Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10

bei uns veröffentlicht am25.10.2011
vorgehend
Amtsgericht Münsingen, 2 C 277/09, 20.08.2010
Landgericht Tübingen, 5 T 369/10, 13.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 93/10
vom
25. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Macht die bei einem auswärtigen Gericht klagende Partei Reisekosten eines
Rechtsanwalts geltend, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort
der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten
regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder
Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (Fortführung von
BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8; vom
13. September 2011 - VI ZB 9/10, juris Rn. 9; jeweils mwN).

b) Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder
Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten
(Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02,
NJW 2003, 901 unter II 2 b aa - Auswärtiger Rechtsanwalt I; vom 2. Dezember
2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 unter II 2 - Unterbevollmächtigter III; vom
13. September 2005 - X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662 unter II 2 - Auswärtiger
Rechtsanwalt V; vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 13; vom
16. April 2008 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 19; vom 28. Januar 2010
- III ZB 64/09, JurBüro 2010, 369 unter [III] b; vom 13. September 2011 - VI ZB
9/10, juris Rn. 8). Für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten bedarf es daher
nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden
Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat (Anschluss
an BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZB 93/10 - LG Tübingen
AG Münsingen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 13. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 245,97 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien schlossen Anfang des Jahres 2006 einen (Finanzierungs-) Leasingvertrag über ein EC-Karten-Zahlungsterminal. Da der Beklagte ab April 2008 die monatlichen Leasingraten nicht mehr zahlte, erklärte die Klägerin am 1. Juli 2008 unter Berufung auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen die fristlose Kündigung des Leasingvertrages und forderte den Beklagten erfolglos zur Zahlung der Leasingraten für April bis Juni 2008 sowie zur Zahlung von Schadensersatz für die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages auf. Am 27. Oktober 2008 erwirkte die Klägerin einen Mahnbescheid über diese Forde- rungen, gegen den der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch erhob.
2
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2009 teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten der Klägerin mit, er habe den Vertrag inzwischen geprüft und festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin "vom Grunde her berechtigt" sei; nach Mitteilung der endgültigen Forderung unter Berücksichtigung des Verwertungserlöses werde er dem Beklagten empfehlen, die Forderung zu begleichen und den Widerspruch gegen den Mahnbescheid in dieser Höhe zurückzunehmen.
3
Da beides nicht erfolgte, hat die anwaltlich vertretene Klägerin die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt und ihren Anspruch begründet. Der Beklagtenvertreter hat daraufhin Verteidigungsbereitschaft angezeigt und sich gegen die Höhe der geltend gemachten Mahn- und Bankrücklastschriftkosten gewandt, von der Ankündigung eines Sachantrags aber zunächst mit der Begründung abgesehen, der Beklagte habe seinen Kraftfahrzeughandel aufgegeben und sei völlig mittellos, so dass - wie schon außergerichtlich - vorgeschla- gen werde, im Wege eines Vergleichs 300 € zur Erledigung aller streitgegen- ständlichen Ansprüche zu zahlen. Die Klägerin hat dieses Vergleichsangebot nicht angenommen. Daraufhin hat sich der Beklagtenvertreter schriftsätzlich gegen die Klageforderung gewandt und hierzu ausgeführt, der Leasingvertrag sei wegen Wuchers gemäß § 138 BGB nichtig, hilfsweise werde der von der Klägerin bei der Verwertung des Leasingobjekts erzielte Erlös als zu niedrig beanstandet.
4
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 8. April 2010 hat der Beklagte den gegen ihn geltend gemachten Anspruch anerkannt und ist daraufhin seinem Anerkenntnis gemäß - kostenpflichtig - verurteilt worden.
5
Hierauf gestützt hat die Klägerin Kostenfestsetzung beantragt und hierbei unter anderem die Festsetzung der Reisekosten des Klägervertreters für die Fahrt von dessen Kanzlei zum Gerichtsort begehrt (Fahrtkosten in Höhe von 252 € für insgesamt 842 km und Abwesenheitsgeld in Höhe von 60 €). Der Be- klagte ist (nur) der Festsetzung der Reisekosten entgegengetreten.
6
Das Amtsgericht hat die vom Beklagten zu erstattenden Kosten der Klägerin auf 298,88 € festgesetzt. Dabei hat es an Stelle der geltend gemachten Kosten für die Reise des Klägervertreters zum Gerichtsort die Kosten angesetzt , die bei der Beauftragung eines Unterbevollmächtigten mit Sitz am Gerichtsort angefallen wären.
7
Die von der Klägerin hiergegen mit dem Ziel der antragsgemäßen Festsetzung der Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr über den angefochtenen Beschluss hinausgehendes Kostenfestsetzungsbegehren weiter.

II.

8
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO) hat Erfolg.
9
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht seien statt der mit dem Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachten Reisekosten nur die Kosten eines fiktiven Unterbevollmächtigten anzusetzen. Für die Klägerin habe bei der hier gegebenen Sachlage trotz der dauernden Zusammenarbeit mit ihrem Rechtsanwalt keine Veranlassung bestanden, diesen mit der Wahrneh- mung des Güte- und Verhandlungstermins zu beauftragen und hierdurch Reisekosten zu verursachen, die nahezu ein Drittel der Hauptforderung ausmachten. Diese Kosten seien nicht notwendig gewesen, da die Klägerin die Wahrnehmung des Verhandlungstermins ohne jeden Verzicht auf die wirksame und sachgerechte Vertretung ihrer Ansprüche auf einen billigeren Unterbevollmächtigten hätte übertragen können.
10
2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
a) Reisekosten eines Rechtsanwalts, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (st. Rspr.; z.B. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13 mwN - Auswärtiger Rechtsanwalt VI). Dies führt hier jedoch schon deshalb nicht zu einer Einschränkung der Erstattungsfähigkeit der beantragten Reisekosten, weil die Entfernung von der Kanzlei des Klägervertreters zum Gerichtsort unstreitig geringer ist als diejenige vom Geschäftsort der Klägerin zum Gerichtsort und die Klägerin daher im Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten angemeldet hat, als sie bei einem am Geschäftsort der Klägerin ansässigen Rechtsanwalt angefallen wären (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 unter II 2 b (1) und (2); vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, NJW-RR 2008, 1378 Rn. 5 f.; vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, juris Rn. 9).
12
b) Die Erstattungsfähigkeit der hier geltend gemachten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist mithin entsprechend dem nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, WM 2003, 1617 unter [B] II 2 b bb; BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, aaO unter II 2 a; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 unter II 3 a - Unterbevollmächtigter III; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 7; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, JurBüro 2010, 369 unter [III] a mwN) geltenden Grundsatz zu beurteilen, dass sich die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt. Ein tragender Grund für diese Annahme einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch zwischen der Partei und dem Rechtsanwalt erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 103, 1, 16) im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
13
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (BGH, Be- schlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901 unter II 2 b aa - Auswärtiger Rechtsanwalt I; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04, aaO unter II 2; vom 13. September 2005 - X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662 unter II 2 - Auswärtiger Rechtsanwalt V; vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 13; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, aaO Rn. 19; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO unter [III] b; vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, aaO Rn. 8). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der - hier vom Beschwerdegericht allerdings getroffenen - Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
14
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann jedoch dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04, NJW-RR 2005, 707 unter II 2; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, aaO Rn. 8; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO mwN).
15
So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Die Klägerin verfügt unstreitig nicht über eine Rechtsabteilung. Auch stellte sich der Fall vor der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) so dar, dass zu erwarten gewesen wäre, der Beklagte werde gegenüber der Klage keine Einwendungen erheben. Mag der Fall sich auch anfänglich so dargestellt haben, dass von einer Versicherung des Beklagten , gegenüber der Klage keine Einwendungen zu erheben, ausgegangen werden konnte, so trat durch den Inhalt des letzten Schriftsatzes des Beklagtenvertreters eine wesentliche Änderung der Sachlage ein. Denn der Beklagte wandte sich nun nicht nur - wie zuvor - gegen einen Teil der Nebenforderungen, sondern stellte zudem die Hauptforderung vollumfänglich in Abrede. Bei dieser Sachlage ist kein Raum für die Annahme des Beschwerdegerichts, die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin stelle keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar.
16
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO [III] unter d mwN). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO unter [B] II 2 b bb (1); BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungs- termins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
17
Dass im vorliegenden Fall, wie das Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt hat, die von der Klägerin im Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachten Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten nahezu ein Drittel der Hauptforderung ausmachen, ändert hieran nichts. Denn selbst dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit grundsätzlich keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, aaO Rn. 10; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO). Das Gesetz schützt die Parteien auch sonst nicht davor, dass sich ihr im Falle eines Rechtsstreits bestehendes Kostenrisiko durch in der Sphäre des Gegners liegende Umstände wie etwa durch eine von ihm vorgenommene Abtretung des streitigen Anspruchs oder durch eine Verlegung seines Wohn- oder Geschäftssitzes erhöht (Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, aaO Rn. 11; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, aaO Rn. 16).

III.

18
Das Beschwerdegericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Wahrnehmung des Termins bei dem Amtsgericht Münsingen entstandenen Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststel- lungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 599 ZPO). Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 3 ZPO), damit die erforderlichen Feststellungen zur Höhe der über den Betrag von 298,88 € hinaus festzusetzenden Kosten getroffen werden können. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Münsingen, Entscheidung vom 20.08.2010 - 2 C 277/09 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 13.12.2010 - 5 T 369/10 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Zivilprozessordnung - ZPO | § 599 Vorbehaltsurteil


(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. (2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2011 - VI ZB 9/10

bei uns veröffentlicht am 13.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 9/10 vom 13. September 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Macht die bei einem auswärtigen Gericht verklagte Partei Reisekosten

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2007 - I ZB 42/06

bei uns veröffentlicht am 23.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 42/06 vom 23. Januar 2007 in der Rechtsbeschwerdesache Berichtigung des Leitsatzes Das Stichwort des Leitsatzes zum Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06 - wird dahingehend berichtigt, dass es richtig "Auswärtige

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2010 - III ZB 64/09

bei uns veröffentlicht am 28.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 64/09 vom 28. Januar 2010 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink beschlossen

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2005 - X ZB 30/04

bei uns veröffentlicht am 13.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 30/04 vom 13. September 2005 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren BGHR: ja BGHZ: nein Nachschlagewerk: ja Auswärtiger Rechtsanwalt V ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Die erstattungsfähigen Reisekosten des nicht am Ge

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2002 - I ZB 29/02

bei uns veröffentlicht am 12.12.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 12. Dezember 2002 I ZB 29/02 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit ihr

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2004 - VII ZB 27/03

bei uns veröffentlicht am 11.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 27/03 vom 11. März 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Die Reisekosten eines beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und weder am Gerichtsort noch am Geschä

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2011 - VIII ZB 102/08

bei uns veröffentlicht am 07.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 102/08 vom 7. Juni 2011 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2011 durch den Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowi

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2004 - I ZB 4/04

bei uns veröffentlicht am 02.12.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 4/04 vom 2. Dezember 2004 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Unterbevollmächtigter III ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Zur Frage, ob es für ein Unternehmen, das keine Rechtsa

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2004 - VI ZB 37/04

bei uns veröffentlicht am 14.09.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 37/04 vom 14. September 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Beauftragt eine vor einem auswärtigen Gericht klagende Partei einen in der Nähe ihre

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05

bei uns veröffentlicht am 28.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 44/05 vom 28. Juni 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ ZPO §§ 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Überlässt ein bundesweit tätiger Versicherer nach endgültige
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - VIII ZB 93/10.

Oberlandesgericht München Beschluss, 10. Dez. 2015 - 11 W 2293/15

bei uns veröffentlicht am 10.12.2015

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Festsetzungsbeschluss vom 14.10.2015 aufgehoben; es verbleibt bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.08.2015. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2018 - VIII ZB 37/18

bei uns veröffentlicht am 04.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 37/18 vom 4. Dezember 2018 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Eine Partei, die einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt beauft

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 04. Juli 2017 - 9 KSt 4/17, 9 KSt 4/17 (9 A 33/15)

bei uns veröffentlicht am 04.07.2017

Gründe 1 Die Erinnerung der Beigeladenen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig (§ 151 i.V.m. § 165 Satz 2 VwGO) und überwiegend begründet.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Sept. 2016 - 6 W 47/16

bei uns veröffentlicht am 26.09.2016

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 28. April 2016 geändert: Die nach dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 27. Januar 2016 von dem Bek

Referenzen

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

8
Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO umfassen die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten auch die Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts zugelassen ist und am Ort der Prozesspartei auch nicht wohnt, nur insoweit, als die Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Macht die obsiegende Partei Reisekosten eines Rechtsanwalts geltend, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (st. Rspr.; z.B. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13 mwN).
13
b) Im Grundsatz ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts , dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnoder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, NJW-RR 2004, 855, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt III; Beschl. v. 11.3.2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rdn. 17; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Reisekosten des Anwalts", m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 27/03
vom
11. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Reisekosten eines beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und weder am Gerichtsort
noch am Geschäfts- oder Wohnort der Prozeßpartei ansässigen Prozeßbevollmächtigten
zur Terminswahrnehmung sind jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie
sich im Rahmen der erstattungsfähigen Reisekosten halten, die angefallen wären,
wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem
Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte.
BGH, Beschluß vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - OLG München
LG München I
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 506,04 €

Gründe:

I.

Die Beklagte hat unter anderem die jetzt noch streitigen Reisekosten ihrer Prozeßbevollmächtigten zu zwei Terminen vor dem Landgericht München I zur Kostenfestsetzung angemeldet. Die Klage ist gegen die Beklagte unter einer Anschrift in S. gerichtet; dort hat die Beklagte nach ihrem Vortrag eine Betriebsstätte. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sind in B. ansässig.
Das Landgericht hat die Festsetzung dieser Kosten abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, Reisekosten auswärtiger, am Gerichtsort weder zugelassener noch ansässiger Prozeßbevollmächtigter seien grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die Prozeßbevollmächtigten ihre Kanzlei nicht in der Nähe der Partei hätten. Davon sei hier auszugehen, weil die Beklagte in größerer Entfernung von dem Kanzleisitz der Prozeßbevollmächtigten ansässig sei. In Betracht komme dann nur ein Anspruch auf Erstattung der Kosten einer fiktiven Informationsreise, sofern eine persönliche Information erforderlich gewesen sei. Das sei nicht anzunehmen. 2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Die unterlegene Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dementsprechend sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines Prozeßbevollmächtigten , der weder bei dem Prozeßgericht zugelassen noch am Gerichtsort ansässig ist, insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz ZPO). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemißt sich danach , was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich anse-
hen durfte (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl. § 91 Rdn. 12; MünchKomm-Belz, ZPO, 2. Aufl., § 91 Rdn. 17). Eine nicht am Gerichtsort ansässige Partei ist in diesem Rahmen kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts mit ihrer Prozeßvertretung zu beauftragen. Vielmehr kann sie grundsätzlich die Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozeßgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort auch nicht ansässig ist. Das hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden für den Fall, daß die Partei einen in ihrer Nähe ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hat (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 900; BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - EBE/BGH 2004, 11). Ein tragender Grund hierfür ist zunächst die Annahme, daß ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Damit hat es nicht sein Bewenden. Ebenso gewichtig ist, daß eine Partei ein berechtigtes Interesse haben kann, sich durch den Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Dieser weitere Gesichtspunkt ist ein entscheidender Grund gewesen für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43 und 53). Das Bundesverfassungsgericht hat seinerseits im Streit um die Singular- oder Simultanzulassung von Rechtsanwälten das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, das auf Aktenkenntnis im konkreten Fall oder auch auf langjähriger Beratung und erfolgreicher begleitender Zusammenarbeit gründen könne, als einen rechtlich anzuerkennenden Vorteil aus der Sicht des Mandanten gewürdigt (BVerfG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 BvR 335/97 - BVerfGE 103, 1, 16). Nichts anderes kann bei der Entscheidung gelten, inwieweit die Kosten des beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und am Gerichtsort nicht ansässigen Prozeßbevollmächtigten zu erstatten sind.
Hier ist ebenso wie dem Bedarf an persönlichem Kontakt auch dem Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und dem von ihr ausgewählten Rechtsanwalt Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen ist im übrigen, daß einem Zivilprozeß in vielen Fällen vorgerichtliche Auseinandersetzungen vorausgehen. Auch von einer kostenbewußten Partei kann selbst im Interesse der erstattungspflichtigen Gegenpartei nicht erwartet werden, auf den mit der Sache bereits vertrauten Rechtsanwalt zu verzichten und einen neuen Prozeßbevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen sind die den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten entstandenen Reisekosten in die Kostenfestsetzung einzubeziehen (zu einem vergleichbaren Sachverhalt siehe auch BGH, Beschluß vom 18. Dezember 2003 – I ZB 21/03, zur Veröffentlichung bestimmt). (1) Die Beklagte war kostenrechtlich nicht darauf beschränkt, in M. ansässige Prozeßbevollmächtigte zu beauftragen. Wie bereits das Landgericht zutreffend erkannt hat, hätte sie ohne kostenrechtliche Nachteile auch Rechtsanwälte aus S. auswählen können. Dann stand es der Beklagten erst recht frei, die in B. ansässigen Rechtsanwälte ihrer Wahl zu beauftragen. Deren Reisekosten nach M. mußten von vornherein geringer ausfallen als diejenigen von Kollegen aus dem viel weiter entfernten Ort, in welchem die Beklagte ansässig ist. Ob direkte mündliche Gespräche zwischen der Beklagten und ihren Prozeßbevollmächtigten stattgefunden haben, ist nicht entscheidend. Die Erstattung der Kosten von Prozeßbevollmächtigten, die in der Nähe der Partei ansässig sind, rechtfertigt sich aus der Annahme, daß in der Regel ein persönliches mündliches Gespräch gesucht wird und erforderlich ist. Die Erstattung der von
der Beklagten geltend gemachten Reisekosten ihrer Prozeßbevollmächtigten wiederum rechtfertigt sich daraus, daß aus der Entfernung zum Gerichtsort nur geringere Kosten entstehen konnten, als es bei Rechtsanwälten aus S. der Fall gewesen wäre. (2) Nicht begründet ist die Befürchtung des Beschwerdegerichts, am Ende könne eine Prozeßpartei jeden beliebigen Rechtsanwalt in der Bundesrepublik Deutschland mit nicht mehr hinnehmbaren Kostenfolgen auswählen. Die unterlegene Partei muß die Kosten tragen, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnort einer Prozeßpartei andererseits entstehen. Dementsprechend sind die Reisekosten eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte. Ob ausnahmsweise auch darüber hinausgehende Kosten aus der Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten zu erstatten sein können, kann offenbleiben. Die Beklagte hat mit Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten angemeldet als sie bei Prozeßbevollmächtigten aus S. angefallen wären. Reisekosten speziell aufgrund der Entfernung zwischen ihrer Betriebsstätte und dem Kanzleisitz ihrer Prozeßbevollmächtigten schließlich hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

III.

Das Beschwerdegericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen zur Höhe der entstandenen Reisekosten einschließlich der Abwesenheitsgelder getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V. mit § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die nötigen Feststellungen nachholen kann. Dressler Hausmann Bauner Kniffka Wiebel
9
b) Der Erstattung der Reisekosten steht nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht an ihrem Wohnort niedergelassen ist. Macht die obsiegende Partei Reisekosten eines Rechtsanwalts geltend, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten zwar regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, aaO; vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13; vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8). Auch nach diesem Grundsatz sind aber die zugesprochenen Reisekosten zu erstatten, weil der Sitz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin näher zu den Dresdner Prozessgerichten gelegen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 27/03
vom
11. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Reisekosten eines beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und weder am Gerichtsort
noch am Geschäfts- oder Wohnort der Prozeßpartei ansässigen Prozeßbevollmächtigten
zur Terminswahrnehmung sind jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie
sich im Rahmen der erstattungsfähigen Reisekosten halten, die angefallen wären,
wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem
Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte.
BGH, Beschluß vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - OLG München
LG München I
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 506,04 €

Gründe:

I.

Die Beklagte hat unter anderem die jetzt noch streitigen Reisekosten ihrer Prozeßbevollmächtigten zu zwei Terminen vor dem Landgericht München I zur Kostenfestsetzung angemeldet. Die Klage ist gegen die Beklagte unter einer Anschrift in S. gerichtet; dort hat die Beklagte nach ihrem Vortrag eine Betriebsstätte. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sind in B. ansässig.
Das Landgericht hat die Festsetzung dieser Kosten abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, Reisekosten auswärtiger, am Gerichtsort weder zugelassener noch ansässiger Prozeßbevollmächtigter seien grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die Prozeßbevollmächtigten ihre Kanzlei nicht in der Nähe der Partei hätten. Davon sei hier auszugehen, weil die Beklagte in größerer Entfernung von dem Kanzleisitz der Prozeßbevollmächtigten ansässig sei. In Betracht komme dann nur ein Anspruch auf Erstattung der Kosten einer fiktiven Informationsreise, sofern eine persönliche Information erforderlich gewesen sei. Das sei nicht anzunehmen. 2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Die unterlegene Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dementsprechend sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines Prozeßbevollmächtigten , der weder bei dem Prozeßgericht zugelassen noch am Gerichtsort ansässig ist, insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz ZPO). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemißt sich danach , was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich anse-
hen durfte (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl. § 91 Rdn. 12; MünchKomm-Belz, ZPO, 2. Aufl., § 91 Rdn. 17). Eine nicht am Gerichtsort ansässige Partei ist in diesem Rahmen kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts mit ihrer Prozeßvertretung zu beauftragen. Vielmehr kann sie grundsätzlich die Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozeßgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort auch nicht ansässig ist. Das hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden für den Fall, daß die Partei einen in ihrer Nähe ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hat (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 900; BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - EBE/BGH 2004, 11). Ein tragender Grund hierfür ist zunächst die Annahme, daß ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Damit hat es nicht sein Bewenden. Ebenso gewichtig ist, daß eine Partei ein berechtigtes Interesse haben kann, sich durch den Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Dieser weitere Gesichtspunkt ist ein entscheidender Grund gewesen für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43 und 53). Das Bundesverfassungsgericht hat seinerseits im Streit um die Singular- oder Simultanzulassung von Rechtsanwälten das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, das auf Aktenkenntnis im konkreten Fall oder auch auf langjähriger Beratung und erfolgreicher begleitender Zusammenarbeit gründen könne, als einen rechtlich anzuerkennenden Vorteil aus der Sicht des Mandanten gewürdigt (BVerfG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 BvR 335/97 - BVerfGE 103, 1, 16). Nichts anderes kann bei der Entscheidung gelten, inwieweit die Kosten des beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und am Gerichtsort nicht ansässigen Prozeßbevollmächtigten zu erstatten sind.
Hier ist ebenso wie dem Bedarf an persönlichem Kontakt auch dem Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und dem von ihr ausgewählten Rechtsanwalt Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen ist im übrigen, daß einem Zivilprozeß in vielen Fällen vorgerichtliche Auseinandersetzungen vorausgehen. Auch von einer kostenbewußten Partei kann selbst im Interesse der erstattungspflichtigen Gegenpartei nicht erwartet werden, auf den mit der Sache bereits vertrauten Rechtsanwalt zu verzichten und einen neuen Prozeßbevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen sind die den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten entstandenen Reisekosten in die Kostenfestsetzung einzubeziehen (zu einem vergleichbaren Sachverhalt siehe auch BGH, Beschluß vom 18. Dezember 2003 – I ZB 21/03, zur Veröffentlichung bestimmt). (1) Die Beklagte war kostenrechtlich nicht darauf beschränkt, in M. ansässige Prozeßbevollmächtigte zu beauftragen. Wie bereits das Landgericht zutreffend erkannt hat, hätte sie ohne kostenrechtliche Nachteile auch Rechtsanwälte aus S. auswählen können. Dann stand es der Beklagten erst recht frei, die in B. ansässigen Rechtsanwälte ihrer Wahl zu beauftragen. Deren Reisekosten nach M. mußten von vornherein geringer ausfallen als diejenigen von Kollegen aus dem viel weiter entfernten Ort, in welchem die Beklagte ansässig ist. Ob direkte mündliche Gespräche zwischen der Beklagten und ihren Prozeßbevollmächtigten stattgefunden haben, ist nicht entscheidend. Die Erstattung der Kosten von Prozeßbevollmächtigten, die in der Nähe der Partei ansässig sind, rechtfertigt sich aus der Annahme, daß in der Regel ein persönliches mündliches Gespräch gesucht wird und erforderlich ist. Die Erstattung der von
der Beklagten geltend gemachten Reisekosten ihrer Prozeßbevollmächtigten wiederum rechtfertigt sich daraus, daß aus der Entfernung zum Gerichtsort nur geringere Kosten entstehen konnten, als es bei Rechtsanwälten aus S. der Fall gewesen wäre. (2) Nicht begründet ist die Befürchtung des Beschwerdegerichts, am Ende könne eine Prozeßpartei jeden beliebigen Rechtsanwalt in der Bundesrepublik Deutschland mit nicht mehr hinnehmbaren Kostenfolgen auswählen. Die unterlegene Partei muß die Kosten tragen, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnort einer Prozeßpartei andererseits entstehen. Dementsprechend sind die Reisekosten eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte. Ob ausnahmsweise auch darüber hinausgehende Kosten aus der Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten zu erstatten sein können, kann offenbleiben. Die Beklagte hat mit Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten angemeldet als sie bei Prozeßbevollmächtigten aus S. angefallen wären. Reisekosten speziell aufgrund der Entfernung zwischen ihrer Betriebsstätte und dem Kanzleisitz ihrer Prozeßbevollmächtigten schließlich hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

III.

Das Beschwerdegericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen zur Höhe der entstandenen Reisekosten einschließlich der Abwesenheitsgelder getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V. mit § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die nötigen Feststellungen nachholen kann. Dressler Hausmann Bauner Kniffka Wiebel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 4/04
vom
2. Dezember 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterbevollmächtigter III
Zur Frage, ob es für ein Unternehmen, das keine Rechtsabteilung eingerichtet
hat, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen einen wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruch im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig
ist, eine Rechtsanwaltskanzlei am Geschäftsort als Hauptbevollmächtigten
hinzuzuziehen, wenn diese Kanzlei ständig mit der Bearbeitung sämtlicher
im Unternehmen anfallender Rechtsangelegenheiten beauftragt ist.
BGH, Beschl. v. 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 486,89 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte ist ein in M. ansässiges Presseunternehmen. Sie hat keine eigene Rechtsabteilung eingerichtet. Seit mehr als einem Jahrzehnt werden sämtliche Rechtsangelegenheiten des Konzerns, zu dem die Beklagte gehört, von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. S. am Sitz der Beklagten bearbeitet. Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte diese Kanzlei mit der Prozeßführung beauftragt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidriger Werbung gegen die Beklagte geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln am 28. Februar 2002 hat sich die Beklagte durch einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalt als Unterbevollmächtigten vertreten lassen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen. Dementsprechend wurden ihr durch Beschluß des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte u.a. beantragt, neben den bei ihren Prozeßbevollmächtigten in M. angefallenen Kosten auch die Kosten ihres Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts festzusetzen.
Das Landgericht hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten nur in Höhe derjenigen Kosten als erstattungsfähig anerkannt, die der Beklagten erwachsen wären, wenn sie einen am Ort des Prozeßgerichts tätigen Rechtsanwalt zum Prozeßbevollmächtigten bestellt und diesen schriftlich und ergänzend telefonisch über den maßgeblichen Sachverhalt unterrichtet hätte.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Beklagte beantragt, die durch die Mitwirkung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten in vollem Umfang anzusetzen.
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Kostenfestsetzungsantrag im Umfang ihrer sofortigen Beschwerde weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Kosten des mit der Wahrnehmung des Termins beim Landgericht Köln beauftragten unterbevollmächtigten Rechtsanwalts wären auch dann nicht voll zu erstatten, wenn die Beklagte einen Rechtsanwalt an ihrem Geschäftssitz zum Prozeßbevollmächtigten hätte bestellen dürfen, ohne Nachteile bei der Kostenerstattung in Kauf nehmen zu müssen. Die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten wären dann nur insoweit in Ansatz zu bringen, als sie die Kosten nicht wesentlich überstiegen, die durch die Fahrt des Hauptbevollmächtigten zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung entstanden wären.
Die Beklagte habe jedoch im Zusammenhang mit dem Verhandlungstermin des Landgerichts durch die Einschaltung des Unterbevollmächtigten keine Reisekosten erspart, weil sie erstattungsrechtlich gehalten gewesen sei, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Eines eingehenden Mandantengesprächs am Sitz ihres Unternehmens habe es nicht bedurft.
Dem Vorstand der Konzernmutter der Beklagten gehöre als assoziiertes Mitglied Rechtsanwalt Prof. Dr. S. mit dem Aufgabengebiet "Recht" an. Dessen Kanzlei bearbeite sämtliche Rechtsangelegenheiten der dem Konzern angehörenden Unternehmen. Die Tätigkeit dieser in die Anwaltskanzlei integrierten Rechtsabteilung der Konzernmutter der Beklagten erstrecke sich auf alle Gebiete des Unternehmensrechts sowie auf presse- und medienrechtliche Spezialgebiete. Dies rechtfertige die Annahme, daß die Beklagte häufiger gezwungen sei, sich mit Rechtsangelegenheiten zu befassen, die aus ihrer geschäftlichen Betätigung hervorgegangen seien. Es könne daher von ihr erwartet werden, daß sie selbst über die Mitarbeiter verfüge, die zur Bearbeitung solcher unternehmensbezogenen Rechtssachen geeignet seien. Es stehe der Beklagten selbstverständlich frei, ob sie eine eigene Rechtsabteilung unterhalte oder ob sie die Aufgaben einer nach Art und Umfang ihres Geschäftsbetriebs an sich notwendigen Rechtsabteilung von Rechtsanwälten wahrnehmen lasse, weil sich dies als organisatorisch zweckmäßig und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen habe. Das ändere jedoch nichts daran, daß es sich im einen wie im anderen Fall um allgemeine Geschäftskosten handele, die auch insoweit, als sie durch den Rechtsstreit veranlaßt worden seien, eigene Bearbeitungskosten blieben. Diese könnten - wie der sonstige mit eigenen Prozeß- und Rechtsangelegenheiten verbundene Arbeitsaufwand - nicht durch die Beauftragung Dritter auf den Prozeßgegner abgewälzt werden. Die Beklagte müsse sich deshalb erstattungsrechtlich so behandeln lassen, als hätte sie die Aussichten ihrer Rechtsverteidi-
gung selbst hinreichend zuverlässig beurteilen und den maßgeblichen Tatsachenstoff einem Kölner Rechtsanwalt schriftlich und telefonisch übermitteln können.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Die Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, können nur ersetzt werden, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren.
Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430; Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II, m.w.N.).
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs - oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I).

Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozeßbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (vgl. BGH NJW 2003, 898 f.; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 4). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig , wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
3. Das Beschwerdegericht hat danach die Kosten des Unterbevollmächtigten zu Unrecht als in vollem Umfang nicht erstattungsfähig angesehen.

a) Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei ist in der Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen, weil ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.3.2004 - VIII ZB 145/03, FamRZ 2004, 866 m.w.N.). Dabei ist bei einem Unternehmen, das laufend Rechtsstreitigkeiten zu führen hat, auch das Interesse zu berücksichtigen, mit besonders sachkundigen Rechtsanwälten seines Vertrauens am Ort zusammenzuarbeiten.

b) Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Man-
dantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH NJW 2003, 898, 901; BGH, Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 = NJW 2003, 2027 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, GRUR 2004, 448 = WRP 2004, 495 = NJW-RR 2004, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 5).
aa) Dies kann der Fall sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH GRUR 2004, 448 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.). Dies ist bei der Beklagten jedoch unstreitig nicht der Fall.
bb) Die Beklagte muß sich bei der Beurteilung, ob ihre Aufwendungen zur Rechtsverteidigung notwendig waren, auch nicht so behandeln lassen, als habe sie eine Rechtsabteilung eingerichtet. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 430). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschl. v. 25.3.2004 - I ZB 28/03, GRUR 2004, 623 = WRP 2004, 777 = NJW-RR 2004, 857 - Unterbevollmächtigter I; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II). Dies gilt auch dann, wenn eine Partei, wie hier die Beklagte, ständig eine bestimmte Anwaltskanzlei mit der Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten, die nicht zu ihrem eigentlichen Unternehmensgegenstand gehören, beauftragt und dadurch die Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung entbehrlich macht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß nicht erwartet werden kann, daß die Be-
klagte oder ihre Konzernmutter als Presseunternehmen gerade auch Mitarbeiter beschäftigen, die mit dem Recht des unlauteren Wettbewerbs vertraut sind.
4. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Die Sache war an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen zu den fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten trifft.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 64/09
vom
28. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und
Tombrink

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 8. Juli 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 297,25 € festgesetzt.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I.


1
In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Klägerin, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus D. , im Urkundsprozess gegen die Beklagte eine Forderung über 1.140,81 € nebst außergerichtli- cher Kosten und Zinsen geltend gemacht. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht S. am 27. Februar 2008 haben sich die Parteien verglichen (Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 24. April 2008). Hierbei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der gegeneinander aufgehobenen Kosten des Vergleichs übernommen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin unter anderem 303 € (2 x 0,30 € x 505 km) Fahrtkosten sowie 60 € Abwesenheitsgeld ihrer Prozessbevollmächtigten nach Nr. 7003, 7005 VV RVG geltend gemacht. Das Amtsgericht S. hat stattdessen lediglich die fiktiven Kosten eines in S. ansässigen Unterbevollmächtigten zur Teilnahme am Verhandlungstermin in Höhe von 65,75 € berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts S. durch ihren Vorsitzenden als Einzelrichter mit Beschluss vom 14. Mai 2009 zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO hat die 5. Zivilkammer - erneut durch den Vorsitzenden als Einzelrichter - mit Beschluss vom 8. Juli 2009 das Beschwerdeverfahren gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgeführt und den Beschluss vom 14. Mai 2009 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - dahingehend ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen wird. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam , weil der Einzelrichter entgegen § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Der angefochtene Beschluss unterliegt jedoch der Aufhebung, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzli- chen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte auf der Grundlage seiner Auffassung, wonach die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, nicht selbst entscheiden. Nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO überträgt der Einzelrichter das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Hierbei umfasst der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung - wie in § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und § 526 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO - neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie in § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO - genannten Fälle der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 154, 200, 202; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2006 - V ZB 178/05 - juris Rn. 11; 22. Januar 2008 - X ZB 27/07 - juris Rn. 5; 16. Juli 2009 - V ZB 45/09 - juris Rn. 7; 17. September 2009 - V ZB 44/09 - juris Rn. 5). Mit seiner gegenteiligen Entscheidung hat der Einzelrichter damit die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kammerkollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Dies führt wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Beschwerdegericht (BGH, aaO; siehe auch Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 66/05 - juris Rn. 3 zu § 17a Abs. 4 Satz 4-6 GVG).

III.


3
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
4
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, insoweit zu erstatten, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - juris Rn. 14 ff; 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858; 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - juris Rn. 19; 13. September 2005 - X ZB 30/04 - NJW-RR 2005, 1662; 16. April 2008 - XII ZB 214/04 - NJW 2008, 2122, 2123 f, Rn. 7, 14) stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine solche Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BVerfGE 103, 1, 16).
6
b) Soweit das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang - unter Bezugnahme auf den diesbezüglichen Hinweis der Beklagten, dass die Klägerin vorprozessual sowie im Klage- und im Kostenfestsetzungsverfahren durch unterschiedliche sachbearbeitende Rechtsanwälte vertreten gewesen sei - das Fehlen eines "besonderen" bzw. "speziellen" anwaltlichen Vertrauensverhältnisses , das die Anreise eines dieser Rechtsanwälte zum Termin nach S. gerechtfertigt habe, moniert hat, ist dies rechtsfehlerhaft.
7
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004, aaO Rn. 16; 13. September 2005, aaO; 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - NJW 2006, 3008, 3009, Rn. 13; 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - NJW-RR 2008, 1378, Rn. 8; 16. April 2008, aaO S. 2124, Rn. 19). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat. Abgesehen davon hat das Beschwerdegericht - selbst bei Zugrundelegung seiner Auffassung - nicht berücksichtigt, dass die Klägerin durchgängig durch Rechtsanwälte der Anwaltskanzlei B. aus D. vertreten worden ist, wobei Rechtsanwalt B. , der die mündliche Verhandlung in S. für die Klägerin wahrgenommen hat, im Übrigen bereits die Anspruchsbegründung vom 16. November 2007 sowie die Replik vom 11. Januar 2008 unterzeichnet, es sich mithin bei ihm ersichtlich um den im Prozess sachbearbeitenden Rechtsanwalt der Kanzlei gehandelt hat.

8
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann allerdings dann eingreifen , wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 20; 2. Dezember 2004, aaO Rn. 20 f; 28. Juni 2006, aaO Rn. 8; 16. April 2008, aaO Rn. 8). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, ist nicht ersichtlich und vom Beschwerdegericht auch nicht festgestellt worden. Nicht ausreichend ist es demgegenüber , wenn es sich - wie das Beschwerdegericht rückblickend meint - um einen einfach gelagerten Rechtsstreit handelt. Denn welche Schwierigkeiten die Führung eines Rechtsstreits aufwirft, ist für die rechtlich nicht versierte Partei in der Regel nicht überschaubar und hängt darüber hinaus wesentlich vom Verhalten der Gegenseite während des Prozesses ab (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 21).
9
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005, aaO; 11. Dezember 2007, aaO Rn. 9 f; siehe auch MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 66; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13, Stichwort: Reisekosten des Anwalts). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 17). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig. Dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - aaO Rn. 10).

IV.


10
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
11
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink

Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 07.07.2008 - 17 C 174/07 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 T 380/08 -

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 64/09
vom
28. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und
Tombrink

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 8. Juli 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 297,25 € festgesetzt.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I.


1
In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Klägerin, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus D. , im Urkundsprozess gegen die Beklagte eine Forderung über 1.140,81 € nebst außergerichtli- cher Kosten und Zinsen geltend gemacht. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht S. am 27. Februar 2008 haben sich die Parteien verglichen (Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 24. April 2008). Hierbei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der gegeneinander aufgehobenen Kosten des Vergleichs übernommen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin unter anderem 303 € (2 x 0,30 € x 505 km) Fahrtkosten sowie 60 € Abwesenheitsgeld ihrer Prozessbevollmächtigten nach Nr. 7003, 7005 VV RVG geltend gemacht. Das Amtsgericht S. hat stattdessen lediglich die fiktiven Kosten eines in S. ansässigen Unterbevollmächtigten zur Teilnahme am Verhandlungstermin in Höhe von 65,75 € berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts S. durch ihren Vorsitzenden als Einzelrichter mit Beschluss vom 14. Mai 2009 zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO hat die 5. Zivilkammer - erneut durch den Vorsitzenden als Einzelrichter - mit Beschluss vom 8. Juli 2009 das Beschwerdeverfahren gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgeführt und den Beschluss vom 14. Mai 2009 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - dahingehend ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen wird. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam , weil der Einzelrichter entgegen § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Der angefochtene Beschluss unterliegt jedoch der Aufhebung, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzli- chen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte auf der Grundlage seiner Auffassung, wonach die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, nicht selbst entscheiden. Nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO überträgt der Einzelrichter das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Hierbei umfasst der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung - wie in § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und § 526 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO - neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie in § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO - genannten Fälle der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 154, 200, 202; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2006 - V ZB 178/05 - juris Rn. 11; 22. Januar 2008 - X ZB 27/07 - juris Rn. 5; 16. Juli 2009 - V ZB 45/09 - juris Rn. 7; 17. September 2009 - V ZB 44/09 - juris Rn. 5). Mit seiner gegenteiligen Entscheidung hat der Einzelrichter damit die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kammerkollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Dies führt wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Beschwerdegericht (BGH, aaO; siehe auch Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 66/05 - juris Rn. 3 zu § 17a Abs. 4 Satz 4-6 GVG).

III.


3
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
4
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, insoweit zu erstatten, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - juris Rn. 14 ff; 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858; 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - juris Rn. 19; 13. September 2005 - X ZB 30/04 - NJW-RR 2005, 1662; 16. April 2008 - XII ZB 214/04 - NJW 2008, 2122, 2123 f, Rn. 7, 14) stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine solche Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BVerfGE 103, 1, 16).
6
b) Soweit das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang - unter Bezugnahme auf den diesbezüglichen Hinweis der Beklagten, dass die Klägerin vorprozessual sowie im Klage- und im Kostenfestsetzungsverfahren durch unterschiedliche sachbearbeitende Rechtsanwälte vertreten gewesen sei - das Fehlen eines "besonderen" bzw. "speziellen" anwaltlichen Vertrauensverhältnisses , das die Anreise eines dieser Rechtsanwälte zum Termin nach S. gerechtfertigt habe, moniert hat, ist dies rechtsfehlerhaft.
7
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004, aaO Rn. 16; 13. September 2005, aaO; 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - NJW 2006, 3008, 3009, Rn. 13; 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - NJW-RR 2008, 1378, Rn. 8; 16. April 2008, aaO S. 2124, Rn. 19). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat. Abgesehen davon hat das Beschwerdegericht - selbst bei Zugrundelegung seiner Auffassung - nicht berücksichtigt, dass die Klägerin durchgängig durch Rechtsanwälte der Anwaltskanzlei B. aus D. vertreten worden ist, wobei Rechtsanwalt B. , der die mündliche Verhandlung in S. für die Klägerin wahrgenommen hat, im Übrigen bereits die Anspruchsbegründung vom 16. November 2007 sowie die Replik vom 11. Januar 2008 unterzeichnet, es sich mithin bei ihm ersichtlich um den im Prozess sachbearbeitenden Rechtsanwalt der Kanzlei gehandelt hat.

8
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann allerdings dann eingreifen , wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 20; 2. Dezember 2004, aaO Rn. 20 f; 28. Juni 2006, aaO Rn. 8; 16. April 2008, aaO Rn. 8). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, ist nicht ersichtlich und vom Beschwerdegericht auch nicht festgestellt worden. Nicht ausreichend ist es demgegenüber , wenn es sich - wie das Beschwerdegericht rückblickend meint - um einen einfach gelagerten Rechtsstreit handelt. Denn welche Schwierigkeiten die Führung eines Rechtsstreits aufwirft, ist für die rechtlich nicht versierte Partei in der Regel nicht überschaubar und hängt darüber hinaus wesentlich vom Verhalten der Gegenseite während des Prozesses ab (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 21).
9
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005, aaO; 11. Dezember 2007, aaO Rn. 9 f; siehe auch MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 66; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13, Stichwort: Reisekosten des Anwalts). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 17). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig. Dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - aaO Rn. 10).

IV.


10
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
11
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink

Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 07.07.2008 - 17 C 174/07 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 T 380/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. Dezember 2002
I ZB 29/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit
ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwar
postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden
Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,
wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig
war.
BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002 – I ZB 29/02 – OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg
, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 esetzt.

Gründe:


I. Die bis Juli 2000 in Pfinztal-Söllingen im Landgerichtsbezirk Karlsruhe und danach in Eisenach ansässige Beklagte wurde vor dem Landgericht Karlsruhe mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrer Vertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in Stuttgart ansässigen überörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereits außergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe nahm für sie ein Stuttgarter Rechtsanwalt dieser Sozietät wahr, der beim Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Karlsruhe hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe durch ihre Prozeßbevollmächtigten begehrt:
Termin vom 18.10.2000: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Parkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO 8,00 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 60,00 DM Termin vom 2.5.2001: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 30,00 DM Summe 245,68 DM
Hiervon hat das Landgericht lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der Beklagten im Falle der Beauftragung eines Karlsruher Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstanden wären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zinsen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Stuttgarter statt eines Karlsruher Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem Land-
gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen Landgericht postulationsfä- hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätigkeitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß Prozeßkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstatten seien. Die Zuziehung eines in Stuttgart ansässigen statt eines Karlsruher Rechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte schon außergerichtlich für die Beklagte tätig gewesen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt allein davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Stuttgart ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zugelassenen , aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts generell nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall – entgegen einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 96, 97; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 18; Bischof, MDR 2000, 1357, 1359) – keine Anwendung. Wie der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 16. Oktober 2002 (VIII ZB 30/02, Umdruck S. 7 ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer entsprechenden Anwendung entgegen.

b) Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, daß die Beklagte im eigenen Gerichtsstand in Karlsruhe verklagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt hat, der zwar vor dem Landgericht Karlsruhe auftreten konnte (§ 78 Abs. 1 ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung jedoch einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der an einem dritten Ort – also weder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts – ansässig ist.
Für die zweite Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob regelmäßig auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werden kann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstellation zu verneinen, in der die Partei – wie vorliegend – im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (ebenso OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202).
aa) Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist,
steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht.
bb) Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige, kostenbewußte Partei, die im Anwaltsprozeß am eigenen Sitz klagen möchte oder am eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei hat, in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden für diejenigen Fälle, in denen eine Partei vor einem auswärtigen Gericht klagen möchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine Partei, die einen Prozeß im eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung.
cc) Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts notwendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahme aber nicht vor.
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint dann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht
beauftragt werden kann (vgl. MünchKomm.ZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; Zöller /Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt worden sind.
Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage , ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-
stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 4/04
vom
2. Dezember 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterbevollmächtigter III
Zur Frage, ob es für ein Unternehmen, das keine Rechtsabteilung eingerichtet
hat, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen einen wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruch im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig
ist, eine Rechtsanwaltskanzlei am Geschäftsort als Hauptbevollmächtigten
hinzuzuziehen, wenn diese Kanzlei ständig mit der Bearbeitung sämtlicher
im Unternehmen anfallender Rechtsangelegenheiten beauftragt ist.
BGH, Beschl. v. 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 486,89 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte ist ein in M. ansässiges Presseunternehmen. Sie hat keine eigene Rechtsabteilung eingerichtet. Seit mehr als einem Jahrzehnt werden sämtliche Rechtsangelegenheiten des Konzerns, zu dem die Beklagte gehört, von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. S. am Sitz der Beklagten bearbeitet. Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte diese Kanzlei mit der Prozeßführung beauftragt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidriger Werbung gegen die Beklagte geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln am 28. Februar 2002 hat sich die Beklagte durch einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalt als Unterbevollmächtigten vertreten lassen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen. Dementsprechend wurden ihr durch Beschluß des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte u.a. beantragt, neben den bei ihren Prozeßbevollmächtigten in M. angefallenen Kosten auch die Kosten ihres Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts festzusetzen.
Das Landgericht hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten nur in Höhe derjenigen Kosten als erstattungsfähig anerkannt, die der Beklagten erwachsen wären, wenn sie einen am Ort des Prozeßgerichts tätigen Rechtsanwalt zum Prozeßbevollmächtigten bestellt und diesen schriftlich und ergänzend telefonisch über den maßgeblichen Sachverhalt unterrichtet hätte.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Beklagte beantragt, die durch die Mitwirkung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten in vollem Umfang anzusetzen.
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Kostenfestsetzungsantrag im Umfang ihrer sofortigen Beschwerde weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Kosten des mit der Wahrnehmung des Termins beim Landgericht Köln beauftragten unterbevollmächtigten Rechtsanwalts wären auch dann nicht voll zu erstatten, wenn die Beklagte einen Rechtsanwalt an ihrem Geschäftssitz zum Prozeßbevollmächtigten hätte bestellen dürfen, ohne Nachteile bei der Kostenerstattung in Kauf nehmen zu müssen. Die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten wären dann nur insoweit in Ansatz zu bringen, als sie die Kosten nicht wesentlich überstiegen, die durch die Fahrt des Hauptbevollmächtigten zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung entstanden wären.
Die Beklagte habe jedoch im Zusammenhang mit dem Verhandlungstermin des Landgerichts durch die Einschaltung des Unterbevollmächtigten keine Reisekosten erspart, weil sie erstattungsrechtlich gehalten gewesen sei, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Eines eingehenden Mandantengesprächs am Sitz ihres Unternehmens habe es nicht bedurft.
Dem Vorstand der Konzernmutter der Beklagten gehöre als assoziiertes Mitglied Rechtsanwalt Prof. Dr. S. mit dem Aufgabengebiet "Recht" an. Dessen Kanzlei bearbeite sämtliche Rechtsangelegenheiten der dem Konzern angehörenden Unternehmen. Die Tätigkeit dieser in die Anwaltskanzlei integrierten Rechtsabteilung der Konzernmutter der Beklagten erstrecke sich auf alle Gebiete des Unternehmensrechts sowie auf presse- und medienrechtliche Spezialgebiete. Dies rechtfertige die Annahme, daß die Beklagte häufiger gezwungen sei, sich mit Rechtsangelegenheiten zu befassen, die aus ihrer geschäftlichen Betätigung hervorgegangen seien. Es könne daher von ihr erwartet werden, daß sie selbst über die Mitarbeiter verfüge, die zur Bearbeitung solcher unternehmensbezogenen Rechtssachen geeignet seien. Es stehe der Beklagten selbstverständlich frei, ob sie eine eigene Rechtsabteilung unterhalte oder ob sie die Aufgaben einer nach Art und Umfang ihres Geschäftsbetriebs an sich notwendigen Rechtsabteilung von Rechtsanwälten wahrnehmen lasse, weil sich dies als organisatorisch zweckmäßig und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen habe. Das ändere jedoch nichts daran, daß es sich im einen wie im anderen Fall um allgemeine Geschäftskosten handele, die auch insoweit, als sie durch den Rechtsstreit veranlaßt worden seien, eigene Bearbeitungskosten blieben. Diese könnten - wie der sonstige mit eigenen Prozeß- und Rechtsangelegenheiten verbundene Arbeitsaufwand - nicht durch die Beauftragung Dritter auf den Prozeßgegner abgewälzt werden. Die Beklagte müsse sich deshalb erstattungsrechtlich so behandeln lassen, als hätte sie die Aussichten ihrer Rechtsverteidi-
gung selbst hinreichend zuverlässig beurteilen und den maßgeblichen Tatsachenstoff einem Kölner Rechtsanwalt schriftlich und telefonisch übermitteln können.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Die Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, können nur ersetzt werden, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren.
Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430; Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II, m.w.N.).
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs - oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I).

Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozeßbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (vgl. BGH NJW 2003, 898 f.; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 4). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig , wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
3. Das Beschwerdegericht hat danach die Kosten des Unterbevollmächtigten zu Unrecht als in vollem Umfang nicht erstattungsfähig angesehen.

a) Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei ist in der Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen, weil ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.3.2004 - VIII ZB 145/03, FamRZ 2004, 866 m.w.N.). Dabei ist bei einem Unternehmen, das laufend Rechtsstreitigkeiten zu führen hat, auch das Interesse zu berücksichtigen, mit besonders sachkundigen Rechtsanwälten seines Vertrauens am Ort zusammenzuarbeiten.

b) Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Man-
dantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH NJW 2003, 898, 901; BGH, Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 = NJW 2003, 2027 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, GRUR 2004, 448 = WRP 2004, 495 = NJW-RR 2004, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 5).
aa) Dies kann der Fall sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH GRUR 2004, 448 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.). Dies ist bei der Beklagten jedoch unstreitig nicht der Fall.
bb) Die Beklagte muß sich bei der Beurteilung, ob ihre Aufwendungen zur Rechtsverteidigung notwendig waren, auch nicht so behandeln lassen, als habe sie eine Rechtsabteilung eingerichtet. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 430). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschl. v. 25.3.2004 - I ZB 28/03, GRUR 2004, 623 = WRP 2004, 777 = NJW-RR 2004, 857 - Unterbevollmächtigter I; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II). Dies gilt auch dann, wenn eine Partei, wie hier die Beklagte, ständig eine bestimmte Anwaltskanzlei mit der Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten, die nicht zu ihrem eigentlichen Unternehmensgegenstand gehören, beauftragt und dadurch die Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung entbehrlich macht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß nicht erwartet werden kann, daß die Be-
klagte oder ihre Konzernmutter als Presseunternehmen gerade auch Mitarbeiter beschäftigen, die mit dem Recht des unlauteren Wettbewerbs vertraut sind.
4. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Die Sache war an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen zu den fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten trifft.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 30/04
vom
13. September 2005
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
BGHR: ja
BGHZ: nein
Nachschlagewerk: ja
Auswärtiger Rechtsanwalt V
Die erstattungsfähigen Reisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen
Rechtsanwalts sind der Höhe nach nicht notwendig auf diejenigen Kosten beschränkt
, die durch die Beauftragung eines Terminsvertreters entstanden wären.
BGH, Beschluss vom 13. September 2005 - X ZB 30/04 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens
und den Richter Prof. Dr. Meier-Beck
am 13. September 2005

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. November 2004 aufgehoben, soweit die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts München I vom 22. Juli 2004 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 183,56 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die in Bonn ansässige Klägerin, die für ihre Gesellschafter Ansprüche wegen des Nachbaus geschützter Sorten geltend macht, hat den Beklagten
durch einen in Hamburg geschäftsansässigen Rechtsanwalt vor dem Landgericht München I auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung für den Nachbau in Anspruch genommen. Das Landgericht hat antragsgemäß erkannt und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Der Rechtspfleger hat es abgelehnt, die von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten ihres Hamburger Prozessbevollmächtigten in Höhe von 214,19 € gegen den Beklagten festzusetzen. Das Beschwerdegericht hat Reisekosten in Höhe von 30,63 € festgesetzt und im Übrigen die sofortige Beschwerde zurückgewiesen (OLG München OLG-Rep. 2005, 261).
Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Kostenfestsetzungsantrag in dem Umfang weiter, in dem ihre sofortige Beschwerde erfolglos geblieben ist.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die von der Klägerin geltend gemachten Terminsreisekosten seien dem Grunde nach erstattungsfähig. Die Zuziehung eines am Geschäftssitz der Klägerin ansässigen Rechtsanwalts sei als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzuerkennen. Bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines solchen Rechtsanwalts seien auch die Reisekosten eines andernorts (hier: in Hamburg) ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig. Das steht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Einklang (BGH, Beschl. v. 16.9.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, MDR 2004, 839 = GRUR 2004,
447 - Auswärtiger Rechtsanwalt III; Sen.Beschl. v. 13.7.2004 - X ZB 40/03, NJW 2004, 3187; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, BB 2004, 2548; Beschl. v. 2.12.2004 - I ZB 4/04, BB 2005, 294 = GRUR 2005, 271 - Unterbevollmächtigter III) und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Berufungsgericht hat weiterhin die Auffassung vertreten, die Erstattung der Reisekosten sei jedoch der Höhe nach auf diejenigen Mehrkosten beschränkt, die bei Einschaltung eines Unterbevollmächtigten für die Vertretung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entstanden wären (hier: 30,63 €). Unter mehreren gleichartigen Maßnahmen habe die Partei die kostengünstigste auszuwählen; Terminskosten eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten seien daher nur erstattungsfähig, soweit sie die Mehrkosten der Einschaltung eines Terminsvertreters nicht wesentlich überstiegen.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Reisekosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstanden sind, sind zu erstatten, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren. Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich - was das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat - gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH NJW 2003, 898; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, MDR 2004, 539; Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, GRUR 2005, 84 - Unterbevollmächtigter II). Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise gebo-
ten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I).
Hiernach hat das Beschwerdegericht die Beauftragung eines Terminsvertreters zu unrecht als gleichartige, jedoch kostengünstigere Maßnahme angesehen. Die Anerkennung der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beruht gerade auf der Erwägung, dass die Terminsreisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts, dessen Hinzuziehung als notwendig anzuerkennen ist, ihrerseits grundsätzlich erstattungsfähig wären (BGH NJW 2003, 898; BB 2004, 2548; BB 2005, 294). Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die Erweiterung der Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten auf alle bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwälte wesentlich auch damit begründet worden sei, dass das Interesse der Mandanten dahingehe, von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Zivilgerichten vertreten werden zu können (BGH NJW 2003, 898, 901). Wird die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts als aus der Sicht einer verständigen Partei notwendig anerkannt, ist der Partei regelmäßig das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt auch in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, zumal die hierdurch entstehenden Kosten im Allgemeinen geringer sein werden als die zusätzliche Beauftragung eines Terminsvertreters.
3. Die Sache ist daher zur Prüfung der entstandenen Reisekosten an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck
13
dd) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts lässt sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum so genannten "Outsourcing" (Beschluss vom 11. November 2003 aaO) nichts anderes entnehmen. Zu Recht weist die Beschwerde daraufhin, dass die vom Beschwerdegericht daraus abgeleitete Sonderbehandlung rechtlich minder schwerer Fälle erhebliche Abgrenzungsprobleme mit sich brächte. Dies wäre bereits mit der im Kostenrecht gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht zu vereinbaren (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02 - VersR 2004, 666 unter 2 b aa; vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 2 b; vgl. auch Wolst in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 91 Rdn. 27).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 64/09
vom
28. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und
Tombrink

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 8. Juli 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 297,25 € festgesetzt.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I.


1
In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Klägerin, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus D. , im Urkundsprozess gegen die Beklagte eine Forderung über 1.140,81 € nebst außergerichtli- cher Kosten und Zinsen geltend gemacht. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht S. am 27. Februar 2008 haben sich die Parteien verglichen (Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 24. April 2008). Hierbei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der gegeneinander aufgehobenen Kosten des Vergleichs übernommen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin unter anderem 303 € (2 x 0,30 € x 505 km) Fahrtkosten sowie 60 € Abwesenheitsgeld ihrer Prozessbevollmächtigten nach Nr. 7003, 7005 VV RVG geltend gemacht. Das Amtsgericht S. hat stattdessen lediglich die fiktiven Kosten eines in S. ansässigen Unterbevollmächtigten zur Teilnahme am Verhandlungstermin in Höhe von 65,75 € berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts S. durch ihren Vorsitzenden als Einzelrichter mit Beschluss vom 14. Mai 2009 zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO hat die 5. Zivilkammer - erneut durch den Vorsitzenden als Einzelrichter - mit Beschluss vom 8. Juli 2009 das Beschwerdeverfahren gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgeführt und den Beschluss vom 14. Mai 2009 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - dahingehend ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen wird. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam , weil der Einzelrichter entgegen § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Der angefochtene Beschluss unterliegt jedoch der Aufhebung, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzli- chen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte auf der Grundlage seiner Auffassung, wonach die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, nicht selbst entscheiden. Nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO überträgt der Einzelrichter das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Hierbei umfasst der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung - wie in § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und § 526 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO - neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie in § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO - genannten Fälle der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 154, 200, 202; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2006 - V ZB 178/05 - juris Rn. 11; 22. Januar 2008 - X ZB 27/07 - juris Rn. 5; 16. Juli 2009 - V ZB 45/09 - juris Rn. 7; 17. September 2009 - V ZB 44/09 - juris Rn. 5). Mit seiner gegenteiligen Entscheidung hat der Einzelrichter damit die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kammerkollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Dies führt wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Beschwerdegericht (BGH, aaO; siehe auch Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 66/05 - juris Rn. 3 zu § 17a Abs. 4 Satz 4-6 GVG).

III.


3
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
4
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, insoweit zu erstatten, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - juris Rn. 14 ff; 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858; 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - juris Rn. 19; 13. September 2005 - X ZB 30/04 - NJW-RR 2005, 1662; 16. April 2008 - XII ZB 214/04 - NJW 2008, 2122, 2123 f, Rn. 7, 14) stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine solche Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BVerfGE 103, 1, 16).
6
b) Soweit das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang - unter Bezugnahme auf den diesbezüglichen Hinweis der Beklagten, dass die Klägerin vorprozessual sowie im Klage- und im Kostenfestsetzungsverfahren durch unterschiedliche sachbearbeitende Rechtsanwälte vertreten gewesen sei - das Fehlen eines "besonderen" bzw. "speziellen" anwaltlichen Vertrauensverhältnisses , das die Anreise eines dieser Rechtsanwälte zum Termin nach S. gerechtfertigt habe, moniert hat, ist dies rechtsfehlerhaft.
7
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004, aaO Rn. 16; 13. September 2005, aaO; 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - NJW 2006, 3008, 3009, Rn. 13; 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - NJW-RR 2008, 1378, Rn. 8; 16. April 2008, aaO S. 2124, Rn. 19). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat. Abgesehen davon hat das Beschwerdegericht - selbst bei Zugrundelegung seiner Auffassung - nicht berücksichtigt, dass die Klägerin durchgängig durch Rechtsanwälte der Anwaltskanzlei B. aus D. vertreten worden ist, wobei Rechtsanwalt B. , der die mündliche Verhandlung in S. für die Klägerin wahrgenommen hat, im Übrigen bereits die Anspruchsbegründung vom 16. November 2007 sowie die Replik vom 11. Januar 2008 unterzeichnet, es sich mithin bei ihm ersichtlich um den im Prozess sachbearbeitenden Rechtsanwalt der Kanzlei gehandelt hat.

8
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann allerdings dann eingreifen , wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 20; 2. Dezember 2004, aaO Rn. 20 f; 28. Juni 2006, aaO Rn. 8; 16. April 2008, aaO Rn. 8). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, ist nicht ersichtlich und vom Beschwerdegericht auch nicht festgestellt worden. Nicht ausreichend ist es demgegenüber , wenn es sich - wie das Beschwerdegericht rückblickend meint - um einen einfach gelagerten Rechtsstreit handelt. Denn welche Schwierigkeiten die Führung eines Rechtsstreits aufwirft, ist für die rechtlich nicht versierte Partei in der Regel nicht überschaubar und hängt darüber hinaus wesentlich vom Verhalten der Gegenseite während des Prozesses ab (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 21).
9
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005, aaO; 11. Dezember 2007, aaO Rn. 9 f; siehe auch MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 66; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13, Stichwort: Reisekosten des Anwalts). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 17). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig. Dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - aaO Rn. 10).

IV.


10
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
11
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink

Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 07.07.2008 - 17 C 174/07 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 T 380/08 -
9
b) Der Erstattung der Reisekosten steht nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht an ihrem Wohnort niedergelassen ist. Macht die obsiegende Partei Reisekosten eines Rechtsanwalts geltend, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten zwar regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, aaO; vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13; vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8). Auch nach diesem Grundsatz sind aber die zugesprochenen Reisekosten zu erstatten, weil der Sitz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin näher zu den Dresdner Prozessgerichten gelegen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 64/09
vom
28. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und
Tombrink

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 8. Juli 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 297,25 € festgesetzt.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I.


1
In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Klägerin, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus D. , im Urkundsprozess gegen die Beklagte eine Forderung über 1.140,81 € nebst außergerichtli- cher Kosten und Zinsen geltend gemacht. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht S. am 27. Februar 2008 haben sich die Parteien verglichen (Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 24. April 2008). Hierbei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der gegeneinander aufgehobenen Kosten des Vergleichs übernommen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin unter anderem 303 € (2 x 0,30 € x 505 km) Fahrtkosten sowie 60 € Abwesenheitsgeld ihrer Prozessbevollmächtigten nach Nr. 7003, 7005 VV RVG geltend gemacht. Das Amtsgericht S. hat stattdessen lediglich die fiktiven Kosten eines in S. ansässigen Unterbevollmächtigten zur Teilnahme am Verhandlungstermin in Höhe von 65,75 € berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts S. durch ihren Vorsitzenden als Einzelrichter mit Beschluss vom 14. Mai 2009 zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO hat die 5. Zivilkammer - erneut durch den Vorsitzenden als Einzelrichter - mit Beschluss vom 8. Juli 2009 das Beschwerdeverfahren gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgeführt und den Beschluss vom 14. Mai 2009 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - dahingehend ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen wird. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam , weil der Einzelrichter entgegen § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Der angefochtene Beschluss unterliegt jedoch der Aufhebung, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzli- chen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte auf der Grundlage seiner Auffassung, wonach die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, nicht selbst entscheiden. Nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO überträgt der Einzelrichter das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Hierbei umfasst der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung - wie in § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und § 526 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO - neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie in § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO - genannten Fälle der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 154, 200, 202; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2006 - V ZB 178/05 - juris Rn. 11; 22. Januar 2008 - X ZB 27/07 - juris Rn. 5; 16. Juli 2009 - V ZB 45/09 - juris Rn. 7; 17. September 2009 - V ZB 44/09 - juris Rn. 5). Mit seiner gegenteiligen Entscheidung hat der Einzelrichter damit die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kammerkollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Dies führt wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Beschwerdegericht (BGH, aaO; siehe auch Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 66/05 - juris Rn. 3 zu § 17a Abs. 4 Satz 4-6 GVG).

III.


3
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
4
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, insoweit zu erstatten, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - juris Rn. 14 ff; 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858; 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - juris Rn. 19; 13. September 2005 - X ZB 30/04 - NJW-RR 2005, 1662; 16. April 2008 - XII ZB 214/04 - NJW 2008, 2122, 2123 f, Rn. 7, 14) stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine solche Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BVerfGE 103, 1, 16).
6
b) Soweit das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang - unter Bezugnahme auf den diesbezüglichen Hinweis der Beklagten, dass die Klägerin vorprozessual sowie im Klage- und im Kostenfestsetzungsverfahren durch unterschiedliche sachbearbeitende Rechtsanwälte vertreten gewesen sei - das Fehlen eines "besonderen" bzw. "speziellen" anwaltlichen Vertrauensverhältnisses , das die Anreise eines dieser Rechtsanwälte zum Termin nach S. gerechtfertigt habe, moniert hat, ist dies rechtsfehlerhaft.
7
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004, aaO Rn. 16; 13. September 2005, aaO; 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - NJW 2006, 3008, 3009, Rn. 13; 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - NJW-RR 2008, 1378, Rn. 8; 16. April 2008, aaO S. 2124, Rn. 19). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat. Abgesehen davon hat das Beschwerdegericht - selbst bei Zugrundelegung seiner Auffassung - nicht berücksichtigt, dass die Klägerin durchgängig durch Rechtsanwälte der Anwaltskanzlei B. aus D. vertreten worden ist, wobei Rechtsanwalt B. , der die mündliche Verhandlung in S. für die Klägerin wahrgenommen hat, im Übrigen bereits die Anspruchsbegründung vom 16. November 2007 sowie die Replik vom 11. Januar 2008 unterzeichnet, es sich mithin bei ihm ersichtlich um den im Prozess sachbearbeitenden Rechtsanwalt der Kanzlei gehandelt hat.

8
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann allerdings dann eingreifen , wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 20; 2. Dezember 2004, aaO Rn. 20 f; 28. Juni 2006, aaO Rn. 8; 16. April 2008, aaO Rn. 8). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, ist nicht ersichtlich und vom Beschwerdegericht auch nicht festgestellt worden. Nicht ausreichend ist es demgegenüber , wenn es sich - wie das Beschwerdegericht rückblickend meint - um einen einfach gelagerten Rechtsstreit handelt. Denn welche Schwierigkeiten die Führung eines Rechtsstreits aufwirft, ist für die rechtlich nicht versierte Partei in der Regel nicht überschaubar und hängt darüber hinaus wesentlich vom Verhalten der Gegenseite während des Prozesses ab (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 21).
9
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005, aaO; 11. Dezember 2007, aaO Rn. 9 f; siehe auch MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 66; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13, Stichwort: Reisekosten des Anwalts). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 17). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig. Dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - aaO Rn. 10).

IV.


10
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
11
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink

Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 07.07.2008 - 17 C 174/07 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 T 380/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 37/04
vom
14. September 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beauftragt eine vor einem auswärtigen Gericht klagende Partei einen in der Nähe
ihres Wohnsitzes ansässigen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Vertretung, sind die
Kosten des von diesem eingeschalteten Unterbevollmächtigten am Gerichtsort jedenfalls
dann erstattungsfähig, wenn sie die (fiktiven) Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten
am Wohnsitz der Partei nicht erheblich übersteigen.
BGH, Beschluß vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04 - LG Zwickau
AG Zwickau
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. September 2004 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Zwickau vom 26. April 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als das Beschwerdegericht über mehr als 30,01 € Kopierkosten zuzüglich Umsatzsteuer zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 645,52 €

Gründe:

I.

Die Klägerin nahm den Beklagten vor dem Amtsgericht Z. auf Schadensersatz für Entgeltfortzahlung in Anspruch, weil ihr Mitarbeiter L. von dem Hund des Beklagten verletzt worden war. Die Klägerin ist geschäftsansässig in B.; ihr Prozeßbevollmächtigter hat seinen Kanzleisitz etwa 75 km entfernt in P.. Die
Termine vor dem Amtsgericht Z. nahm Rechtsanwalt R. aus einer Kanzlei in Z. in Untervollmacht für die Klägerin und deren Prozeßbevollmächtigten wahr. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin legte - vertreten durch ihren Prozeßbevollmächtigten - Berufung ein. Vor dem Berufungsgericht trat wiederum Rechtsanwalt R. für die Klägerin auf. Die Parteien schlossen einen Vergleich. Der Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung eines Teilbetrages von 713,45 € an die Klägerin. Von den Kosten des Rechtsstreits übernahmen die Klägerin 1/4, der Beklagte 3/4. Die Klägerin beantragte Kostenausgleichung und brachte hierzu u.a. für den ersten Rechtszug je eine 10/10 Prozeß-, Verhandlungs- und Beweisgebühr sowie eine 10/10 Verkehrsanwaltsgebühr in Ansatz. Für die zweite Instanz begehrte sie die Berücksichtigung je einer 13/10 Prozeß-, Erörterungs- und Vergleichsgebühr sowie einer „Dokumentenpauschale“ von 30,01 € für 79 Ablichtungen. Zusätzlich verlangte sie Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten für den ersten Rechtszug in Höhe einer 5/10 Prozeßgebühr, einer 10/10 Verhandlungsgebühr und einer 10/10 Beweisgebühr sowie für den zweiten Rechtszug in Höhe einer 6,5/10 Prozeßgebühr und je einer 13/10 Verhandlungs- und Vergleichsgebühr. Das Amtsgericht Z. hat mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 13. Februar 2003 die erstattungsfähigen Kosten auf die Kosten eines Verkehrsanwalts und eines Prozeßbevollmächtigten am Gerichtsort bemessen. Das Landgericht Z. hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Wenn der Prozeßbevollmächtigte der Partei seinen Kanzleisitz in 75 km Entfernung vom Geschäftssitz der Partei habe, stehe das einem Falle gleich, in dem sich die Partei eines Rechtsanwalts an einem dritten Ort bediene. Dann aber seien die Reisekosten des Anwalts von diesem Drittort zum Gericht nicht zu ersetzen. Sie könnten daher nicht als Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Unterbevollmächtigten herangezogen werden. Vielmehr habe der Rechtsstreit schon wegen des örtlichen Bezugs zum
Gerichtsort durch einen Anwalt am Gerichtsort bearbeitet werden müssen. Das Amtsgericht habe daher die Kosten des Unterbevollmächtigten zu Recht abgesetzt. Gegen den am 5. Mai 2004 zugestellten Beschluß hat die Klägerin am 27. Mai 2004 Rechtsbeschwerde eingelegt und sie mit Schriftsatz vom selben Tag begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und zulässig (§ 575 Abs. 1 bis 3 ZPO). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. 1. Das Beschwerdegericht geht allerdings in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon aus, daß die Kosten eines Unterbevollmächtigten , der für den auswärtigen Prozeßbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, erstattungsfähig sind, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 f.; st.Rspr., zuletzt BGH, Beschluß vom 13. Juli 2004 - X ZB 40/03 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Es hält jedoch die Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten im vorliegenden Fall für nicht erstattungsfähig und will statt dessen die fiktiven Kosten eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts zuzüglich der Kosten für einen (fiktiven) Verkehrsanwalt ansetzen. Das wird von den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses nicht getragen. 2. Die unterlegene Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder
-verteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dementsprechend sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines Prozeßbevollmächtigten, der – wie hier – weder bei dem Prozeßgericht zugelassen noch am Gerichtsort ansässig ist, (nur) insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemißt sich danach , was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich ansehen durfte. In diesem Rahmen ist eine nicht am Gerichtsort ansässige Partei kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts mit ihrer Prozeßvertretung zu beauftragen. Vielmehr kann sie grundsätzlich die Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen , wenn dieser bei dem Prozeßgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort nicht ansässig ist. Dabei ist dem Bedarf an persönlichem Kontakt zwischen Partei und Anwalt sowie dem Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und dem von ihr ausgewählten Anwalt Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 – VIII ZB 30/02 – NJW 2003, 898, 899). Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Beauftragung eines in der Nähe des Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwalts eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist, kommt in Betracht, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschluß vom 13. Juli 2004 – X ZB 40/03). Eine weitere Ausnahme, bei der die unmittelbare Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei dem Prozeßgericht zumutbar sein kann, ist bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung denkbar, wenn die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber der Klage keine Einwendungen zu erheben. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines derartigen Ausnahmefalls sind nicht vorhanden. Allein daß die Sache tatsächliche Schwierigkeiten nicht aufweist und in
wirtschaftlicher Hinsicht von geringer Bedeutung ist, reicht hierfür nicht aus (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Oktober 2003 – VII ZB 45/02 – BGHReport 2004, 70, 71). Daß die Klägerin über eine Rechtsabteilung oder wenigstens über Mitarbeiter mit der für die Bearbeitung von Rechtsfällen erforderlichen Sachkunde verfügte , ist nicht ersichtlich. Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgesprochen hat, sind hiernach Reisekosten eines beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und weder am Gerichtsort noch am Geschäfts- oder Wohnort der Partei ansässigen Prozeßbevollmächtigten zur Terminswahrung jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der erstattungsfähigen Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858). Gleiches gilt für die Gebühren im Berufungsverfahren (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Mai 2004 - I ZB 27/03 – AGS 2004, 310 f.).
a) Nach diesen Grundsätzen durfte das Beschwerdegericht nicht allein darauf abstellen, daß der "Hausanwalt" der Klägerin nicht am Geschäftssitz der Klägerin, sondern 75 km hiervon entfernt seinen Kanzleisitz hatte. Vielmehr wäre zu prüfen gewesen, ob dadurch höhere Reisekosten entstanden wären als sie bei Beauftragung eines am Geschäftssitz der Klägerin tätigen Anwalts entstanden wären.
b) Sodann hätte das Beschwerdegericht die einem am Geschäftssitz der Klägerin tätigen Anwalt entstehenden (fiktiven) Reisekosten als Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Unterbevollmächtigten R. in Z. berücksichtigen müssen. Wenn die Kosten des Unterbevollmächtigten die (fiktiven) Reisekosten in erheblichem Umfang überstiegen, war seine Zuziehung nicht notwen-
dig (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Eine Erstattung kam dann nur in Höhe der Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in Betracht. Eine weitere Vergleichsberechnung unter Einbeziehung der Kosten eines (fiktiven) Verkehrsanwalts gemäß § 52 BRAGO sowie der Kosten eines (fiktiven) Prozeßbevollmächtigten am Gerichtsort war nicht erforderlich. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist auf einen solchen Fall weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 – VIII ZB 30/02 – aaO). Die Einschaltung eines Verkehrsanwalts (vgl. zur Beiordnung bei Prozeßkostenhilfe BGH, Beschluß vom 23. Juni 2004 – XII ZB 61/04 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) ist in der Regel nicht erforderlich.
c) Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Beschluß vom 11. März 2004 (aaO) offengelassen hat, ob ausnahmsweise durch die Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten entstehende Kosten zu erstatten sein können (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Dezember 2003 - I ZB 21/03 - VersR 2004, 1150), ist diese Frage auch vorliegend nicht abschließend zu entscheiden. Besondere Umstände für einen solchen Ausnahmefall trägt die Rechtsbeschwerde nicht vor. Die Klägerin hat Mehrkosten durch die Beauftragung eines Anwalts in P. statt in B. nicht geltend gemacht. Daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin bereits vorgerichtlich tätig gewesen sein soll und deshalb eine Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) angefallen sein mag, kann – entgegen dem Vortrag der Rechtsbeschwerde – nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu Lasten der beklagten Partei berücksichtigt werden. Die Geschäftsgebühr ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO auf die Gebühren des § 31 Abs. 1 BRAGO anzurechnen.
Nach allem kann die Klägerin für die Gebühren ihres Unterbevollmächtigten Kostenausgleichung verlangen, wenn diese die (fiktiven) Reisekosten eines "Hausanwalts" in B. nicht wesentlich überstiegen.

III.

Das Beschwerdegericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der entstandenen Reisekosten einschließlich der Abwesenheitsgelder getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben, soweit er über die Erstattung der Anwaltsgebühren zum Nachteil der Klägerin entschieden hat; ausgenommen hiervon bleibt die Abweisung hinsichtlich der Kosten für Ablichtungen (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Dezember 2002 - I ZB 25/02 - VersR 2004, 665 f.), die die Rechtsbeschwerde nicht angreift. Im
Umfang der Aufhebung ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 64/09
vom
28. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und
Tombrink

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 8. Juli 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 297,25 € festgesetzt.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I.


1
In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Klägerin, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus D. , im Urkundsprozess gegen die Beklagte eine Forderung über 1.140,81 € nebst außergerichtli- cher Kosten und Zinsen geltend gemacht. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht S. am 27. Februar 2008 haben sich die Parteien verglichen (Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 24. April 2008). Hierbei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der gegeneinander aufgehobenen Kosten des Vergleichs übernommen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin unter anderem 303 € (2 x 0,30 € x 505 km) Fahrtkosten sowie 60 € Abwesenheitsgeld ihrer Prozessbevollmächtigten nach Nr. 7003, 7005 VV RVG geltend gemacht. Das Amtsgericht S. hat stattdessen lediglich die fiktiven Kosten eines in S. ansässigen Unterbevollmächtigten zur Teilnahme am Verhandlungstermin in Höhe von 65,75 € berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts S. durch ihren Vorsitzenden als Einzelrichter mit Beschluss vom 14. Mai 2009 zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO hat die 5. Zivilkammer - erneut durch den Vorsitzenden als Einzelrichter - mit Beschluss vom 8. Juli 2009 das Beschwerdeverfahren gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgeführt und den Beschluss vom 14. Mai 2009 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - dahingehend ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen wird. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam , weil der Einzelrichter entgegen § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Der angefochtene Beschluss unterliegt jedoch der Aufhebung, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzli- chen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte auf der Grundlage seiner Auffassung, wonach die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, nicht selbst entscheiden. Nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO überträgt der Einzelrichter das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Hierbei umfasst der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung - wie in § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und § 526 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO - neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie in § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO - genannten Fälle der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 154, 200, 202; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2006 - V ZB 178/05 - juris Rn. 11; 22. Januar 2008 - X ZB 27/07 - juris Rn. 5; 16. Juli 2009 - V ZB 45/09 - juris Rn. 7; 17. September 2009 - V ZB 44/09 - juris Rn. 5). Mit seiner gegenteiligen Entscheidung hat der Einzelrichter damit die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kammerkollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Dies führt wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Beschwerdegericht (BGH, aaO; siehe auch Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - III ZB 66/05 - juris Rn. 3 zu § 17a Abs. 4 Satz 4-6 GVG).

III.


3
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
4
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, insoweit zu erstatten, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - juris Rn. 14 ff; 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858; 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - juris Rn. 19; 13. September 2005 - X ZB 30/04 - NJW-RR 2005, 1662; 16. April 2008 - XII ZB 214/04 - NJW 2008, 2122, 2123 f, Rn. 7, 14) stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine solche Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BVerfGE 103, 1, 16).
6
b) Soweit das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang - unter Bezugnahme auf den diesbezüglichen Hinweis der Beklagten, dass die Klägerin vorprozessual sowie im Klage- und im Kostenfestsetzungsverfahren durch unterschiedliche sachbearbeitende Rechtsanwälte vertreten gewesen sei - das Fehlen eines "besonderen" bzw. "speziellen" anwaltlichen Vertrauensverhältnisses , das die Anreise eines dieser Rechtsanwälte zum Termin nach S. gerechtfertigt habe, moniert hat, ist dies rechtsfehlerhaft.
7
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004, aaO Rn. 16; 13. September 2005, aaO; 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - NJW 2006, 3008, 3009, Rn. 13; 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - NJW-RR 2008, 1378, Rn. 8; 16. April 2008, aaO S. 2124, Rn. 19). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat. Abgesehen davon hat das Beschwerdegericht - selbst bei Zugrundelegung seiner Auffassung - nicht berücksichtigt, dass die Klägerin durchgängig durch Rechtsanwälte der Anwaltskanzlei B. aus D. vertreten worden ist, wobei Rechtsanwalt B. , der die mündliche Verhandlung in S. für die Klägerin wahrgenommen hat, im Übrigen bereits die Anspruchsbegründung vom 16. November 2007 sowie die Replik vom 11. Januar 2008 unterzeichnet, es sich mithin bei ihm ersichtlich um den im Prozess sachbearbeitenden Rechtsanwalt der Kanzlei gehandelt hat.

8
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann allerdings dann eingreifen , wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 20; 2. Dezember 2004, aaO Rn. 20 f; 28. Juni 2006, aaO Rn. 8; 16. April 2008, aaO Rn. 8). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, ist nicht ersichtlich und vom Beschwerdegericht auch nicht festgestellt worden. Nicht ausreichend ist es demgegenüber , wenn es sich - wie das Beschwerdegericht rückblickend meint - um einen einfach gelagerten Rechtsstreit handelt. Denn welche Schwierigkeiten die Führung eines Rechtsstreits aufwirft, ist für die rechtlich nicht versierte Partei in der Regel nicht überschaubar und hängt darüber hinaus wesentlich vom Verhalten der Gegenseite während des Prozesses ab (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 21).
9
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005, aaO; 11. Dezember 2007, aaO Rn. 9 f; siehe auch MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 66; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13, Stichwort: Reisekosten des Anwalts). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002, aaO Rn. 17). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig. Dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07 - aaO Rn. 10).

IV.


10
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
11
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink

Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 07.07.2008 - 17 C 174/07 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 08.07.2009 - 5 T 380/08 -
8
Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO umfassen die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten auch die Reisekosten eines Rechtsanwalts , der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts zugelassen ist und am Ort der Prozesspartei auch nicht wohnt, nur insoweit, als die Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Macht die obsiegende Partei Reisekosten eines Rechtsanwalts geltend, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (st. Rspr.; z.B. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13 mwN).
13
b) Im Grundsatz ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts , dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnoder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, NJW-RR 2004, 855, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt III; Beschl. v. 11.3.2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rdn. 17; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Reisekosten des Anwalts", m.w.N.).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach der Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Rechte ergeht, ist für die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.