Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Sept. 2016 - 6 W 47/16

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2016:0926.6W47.16.0A
26.09.2016

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 28. April 2016 geändert:

Die nach dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 27. Januar 2016 von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf

1.378,79 €

festgesetzt.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 308,79 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Klägervertreters. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. GmbH & Co, KG die als Publikums-KG organisiert ist. Er wurde im hiesigen Verfahren vertreten durch eine in Berlin und S. ansässige Rechtsanwaltskanzlei. Der Beklagte hatte als Kommanditist der vorgenannten Insolvenzschuldnerin eine Einlageverpflichtung in Höhe von 60.000,00 DM übernommen. Im hiesigen Verfahren nahm der Kläger den Beklagten in Höhe von 5.427,10 € in Haftung und begründete dies damit, dass die in den Jahren 1999, 2005 und 2006 erfolgten Ausschüttungen an den Beklagten gem. § 172 Abs.4 Abs.2 HGB eine teilweise Rückgewähr der Kommanditeinlage darstellten. Zu der mündlichen Verhandlung des Landgerichts Frankenthal vom 15. Januar 2015 reiste der Klägervertreter aus Berlin an. Nachdem in der mündlichen Verhandlung im Einvernehmen mit den Parteien ein Wechsel ins schriftliche Verfahren erfolgte, erkannte der Beklagte die Klageforderung an. Das Landgericht erlegte dem Beklagten mit Anerkenntnisurteil vom 27.Januar 2016 die Kosten des Rechtsstreits auf.

2

Im Kostenfestsetzungsverfahren verlangte der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger die Festsetzung zu erstattender Kosten in Höhe von 1.939,41 € (Bl. 173 ff d.A.). Hierin sind neben weiteren Positionen Taxi-, Bahn- und Flugkosten gem. Nr. 7004 VV RVG in Höhe von 195,06 €, Tage und Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV RVG in Höhe von 40,00 € sowie Übernachtungskosten (1/2) gem. Nr.7006 VV RVG in Höhe von 73,73 €, mithin Anreise- und Übernachtungskosten in Höhe von insgesamt 308,79 € enthalten. Da der Kläger am Folgetag einen Gerichtstermin vor dem Landgericht Mainz wahrgenommen hatte, brachte er die Übernachtungskosten sowie die Kosten der Flugreise von Berlin nach Frankfurt am Main sowie das Bahnticket für die Fahrt von Frankenthal nach Mainz nur hälftig in Ansatz. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Schriftsätze vom 02.02.2016 (Bl. 173 ff d.A.) und vom 16.08.2016 (Bl. 250 ff d.A.).

3

Die Rechtspflegerin des Landgerichts setzte die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 28. April 2016 auf 1.070,00 € fest. Die geltend gemachten Fahrtkosten seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erstattungsfähig, da es dem Insolvenzverwalter zuzumuten sei, einen Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zu beauftragen. Darüber hinaus brachte sie Gerichtskosten nur in Höhe von 165,00 € in Ansatz und hielt die geltend gemachte Mehrwertsteuer aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers für nicht erstattungsfähig.

4

Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Kläger die Reise- und Übernachtungskosten in Höhe von 308,79 € netto weiter. Er trägt vor, der Kläger habe im Rahmen des Insolvenzverfahrens Ansprüche gegen eine Vielzahl von Gesellschaftern im gesamten Bundesgebiet geltend zu machen. Wenn der Kläger in jedem Fall einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragen würde, wäre die Rechtsverfolgung erheblich erschwert.

5

Der Beklagte verteidigt die Entscheidung der Rechtspflegerin und trägt vor, der Kläger sei als Rechtsanwalt in der Lage gewesen, einen Prozessbevollmächtigten am Gerichtort sachgerecht zu informieren. Überdies lasse die Angelegenheit keinen Raum für besondere fachliche und juristische Spezialkenntnisse.

II.

6

Die zulässige sofortige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 568 Satz ZPO in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist begründet. Die geltend gemachten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

7

1. Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Insoweit darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH, Beschluss vom 02. Dezember 2004, Az. I ZB 4/04 - MDR 2005, 417; Beschl. v. 16.Oktober.2002, Az VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 899; ). Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 25.Oktober.2011, Az. VIII ZB 93/10 - NJW-RR 2012, 695 ; Beschl. v. 12.Dezember.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901).

8

In Anwendung dieser Grundsätze kann dem Kläger im Ergebnis die Erstattung der Reisekosten nicht mit der Begründung versagt werden, dass sie im Falle der Mandatierung eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwaltes nicht angefallen wären.

9

a) Auch wenn die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- und Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwaltes durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darstellt, ist die Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs.2 Satz 1 ZPO nach gefestigter Rechtsprechung zwar gleichwohl zu verneinen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nicht nur regelmäßig dann anzunehmen, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache erarbeitende Rechtsabteilung verfügt und aus diesem Grund in der Lage ist, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Bevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2003, Az I ZB 36/02 - NJW 2003, 2027, 2028). Diese für ein Gewerbeunternehmen entwickelten Grundsätze sind auch auf einen als Rechtsanwalt zugelassenen Insolvenzverwalter übertragen worden, da dieser in gleicher Weise ohne Weiteres imstande ist, einen am Prozessgericht tätigen Rechtsanwalt sachgerecht über den Gegenstand des jeweiligen Verfahrens zu unterrichten (BGH, Beschluss vom 13. Juni.2006, Az. IX ZB 44/04 - NJW-RR 2007, 129; Beschluss vom 08.März 2012, Az. IX ZB 174/10 - NJW-RR 2012, 698).

10

b) Vorliegend erscheint die Mandatierung eines auswärtigen Anwalts trotz der dadurch entstehenden Mehrkosten gleichwohl geboten vor dem Hintergrund dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine Vielzahl gleichartiger Zivilprozesse zu führen hatte, in denen an verschiedenen Gerichtsorten jeweils die Kommanditisten der Insolvenzschuldnerin in Anspruch zu nehmen waren. Zum einen wird der Rechtsanwalt, der mit einer großen Zahl an gleichartigen Verfahren von einer und derselben Partei betraut wurde, bereits dadurch zum Spezialisten. Denn er ist verlässlicher als jeder andere Rechtsanwalt mit den tatsächlichen und rechtlichen Eigentümlichkeiten der Ansprüche vertraut, die der Kläger gerichtlich vielerorts verfolgen muss (Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 03.06.2008 - Az 3 W 549 u. 550/08 - Juris). Der Rechtsanwalt, der alle gleichartigen Verfahren für eine Partei führt, erhält dadurch einen Gesamtüberblick, wie ihn ein Rechtsanwalt, der nur einziges Verfahren am Gericht seines Kanzleisitzes führt, nie haben kann. Wird etwa der Vortrag durch ein Instanzgericht als unzureichend erachtet, kann er auch in allen Verfahren nachbessern. Aus diesem Grund wird eine vernünftige Partei im wohlverstandenen eigenen Interesse auch in Anbetracht der dadurch entstehenden Mehrkosten nur einen Rechtsanwalt mit der Führung aller Verfahren mandatieren.

11

Überdies ist es einer Partei bei massenhaft anfallender Gerichtsverfahren (hier: Klagen gegen weit über 100 Kommanditisten) nicht zumutbar, verteilt auf das gesamte Bundesgebiet Rechtsanwälte am jeweiligen Prozessgericht zu mandatieren (vgl. Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 02. Mai 2008, Az 7 W 12/08). Auch wenn es dem Kläger als Rechtsanwalt möglich wäre, an jedem Gerichtsort einen ortsansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen und zur Führung des Verfahrens zu unterrichten, so sind die dadurch eintretenden Reibungsverluste für den Kläger nicht hinnehmbar. Die notwendige Korrespondenz mit einer Vielzahl an Rechtsanwälten würde für den Kläger einen erheblichen personellen Aufwand bedeuten. Insoweit ist die Situation nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise vergleichbar mit dem Fall einer bundesweit tätigen Versicherungsgesellschaft, die alle ihre Rechtstreitigkeiten nach endgültiger Leistungsablehnung durch einen Rechtsanwalt bearbeiten lässt, mit dem sie in ständigen Geschäftsbeziehungen steht (sog. „Hausanwalt“). Hier hält der BGH die (in diesem Fall fiktiven) Reisekosten für erstattungsfähig und lehnt einen Verweis auf die Möglichkeit, einen Bevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen, obgleich die Versicherung - ähnlich wie vorliegend der Kläger - zur Instruktion auswärtiger Rechtsanwälte grundsätzlich in der Lage gewesen wäre (BGH NJW 2006, 3008).

12

2. Die geltend gemachten Fahrt- und Übernachtungskosten sind auch der Höhe nach erstattungsfähig. Indem der Klägervertreter die Terminswahrnehmung im hiesigen Verfahren mit der Wahrnehmung eines Termins vor Landgericht Mainz am Folgetag verband und infolgedessen die Kosten der Anreise überwiegend nur hälftig in Ansatz brachte, wählte er trotz der dadurch entstandenen (hälftigen) Übernachtungskosten die kostengünstigste Form der Anreise. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die unstreitigen Ausführungen in den Schriftsätzen vom 02.02.2016 (Bl. 173 ff d.A.) und vom 16.08.2016 (Bl. 250 ff d.A.). Die geltend gemachten Reise- und Übernachtungskosten sind auch offensichtlich geringer als die (fiktiven) Reisekosten eines am Geschäftsort des Klägers in Hamburg ansässigen Rechtsanwaltes, sodass auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsprechung des BGH zum „Rechtsanwalt am dritten Ort“ (vgl. BGH, Beschluss vom 25.Oktober 2011, VIII ZB 93/10 - Juris) keine Kürzung vorgenommen werden kann.

III.

13

Die Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 91 Abs.1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 47 Abs.1, 48 Abs.1 Satz 1 GKG, 2, 3 ZPO. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

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(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 4/04
vom
2. Dezember 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterbevollmächtigter III
Zur Frage, ob es für ein Unternehmen, das keine Rechtsabteilung eingerichtet
hat, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen einen wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruch im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig
ist, eine Rechtsanwaltskanzlei am Geschäftsort als Hauptbevollmächtigten
hinzuzuziehen, wenn diese Kanzlei ständig mit der Bearbeitung sämtlicher
im Unternehmen anfallender Rechtsangelegenheiten beauftragt ist.
BGH, Beschl. v. 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 486,89 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte ist ein in M. ansässiges Presseunternehmen. Sie hat keine eigene Rechtsabteilung eingerichtet. Seit mehr als einem Jahrzehnt werden sämtliche Rechtsangelegenheiten des Konzerns, zu dem die Beklagte gehört, von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. S. am Sitz der Beklagten bearbeitet. Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte diese Kanzlei mit der Prozeßführung beauftragt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidriger Werbung gegen die Beklagte geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln am 28. Februar 2002 hat sich die Beklagte durch einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalt als Unterbevollmächtigten vertreten lassen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen. Dementsprechend wurden ihr durch Beschluß des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte u.a. beantragt, neben den bei ihren Prozeßbevollmächtigten in M. angefallenen Kosten auch die Kosten ihres Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts festzusetzen.
Das Landgericht hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten nur in Höhe derjenigen Kosten als erstattungsfähig anerkannt, die der Beklagten erwachsen wären, wenn sie einen am Ort des Prozeßgerichts tätigen Rechtsanwalt zum Prozeßbevollmächtigten bestellt und diesen schriftlich und ergänzend telefonisch über den maßgeblichen Sachverhalt unterrichtet hätte.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Beklagte beantragt, die durch die Mitwirkung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten in vollem Umfang anzusetzen.
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Kostenfestsetzungsantrag im Umfang ihrer sofortigen Beschwerde weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Kosten des mit der Wahrnehmung des Termins beim Landgericht Köln beauftragten unterbevollmächtigten Rechtsanwalts wären auch dann nicht voll zu erstatten, wenn die Beklagte einen Rechtsanwalt an ihrem Geschäftssitz zum Prozeßbevollmächtigten hätte bestellen dürfen, ohne Nachteile bei der Kostenerstattung in Kauf nehmen zu müssen. Die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten wären dann nur insoweit in Ansatz zu bringen, als sie die Kosten nicht wesentlich überstiegen, die durch die Fahrt des Hauptbevollmächtigten zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung entstanden wären.
Die Beklagte habe jedoch im Zusammenhang mit dem Verhandlungstermin des Landgerichts durch die Einschaltung des Unterbevollmächtigten keine Reisekosten erspart, weil sie erstattungsrechtlich gehalten gewesen sei, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Eines eingehenden Mandantengesprächs am Sitz ihres Unternehmens habe es nicht bedurft.
Dem Vorstand der Konzernmutter der Beklagten gehöre als assoziiertes Mitglied Rechtsanwalt Prof. Dr. S. mit dem Aufgabengebiet "Recht" an. Dessen Kanzlei bearbeite sämtliche Rechtsangelegenheiten der dem Konzern angehörenden Unternehmen. Die Tätigkeit dieser in die Anwaltskanzlei integrierten Rechtsabteilung der Konzernmutter der Beklagten erstrecke sich auf alle Gebiete des Unternehmensrechts sowie auf presse- und medienrechtliche Spezialgebiete. Dies rechtfertige die Annahme, daß die Beklagte häufiger gezwungen sei, sich mit Rechtsangelegenheiten zu befassen, die aus ihrer geschäftlichen Betätigung hervorgegangen seien. Es könne daher von ihr erwartet werden, daß sie selbst über die Mitarbeiter verfüge, die zur Bearbeitung solcher unternehmensbezogenen Rechtssachen geeignet seien. Es stehe der Beklagten selbstverständlich frei, ob sie eine eigene Rechtsabteilung unterhalte oder ob sie die Aufgaben einer nach Art und Umfang ihres Geschäftsbetriebs an sich notwendigen Rechtsabteilung von Rechtsanwälten wahrnehmen lasse, weil sich dies als organisatorisch zweckmäßig und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen habe. Das ändere jedoch nichts daran, daß es sich im einen wie im anderen Fall um allgemeine Geschäftskosten handele, die auch insoweit, als sie durch den Rechtsstreit veranlaßt worden seien, eigene Bearbeitungskosten blieben. Diese könnten - wie der sonstige mit eigenen Prozeß- und Rechtsangelegenheiten verbundene Arbeitsaufwand - nicht durch die Beauftragung Dritter auf den Prozeßgegner abgewälzt werden. Die Beklagte müsse sich deshalb erstattungsrechtlich so behandeln lassen, als hätte sie die Aussichten ihrer Rechtsverteidi-
gung selbst hinreichend zuverlässig beurteilen und den maßgeblichen Tatsachenstoff einem Kölner Rechtsanwalt schriftlich und telefonisch übermitteln können.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Die Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, können nur ersetzt werden, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren.
Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430; Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II, m.w.N.).
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs - oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I).

Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozeßbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (vgl. BGH NJW 2003, 898 f.; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 4). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig , wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
3. Das Beschwerdegericht hat danach die Kosten des Unterbevollmächtigten zu Unrecht als in vollem Umfang nicht erstattungsfähig angesehen.

a) Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei ist in der Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen, weil ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.3.2004 - VIII ZB 145/03, FamRZ 2004, 866 m.w.N.). Dabei ist bei einem Unternehmen, das laufend Rechtsstreitigkeiten zu führen hat, auch das Interesse zu berücksichtigen, mit besonders sachkundigen Rechtsanwälten seines Vertrauens am Ort zusammenzuarbeiten.

b) Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Man-
dantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH NJW 2003, 898, 901; BGH, Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 = NJW 2003, 2027 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, GRUR 2004, 448 = WRP 2004, 495 = NJW-RR 2004, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 5).
aa) Dies kann der Fall sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH GRUR 2004, 448 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.). Dies ist bei der Beklagten jedoch unstreitig nicht der Fall.
bb) Die Beklagte muß sich bei der Beurteilung, ob ihre Aufwendungen zur Rechtsverteidigung notwendig waren, auch nicht so behandeln lassen, als habe sie eine Rechtsabteilung eingerichtet. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 430). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschl. v. 25.3.2004 - I ZB 28/03, GRUR 2004, 623 = WRP 2004, 777 = NJW-RR 2004, 857 - Unterbevollmächtigter I; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II). Dies gilt auch dann, wenn eine Partei, wie hier die Beklagte, ständig eine bestimmte Anwaltskanzlei mit der Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten, die nicht zu ihrem eigentlichen Unternehmensgegenstand gehören, beauftragt und dadurch die Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung entbehrlich macht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß nicht erwartet werden kann, daß die Be-
klagte oder ihre Konzernmutter als Presseunternehmen gerade auch Mitarbeiter beschäftigen, die mit dem Recht des unlauteren Wettbewerbs vertraut sind.
4. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Die Sache war an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen zu den fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten trifft.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 93/10
vom
25. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Macht die bei einem auswärtigen Gericht klagende Partei Reisekosten eines
Rechtsanwalts geltend, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort
der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten
regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder
Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (Fortführung von
BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8; vom
13. September 2011 - VI ZB 9/10, juris Rn. 9; jeweils mwN).

b) Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder
Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten
(Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02,
NJW 2003, 901 unter II 2 b aa - Auswärtiger Rechtsanwalt I; vom 2. Dezember
2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 unter II 2 - Unterbevollmächtigter III; vom
13. September 2005 - X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662 unter II 2 - Auswärtiger
Rechtsanwalt V; vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 13; vom
16. April 2008 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 19; vom 28. Januar 2010
- III ZB 64/09, JurBüro 2010, 369 unter [III] b; vom 13. September 2011 - VI ZB
9/10, juris Rn. 8). Für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten bedarf es daher
nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden
Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat (Anschluss
an BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZB 93/10 - LG Tübingen
AG Münsingen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 13. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 245,97 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien schlossen Anfang des Jahres 2006 einen (Finanzierungs-) Leasingvertrag über ein EC-Karten-Zahlungsterminal. Da der Beklagte ab April 2008 die monatlichen Leasingraten nicht mehr zahlte, erklärte die Klägerin am 1. Juli 2008 unter Berufung auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen die fristlose Kündigung des Leasingvertrages und forderte den Beklagten erfolglos zur Zahlung der Leasingraten für April bis Juni 2008 sowie zur Zahlung von Schadensersatz für die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages auf. Am 27. Oktober 2008 erwirkte die Klägerin einen Mahnbescheid über diese Forde- rungen, gegen den der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch erhob.
2
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2009 teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten der Klägerin mit, er habe den Vertrag inzwischen geprüft und festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin "vom Grunde her berechtigt" sei; nach Mitteilung der endgültigen Forderung unter Berücksichtigung des Verwertungserlöses werde er dem Beklagten empfehlen, die Forderung zu begleichen und den Widerspruch gegen den Mahnbescheid in dieser Höhe zurückzunehmen.
3
Da beides nicht erfolgte, hat die anwaltlich vertretene Klägerin die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt und ihren Anspruch begründet. Der Beklagtenvertreter hat daraufhin Verteidigungsbereitschaft angezeigt und sich gegen die Höhe der geltend gemachten Mahn- und Bankrücklastschriftkosten gewandt, von der Ankündigung eines Sachantrags aber zunächst mit der Begründung abgesehen, der Beklagte habe seinen Kraftfahrzeughandel aufgegeben und sei völlig mittellos, so dass - wie schon außergerichtlich - vorgeschla- gen werde, im Wege eines Vergleichs 300 € zur Erledigung aller streitgegen- ständlichen Ansprüche zu zahlen. Die Klägerin hat dieses Vergleichsangebot nicht angenommen. Daraufhin hat sich der Beklagtenvertreter schriftsätzlich gegen die Klageforderung gewandt und hierzu ausgeführt, der Leasingvertrag sei wegen Wuchers gemäß § 138 BGB nichtig, hilfsweise werde der von der Klägerin bei der Verwertung des Leasingobjekts erzielte Erlös als zu niedrig beanstandet.
4
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 8. April 2010 hat der Beklagte den gegen ihn geltend gemachten Anspruch anerkannt und ist daraufhin seinem Anerkenntnis gemäß - kostenpflichtig - verurteilt worden.
5
Hierauf gestützt hat die Klägerin Kostenfestsetzung beantragt und hierbei unter anderem die Festsetzung der Reisekosten des Klägervertreters für die Fahrt von dessen Kanzlei zum Gerichtsort begehrt (Fahrtkosten in Höhe von 252 € für insgesamt 842 km und Abwesenheitsgeld in Höhe von 60 €). Der Be- klagte ist (nur) der Festsetzung der Reisekosten entgegengetreten.
6
Das Amtsgericht hat die vom Beklagten zu erstattenden Kosten der Klägerin auf 298,88 € festgesetzt. Dabei hat es an Stelle der geltend gemachten Kosten für die Reise des Klägervertreters zum Gerichtsort die Kosten angesetzt , die bei der Beauftragung eines Unterbevollmächtigten mit Sitz am Gerichtsort angefallen wären.
7
Die von der Klägerin hiergegen mit dem Ziel der antragsgemäßen Festsetzung der Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr über den angefochtenen Beschluss hinausgehendes Kostenfestsetzungsbegehren weiter.

II.

8
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO) hat Erfolg.
9
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht seien statt der mit dem Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachten Reisekosten nur die Kosten eines fiktiven Unterbevollmächtigten anzusetzen. Für die Klägerin habe bei der hier gegebenen Sachlage trotz der dauernden Zusammenarbeit mit ihrem Rechtsanwalt keine Veranlassung bestanden, diesen mit der Wahrneh- mung des Güte- und Verhandlungstermins zu beauftragen und hierdurch Reisekosten zu verursachen, die nahezu ein Drittel der Hauptforderung ausmachten. Diese Kosten seien nicht notwendig gewesen, da die Klägerin die Wahrnehmung des Verhandlungstermins ohne jeden Verzicht auf die wirksame und sachgerechte Vertretung ihrer Ansprüche auf einen billigeren Unterbevollmächtigten hätte übertragen können.
10
2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
a) Reisekosten eines Rechtsanwalts, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (st. Rspr.; z.B. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13 mwN - Auswärtiger Rechtsanwalt VI). Dies führt hier jedoch schon deshalb nicht zu einer Einschränkung der Erstattungsfähigkeit der beantragten Reisekosten, weil die Entfernung von der Kanzlei des Klägervertreters zum Gerichtsort unstreitig geringer ist als diejenige vom Geschäftsort der Klägerin zum Gerichtsort und die Klägerin daher im Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten angemeldet hat, als sie bei einem am Geschäftsort der Klägerin ansässigen Rechtsanwalt angefallen wären (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 unter II 2 b (1) und (2); vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, NJW-RR 2008, 1378 Rn. 5 f.; vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, juris Rn. 9).
12
b) Die Erstattungsfähigkeit der hier geltend gemachten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist mithin entsprechend dem nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, WM 2003, 1617 unter [B] II 2 b bb; BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, aaO unter II 2 a; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 unter II 3 a - Unterbevollmächtigter III; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 7; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, JurBüro 2010, 369 unter [III] a mwN) geltenden Grundsatz zu beurteilen, dass sich die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt. Ein tragender Grund für diese Annahme einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch zwischen der Partei und dem Rechtsanwalt erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 103, 1, 16) im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
13
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (BGH, Be- schlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901 unter II 2 b aa - Auswärtiger Rechtsanwalt I; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04, aaO unter II 2; vom 13. September 2005 - X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662 unter II 2 - Auswärtiger Rechtsanwalt V; vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 13; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, aaO Rn. 19; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO unter [III] b; vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, aaO Rn. 8). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der - hier vom Beschwerdegericht allerdings getroffenen - Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
14
c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann jedoch dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04, NJW-RR 2005, 707 unter II 2; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, aaO Rn. 8; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO mwN).
15
So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Die Klägerin verfügt unstreitig nicht über eine Rechtsabteilung. Auch stellte sich der Fall vor der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) so dar, dass zu erwarten gewesen wäre, der Beklagte werde gegenüber der Klage keine Einwendungen erheben. Mag der Fall sich auch anfänglich so dargestellt haben, dass von einer Versicherung des Beklagten , gegenüber der Klage keine Einwendungen zu erheben, ausgegangen werden konnte, so trat durch den Inhalt des letzten Schriftsatzes des Beklagtenvertreters eine wesentliche Änderung der Sachlage ein. Denn der Beklagte wandte sich nun nicht nur - wie zuvor - gegen einen Teil der Nebenforderungen, sondern stellte zudem die Hauptforderung vollumfänglich in Abrede. Bei dieser Sachlage ist kein Raum für die Annahme des Beschwerdegerichts, die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin stelle keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar.
16
d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO [III] unter d mwN). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO unter [B] II 2 b bb (1); BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungs- termins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
17
Dass im vorliegenden Fall, wie das Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt hat, die von der Klägerin im Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachten Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten nahezu ein Drittel der Hauptforderung ausmachen, ändert hieran nichts. Denn selbst dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit grundsätzlich keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, aaO Rn. 10; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO). Das Gesetz schützt die Parteien auch sonst nicht davor, dass sich ihr im Falle eines Rechtsstreits bestehendes Kostenrisiko durch in der Sphäre des Gegners liegende Umstände wie etwa durch eine von ihm vorgenommene Abtretung des streitigen Anspruchs oder durch eine Verlegung seines Wohn- oder Geschäftssitzes erhöht (Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, aaO Rn. 11; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, aaO Rn. 16).

III.

18
Das Beschwerdegericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Wahrnehmung des Termins bei dem Amtsgericht Münsingen entstandenen Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststel- lungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 599 ZPO). Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 3 ZPO), damit die erforderlichen Feststellungen zur Höhe der über den Betrag von 298,88 € hinaus festzusetzenden Kosten getroffen werden können. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Münsingen, Entscheidung vom 20.08.2010 - 2 C 277/09 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 13.12.2010 - 5 T 369/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. Dezember 2002
I ZB 29/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit
ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwar
postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden
Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,
wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig
war.
BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002 – I ZB 29/02 – OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg
, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 esetzt.

Gründe:


I. Die bis Juli 2000 in Pfinztal-Söllingen im Landgerichtsbezirk Karlsruhe und danach in Eisenach ansässige Beklagte wurde vor dem Landgericht Karlsruhe mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrer Vertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in Stuttgart ansässigen überörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereits außergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe nahm für sie ein Stuttgarter Rechtsanwalt dieser Sozietät wahr, der beim Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Karlsruhe hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe durch ihre Prozeßbevollmächtigten begehrt:
Termin vom 18.10.2000: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Parkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO 8,00 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 60,00 DM Termin vom 2.5.2001: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 30,00 DM Summe 245,68 DM
Hiervon hat das Landgericht lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der Beklagten im Falle der Beauftragung eines Karlsruher Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstanden wären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zinsen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Stuttgarter statt eines Karlsruher Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem Land-
gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen Landgericht postulationsfä- hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätigkeitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß Prozeßkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstatten seien. Die Zuziehung eines in Stuttgart ansässigen statt eines Karlsruher Rechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte schon außergerichtlich für die Beklagte tätig gewesen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt allein davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Stuttgart ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zugelassenen , aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts generell nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall – entgegen einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 96, 97; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 18; Bischof, MDR 2000, 1357, 1359) – keine Anwendung. Wie der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 16. Oktober 2002 (VIII ZB 30/02, Umdruck S. 7 ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer entsprechenden Anwendung entgegen.

b) Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, daß die Beklagte im eigenen Gerichtsstand in Karlsruhe verklagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt hat, der zwar vor dem Landgericht Karlsruhe auftreten konnte (§ 78 Abs. 1 ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung jedoch einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der an einem dritten Ort – also weder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts – ansässig ist.
Für die zweite Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob regelmäßig auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werden kann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstellation zu verneinen, in der die Partei – wie vorliegend – im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (ebenso OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202).
aa) Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist,
steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht.
bb) Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige, kostenbewußte Partei, die im Anwaltsprozeß am eigenen Sitz klagen möchte oder am eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei hat, in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden für diejenigen Fälle, in denen eine Partei vor einem auswärtigen Gericht klagen möchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine Partei, die einen Prozeß im eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung.
cc) Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts notwendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahme aber nicht vor.
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint dann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht
beauftragt werden kann (vgl. MünchKomm.ZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; Zöller /Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt worden sind.
Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage , ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-
stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
10. April 2003
I ZB 36/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Auswärtiger Rechtsanwalt II
Beauftragt ein gewerbliches Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende
Rechtsabteilung verfügt, für die Führung eines Prozesses vor einem
auswärtigen Gericht einen am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalt,
sind dessen im Zusammenhang mit der Terminswahrnehmung anfallenden Reisekosten
im allgemeinen keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung oder
-verteidigung. Dies gilt grundsätzlich auch für das Verfahren der einstweiligen
Verfügung.
BGH, Beschl. v. 10. April 2003 – I ZB 36/02 – OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. April 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm
, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. September 2002 wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 609,78 esetzt.

Gründe:


I.


Die Verfügungsklägerin ist ein größeres, in Berlin ansässiges Mineralölunternehmen. In einem wettbewerbsrechtlichen Streit mit der Verfügungsbeklagten beauftragte sie die Rechtsanwälte einer in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München ansässigen überörtlichen Sozietät, die für sie beim Landgericht Mannheim eine Beschlußverfügung erwirkten und nach Widerspruch den Verhandlungstermin vor dem Landgericht wahrnahmen. Das Landgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und erlegte der Verfügungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Verfügungsklägerin beantragt, auch die Kosten der Reise ihres Berliner Prozeßbevollmächtigten zum Verhandlungs-
termin in Mannheim festzusetzen. Das Landgericht hat diesen Antrag abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Verfügungsklägerin, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Reisekosten weiterverfolgt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Berliner statt eines Mannheimer Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen.
Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt davon ab, ob es für die Verfügungsklägerin notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Berlin ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Diese Frage hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, daß es sich im allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 f.; Beschl. v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 – Auswärtiger Rechtsanwalt). Diese Regel kennt indessen Aus-
nahmen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH NJW 2003, 898, 901). In diesen Fällen ist davon auszugehen , daß der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist unter diesen Voraussetzungen weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen können Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens ebenfalls schriftlich oder telefonisch erfolgen. Im Hinblick auf die modernen Kommunikationsformen ist auch eine Verzögerung nicht zu befürchten , wenn ein am Sitz des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragt wird. Diese Grundsätze gelten auch für das Verfügungsverfahren (vgl. auch BGH NJW 2003, 898, 901).
Die Reisekosten des Berliner Anwalts sind danach im Streitfall keine notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts unterhält die Verfügungsklägerin eine eigene Rechtsabteilung; die Angelegenheit ist dort von einem Syndikus, also von einem Mitarbeiter mit juristischer Qualifikation, bearbeitet worden. Die Verfügungsklägerin hätte unter diesen Umständen einen Mannheimer Rechtsanwalt beauftragen und ihm die erforderlichen Informationen schriftlich zukommen lassen können. Besonderheiten des Sachverhalts, die eine persönliche Kontaktaufnahme erfordert hätten, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 174/10
vom
8. März 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beauftragt ein Insolvenzverwalter einen Anwalt der eigenen Kanzlei mit der Führung
eines Rechtsstreits vor einem auswärtigen Gericht, sind die Reisekosten des
beauftragten Anwalts vom Prozessgegner nicht zu erstatten (Fortführung BGH,
Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 44/04, ZIP 2006, 832).
BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 174/10 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 8. März 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 12. Juli 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 272,40 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Rechtsanwalt in Chemnitz und machte als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Aktiengesellschaft aus Chemnitz beim Amtsgericht Landshut gegen die Beklagte eine Forderung in Höhe von 1.859,54 € aus Insolvenzanfechtung gemäß § 131 Abs. 1 InsO geltend. Die Schuldnerin hatte nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im dritten Monat vor Eingang des Insolvenzantrages zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf eine titulierte Forderung der Beklagten eine Zahlung an den Gerichtsvollzieher geleistet, die der Kläger zurückverlangt.

2
Der Kläger wurde in dem Rechtsstreit von einer Rechtsanwältin aus seiner Kanzlei vertreten. Diese nahm den Gerichtstermin in Landshut wahr. Das Gericht gab der Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Juli 2009 statt.
3
Das Amtsgericht hat es im Kostenfestsetzungsverfahren abgelehnt, Fahrtkosten in Höhe von 212,40 € sowie 60 € Abwesenheitsgeld der Klägervertreterin gegen die Beklagte festzusetzen. Der Kläger sei als Rechtsanwalt in der Lage gewesen, einen Anwalt aus Landshut zu beauftragen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Festsetzungsbegehren weiter.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht meint, der Kläger sei in der Lage gewesen, einen Anwalt am Ort des Prozessgerichts zu beauftragen. Die Sache sei tatsächlich und rechtlich einfach gewesen. Auch in Landshut gebe es auf Insolvenzrecht spezialisierte Anwälte.
6
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, ein Anwalt am auswärtigen Gerichtsort müsse nur beauftragt werden, wenn ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sei, wie bei einem Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung. Zwar sei der Kläger ohne weiteres in der Lage, auswärtige Rechtsanwälte ausreichend zu instruieren. Der hierdurch verursachte zusätzliche Arbeitsaufwand könne aber nur durch Einstellung zusätzlichen qualifizierten Personals aufgefangen werden. Es sei notwendig, dass er in mehr als 150 Fällen jährlich einen Rechtsanwalt der eigenen Sozietät beauftrage, weil diese über die notwendigen Kenntnisse im Insolvenzrecht verfügten und sich an die von ihm gewünschte Art der Bearbeitung hielten. Es bestehe für ihn keine Obliegenheit , weitere Mitarbeiter einzustellen, vielmehr habe der Prozessgegner die Mehrkosten zu tragen.
7
2. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts sind zutreffend. Weitere Kosten sind nicht festzusetzen. Die geltend gemachten Reisekosten sowie das Abwesenheitsgeld sind nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO).
8
a) Die Zuziehung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt allerdings im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar. Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen, die in aller Regel in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgt (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900; vom 13. Juli 2004 - X ZB 40/03, NJW 2004, 3187; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 44/04, ZIP 2006, 1416 Rn. 4 f; vom 13. Dezember 2007 - IX ZB 112/05, WM 2008, 422 Rn. 7 je mwN).
9
b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt, sofern schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kann einmal anzunehmen sein, wenn es sich bei der Partei um ein Unternehmen handelt , das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2003 - I ZB 18/03, NJW-RR 2004, 856 f; vom 4. Juli 2005 - II ZB 14/04, NJW-RR 2005, 1591, 1592; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 8 mwN). Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch kann zum anderen entbehrlich sei, wenn die Sache vom Kläger selbst oder von Mitarbeitern bearbeitet wird, die in der Lage sind, einen am Gerichtsort seine Kanzlei unterhaltenden Prozessbevollmächtigten umfassend über das Streitverhältnis in Kenntnis zu setzen. Dies kann anzunehmen sein, wenn es sich um rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist (BGH, Beschluss vom 9. September 2004 - I ZB 5/04, NJW-RR 2004, 1724, 1725; vom 25. März 2004 - I ZB 28/03, NJW-RR 2004, 857 f; vom 13. Dezember 2007, aaO).
10
Der Bundesgerichtshof hat deshalb angenommen, dass die Beauftragung eines am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Hauptbevollmächtigten zur Führung eines Rechtsstreits vor einem auswärtigen Gericht in aller Regel keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO darstellt (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004, aaO S. 3188; vom 13. Juni 2006, aaO Rn. 6; vgl. für einen Steuerberater auch BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 8 f).
11
Ein als Rechtsanwalt zugelassener Insolvenzverwalter ist ohne weiteres imstande, einen am Prozessgericht tätigen Rechtsanwalt sachgerecht über den Gegenstand des jeweiligen Verfahrens zu unterrichten (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004, aaO; vom 4. Juli 2005 - II ZB 14/04, NZI 2006, 183, 184; vom 13. Juni 2006, aaO Rn. 6, 8; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 9). Dies gilt jedenfalls für den hier vorliegenden Rechtsstreit, der nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht umfangreich und schwierig gewesen ist. Unter diesen Umständen war ein eingehendes persönliches Mandantengespräch weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Im Anschluss an eine schriftliche Informationserteilung hätten Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens schriftlich, fernmündlich oder mit Hilfe anderer moderner Kommunikationsmittel erfolgen können. Das wird vom Rechtsbeschwerdeführer auch ausdrücklich bestätigt. Die Beauftragung des am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Prozessbevollmächtigten stellt demnach keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO dar (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006, aaO Rn. 8; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 9).
12
c) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2006 (IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 mwN) ergibt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Organisationsstruktur des Büros des Klägers nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat dort angenommen, dass ein Krankenversicherer, die über qualifiziertes Personal verfügt, um auswärtige Rechtsanwälte ausreichend informieren zu können, bei jährlich anfallenden 120 bis 150 Gerichtsverfahren berechtigt ist, stets denselben Hauptprozessbevollmächtigten zu beauftragen, dem er alle Fälle, in denen es nach endgültiger Leistungsablehnung zum Rechtsstreit kommt, dadurch zur weiteren weitgehend eigenständigen Bearbeitung überlässt. Aus diesem Grunde seien dort weder Mandantengespräche noch schriftliche Instruktionen erforderlich. Der Krankenversicherer sei nicht verpflichtet, eine andere Organisationsform zu wählen.
13
Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Situation bei einem Krankenversicherer unterscheidet sich grundlegend von derjenigen bei einem Insolvenzverwalter. Die im Laufe eines Insolvenzverfahrens möglicherweise nötig werdenden Prozesse sind in rechtlicher Hinsicht äußerst vielfältig, selbst innerhalb des Bereichs der Insolvenzanfechtung. Es handelt sich, anders als bei einem Krankenversicherer, nicht um stets dieselbe Struktur der zu führenden Prozesse. Der Verwalter kann auftretende Fragen nicht einem Anwaltsbüro zur selbständigen Beurteilung und Erledigung überlassen. Er muss gemäß seinen Verpflichtungen als Insolvenzverwalter vielmehr selbständig die Zweckmäßigkeit des weiteren Vorgehens in jedem Einzelfall selbst prüfen. Wenn er die Prozessführung einem anderen Anwalt überträgt, muss er ihn entsprechend unterrichten sowie die erforderlichen Unterlagen individuell zusammenstellen und zur Verfügung stellen. Das kann gegenüber einem auswärtigen, in Insolvenzsachen erfahrenen Anwalt in gleicher Weise geschehen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Landshut, Entscheidung vom 20.04.2010 - 9 C 2344/08 -
LG Landshut, Entscheidung vom 12.07.2010 - 33 T 1814/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 93/10
vom
25. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Macht die bei einem auswärtigen Gericht klagende Partei Reisekosten eines
Rechtsanwalts geltend, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort
der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten
regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder
Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (Fortführung von
BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8; vom
13. September 2011 - VI ZB 9/10, juris Rn. 9; jeweils mwN).

b) Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder
Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten
(Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02,
NJW 2003, 901 unter II 2 b aa - Auswärtiger Rechtsanwalt I; vom 2. Dezember
2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 unter II 2 - Unterbevollmächtigter III; vom
13. September 2005 - X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662 unter II 2 - Auswärtiger
Rechtsanwalt V; vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 13; vom
16. April 2008 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 19; vom 28. Januar 2010
- III ZB 64/09, JurBüro 2010, 369 unter [III] b; vom 13. September 2011 - VI ZB
9/10, juris Rn. 8). Für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten bedarf es daher
nicht der Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden
Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat (Anschluss
an BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZB 93/10 - LG Tübingen
AG Münsingen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 13. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 245,97 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien schlossen Anfang des Jahres 2006 einen (Finanzierungs-) Leasingvertrag über ein EC-Karten-Zahlungsterminal. Da der Beklagte ab April 2008 die monatlichen Leasingraten nicht mehr zahlte, erklärte die Klägerin am 1. Juli 2008 unter Berufung auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen die fristlose Kündigung des Leasingvertrages und forderte den Beklagten erfolglos zur Zahlung der Leasingraten für April bis Juni 2008 sowie zur Zahlung von Schadensersatz für die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages auf. Am 27. Oktober 2008 erwirkte die Klägerin einen Mahnbescheid über diese Forde- rungen, gegen den der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch erhob.
2
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2009 teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten der Klägerin mit, er habe den Vertrag inzwischen geprüft und festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin "vom Grunde her berechtigt" sei; nach Mitteilung der endgültigen Forderung unter Berücksichtigung des Verwertungserlöses werde er dem Beklagten empfehlen, die Forderung zu begleichen und den Widerspruch gegen den Mahnbescheid in dieser Höhe zurückzunehmen.
3
Da beides nicht erfolgte, hat die anwaltlich vertretene Klägerin die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt und ihren Anspruch begründet. Der Beklagtenvertreter hat daraufhin Verteidigungsbereitschaft angezeigt und sich gegen die Höhe der geltend gemachten Mahn- und Bankrücklastschriftkosten gewandt, von der Ankündigung eines Sachantrags aber zunächst mit der Begründung abgesehen, der Beklagte habe seinen Kraftfahrzeughandel aufgegeben und sei völlig mittellos, so dass - wie schon außergerichtlich - vorgeschla- gen werde, im Wege eines Vergleichs 300 € zur Erledigung aller streitgegen- ständlichen Ansprüche zu zahlen. Die Klägerin hat dieses Vergleichsangebot nicht angenommen. Daraufhin hat sich der Beklagtenvertreter schriftsätzlich gegen die Klageforderung gewandt und hierzu ausgeführt, der Leasingvertrag sei wegen Wuchers gemäß § 138 BGB nichtig, hilfsweise werde der von der Klägerin bei der Verwertung des Leasingobjekts erzielte Erlös als zu niedrig beanstandet.
4
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 8. April 2010 hat der Beklagte den gegen ihn geltend gemachten Anspruch anerkannt und ist daraufhin seinem Anerkenntnis gemäß - kostenpflichtig - verurteilt worden.
5
Hierauf gestützt hat die Klägerin Kostenfestsetzung beantragt und hierbei unter anderem die Festsetzung der Reisekosten des Klägervertreters für die Fahrt von dessen Kanzlei zum Gerichtsort begehrt (Fahrtkosten in Höhe von 252 € für insgesamt 842 km und Abwesenheitsgeld in Höhe von 60 €). Der Be- klagte ist (nur) der Festsetzung der Reisekosten entgegengetreten.
6
Das Amtsgericht hat die vom Beklagten zu erstattenden Kosten der Klägerin auf 298,88 € festgesetzt. Dabei hat es an Stelle der geltend gemachten Kosten für die Reise des Klägervertreters zum Gerichtsort die Kosten angesetzt , die bei der Beauftragung eines Unterbevollmächtigten mit Sitz am Gerichtsort angefallen wären.
7
Die von der Klägerin hiergegen mit dem Ziel der antragsgemäßen Festsetzung der Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr über den angefochtenen Beschluss hinausgehendes Kostenfestsetzungsbegehren weiter.

II.

8
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO) hat Erfolg.
9
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht seien statt der mit dem Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachten Reisekosten nur die Kosten eines fiktiven Unterbevollmächtigten anzusetzen. Für die Klägerin habe bei der hier gegebenen Sachlage trotz der dauernden Zusammenarbeit mit ihrem Rechtsanwalt keine Veranlassung bestanden, diesen mit der Wahrneh- mung des Güte- und Verhandlungstermins zu beauftragen und hierdurch Reisekosten zu verursachen, die nahezu ein Drittel der Hauptforderung ausmachten. Diese Kosten seien nicht notwendig gewesen, da die Klägerin die Wahrnehmung des Verhandlungstermins ohne jeden Verzicht auf die wirksame und sachgerechte Vertretung ihrer Ansprüche auf einen billigeren Unterbevollmächtigten hätte übertragen können.
10
2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
a) Reisekosten eines Rechtsanwalts, der - wie hier - eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (st. Rspr.; z.B. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, WuM 2011, 433 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, NJW-RR 2007, 1561 Rn. 13 mwN - Auswärtiger Rechtsanwalt VI). Dies führt hier jedoch schon deshalb nicht zu einer Einschränkung der Erstattungsfähigkeit der beantragten Reisekosten, weil die Entfernung von der Kanzlei des Klägervertreters zum Gerichtsort unstreitig geringer ist als diejenige vom Geschäftsort der Klägerin zum Gerichtsort und die Klägerin daher im Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten angemeldet hat, als sie bei einem am Geschäftsort der Klägerin ansässigen Rechtsanwalt angefallen wären (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 unter II 2 b (1) und (2); vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, NJW-RR 2008, 1378 Rn. 5 f.; vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, juris Rn. 9).
12
b) Die Erstattungsfähigkeit der hier geltend gemachten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist mithin entsprechend dem nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, WM 2003, 1617 unter [B] II 2 b bb; BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, aaO unter II 2 a; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 unter II 3 a - Unterbevollmächtigter III; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 7; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, JurBüro 2010, 369 unter [III] a mwN) geltenden Grundsatz zu beurteilen, dass sich die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt. Ein tragender Grund für diese Annahme einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch zwischen der Partei und dem Rechtsanwalt erforderlich und gewünscht ist. Ferner ist von Bedeutung, dass die Partei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran hat, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Letzteres ist ein entscheidender Gesichtspunkt bereits für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43, 53) und vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 103, 1, 16) im Streit um die Singularzulassung als ein rechtlich anzuerkennender Vorteil für den Mandanten gewürdigt worden (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
13
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Beurteilung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich ergebenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darum gestritten werden kann, ob die Kosten zu erstatten sind oder nicht (BGH, Be- schlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901 unter II 2 b aa - Auswärtiger Rechtsanwalt I; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04, aaO unter II 2; vom 13. September 2005 - X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662 unter II 2 - Auswärtiger Rechtsanwalt V; vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 13; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, aaO Rn. 19; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO unter [III] b; vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, aaO Rn. 8). Deshalb bedarf es für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nicht der - hier vom Beschwerdegericht allerdings getroffenen - Feststellung im Einzelfall, dass die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
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c) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann jedoch dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt zum Beispiel in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04, NJW-RR 2005, 707 unter II 2; vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04, aaO Rn. 8; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO mwN).
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So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Die Klägerin verfügt unstreitig nicht über eine Rechtsabteilung. Auch stellte sich der Fall vor der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) so dar, dass zu erwarten gewesen wäre, der Beklagte werde gegenüber der Klage keine Einwendungen erheben. Mag der Fall sich auch anfänglich so dargestellt haben, dass von einer Versicherung des Beklagten , gegenüber der Klage keine Einwendungen zu erheben, ausgegangen werden konnte, so trat durch den Inhalt des letzten Schriftsatzes des Beklagtenvertreters eine wesentliche Änderung der Sachlage ein. Denn der Beklagte wandte sich nun nicht nur - wie zuvor - gegen einen Teil der Nebenforderungen, sondern stellte zudem die Hauptforderung vollumfänglich in Abrede. Bei dieser Sachlage ist kein Raum für die Annahme des Beschwerdegerichts, die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin stelle keine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar.
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d) Ist danach die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, ist der Partei regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang und nicht beschränkt auf die fiktiven Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters zu ersetzen sind (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO [III] unter d mwN). Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO unter [B] II 2 b bb (1); BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO). § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungs- termins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO).
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Dass im vorliegenden Fall, wie das Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt hat, die von der Klägerin im Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachten Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten nahezu ein Drittel der Hauptforderung ausmachen, ändert hieran nichts. Denn selbst dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit grundsätzlich keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, aaO Rn. 10; vom 28. Januar 2010 - III ZB 64/09, aaO). Das Gesetz schützt die Parteien auch sonst nicht davor, dass sich ihr im Falle eines Rechtsstreits bestehendes Kostenrisiko durch in der Sphäre des Gegners liegende Umstände wie etwa durch eine von ihm vorgenommene Abtretung des streitigen Anspruchs oder durch eine Verlegung seines Wohn- oder Geschäftssitzes erhöht (Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZB 102/08, aaO Rn. 11; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, aaO Rn. 16).

III.

18
Das Beschwerdegericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Wahrnehmung des Termins bei dem Amtsgericht Münsingen entstandenen Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststel- lungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 599 ZPO). Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 3 ZPO), damit die erforderlichen Feststellungen zur Höhe der über den Betrag von 298,88 € hinaus festzusetzenden Kosten getroffen werden können. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Münsingen, Entscheidung vom 20.08.2010 - 2 C 277/09 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 13.12.2010 - 5 T 369/10 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.