Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 271/04
vom
9. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ist jedenfalls
dann verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter
Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zuläßt (vgl.
BVerfG, NJW 2000, 945, 946 - zur Präklusion).

b) Ein solcher Fehler liegt vor, wenn im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu
einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen
worden ist, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen
Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, und das Berufungsgericht auch
das neue, nunmehr substantiierte Vorbringen unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO
zurückweist.

c) Wird ein solcher Verfahrensfehler in einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, kann
das Berufungsgericht im Beschlußwege nach § 544 Abs. 7 ZPO das Berufungsurteil
aufheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005 - V ZR 271/04 - LG Schweinfurt
AG Bad Neustadt/Saale
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Juni 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 8. September 2004 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.344,29 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente und von Krankenkassenbeiträgen aus einem Vertrag über die Überlassung landwirtschaftlichen Grundbesitzes unter Übernahme von Leistungen zum vollständigen Unterhalt durch den Übernehmer.
Die Klägerin ist seit dem 20. April 2001 in einem Seniorenheim untergebracht. Sie hat nach ihrer Aufnahme in das Heim von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente für ersparte Leistungen aus dem Leibgedingsvertrag sowie die Zahlung der Beiträge zur Krankenversicherung einschließlich des Beitrags zur Pflegeversicherung verlangt, was der Beklagte ablehnte. Die Klage hat vor dem Amtsgericht Erfolg gehabt, die Berufung des Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, mit der er auch die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör wegen der Nichtzulassung seines Vortrages zur unzureichenden Leistungsfähigkeit des Betriebes gerügt hat.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. 1. Das Landgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Klägerin aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB von dem Beklagten eine Geldrente für dessen Befreiung von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung und zu Dienstleistungen verlangen kann. Die Erforderlichkeit der Unterbringung der Klägerin in einem Pflegeheim ist in den Vorinstanzen festgestellt worden. Für derartige Fälle hat der Senat bereits entscheiden, daß der Übernehmer des landwirtschaftlichen Anwesens, der seine Verpflichtungen zur Gewährung von Unterkunft und Pflege auf dem Grundstück wegen einer medizinisch notwendigen Unterbringung des Berechtigten in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen kann, sich in Höhe der ersparten Aufwendungen an den Kosten des Pflegeheimes beteiligen muß (vgl. Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, DNotZ 2002, 702, 705 und Senatsbeschl. v. 23. Januar 2003, V ZB 48/02, NJW-RR 2003, 577, 578).
2. Die Entscheidung kann aber nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht den Einwendungen des Beklagten über die unzureichende Leistungsfähigkeit des übernommenen Hofes für eine Rente in der festgesetzten Höhe nicht nachgegangen ist. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist wegen des gerügten Verfahrensfehlers begründet.
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht den Vortrag und die Beweisantritte in den Schriftsätzen vom 25. Mai 2004 und vom 16. Juli 2004 dazu, daß die Leistungsfähigkeit des übernommenen landwirtschaftlichen Anwesens zur Zahlung der zuerkannten Geldrente nicht ausreiche, unter Hinweis auf § 531 ZPO nicht zur Verhandlung und Entscheidung zugelassen. Es hätte dem Vortrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nachgehen müssen, weil das Vorbringen aufgrund eines Verfahrensmangels des Erstgerichts nicht geltend gemacht worden war. Nach dieser Vorschrift ist neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn das Eingangsgericht die nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotenen Hinweise unterlassen hat, damit sich die Parteien rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, ungenügende Angaben ergänzen und die anzubietenden Beweismittel bezeichnen können (Senat, BGHZ 158, 295, 305, unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4722, S. 101). Diese Hinweise waren in erster Instanz nicht erteilt worden. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 8. März 2002, auf den das Landgericht verwiesen hat, vermag die Nichtzulassung des neuen Vortrags und der dazu angebotenen Beweise nicht zu tragen. Jener Beschluß enthielt zwar umfängliche Hinweise zu den für die Entscheidung zu beachtenden rechtlichen Gesichtspunkten und forderte die Parteien zu einer Stellungnahme auf. Es fehlte aber jeder Hinweis darauf, daß der Vortrag des Beklagten zu der nicht vorhandenen Leistungsfähigkeit nicht den Anforderungen genügte, um im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens durch das Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Geldrente
nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB berücksichtigt werden zu können. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht dadurch, daß es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; es muß vielmehr die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmißverständlich hinweisen und ihnen damit die Möglichkeit eröffnen, dieses Vorbringen zu ergänzen (BGH, Urt. v. 25. Juni 2002, X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320).
b) Die Zurückweisung des unter Beweis gestellten Vortrags des Beklagten verletzt dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Zwar führt nicht jeder Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht in erster Instanz und jede fehlerhafte Zurückweisung neuen Vorbringens im Berufungsrechtszug auch zu einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Berufungsgericht jedoch dazu, neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der richterlichen Fürsorgepflicht das Ausbleiben des Vorbringens in der Eingangsinstanz mitverursacht hat (vgl. BVerfG, NJW 2000, 945, 946). Ist im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen worden, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, stellt sich die Zurückweisung des neuen, nunmehr substantiierten Vortrags im Berufungsrechtszug als eine offenkundig unrichtige Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Ein solches Vorgehen des Gerichts kommt einer Verhinderung des Vortrages zu entscheidungserheblichen Punkten gleich (vgl. BVerfGE 84, 188, 190). c). Das Ausgangsurteil beruht auch auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist bereits dann so, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens an-
ders entschieden hätte (Senatsurt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f. unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG). Insoweit gilt für die Bemessung einer Geldrente anstelle von Unterbringung und der Erbringung von Pflegeleistungen auf dem Grundstück aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB der allgemeine Grundsatz, daß durch einen Altenteilsvertrag dem Verpflichteten nicht höhere Leistungen auferlegt werden sollen, als er aus der Hofstelle bewirken kann (BGHZ 25, 293, 298). Ist eine Rente nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB festzusetzen, so ist es geboten, den rechnerischen Wert der Einzelleistungen auch dahin zu überprüfen, ob die sich daraus ergebende monatliche Geldleistung vom Verpflichteten aus den Erträgnissen des Hofes billigerweise in voller Höhe gewährt werden kann (BayObLGZ 1974, 386, 395 f.). 3. Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluß nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht. Das gibt dem Landgericht Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen zur Ertragskraft der überlassenen Hofstelle nachzuholen und im Anschluß daran das Ermessen zur Bestimmung der Höhe der Rente neu auszuüben.

III.

Die Entscheidung über den Streitwert der Beschwerde folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO. Wenzel Krüger Klein Stresemann Czub

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 14/01 Verkündet am:
21. September 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kann der Übernehmer die in einem Übergabevertrag vereinbarte Verpflichtung zur
umfassenden Pflege des Übergebers wegen dessen medizinisch notwendiger Unterbringung
in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen, muß er ohne entsprechende
Abrede die Kosten der Heimunterbringung nicht tragen; wohl aber muß er sich an
ihnen in Höhe seiner ersparten Aufwendungen beteiligen.
BGH, Urt. v. 21. September 2001 - V ZR 14/01 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die
Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und
Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Oktober 1983 erhielt die Beklagte von ihrer Groûmutter, die Hofvorerbin war, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den Hof M. in V. übertragen; der Vater der Beklagten stimmte als Hofnacherbe dieser Übertragung zu. Die Beklagte übernahm sämtliche im Grundbuch eingetragenen Rechte einschlieûlich der schuldrechtlichen Verpflichtungen sowie die auûerhalb des Grundbuchs bestehenden persönlichen Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Hofs
angefallen waren. Für die Groûmutter und den Vater bestellte die Beklagte als "Altenteile" bezeichnete Rechte (Wohnrechte, verbunden mit einer umfassenden Pflegepflicht), zu denen es in dem Vertrag u.a. heiût:
"Die Erschienene zu 2 (= Beklagte) verpflichtet sich den Erschienenen zu 1 und 3 (= Groûmutter und Vater) gegenüber, diesen Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen angedeihen zu lassen und für den Fall einer bestehenden Notwendigkeit auch für die Gestellung einer Pflegeperson zu sorgen, so daû dadurch eine umfassende Pflege und Versorgung der Erschienenen zu 1 und 3 gewährleistet ist. Zu dem Recht auf Pflege zählen auch der freie Bezug von Arzneimitteln, ärztliche Versorgung und freier Krankenhausaufenthalt, sofern solche Leistungen nach ärztlichen Anordnungen notwendig werden. Sämtliche vorstehenden Verpflichtungen der Erschienenen zu 2 in bezug auf etwaige Kranken- und Heilbehandlungsmaûnahmen greifen jedoch erst dann ein, wenn die anfallenden Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung der Erschienenen zu 1 und 3 nicht oder nicht mehr in vollem Umfang getragen werden."
Die Groûmutter der Beklagten verstarb in der Folgezeit. Der Vater zog im Jahr 1984 aus seiner Wohnung auf dem Hof aus. Im März 1989 wurde er zur stationären Pflege in ein Seniorenheim aufgenommen. Da seine Rente zur Begleichung der Pflegekosten nicht ausreichte, zahlte der Kläger den Differenzbetrag. Er leitete deswegen eine Reihe von Ansprüchen des Pflegebedürftigen gegen die Beklagte auf sich über. Das von der Beklagten hiergegen angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren war für sie erfolglos.
Am 24. November 1995 verstarb der Vater der Beklagten in dem Pflegeheim.
Der auf Erstattung von Pflegekosten in Höhe von 28.160,30 DM für die Zeit von Januar 1993 bis Oktober 1993 gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht verneint eine aus dem Hofübergabevertrag folgende Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die ungedeckten Kosten der Heimunterbringung zu erstatten. Die Erklärungen der Vertragsparteien lieûen nämlich nur den Schluû zu, daû die Beklagte für Pflegekosten, die auûerhalb des Hofes und nicht in einem Krankenhaus anfielen, nicht aufkommen sollte. Weiter besteht nach Auffassung des Berufungsgerichts kein übergeleiteter Anspruch des Klägers aus Art. 96 EGBGB in Verbindung mit Art. 15 § 9 PrAGBGB, weil kein Altenteilsvertrag im Sinne der letztgenannten Vorschrift vereinbart worden sei; eine generationsübergreifende Nutzung des Grundstücks als Existenzgrundlage sei nämlich nicht erkennbar. Auch ergebe sich ein Zahlungsanspruch des Klägers nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage; denn die für die Festsetzung der vereinbarten Leistungen maûgeblichen Verhältnisse hätten sich seit Vertragsschluû nicht wesentlich verändert. Schlieûlich bestünden auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Klägers, da die Beklagte nichts ohne Rechtsgrund erlangt habe.

II.


Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Falls das Berufungsgericht, wie es in seinem Urteil anklingt, davon ausgeht, daû der Vertrag vom 13. Oktober 1983 hinsichtlich der Pflegeverpflichtung der Beklagten eindeutig und deswegen nicht auslegungsfähig sei, wäre das fehlerhaft. Der Annahme, die Beklagte werde bei einer Unterbringung ihres Vaters in einem Pflegeheim von sämtlichen ihm gegenüber übernommenen Verpflichtungen frei, weil der Vertrag keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Heimunterbringung enthält, läge ein falsches Verständnis von der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit notarieller Urkunden zugrunde. Sie erstreckt sich nämlich nur auf die vollständige (und richtige) Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen (Senatsurt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM 1985, 699 f m.w.N.), besagt jedoch nichts über den Vertragswillen der Parteien; der muû nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) ermittelt werden. Anderenfalls wäre eine ergänzende Vertragsauslegung niemals möglich , weil mit einer Vollständigkeitsvermutung in dem vom Berufungsgericht eventuell verstandenen Sinn jede Vertragslücke zu verneinen wäre. Es liegt auf der Hand, daû das nicht richtig sein kann.
2. Jedenfalls ist die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts fehlerhaft.

a) Die Auslegung einzelvertraglicher Regelungen durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht insoweit nachgeprüft werden, als gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (st.Rspr., s. nur
Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514 m.w.N.). Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoûen. Seine Auslegung läuft darauf hinaus, daû die Vertragspartner hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Kosten für die Unterbringung des Vaters der Beklagten in einem Pflegeheim einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, abgeschlossen haben. Das ist jedoch sinnlos; denn solche Verträge kennt unsere Rechtsordnung nicht (BGHZ 78, 369, 374 f). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist aber anzunehmen, daû eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben soll; deswegen ist bei mehreren an sich möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als (teilweise) sinnlos erweisen würde (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Möglich ist hier auch die Auslegung , daû die Klägerin für den Fall der Unterbringung ihres Vaters in einem Pflegeheim nicht von allen aus dem "Altenteil" folgenden Verpflichtungen befreit werden sollte.

b) Die Auslegung des Berufungsgerichts verletzt auch die Interessenlage des Vaters der Beklagten. Es ist allgemein bekannt, daû bei der Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Übergeber sich deswegen von dem Übernehmer ein umfangreiches Pflegerecht zusagen läût, damit er weiterhin auf dem Hof leben und dort versorgt werden kann; falls aus gesundheitlichen Gründen eine Unterbringung auûerhalb des Hofes erforderlich wird, soll der Übernehmer die - von einer Versicherung nicht gedeckten - Kosten tragen. Die Vorstellung, zum "Sozialfall" zu werden, ist in bäuerlichen Kreisen
geradezu unerträglich. Das galt im Jahr 1983 vielleicht in einem noch höheren Maû als heute. Jedenfalls schwebten damals (zumindest) dem Vater der Beklagten diese allgemein gültigen Sichtweisen bei dem Abschluû des Hofübergabevertrags vor; das zeigt die Aufnahme der Regelungen über die umfassende Pflege und Versorgung einschlieûlich freier ärztlicher Versorgung und freiem Krankenhausaufenthalt.

c) Die Auslegung des Berufungsgerichts hat deshalb keinen Bestand. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Das Revisionsgericht ist damit zu eigener Auslegung befugt. Sie führt dazu, daû die Beklagte in dem hier streitigen Zeitraum nicht von allen in dem Hofübergabevertrag übernommenen Verpflichtungen befreit war. Das bedeutet allerdings nicht, daû sie die vollen Kosten der Heimunterbringung ihres Vaters tragen muû. Eine solche Annahme läût zum einen die vertraglichen Regelungen über etwaige Kranken- und Heilbehandlungsmaûnahmen auûer acht. Danach sollte eine Zahlungspflicht der Beklagten nur insoweit bestehen, als die anfallenden Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung des Vaters nicht oder nicht mehr in vollem Umfang getragen wurden. Diesen Leistungen von dritter Seite sind für den Fall der Heimunterbringung die Renteneinkünfte des Vaters gleichzustellen; sie sind - in dem gesetzlich zulässigen Umfang - zuerst zur Bezahlung der Pflegeheimkosten einzusetzen. Zum anderen scheidet eine volle Kostentragungspflicht der Beklagten auch deswegen aus, weil die Vertragsparteien die Pflege des Vaters auf dem Hof vereinbart hatten; die Beklagte muûte somit nur die dadurch anfallenden Kosten tragen. Das hat zur Folge, daû sie zu den Heimkosten nur einen Betrag in Höhe der eigenen ersparten Aufwendungen beizutragen hat. Damit ist gewährleistet, daû sie durch die Heimunterbringung finanziell weder zusätzlich belastet noch ungerechtfer-
tigt, weil auf Kosten der Allgemeinheit, entlastet wird. Dieser Gesichtspunkt ist im übrigen auch dann zu beachten, wenn man von der Auslegung des Berufungsgerichts ausgeht; sie betrifft nämlich nur die Frage der Übernahme der Heimkosten und besagt nichts über die ersparten Aufwendungen der Beklagten für die Pflege auf dem Hof.
4. Der Umstand, daû der Vater bereits im Jahr 1984 aus seiner Wohnung auf dem Hof ausgezogen ist, ändert nichts an der Verpflichtung der Beklagten. Zumindest für den hier streitigen Zeitraum steht nämlich nach dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten die medizinische Notwendigkeit der Unterbringung des Vaters in einem Pflegeheim fest; die Beklagte konnte ihrer Pflegeverpflichtung auf dem Hof selbst unter Hinzuziehung einer Pflegeperson nicht mehr nachkommen. Deshalb scheidet die Annahme eines Verzichts des Vaters auf Leistungen der Beklagten von vornherein aus.

III.


Nach alledem kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zu Ansprüchen gegen die Beklagte nach Art. 96 EGBGB in Verbindung mit Art. 15 § 9 PrAGBGB und den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie auf die dagegen gerichteten Revisionsangriffe nicht mehr an. Beide Ansprüche scheiden im übrigen - auch nach dem vom Berufungsgericht eingeschlagenen Lösungsweg - bereits wegen der vorrangigen vertraglichen Regelung aus.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es ermitteln kann, welche Aufwendungen die Beklagte für die Pflege auf dem Hof in dem hier streitigen Zeitraum dadurch erspart hat, daû ihr Vater in dem Pflegeheim untergebracht war.
Vorsitzender Richter am BGH Dr. Wenzel und Richterin am BGH Dr. Lambert-Lang sind infolge Krankheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Krüger Krüger Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 48/02
vom
23. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Januar 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin werden der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 2002 und der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve - Einzelrichterin - vom 24. Mai 2002 - soweit zum Nachteil der Antragstellerin ergangen - aufgehoben.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Herfurth über den zuerkannten Umfang hinaus Prozeßkostenhilfe für den Klageantrag gemäß Schriftsatz vom 3. April 2002 bewilligt.

Gründe:

I.


Mit notariellem Vertrag vom 22. Januar 1972 verpflichtete sich die Antragstellerin , ihren Grundbesitz, bestehend aus einem Zweifamilienhaus und landwirtschaftlichen Flächen, auf ihren Sohn zu übertragen. Dieser räumte der Antragstellerin als Gegenleistung u.a. ein lebenslängliches "Altenteil" ein. Dazu gehört ein Wohnungsrecht an zwei Räumen im Erdgeschoß des Zweifamilienhauses mit einem Mitbenutzungsrecht am Bad, ein Beköstigungsrecht und ein Anspruch auf Erbringung sämtlicher häuslicher Arbeiten sowie eine Betreuung und Pflege in gesunden und kranken Tagen, "solange kein Krankenhausauf-
enthalt notwendig wird". Ferner verpflichtete sich der Übernehmer zur Zahlung einer monatlichen Leibrente. Die Antragsgegnerin, die Ehefrau des zwischenzeitlich verstorbenen Sohnes der Antragstellerin, übernahm die gesamtschuldnerische Mitverpflichtung hinsichtlich der Altenteilsleistungen.
Seit Dezember 1999 befindet sich die Antragstellerin wegen Altersdemenz in einem Altenheim, wo sie Heim- und Pflegeleistungen auf der Grundlage der Pflegestufe II erhält.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, daß ihr anstelle der von der Antragsgegnerin nicht mehr zu erbringenden Sachleistungen ein Anspruch auf Herausgabe der nunmehr ersparten Aufwendungen zustehe. Diese errechnet sie unter Zugrundelegung der sich aus der Sachbezugsverordnung (vom 19. Dezember 1994, BGBl. I S. 3849) ergebenden Werte der Sachbezüge in der Sozialversicherung zuzüglich der vereinbarten Leibrente mit insgesamt monatlich 982,13 zahlt die Antragsgegnerin diesen Betrag. Für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Dezember 2001 beträgt der geltend ! " # $ # %# & ' gemachte Anspruch danach 24.553,25 # (! ) , - . - . !( / " #10!2 3 4./ $< +=> : $ @?BA 3.183,61 +* * 65 7 8 9:7 ; chte die Antragstellerin mit der Klage einfordern.
Das Landgericht hat dem Prozeßkostenhilfeantrag nur in Höhe von ./ $< C=D ' $ FEHGI '/ ! J LK (! .?M/ N4 / $ (! ?M/ O +4IP 5.137,50 * 8 8%8 * stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag, soweit ihm nicht entsprochen worden ist, weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Auffassung des Beschwerdegerichts , die beabsichtigte Klage biete hinsichtlich der auf die ersparten Aufwendungen bezogenen Forderung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Abgesehen davon, daß das Beschwerdegericht Prozeßkostenhilfe schon deswegen hätte bewilligen müssen, weil es den Rechtsfragen eine Bedeutung zugemessen hat, die es zur Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlaßt hat (Senat, Beschluß v. 21. November 2002, V ZB 40/02, zur Veröffentl. vorgesehen), ist seine Auslegung des notariellen Vertrages vom 22. Januar 1972 dahin, daß der Übernehmer von den übernommenen Altenteilsleistungen mit Ausnahme der Leibrentenverpflichtung frei werden sollte, wenn die Sachleistungen nicht mehr erbracht werden konnten, weil die Antragstellerin dauerhaft in einem Pflegeheim unterzubringen war, rechtsfehlerhaft.
1. Der Wortlaut des Vertrages stützt die Auslegung des Beschwerdegerichts nicht. Das Beschwerdegericht erkennt selbst, daß eine Betreuungs- und Pflegeverpflichtung nur entfallen sollte, wenn und solange ein Krankenhausaufenthalt notwendig würde. Es nimmt weiter ohne Rechtsfehler an, daß ein dauernder Aufenthalt in einem Pflegeheim nicht mit einem Krankenhausaufenthalt gleichzusetzen ist. Damit ist der hier vorliegende Fall, daß die Erbringung von Sachleistungen deswegen nicht mehr in Betracht kommt, weil der Berechtigten Unterbringung, Beköstigung und Pflege in einem Pflege- und Altenheim zuteil wird, nicht geregelt.
2. Soweit das Beschwerdegericht meint, diese Lücke sei nach §§ 157, 133 BGB dahin zu schließen, daß in der Regelung zum Krankenhausaufenthalt ein genereller Wille der Parteien erkennbar werde, daß eine Zahlungspflicht nicht gewollt gewesen sei, soweit Pflegeleistungen objektiv unmöglich geworden seien, widerspricht dies dem Gebot einer interessegerechten Vertragsauslegung (vgl. Senat, Urt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514; Urt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599, jew. m.w.N.). Das Beschwerdegericht trägt nämlich dem aus der vertraglichen Regelung insgesamt zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien nicht hinreichend Rechnung, der Antragstellerin durch die Altenteilsrechte eine umfassende Altersversorgung zu gewähren. Wohnung, Beköstigung, häusliche Dienste, Pflege und Taschengeld (Leibrente) sind geschuldet. Das zeigt, daß die Antragstellerin nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen verwiesen, sondern umfassend von der Familie versorgt werden sollte. Von der Interessenlage her weist der vorliegende Fall daher keine grundlegenden Unterschiede zu dem Fall auf, den der Senat mit Urteil vom 21. September 2001 (V ZR 14/01, WM 2002, 598) entschieden hat. Mag hier auch kein Hof übertragen worden sein, aus dem die Altenteilsleistungen zu erwirtschaften waren, so liegt das Charakteristische hier wie dort darin, daß die Antragstellerin ihren Grundbesitz im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihren Sohn übertrug, um im Gegenzug wegen aller ihrer Grundbedürfnisse für den Lebensabend abgesichert zu sein. Daß hiervon die Betreuung und Pflege bei Krankenhausaufenthalten ausgenommen wurde, erklärt sich daraus, daß insoweit die Dienste des Krankenhauses zur Verfügung stehen und vermutlich - Feststellungen dazu fehlen allerdings - durch eine Versicherung gedeckt sind. Aus dieser auf den Einzelfall zugeschnittenen Regelung können generalisierende Aussagen nicht hergeleitet werden.

Soweit der Senat in der Entscheidung vom 21. September 2001 (V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599) seine Bewertung auch darauf gestützt hat, daß eine Regelung, die den Altenteilsverpflichteten frei werden läßt, wenn der Berechtigte auf Dauer in einem Pflegeheim untergebracht wird, mit Rücksicht auf die Unzulässigkeit eines Vertrages zu Lasten Dritter leer liefe, bedarf dies der Richtigstellung. Ein Vertrag zu Lasten Dritten im Rechtssinne steht hier nicht in Rede. Der Vertrag - wie ihn das Beschwerdegericht auslegt - begründet nicht Verpflichtungen Dritter, also des Sozialhilfeträgers. Er hätte aber wirtschaftlich die Folge, daß der Sozialhilfeträger, soweit auch gesetzliche Unterhaltsansprüche nicht gegeben oder nicht durchsetzbar sind, einspringen müßte. Ein solches Ergebnis - so der Kern der früheren Senatsentscheidung - entsprach nicht dem geäußerten Willen der damaligen Vertragsparteien. Das gleiche gilt, wie dargelegt, im vorliegenden Fall.
Die Vertragslücke ist daher in der Weise zu schließen, daß sich - ursprünglich neben dem Sohn der Antragstellerin - die mithaftende Antragsgegnerin hinsichtlich der Leistungen, die infolge der Heimunterbringung nicht mehr in Natur erbracht werden können, in Höhe der ersparten Aufwendungen an den Pflegekosten zu beteiligen hat (vgl. Senat, aaO, 599; Beschl. v. 21. November 2002, V ZB 40/02, zur Veröffentl. vorgesehen). Darin liegt - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - keine Erweiterung des Vertragsgegenstandes über die von den Parteien eingegangene Bindung hinaus. An die Stelle der nicht mehr zu erbringenden Sachleistungen treten Zahlungsverpflichtungen , die den Wert der Sachleistungen nicht nur nicht überschreiten , vielmehr nur den Wert der ersparten Aufwendungen für die an sich geschuldeten Sachleistungen abschöpfen.

3. Über die Höhe der ersparten Beträge braucht im Prozeßkostenhilfeverfahren nicht abschließend Stellung genommen zu werden. Die Festlegung obliegt dem Tatrichter. Von vornherein unschlüssig sind die geltend gemachten Ansätze nicht. Allerdings können auch hinsichtlich des Wohnungsrechts nur die tatsächlich ersparten Aufwendungen, etwa für Wasser, Strom und Heizung sowie für in zeitlichen Abständen anfallende Maßnahmen zur Unterhaltung der Wohnung, verlangt werden, nicht hingegen der Sachwert des Wohnungsrechts selbst. Hier sind Abzüge von dem bisher geltend gemachten Betrag denkbar, die von dem Prozeßgericht im einzelnen festzulegen sind, die aber im gegenwärtigen Verfahrensstadium einer Bewilligung von Prozeßkosten nicht entgegenstehen , zumal zweifelhaft ist, ob hierdurch eine Gebührenstufe erreicht wird (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rdn. 23 a).
Tropf Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Rubrum berichtigt durch
Beschluß vom 23. Juli 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 83/00 Verkündet am:
25. Juni 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für die rechtliche Einordnung eines Vertrages ist weder die von den Parteien gewünschte
Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich.
Vielmehr bestimmt der sich aus dem Wortlaut des Vertrages und dessen praktischen
Durchführung ergebende wirkliche Wille der Vertragspartner den Geschäftsinhalt
und damit den Vertragstyp. Die Parteien können die zwingenden
Schutzvorschriften des AÜG nicht dadurch umgehen, daß sie einen vom tatsächlichen
Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen.

a) Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht, indem es vor der
mündlichen Verhandlung allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; vielmehr
muß es die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungser-
heblich ansieht, unmiûverständlich hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen,
ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Erforderlichkeit
ergänzenden Vortrags von der Bewertung des Gerichts im Einzelfall
abhängt.
Erweist sich, daû die Parteien einen Hinweis falsch aufgenommen haben, so muû das
Gericht diesen präzisieren und der Partei erneut Gelegenheit zur Stellungnahme
geben. Das gleiche gilt dann, wenn das Gericht von seiner in einer gerichtlichen
Verfügung geäuûerten Auffassung später abweichen will.

b) Es ist regelmäûig verfahrensfehlerhaft, eine dem Grunde nach gerechtfertigte
Klage abzuweisen, ohne die Mindesthöhe des bereicherungsrechtlichen Anspruchs
nach § 287 ZPO zu schätzen, wenn nach den getroffenen Feststellungen
nicht angenommen werden kann, daû der Anspruch schlechthin entfällt.
BGH, Urt. v. 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 25. Februar 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin bezeichnet sich als Spezialfirma für Ausbein- und Zerlegearbeiten mit entsprechendem Fachpersonal, das für sie als jeweils selbstständige Subunternehmer tätig werde. Eine Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern besitzt sie nicht. Die Beklagte betreibt im städtischen Schlachthof in M. eine Großschlächterei mit Fleischgroßhandel, in dem täglich mehrere
100 Tonnen Schlachtvieh verarbeitet werden. Sie verfügt über die Zulassung nach § 11 der Fleischhygiene-VO.
Am 7. März 1997 schlossen die Parteien eine als "Werkrahmenvertrag" bezeichnete Vereinbarung, nach welcher die Klägerin ab dem 10. März 1997 gemäû gesonderten Einzelaufträgen "das selbständige und eigenverantwortliche Ausbeinen, Zerlegen, Einzelverpacken und Kommissionieren der Ware und deren Verbringung zum und Lagerung im zugewiesenen Versandkühlhaus" übernahm. Die Mitarbeiter der Klägerin wurden im städtischen Schlachthof in Räumen tätig, welche die Klägerin von der Beklagten gemietet hatte. Dort erhielten die Mitarbeiter der Klägerin Rinderviertel aus der Zerlegekühlung der Beklagten, vorzerlegten diese Viertel, entfernten Knochen und Fett, schnitten sodann das Rindfleisch nach den Vorgaben der Kunden der Beklagten zu, vakuumierten und etikettierten es und verbrachten es schlieûlich zur Versandkühlhalle der Beklagten. Gegenüber den Aufsichtsbehörden war der Inhaber der Beklagten der für die Ausbein- und Zerlegearbeiten verantwortliche Schlachtmeister.
Die Zusammenarbeit der Parteien endete nach einer fristlosen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 23. Januar 1998.
Die Klägerin verlangt Restvergütung in Höhe von 63.356,71 DM und Schadensersatz von 62.970,49 DM wegen der nach ihrer Ansicht unberechtigten fristlosen Kündigung.
Das Landgericht M. hat der Klägerin eine Restvergütung aus Werkvertrag in Höhe von 61.827,55 DM zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung hat die Beklagte Klageabweisung in vollem Umfang erstrebt. Das Berufungsgericht hat die Parteien mit prozeûleitender Verfügung vom 28. Dezember 1999 darauf hingewiesen, daû entgegen der Annahme des Landgerichts und der Parteien keine werkvertraglichen Beziehungen bestünden , sondern eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vorliege, daû die Berufung der Beklagten wenig aussichtsreich erscheine, die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die von ihr an die bei der Beklagten eingesetzten Mitarbeiter gezahlten Löhne und sonstigen Abgaben im Wege des Bereicherungsausgleichs verlangen könne und daû diese nach der Behauptung der Klägerin zum ursprünglich geltend gemachten Schadensersatzanspruch immerhin 90 % des Umsatzes ausmachten, eine Höhe, die im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung plausibel sei. Diese Verfügung ist dem Prozeûbevollmächtigten der Klägerin am 31. Dezember 1999 zugestellt worden. Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2000 einen Schriftsatz überreicht hatte, dessen Inhalt die Klägerin nicht widersprochen hatte, hat das Berufungsgericht das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:



Die Revision der Klägerin hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Berufungsgericht hat einen Vergütungsanspruch der Klägerin aus Werkvertrag (§ 631 Abs. 1 BGB) verneint. Es hat die Vereinbarung der Parteien vom 7. März 1997 und die folgenden Einzelaufträge als nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam angesehen, weil Gegenstand der Vereinbarung eine Arbeitnehmerüberlassung sei, für welche die Klägerin als Verleiherin nicht die nach § 1 Abs. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis besitze. Für die rechtliche Beurteilung des Vertrages sei die tatsächliche Durchführung maûgebend. Die von der Klägerin eingesetzten Kräfte seien weder selbständige Werkunternehmer gewesen noch hätten sie für die Klägerin der Beklagten selbständige Werkleistungen erbracht. Die Mitarbeiter der Klägerin seien vollständig in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen und seien nach den Weisungen der Beklagten tätig geworden. Die Klägerin habe keinen Einfluû auf die Ausführung der Arbeiten nehmen können. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die zu bearbeitenden Rinderviertel aus dem Kühlhaus der Beklagten erhalten, sie hätten diese in den Räumen der Beklagten bearbeitet und schlieûlich wieder zum Kühlhaus der Beklagten gebracht. Die einzelnen Zuschneidearbeiten seien nach Schnittmustern der Kunden der Beklagten vorgenommen worden. Die Behauptung der Beklagten, keine Kontrolle des Arbeitsergebnisses der Mitarbeiter der Klägerin durchgeführt zu haben, sei nicht glaubhaft. Vielmehr diene diese Behauptung ebenso wie das Schreiben der Beklagten vom 3. März 1997 der Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse.
2. Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.

a) Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die Dritten (Entleiher ) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäûig zur Arbeitsleistung überlassen wollen, ohne damit Arbeitsvermittlung zu betreiben (Verleiher), der Erlaubnis. Fehlt diese, so sind sowohl die Verträge zwischen Verleiher und Entleiher als auch diejenigen zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmern nach Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam. Wer einem Dritten unerlaubt Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überläût, kann aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1, 267 BGB) vom Entleiher zwar nicht Wertersatz für die von den Arbeitern geleisteten Dienste, wohl aber Herausgabe dessen verlangen, was der Entleiher erspart hat, wenn nicht er, sondern der Verleiher die Leiharbeiter entlohnt hat (BGHZ 75, 299, 302 ff.; Sen.Urt. v. 18.7.2000 – X ZR 62/98).

b) Nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien ist die Auffassung des Berufungsgerichts unter revisionsrechtlichen Gesichtpunkten nicht zu beanstanden , die von der Klägerin der Beklagten überlassenen Kräfte seien Arbeitnehmer. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daû die Klägerin der Beklagten nicht selbständige Subunternehmer oder eigene Mitarbeiter im Rahmen eines Werkvertrages, sondern Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt hat.
aa) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines selbständigen Werkunternehmers insbesondere durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Danach ist Arbeitnehmer, wer seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von einem Dritten bestimmten Arbeitsor-
ganisation zu erbringen hat und in diese eingegliedert ist, weil er hinsichtlich Ort, Zeit und Ausführung seiner Tätigkeit einem umfassenden Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt (vgl. BAGE 78, 252, 256 f. m.w.N.). Hingegen ist nicht Arbeitnehmer, sondern selbständig, wer im wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB).
bb) Entsprechend diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht festgestellt , die von der Klägerin gestellten Mitarbeiter seien vollständig in den Betrieb der Beklagten und in dessen Ablauf eingegliedert gewesen und nach den Weisungen der Beklagten tätig geworden. Die Mitarbeiter der Klägerin hatten im Schlachthof M. in den von der Klägerin gemieteten Räumen der Beklagten zu arbeiten; sie erhielten die zu zerlegenden und zu bearbeitenden Rinderviertel aus dem Kühlhaus der Beklagten, hatten die Zuschneidearbeiten nach Schnittmustern von Kunden der Beklagten vorzunehmen und das zugeschnittene und verpackte Fleisch zum Kühlhaus der Beklagten zu bringen. Schon das schlieût die Möglichkeit einer eigenen freien Gestaltung ihrer Tätigkeit durch die betroffenen Mitarbeiter aus. Daû sie ihre Arbeitszeit haben frei bestimmen können, ist von den Parteien nicht vorgetragen worden und erscheint nach den festgestellten Betriebsabläufen auch als ausgeschlossen. Allein der Inhaber der Beklagten war die für diese Arbeiten gegenüber den Behörden verantwortliche Person. Nur die Beklagte hatte die Zulassung nach § 11 Fleischhygiene-VO. Dem entspricht es, daû der Inhaber der Beklagten deren Betrieb einschlieûlich der dort tätigen von der Klägerin gestellten Mitarbeiter als sein Unternehmen bewertet hat, indem er ausführte, daû "in meinem Zerlegebetrieb" damals keine andere Firma als die Klägerin gearbeitet habe. Aus diesen Umständen und dem persönlichen Eindruck des Inhabers der Beklagten
hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei geschlossen, daû die Behauptung der Beklagten, keine Kontrolle des Arbeitsergebnisses der Mitarbeiter der Klägerin vorgenommen zu haben, nicht glaubhaft sei.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision spricht gegen diese Würdigung des Berufungsgerichts nicht, daû das Berufungsgericht nur die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beklagten festgestellt hat, nicht aber die Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Daû die Kräfte im Betrieb der Beklagten deren Weisungen unterlegen und nach diesen tätig zu werden hatten, ist maûgebend für die Begründung der Arbeitnehmerüberlassung. Daher ist es folgerichtig, wenn das Berufungsgericht die Arbeitnehmereigenschaft der überlassenen Arbeitskräfte aus der Art und Weise hergeleitet hat, in der sie bei der Beklagten eingesetzt worden sind. Auf die Bezeichnung dieser Arbeitskräfte als Subunternehmer kommt es für die rechtliche Einordnung nicht entscheidend an (vgl. BAG BB 1998, 794).
dd) Keinen Erfolg hat die Revision auch insoweit, als sie beanstandet, die Parteien hätten eine Eingliederung der Arbeitnehmer der Klägerin in die Betriebsorganisation der Beklagten nicht vorgetragen; die Feststellung des Berufungsgerichts , die Mitarbeiter hätten nach Weisung der Beklagten gearbeitet, beruhe nicht auf Parteivorbringen und sei unter Verstoû gegen den Beibringungsgrundsatz getroffen (§§ 128, 138 ZPO). Zutreffend ist, daû beide Parteien während des Rechtsstreits in den Tatsacheninstanzen an ihrer Rechtsauffassung festgehalten haben, einen Werkvertrag geschlossen zu haben, und daû beide Parteien deshalb ihr Rechtsverhältnis zu den Leiharbeitern nicht näher aufgeklärt haben. Die Klägerin hat auch nach Zustellung der Verfügung des Berufungsgerichts vom 29. Dezember 1999 in der mündlichen Verhand-
lung am 21. Januar 2000 lediglich erklärt, die für sie tätigen Personen seien Subunternehmer gewesen. Nicht in Zweifel gezogen hat sie hingegen, daû die Beklagte tatsächlich Kontroll- und Weisungsbefugnisse ausgeübt hat. Die Beklagte hat nach Zustellung der Verfügung vortragen lassen, die Mitarbeiter der Klägerin seien nicht in ihren Betrieb eingegliedert gewesen, ohne zu der tatsächlichen Handhabung Ausführungen zu machen. Im Hinblick darauf, daû der Beklagten nach Nr. 4 c) des Vertrages der Parteien vom 7. März 1997 das Recht zugestanden war, zum Zweck der Qualitätskontrolle, jederzeit, auch beim Einsatz von Subunternehmern, selbst oder durch eine beauftragte Person die Tätigkeit der Mitarbeiter der Klägerin zu überprüfen und Proben zu nehmen , und daû der Inhaber der Beklagten als verantwortlicher Schlachtmeister für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften Sorge zu tragen hatte, ist die tatrichterliche Schluûfolgerung, die der Beklagten überlassenen Mitarbeiter seien in deren Betrieb eingegliedert gewesen und hätten nach Weisung der Beklagten gearbeitet, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

c) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei festgestellt, daû der "Werkrahmenvertrag" der Parteien vom 7. März 1997 nicht als Werkvertrag, sondern als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu qualifizieren und unwirksam ist, weil die Klägerin unstreitig keine nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis besitzt.
aa) Insoweit hat es angenommen, für die Beurteilung, ob Arbeitnehmerüberlassung oder werkvertragliche Beziehungen vorlägen, sei davon auszugehen , daû Arbeitnehmerüberlassung dadurch gekennzeichnet sei, daû dem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt würden, die er seinen Vorstellungen und Zielen gemäû in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzen
könne. Die entliehenen Arbeitskräfte seien vollständig in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führten ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen durch. Die Vertragspflicht des Verleihers beschränke sich auf die Auswahl der Arbeitnehmer und ende hiermit. Im Gegensatz dazu werde bei einem Werkoder Dienstvertrag ein Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiere die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolges notwenigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen. Eingesetzte Arbeitnehmer unterlägen als Erfüllungsgehilfen des Werkunternehmers dessen Weisungsbefugnis. Dies entspricht den vom Bundesgerichtshof (BGHZ 75, 299, 301; vgl. auch Sen.Urt. v. 18.7.2000 – X ZR 62/98) und vom Bundesarbeitsgericht (BAG DB 1999, 386 m.w.N.) in ständiger Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungsgrundsätzen.
bb) Das Berufungsgericht hat für die rechtliche Einordnung des "Werkrahmenvertrages" vom 7. März 1997 auch mit Recht nicht auf die von den Parteien gewählten Bezeichnungen, sondern auf die tatsächliche Vertragsdurchführung abgestellt (dazu BAGE 67, 124 = NZA 1992, 12, 20; BAG DB 1993, 2337; BAG NZA 1995, 572, 573). Für die rechtliche Einordnung eines Vertrages ist weder die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maûgeblich, sondern der tatsächliche Geschäftsinhalt. Die Vertragsschlieûenden können die zwingenden Schutzvorschriften des AÜG nicht dadurch umgehen, daû sie einen vom tatsächlichen Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus dem Wortlaut des Vertrages als auch aus dessen praktischer Durchführung ergeben. Widersprechen beide einander, so ist die tatsächliche Handhabung maûgebend, weil sich aus ihr am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche
Wille der Vertragspartner bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAG DB 1993, 2337).
cc) Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Qualifikation des Vertrages als unzulässige Arbeitnehmerüberlassung auûer Betracht gelassen, daû eine Arbeitnehmerüberlassung regelmäûig nur dann vorliege, wenn sich die Vertragspflichten des Unternehmers, der Arbeitnehmer im Betrieb eines anderen einsetze, in der ordnungsgemäûen Auswahl der Arbeitnehmer erschöpfe und er nur für Auswahlverschulden hafte. Beim Einsatz von Arbeitnehmern in einem Drittbetrieb liege ein Werkvertrag vor, wenn die Herstellung eines bestimmten Werkerfolgs geschuldet werde. Für einen Werkvertrag spreche die Gestaltung des Vertrages vom 7. März 1997, wonach sich die Klägerin zu bestimmten Werkleistungen verpflichtet habe. Werkvertraglich gestaltet seien die Vergütungs- und Haftungsregelungen. Die Vergütung sei am Arbeitsergebnis orientiert. Die tatsächliche Durchführung des Vertrages habe dem Wortlaut des Vertrages entsprochen. Die Parteien hätten die Aufträge nach Mengen abgerechnet. Gegen den werkvertraglichen Charakter spreche es auch nicht, wenn der Inhaber der Beklagten den Mitarbeitern der Klägerin Weisungen zum Zuschnitt erteilt haben sollte.
(1) Die Revision verkennt, daû das Berufungsgericht seine Auffassung, die Parteien hätte eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vereinbart, nicht auf den Rahmenvertrag vom 7. März 1997 gestützt, sondern aus dem Schreiben der Beklagten vom 3. März 1997 hergeleitet hat. Zwar macht die Revision zutreffend geltend, daû zur Feststellung der Vertragsbeziehungen der Parteien zunächst auf die Vereinbarungen des Vertrages abzustellen sei, deren Inhalt das Berufungsgericht nicht gewürdigt habe. Dies führt jedoch nicht zum Erfolg
der Rüge. Der Bundesgerichtshof kann den Vertrag und das genannte Schreiben selbst auslegen und würdigen, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind und insoweit von der Revision auch keine Rügen ausgeführt werden.
(2) Zutreffend macht die Revision geltend, daû die Parteien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten in dem Vertrag vom 7. März 1997 dem Wortlaut nach jedenfalls zum Teil werkvertraglich geregelt haben. Gegenstand des Rahmenvertrages ist "das selbständige und eigenverantwortliche Ausbeinen, Zerlegen, Einzelverpacken und Kommissionieren der Ware und deren Verbringung zum und Lagerung im zugewiesenen Versandkühlhaus" (Nr. 1 Abs. 1 des Vertrages). Dazu erteilt der Auftraggeber jeweils gesonderte Einzelaufträge (Nr. 1 Abs. 2). Der Auftragnehmer haftet für die ordnungsgemäûe und termingerechte Abwicklung sowie die Einhaltung der relevanten Vorschriften; der Auftragnehmer hat einen fachkundigen, verantwortlichen und zeichnungsberechtigten Vertreter zu benennen, der die Aufsicht über das Personal übernimmt und berechtigt ist, erforderliche Maûnahmen anzuordnen und erforderliche Absprachen zu treffen (Nr. 4). Die Vertragspartner vereinbaren als Vergütung einen Preis je kg gelieferte Rohware und bestimmte Abrechnungsmodi (Nr. 5) und eine Kündigungsberechtigung aus wichtigem Grund (Nr. 6).
(3) Allerdings enthält der Vertrag darüber hinaus, was die Revision übersieht, auch Regelungen, die wegen ihrer besonderen Betonung in ihrer Gesamtheit mit einer Qualifizierung des Rahmenvertrages als Werkvertrag nur schwer zu vereinbaren sind und eher in Richtung einer Arbeitnehmerüberlassung weisen. Dem Auftragnehmer wird gestattet, den Auftrag wahlweise durch eigenes Personal oder durch Subunternehmer durchzuführen (Nr. 2). Ferner
verpflichtet sich der Auftragnehmer, die zur Auftragsdurchführung benötigten Räumlichkeiten, Einrichtungen, Arbeitsgeräte, Arbeitsmaterialien und Arbeitskleidung etc. auf eigene Kosten zu beschaffen bzw. vorzuhalten (Nr. 3). Der Auftraggeber hat "das Recht, zum Zwecke der Qualitätskontrolle jederzeit, auch bei Einsatz von Subunternehmern, selbst oder durch eine beauftragte Person die Tätigkeit des Auftragnehmers zu überprüfen und Proben zu nehmen. Diese Person ist dem Personal gegenüber jedoch nicht weisungsbefugt. Soweit eine Zeichnung die erbrachten Leistungen des Auftragnehmers quittiert oder gegengezeichnet werden, betrifft dies nicht etwaige Gewährleistungsansprüche oder deren Ausschluû" (Nr. 4 c Abs. 3–5).
(4) Diese Regelungen über Personal, dessen Ausstattung, die Aufsichtspflicht des Auftragnehmers und dessen Vertreters und das Kontrollrecht des Auftraggebers sind einer werkvertraglichen Beziehung fremd. Hätten die Vertragspartner ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten werkvertraglich gestalten wollen, wären diese Regelungen weitgehend überflüssig; denn der Werkunternehmer haftet dem Auftraggeber für ordnungsgemäûe und termingerechte Leistung, ohne daû es darauf ankommt, wo und durch wen er das Werk erstellt. Daû er dabei für seine Mitarbeiter und seine Subunternehmer aufzukommen hat, ist eine Selbstverständlichkeit, die keiner Regelung bedarf. Der Umstand, daû die Parteien diese Dinge überhaupt als regelungsbedürftig angesehen und deshalb in den Vertrag aufgenommen haben, begründet Zweifel daran, ob die Parteien tatsächlich das vereinbart haben, was sie in dem Vertragstext niedergelegt haben. Daû der Vertrag nur der Verschleierung des wahren Geschäftsinhalts diente und die Parteien tatsächlich etwas anderes regeln wollten und auch geregelt haben, folgt, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, aus dem Schreiben der Beklagten vom 3. März 1997, das die Klägerin am
7. März 1997 gegengezeichnet hat und das die Parteien nach der Vorbemerkung des Werkrahmenvertrages ausdrücklich zu dessen Grundlage gemacht haben. Dieses Schreiben trägt die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts , daû die Parteien von einer unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung ausgingen und nur zu deren Umgehung die Rechtsform des Werkvertrages wählten. Nach seinem Inhalt bringt die Beklagte ihre Sorge zum Ausdruck, von den Mitarbeitern der Klägerin auf Zahlung des Arbeitslohns oder der Abgaben in Anspruch genommen zu werden. Deshalb sucht sie sich durch Verpflichtungen der Klägerin hiergegen zu sichern. Es wird zunächst "klargestellt", daû die Ausführung der Arbeiten aufgrund von Werkverträgen erfolge und "deshalb keinerlei Rechtsbeziehungen zwischen unserer Firma und Ihren Mitarbeitern oder auch den Subunternehmern oder deren Mitarbeitern" bestünden oder entstünden. Deshalb verpflichte sich die Auftragnehmerin, die Auftraggeberin von allen etwaigen Ansprüchen freizustellen, die aus irgendeinem Rechtsgrund, etwa arbeitsrechtlichen Beziehungen, von Mitarbeitern oder Subunternehmern der Auftragnehmerin oder Dritten gegen die Auftraggeberin erhoben werden könnten. Auûerdem versichere die Auftragnehmerin, daû sie die jeweils fälligen Steuern und Sozialversicherungsabgaben sowie sonstige von Arbeitgebern zu erbringende Leistungen an Dritte voll erfülle, so daû sowohl gegenüber Dritten als auch gegenüber den Beschäftigten selbst keinerlei rückständige Zahlungsverpflichtungen bestünden und entstünden. Die Auftragnehmerin habe ferner auf Verlangen jederzeit Nachweis darüber zu führen, daû alle dazu erforderlichen schriftlichen Unterlagen vorlägen und daû diese auf Wunsch ausgehändigt würden. Dies gelte beispielsweise sowohl für Genehmigungen wie auch für die Erfüllung bestehender Zahlungsverpflichtungen und sämtlicher sonstiger Beschäftigungsvoraussetzungen.
Mit diesem Inhalt stützt das Schreiben vom 3./7. März 1997 in Verbindung mit dem Rahmenvertrag der Parteien die Feststellung des Berufungsgerichts , daû die Parteien keinen Werkvertrag, sondern einen Vertrag über die Überlassung von Leiharbeitnehmern geschlossen haben, der wegen eines Verstoûes gegen das gesetzliche Verbot solcher Vereinbarungen unwirksam ist. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ferner davon ausgegangen, daû die Überlassung der Mitarbeiter an die Beklagte gewerbsmäûig erfolgte. Gewerbsmäûig im Sinne des § 1 Abs. 1 AÜG handelt ein Arbeitgeber, der die Arbeitsüberlassung auf gewisse Dauer anlegt oder mit ihr unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile erzielen will (BAGE 31, 135, 143 = NJW 1979, 2636, 2637).
II. 1. Das Berufungsgericht hat einen Bereicherungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 BGB dem Grunde nach bejaht, einen Zahlungsanspruch aber im Ergebnis verneint, weil die Klägerin Zahlungen an ihre Mitarbeiter nicht nachgewiesen habe. Es hat ausgeführt, nach § 10 Abs. 1 AÜG gelte ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem jeweiligen Leiharbeitnehmer als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Ziff. 1 AÜG unwirksam sei. Zahle die Klägerin das Entgelt an ihre Mitarbeiter, könne sie ihre Leistung nicht von diesen zurückfordern , noch könnten diese Empfänger solcher Leistungen Bezahlung von der Beklagten verlangen. Dem Verleiher stehe dann ein Bereicherungsanspruch gegen den Entleiher zu. Diesem Anspruch stehe § 817 Satz 2 BGB nicht entgegen. Die Klägerin habe aber trotz ausdrücklichen Hinweises auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der gerichtlichen Verfügung vom 28. Dezember 1999 und trotz des Bestreitens der Beklagten Zahlungen an ihr als Subunternehmer behandeltes Personal nicht vorgetragen. Zahlungen lie-
ûen sich auch nicht aus ihrem Vortrag zu der in erster Instanz geltend gemachten Schadensersatzforderung entnehmen.
2. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, daû das Berufungsgericht Zahlungen an ihre Mitarbeiter als nicht vorgetragen und ihren Vortrag zur Anspruchshöhe als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat.

a) Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe seiner richterlichen Hinweispflicht in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2000 nicht genügt. Nach § 139 ZPO hat das Gericht darauf hinzuwirken, daû die Parteien sich über alle erheblichen Tatsachen vollständig erklären und sachdienliche Anträge stellen, insbesondere auch ungenügende Angaben der geltend gemachten Tatsachen ergänzen und die Beweismittel bezeichnen. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht, indem es vor der mündlichen Verhandlung allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Vielmehr muû es die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmiûverständlich hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Erforderlichkeit ergänzenden Vortrags sich nicht bereits aus einem substantiierten Bestreiten der Gegenseite ergibt, sondern von der Bewertung des Gerichts im Einzelfall abhängt, wie z.B. hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung eines bestimmten Anspruchs (BGHZ 140, 365, 371). Die Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozeûbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn der Prozeûbevollmächtigte die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt (BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.; Sen.Urt. v. 27.10.1998 – X ZR 116/97, NJW 1999, 418, 421). Er-
weist sich, daû die Partei einen Hinweis falsch aufgenommen hat, so muû das Gericht diesen präzisieren und der Partei erneut Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen. Dies gilt entsprechend auch dann, wenn das Gericht von seiner in einer gerichtlichen Verfügung geäuûerten Auffassung später abweichen will. Sofern die Präzisierung erst in der mündlichen Verhandlung möglich ist, muû das Gericht in den Fällen, in denen eine fundierte Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgen kann, eine angemessene Frist einräumen.
Dem wird das Verfahren des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat in der Verfügung vom 28. Dezember 1999, die dem Prozeûbevollmächtigten der Klägerin am 31. Dezember 1999 zugestellt worden ist, ausgeführt, daû nach seiner Auffassung der Vertrag der Parteien nicht als Werkvertrag, sondern als unzulässige Arbeitnehmerüberlassung aufzufassen sei. Die Vereinbarung der Parteien sei deshalb nach Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam, wenn nicht die Klägerin die hierfür erforderliche Erlaubnis vorweisen könne. Allerdings könne die Klägerin dann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die von ihr gezahlten Löhne und sonstigen Abgaben an die von der Beklagten eingesetzten Mitarbeiter im Wege des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs verlangen. Diese machten nach der Behauptung der Klägerin zum ursprünglich geltend gemachten Schadensersatzanspruch immerhin 90 % des Umsatzes aus, "eine Höhe, die im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung plausibel ist". Gegenansprüche der Beklagten seien mit Ausnahme der vom Erstgericht anerkannten nach Bestreiten durch die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen worden. Aus dieser Verfügung konnte die Klägerin entnehmen, daû das Gericht den Vertrag der Parteien vom 7. März 1997 nicht als Werkvertrag anerkannte, sondern
mangels Erlaubnis von einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung mit der Folge der Unwirksamkeit des Vertrages ausging, daû es ferner annahm, die Klägerin habe ihre Arbeitnehmer entlohnt, und daû es der Klägerin – jedenfalls – einen Bereicherungsanspruch in Höhe von 90 % der Klageforderung zuerkennen wollte.
In der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2000 hat die Vorsitzende ausweislich des Protokolls die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert. Dabei hat sie darauf hingewiesen, "daû ein substantiierter Vortrag zur Minderung und zum Schadensersatz" fehle. Ein Hinweis dahin, daû die Klageforderung unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nunmehr als unsubstantiiert angesehen werde, ist ausweislich des Protokolls nicht ergangen.
Diesen hätte das Berufungsgericht jedoch geben müssen, wenn es von seiner in der Verfügung vom 28. Dezember 1999 niedergelegten Auffassung abweichen wollte. Ein solcher Hinweis war um so mehr geboten, als das Berufungsgericht mit der Verfügung zumindest den Anschein erweckt hatte, es gehe von Entlohnungen durch die Klägerin und von der ausreichenden Substantiierung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs aus. Nachdem das Gericht durch die Verfügung deutlich gemacht hatte, daû es auch unter dem Gesichtpunkt einer bereicherungsrechtlicher Anspruchsgrundlage jedenfalls in Höhe von 90 % keine Bedenken gegen den geltend gemachten Anspruch hatte, bestand für die Klägerin keine Veranlassung zum weiteren Vortrag, wenn sie sich mit dieser Höhe bescheiden wollte. Zudem ist es regelmäûig verfahrensfehlerhaft , eine nur dem Grunde nach, nicht aber zur Höhe ausreichend dargelegte
Forderung abzuweisen, ohne zuvor auf die Unvollständigkeit des Vortrags zur Höhe hinzuweisen und Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu geben (BGH, Urt. v. 9.10.2000 ± II ZR 58/99, BGHR ZPO § 139 Abs. 1 ± Hinweis- pflicht 2).
b) Hiervon abgesehen hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft die nach seiner Auffassung dem Grunde nach gerechtfertigte Klage abgewiesen, ohne die Mindesthöhe des bereicherungsrechtlichen Anspruchs gemäû § 287 ZPO zu schätzen. Daû solche Ansprüche schlechthin entfielen, kann nach den getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden. Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Einordnung der Kräfte als Arbeitnehmer spricht eher dafür, daû ihnen auch eine Vergütung gezahlt wurde, die sie nach den getroffenen Feststellungen in erster Linie von der Klägerin erhalten haben muûten. Insoweit hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe solche Zahlungen der Klägerin an ihre Mitarbeiter bestritten. Ein solches Bestreiten der Beklagten ergibt sich weder aus ihrem in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz vom 20. Januar 2000 noch aus ihrem früheren Verteidigungsvorbringen. In dem genannten Schriftsatz hat die Beklagte eine Arbeitnehmerüberlassung als Gegenstand des Vertrages in Abrede gestellt und vorsorglich bereicherungsrechtliche Ansprüche der Klägerin der Höhe nach als nicht substantiiert gerügt. Auch eine umsatzabhängige Provision von 10 % sei nicht nachgewiesen. In ihrem Schriftsatz vom 18. Juni 1998 hat die Beklagte vor dem Landgericht mangelnde Substantiierung der von der Klägerin geltend gemachten Vergütungs- und Schadensersatzansprüche aus Werkvertrag beanstandet. Um Bereicherungsansprüche der Klägerin ging es nicht.
Bei dieser Sachlage hätte das Gericht entweder zur Höhe weitere Feststellungen treffen oder die Bereicherung der Beklagten nach § 287 ZPO schätzen müssen, was nach seinen Ausführungen in der Verfügung vom 29. Dezember 1999 durchaus möglich gewesen wäre.
III. Daher ist auf die Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zunächst der Klägerin Gelegenheit geben müssen, zur Höhe des Anspruchs aus § 812 BGB unter Berücksichtigung ihrer Zahlungen an ihre Mitarbeiter vorzutragen. Sodann wird die Beklagte Gelegenheit haben, ihr Verteidigungsvorbringen der neuen Rechtslage anzupassen.

Melullis Jestaedt RiBGH Scharen ist urlaubs - bedingt ortsabwesend und daher gehindert zu unterschreiben Melullis Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 83/00 vom 23. Juli 2002 in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens
beschlossen:
Das Rubrum des Urteils des Senats vom 25. Juni 2002 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, daû die Prozeûbevollmächtigten der Klägerin die Rechtsanwälte ... sind, und die Prozeûbevollmächtigte des Beklagten Rechtsanwältin ... ist (§ 319 Abs. 1 ZPO).

Melullis Jestaedt Scharen Keukenschrijver Mühlens

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 187/02 Verkündet am:
18. Juli 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2, 544 Abs. 6 Satz 1

a) Ein Berufungsurteil beruht auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn nicht
ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung
des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte.

b) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht führt nicht zur
Zulassung der Revision, wenn sich nach einer rechtlichen
Überprüfung in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren das Berufungsurteil
aus anderen Gründen als richtig darstellt.

c) Ist die Revision wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zugelassen, so
ist die Überprüfung des Berufungsurteils in dem Revisionsverfahren, als das das
Beschwerdeverfahren gemäß § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO fortgesetzt wird, nicht auf
die Gesichtspunkte beschränkt, die für die Zulassung der Revision maßgebend
waren.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Mai 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 8. November 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte trat seit Mitte 1990 als Rechtsnachfolgerin der LiberalDemokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) auf. Sie nutzte zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 31. Dezember 1991 elf Grundstücke, die zuvor als Volkseigentum in Rechtsträgerschaft jeweils einer dieser Parteien gestanden hatten. Während dieser Zeit vereinnahmte die Beklagte 1.258.519,44 DM aus der Vermietung
der Grundstücke. Ein Teil der Mieten wurde auf ein Konto der Beklagten bei der Berliner Bank gezahlt, das unter treuhändischer Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben stand. Ferner ersparte die Beklagte durch Eigennutzung der Grundstücke Mietzahlungen in Höhe weiterer 517.616,13 DM. Dem standen von ihr aufgewandte Verwaltungskosten für die Grundstücke in Höhe von mindestens 1.081.741 DM gegenüber.
In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Berlin nahm die Beklagte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf Wiederzurverfügungstellung bestimmter Vermögenswerte wegen eines vermeintlichen Erwerbs nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen in Anspruch. Beigeladene dieses Rechtsstreits war auch die Klägerin, vertreten durch die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in der früheren DDR. Unter Einbeziehung der Beigeladenen schlossen die Beklagte und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben in dem Verwaltungsstreitverfahren am 11. Dezember 1995 einen Prozeßvergleich. In dessen Präambel wird ausgeführt, daß "unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber (bestehen), welche Vermögensgegenstände von der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands/des Bundes Freier Demokraten (LDPD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen ... erworben wurden und diesen daher wieder zur Verfügung zu stellen sind." Weiter bestehe Streit darüber, ob die Beklagte "vermögensrechtlich Rechtsnachfolgerin der LDPD und NDPD geworden" sei. Außerdem gebe es unterschiedliche Auffassungen über die Frage , ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte "Altvermögen der LDPD und NDPD für Zwecke in Anspruch genommen hat, für die sie nur Neuvermögen hätte einsetzen dürfen." Die Beteiligten seien sich in dem Ziel einig, "beste-
hende Ungewißheit im Wege dieses Vergleichs endgültig zu beseitigen ...". Im Anschluß daran wurde unter § 1 Satz 1 des Vergleichs vereinbart:
"Gegenstand dieses Vergleichs ist das am 7. Oktober 1989 vorhandene und seither an die Stelle dieses Vermögens getretene Vermögen der LDPD und NDPD."
Nach § 2 des Vergleichs wurden der LDPD, die sich ihrerseits zur Übertragung auf die Beklagte verpflichtete, zwei Grundstücke sowie ein Geldbetrag von 4,8 Mio. DM wieder zur Verfügung gestellt. Auf die Wiederzurverfügungstellung aller anderen "Vermögenswerte des Altvermögens von LDPD und NDPD" verzichtete die Beklagte unter § 3 des Vergleichs. Als Gegenstand des Verzichts sind u.a. die Forderungen aus dem für die Mietzahlungen bestimmten Bankkonto der Beklagten bei der Berliner Bank aufgeführt. In § 4 Abs. 1 des Vergleichs ist festgehalten, daß zwar unterschiedliche Auffassungen wegen der "Verwendung des Altvermögens" nach dem 7. Oktober 1989 bestünden, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben jedoch auch gegen die Beklagte "keine Regreßansprüche wegen des endgültigen Abflusses von Altvermögenswerten" geltend mache. Der "Verzicht" soll sich nicht auf solches Vermögen beziehen, auf das LDPD, NDPD und die Beklagte "noch eine Zugriffsmöglichkeit" haben.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten ! Zahlung von 694.394,54 DM (= 355.038,29 bzw. ersparten Mieten unter Abzug der unstreitigen Verwaltungskosten ergeben. Sie ist der Auffassung, der vor dem Verwaltungsgericht geschlossene Prozeßvergleich habe ihre nun geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche
nicht erfaßt; es seien lediglich die Auswirkungen der treuhänderischen Verwaltung durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf das LDPD- und NDPD-Vermögen sowie deren teilweise Beendigung geregelt worden. Außerdem sei sie an dem Vergleich auch nicht beteiligt gewesen. Die Klage ist in erster Instanz ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision , mit der die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin aus § 988 BGB. Als unentgeltliche Besitzerin sei die Beklagte zur Nutzungsherausgabe verpflichtet. Der Anspruch sei durch den Vergleich vom 11. Dezember 1995 nicht ausgeschlossen. Als früheres Volkseigentum seien die Grundstücke nun Teil des Bundesfinanzvermögens. Damit könnten sie nicht Gegenstand des Vergleichs sein, der nach § 1 nur das Altvermögen der früheren DDR-Parteien erfaßt habe. Zu diesem zählten die betreffenden Grundstücke nicht, weil die früheren DDR-Parteien nie deren Eigentümer gewesen seien, sondern lediglich die Rechtsträgerschaft erhalten hätten. Forderungen aus dem Bundesfinanzvermögen seien nicht geregelt worden. Auch die Erwähnung des Kontos, auf
dem die Beklagte Mieteinnahmen aus den Grundstücken angesammelt habe, in § 3 des Vergleichs führe zu keinem anderen Ergebnis, weil zuvor klargestellt worden sei, daß sich der Verzicht nur auf das Altvermögen beziehe.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Der Senat kann das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Revisionsrechts in vollem Umfang überprüfen; er ist nicht auf die Gründe beschränkt, die Anlaß waren, der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten stattzugeben.

a) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte zu Recht eine Mißachtung ihres Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) beanstandet.
aa) Entgegen der Darstellung in dem angefochtenen Urteil haben die Parteien in der Berufungsinstanz nicht "ausschließlich" darüber gestritten, ob der Klageanspruch Gegenstand der abschließenden Regelung im Vergleich vom 11. Dezember 1995 sei und daher nicht mehr geltend gemacht werden könne. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daß die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben, weitere von der Klageforderung abzuziehende Kosten geltend gemacht, hilfsweise aufgerechnet und einen - jeder Auslegung vorgehenden (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039 m.w.N.) - übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien vorgetragen hat. Diesen Teil ihres Verteidigungsvorbringens aus dem ersten Rechtszug
brauchte die Beklagte vor dem Berufungsgericht nicht ausdrücklich zu wiederholen. Die Beklagte ist nämlich im ersten Rechtszug schon deshalb erfolgreich gewesen, weil nach der Auslegung des Landgerichts durch den Vergleich auch die Klageforderung ausgeschlossen war. Die Klägerin wandte sich mit ihrer Berufung gegen diese Interpretation, während die Beklagte sich darauf beschränken konnte, das Urteil zu verteidigen. Auf das weitere Verteidigungsvorbringen der Beklagten kam es hiernach zunächst nicht mehr an, womit es aber noch nicht - gegen alle Vernunft - fallengelassen war. Da die Beklagte in der Berufungserwiderung auf ihr Vorbringen aus erster Instanz Bezug genommen hat, ist die Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens aus dem ersten Rechtszug als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu qualifizieren (vgl. BVerfGE 46, 315, 319 f; 60, 305, 311; 70, 288, 295; BVerfG, NJW 1992, 495; auch BVerfG, NJWRR 1995, 828).
bb) Das Berufungsurteil beruht auch auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts , schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Gericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392 f). Damit steht es im Einklang, wenn die Verletzung rechtlichen Gehörs , die im Zivilprozeß nicht zu den absoluten Revisionsgründen zählt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 547 Rdn. 22; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 547 Rdn. 19; teilw. a.A. aber Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 551 Rdn. 19), hier als Verfahrensfehler angesehen wird, bei dem für die Ursächlichkeit der Rechtsverletzung allein die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung des Berufungsgerichts genügt (MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 547 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 547 Rdn. 19). Im vor-
liegenden Fall kann diese Möglichkeit zwar - weil die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. nicht für den hier geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsersatz aus § 988 BGB gilt (vgl. Senat, Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 205/02, zur Veröffentlichung vorgesehen) - für die übergangene Verjährungseinrede ausgeschlossen werden. Auf der Grundlage der hier maßgeblichen rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16) gilt das aber nicht für das Vorbringen der Beklagten zu angeblichen Gegenforderungen und zu dem gemeinsamen umfassenden Abgeltungswillen.

b) Die Verletzung eines Verfahrensgrundrechts führt nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Zulassung der Revision, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (vgl. Senat, Beschl. v. 27. März 2003, V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1946 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
aa) Hieraus folgt allerdings nicht, daß der Senat in dem Revisionsverfahren , als das das Beschwerdeverfahren gemäß § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO fortgesetzt wird, bei der Überprüfung des Berufungsurteils auf die Gesichtspunkte beschränkt wäre, die für die Zulassung der Revision maßgebend waren. Auch dann, wenn die Revisionsinstanz erst durch eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet wird, richtet sich der Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung nach den allgemeinen Regeln, insbesondere aus § 557 ZPO. Dies wird durch die Systematik des Gesetzes bestätigt, das zwischen der Nichtzulassungsbeschwerde und dem Revisionsverfahren klar trennt (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 544 Rdn. 18). So gibt § 544 Abs. 6 Satz 3
ZPO, der den Beginn der Revisionsbegründungsfrist an die Zustellung der Entscheidung über die Zulassung der Revision knüpft, dem Revisionskläger Gelegenheit , seine Angriffe im Hinblick auf die nun eröffnete volle Überprüfung des Berufungsurteils - wenn notwendig - neu vorzutragen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 544 Rdn. 16). Ergibt sich der Zulassungsgrund aus einem Verfassungsverstoß des Berufungsgerichts, so gilt nichts anderes. Das Revisionsgericht hat die Rechtssache nicht etwa allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Anders als im Verfahren der Verfassungsbeschwerde , das einer Überprüfung auf Verfassungsverstöße dient und dessen Prüfungsintensität entsprechend eingeschränkt ist, haben sich die Fachgerichte vielmehr mit jeder Rechtsbeeinträchtigung zu befassen (BVerfG, NJW 2003, 1924, 1926).
bb) Auf Grund der weitergehenden Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts ist der Senat zudem im Verfahren der Nichtzulassungbeschwerde selbst nach Feststellung eines Verfassungsverstoßes nicht an einer Prüfung des einfachen Gesetzesrechts gehindert. Gelangt das Revisionsgericht daher bei Prüfung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu dem Ergebnis, daß sich das Berufungsurteil trotz der Gehörsverletzung in der Vorinstanz im Ergebnis als richtig darstellt, weil im Fall richtiger Anwendung des formellen und des materiellen Rechts auch bei Beachtung des übergangenen Vorbringens kein anderes Urteil hätte ergehen können, so sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben. Die bisher unterbliebene Berücksichtigung und Erwägung des Vorbringens wurde dann in der Revisionsinstanz nachgeholt und die Verletzung des rechtlichen Gehörs auf diese Weise geheilt (vgl. BVerfGE 5, 22, 24; 62, 392, 397). Zugleich steht fest, daß die Frage der Gehörsverletzung keine Entscheidungserheblichkeit erlangen kann, weil selbst bei
einer Zulassung der Revision, dieses Rechtsmittel nach § 561 ZPO nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils führen könnte (vgl. BVerwGE 15, 24, 26; 52, 33, 42; BVerwG, NVwZ-RR 2000, 233, 234; MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 561 Rdn. 8). Ist eine Frage nicht entscheidungserheblich, so kann sie auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Zulassung der Revision eröffnen (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; auch Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181). Indessen kann das Berufungsurteil im vorliegenden Fall auch mit einer anderen Begründung keinen Bestand haben.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von der Beklagten nicht gemäß § 988 BGB die Herausgabe der aus den fraglichen elf Grundstücken gezogenen Nutzungen verlangen. Zwar sind die Grundstücke seit dem 3. Oktober 1990 gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages als Finanzvermögen Eigentum der Klägerin, und die Beklagte hat den Besitz an diesen Grundstücken auch unentgeltlich erlangt (vgl. Senat, Urt. v. 20. Februar 1998, V ZR 319/96, NJW 1998, 1709, 1710). Ferner zählen zu den von ihr gezogenen Nutzungen nach § 99 Abs. 3 BGB die hier herausverlangten Mieteinnahmen sowie nach §§ 100, 818 Abs. 2 BGB auch der Wertersatz für die durch die Eigennutzung erlangten Gebrauchsvorteile. Gleichwohl steht der Klägerin nach den im Prozeßvergleich vom 11. Dezember 1995 getroffenen Vereinbarungen der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Das abweichende Verständnis des Berufungsgerichts beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Prozeßvergleichs und bindet daher den Senat nicht.

a) Die tatrichterliche Auslegung eines Prozeßvergleichs unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht jedenfalls hinsichtlich der Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze, der gesetzlichen Auslegungsregeln, der Denkgesetze und der Erfahrungssätze (vgl. BGH, Urt. v. 11. Mai 1995, VII ZR 116/94, NJW-RR 1995, 1201, 1202; Urt. v. 13. Dezember 1995, XII ZR 194/93, NJW 1996, 838, 839). Für den vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Umstand, daß der Prozeßvergleich in einem Verwaltungsstreitverfahren abgeschlossen wurde und - zumindest in seinen wesentlichen Teilen - als öffentlichrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 106 Rdn. 5) keine Besonderheiten. Insbesondere gelten die Auslegungsgrundsätze des Zivilrechts über § 62 Satz 2 VwVfG auch für öffentlichrechtliche Verträge (vgl. BVerwGE 84, 257, 264). Einer Prüfung nach den hiernach maßgebenden Grundsätzen hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand.
aa) Entscheidend für das Verständnis des Berufungsgerichts ist die Überlegung, daß die fraglichen elf Grundstücke als Eigentum des Volkes und bloßer Rechtsträgerschaft der LDPD und der NDPD niemals Vermögen dieser Parteien waren und daher - insbesondere wegen der Festlegung des Vergleichsgegenstandes (§ 1 des Prozeßvergleichs) - von dem Vergleich nicht erfaßt sein könnten. Hierbei ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht bei seiner Auslegung an den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen anknüpft (BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 11. September 2000, II ZR 34/99, NJW 2001, 144; Urt. v. 27. März 2001, VI ZR 12/00, NJW 2001, 2535). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsatz beachtet, daß bei Erklärungen, die sich an Angehörige eines bestimmten Verkehrskreises richten, nicht das allgemein-
sprachliche Verständnis der Aussagen entscheidend ist, sondern das in dem maßgeblichen Fachkreis verkehrsübliche Verständnis (vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 1994, VII ZR 163/93, NJW-RR 1994, 1108, 1109; Urt. v. 12. Dezember 2000, XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344, 1345 m.w.N.). Hier wurde der Prozeßvergleich zwischen - zudem noch speziell beratenen - Beteiligten geschlossen, die auf dem Gebiet der Vermögensangelegenheiten der politischen Parteien der früheren DDR besonders fachkundig waren. Dies gilt namentlich für die Parteien des durch den Prozeßvergleich beendeten Verwaltungsstreitverfahrens, nämlich die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und die hiesige Beklagte als vermeintliche Rechtsnachfolgerin zweier politischer Parteien der früheren DDR. Soweit daher in dem Prozeßvergleich von dem "Vermögen" der LDPD und der NDPD gesprochen wird, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß dieser Begriff im Sinne der einschlägigen §§ 20 a, 20 b PartG-DDR Verwendung finden sollte.
bb) Entsprechend dem Regelungszweck einer möglichst vollständigen Erfassung und Einziehung des Partei- und Organisationsvermögens für gemeinnützige Aufgaben (vgl. Toussaint, in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 20 b PartG-DDR Rdn. 1) ist für die §§ 20 a, 20 b PartG-DDR von einem wirtschaftlichen Vermögensbegriff auszugehen (vgl. Berger, RVI, § 20 b PartGDDR Rdn. 39). Danach zählen zwar Grundstücke, die im Volkseigentum standen und einer Partei nur in Rechtsträgerschaft überlassen worden waren, als fremdes Eigentum nicht zu deren Vermögen. Anderes gilt aber für den tatsächlichen Besitz, der einer Partei an solchen Grundstücken verblieben ist. Er stellt nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Sicht einen Vermögenswert dar, der der Partei zuzurechnen ist (Senat, Urt. v. 9. Januar 1998, V ZR 263/96, WM 1998, 987, 988; auch Urt. v. 20. Februar 1998, aaO, 711 für das Recht
zum Besitz; Berger, RVI, § 20 b PartG-DDR Rdn. 40, 42; ders., Die treuhänderische Verwaltung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, 1998, S. 132 f; Toussaint, in Kimme, aaO, § 20 b PartG-DDR Rdn. 64). Soweit das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausführt, der Besitz sei unerheblich, weil er allein das Ziehen von Nutzungen nicht rechtfertige, wird verkannt, daß der Besitz jedenfalls die tatsächliche Nutzung ermöglicht und ihm deshalb ein Vermögenswert nicht abgesprochen werden kann. Nach alledem hat das Berufungsgericht für seine Auslegung einen zu engen Vermögensbegriff zugrunde gelegt. Damit ist, weil sich für eine Begrenzung der Regelungen des Vergleichs auf Grundstücke, die im Eigentum der LDPD oder der NDPD standen, auch im übrigen kein Hinweis findet, dem Ergebnis der Auslegung des Berufungsgerichts die Grundlage entzogen.

b) Die fehlerhafte Auslegung des Berufungsgerichts zwingt nicht zu einer Zurückverweisung der Sache (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere relevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Prozeßvergleich selbst auslegen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Februar 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219). Dies führt zu dem Ergebnis, daß der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsherausgabe nicht mehr zustehen.
aa) Wird - wie geboten - der fachsprachliche Vermögensbegriff der §§ 20 a, 20 b PartG-DDR zugrunde gelegt, so folgt bereits aus dem Wortlaut des Vergleichs die Einbeziehung auch der Ansprüche auf Herausgabe der Nutzungen von Grundstücken, die bis zum 2. Oktober 1990 in Rechtsträgerschaft der Parteien standen. Da die hier betroffenen elf Grundstücke ersichtlich schon am 7. Oktober 1989 zum derart bestimmten Parteivermögen zählten,
also nach § 20 b Abs. 2 PartG-DDR "Altvermögen" waren, werden Ansprüche auf Nutzungsherausgabe bereits in der Präambel des Vergleichs durch den Hinweis angesprochen, daß unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte Altvermögen der Parteien unberechtigt "in Anspruch genommen hat." Hieran anknüpfend stellt die Vereinbarung des Vergleichsgegenstandes unter § 1 Satz 1 klar, daß nach dem Willen der am Vergleich Beteiligten das Altvermögen von LDPD und NDPD insgesamt und mithin unter Einschluß der Nutzungen des Rechtsträgervermögens in den Prozeßvergleich einbezogen ist.
bb) Dies findet durch die Vereinbarung unter § 3 Abs. 1 des Prozeßvergleichs seine Bestätigung. Im Anschluß an den Verzicht der Beklagten auf die Wiederzurverfügungstellung weiterer Vermögenswerte aus dem Altvermögen der Parteien in Satz 1 dieser Klausel, stellt Satz 2 klar, daß "hierunter" auch die Forderungen der Beklagten u.a. aus dem Bankkonto fallen, auf dem ein Teil der Mieteinnahmen aus den zuvor in Rechtsträgerschaft überlassenen Grundstücken hinterlegt war. Auch nach der Systematik des Vergleichs gingen demnach die Beteiligten davon aus, daß das zum Vergleichsgegenstand gemachte Altvermögen die Nutzungen aus dem Rechtsträgervermögen umfaßte. Das hiervon abweichende Verständnis des Berufungsgerichts führt demgemäß auch zu einem denkgesetzwidrigen Ergebnis. Die Beklagte müßte nämlich, obwohl sie mit dem Guthaben des genannten Bankkontos einen Teil der gezogenen Nutzungen verloren - und nur zur Begleichung ihres unter § 2 des Vergleichs geregelten Zahlungsanspruchs zurückerhalten - hat, den entsprechenden Betrag nochmals an die Klägerin herausgeben.
cc) Zudem spricht die beiderseitige Interessenlage für eine Einbezie- hung der Nutzungen aus dem Rechtsträgervermögen beider Parteien in den Vergleich. Die Beteiligten haben im zweiten Absatz der Vergleichspräambel ihr gemeinsames Ziel, die "bestehende Ungewißheit" über ihre Streitpunkte "endgültig zu beseitigen" klar zum Ausdruck gebracht. Da sich aus dem vorstehenden Absatz der Präambel ergibt, daß Streit auch wegen der Inanspruchnahme des Altvermögens und damit auch wegen der Nutzung der früheren Rechtsträgergrundstücke durch die Beklagte bestand, wäre es mit dem Interesse an einer umfassenden Bereinigung nicht zu vereinbaren, wenn die streitgegenständlichen Ansprüche von dem Vergleich unberührt blieben.
dd) Demnach unterfallen die streitgegenständlichen Nutzungen - soweit sie nicht bereits durch die Überlassung des unter § 3 des Vergleiches angesprochenen Bankguthabens ausgeglichen sind - als "Verwendung des Altvermögens" der Regelung unter § 4 Abs. 1 des Vergleichs. Hinsichtlich der verbleibenden Beträge wurde unter § 4 Abs. 1 Satz 2 ein Erlaß vereinbart; denn "Regreßansprüche wegen des endgültigen Abflusses von Altvermögenswerten" sollten gegen die Beklagte nicht geltend gemacht werden. Der von dem Erlaß in Satz 4 ausgenommene Fall, daß die Beklagte auf das Vermögen "noch eine Zugriffsmöglichkeit" hat, liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Er setzt, wie schon die Wortwahl zeigt, voraus, daß der betreffende Teil des Altvermögens - insbesondere auf treuhänderisch verwalteten Konten - noch gegenständlich vorhanden ist. Demgemäß führt die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in ihrem Bericht über das Vermögen u.a. der LiberalDemokratischen Partei Deutschlands und der National-Demokratischen Partei Deutschlands aus (BT-Drucks. 13/5376, S. 205), daß der Beklagten unter Ein-
beziehung von "Einnahmen aus Altvermögen" in Höhe von 12.339.000 DM und nach Abzug noch vorhandener Geldbestände unter treuhänderischer Verwaltung in Höhe von 4.440.000 DM ein Betrag von 17.292.000 DM erlassen wurde (krit. deshalb Berger, aaO, S. 188 "erhebliche vermögensmäßige Privilegierung"

).



c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Vergleich auch hinsichtlich der Vereinbarungen über die Herausgabe der Nutzungen wirksam zustande gekommen.
aa) Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß Ansprüche auf Nutzungsherausgabe nicht Gegenstand des Verwaltungsstreitverfahrens waren , das durch den Prozeßvergleich vom 11. Dezember 1995 beendet worden ist. Dieser Umstand berührt indessen die Wirksamkeit des Prozeßvergleiches nicht. Auch bei Abschluß eines Prozeßvergleichs im Verwaltungsstreitverfahren sind die Parteien nach § 106 VwGO nicht auf Vereinbarungen über den Streitgegenstand beschränkt, sondern können insbesondere zivilrechtliche Ansprüche - wie hier die Ansprüche aus § 988 BGB - zum Gegenstand des Prozeßvergleichs machen (vgl. Dolderer, in: Sodan/Ziekow, NKVwGO, § 106 Rdn. 17 f; Kopp/Schenke, aaO, § 106 Rdn. 5).
bb) Die am Abschluß des Vergleichs beteiligte Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben konnte zudem im eigenen Namen über die Ansprüche der Klägerin auf Nutzungsherausgabe verfügen, insbesondere einen (teilweisen) Erlaß mit der Beklagten vereinbaren. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob diese Ansprüche als Nutzungen des Parteivermögens ebenfalls zu den durch § 20 b Abs. 2 PartG-DDR erfaßten Vermö-
genswerten zählen (vgl. Berger, RVI, § 20 b PartG-DDR Rdn. 39) und daher nach der Maßgabenregelung der Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III des Einigungsvertrages der treuhänderischen Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und damit auch ihrer Verfügungsbefugnis unterliegen (vgl. Toussaint, in Kimme, aaO, § 20 b PartG-DDR Rdn. 126). Die Befugnis der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben , im eigenen Namen über die fraglichen Ansprüche zu verfügen, besteht nämlich auch dann, wenn diese dem Finanzvermögen des Bundes nach Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zugeordnet werden. In diesem Fall sind die Klägerin und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben als Mitgläubigerinnen nach § 432 BGB anzusehen (vgl. Senat, Urt. v. 9. Januar 1998, aaO). Zwar kann ein Mitgläubiger allein keinen Erlaß mit der Folge des Erlöschens der gesamten Forderung vereinbaren (vgl. Staudinger /Noack, BGB [1999], § 432 Rdn. 46), anderes gilt aber dann, wenn ein Mitgläubiger insbesondere auf Grund erteilter Befugnis mit Wirkung für den anderen Mitgläubiger handeln kann (vgl. Staudinger/Noack, BGB [1999], § 432 Rdn. 43). Von einer solchen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben durch die Klägerin erteilten Befugnis ist auszugehen, nachdem die Verwaltung und Verwertung der ehemals in Rechtsträgerschaft stehenden Vermögensgegenstände der Parteien und verbundenen Organisationen mit Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 30. Dezember 1991 (vgl. dazu Schneider, in: Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, § 25 Rdn. 35) der damaligen Treuhandanstalt - jetzt Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben - übertragen worden ist.
3. Da mithin der geltend gemachte Anspruch der Klägerin schon durch die Vereinbarungen im Rahmen des Prozeßvergleichs ausgeschlossen ist,
kommt es auf das von dem Berufungsgericht übergangene Vorbringen nicht mehr an.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein RiBGH Dr. Schmidt-Räntsch ist wegen Ortsabwesensheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Karlsruhe, den 25.07.2003 Gaier Wenzel

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.