Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2015 - VII ZR 53/13

bei uns veröffentlicht am06.05.2015
vorgehend
Oberlandesgericht Düsseldorf, 23 U 72/12, 29.01.2013
Landgericht Mönchengladbach, 11 O 347/10, 19.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR53/13
vom
6. Mai 2015
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke und
Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher

beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben. Der Beschluss des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Januar 2013 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 156.291,67 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche wegen in einem Natursteinboden aufgetretener Risse geltend.
2
Er errichtete in den Jahren 2002/2003 ein zweigeschossiges Ärzte- und Therapiehaus. Der frühere Beklagte zu 3 erbrachte die Architektenleistungen; die jetzt nur noch beteiligte Beklagte zu 2 (im Folgenden auch nur: Beklagte) war mit der Ausführung der Estricharbeiten beauftragt worden. Die inzwischen insolvente frühere Beklagte zu 1 hatte die Verlegung der Natursteine auf dem schwimmenden Estrich übernommen. Weder die Beklagte noch die frühere Beklagte zu 1 brachten Dehnungsfugen ein. Die Beklagte arbeitete in den Estrich lediglich Scheinfugen (Sollbruchstellen) ein.
3
Bereits im Jahr 2004 zeigten sich erste Risse in den verlegten Natursteinen. Bei einer Öffnung des Bodens ergab sich, dass die Risse in den Bodenplatten auch im darunter liegenden Estrich vorhanden waren.
4
Der Kläger hat zunächst ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt. Dort ist ein Gutachten des Sachverständigen K. eingeholt worden. Mit der Klage hat der Kläger sodann Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten von 76.291,67 € nebst Zinsen sowie die Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht begehrt. Nach Klagerücknahme gegen die frühere Beklagte zu 1 hat das Landgericht der Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 nach ergänzender Beweisaufnahme durch schriftliche und mündliche Ergänzungsgutachten des Sachverständigen K. in vollem Umfang stattgegeben.
5
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 12. November 2012 darauf hingewiesen, dass es beabsichtigte , die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Darauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2012 Stellung genommen und eine gutachterliche Stellungnahme des von ihr beauftragten Sachverständigen M. zum Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen K. eingereicht. Das Berufungsgericht hat die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die Klageabweisung erreichen möchte.

II.

6
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hätte Dehnungsfugen in den Estrich einarbeiten müssen. Die Tatsache, dass sie dies unterlassen habe, sei ursächlich für die eingetretenen Rissbildungen in den Fliesen und dem Estrich geworden. Die von der Beklagten erhobenen Einwände durch Vorlage der Stellungnahme des Privatsachverständigen seien gemäß §§ 529, 531 ZPO ausgeschlossen. Selbst wenn dieser Vortrag jedoch zugelassen würde, lägen die Voraussetzungen für die Einholung weitergehender Feststellungen des Sachverständigen K. bzw. für die Einholung des Gutachtens eines anderen Sachverständigen nicht vor. Die bereits vorliegenden gutachterlichen Feststellungen seien hierdurch nicht hinreichend in Frage gestellt worden.
7
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Urteil beruht, wie die Beschwerde zu Recht rügt, auf der Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG.
8
a) Die Beschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 17. Dezember 2012, mit dem sie das Privatgutachten des Sachverständigen M. vom 13. Dezember 2012 vorgelegt hat, unter unzutreffender Annahme der Voraussetzungen der § 529 Abs. 1, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zurückgewiesen und dadurch deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
9
Das Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ist dann verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zulässt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - VII ZR 339/12, NZBau 2014, 31 Rn. 8; Beschluss vom 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624 f.; vgl. auch BVerfG, NJW 2000, 945, 946).
10
Das Berufungsgericht hat den Vortrag und insbesondere die in Bezug genommenen Ausführungen des privaten Sachverständigen M. als neue Angriffs - bzw. Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO gewertet, ohne dies näher zu begründen. Es hat lediglich darauf verwiesen, dass die Beklagte nunmehr weitergehende neue Einwände zu angeblich nicht von ihr zu verantwortenden Mangelursachen erhebe. Im Übrigen sei nicht nachzuvollziehen, warum sie nicht bereits in erster Instanz zur Verteidigung mit neuen technischen Einwänden einen eigenen Sachverständigen betraut habe.
11
Damit verkennt das Berufungsgericht die Reichweite des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO. Ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen ist dann nicht neu, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus erster Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 279/05, BauR 2007, 585 = NZBau 2007, 245; Urteil vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333 m.w.N.). Die Beklagte hatte bereits in erster Instanz bestritten , dass die fehlenden Dehnungsfugen ursächlich für die Risse in Estrich und Belag gewesen seien. Dies war ausreichend, weil die Beweislast für die Ursächlichkeit bei dem Kläger liegt. Darüber hinaus hatte die Beklagte sich bereits in erster Instanz zur weiteren Substantiierung ihres Bestreitens darauf berufen , dass die frühere Beklagte zu 1 die Risse u.a. dadurch verursacht habe, dass sie die Natursteinplatten zu früh, nämlich vor ausreichender Austrocknung des Estrichs verlegt habe. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, welche neuen Tatsachen das Berufungsgericht meint, die nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zurückzuweisen sein könnten.
12
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht fehlerhaft angenommen, die Beklagte habe bereits erstinstanzlich einen privaten Sachverständigen hinzuziehen können und müssen, wenn sie das Gutachten des Sachverständigen K. angreifen wollte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass eine Partei nicht grundsätzlich verpflichtet ist, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens oder gestützt auf Sachverständigenrat vorzubringen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 279/05, BauR 2007, 585, 586 m.w.N. = NZBau 2007, 245).
13
b) Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei einer Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
14
Zwar hat das Berufungsgericht auch noch Ausführungen dazu gemacht, warum selbst bei einer Berücksichtigung des Vortrags keine hinreichend konkreten Zweifel an der Feststellung des Landgerichts bestünden, die fehlenden Dehnungsfugen seien mindestens mitursächlich für die aufgetretenen Rissbildungen. Mit der dort gegebenen Begründung lassen sich solche Zweifel jedoch nicht verneinen.
15
Das Berufungsgericht hat hier zum einen darauf verwiesen, der gerichtliche Sachverständige K. habe festgestellt, dass nach seiner Erfahrung - selbst bei Unterstellung einer die Belegreife hindernden zu hohen Restfeuchte - die Ursache der Rissbildung (auch) in den zu wenig angelegten Fugen liege. Denn bei Verlegung trotz zu hoher Restfeuchte hätte der Boden "schüsseln" müssen, was hier nicht der Fall sei. Deshalb schließe er aus, dass eine zu hohe Restfeuchte vorliege. Damit wird nicht klar, ob der gerichtliche Sachverständige tat- sächlich eine Aussage hat treffen wollen mit der Unterstellung, eine zu hohe Restfeuchtigkeit habe vorgelegen.
16
Zwar hat der Sachverständige K. - worauf das Berufungsgericht ebenfalls abstellt - außerdem aus den aufgetretenen Rissbildern abgeleitet, dass diese nicht auf einer Verlegung auf zu feuchtem Estrich beruhen könnten. Dagegen hat die Beklagte jedoch mit dem vorgelegten Privatgutachten eingewandt, solche atypischen Schadensbilder seien seit langem bekannt; hieraus könne nicht abgeleitet werden, dass die Schäden nicht auf einer zu frühen Verlegung auf zu feuchtem Estrich beruhten. Mit diesen Widersprüchen zwischen den Ausführungen der Sachverständigen hat sich das Berufungsgericht nicht näher befasst. Zudem hat das Berufungsgericht nicht dargelegt, warum es befähigt sein sollte, Feststellungen hierzu aus eigener Sachkunde zu treffen.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 19.03.2012 - 11 O 347/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.01.2013 - I-23 U 72/12 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 271/04
vom
9. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ist jedenfalls
dann verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter
Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zuläßt (vgl.
BVerfG, NJW 2000, 945, 946 - zur Präklusion).

b) Ein solcher Fehler liegt vor, wenn im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu
einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen
worden ist, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen
Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, und das Berufungsgericht auch
das neue, nunmehr substantiierte Vorbringen unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO
zurückweist.

c) Wird ein solcher Verfahrensfehler in einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, kann
das Berufungsgericht im Beschlußwege nach § 544 Abs. 7 ZPO das Berufungsurteil
aufheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005 - V ZR 271/04 - LG Schweinfurt
AG Bad Neustadt/Saale
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Juni 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 8. September 2004 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.344,29 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente und von Krankenkassenbeiträgen aus einem Vertrag über die Überlassung landwirtschaftlichen Grundbesitzes unter Übernahme von Leistungen zum vollständigen Unterhalt durch den Übernehmer.
Die Klägerin ist seit dem 20. April 2001 in einem Seniorenheim untergebracht. Sie hat nach ihrer Aufnahme in das Heim von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente für ersparte Leistungen aus dem Leibgedingsvertrag sowie die Zahlung der Beiträge zur Krankenversicherung einschließlich des Beitrags zur Pflegeversicherung verlangt, was der Beklagte ablehnte. Die Klage hat vor dem Amtsgericht Erfolg gehabt, die Berufung des Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, mit der er auch die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör wegen der Nichtzulassung seines Vortrages zur unzureichenden Leistungsfähigkeit des Betriebes gerügt hat.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. 1. Das Landgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Klägerin aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB von dem Beklagten eine Geldrente für dessen Befreiung von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung und zu Dienstleistungen verlangen kann. Die Erforderlichkeit der Unterbringung der Klägerin in einem Pflegeheim ist in den Vorinstanzen festgestellt worden. Für derartige Fälle hat der Senat bereits entscheiden, daß der Übernehmer des landwirtschaftlichen Anwesens, der seine Verpflichtungen zur Gewährung von Unterkunft und Pflege auf dem Grundstück wegen einer medizinisch notwendigen Unterbringung des Berechtigten in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen kann, sich in Höhe der ersparten Aufwendungen an den Kosten des Pflegeheimes beteiligen muß (vgl. Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, DNotZ 2002, 702, 705 und Senatsbeschl. v. 23. Januar 2003, V ZB 48/02, NJW-RR 2003, 577, 578).
2. Die Entscheidung kann aber nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht den Einwendungen des Beklagten über die unzureichende Leistungsfähigkeit des übernommenen Hofes für eine Rente in der festgesetzten Höhe nicht nachgegangen ist. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist wegen des gerügten Verfahrensfehlers begründet.
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht den Vortrag und die Beweisantritte in den Schriftsätzen vom 25. Mai 2004 und vom 16. Juli 2004 dazu, daß die Leistungsfähigkeit des übernommenen landwirtschaftlichen Anwesens zur Zahlung der zuerkannten Geldrente nicht ausreiche, unter Hinweis auf § 531 ZPO nicht zur Verhandlung und Entscheidung zugelassen. Es hätte dem Vortrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nachgehen müssen, weil das Vorbringen aufgrund eines Verfahrensmangels des Erstgerichts nicht geltend gemacht worden war. Nach dieser Vorschrift ist neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn das Eingangsgericht die nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotenen Hinweise unterlassen hat, damit sich die Parteien rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, ungenügende Angaben ergänzen und die anzubietenden Beweismittel bezeichnen können (Senat, BGHZ 158, 295, 305, unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4722, S. 101). Diese Hinweise waren in erster Instanz nicht erteilt worden. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 8. März 2002, auf den das Landgericht verwiesen hat, vermag die Nichtzulassung des neuen Vortrags und der dazu angebotenen Beweise nicht zu tragen. Jener Beschluß enthielt zwar umfängliche Hinweise zu den für die Entscheidung zu beachtenden rechtlichen Gesichtspunkten und forderte die Parteien zu einer Stellungnahme auf. Es fehlte aber jeder Hinweis darauf, daß der Vortrag des Beklagten zu der nicht vorhandenen Leistungsfähigkeit nicht den Anforderungen genügte, um im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens durch das Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Geldrente
nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB berücksichtigt werden zu können. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht dadurch, daß es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; es muß vielmehr die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmißverständlich hinweisen und ihnen damit die Möglichkeit eröffnen, dieses Vorbringen zu ergänzen (BGH, Urt. v. 25. Juni 2002, X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320).
b) Die Zurückweisung des unter Beweis gestellten Vortrags des Beklagten verletzt dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Zwar führt nicht jeder Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht in erster Instanz und jede fehlerhafte Zurückweisung neuen Vorbringens im Berufungsrechtszug auch zu einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Berufungsgericht jedoch dazu, neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der richterlichen Fürsorgepflicht das Ausbleiben des Vorbringens in der Eingangsinstanz mitverursacht hat (vgl. BVerfG, NJW 2000, 945, 946). Ist im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen worden, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, stellt sich die Zurückweisung des neuen, nunmehr substantiierten Vortrags im Berufungsrechtszug als eine offenkundig unrichtige Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Ein solches Vorgehen des Gerichts kommt einer Verhinderung des Vortrages zu entscheidungserheblichen Punkten gleich (vgl. BVerfGE 84, 188, 190). c). Das Ausgangsurteil beruht auch auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist bereits dann so, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens an-
ders entschieden hätte (Senatsurt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f. unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG). Insoweit gilt für die Bemessung einer Geldrente anstelle von Unterbringung und der Erbringung von Pflegeleistungen auf dem Grundstück aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB der allgemeine Grundsatz, daß durch einen Altenteilsvertrag dem Verpflichteten nicht höhere Leistungen auferlegt werden sollen, als er aus der Hofstelle bewirken kann (BGHZ 25, 293, 298). Ist eine Rente nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB festzusetzen, so ist es geboten, den rechnerischen Wert der Einzelleistungen auch dahin zu überprüfen, ob die sich daraus ergebende monatliche Geldleistung vom Verpflichteten aus den Erträgnissen des Hofes billigerweise in voller Höhe gewährt werden kann (BayObLGZ 1974, 386, 395 f.). 3. Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluß nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht. Das gibt dem Landgericht Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen zur Ertragskraft der überlassenen Hofstelle nachzuholen und im Anschluß daran das Ermessen zur Bestimmung der Höhe der Rente neu auszuüben.

III.

Die Entscheidung über den Streitwert der Beschwerde folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO. Wenzel Krüger Klein Stresemann Czub

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 279/05
vom
21. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weiteren
Tatsachenvortrag, etwa unter Vorlage eines Privatgutachtens, zusätzlich konkretisiert
, verdeutlicht oder erläutert, stellt dies kein neues Vorbringen im Sinne der

b) Auch im Bauprozess ist eine Partei nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen
gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens
oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 279/05 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Hausmann,
Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

beschlossen:
Der Beschwerde des Beklagten wird stattgegeben. Das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. November 2005 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


I.

1
Die Klägerinnen verlangen Schadensersatz wegen Mängeln einer vom Beklagten geplanten Dachsanierung.
2
Sie beauftragten den Beklagten im Jahr 2001 damit, einen Vorschlag für die Dachsanierung eines Industriegebäudes mit fünf sog. Sheddächern und einer weiteren geneigten Dachfläche zu erarbeiten. Auf der Grundlage des vom Beklagten erstellten Leistungsverzeichnisses wurde die Fa. M. mit der Sanierung beauftragt. Noch während der Ausführung der Arbeiten bildeten sich an den Dachbahnen Falten und Risse. Auf sämtlichen Dachflächen rutschten die Bitumenbahnen ab. Nachdem die Klägerinnen die Fa. M. erfolglos zur Beseitigung der Mängel aufgefordert hatten, beantragten sie gegen diese ein selbständiges Beweisverfahren. Der gerichtliche Sachverständige kam zu dem Ergebnis , dass die vom Beklagten ausgeschriebenen Materialien angesichts der vorhandenen Dachneigung nicht geeignet seien. Nach Erstellung des Gutachtens erweiterten die Klägerinnen das selbständige Beweisverfahren auf den Beklagten. Mit der Klage machen sie einen Teilbetrag der geschätzten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 100.000 € geltend.
3
Das Landgericht hat den Beklagten nach mündlicher Anhörung des im selbständigen Beweisverfahren beauftragten Sachverständigen im beantragten Umfang zum Schadensersatz verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege ein vom Beklagten zu vertretender Planungsfehler in Form eines Ausschreibungsfehlers vor, weil die Dachsanierung mit den vom Beklagten ausgeschriebenen Materialien handwerklich nicht fachgerecht zu erbringen gewesen sei.
4
Mit der Berufung hat der Beklagte, gestützt auf ein nach Urteilserlass eingeholtes Privatgutachten, weitere Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten erhoben. Das Berufungsgericht hat diese als verspätet angesehen und die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

5
Das Berufungsgericht führt aus, der Beklagte sei gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO mit Einwendungen ausgeschlossen, die auf dem Ergebnis des Privatgutachtens beruhten. Der Beklagte habe Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten bereits in erster Instanz vorbringen müssen. Er sei im selbständigen Beweisverfahren und im Rahmen der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen vor dem Landgericht zum Sachverständigengutachten gehört worden, ohne Einwendungen vorzubringen. Er habe keine Gründe vorgebracht, weshalb die Überprüfung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens durch einen Privatgutachter während des Laufs des erstinstanzlichen Verfahrens nicht möglich gewesen sei.

III.

6
Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft angenommen, der Beklagte sei mit Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten in der Berufungsinstanz gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen , die auf dem nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eingeholten Privatgutachten beruhen. Damit hat es zugleich in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
7
1. Die vom Beklagten in der Berufungsinstanz unter Hinweis auf das nachträglich eingeholte Privatgutachten erhobenen Einwendungen sind nicht als neues Angriffsmittel im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu bewerten. Um neues Vorbringen handelt es sich, wenn dieses sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert und erstmals substantiiert, nicht jedoch, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333, vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 251 und vom 26. Juni 2003 - VII ZR 281/02, BauR 2003, 1559 = ZfBR 2003, 686 = NZBau 2003, 560 m.w.N.).
8
Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten keine in diesem Sinne neuen Einwendungen erhoben, sondern sein erstinstanzliches Vorbringen lediglich ergänzt und erläutert. Er hat in erster Instanz beanstandet, dass die gelieferte Klappbahn nicht den Vorgaben der Ausschreibung entspreche und die aufgetretenen Mängel auf Verarbeitungsfehler der mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten Firma M. zurückzuführen seien. In der Berufungsinstanz hat er unter Bezugnahme auf die Ausführungen des von ihm beauftragten Privatgutachters die Art der Verarbeitungsfehler im Einzelnen dargelegt sowie die Umstände bezeichnet, die die Annahme nahe legen, dass für die Sanierung fehlerhaftes und nicht dem Leistungsverzeichnis entsprechendes Material verwendet worden ist.
9
2. Im Übrigen durfte das Berufungsgericht die vorgebrachten Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten schon deshalb nicht als verspätet zurückweisen, weil dem Beklagten keine Nachlässigkeit zur Last fällt (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
10
Eine Partei ist nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen (vgl. BGH, Urteile vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 335; vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 253 und vom 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02, NJW 2003, 1400). Dieser Grundsatz findet außer bei medizinischen Fachfragen auch bei Fallgestaltungen Anwendung, in denen ein Erfolg versprechender Parteivortrag fachspezifische Fragen betrifft und besondere Sachkunde erfordert (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 aaO.). Der Beklagte war danach nicht gehalten, gehalten, zur Erhebung fachlich fundierter Einwendungen bereits in erster Instanz einen privaten Sachverständigen zu beauftragen. Die Ermittlung der Umstände , die für den Mangel ursächlich gewesen sind, erfordert besonderes Fachwissen, das sich eine Partei in der Regel nur durch Hinzuziehung eines Sachverständigen verschaffen kann. Eine Partei ist auch dann nicht gehindert, sich zur Ergänzung ihres Sachvortrags eines anerkannten Sachverständigen zu bedienen, wenn sie selbst über Fachkenntnisse verfügt.
11
3. Der in der unzulässigen Zurückweisung des Vorbringens liegende Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat sich mit den auf das Privatgutachten gestützten Einwendungen des Beklagten nicht auseinandergesetzt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es anders entschieden hätte, wenn es die vom Beklagten in der Berufungsinstanz erhobenen Einwendungen berücksichtigt hätte. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 27.04.2005 - 9 O 457/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.11.2005 - 3 U 113/05 -

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 279/05
vom
21. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weiteren
Tatsachenvortrag, etwa unter Vorlage eines Privatgutachtens, zusätzlich konkretisiert
, verdeutlicht oder erläutert, stellt dies kein neues Vorbringen im Sinne der

b) Auch im Bauprozess ist eine Partei nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen
gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens
oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 279/05 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Hausmann,
Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

beschlossen:
Der Beschwerde des Beklagten wird stattgegeben. Das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. November 2005 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:


I.

1
Die Klägerinnen verlangen Schadensersatz wegen Mängeln einer vom Beklagten geplanten Dachsanierung.
2
Sie beauftragten den Beklagten im Jahr 2001 damit, einen Vorschlag für die Dachsanierung eines Industriegebäudes mit fünf sog. Sheddächern und einer weiteren geneigten Dachfläche zu erarbeiten. Auf der Grundlage des vom Beklagten erstellten Leistungsverzeichnisses wurde die Fa. M. mit der Sanierung beauftragt. Noch während der Ausführung der Arbeiten bildeten sich an den Dachbahnen Falten und Risse. Auf sämtlichen Dachflächen rutschten die Bitumenbahnen ab. Nachdem die Klägerinnen die Fa. M. erfolglos zur Beseitigung der Mängel aufgefordert hatten, beantragten sie gegen diese ein selbständiges Beweisverfahren. Der gerichtliche Sachverständige kam zu dem Ergebnis , dass die vom Beklagten ausgeschriebenen Materialien angesichts der vorhandenen Dachneigung nicht geeignet seien. Nach Erstellung des Gutachtens erweiterten die Klägerinnen das selbständige Beweisverfahren auf den Beklagten. Mit der Klage machen sie einen Teilbetrag der geschätzten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 100.000 € geltend.
3
Das Landgericht hat den Beklagten nach mündlicher Anhörung des im selbständigen Beweisverfahren beauftragten Sachverständigen im beantragten Umfang zum Schadensersatz verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege ein vom Beklagten zu vertretender Planungsfehler in Form eines Ausschreibungsfehlers vor, weil die Dachsanierung mit den vom Beklagten ausgeschriebenen Materialien handwerklich nicht fachgerecht zu erbringen gewesen sei.
4
Mit der Berufung hat der Beklagte, gestützt auf ein nach Urteilserlass eingeholtes Privatgutachten, weitere Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten erhoben. Das Berufungsgericht hat diese als verspätet angesehen und die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

5
Das Berufungsgericht führt aus, der Beklagte sei gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO mit Einwendungen ausgeschlossen, die auf dem Ergebnis des Privatgutachtens beruhten. Der Beklagte habe Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten bereits in erster Instanz vorbringen müssen. Er sei im selbständigen Beweisverfahren und im Rahmen der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen vor dem Landgericht zum Sachverständigengutachten gehört worden, ohne Einwendungen vorzubringen. Er habe keine Gründe vorgebracht, weshalb die Überprüfung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens durch einen Privatgutachter während des Laufs des erstinstanzlichen Verfahrens nicht möglich gewesen sei.

III.

6
Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft angenommen, der Beklagte sei mit Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten in der Berufungsinstanz gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen , die auf dem nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eingeholten Privatgutachten beruhen. Damit hat es zugleich in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
7
1. Die vom Beklagten in der Berufungsinstanz unter Hinweis auf das nachträglich eingeholte Privatgutachten erhobenen Einwendungen sind nicht als neues Angriffsmittel im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu bewerten. Um neues Vorbringen handelt es sich, wenn dieses sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert und erstmals substantiiert, nicht jedoch, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333, vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 251 und vom 26. Juni 2003 - VII ZR 281/02, BauR 2003, 1559 = ZfBR 2003, 686 = NZBau 2003, 560 m.w.N.).
8
Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten keine in diesem Sinne neuen Einwendungen erhoben, sondern sein erstinstanzliches Vorbringen lediglich ergänzt und erläutert. Er hat in erster Instanz beanstandet, dass die gelieferte Klappbahn nicht den Vorgaben der Ausschreibung entspreche und die aufgetretenen Mängel auf Verarbeitungsfehler der mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten Firma M. zurückzuführen seien. In der Berufungsinstanz hat er unter Bezugnahme auf die Ausführungen des von ihm beauftragten Privatgutachters die Art der Verarbeitungsfehler im Einzelnen dargelegt sowie die Umstände bezeichnet, die die Annahme nahe legen, dass für die Sanierung fehlerhaftes und nicht dem Leistungsverzeichnis entsprechendes Material verwendet worden ist.
9
2. Im Übrigen durfte das Berufungsgericht die vorgebrachten Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten schon deshalb nicht als verspätet zurückweisen, weil dem Beklagten keine Nachlässigkeit zur Last fällt (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
10
Eine Partei ist nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen (vgl. BGH, Urteile vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 335; vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 253 und vom 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02, NJW 2003, 1400). Dieser Grundsatz findet außer bei medizinischen Fachfragen auch bei Fallgestaltungen Anwendung, in denen ein Erfolg versprechender Parteivortrag fachspezifische Fragen betrifft und besondere Sachkunde erfordert (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 aaO.). Der Beklagte war danach nicht gehalten, gehalten, zur Erhebung fachlich fundierter Einwendungen bereits in erster Instanz einen privaten Sachverständigen zu beauftragen. Die Ermittlung der Umstände , die für den Mangel ursächlich gewesen sind, erfordert besonderes Fachwissen, das sich eine Partei in der Regel nur durch Hinzuziehung eines Sachverständigen verschaffen kann. Eine Partei ist auch dann nicht gehindert, sich zur Ergänzung ihres Sachvortrags eines anerkannten Sachverständigen zu bedienen, wenn sie selbst über Fachkenntnisse verfügt.
11
3. Der in der unzulässigen Zurückweisung des Vorbringens liegende Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat sich mit den auf das Privatgutachten gestützten Einwendungen des Beklagten nicht auseinandergesetzt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es anders entschieden hätte, wenn es die vom Beklagten in der Berufungsinstanz erhobenen Einwendungen berücksichtigt hätte. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 27.04.2005 - 9 O 457/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.11.2005 - 3 U 113/05 -