Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2017 - XI ZR 88/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:210217BXIZR88.16.0
bei uns veröffentlicht am21.02.2017
vorgehend
Landgericht Aachen, 1 O 119/15, 20.08.2015
Oberlandesgericht Köln, 13 U 151/15, 15.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 88/16
vom
21. Februar 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:210217BXIZR88.16.0
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
am 21. Februar 2017

beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.953,62 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger schloss am 12. Juli 1977 mit der Beklagten einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme in Höhe von 20.000 DM ab, welche später auf 80.000 DM (= 40.903,35 €) erhöht wurde. Gemäß § 6 der Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten (ABB) werden das Bausparguthaben mit 3% p.a. und ein von der Beklagten zu gewährendes Bauspardarlehen mit 5% p.a. verzinst. Die vereinbarte Bausparsumme ist noch nicht vollständig angespart , der Bausparvertrag jedoch seit über zehn Jahren zuteilungsreif. Nachdem der Kläger trotz wiederholter Aufforderungen der Beklagten kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen hatte, erklärte diese mit Schreiben vom 19. Mai 2014 die Kündigung des Bausparvertrages zum 30. November 2014 unter Hinweis auf die seit mehr als zehn Jahren bestehende Zuteilungsreife.
2
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag über den 30. November 2014 hinaus fortbesteht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen und den Streitwert auf 40.903 € festgesetzt. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Bei deren Einlegung belief sich das Bausparguthaben auf 35.162,05 €.

II.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.
4
1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (vgl. Senats- beschlüsse vom 23. Juli 2015 – XI ZR 263/14, BGHZ 206, 276 Rn. 3 und vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 3, jeweils mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es vorliegend gemäß § 4 ZPO auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (vgl. auch Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15, aaO). Maßgebend ist das Interesse des Beschwerdeführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht eigenständig zu befinden, ohne an die Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen oder die Angaben der Parteien gebunden zu sein (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15, aaO; BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2014 – V ZR 314/13, juris Rn. 4 und vom 15. Juli 2014 – VI ZR 145/14, juris Rn. 3).
5
2. Wie das Interesse eines Bausparers an der Feststellung des Fortbestandes eines Bausparvertrages, dessen Kündigung von Seiten der Bausparkasse nach mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife erklärt worden ist, gemäß §§ 3 ff. ZPO zu bemessen ist, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
6
a) Von Teilen der Rechtsprechung wird, entsprechend der Handhabung von Landgericht und Berufungsgericht in diesem Verfahren, das Feststellungsinteresse mit dem Nennbetrag der Bausparsumme gleichgesetzt (vgl. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 17. August 2016 – 19 U 3/16, juris; LG Aachen, Urteil vom 19. Mai 2015 – 10 O 404/14, juris Rn. 26; LG München I, Urteil vom 6. November 2015 – 3 O 241/15, juris). Dies entspricht im Ergebnis auch den Ausführungen des Klägers in der Beschwerdeschrift. Demnach wäre die Beschwer mit 40.903,35 € zu beziffern.
7
b) Teilweise wird das klägerische Interesse demgegenüber nach der Höhe des Bausparguthabens bemessen (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17. August 2015 – 6 O 1708/15, juris; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 – 7 O 545/15, juris Rn. 34). Danach beliefe sich die Beschwer des Klägers auf 35.162,05 €.
8
c) Andere Teile der Rechtsprechung gehen davon aus, dass es einem Bausparer darum geht, sich zum einen den Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erhalten und zum anderen eine weitere Verzinsung des Bausparguthabens zu erlangen. Der Zinsanspruch sei aber bei der Wertermittlung gemäß § 4 ZPO nicht zu berücksichtigen, weswegen bei der Wertermittlung allein auf den Differenzbetrag zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme , also auf die Höhe eines zu beanspruchenden Bauspardarlehens abzustellen sei (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 109/15, juris Rn. 34). Der Beschwerdewert beliefe sich danach vorliegend auf 5.741,30 € (Bausparsumme in Höhe von 40.903,35 € abzüglich des Bausparguthabens in Höhe von 35.162,05 €).
9
d) Nach einer vierten Auffassung ist für die Wertbestimmung das Interesse des Klägers an einer Verzinsung des Bausparguthabens und am Erhalt eines Bauspardarlehens maßgeblich. Das Zinsinteresse sei gemäß §§ 3, 9 ZPO anhand des dreieinhalbfachen Jahreszinsertrages des Bausparguthabens zu bestimmen, von dem im Hinblick auf den Feststellungsantrag ein Abzug von 20 % (so LG Stuttgart, Urteil vom 15. September 2015 – 25 O 89/15, juris Rn. 17) oder von 50 % (so OLG Stuttgart, WM 2016, 742, 748) vorzunehmen sei. Hinzukomme das Interesse an der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens , welches mit 80 % (so LG Stuttgart, aaO) oder mit 50 % des Darlehensbetrages (so OLG Stuttgart, aaO) zu bemessen sei. Soweit jeweils ein Abschlag von 50 % vorgenommen werde, sei dies gerechtfertigt, weil das Zinsinteresse und das Interesse am Erhalt des Bauspardarlehens in einem Alternativverhältnis zueinander stünden (vgl. OLG Stuttgart, WM 2016, 742, 748, zustimmend: Maier, VuR 2016, 9, 14). Der Beschwerdewert betrüge demnach 7.546,66 € (d.i. 80 % des dreieinhalbfachen Jahreszinsertrages in Höhe von 3.692,02 € [= 35.162,05 € x 0,03 x 3,5 = 3.692,02 €] = 2.953,62 € zuzüglich 80 % des Bau- spardarlehens in Höhe von 5.741,30 € = 4.593,04 €) oder 4.717,66 € (d.i. 50 % des dreieinhalbfachen Jahreszinsertrages zuzüglich 50% des Bauspardarlehens ).
10
e) Eine weitere Meinung stellt zur Wertermittlung auf das Interesse an einer weiteren Verzinsung des Bausparguthabens in Höhe des dreieinhalbfachen Jahreszinsertrages (§ 9 ZPO) oder auf das Interesse am Erhalt eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme ab. Da beide Interessen alternativ zueinander bestünden, sei dem Rechtsgedanken von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG folgend jeweils der höhere Wert maßgebend (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 22. April 2016 – 1 O 208/15, juris Rn. 83 f.). Die Beschwer beliefe sich demzufolge hier auf 5.741,30 €, weil das Bauspardarlehen betragsmäßig höher ist als der dreieinhalbfache Jahreszinsertrag.
11
f) Nach einer sechsten Ansicht ist für die Wertbestimmung allein auf das Interesse des Klägers an einer weiteren Verzinsung des Bausparguthabens abzustellen, welches gemäß §§ 3, 9 ZPO anhand des dreieinhalbfachen Jahreszinsertrages zu bestimmen sei, ohne dass von diesem Betrag ein Abschlag zu machen sei (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 21. August 2015 – 8 U 319/15, juris Rn. 3 und Urteil vom 29. Juli 2016 – 8 U 11/16, juris Rn. 53; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. Juni 2015 – 9 W 25/15, juris Rn. 3). Der Beschwerdewert betrüge demnach hier 3.692,02 €.
12
g) Überwiegend wird demgegenüber darauf abgestellt, dass sich das Interesse an der Feststellung des Fortbestandes des Bausparvertrages gemäß §§ 3, 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Bausparguthabens beläuft, von dem mit Rücksicht auf die positive Feststellungsklage ein Abzug von 20% vorzunehmen sei (vgl. OLG Celle, Urteil vom 14. September 2016 – 3 U 230/15, juris Rn. 81; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – 31 U 182/15, juris Rn. 20 und Urteil vom 22. Juni 2016 – 31 U 234/15, juris Rn. 39; OLG Karlsruhe, JurBüro 2016, 257; AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 – 10 C 1154/15, juris Rn. 113). Der Beschwerdewert wäre danach mit 2.953,62 € zu beziffern.
13
3. Der Senat erachtet die letztgenannte Auffassung für richtig.
14
a) Entgegen der Festsetzung des Berufungsgerichts und der Auffassung des Klägers ist das Interesse an der Abänderung des angefochtenen Beschlusses gemäß §§ 3, 9 ZPO nicht mit dem Nennbetrag der Bausparsumme gleichzusetzen , sondern nach dem dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Bausparguthabens zu bemessen.
15
aa) Für die Wertfestsetzung gemäß § 3 ZPO ist das objektiv zu ermittelnde wirtschaftliche Interesse des Klägers maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2001 – II ZR 328/00, WM 2001, 1270, 1271 f.; Beschlüsse vom 28. September 2009 – IX ZB 230/07, juris Rn. 3 und vom 16. Dezember 2015 – XII ZB 405/15, NJW 2016, 714 Rn. 13). Dieses liegt vorliegend im Ausgangs- punkt ausschließlich in der Fortsetzung des Bausparvertrags und der fortwährenden Zahlung der vereinbarten Guthabenzinsen.
16
Der von der Beklagten gekündigte, bereits im Jahre 1977 abgeschlossene und zum Zeitpunkt der Kündigung seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreife Bausparvertrag bietet dem Kläger mit der vertraglich vereinbarten Guthabenverzinsung von 3 % p.a. angesichts der seit Längerem währenden Niedrigzinsphase eine im Hinblick auf die Rendite vergleichsweise sichere Geldanlage zu relativ günstigen Konditionen. Die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu dem vereinbarten Zinssatz von 5 % p.a. wäre hingegen für den Kläger wirtschaftlich unvernünftig, weil am allgemeinen Kapitalmarkt derzeit und auch noch auf unabsehbare Zeit Immobiliardarlehen zu deutlich günstigeren Konditionen gewährt werden. Das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Bausparvertrages besteht vor diesem Hintergrund allein darin, für sein Bausparguthaben den vereinbarten Guthabenzins zu vereinnahmen , nicht aber ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Karlsruhe , JurBüro 2016, 257 f.). Aufgrund dessen ist - jedenfalls nach der derzeitigen Marktlage - ein wirtschaftliches Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens nicht zu erkennen, so dass ein solches für die Wertbemessung außer Acht zu lassen ist.
17
bb) Soweit der Kläger seine gegenteilige Auffassung, das durch die Kündigung zur Rückzahlung fällig werdende Bausparguthaben und die Höhe des Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens seien zusammenzurechnen , auf den Senatsbeschluss vom 25. Februar 1997 (XI ZB 3/97, WM 1997, 741) stützen möchte, ist dies unbehelflich. Gegenstand der Feststellungsklage in jenem Verfahren war die Unwirksamkeit der Kündigung eines Bauspardarlehens , mit dem die noch ausstehende Darlehensvaluta zur Rückzahlung fällig gestellt wurde. Dementsprechend war das Interesse der Kläger an der Feststellung des Fortbestandes des Darlehensvertrages darauf gerichtet, das Darlehen nicht sofort zurückzahlen zu müssen, und damit wie bei einer entsprechenden negativen Feststellungsklage mit dem noch offenen Darlehensbetrag gleichzusetzen. Eine vergleichbare Interessenlage besteht bei der Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse in der Ansparphase nicht (vgl. OLG Karlsruhe, JurBüro 2016, 257; Maier, VuR 2016, 9, 14).
18
b) Bei der Bezifferung des Beschwerdewertes ist gemäß §§ 3, 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag abzustellen, der sich auf 3.692,02 € beläuft. Von diesem Betrag ist ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen, weil der Beschwerdeführer keine Leistungsklage, sondern eine positive Feststellungsklage erhoben hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Mai 2000 – IV ZR 294/99, NJW-RR 2000, 1266, vom 12. April 2007 – VII ZR 16/06, juris Rn. 1, vom 10. Dezember 2014 – IV ZR 116/14, juris Rn. 1, vom 16. Juli 2015 – IX ZR 273/14, juris Rn. 1 und vom 7. September 2016 – IV ZR 548/15, juris Rn. 4; Zöl- ler/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 – Feststellungsklagen; MünchKommZPO /Wöstmann, 5. Aufl., § 3 Rn. 72).
19
Etwas anderes folgt in diesem Zusammenhang nicht aus dem Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 12), demzufolge bei der Bezifferung des Beschwerdewertes nach dem Widerruf eines Verbraucherdarlehens auf den ungekürzten Betrag der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen abzustellen ist. Diese Entscheidung ist den Besonderheiten bei der Rückabwicklung eines Vertragsverhältnisses nach erfolgtem Widerruf geschuldet.
Ellenberger Grüneberg Maihold
Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 20.08.2015 - 1 O 119/15 -
OLG Köln, Entscheidung vom 15.02.2016 - 13 U 151/15 -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

3
1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (st. Rspr., BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 - VI ZR 418/02, NJW-RR 2004, 638, 639, vom 20. April 2005 - XII ZR 92/02, NJW-RR 2005, 1011, vom 3. Mai 2005 - IX ZR 195/02, juris Rn. 12, vom 11. April 2006 - XI ZR 199/04, NJW-RR 2006, 997, vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06, NZM 2007, 499 Rn. 2, vom 15. Oktober 2008 - IV ZR 31/08, VersR 2009, 562 Rn. 5, vom 27. August 2009 - VII ZR 161/08, ZfBR 2010, 64 und vom 10. Juli 2014 - V ZR 322/13, juris Rn. 6).
3
1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, WM 2015, 1669 Rn. 3 mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (§ 4 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2001 - IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571, 1572). Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenenEntscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden. Ist Rechtsmittelkläger der Beklagte, bestimmt sich sein Interesse an der Beseitigung der Verurteilung (materielle Beschwer). Dieses Interesse stimmt mit dem Interesse des Klägers an der Verurteilung bzw. dessen formeller Beschwer nicht notwendig überein (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, MDR 2014, 461 Rn. 6). Allerdings bildet das Klägerinteresse die Obergrenze für die Beschwer des Beklagten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. September 1990 - VIII ZR 117/90, WM 1990, 2058, 2059 und vom 3. November 2005 - IX ZR 94/04, juris Rn. 8).

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

3
1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, WM 2015, 1669 Rn. 3 mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (§ 4 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2001 - IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571, 1572). Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenenEntscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden. Ist Rechtsmittelkläger der Beklagte, bestimmt sich sein Interesse an der Beseitigung der Verurteilung (materielle Beschwer). Dieses Interesse stimmt mit dem Interesse des Klägers an der Verurteilung bzw. dessen formeller Beschwer nicht notwendig überein (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, MDR 2014, 461 Rn. 6). Allerdings bildet das Klägerinteresse die Obergrenze für die Beschwer des Beklagten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. September 1990 - VIII ZR 117/90, WM 1990, 2058, 2059 und vom 3. November 2005 - IX ZR 94/04, juris Rn. 8).
3
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 €. Maßgeblich für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - V ZR 73/12, Grundeigentum 2013, 347 Rn. 4 mwN). Dieses hat das Revisionsgericht selbst zu bewerten; an eine Festsetzung durch das Berufungsgericht ist es nicht gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - XII ZR 8/13, NJW-RR 2013, 1401). Allerdings bemisst sich der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht nach dem Nennwert der Forderung, sondern nach den späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 - IX ZR 235/08, NJW 2009, 920 Rn. 4 ff.). Gleiches gilt für die Bemessung der Beschwer des Klägers, wenn seine auf eine solche Feststellung gerichtete Klage abgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2013 - VI ZB 2/13, VersR 2014, 350 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 - IX ZR 235/08, aaO). Ob dieselben Grundsätze auch für die vorliegend zu beurteilende Beschwer des Beklagten gelten, kann offenbleiben. Denn auch unter Berücksichtigung der künftigen Vollstreckungsaussichten hält der Senat im Streitfall einen Abschlag vom Nennwert der Forderung in Höhe von nicht mehr als 30 % für gerechtfertigt, so dass die mit der Revision geltend zu machende Beschwer mindestens 20.510 € beträgt. Der erst 36 Jahre alte Beklagte ist Fachinformati- ker und steht in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis, aufgrund dessen er monatlich 3.154 € verdient. Ein Teil seines Einkommens wird gepfändet und an seinen Treuhänder abgeführt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger jeweils zur Hälfte

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Gründe

Landgericht München I

Az.: 3 O 241/15

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 06.11.2015

In dem Rechtsstreit

1) ...

- Klägerin

2) ...

- Kläger

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: ...

gegen

...

- Beklagte

Prozessbevollmächtigte: ...

wegen Forderung

erlässt das Landgericht München I - 3. Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 71.580,86 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass zwei zwischen den Parteien geschlossene Bausparverträge nicht durch eine Kündigung der Beklagten beendet worden sind, sondern fortbestehen.

Die Beklagte ist eine Bausparkasse.

Am 15.12.1986 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag (vgl. Anlage K1) mit der Vertragsnummer ... über eine Bausparsumme in Höhe von 60.000,00 DM (entspricht 30.677,51 €). Der Bausparvertrag wies zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Guthaben in Höhe von 16.342,16 Euro aus. Grundlage des Vertrags sind die „Allgemeinen Bausparbedingungen Tarife A und B“ (im Folgenden: ABB 1, vgl. Anlage B3). Die letzte Einzahlung erfolgte am 02.03.1993.

Am 30.03.1993 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag (vgl. Anlage K2) mit der Vertragsnummer ... über eine Bausparsumme in Höhe von 80.000,00 DM (entspricht 40.903,35 €). Der Bausparvertrag wies zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Guthaben in Höhe von 19.358,72 Euro aus. Grundlage des Vertrags sind die „Allgemeinen Bausparbedingungen Tarif Classic“ (im Folgenden: ABB 2, vgl. Anlage B5). Die letzte Einzahlung erfolgte am 02.03.2000.

In § 9 ABB1 bzw. § 9 ABB2 ist bestimmt:

„(1) Die Bausparkasse kann den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. (...)“

Die Kläger kamen ihren vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere zur Zahlung, immer fristgerecht nach. Seit der letzten Einzahlung erhöhte sich das Bausparguthaben jeweils nur noch durch die angefallenen Zinsen und die Wohnungsbauprämie. Ein Bauspardarlehen beantragten die Kläger nicht.

Mit zwei Schreiben vom 27.10.2014 (Anlagen K4 und K5) erklärte die Beklagte jeweils die Kündigung der Bausparverträge zum 29.05.2015.

Beide Bausparverträge waren jedenfalls seit 31.12.2003 zuteilungsreif. Die Klagepartei wendet Verwirkung ein.

Die Kläger sind der Ansicht, die Kündigungen seien unwirksam. Ein Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB bestehe erst, wenn die Bausparsumme vollständig erreicht sei. Zudem stehe der Kündigung die Regelung des § 9 ABB1 bzw. § 9 ABB2 entgegen. Schließlich greife auch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht, da die Anwendung der Vorschrift auf die Beklagte als Unternehmerin fraglich sei und jedenfalls die Tatbestandsvoraussetzung des vollständigen Empfangs des Darlehens durch die Beklagte fehle. Überdies sei der Bausparvertrag eine Vertragsgestaltung eigener Art, welcher vom Darlehensvertrag zu unterscheiden sei.

Die Kläger beantragen:

Es wird festgestellt, dass die bei der Beklagten bestehenden Bausparverträge Nr. ... und Nr. ... über den 29.05.2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Vorschriften über den Darlehensvertrag anwendbar sind. Die Kläger würden den Bausparvertrag seit der letzten Einzahlung als Geldanlage nutzen, was außerhalb des spezifischen Vertragszwecks liege. Bei Einzahlung der Regelsparbeträge wäre schon Vollansparung und damit der Kündigungsgrund des § 488 Abs. 3 BGB eingetreten.

Jedenfalls sei sie nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung berechtigt gewesen, weil die Bausparverträge seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif gewesen seien und dies dem vollständigen Empfangs des Darlehens gleichstehe, da damit der vertraglich angestrebte Sollzustand erreicht sei. Die Regelung sei zudem auf alle Darlehensnehmer anwendbar und aufgrund der Regelung in § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht dispositiv.

Verwirkung liege nicht vor, da die Beklagte erst 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife ein Kündigungsrecht habe.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Anlagen und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klageanträge sind unbegründet, da die streitgegenständlichen Bausparverträge jeweils durch die Kündigung der Beklagten nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 29.05.2015 beendet wurden.

1. Die Beklagte war nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt.

a) Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang - oder nach der letzten Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz, falls diese nach dem vollständigen Empfang erfolgte - unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.

Die Vorschrift gilt auch für Bausparverträge. Ein Bausparvertrag ist ein einheitlicher Darlehensvertrag, bei dem zunächst der Bausparer als Darlehensgeber anzusehen ist und die Parteien sodann mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11 LG Aachen, Urteil vom 19.05.2015, 10 O 404/14, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Es handelt sich daher um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben an. Hierfür erhält er die vereinbarte Guthabenverzinsung. Nach Zuteilung kann der Bausparer bestimmungsgemäß das Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.11.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Damit ist der Bausparvertrag auch bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren (LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15).

b) Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt auch zugunsten eines Darlehensnehmers, der kein Verbraucher ist, insbesondere auch für Banken und Bausparkassen (vgl. auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15)

Eine Einschränkung des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift, noch aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Staudinger/Mülbert, BGB [2010], § 488, Rn. 549). Die Formulierung „Darlehensnehmer“ enthält zunächst in personeller Hinsicht keinerlei Einschränkung. Zudem ergibt sich aus einem Vergleich von § 489 Abs. 1 Nr. 2 (nunmehr aufgehoben) und § 489 Abs. 1 Nr. 3 (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.), dass der Gesetzgeber zwar für das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a. F. die Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers vorausgesetzt hat („wenn das Darlehen einem Verbraucher gewährt und nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist ...“), für das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 a. F. (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) hingegen gerade nicht („in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang“).

Auch befindet sich § 489 BGB nach der Gesetzessystematik im für Darlehensnehmer und Darlehensverträge aller Art geltenden Abschnitt „Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften“. Das folgende „Kapitel 2 Besondere Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge“ beinhaltet die §§ 491 BGB. Bereits aus den Überschriften ergibt sich, dass die §§ 488 bis 490 als allgemeine Vorschriften auf sämtliche Darlehensverträge Anwendung finden. Im Kapitel 2 befindet sich in § 500 BGB ein spezielles Kündigungsrecht für bestimmte Verbraucherdarlehensverträge. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass § 489 Abs. 1 Nr. 2, der nicht an die Verbrauchereigenschaft anknüpft, auch für andere Darlehensnehmer anwendbar sein soll. Zudem hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass § 489 für alle Darlehensnehmer anwendbar ist, lediglich § 500 BGB ausschließlich für Verbraucher (vgl. BT-Drucksache 16/11642, S. 74 f.). Dass Darlehensnehmer nicht nur ein Verbraucher sein kann, ergibt sich auch im Umkehrschluss aus § 489 Abs. 4 S. 2 BGB, wonach das Kündigungsrecht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, usw. abweichend von S. 1 durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden kann.

Der Verweis auf § 609a BGB a. F. führt vorliegend auch nicht weiter, da zum Einen der jetzige Wortlaut in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB („in jedem Fall“) keine Einschränkung vornimmt und eine solche auch nicht unter Verweis auf § 609a BGB a. F. unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien vorgenommen werden kann. So lässt sich der BT-Ds 10/4741 entnehmen, dass im Falle eines einseitigen Zinsbestimmungsrechts bzw. einem Darlehen mit variablem Zinssatz das Kündigungsrecht als Gegengewicht ausgestaltet werden sollte, was gerade im vorliegenden Fall, mit festem Zinssatz und der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht gegeben ist.

Schließlich spricht auch die teleologische Auslegung dafür, den Anwendungsbereich nicht auf Verbraucher zu beschränken. Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist, den Darlehensnehmer bei einem festverzinslichen Darlehen vor einer mehr als zehn Jahre andauernden vertraglichen Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu bewahren (LG Aachen, Urteil vom 15.05.2015, 10 O 404/14 LG Hannover, Urteil vom 13.07.2015, 14 O 93/15 LG Hannover, Urteil vom 30.06.2015, 14 O 55/15, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Dieser Schutzzweck gilt für jeden Darlehensnehmer, nicht nur für einen Verbraucher. Selbst wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich die vorliegende Konstellation im Auge hatte, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist, ist die Vorschrift nach ihrem Schutzzweck auch hierauf anwendbar. Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt in besonderem Maße für Bausparkassen, weil ihre Guthabenszinssätze noch unter den marktgerechten Zinssätzen liegen (müssen), um das Ziel zinsgünstiger Bauspardarlehen erreichen zu können (LG Hannover, Urteil vom 13.07.2015, 14 O 93/15, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Gerade bei Bausparverträgen, die oft mehrere Jahrzehnte bespart werden, kommt es bei einer wirtschaftlichen Veränderung, wie sie eingetreten ist, wonach der Kapitalzins sehr stark fällt, zu einer langjährigen vertraglichen Bindung der Bausparkasse an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz. Das Zinsänderungsrisiko würde ohne Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse einseitig auf diese verlagert. Dies trifft die Bausparkassen, die nur zweckgebunden für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Darlehensvertragspartei sind, besonders hart (LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15).

Zudem sichert beim Bausparvertrag die Verknüpfung der Unkündbarkeit des Bausparvertrags mit der Gewährung eines Bauspardarlehens die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). So kann sich der Bausparer eine niedrige Darlehensverzinsung mit einer niedrigeren Guthabenverzinsung in der Ansparphase sichern, umgekehrt rechtfertigt eine höhere Guthabenverzinsung in der Ansparphase einen höheren Darlehenszins der Bausparkasse. Würde der Bausparvertrag auch nach Erreichen der Bausparsumme für die Bausparkasse unkündbar bleiben, könnten die Bausparer eine attraktive höhere Verzinsung erhalten, ohne dass sie in der Form von höheren Darlehenszinsen eine entsprechende Gegenleistung zu erbringen hätten (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Zweck des Bausparvertrags ist aber nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens, so dass ein Bausparvertrag nach Erreichen der Bausparsumme von der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB ordentlich gekündigt werden kann (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Die eben erwähnte Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung ist auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Bausparvertrag zuteilungsreif ist, das Bauspardarlehen aber tatsächlich nicht in Anspruch genommen wird, nicht mehr gegeben. Wenn der Bausparer trotz Zuteilungsreife gar nicht beabsichtigt, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, ist das wechselseitige Verhältnis zwischen der Ansparphase und der Darlehensphase bereits zu dem Zeitpunkt de facto aufgehoben und eine Kündigungsmöglichkeit für die Bausparkasse gerechtfertigt. Zudem wird die Zeit ab Zuteilungsreife bis zum Erreichen der Bausparsumme maßgeblich vom Bausparer durch die Höhe der vorgenommenen Einzahlungen beeinflusst und kann u.U. Jahrzehnte dauern. Dies ist jedoch der Bausparkasse nicht zuzumuten und widerspricht dem der Einführung des zehnjährigen Kündigungsrechts zugrunde liegenden Gedanken, dass sich ein Vertragspartner in jedem Fall nach einer gewissen Zeit (nämlich nach 10 Jahren) von einem Darlehen soll lösen können, dessen Zinssatz nicht mehr zeitgemäß ist (vgl. BT-Drucksache 10/4741, S. 23; LG Osnabrück, Urteil vom 21.08.2015, 7 O 545/15).

c) Mit Zuteilungsreife, die unstreitig spätestens jeweils zehn Jahre vor Erklärung der Kündigung erstmalig eingetreten ist, ist von einem „vollständigen Empfang“ des Darlehens i. S. des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB durch die Beklagte auszugehen (LG Mainz WM 2015, 181; Staudinger/Mülbert a. a. O., Rn. 549, LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15). Bereits die Formulierung in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.E. zeigt, dass nicht nur der Zeitpunkt der vollständigen Valutierung in Betracht kommt. Dass der Zeitpunkt der Zuteilungsreife maßgeblich ist folgt aus der Struktur des Bausparvertrags, dessen Zweck vorrangig darauf gerichtet ist, dem Bausparer nach der Erbringung ausreichender Sparleistungen den Zugriff auf ein darüber hinausgehendes, zinsgünstiges Darlehen zu ermöglichen (vgl. LG Mainz WM 2015, 181, LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15). Dieser Zugriff steht dem Bausparer ab erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife zu. Daher liegt es nahe, die Sparleistungen, die der Bausparer zur Erreichung der Zuteilungsreife erbringen muss, als den vollständigen Gegenstand des Darlehens anzusehen, das der Bausparer der Bausparkasse während der Ansparphase gewährt. Auch wenn der Bausparer nach Erreichen der Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehmen muss und weitere Sparleistungen erbringen kann, ändert dies nichts daran, dass die Bausparkasse das (mit Abschluss des Bausparvertrags ins Auge gefasste, zur planmäßigen Erreichung der Zuteilungsreife notwendige) Darlehen des Bausparers mit Zuteilungsreife erhalten hat, weshalb von einem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta auszugehen ist. Dies führt gleichermaßen dazu, dass ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB während der Ansparphase nicht entstehen kann und es daher ausgeschlossen ist, dass die Bausparkasse durch eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB das Recht des Bausparers zur Erlangung des Bauspardarlehens vereitelt. Wenn allerdings die Zuteilungsreife erreicht ist, muss der Bausparkasse eine Kündigung möglich sein, da ansonsten die Dauer der Ansparphase ins Belieben des Bausparers gestellt würde, was über den Zweck des Bausparens, der Erlangung eines zinsgünstigen Darlehens, hinausginge und auch die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung nicht mehr gewährleistet würde (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15).

d) Die Beklagte hat die Kündigung der Verträge unstreitig mit den beiden Schreiben vom 27.10.2014 gegenüber den Klägern erklärt. Die Kündigungsfrist von 6 Monaten (zum 29.05.2015) ist eingehalten.

2. Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB war auch nicht vertraglich ausgeschlossen (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15).

a) Dabei kann dahinstehen, ob sich die Bestimmung in § 9 ABB auch auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beziehen soll.

b) Denn ein vertraglicher Ausschluss des Kündigungsrechts wäre unwirksam.

aa) Nach § 489 Abs. 4 S. 1, S. 2 BGB kann das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 nur dann durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden, wenn der Darlehensnehmer der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, ein Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften ist.

bb) Die Beklagte ist keine der in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB genannten Gebietskörperschaften. cc)

Auch eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB auf die Beklagte ist nicht geboten (vgl. Staudinger/Mülbert a. a. O. § 489 Rn. 74; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 489 Rn. 13; BeckOK-BGB/Rohe [Stand: 01.05.2015], § 489 Rn. 19).

Nach dem Wortlaut und der systematischen Fassung des Gesetzes spricht nichts dafür, dass in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB generell juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Darlehensnehmer erfasst sein sollten. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber erkennbar die Mühe gemacht, die Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, auf die der Ausschluss nach § 489 Abs. 4 S. 2 BGB anzuwenden sein soll, ausdrücklich aufzuzählen. Diese Aufzählung hat der Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsreform ausdrücklich beibehalten und um die Europäischen Gemeinschaften sowie ausländische Gebietskörperschaften erweitert. Diese enummerative Bestimmung bestimmter juristischer Personen des öffentlichen Rechts spricht dagegen, die Regelungen auf die Beklagte zu erweitern, nur weil diese in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15).

Welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Auswahl der in § 489 Abs. 4 Satz 2 genannten Gebietskörperschaften verfolgt hat, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Nachdem der Gesetzgeber aber gerade darauf verzichtet hat, die Ausnahme des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB auf sämtliche juristische Personen des öffentlichen Rechts zu erstrecken, obwohl dies unschwer möglich gewesen wäre, und diese Entscheidung auch über eine Anpassung der Vorschrift hinweg beibehalten hat, erscheint es ausgeschlossen, die Ausnahme im Wege der Analogie grundsätzlich auch auf andere öffentlich-rechtlich geprägte Erscheinungsformen der öffentlichen Hand erstrecken. Vielmehr ist verbindendes Element der Regelung in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB die Eigenschaft als Gebietskörperschaft, die der Beklagten offensichtlich fehlt. Dies deutet darauf hin, dass sie Ausnahme gerade auf die herkömmlich von Gebietskörperschaften ausgegebenen langläufigen Anleihen beziehen soll, die durch § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht ausgeschlossen werden sollen. Dieser Zweck lässt sich auf die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Bausparkasse gerade nicht übertragen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15).

3. Ein genereller Ausschluss des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich weder aus den Besonderheiten des Bausparvertrags noch aus sonstigen Erwägungen.

a) Da der Bausparvertrag seinem Wesen nach auf die Verschaffung eines zinsgünstigen Darlehens und nicht primär auf eine dauerhafte Geldanlage gerichtet ist, spricht nichts dagegen, der

Bausparkasse zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife ein Kündigungsrecht zuzugestehen (vgl. LG Mainz WM 2015, 181; LG Nürnberg, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15). Schließlich ist der Vertragszweck mit Zuteilungsreife und der Möglichkeit der Erlangung des Bauspardarlehens erreicht und die Nutzung des Bausparvertrags vom Vertragszweck nicht umfasst. Damit steht auch die Aufrechterhaltung dieses Zustands - anders als vom Klägervertreter unter Berufung auf § 242 BGB vorgetragen - einer Kündigung nicht entgegen.

b) Eine Einschränkung auf Grundpfandkredite lässt sich weder dem Wortlaut noch der Gesetzeshistorie entnehmen. So sah die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 a. F. eine solche Differenzierung hinsichtlich grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen vor. Eine solche enthielt die Regelung in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a. F., welche nun entsprechend in § 489 Abs.1 Nr. 2 BGB übernommen wurde, nicht.

c) Schließlich können die Kläger auch nicht Verwirkung einwenden.

Da das Kündigungsrecht erst zehn Jahre nach Zuteilungsreife angenommen wird, war die Kündigungsmöglichkeit für die Beklagte erst ab 2014 gegeben. Die Kündigungen wurden mit Schreiben vom 27.10.2014 erklärt. Damit fehlt bereits das einen Vertrauenstatbestand begründende Zeitmoment.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Landgericht München I Prielmayerstraße 7 80335 München

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Gründe

Landgericht Nürnberg-Fürth

Az.: 6 O 1708/15

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 17.08.2015

..., Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

...

Prozessbevollmächtigte: ...

wegen Feststellung

erlässt das Landgericht Nürnberg-Fürth - 6. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht - als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 61.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass zwei zwischen den Parteien geschlossene Bausparverträge nicht durch eine Kündigung der Beklagten beendet worden sind.

Die Beklagte ist eine in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts betriebene Bausparkasse.

Am 30.12.1982 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Nr. ... über eine Bausparsumme in Höhe von 110.000,00 DM (entspricht 56.242,11 €).

Am 29.09.1986 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag ... über eine Bausparsumme in Höhe von 50.000,00 DM (entspricht 25.564,59 €).

Bei beiden Bausparverträgen sollte ein Guthaben des Bausparers mit 3%o p.a. zu verzinsen sein. Für beide Bausparverträge vereinbarten die Parteien die „Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge“ der Beklagten (nachfolgend: ABB). In § 9 ABB ist bestimmt:

Die Bausparkasse kann den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.

Der Kläger erbrachte Einzahlung auf die Bausparverträge längstens bis zum Jahr 2002 (vgl. Anlagenkonvolut B3). Ein Bauspardarlehen beantragte er nicht.

Mit zwei Schreiben vom 27.10.2014 (Anlagen K5 und K6) erklärte die Beklagte jeweils die Kündigung der Bausparverträge zum 29.05.2015.

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung wies der BSV 014 ein Guthaben von ca. 48.000,00 € (vgl. Anlage K3), der BSV 022 ein Guthaben von ca. 12.000,00 € (vgl. Anlage K4) auf.

Beide Bausparverträge waren im Zeitpunkt der Kündigung seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif.

Der Kläger ist der Ansicht, die Kündigungen seien unwirksam, weil die Beklagte wegen eines vertraglichen Kündigungsverzichts und weil die angesparten Guthaben die vereinbarte Bausparsumme jeweils nicht erreichten, nicht zur Kündigung berechtigt gewesen sei.

Der Kündigungsverzicht in § 9 ABB sei wirksam, weil die Beklagte eine Anstalt des öffentlichen Rechts sei, die nach Sinn und Zweck des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB wirksam auf das Kündigungsrecht insbesondere nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verzichten könne.

Dessen ungeachtet liege auch bei Eintritt der Zuteilungsreife noch kein vollständiger Empfang des Darlehens i. S. des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten macht der Kläger eine 1,3-Geschäftsgebühr (nebst Pauschale und USt) aus einem Streitwert in Höhe von 61.000,00 €, mithin 1.954,46 € geltend.

Der Kläger beantragt - nach Klageerweiterung (Schriftsatz vom 20.05.2015, Bl. 25 ff. d. A.) - daher:

1. Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Beklagten im Hinblick auf die Bausparverträge des Klägers Nr. ... und vom 27.10.2014 unwirksam sind und die genannten Verträge über den von der Beklagten gewünschten Beendigungszeitpunkt 29.05.2015 hinaus fortbestehen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Sie meint, die Feststellungsklage sei unzulässig, da Gegenstand der Feststellung nur der Fortbestand des Vertragsverhältnisses, nicht die Unwirksamkeit einer Kündigung sein könne (vgl. BGH NJW 2000, 354, juris Tz. 44 ff.).

Jedenfalls sie sei nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt gewesen, weil diese seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif gewesen seien (vgl. LG Mainz WM 2015, 181). Das Eintreten der Zuteilungsreife sei als vollständiger Empfang des Darlehens i. S. der Vorschrift zu verstehen.

Auf dieses Kündigungsrecht habe auch die Beklagte nicht wirksam verzichtet, da sich der Kündigungsverzicht nur auf das ordentliche Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB beziehe und jedenfalls das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch für die Beklagte zwingenden Charakter habe (§ 489 Abs. 4 Satz 1 BGB). Insbesondere sei § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB auf die Beklagte nicht (analog) anwendbar.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Anlagen und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Der Feststellungsantrag ist zulässig.

Insbesondere hat der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Fortbestands der Bausparverträge i. S. des § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 22.02.2013, Az. 2-21 O 69/12, juris Tz. 16). Dieses Feststellungsziel lässt sich bei einer interessengerechten Auslegung des Feststellungsantrags auch zweifelsfrei ermitteln.

II.

Die Klageanträge sind jedoch unbegründet, da die streitgegenständlichen Bausparverträge jeweils durch die Kündigung der Beklagten nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 29.05.2015 beendet wurden.

1. Die Beklagte war nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt.

a) Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang - oder nach der letzten Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz, falls diese nach dem vollständigen Empfang erfolgte - unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.

b) Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt auch zugunsten des eines Darlehensnehmers, der kein Verbraucher ist, insbesondere auch für Banken und Bausparkassen.

Eine Einschränkung des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift, noch aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Staudinger/Mülbert, BGB [2010], § 488, Rn. 549). Vielmehr ergibt sich aus einem Vergleich von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (nunmehr aufgehoben) und § 489 Abs. 1 Nr. 3 (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2) BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.), dass der Gesetzgeber zwar für das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a. F. die Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers vorausgesetzt hat („wenn das Darlehen einem Verbraucher gewährt und nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist ...“), für das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 a. F. (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) hingegen gerade nicht („in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang“).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Überschrift zu Titel 3 („Darlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher“), unter dem § 489 BGB aufgeführt ist. In dieser Titelüberschrift bezieht sich die Verbrauchereigenschaft nicht auf den erstgenannten Begriff des Darlehensvertrags, sondern auf die weiteren Begriffe Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge. Dementsprechend ist § 489 BGB auch nicht mit den §§ 491 ff. BGB unter der Überschrift zu Kapital 2 („Besondere Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge“) aufgeführt, sondern in Kapitel 1 („Allgemeine Vorschriften“). Auch aus dieser Systematik ergibt sich zwanglos, dass die in § 489 BGB geregelten Kündigungsrechte nicht nur für Verbraucher als Darlehensnehmer gelten sollen.

c) Zutreffender Weise gehen beide Parteien davon aus, dass die Beklagte als Bausparkasse beim Bausparvertrag in der Zeit vor der Gewährung eines Bauspardarlehens als Darlehensnehmer und der Kläger als Bausparer als Darlehensgeber anzusehen ist (vgl. Staudinger/Mülbert a. a. O. Rn. 539 m. w. N.). Insoweit handelt es sich auch um einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz, nachdem die Beklagte verpflichtet sein sollte, das Bausparguthaben fest mit 3%o p.a. zu verzinsen.

d) Mit Zuteilungsreife, die unstreitig spätestens jeweils zehn Jahre vor Erklärung der Kündigung erstmalig eingetreten ist, ist von einem „vollständigen Empfang“ des Darlehens i. S. des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB durch die Beklagte auszugehen (LG Mainz WM 2015, 181, juris Tz. 15; Staudinger/Mülbert a. a. O. Rn. 549).

Dies folgt aus der Struktur des Bausparvertrags, dessen Zweck vorrangig darauf gerichtet ist, dem Bausparer nach der Erbringung ausreichender Sparleistungen den Zugriff auf ein darüber hinausgehendes, zinsgünstiges Darlehen zu ermöglichen (vgl. LG Mainz WM 2015, 181, juris Tz. 12). Dieser Zugriff steht dem Bausparer ab erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife zu. Daher liegt es nahe, die Sparleistungen, die der Bausparer zur Erreichung der Zuteilungsreife erbringen muss, als den vollständigen Gegenstand des Darlehens anzusehen, das der Bausparer der Bausparkasse während der Ansparphase gewährt. Auch wenn der Bausparer nach Erreichen der Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehmen muss und weitere Sparleistungen erbringen kann, ändert dies nichts daran, dass die Bausparkasse das (mit Abschluss des Bausparvertrags ins Auge gefasste, zur planmäßigen Erreichung der Zuteilungsreife notwendige) Darlehen des Bausparers mit Zuteilungsreife erhalten hat, weshalb von einem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta auszugehen ist. Dies führt gleichermaßen dazu, dass ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB während der Ansparphase nicht entstehen kann und es daher ausgeschlossen ist, dass die Bausparkasse durch eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB das Recht des Bausparers zur Erlangung des Bauspardarlehens vereitelt.

e) Die Beklagte hat die Kündigung der Verträge unstreitig mit den beiden Schreiben vom 27.10.2014 gegenüber dem Kläger erklärt. Die Kündigungsfrist von 6 Monaten (zum 29.05.2015) ist eingehalten.

2. Ein genereller Ausschluss des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich weder aus den Besonderheiten des Bausparvertrags noch aus sonstigen Erwägungen.

a) Da der Bausparvertrag seinem Wesen nach auf die Verschaffung eines zinsgünstigen Darlehens und nicht primär auf eine dauerhafte Geldanlage gerichtet ist, spricht nichts dagegen, der Bausparkasse zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife ein Kündigungsrecht zuzugestehen (vgl. LG Mainz WM 2015, 181, juris Tz. 12 ff.).

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Scala-Rechtsprechung des LG Ulm (vgl. WM 2015, 826). In den dort betroffenen Fällen war nach der Konstruktion der Scala-Sparverträge im Zeitpunkt der jeweiligen Kündigung gerade noch nicht von einem vollständigen Empfang des Darlehens auszugehen, weshalb ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht bestehen konnte (vgl. a. a. O. juris Tz. 125).

3. Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB war auch nicht vertraglich ausgeschlossen.

a) Dabei kann dahinstehen, ob sich die Bestimmung in § 9 ABB auch auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beziehen soll.

b) Denn ein vertraglicher Ausschluss des Kündigungsrechts wäre unwirksam.

aa) Nach § 489 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 BGB kann das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 nur dann durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden, wenn der Darlehensnehmer der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, ein Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften ist.

bb) Die Beklagte ist zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts eine juristische Person des öffentlichen Rechts, jedoch keine der in § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB genannten Gebietskörperschaften.

cc) Auch eine analog Anwendung des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB auf die Beklagte ist nicht geboten (vgl. Staudinger/Mülbert a. a. O. § 489 Rn. 74; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., §489 Rn. 13; BeckOK-BGB/Rohe [Stand: 01.05.2015], § 489 Rn. 19; a.A. wohl MüKoBGB/K. P. Berger, 6. Aufl., §489 Rn. 21).

Nach dem Wortlaut und der systematischen Fassung des Gesetzes spricht nichts dafür, dass in § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB generell juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Darlehensnehmer erfasst sein sollten. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber erkennbar die Mühe gemacht, die Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, auf die der Ausschluss nach § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB anzuwenden sein soll, ausdrücklich aufzuzählen. Diese Aufzählung hat der Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsreform ausdrücklich beibehalten und um die Europäischen Gemeinschaften sowie ausländische Gebietskörperschaften erweitert. Diese enummerative Bestimmung bestimmter juristischer Personen des öffentlichen Rechts spricht dagegen, die Regelungen auf die Beklagte zu erweitern, nur weil diese in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird.

Welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Auswahl der in § 489 Abs. 4 Satz 2 genannten Gebietskörperschaften verfolgt hat, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Nachdem der Gesetzgeber aber gerade darauf verzichtet hat, die Ausnahme des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB auf sämtliche juristische Personen des öffentlichen Rechts zu erstrecken, obwohl dies unschwer möglich gewesen wäre, und diese Entscheidung auch über eine Anpassung der Vorschrift hinweg beibehalten hat, erscheint es ausgeschlossen, die Ausnahme im Wege der Analogie grundsätzlich auch auf andere öffentlich-rechtlich geprägte Erscheinungsformen der öffentlichen Hand erstrecken (so aber wohl MüKoBGB/K. P. Berger a. a. O.). Vielmehr ist verbindendes Element der in § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB die Eigenschaft als Gebietskörperschaft, die der Beklagten offensichtlich fehlt. Dies deutet darauf hin, dass sie Ausnahme gerade auf die herkömmlich von Gebietskörperschaften ausgegebenen längläufigen Anleihen beziehen soll, die durch § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht ausgeschlossen werden sollen. Dieser Zweck lässt sich auf die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Bausparkasse gerade nicht übertragen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth Fürther Str. 110 90429 Nürnberg einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen die Festsetzung des Streitwerts in der Entscheidung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12.03.2015, Az 12 O 502/14, wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, die der Senat sich zu Eigen macht, den Streitwert festgesetzt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Landgericht hat zutreffend den Streitwert auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt, ohne dabei den Wert des bezifferten Antrags zu übergehen. Dieser übersteigt einschließlich der vom Landgericht errechneten Zinsen nicht den festgesetzten Wert.
Das Landgericht hat zu Recht das Interesse nach dem Interesse des Klägers an dem Erhalt der Verzinsung bewertet und nicht nach dem Wert des Bausparguthabens. Gem. § 48 Abs. 1, § 3 ZPO ist der Wert des Verfahrens nach freiem Ermessen zu schätzen, wobei es maßgeblich auf das Interesse des Klägers ankommt. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es ihm nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung an (vgl. für den umgekehrten Fall des Darlehenswiderrufs: OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. April 2015 - 6 W 25/15; Senat, Beschluss vom 28.1.2015 - 9 U 119/14).
Im Rahmen der Feststellungsklage kann der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07 -, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 9 Rn. 2). Es liegen auch im Hinblick auf die Bonuszinsregelung wirtschaftlich gleichbleibende Raten vor. Zwar erfordert die Zahlung des Bonuszinses eine Erklärung des Bausparers. Diese hat gem. § 6 Abs. 1 UAbs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge eine rückwirkende Berechnung ab Vertragsbeginn zur Folge und steht somit einem erhöhten Zinssatz gleich.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, § 68 Abs. 3 GKG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.10.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 hinaus fortbesteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.947,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein mit der Beklagten bestehender Bausparvertrag nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 (Bl. 35 d.A.) beendet wurde sondern fortbesteht.
Mit Antrag vom 09.05.1988 begehrte der Kläger den Abschluss eines Bausparvertrages nach Tarif (ABB) 7 (K1/Bl. 12 d.A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und bestätigte das Bestehen eines Bausparvertrages mit der Vertragsnummer 28 076 8340, Tarif 7 mit Vertragsbeginn 19.05.1988 und einer Bausparsumme von 50.000 DM (K2/Bl. 14 d.A.).
In der Folge (17.02.1993, Bl. 15/K3) wurde der Bausparvertrag in zwei Teilverträge aufgeteilt mit den Bausparsummen 40.000 DM und 10.000 DM. Der Bausparvertrag über die Summe von 10.000 DM (Vertragsnummer 41 047 9923) wurde zum 01.07.1993 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Dem Bausparvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB 7) für Abschlüsse bis 31.12.1988 zu Grunde (Anlage K15/Bl. 17-29 d.A.). Darin finden sich u.a. folgende Bedingungen:
§1 Abs. 1
Der Abschluss des Bausparvertrages dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser allgemeinen Bedingungen.
§ 2 Abs. 3
Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt.....
§ 5 Abs. 1
Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag), er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zum 1. jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
§ 6 Abs. 1
Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens erhöht sich um einen Zinsbonus von 80 vom Hundert der Guthabenzinsen.
§ 6 Abs. 2
Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem auf den Zahlungseingang folgenden Monatsersten. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung.
10 
§ 12 Abs. 1
Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
§ 14 Abs. 1
Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
12 
Mit einem Schreiben ohne Datum teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Bausparvertrag - 28 076 8340 - am 01.07.2002 zugeteilt werde (K6/Bl. 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15.07.2013 (Anlage K7/Bl. 33 d.A.) erklärte die Beklagte u.a. „selbstverständlich können Sie Ihren Bausparvertrag auch bestehen lassen, jedoch weisen wir Sie darauf hin, dass sich mit jeder weiteren Einzahlung Ihr Darlehensanspruch verringert“.
13 
Das Bausparguthaben belief sich, Stand 31.12.2014, auf 15.457,78 EUR (K8/Bl. 34 d.A.).
14 
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (K9/Bl. 35 d.A.) kündigte die Beklagte unter Hinweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Bausparvertrag zum 24.07.2015.
15 
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da Bausparverträge im Sinn des Bausparkassengesetzes keine Darlehen im Sinn des § 488 BGB seien.
16 
Im Übrigen sei diese Norm schuldnerschützend, als Ausgleich zum Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers. Dieses Zinsbestimmungsrecht obliege vorliegend aber der Beklagten und nicht dem Kläger.
17 
Überdies sei ein eventuelles Kündigungsrecht verwirkt, da die Beklagte von der Zuteilung im Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 mit der Kündigung abgewartet habe.
18 
Schließlich habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2013 auch erklärt, der Kläger könne seinen Bausparvertrag selbstverständlich bestehen lassen. Mit der jetzigen Kündigung verhalte sich die Beklagte treuwidrig im Hinblick auf die zuvor übersandte Äußerung.
19 
Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.
20 
Überdies gebiete § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Bausparkassengesetzes, dass die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten müssten, über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden könne.
21 
Die ABB hätten gegenüber den gesetzlichen Regelungen Vorrang. Für den vorliegenden Fall sei in den ABB keine Bestimmung enthalten.
22 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
23 
1. Es ist festzustellen, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 fortbesteht;
24 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 564,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
26 
Sie stellt darauf ab, dass Vertragszweck des Bausparvertrages die Erlangung eines Bauspardarlehens sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die dauerhaft zinsgünstige Anlage von Geld. Der Bausparvertrag sei ein einheitlicher Darlehensvertrag mit vertauschten Rollen nach Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Während der Ansparphase sei die Beklagte Darlehensnehmerin. Der Bausparvertrag sei ein normaler Darlehensvertrag und unterliege den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei daher auch für die Beklagte anwendbar, da er nicht nur beschränkt sei auf Verbraucher. Der Schutzgedanke dieser Vorschrift, den Darlehensnehmer nicht an Zinsen zu binden, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprechen, gelte auch und gerade für Kreditinstitute, was sich der Gesetzesbegründung zu § 609a BGB - alte Fassung - entnehmen lasse. Soweit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den „vollständigen Empfang“ des Darlehens voraussetze, sei aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages davon auszugehen, dass mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bausparvertrages die Bausparkasse das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen habe.
27 
Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und die darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
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Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
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Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
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Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
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Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
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Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
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Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
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Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
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Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
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Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
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Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
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Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
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Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
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Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
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Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
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Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
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„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
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Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
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Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
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Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
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Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
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Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
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In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
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Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
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Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
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Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
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Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
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Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
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Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
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Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
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Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
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Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
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Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
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Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
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Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
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In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
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Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
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Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
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Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
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Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
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Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
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Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
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Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
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Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
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Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
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Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
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Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
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In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
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Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
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Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
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Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
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Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
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Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

1
I. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von 20.000 € nicht erreicht wird. Der Streitwert einer Feststellungsklage auf Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz richtet sich nach dem Betrag , auf dessen Leistung der Versicherungsnehmer in Anspruch genommen wird abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20%. Dabei ist als Ausgangsbetrag jedoch nur der mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 1 geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 22.619,70 € zugrunde zu legen, weil sich der mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 2 geltend gemachte Betrag von 4.138,40 € für entgangenen Gewinn als ei- ne Nebenforderung der ursprünglich eingeklagten Hauptforderung auf Rückzahlung des investierten Kapitals darstellt, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Streitwert nicht erhöht, wenn - wie hier - der Gewinn als gleichbleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe (Zinsen) geltend gemacht wird. Er ist dann bei der Bemessung der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2014 - II ZR 61/14, juris Rn. 1; vom 13. Mai 2014 - II ZR 24/14, juris Rn. 1; vom 18. Februar 2014 - II ZR 191/12, juris Rn. 5 f.; vom 18. Dezember 2013 - III ZR 65/13, juris Rn. 2; vom 27. November 2013 - III ZR 423/12, juris Rn. 1; vom 27. Juni 2013 - III ZR 143/12, VersR 2014, 855 Rn. 6 f.; vom 15. Januar 2013 - XI ZR 370/11, juris; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 261/10, ZIP 2012, 1579 Rn. 14; a.A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. Juni 2010 - 1 W 30/10, juris Rn. 7; Zöller/Herget, ZPO 30. Aufl. § 4 Rn. 8).
1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO unzulässig. Das Berufungsgericht hat den Wert für die Berufung der Kläger, auf die hin die Beklagten verurteilt worden sind, auf bis zu 19.000 € festgesetzt. Die vom Senat vorzunehmende eigene Überprüfung der Richtigkeit dieser Festsetzung hat ergeben, dass der Wert der Verurteilung, welche die Beklagten angreifen wollen, den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt. Die Kläger haben in ihrer Berufungsschrift angegeben, die zusätzliche Steuerbelastung werde etwa 25.000 € betragen. Weil es sich nicht um eine Zahlungs-, sondern um eine Feststellungsklage handelt, ist von diesem Betrag eine Pauschale von 20 v.H.
4
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats richten sich Streitwert und Beschwer von Klagen, mit denen der Versicherte Rentenzahlungen begehrt, die von einer sich nach der Berechnung des Versicherers tatsächlich ergebenden Rente abweichen, nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag (§§ 3, 9 Satz 1 ZPO) der Differenz (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2012 - IV ZR 161/10, juris Rn. 7; vom 30. November 2011 - IV ZR 167/10, juris Rn. 4; vom 10. März 2010 - IV ZR 333/07, juris Rn. 17; jeweils zur Berechnung von Zusatzrenten einer Zusatzversorgungskasse ). Ist die Klage eines Versicherten - wie hier bezüglich des Antrags zu 2 der Fall - nicht auf Leistung, sondern auf Feststellung gerichtet, dass der beklagte Versicherer bei Errechnung der Rente bestimmte Vorgaben zu beachten habe, nimmt der Senat bei der Wertberechnung mit Blick auf die fehlende Vollstreckbarkeit eines Feststellungsausspruchs einen Abschlag von 20% vor (vgl. Senatsbeschlüs- se vom 25. Oktober 2012 aaO; vom 30. November 2011 aaO Rn. 9 m.w.N.).
3
1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, WM 2015, 1669 Rn. 3 mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (§ 4 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2001 - IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571, 1572). Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenenEntscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden. Ist Rechtsmittelkläger der Beklagte, bestimmt sich sein Interesse an der Beseitigung der Verurteilung (materielle Beschwer). Dieses Interesse stimmt mit dem Interesse des Klägers an der Verurteilung bzw. dessen formeller Beschwer nicht notwendig überein (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, MDR 2014, 461 Rn. 6). Allerdings bildet das Klägerinteresse die Obergrenze für die Beschwer des Beklagten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. September 1990 - VIII ZR 117/90, WM 1990, 2058, 2059 und vom 3. November 2005 - IX ZR 94/04, juris Rn. 8).