Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2017 - XI ZR 169/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
am 21. Februar 2017
beschlossen:
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.914,46 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.
- 2
- 1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, BGHZ 206, 276 Rn. 3 und vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 3, jeweils mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es vorliegend gemäß § 4 ZPO auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16). Maßgebend ist das Interesse des Beschwerdeführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht eigenständig zu befinden, ohne an die Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen oder die Angaben der Parteien gebunden zu sein (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, aaO; BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2014 - V ZR 314/13, juris Rn. 4 und vom 15. Juli 2014 - VI ZR 145/14, juris Rn. 3).
- 3
- 2. Das Interesse eines Bausparers an der Feststellung des Fortbestandes eines Bausparvertrages, dessen Kündigung von Seiten der Bausparkasse nach mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife erklärt worden ist, ist - was der Senat mit Beschluss vom 21. Februar 2017 (XI ZR 88/16) entschieden und im Einzelnen begründet hat - gemäß §§ 3, 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Bausparguthabens zu bemessen. Denn für die Wertfestsetzung gemäß § 3 ZPO ist das objektiv zu ermittelnde wirtschaftliche Interesse des Klägers maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2001 - II ZR 328/00, WM 2001, 1270, 1271 f.; Beschlüsse vom 28. September 2009 - IX ZB 230/07, juris Rn. 3 und vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 405/15, NJW 2016, 714 Rn. 13). Dieses liegt vorliegend im Ausgangspunkt ausschließlich in der Fortsetzung des Bausparvertrags und der fortwährenden Zahlung der vereinbarten Guthabenzinsen.
- 4
- a) Die von der Beklagten gekündigten und zum Zeitpunkt der Kündigung seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreifen Bausparverträge bieten dem Kläger mit der vertraglich vereinbarten Guthabenverzinsung von 4 % p.a. angesichts der seit Längerem währenden Niedrigzinsphase eine im Hinblick auf die Rendite vergleichsweise sichere Geldanlage zu relativ günstigen Konditionen. Die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu dem vereinbarten Zinssatz von 5 % p.a. wäre hingegen für den Kläger wirtschaftlich unvernünftig, weil am all- gemeinen Kapitalmarkt derzeit und auch noch auf unabsehbare Zeit Immobiliardarlehen zu deutlich günstigeren Konditionen gewährt werden. Das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung der Bausparverträge besteht vor diesem Hintergrund allein darin, für seine Bausparguthaben den vereinbarten Guthabenzins zu vereinnahmen, nicht aber ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16). Aufgrund dessen ist - jedenfalls nach der derzeitigen Marktlage - ein wirtschaftliches Interesse des Klägers am Erhalt der Bauspardarlehen nicht zu erkennen, so dass ein solches für die Wertbemessung außer Acht zu lassen ist.
- 5
- b) Bei der Bezifferung des Beschwerdewertes ist gemäß §§ 3, 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Klägers aus den beiden gekündigten Bausparverträgen abzustellen, der sich auf insgesamt 4.893,07 € beläuft, nämlich für den Vertrag mit der Nummer 3416279201 auf 4.467,40 € (4 % p.a. aus 31.909,99 € für dreieinhalb Jahre) und für den Vertrag mit der Nummer 3416279202 auf 425,67 € (4 % p.a. aus 3.040,52 € für dreieinhalb Jahre).Von diesem Betrag ist ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen, weil der Beschwerdeführer keine Leistungsklage, sondern eine positive Feststellungsklage erhoben hat (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16), so dass der Beschwerdewert 3.914,46 € beträgt.
Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 28.09.2015 - 14 O 168/15 -
OLG Celle, Entscheidung vom 14.03.2016 - 3 U 177/15 -
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Annotations
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.
(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.