicht unterhalten werde.

23

4. Da es nach ständiger Rechtsprechung einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darstellt, wenn über eine zulässige Klage nicht in der Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1978, m.w.N.), hält es der Senat für zweckmäßig, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO). Das FG erhält damit Gelegenheit, den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.