Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2013 - XII ZB 229/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Mit Beschluss vom 16. November 2012, der dem Antragsteller am 23. November 2012 zugestellt worden ist, hat das Familiengericht dessen gegen die Antragsgegnerin gerichteten Zahlungsantrag abgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Nach richterlichem Hinweis , dass die Beschwerde nicht innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist begründet worden sei, hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er glaubhaft gemacht, sein Verfahrensbevollmächtigter habe die Beschwerdebegründung am 23. Januar 2013 fertig gestellt und unterschrieben und den Schriftsatz am selben Tag per Telefax gesendet, wobei er die in das Faxgerät eingespeicherte Kurzwahl des Beschwerdegerichts "OLG HRO" verwendet ha- be, welche geräteintern mit der Telefaxnummer des Beschwerdegerichts verknüpft sei. Durch einen Sendebericht, mit dem die Übermittlung der Sendung an den Empfänger "OLG HRO" bestätigt worden sei, habe der Bevollmächtigte sich von der ordnungsgemäßen Versendung des Telefaxes überzeugt. Auch andere Sendungen in anderen Rechtsangelegenheiten seien vor und nach der hier streitigen Sendung erfolgreich unter Verwendung der Kurzwahl "OLG HRO" an das Beschwerdegericht übermittelt worden.
- 2
- Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Beschwerde verworfen. Die Beschwerdebegründungsfrist sei nicht schuldlos versäumt. Ausweislich des vom Empfangsgerät des Beschwerdegerichts aufgezeichneten Faxjournals sei zum angegebenen Zeitpunkt keine Sendung des Bevollmächtigten des Antragstellers eingegangen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers habe sich auch nicht anhand des Sendeberichts auf eine ordnungsgemäße Versendung des Telefaxes verlassen dürfen, weil allein aus einer Sendebestätigung an einen Empfänger mit der Kurzwahl "OLG HRO" nicht hervorgehe, welche Empfängernummer bei der Versendung verwendet worden sei. Für die korrekte Eingabe der Empfängernummer sei jedoch der Rechtsanwalt, der die Versendung persönlich vornehme, selbst verantwortlich.
II.
- 3
- Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
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- 1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einem Beteiligten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Verfahrensbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - FamRZ 2008, 1605 Rn. 6 mwN).
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- 2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Verfahrensbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Bedient sich der Verfahrensbevollmächtigte für die Übersendung des Schriftsatzes eines Telefaxgeräts, hat er das seinerseits Erforderliche getan, wenn er bei Verwendung eines funktionsfähigen Sendegeräts und korrekter Eingabe der Empfängernummer so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Übertagung bei Fristende zu rechnen ist (BVerfG NJW 1996, 2857, 2858; BGH Beschluss vom 1. Februar 2001 - V ZB 33/00 - NJW-RR 2001, 916).
- 6
- Für die Ausgangskontrolle genügt es, wenn ein vom Faxgerät des Absenders ausgedrucktes Sendeprotokoll die ordnungsgemäße Übermittlung an den Adressaten belegt und dieses vor Fristablauf zur Kenntnis genommen wird. Trägt der Sendebericht den Vermerk "OK", kann es einem am Verfahren Betei- ligten nicht als schuldhaftes Verhalten angelastet werden, wenn es bei dem elektronischen Übertragungsvorgang dennoch zu Fehlern kommt (BGH Beschluss vom 17. Januar 2006 - XI ZB 4/05 - NJW 2006, 1518, 1519). Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem "OK"-Vermerk versehenen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht, ist jedenfalls so gering , dass sich der Rechtsanwalt auf den "OK"-Vermerk verlassen darf (Senatsbeschluss vom 28. März 2001 - XII ZB 100/00 - VersR 2002, 1045, 1046).
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- Die Ausgangskontrolle muss sich allerdings auch darauf beziehen, dass bei der Versendung des Telefaxes die zutreffende Empfängernummer verwendet wurde (BGH Beschlüsse vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12 - MDR 2013, 1303; vom 30. Oktober 2012 - III ZB 51/12 - juris Rn. 6; vom 7. November 2012 - IV ZB 20/12 - NJW-RR 2013, 305 Rn. 9; vom 12. Juni 2012 - VI ZB 54/11 - NJW-RR 2012, 1267 Rn. 7; vom 27. März 2012 - VI ZB 49/11 - NJW-RR 2012, 744 Rn. 7; vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08 - NJW 2010, 2811; vom 3. Dezember 1996 - XI ZB 20/96 - NJW 1997, 948; BAGE 79, 379 = NJW 1995, 2742). Diese Gewissheit kann das Sendeprotokoll nur vermitteln, wenn es nicht nur eine technisch fehlerfreie Versendung als solche belegt, sondern ebenfalls ausweist, an welche konkrete Empfängernummer das Telefax gesendet wurde. Nur der mit dieser Angabe versehene "OK"-Vermerk kann das Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Versendung an den zutreffenden Empfänger begründen.
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- Dem steht ein "OK"-Vermerk, der sich lediglich auf eine im Faxgerät hinterlegte Kurzwahl bezieht, nicht gleich. Denn ein Sendeprotokoll, das nur die verwendete Kurzwahl ausweist, ermöglicht keine verlässliche Überprüfung, ob die mit der Kurzwahl intendierte Empfängernummer tatsächlich angewählt wurde. Die Verwendung von Kurzwahlnummern birgt gewisse Risiken einerseits von technischen Fehlern bei der geräteinternen Zuordnung der anzuwählenden Nummer, andererseits von Bedienungsfehlern, beispielsweise einer versehent- lichen Umprogrammierung der Kurzwahlnummer, gegebenenfalls auch durch andere Gerätebenutzer. Dass sich eine der möglichen Fehlerquellen verwirklicht haben könnte, lässt sich mit hinreichender Sicherheit nur durch einen Sendebericht ausschließen, der die tatsächlich angewählte Telefaxnummer zu erkennen gibt.
- 9
- 3. Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller die Fristversäumung nicht ausreichend entschuldigt. Nach seinem eigenen Vorbringen hat sein Bevollmächtigter nicht überprüft, an welche Nummer das Telefaxgerät die Sendung verschickt hat, sondern sich allein darauf verlassen, dass die eingespeicherte Kurzwahl mit dem Kürzel "OLG HRO" im Moment der Versendung korrekt mit der Empfängernummer des Beschwerdegerichts verknüpft sei. Das genügt nicht, um Fehlerquellen der aufgezeigten Art hinreichend verlässlich auszuschließen und somit die Wahrscheinlichkeit, dass das Schriftstück den Empfänger nicht erreicht, so gering wie möglich und zumutbar zu halten (vgl. Senatsbeschluss vom 31. März 2010 - XII ZB 166/09 - FamRZ 2010, 879 Rn. 9).
- 10
- Auch der Umstand, dass vorangegangene und nachfolgende Schriftstücke in anderen Rechtsangelegenheiten fehlerfrei unter Verwendung der Kurzwahl "OLG HRO" übermittelt werden konnten, entbindet nicht von einer gesonderten Kontrolle der korrekt angewählten Empfängernummer in jedem Einzelfall. Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
AG Schwerin, Entscheidung vom 16.11.2012 - 21 F 158/11 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 25.03.2013 - 10 UF 2/13 -
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Annotations
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.
(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.
(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.
(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.
(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.
(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.
(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.