Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2018 - StB 45/18

bei uns veröffentlicht am05.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 45/18
vom
5. Oktober 2018
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:051018BSTB45.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Angeklagten und seiner Verteidiger am 5. Oktober 2018 gemäß § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Der Angeklagte befindet sich seit seiner Festnahme am 20. Dezember 2016 in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2016 (2 BGs 909/16). Der Generalbundesanwalt hat unter dem 28. April 2017 Anklage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erhoben. Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat am 12. Juni 2017 einen neuen Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen (5 - 2 StE 5/17) und in Vollzug gesetzt. Gegenstand dieses Haftbefehls ist der Vorwurf, der heranwachsende Angeklagte habe sich in dem Zeitraum von Herbst 2012 bis zum Anfang des Jahres 2014 in Syrien in drei Fällen als Mitglied an der Organisation "Jabhat al-Nusra" beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 und 12 VStGB) sowie Strafta- ten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen der §§ 239a, 239b StGB zu begehen, und habe in zwei dieser Fälle tateinheitlich die tatsächliche Gewalt über Kriegswaffen ausgeübt, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG, §§ 1, 105 JGG.
2
Der Senat hat mit Beschluss vom 13. Juli 2017 (AK 31/17) angeordnet, dass die Untersuchungshaft fortzudauern habe. Mit Beschluss vom 18. Juli 2017 hat das Oberlandesgericht die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen , das Hauptverfahren eröffnet und Haftfortdauer angeordnet. Die gegen vier Angeklagte geführte Hauptverhandlung hat am 25. September 2017 begonnen. Mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 22. August 2018 hat der Angeklagte Beschwerde gegen den Haftbefehl des Oberlandesgerichts vom 12. Juni 2017 eingelegt und beantragt, den Haftbefehl aufzuheben, hilfsweise außer Vollzug zu setzen. Er beanstandet im Wesentlichen, dass die Hauptverhandlung nicht mit der erforderlichen Beschleunigung geführt worden sei. Während der insgesamt 49 Kalenderwochen bis zum 21. August 2018 sei lediglich an 53 Tagen verhandelt worden, mithin nur an 1,08 Sitzungstagen pro Woche. Außerdem sei die Dauer der Hauptverhandlung an einzelnen Sitzungstagen zu kurz gewesen; die Verhandlungszeit pro Sitzungstag habe durchschnittlich etwa 350 Minuten betragen, wovon noch Unterbrechungszeiten aufgrund von Sitzungspausen abzuziehen seien. Überdies sei versäumt worden, eine etwa zweimonatige Unterbrechung der Hauptverhandlung infolge der Erkrankung einer erkennenden Richterin durch eine gestraffte Verhandlungsführung, insbesondere durch Anberaumung zusätzlicher Sitzungstage auszugleichen. Im Übrigen macht der Beschwerdeführer geltend, dass inzwischen keine Fluchtgefahr mehr bestehe, weil auf ihn im Zweifel Jugendstrafrecht anzuwenden sei und im Falle seiner Verurteilung bereits jetzt eine zu vollstreckende Strafe von allenfalls noch wenigen Monaten verbliebe.
3
Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5. September 2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

II.


4
Das Rechtsmittel, das sich nunmehr ausdrücklich gegen die letzte, im Zusammenhang mit dem Eröffnungsbeschluss vom 18. Juli 2017 ergangene Haftentscheidung richtet, hat in der Sache keinen Erfolg.
5
1. Gegen den Angeklagten besteht weiterhin der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung in drei Fällen , davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Ausüben der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen. Das Oberlandesgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 5. September 2018 eingehend dargelegt, dass und aufgrund welcher Beweismittel die Beweisaufnahme den dringenden Tatverdacht im Sinne des im Haftbefehl vom 12. Juni 2017 beschriebenen Tatvorwurfs nach vorläufiger Würdigung bestätigt hat.
6
Die Begründung des Oberlandesgerichts ist nach der Rechtsprechung des Senats, wonach die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vorzunehmen hat, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht unterliegt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. April 2016 - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217 mwN), nicht zu beanstanden.
7
2. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) nach wie vor jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität vorliegt; denn die folgenden Umstände begründen die Gefahr, dass die alsbaldige Ahndung der Tat ohne die wahre Inhaftierung des Angeklagten vereitelt werden könnte: Nach Einschätzung des Tatgerichts hat er im Falle der Verurteilung eine Freiheits- oder Jugendstrafe zu erwarten, die auch unter Berücksichtigung einer Anrechnung der bisher vollzogenen Untersuchungshaft und einer denkbaren Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung noch einen erheblichen Fluchtanreiz begründet. Dem stehen aus den fortgeltenden, im Haftfortdauerbeschluss des Senats vom 13. Juli 2017 genannten Gründen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Auch kommen weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO nicht in Betracht.
8
3. Die Untersuchungshaft hat mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung bei Berücksichtigung und Abwägung der Besonderheiten des Falles - auch angesichts der bereits fast zwei Jahre währenden Untersuchungshaft und der zu erwartenden Gesamtdauer des Verfahrens - fortzudauern. Ihr weiterer Vollzug steht angesichts der gegebenen Besonderheiten nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Das gilt auch mit Blick auf das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit.
9
a) Danach ist der Entzug der Freiheit eines einer Straftat lediglich Verdächtigen aufgrund der Unschuldsvermutung nur ausnahmsweise zulässig. Den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen muss - unter maßgeblicher Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt in diesem Zusammenhang auch, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe steht, und setzt ihr unabhängig von der Straferwartung Grenzen. Mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert sich regelmäßig das Gewicht des Freiheitsanspruchs gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung. Daraus folgt, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen, aber auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zunehmen (BGH aaO, 217 f. mwN).
10
Das damit angesprochene Beschleunigungsgebot in Haftsachen erfordert , dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und einer Sicherstellung der etwaigen späteren Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft deshalb nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn deren Fortdauer auf vermeidbaren Verfahrensverzögerungen beruht. Bei absehbar umfangreichen Verfahren ist - was auch der Beschwerdeführer im Ausgangspunkt zutreffend anführt - daher stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlung mit im Grundsatz durchschnittlich mehr als einem Hauptverhandlungstag pro Woche notwendig. Insgesamt ist eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs notwendig. Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens und die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 2 BvR 2098/12 mwN, juris Rn. 39 ff.; BGH, aaO).
11
b) An diesen Anforderungen gemessen ist das Verfahren und insbesondere die Hauptverhandlung mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung geführt worden. Das gilt zunächst im Hinblick auf die Anzahl der wöchentlichen Sitzungstage. Wie sich aus dem Nichtabhilfebeschluss des Oberlandesgerichts ergibt, hat der Senatsvorsitzende bei der Terminierung von Anfang an eine straffe und effiziente Verhandlungsführung angestrebt, so dass das Gericht regelmäßig an zwei Tagen pro Woche (Montag und Mittwoch) verhandelt. Den Ausführungen des Oberlandesgerichts lässt sich entnehmen, dass eine Terminierung auf mehr als zwei Tage pro Woche aufgrund der Besonderheiten , die sich aus dem Auslandsbezug des Verfahrens ergeben, nicht umsetzbar war. Im Hinblick auf die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Verhandlungstage haben das Oberlandesgericht und der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt, dass der Zeitraum der Erkrankung einer erkennenden Richterin insoweit nicht berücksichtigt werden darf. Da zunächst nicht absehbar war, ob die Hauptverhandlung, die bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden hatte (§ 229 Abs. 3 Satz 1 StPO), unter Mitwirkung der erkrankten Richterin fortgeführt werden konnte, war es mit Rücksicht auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters geboten, die Hauptverhandlung bis zum Ablauf der in § 229 Abs. 1 und 2 StPO genannten Fristen zu unterbrechen, bevor der Verhinderungsfall festgestellt und der Ergänzungsrichter eintreten konnte (BGH, Beschluss vom 8. März 2016 - 3 StR 544/15, BGHSt 61, 160, 163 ff.). Überdies hat - worauf der Generalbun- desanwalt zu Recht hingewiesen hat - die etwa einmonatige Unterbrechung der Hauptverhandlung während der Sommerferienzeit bei der Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Verhandlungstage außer Betracht zu bleiben (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07, juris Rn. 53), so dass sich bei zutreffender Berechnung ergibt, dass die Hauptverhandlung bislang durchschnittlich an deutlich mehr als einem Tag pro Woche durchgeführt worden ist.
12
Den eingehenden Ausführungen des Oberlandesgerichts lässt sich entnehmen , dass ein Ausgleich der etwa zweimonatigen Unterbrechung der Hauptverhandlung infolge der Erkrankung einer erkennenden Richterin durch Anberaumung von mehr als zwei Sitzungstagen pro Woche ungeachtet der sich aus dem Auslandsbezug des Verfahrens ergebenden Besonderheiten letztlich auch wegen Verhinderung der Verteidiger nicht möglich war.
13
Auch die durchschnittliche Dauer der Verhandlungstage gibt im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz keinen Anlass zu Beanstandungen. So lässt bereits die vom Beschwerdeführer berechnete durchschnittliche Verhandlungszeit pro Sitzungstag von etwa 350 Minuten nicht erkennen, dass das Oberlandesgericht die anberaumten Verhandlungstage nicht hinreichend ausgeschöpft habe. Überdies hat das Oberlandesgericht im Einzelnen dargelegt, dass sich die Unterbrechungen der Hauptverhandlung an den einzelnen Sitzungstagen im Rahmen des Üblichen hielten und insbesondere geboten waren, um den extrem belasteten Dolmetschern eine Erholungspause zu gewähren bzw. den Angeklagten einen Toilettengang zu ermöglichen. Letztlich resultierte die verhältnismäßig kurze Verhandlungsdauer an einzelnen Sitzungstagen den eingehenden Ausführungen des Oberlandesgerichts zufolge im Wesentlichen daraus, dass Zeugen früher als erwartet entlassen werden konnten. Auch dies ist, insbeson- dere bei schwierigen Umfangsverfahren, nicht ungewöhnlich und stößt unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebots in Haftsachen auf keine durchgreifenden Bedenken.
14
Schließlich kam, wie das Oberlandesgericht und der Generalbundesanwalt im Einzelnen dargelegt haben, eine Abtrennung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer zum Zwecke der Beschleunigung bislang nicht in Betracht.
15
4. Der Schriftsatz der Verteidiger vom 2. Oktober 2018 lag vor und war Gegenstand der Beratung.
Gericke Tiemann Leplow

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(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu ein

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(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,
2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,
3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet,
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist,
8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden,
b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in den Fällen der Nummer 9 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert,
2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt,
3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder
4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind

1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden;
3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig anordnet, dass Rechte und Forderungen aller oder eines wesentlichen Teils der Angehörigen der gegnerischen Partei aufgehoben oder ausgesetzt werden oder vor Gericht nicht einklagbar sind, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht gewährt wird, oder
2.
einen Angriff gegen Personen, Gebäude, Material, Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmittel richtet, die in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnet sind,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen, insbesondere wenn der Angriff nicht mit militärischen Mitteln erfolgt, ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt die Schutzzeichen der Genfer Abkommen, die Parlamentärflagge oder die Flagge, die militärischen Abzeichen oder die Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen missbraucht und dadurch den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen (§ 226 des Strafgesetzbuches) verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen,
2.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten,
3.
mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten,
5.
das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert,
6.
als Befehlshaber anordnet oder androht, dass kein Pardon gegeben wird, oder
7.
einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei meuchlerisch tötet oder verwundet,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen der Nummer 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 bis 6 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
Gift oder vergiftete Waffen verwendet,
2.
biologische oder chemische Waffen verwendet oder
3.
Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Menschen ausdehnen oder flachdrücken, insbesondere Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) § 239a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.

(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.

(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 31/17
vom
13. Juli 2017
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:130717BAK31.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 13. Juli 2017 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Stuttgart übertragen.

Gründe:

I.


1
Der Angeschuldigte wurde am 20. Dezember 2016 vorläufig festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2016 (2 BGs 909/16), der später durch den Haftbefehl des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Juni 2017 (5 - 2 StE 5/17) ersetzt wurde.
2
Gegenstand dieses Haftbefehls ist der Vorwurf, der heranwachsende Angeschuldigte habe sich in dem Zeitraum von Herbst 2012 bis zum Anfang des Jahres 2014 in Syrien in drei Fällen als Mitglied an der Organisation "Jabhat al-Nusra" beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 und 12 VStGB) sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen der §§ 239a, 239b StGB zu begehen, und habe in zwei dieser Fälle tateinheitlich die tatsächliche Gewalt über Kriegswaffen ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruht habe oder eine Anzeige nach diesem Gesetz erstattet worden sei, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG, §§ 52, 53 StGB, §§ 1, 105 JGG.
3
Wegen dieser Tatvorwürfe hat der Generalbundesanwalt unter dem 28. April 2017 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Anklage gegen den Angeschuldigten erhoben. Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts hält den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft für erforderlich.

II.


4
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
5
1. Der Angeschuldigte ist der ihm mit dem Haftbefehl vom 12. Juni 2017 zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
6
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
7
aa) Die Vereinigung Jabhat al-Nusra wurde Ende 2011 von Abu Muhammad al-Jawlani und anderen syrischen Mitgliedern der seinerzeitigen Organisation "Islamischer Staat im Irak" (ISI) im Auftrag deren Anführers Abu Bakr al-Baghdadi in Syrien gegründet und sollte als Ableger der irakischen Organisation im Nachbarland operieren. Die Gründung wurde im Januar 2012 in einem im Internet veröffentlichten Video bekannt gegeben. Zwischen den beiden Gruppierungen kam es im April 2013 zum Bruch, als al-Baghdadi die Vereinigung der Teilorganisationen ISI und Jabhat al-Nusra im neu ausgerufenen "Islamischen Staat im Irak und Großsyrien" (ISIG) verkündete. Muhammad al-Jawlani wies dies als Anführer der Jabhat al-Nusra zurück, betonte die Eigenständigkeit seiner Gruppierung und legte den Treueid auf den Emir der Kern-al-Qaida, Ayman al-Zawahiri, ab. Seitdem fungierte die Jabhat al-Nusra als Regionalorganisation von al-Qaida in Syrien.
8
Ziel der Jabhat al-Nusra ist der Sturz des Assad-Regimes in Syrien, das sie durch einen islamischen Staat auf der Grundlage ihrer eigenen Interpretation der Scharia ersetzen will. Darüber hinaus erstrebt sie die "Befreiung" des historischen Großsyrien, das heißt Syriens einschließlich von Teilen der südlichen Türkei, des Libanon, Jordaniens, Israels und der palästinensischen Gebiete. Diese Ziele verfolgt die Jabhat al-Nusra mittels militärischer Operationen, aber auch durch Sprengstoffanschläge, Selbstmordattentate, Entführungen, gezielte Tötungen von Angehörigen des syrischen Militär- und Sicherheitsapparates und nicht am Konflikt beteiligten Zivilisten. Insgesamt werden der Gruppierung allein bis Ende 2014 mehr als 1.500 Anschläge zugerechnet, bei denen mindestens 8.700 Menschen getötet wurden.
9
Die Jabhat al-Nusra ist militärisch-hierarchisch organisiert. Ihr Anführer ist weiterhin Muhammad al-Jawlani, dem ein aus fünf bis sechs Personen gebildeter Shura-Rat zugeordnet ist. Unterhalb dieser Führungsebene stehen die Kommandeure der kämpfenden Einheiten, die ihrerseits untergliedert sind in die vor Ort agierenden Kampfgruppen. Die Zahl der Kämpfer der Jabhat al-Nusra wird derzeit auf 4.000 bis 6.000 geschätzt. Ihre militärische Ausbildung erhalten diese in einem verzweigten Netz von Trainingslagern. Daneben gibt es Hinweise auf sogenannte "Scharia-Komitees" in den von der Jabhat al-Nusra kontrollierten Gebieten, die religiöse Angelegenheiten regeln und den Aufbau eines eigenen Justiz- und Verwaltungssystems vorantreiben. Für ihre Öffentlichkeitsarbeit bedient sie sich einer eigenen Medienstelle, über die sie im Internet Verlautbarungen, Operationsberichte und Anschlagsvideos verbreitet. Darüber hinaus unterhält sie ein Netzwerk von "Korrespondenten" in Syrien, die ihre Berichte über Twitter-Kanäle veröffentlichen.
10
Nach einer Videoverlautbarung von Muhammad al-Jawlani vom 28. Juli 2016 hat sich die Jabhat al-Nusra nunmehr unter Loslösung von der Kern-alQaida in "Jabhat Fath al-Sham" umbenannt.
11
bb) Der Angeschuldigte schloss sich in der ersten Hälfte des Jahres 2012 in Syrien einer bewaffneten Miliz namens Katiba "Owais Al Qorani" an, die der Mitangeschuldigte K. und andere Personen Ende 2011 mit dem Ziel gegründet hatten, das Regime von Präsident Bashar al-Assad zu beseitigen und den syrischen Staat unter dem Recht der Scharia neu zu ordnen. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Herbst 2012, jedenfalls aber vor November 2012, leistete der Emir der "Owais Al Qorani" für die gesamte Gruppe im Einverständnis mit dem Angeschuldigten den Treueid auf die terroristische Vereinigung Jabhat al-Nusra. Ab diesem Zeitpunkt integrierte sich die Miliz mili- tärisch und strukturell in die Befehlshierarchie der Jabhat al-Nusra, was dem Angeschuldigten bekannt war.
12
Im November 2012 nahm der Angeschuldigte mit der Katiba "Owais Al Qorani" zusammen mit weiteren Einheiten der Jabhat al-Nusra und anderen Kampfverbänden des syrischen Widerstands an der Schlacht um Dibsi Afnan, einen Vorort von Tabka, teil. Dem Angeschuldigten und seinen Mitkämpfern gelang es schließlich, die Streitkräfte der syrischen Armee zu verdrängen und die Siedlung zu erobern.
13
Nach der Schlacht bei Dibsi Afnan organisierte sich die Katiba "Owais Al Qorani" neu, um mit der Erorberung der Stadt Tabka beginnen zu können. Der Mitangeschuldigte K. erhielt die Befehlsgewalt über die Kämpfer der neu formierten Katiba "Mohamed Ibn Abd Allah" in der Region um die Städte Tabka und Raqqa sowie die notwendige Grundausstattung an Geld und Sturmgewehren samt Munition. Auch diese Einheit unterstand der Befehlsstruktur der Jabhat al-Nusra. Aufgabe des Angeschuldigten war es, neue Kämpfer für die Katiba "Mohamed Ibn Abd Allah" zu rekrutieren und auszubilden.
14
Am 10. Februar 2013 eroberten der Angeschuldigte und andere Kämpfer der Katiba "Mohamed Ibn Abd Allah" gemeinsam mit weiteren Verbänden der Jabhat al-Nusra die Stadt Tabka einschließlich des strategisch bedeutsamen Euphrat-Staudamms, im November 2013 außerdem das zweitgrößte Munitionsdepot des syrischen Regimes in der Nähe der Kleinstadt Mahin (Fall 1 der Anklageschrift).
15
Infolge der Schlacht um Tabka im Februar 2013 brachten die Angehörigen der Katiba "Mohamed Ibn Abd Allah" scharfe Waffen in ihren Besitz, auf die der Angeschuldigte und andere Kämpfer jederzeit Zugriff hatten und die er bei Operationen der Einheit mit sich führte. Hierzu zählten Handgranaten, Schnellfeuergewehre vom Typ Kalaschnikow, Raketenwerfer, RPG-Maschinengewehre , ein Luftabwehrgeschütz vom Typ 23, ein gepanzertes Fahrzeug vom Typ BMP mit einem Geschütz des Kalibers 14,5 mm sowie drei Pickups mit auf der Ladefläche montierten Maschinengewehren vom Kaliber 13 oder 14 mm (Fall 3 der Anklageschrift).
16
Die bei der Schlacht von Mahin im November 2013 erbeuteten Kriegswaffen samt Munition wurden an die Kämpfer der Einheiten verteilt. Der Angeschuldigte erhielt für seinen Einsatz 150 Handgranaten und drei Panzerfäuste. Einen Teil davon benutzte er im Rahmen seiner weiteren mitgliedschaftlichen Betätigung in der Jabhat al-Nusra (Fall 4 der Anklageschrift).
17
b) Der dringende Tatverdacht beruht im Hinblick auf die terroristische Vereinigung Jabhat al-Nusra auf den diesbezüglichen Auswerteberichten des Bundeskriminalamtes und Gutachten des Sachverständigen Dr. S. . Hinsichtlich der dem Angeschuldigten zur Last gelegten Taten ergibt er sich im Wesentlichen aus seinen eigenen Angaben, die durch sonstige Ermittlungsergebnisse , insbesondere durch die Auswertung von Telekommunikationsdaten , weitgehend bestätigt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Haftbefehl und die Anklageschrift Bezug genommen.
18
c) Danach hat sich der Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit als Mitglied der Jabhat al-Nusra und damit einer ausländischen terroristischen Vereinigung betätigt, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB. Die ihm in den Fällen 1, 3 und 4 der Anklageschrift vorgeworfenen Taten stellen mitgliedschaftliche Beteiligungshandlungen dar.
19
In den Fällen 3 und 4 der Anklageschrift ist der Angeschuldigte zudem dringend verdächtig, jeweils tateinheitlich die tatsächliche Gewalt über eine Kriegswaffe ausgeübt zu haben, strafbar gemäß § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG. Bei Maschinengewehren, vollautomatischen Gewehren, Panzerfäusten und Handgranaten handelt es sich um Kriegswaffen im Sinne des § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. der Kriegswaffenliste (Anlage zu § 1 Abs. 1 KWKG) Teil B Abschnitt V Nr. 29 Buchst. a und c, Abschnitt IV Nr. 37, Abschnitt VII Nr. 46.
20
Die den Fällen 3 und 4 der Anklageschrift zugrunde liegenden Handlungen , durch die der Angeschuldigte sich mitgliedschaftlich an der Jabhat al-Nusra beteiligte und zugleich das Kriegswaffendelikt beging, stehen sowohl untereinander als auch zu den sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakten in Tatmehrheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 311 f., 319 f.; vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 355/16, juris Rn. 5).
21
d) Deutsches Strafrecht ist anwendbar. Dies folgt hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Jabhat al-Nusra aus § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB (s. näher BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.) und hinsichtlich der Kriegswaffendelikte aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Der Angeschuldigte hielt sich vor seiner Festnahme in Deutschland auf. Die Waffendelikte sind auch in Syrien mit Strafe bedroht: der Besitz von Waffen nach § 41 des Präsidialerlasses Nr. 51 vom 24. September 2011; der Besitz einer Waffe zu dem Zweck, damit einen Terrorakt zu begehen, gemäß § 5 des syrischen AntiTerror -Gesetzes Nr. 19 vom 28. Juni 2012. Ein Auslieferungsverkehr mit Syrien findet derzeit nicht statt.
22
e) Die nach § 129b Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern der Jabhat al-Nusra liegt vor.
23
2. Es besteht, wie in dem Haftbefehl vom 12. Juni 2017 zu Recht ausgeführt ist, jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO); denn der Angeschuldigte ist der Begehung von Straftaten nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB dringend verdächtig.
24
Der Angeschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit nicht unerheblichem Freiheitsentzug zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Der Angeschuldigte hat bereits bei seiner Vernehmung vom 5. Dezember 2016 angegeben , sich mit Ausreisegedanken zu tragen. So hat er ausgeführt, dass man ihn freiwillig in die Türkei ausreisen lassen und abschieben solle, falls "man ihn nach den Vernehmungen hier nicht haben möchte". Er stehe zudem in telefonischem Kontakt zu seiner Mutter, die ihn aufgefordert habe, nach Syrien zurückzukehren. Schließlich liege er nachts wach und überlege, sich "einfach ein Ticket zu kaufen und in die Türkei zu fliegen". Da der Angeschuldigte in Deutschland über keine sozialen Bindungen verfügt, die geeignet wären, ihn von einer Flucht abzuhalten, besteht die Gefahr, dass die Ahndung der ihm zur Last gelegten Taten ohne seine weitere Inhaftierung vereitelt wird. Die Voraussetzungen des § 112 Abs. 3 StGB liegen somit auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Vorschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) vor.
25
Vor diesem Hintergrund kommen weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO nicht in Betracht.
26
3. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil bislang noch nicht zugelassen.
27
Der Anklageerhebung unter dem 28. April 2017 gingen umfangreiche Ermittlungen mit einer Vielzahl auszuwertender Beweismittel voraus. So wurden in dem Gesamtverfahren Rechtshilfeersuchen an die Vereinigten Staaten von Amerika, die Niederlande und Frankreich gestellt, deren Beantwortung teilweise noch aussteht. Es waren zudem mehrere Mobiltelefone auszuwerten. Neben der Vernehmung zahlreicher Zeugen und der Auswertung verschiedener im Internet gesicherter Videos wurden hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse in Syrien im Jahr 2013 in der Region um die Städte Raqqa und Tabka überdies Auswertungsaufträge an das Bundeskriminalamt und den Sachverständigen Dr. S. vergeben.
28
Nach dem Eingang der Anklageschrift beim Oberlandesgericht Stuttgart am 5. Mai 2017 verfügte der Vorsitzende des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts am 9. Mai 2017 deren Zustellung; er bestimmte zugleich eine Erklärungsfrist im Sinne des § 201 Abs. 1 Satz 1 StPO von einem Monat und veranlasste die Übersetzung der Anklageschrift in die arabische Sprache. Für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens sind mit den Verfahrensbeteiligten bereits jetzt Hauptverhandlungstermine ab Mitte September 2017 vereinbart.
29
In Anbetracht dessen ist das Verfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
30
4. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Becker Gericke Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 5/16
vom
21. April 2016
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Beihilfe zum Mord
ECLI:DE:BGH:2016:210416BSTB5.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Angeklagten und seiner Verteidiger am 21. April 2016 gemäß § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 1. Oktober 2014 (7 St 5/14) wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

1
Der Angeklagte ist auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 4. Juni 2009 (3 BJs 19/08-2) und des zugrundeliegenden Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 18. Mai 2009 (1 BGs 118/09) am 17. April 2014 in Kroatien festgenommen und - bewilligt durch Beschluss des Bezirksgerichts Varazdin vom 27. März 2014 (Kv-eun 8/14) sowie durch Beschluss des Obersten Gerichts der Republik Kroatien vom 15. April 2014 (Kz-eun 20/14-6) - am 17. April 2014 an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert worden. Seit diesem Zeitpunkt befindet er sich im vorliegenden Strafverfahren ununterbrochen in Untersuchungshaft.
2
Den Haftbefehl gegen den Angeklagten vom 18. Mai 2009 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs durch Beschluss vom 18. April 2014 (1 BGs 84/14) abgeändert und neu gefasst; zugleich hat er den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, als Leiter eines Geheimdienstes des ehemaligen Jugoslawien seinen damaligen Untergebenen , den Mitangeklagten P. , damit beauftragt zu haben, den Mord an dem Exilkroaten D. , der am 28. Juli 1983 in W. getötet wurde, zu planen und logistisch vorzubereiten.
3
Unter dem 15. Juli 2014 hat der Generalbundesanwalt wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Mord bei dem Oberlandesgericht München gegen den Angeklagten Anklage erhoben, die am 22. Juli 2014 beim dortigen 7. Strafsenat eingegangen ist. Dieser Senat des Oberlandesgerichts hat am 1. September 2014 die Anklage des Generalbundesanwalts zur Hauptverhandlung zugelassen , das Hauptverfahren eröffnet und zugleich Haftfortdauer gegen den Angeklagten angeordnet (§ 207 Abs. 4 StPO). Erneut und bislang letztmalig hat der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts München durch Beschluss vom 1. Oktober 2014 (7 St 5/14 (2)), mit dem die Akten dem Bundesgerichtshof im Haftprüfungsverfahren gemäß §§ 121, 122 StPO vorgelegt worden sind, Haftfortdauer gegen den Angeklagten angeordnet.
4
Am 17. Oktober 2014 hat die Hauptverhandlung vor dem 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts München begonnen, die bisher an insgesamt 99 Tagen durchgeführt worden ist. Derzeit sind weitere 27 Hauptverhandlungstage bis zum 2. August 2016 bestimmt.
5
Mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 16. März 2016 hat der Angeklagte Haftbeschwerde eingelegt und beantragt, den Haftbefehl aufzuheben.
6
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

7
Die Beschwerde ist in ihrer Auslegung durch den Senat gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO zulässig.
8
Der Schriftsatz der Verteidiger des Angeklagten vom 16. März 2016 ist als Beschwerde gegen die Haftfortdauerentscheidung des Oberlandesgerichts München vom 1. Oktober 2014 anzusehen (§ 300 StPO). Diese Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft war die zeitlich letzte, den Bestand des Haftbefehls gegen den Angeklagten betreffende Entscheidung, gegen die eine Beschwerde zulässig erhoben werden kann. Der aus der Regelung des § 117 Abs. 2 StPO abgeleitete allgemeine Grundsatz, dass der Beschuldigte nur die jeweils letzte Haftentscheidung anfechten kann (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 117 Rn. 8 mwN), liegt die Erwägung zugrunde, dass es einem vernünftigen Verfahrensablauf widersprechen würde, wenn ein Beschwerdeführer in beliebiger Art und Weise auf frühere, möglicherweise in ihrer Begründung bereits überholte Haftentscheidungen zurückgreifen und es hierdurch im Ergebnis zu einander widersprechenden Entscheidungen verschiedener mit der Sache befasster Gerichte kommen könnte.

III.

9
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
10
1. Gegen den Angeklagten besteht weiterhin der dringende Tatverdacht, an der Tötung von D. beteiligt gewesen zu sein. Sein Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Insofern gilt:
11
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegt die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht (vgl. Beschlüsse vom 5. Februar 2015 - StB 1/15, BGHR StPO § 304 Abs. 4 Haftbefehl 3; vom 22. Oktober 2012 - StB 12/12, NJW 2013, 247, 248; vom 19. Dezember 2003 - StB 21/03, StV 2004, 143; vom 2. September 2003 - StB 11/03, NStZ-RR 2003, 368). Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen, unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme. Allerdings muss das Beschwerdegericht in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den erhöhten Anforderungen , die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu stellen sind, ausreichend Rechnung getragen werden kann. Daraus folgt indes nicht, dass das Tatgericht alle bislang erhobenen Beweise in der von ihm zu treffenden Ent- scheidung einer umfassenden Darstellung und Würdigung unterziehen muss. Die abschließende Bewertung der Beweise durch das Oberlandesgericht und ihre entsprechende Darlegung ist den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - StB 14/15, juris Rn. 7 mwN).
12
b) Nach diesen Maßstäben ist die durch den Nichtabhilfebeschluss vom 17. März 2016 näher begründete Bewertung des Oberlandesgerichts, dass der dringende Tatverdacht der Beihilfe zum Mord gegen den Angeklagten weiterhin besteht, nicht zu beanstanden. Auf die Ausführungen in den Gründen dieser Nichtabhilfeentscheidung wird Bezug genommen. Wie sich daraus im Einzelnen ergibt, stellen die Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts der Beteiligung des Angeklagten an der Tötung von D. nach vorläufiger Bewertung nicht in Frage. Für den Senat besteht auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, das eine abweichende Bewertung des in der Hauptverhandlung zu erwartenden Beweisergebnisses vornimmt, kein greifbarer Anhaltspunkt, der es rechtfertigen würde, von der - keine ins Auge fallenden Unplausibilitäten enthaltenden - Bewertung des bisher erzielten Kenntnisstandes und der noch nicht erhobenen Beweise durch das Oberlandesgericht abzuweichen und in eigener Einschätzung der Beweislage den dringenden Tatverdacht zu verneinen.
13
2. Zutreffend ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, dass bei dem Angeklagten neben dem Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO auch der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO weiterhin vorliegt. Dem gegebenen erheblichen Fluchtanreiz stehen weiterhin keine privaten Bindungen und sozialen Beziehungen des Angeklagten in Deutschland gegenüber.
Diese Umstände schließen auch eine Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 StPO aus. Mildere Maßnahmen, mit denen der Zweck der Untersuchungshaft ebenfalls zu erreichen wäre, sind nicht ersichtlich.
14
3. Die Untersuchungshaft hat mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung bei Berücksichtigung und Abwägung der gegebenen Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens - auch angesichts der bereits nahezu zwei Jahre währenden Untersuchungshaft und der zu erwartenden Gesamtdauer des Verfahrens - fortzudauern. Ihr weiterer Vollzug steht angesichts der gegebenen Besonderheiten auch nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
15
a) Hierbei ist freilich das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit in besonderer Weise zu beachten. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung , die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist, nur ausnahmsweise zulässig. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt.
16
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Er verlangt, dass diese nicht außer Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe steht, und setzt ihr auch unabhängig von der Straferwartung Grenzen. Das Gewicht des Frei- heitsanspruchs vergrößert sich gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung regelmäßig mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft. Daraus folgt zum einen, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen. Zum anderen nehmen auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zu.
17
Das verfassungsrechtlich verankerte Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und einer Sicherstellung der etwaigen späteren Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft deshalb nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verfahrensverzögerungen verursacht ist. Bei absehbar umfangreicheren Verfahren ist daher stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlung mit im Grundsatz durchschnittlich mehr als einem Hauptverhandlungstag pro Woche notwendig. Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare erhebliche Verfahrensverzögerungen stehen regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen. Bei der Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch und dem Strafverfolgungsinteresse kommt es in erster Linie auf die durch objektive Kriterien bestimmte Angemessenheit der Verfahrensdauer an, die etwa von der Komplexität der Rechtssache, der Vielzahl der beteiligten Personen oder dem Verhalten der Verteidigung abhängig sein kann. Dies macht eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs erforderlich. Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens und die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 2 BvR 2098/12 mwN, juris Rn. 39 ff.; BGH, Beschluss vom 19. März 2013 - StB 2/13, juris Rn. 12 ff.).
18
b) Daran gemessen ist der Haftbefehl gegen den Angeklagten aufrechtzuerhalten und die Untersuchungshaft weiter zu vollziehen. Der Generalbundesanwalt hat nach der Festnahme des Angeklagten in Kroatien und seiner Auslieferung am 17. April 2014 die Ermittlungen mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung abgeschlossen und bereits unter dem 15. Juli 2014 die Anklage gegen den Angeklagten erhoben. Auch die Durchführung des Zwischenverfahrens und der bisherige Verlauf der Hauptverhandlung lassen erhebliche vermeidbare Verzögerungen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 388/09, StV 2009, 479, 480 f.) nicht erkennen. Zwar ergibt die rein rechnerische Betrachtung der "Sitzungsfrequenz" mit Blick auf den seit Beginn der Hauptverhandlung am 17. Oktober 2014 verstrichenen Zeitraum und die Anzahl von bisher 99 Verhandlungstagen, dass das Oberlandesgericht die Hauptverhandlung im Durchschnitt an weniger als zwei Tagen pro Woche durchgeführt hat. Jedoch ist - auch ohne Darlegung des Verlaufs der bisherigen Hauptverhandlung im Detail und der Ursachen hierfür im Einzelnen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 19. März 2013 - StB 2/13, juris Rn. 18 ff.) - aus der Nichtabhilfeentscheidung vom 17. März 2016 hinreichend ersichtlich, dass das Oberlandesgericht seine Hauptverhandlung mit der in Haftsachen gebotenen zügigen Verfahrensweise durchgeführt hat, insbesondere eine höhere "Sitzungsfrequenz" wegen der Besonderheiten der vorliegenden Sache nicht möglich war. Hierfür war insbesondere deren Auslandsbezug verantwortlich , der mit Blick auf den Aufklärungsgrundsatz eine hohe Zahl neuer Rechtshilfeersuchen und schwierige Zeugenladungen notwendig machte. Auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts hierzu wird Bezug genommen. Anhaltspunkte dafür, dass diese den besonderen Verlauf der Hauptverhandlung nicht zu- treffend wiedergeben, bestehen nicht. Bedeutsame Verzögerungen oder Versäumnisse , die die Fortdauer der Untersuchungshaft mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hindern würden, sind nicht ersichtlich.
19
Nach alledem ist der weitere Vollzug der Untersuchungshaft angesichts der Bedeutung der Sache und der konkreten Erwartung einer hohen Freiheitsstrafe immer noch verhältnismäßig (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Becker Schäfer Tiemann

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 544/15
vom
8. März 2016
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Kann ein zur Urteilsfindung berufener Richter wegen Krankheit nicht zu einer
Hauptverhandlung erscheinen, die bereits an mindestens zehn Tagen
stattgefunden hat (§ 229 Abs. 3 Satz 1 StPO), so kommt der Eintritt eines
Ergänzungsrichters (§ 192 Abs. 2 GVG) grundsätzlich erst dann in Betracht,
wenn der erkrankte Richter nach Ablauf der maximalen Fristenhemmung zu
dem ersten notwendigen Fortsetzungstermin weiterhin nicht erscheinen kann.
BGH, Beschluss vom 8. März 2016 - 3 StR 544/15 - LG Hannover
ECLI:DE:BGH:2016:080316B3STR544.15.0


in der Strafsache gegen

1.

2.



wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 8. März 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 10. August 2015, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen Betruges in sieben rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten A. wegen Betruges in acht rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichteten, auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit einer Besetzungsrüge (§ 338 Nr. 1 StPO) Erfolg. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
2
Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht hatte unter Zuziehung eines Ergänzungsrichters begonnen. Zu Beginn des 15. Verhandlungstages am 30. Juni 2015 teilte der Vorsitzende mit, dass eine beisitzende Richterin an der weiteren Mitwirkung in der Hauptverhandlung verhindert sei, weil ihr wegen einer Komplikation bei ihrer Schwangerschaft aus medizinischen Gründen zunächst für die Dauer von zwei Wochen ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden und ungewiss sei, ob sie danach wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde; deshalb sei der Ergänzungsrichter eingetreten. Die Angeklagten rügten daraufhin die vorschriftswidrige Besetzung der Kammer und beantragten, die Hauptverhandlung zu unterbrechen, um sie später gegebenenfalls unter Mitwirkung der beisitzenden Richterin fortzusetzen. Das lehnte der Vorsitzende ab. Die Hauptverhandlung wurde sodann bis zur Urteilsverkündung in der geänderten Besetzung fortgeführt.
3
Die Angeklagten beanstanden zu Recht, dass das erkennende Gericht seit dem 30. Juni 2015 nicht mehr vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Denn die Voraussetzungen für den Eintritt des Ergänzungsrichters nach § 192 Abs. 2 GVG waren nicht erfüllt.
4
1. Nach § 192 Abs. 2 GVG tritt ein zu der Hauptverhandlung zugezogener Ergänzungsrichter in das Quorum ein, wenn ein zur Entscheidung berufener Richter an der weiteren Mitwirkung verhindert ist. Die Feststellung, ob ein Verhinderungsfall vorliegt, obliegt dem Vorsitzenden (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1988 - 2 StR 250/88, BGHSt 35, 366, 368; LR/Wickern, StPO, 26. Aufl., § 192 GVG Rn. 18; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 192 GVG Rn. 7). Nach bisheriger Rechtsprechung gilt: Der Vorsitzende hat bei seiner Entscheidung einen Ermessensspielraum; die Verkennung des Rechtsbegriffs der Verhinderung begründet nur im Falle der Willkür die Revision (BGH, Urteil vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99, 103; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - 5 StR 612/12, NStZ-RR 2013, 221; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 192 GVG Rn. 7). Dementsprechend liegt es auch im Ermessen des Vorsitzenden, wann er die Entscheidung darüber trifft, ob ein Verhinderungsfall vorliegt. Er kann die Hauptverhandlung zunächst unterbrechen und abwarten, ob sie später mit dem vorübergehend verhinderten Richter fortgeführt werden kann, oder die Verhandlung sofort unter Mitwirkung des Ergänzungsrichters fortsetzen (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 StR 854/84, NStZ 1986, 518, 519; LR/Wickern, StPO, 26. Aufl., § 192 GVG Rn. 17; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 229 Rn. 9; Katholnigg, JR 1989, 348, 349; Schlothauer in Festschrift E. Müller, 2008, S. 641, 643). Zeitlich begrenzt wird der Entscheidungsspielraum des Vorsitzenden allerdings durch die in § 229 Abs. 1 und 2 StPO normierten Unterbrechungsfristen, wonach die Hauptverhandlung längstens für drei Wochen oder - falls sie zuvor an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat - bis zu einem Monat unterbrochen werden darf. Falls die Hauptverhandlung mit dem zeitweise verhinderten Richter nicht innerhalb dieser Fristen fortgesetzt werden kann, muss dessen Verhinderung festgestellt werden und der Ergänzungsrichter eintreten (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 StR 854/84, NStZ 1986, 518, 519; Urteil vom 5. Oktober 1988 - 2 StR 250/88, BGHSt 35, 366, 373; Beschluss vom 8. Januar 1997 - 3 StR 539/96, NStZ 1997, 503; Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99, 103; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 229 Rn. 9; LR/Wickern, StPO, 26. Aufl., § 192 GVG Rn. 17).
5
Das Ermessen steht dem Vorsitzenden zu, weil bei der von ihm zu treffenden Entscheidung verschiedene, einander widerstreitende Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Richter während der laufenden Hauptverhandlung erkrankt und deshalb nicht zu einem Fortsetzungstermin erscheinen kann. Einerseits gebietet das Prinzip des gesetzlichen Richters in solchen Fällen, die Hauptverhandlung zu unterbrechen und abzuwarten, ob sie noch fristgemäß unter Mitwirkung des erkrankten Richters fortgesetzt werden kann (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - 5 StR 612/12, NStZ-RR 2013, 221). Denn es soll derjenige Richter an der Urteilsfindung mitwirken, der nach den allgemeinen Regeln von vornherein dafür zuständig war. Andererseits kann es mit Rücksicht auf das Beschleunigungsgebot auch sachgerecht erscheinen, die Verhinderung des erkrankten Richters baldmöglichst festzustellen und die Hauptverhandlung mit dem Ergänzungsrichter fortzuführen (Schlothauer in Festschrift E. Müller, 2008, S. 641,

643).


6
2. Diese Grundsätze bedürfen jedoch für den Fall der Erkrankung eines Richters im Hinblick auf die Änderung des § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) der Einschränkung. Nach der Neufassung der Vorschrift ist der Lauf der in § 229 Abs. 1 und 2 StPO genannten Unterbrechungsfristen auch dann kraft Gesetzes für bis zu sechs Wochen gehemmt, wenn eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Erkrankung zu einer Hauptverhandlung nicht erscheinen kann, die zuvor bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat; die Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Damit wird nicht nur gewährleistet, dass in Großverfahren die Aussetzung der Hauptverhandlung in weiterem Umfang vermieden werden kann, als dies nach der früheren Rechtslage der Fall war (vgl. BT-Drucks. 15/1508 S. 13, 25). Vielmehr wird auch das Prinzip des gesetzlichen Richters gestärkt, da die Urteilsfindung weiterhin den Richtern obliegt, die nach den geschäftsplanmäßigen Regelungen ursprünglich dazu berufen waren. Dies ist aber auch dann zu beachten, wenn ein Ergänzungsrichter zugezogen worden ist, der unmittelbar für den erkrankten Richter in das Quorum eintreten könnte. Daraus folgt: Im Hinblick auf das Prinzip des gesetzlichen Richters ist es geboten, die Feststellung des Verhinderungsfalls zurückzustellen und abzuwarten, ob die Hauptverhandlung noch unter Mitwirkung des erkrankten Richters fortgesetzt werden kann. Solange die Fristen gehemmt sind, ist für eine Ermessensentscheidung des Vorsitzenden deshalb kein Raum, und der Eintritt des Ergänzungsrichters kommt erst in Betracht, wenn der erkrankte Richter nach Ablauf der maximalen Fristenhemmung zu dem ersten notwendigen Fortsetzungstermin weiterhin nicht erscheinen kann (so auch LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 229 Rn. 21; KKGmel , StPO, 7. Aufl., § 229 Rn. 11; vgl. auch SSW-StPO/Grube, 2. Aufl., § 229 Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 192 GVG Rn. 7). Etwas anderes kann nur ausnahmsweise etwa dann gelten, wenn schon von vornherein feststeht, dass eine Fortsetzung der Hauptverhandlung mit dem erkrankten Richter auch nach Ablauf der maximalen Fristenhemmung nicht möglich sein wird, oder wenn andere vorrangige Prozessmaximen beeinträchtigt würden. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn durch den durch die Fristenhemmung bedingten Zeitablauf ein Beweismittelverlust droht und daher durch weiteres Abwarten die Aufklärungspflicht des Gerichts (§ 244 Abs. 2 StPO) verletzt würde.
7
Demgegenüber wird im Schrifttum zwar die Auffassung vertreten, es sei in Fällen des § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift geboten, bei krankheitsbedingtem Ausfall eines Richters die Hauptverhandlung sofort mit dem vorhandenen Ergänzungsrichter fortzusetzen (so Schlothauer in Festschrift E. Müller, 2008, S. 641, 646; ebenso SKStPO /Deiters/Albrecht, 5. Aufl., § 229 Rn. 18; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 192 Rn. 17; vgl. auch HK/Julius, StPO, 5. Aufl., § 229 Rn. 9). Diese Ansicht wird damit begründet, dass mit der Erstreckung der Fristenhemmung auf die zur Urteilsfindung berufenen Personen ausdrücklich eine Personaleinsparung bei den Ergänzungsrichtern angestrebt worden sei. Die Intention des Gesetzgebers sei darauf gerichtet gewesen, die Zuziehung von Ergänzungsrichtern möglichst entbehrlich zu machen. Wenn aber ohnehin ein Ergänzungsrichter zugezogen worden sei, widerspreche es dieser Intention, mit dessen Eintritt abzuwarten, bis klar sei, ob der erkrankte Richter später noch ordnungsgemäß wieder an der Hauptverhandlung teilnehmen könne. Dann entspreche es vielmehr dem Beschleunigungsgebot, die Hauptverhandlung sofort mit dem Ergänzungsrichter fortzusetzen. § 192 Abs. 2 GVG habe in diesen Fällen Vorrang vor § 229 Abs. 3 SPO.
8
Diese Auffassung ist jedoch nur im Ansatz zutreffend. Tatsächlich liegt dem 1. Justizmodernisierungsgesetz, durch das die Hemmungsregelung des § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO auf die Fälle der Erkrankung einer zur Urteilsfindung berufenen Person erstreckt wurde, ebenso wie der gleichzeitigen Verlängerung der in § 229 Abs. 1 StPO normierten Unterbrechungsfrist sowie der Erweiterung der Möglichkeiten, eine Hauptverhandlung gemäß § 229 Abs. 2 StPO bis zu einem Monat zu unterbrechen, die Intention des Gesetzgebers zugrunde, Strafverfahren zu vereinfachen sowie effektiver und flexibler zu gestalten (BTDrucks. 15/1508 S. 1, 13). Es sollte vermieden werden, dass Hauptverhandlungen nach mehreren Verhandlungstagen wegen der Erkrankung von Richtern oder Schöffen ausgesetzt werden müssen. Dadurch sollten die Ressourcen der Justiz, die bei einer notwendigen neuen Verhandlung der Sache erheblich belastet werden, geschont werden. Der Entlastungseffekt wurde insbesondere in Großverfahren angestrebt, vor allem dadurch, dass mit Rücksicht auf die Erweiterung der Möglichkeiten, flexibel auf Komplikationen wie der Erkrankung eines Richters reagieren zu können, weitgehend auf die Zuziehung von Ergän- zungsrichtern und Ergänzungsschöffen verzichtet werden sollte (BT-Drucks. 15/1508 S. 25).
9
Daraus folgt indes nicht, dass in Fällen des § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO die Verhinderung des erkrankten Richters im Sinne des § 192 Abs. 2 GVG ohne Rücksicht darauf anzunehmen ist, ob die Verhandlung zu einem späteren Zeitpunkt fristgemäß mit ihm fortgesetzt werden kann. Dem Anliegen des Gesetzgebers, die Ressourcen der Justiz zu entlasten, entspricht es vielmehr, die Hauptverhandlung erst dann mit dem Ergänzungsrichter fortzusetzen, wenn der erkrankte Richter nach Ablauf der maximalen Fristenhemmung zu dem ersten notwendigen Fortsetzungstermin weiterhin nicht erscheinen kann. Tritt der Ergänzungsrichter in das Quorum ein, steht er für den Fall, dass während des weiteren Verlaufs der Hauptverhandlung ein zur Entscheidung berufener Richter tatsächlich ausfällt, jedoch nicht mehr zur Verfügung. Das könnte dem Vorsitzenden sogar Anlass dazu geben, zu einer voraussichtlich länger dauernden Hauptverhandlung vorsorglich nicht nur einen, sondern zwei Ergänzungsrichter zuzuziehen, was der Intention des Gesetzgebers, die Ressourcen der Justiz weitestgehend zu entlasten, widerspräche.
10
Unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebots gilt nichts anderes. Der Gesetzgeber hat durch die Erstreckung der Fristenhemmung auf den Fall der krankheitsbedingten Verhinderung eines zur Entscheidung berufenen Richters unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine dadurch hervorgerufene Verzögerung der Hauptverhandlung für die Dauer der Erkrankung des Richters, längstens aber für sechs Wochen, hingenommen werden soll, weil dies der beschleunigten Erledigung des gesamten Verfahrens dient. Denn die Hemmung der Unterbrechungsfristen für die Dauer von höchstens sechs Wochen soll eine deutlich größere Verfahrensverzögerung vermeiden, die in der Regel mit einer Aussetzung der Hauptverhandlung verbunden ist (BT-Drucks. 15/1508 S. 25). Dementsprechend läuft die Zurückstellung der Entscheidung über die Verhinderung des erkrankten Richters und den Eintritt des Ergänzungsrichters dem Beschleunigungsgebot nicht zuwider, sondern trägt ihm im Gegenteil Rechnung.
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3. Danach waren die Voraussetzungen für die Feststellung des Verhinderungsfalls und den Eintritt des Ergänzungsrichters hier nicht erfüllt. Die beisitzende Richterin war zwar aufgrund des Beschäftigungsverbots aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert, am 30. Juni 2015 zur Hauptverhandlung zu erscheinen. Das Beschäftigungsverbot galt aber zunächst nur für die Dauer von zwei Wochen und es stand nicht fest, dass die Richterin auch nach Ablauf der maximalen Fristenhemmung nicht mehr an der Hauptverhandlung würde teilnehmen können. Durch die Entscheidung des Vorsitzenden, die beisitzende Richterin für verhindert zu erklären und die Hauptverhandlung sogleich mit dem Ergänzungsrichter fortzusetzen, sind die Beschwerdeführer mithin ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden (§ 338 Nr. 1 StPO).
Becker Schäfer Gericke Spaniol Tiemann