Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2012 - IV ZR 204/10

bei uns veröffentlicht am27.06.2012
vorgehend
Landgericht Hannover, 13 O 37/08, 23.01.2009
Oberlandesgericht Celle, 8 U 21/09, 19.08.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 204/10
IV ZR 115/11
vom
27. Juni 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterinnen
Harsdorf-Gebhardt und Dr. Brockmöller
am 27. Juni 2012

beschlossen:
1. Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 21. März 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Anträge der Beklagtenvertreter vom 26. April 2012 werden zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Die gemäß § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge der Klägerin ist nicht begründet.
2
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2005 - VI ZR 89/04, WuM 2005, 475; vom 12. Mai 2010 - I ZR 203/08, GRUR-RR 2010, 456; BVerfGE 96, 205, 216 f.). Das gilt umso mehr für die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss, der gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ohnehin nur kurz zu begründen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - X ZR 127/06, juris Rn. 3 f.). Der Senat hat die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin in vollem Umfang geprüft, die Beanstandungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und deshalb die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923 Rn. 4, 5; vom 12. Mai 2010 aaO; BVerfG NJW 2008,

2635).


3
Derartige Verstöße liegen nicht vor. Der Senat hat sich insbesondere mit den Angriffen der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die unterbliebene Aussetzung des Berufungsverfahrens nach § 149 ZPO befasst.
4
2. Der Antrag der Beklagtenvertreter, klarzustellen, dass die Klägerin die Kosten nicht nur des Beschwerdeverfahrens IV ZR 204/10, sondern auch des Beschwerdeverfahrens IV ZR 115/11 trägt, war zurückzuweisen.
5
Zwar ist ein Ergänzungsurteil nach § 321 ZPO hinsichtlich seiner Anfechtbarkeit im Grundsatz als selbständiges Urteil anzusehen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 27. November 1979 - VI ZR 40/78, NJW 1980, 840 unter II 1; vom 20. Juni 2000 - VI ZR 2/00, NJW 2000, 3008 unter I; vom 14. April 2011 - I ZR 133/09, NJW 2011, 2653 Rn. 10, jeweils m.w.N.). Dennoch liegt, wenn das Ergänzungsurteil - wie hier - lediglich eine Kostenentscheidung oder den Teil einer Kostenentscheidung enthält und es neben dem Haupturteil angefochten wird, kostenrechtlich nur ein Rechts- mittelverfahren vor. Das ergibt sich nicht nur aus der für das Revisionsverfahren entsprechend geltenden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1953 - I ZR 98/52, LM § 517 ZPO Nr. 1, zu § 517 ZPO a.F.; Zöller/Vollkommer , ZPO 29. Aufl. § 321 Rn. 11) Regelung des § 518 Satz 2 ZPO, wonach in solchen Fällen beide Rechtsmittel zu einem Verfahren zu verbinden sind, sondern auch aus der Erwägung, dass praktische Gründe es gebieten, das Ergänzungsurteil wie ein Schlussurteil gegenüber einem Teilurteil zu behandeln (BGH, Urteil vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82, zitiert nach juris Rn. 78 m.w.N., da insoweit in NJW 1984, 2687 nicht abgedruckt). Im Ergebnis führt in solchen Fällen schon die Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Haupturteil dazu, dass auch die im Ergänzungsurteil getroffene Kostenentscheidung zur Nachprüfung durch das Revisionsgericht gestellt wird (BGH, Urteil vom 4. April 1984 aaO). Wird daneben das Ergänzungsurteil angefochten, so betreffen beide Rechtsmittelverfahren denselben Gegenstand. Gesonderte Gerichtsgebühren sind deshalb für das Rechtsmittel gegen das Ergänzungsurteil in einem solchen Fall nicht zu erheben. Ebenso wenig kann der Rechtsanwalt einer Partei für die Anfechtung des Ergänzungsurteils gesonderte Gebühren erheben. Das folgt aus § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 RVG, wonach die Ergänzung einer Entscheidung zum Rechtszug i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG zählt. Aus § 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG ergibt sich nichts anderes, weil beide Beschwerden hier dieselbe Kostenentscheidung zum Gegenstand haben.
6
3. Für die beantragte gesonderte Festsetzung des Streitwerts der verbundenen Sache IV ZR 115/11 besteht nach allem kein Anlass.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 23.01.2009- 13 O 37/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.08.2010- 8 U 21/09 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321 Ergänzung des Urteils


(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 15 Abgeltungsbereich der Gebühren


(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. (2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Zivilprozessordnung - ZPO | § 149 Aussetzung bei Verdacht einer Straftat


(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. (2) Das Geric

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 19 Rechtszug; Tätigkeiten, die mit dem Verfahren zusammenhängen


(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 18 Besondere Angelegenheiten


(1) Besondere Angelegenheiten sind 1. jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers; dies gilt entsprechend im Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvolls

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 05. Apr. 2018 - 12 U 175/17

bei uns veröffentlicht am 05.04.2018

Tenor 1. Auf die verbundenen Berufungen der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - 7 O 354/16 - vom 08.12.2017 aufgehoben. 2. Auf die verbundenen Berufungen der Kläger und die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 203/08
vom
12. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 11. März 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat in der Beratung am 11. März 2009 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin in vollem Umfang darauf geprüft, ob sie einen Zulassungsgrund ergeben. Er hat unter diesem Gesichtspunkt die Beanstandungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und den die Beschwerde verwerfenden Beschluss mit einer Begründung versehen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 27.11.2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923; BVerfG, Beschl. v. 5.5. 2008 - 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635). Derartige Verstöße liegen ersichtlich nicht vor; die Klägerin wiederholt mit ihrer An- hörungsrüge lediglich vorsorglich ihren Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde zu den dort erhobenen Gehörsrügen.
2
Im Übrigen lässt sich der Begründung des Senatsbeschlusses mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass das Berufungsgericht nach Auffassung des Senats rechtsfehlerfrei ein bestimmtes Verkehrsverständnis festgestellt hat. Dass die Klägerin ein gegenteiliges Verkehrsverständnis geltend gemacht hatte , genügt für die Darlegung, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht berücksichtigt, nicht. Das Berufungsgericht durfte auch ohne rechtlichen Hinweis aus eigener Sachkunde entscheiden (BGHZ 156, 250, 255 - Marktführerschaft); die Klägerin hatte nur für den Fall um einen Hinweis gebeten, dass das Berufungsgericht der Ansicht sein sollte, es verfüge nicht über die erforderliche Sachkunde. Hinsichtlich der Bekanntheit der Ausstattungen kann aus dem in der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Vortrag der Klägerin zu den mit den Marken erzielten Umsätzen nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass auch die in Rede stehenden Ausstattungen der Produkte über eine entsprechende Bekanntheit verfügten. Das Berufungs- gericht hat vielmehr - insoweit von der Beschwerde unbeanstandet - festgestellt , dass es sich um nicht besonders unterscheidungskräftige Ausstattungen handelt.
Bornkamm Pokrant Bergmann Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 25.02.2005 - 81 O 42/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.11.2008 - 6 U 63/05 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

3
Wenn einer Gehörsrüge stattzugeben wäre, die allein darauf gestützt wird, dass der Bundesgerichtshof bei seiner Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde auf deren Rügen nicht im Einzelnen eingegangen ist, so stünde dies im Widerspruch zu § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO, wonach von einer Begründung der Zurückweisung sogar ganz abgesehen werden kann, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

4
Die Anhörungsrüge ist in gesetzlicher Form und Frist (§ 321a Abs. 4 ZPO) erhoben worden, sie ist jedoch gemäß § 321a Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zulässig. Mangels einer "neuen und eigenständigen" Gehörsverletzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist eine weitere gerichtliche Kontrolle durch den Senat nicht veranlasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 1 BvR 646/06 - Rn. 20 ff.).

(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 204/10
IV ZR 115/11
vom
27. Juni 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterinnen
Harsdorf-Gebhardt und Dr. Brockmöller
am 27. Juni 2012

beschlossen:
1. Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 21. März 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Anträge der Beklagtenvertreter vom 26. April 2012 werden zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Die gemäß § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge der Klägerin ist nicht begründet.
2
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2005 - VI ZR 89/04, WuM 2005, 475; vom 12. Mai 2010 - I ZR 203/08, GRUR-RR 2010, 456; BVerfGE 96, 205, 216 f.). Das gilt umso mehr für die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss, der gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ohnehin nur kurz zu begründen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - X ZR 127/06, juris Rn. 3 f.). Der Senat hat die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin in vollem Umfang geprüft, die Beanstandungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und deshalb die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923 Rn. 4, 5; vom 12. Mai 2010 aaO; BVerfG NJW 2008,

2635).


3
Derartige Verstöße liegen nicht vor. Der Senat hat sich insbesondere mit den Angriffen der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die unterbliebene Aussetzung des Berufungsverfahrens nach § 149 ZPO befasst.
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2. Der Antrag der Beklagtenvertreter, klarzustellen, dass die Klägerin die Kosten nicht nur des Beschwerdeverfahrens IV ZR 204/10, sondern auch des Beschwerdeverfahrens IV ZR 115/11 trägt, war zurückzuweisen.
5
Zwar ist ein Ergänzungsurteil nach § 321 ZPO hinsichtlich seiner Anfechtbarkeit im Grundsatz als selbständiges Urteil anzusehen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 27. November 1979 - VI ZR 40/78, NJW 1980, 840 unter II 1; vom 20. Juni 2000 - VI ZR 2/00, NJW 2000, 3008 unter I; vom 14. April 2011 - I ZR 133/09, NJW 2011, 2653 Rn. 10, jeweils m.w.N.). Dennoch liegt, wenn das Ergänzungsurteil - wie hier - lediglich eine Kostenentscheidung oder den Teil einer Kostenentscheidung enthält und es neben dem Haupturteil angefochten wird, kostenrechtlich nur ein Rechts- mittelverfahren vor. Das ergibt sich nicht nur aus der für das Revisionsverfahren entsprechend geltenden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1953 - I ZR 98/52, LM § 517 ZPO Nr. 1, zu § 517 ZPO a.F.; Zöller/Vollkommer , ZPO 29. Aufl. § 321 Rn. 11) Regelung des § 518 Satz 2 ZPO, wonach in solchen Fällen beide Rechtsmittel zu einem Verfahren zu verbinden sind, sondern auch aus der Erwägung, dass praktische Gründe es gebieten, das Ergänzungsurteil wie ein Schlussurteil gegenüber einem Teilurteil zu behandeln (BGH, Urteil vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82, zitiert nach juris Rn. 78 m.w.N., da insoweit in NJW 1984, 2687 nicht abgedruckt). Im Ergebnis führt in solchen Fällen schon die Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Haupturteil dazu, dass auch die im Ergänzungsurteil getroffene Kostenentscheidung zur Nachprüfung durch das Revisionsgericht gestellt wird (BGH, Urteil vom 4. April 1984 aaO). Wird daneben das Ergänzungsurteil angefochten, so betreffen beide Rechtsmittelverfahren denselben Gegenstand. Gesonderte Gerichtsgebühren sind deshalb für das Rechtsmittel gegen das Ergänzungsurteil in einem solchen Fall nicht zu erheben. Ebenso wenig kann der Rechtsanwalt einer Partei für die Anfechtung des Ergänzungsurteils gesonderte Gebühren erheben. Das folgt aus § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 RVG, wonach die Ergänzung einer Entscheidung zum Rechtszug i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG zählt. Aus § 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG ergibt sich nichts anderes, weil beide Beschwerden hier dieselbe Kostenentscheidung zum Gegenstand haben.
6
3. Für die beantragte gesonderte Festsetzung des Streitwerts der verbundenen Sache IV ZR 115/11 besteht nach allem kein Anlass.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 23.01.2009- 13 O 37/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.08.2010- 8 U 21/09 -

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

10
I. Die Revisionen sind gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Die Zulässigkeit der Revision gegen das Haupturteil erstreckt sich auch auf das Ergänzungsurteil. Zwar ist das Ergänzungsurteil ein selbständiges Teilurteil, bei dem sich die Statthaftigkeit und die Zulässigkeit des Rechtsmittels in der Regel allein nach diesem Urteil richten. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn das Ergänzungsurteil – wie im Streitfall – nur eine Kostenentscheidung enthält. Dann ist die Revision gegen das Ergänzungsurteil statthaft und zulässig, wenn auch Revision gegen das Haupturteil eingelegt und diese statthaft und zulässig ist (BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421 Rn. 5 mwN).

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet;
1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung;
1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung);
2.
außergerichtliche Verhandlungen;
3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter;
5.
das Verfahren
a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung),
b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und
e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands;
7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe;
8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels;
9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses;
9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach
a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung,
b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes,
c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes,
d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes,
e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes,
f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und
g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels;
10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind;
11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet;
12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet;
13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird;
14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung;
15.
(weggefallen)
16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und
17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.

(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere

1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung,
3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung),
4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben,
5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und
6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.

(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

(1) Besondere Angelegenheiten sind

1.
jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers; dies gilt entsprechend im Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren);
2.
jede Vollziehungsmaßnahme bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung (§§ 928 bis 934 und 936 der Zivilprozessordnung), die sich nicht auf die Zustellung beschränkt;
3.
solche Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten, jedes Beschwerdeverfahren, jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss und jedes sonstige Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers, soweit sich aus § 16 Nummer 10 nichts anderes ergibt;
4.
das Verfahren über Einwendungen gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel, auf das § 732 der Zivilprozessordnung anzuwenden ist;
5.
das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung;
6.
jedes Verfahren über Anträge nach den §§ 765a, 851a oder 851b der Zivilprozessordnung und jedes Verfahren über Anträge auf Änderung oder Aufhebung der getroffenen Anordnungen, jedes Verfahren über Anträge nach § 1084 Absatz 1, § 1096 oder § 1109 der Zivilprozessordnung, jedes Verfahren über Anträge auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 44f des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes und über Anträge nach § 31 des Auslandsunterhaltsgesetzes;
7.
das Verfahren auf Zulassung der Austauschpfändung (§ 811a der Zivilprozessordnung);
8.
das Verfahren über einen Antrag nach § 825 der Zivilprozessordnung;
9.
die Ausführung der Zwangsvollstreckung in ein gepfändetes Vermögensrecht durch Verwaltung (§ 857 Absatz 4 der Zivilprozessordnung);
10.
das Verteilungsverfahren (§ 858 Absatz 5, §§ 872 bis 877, 882 der Zivilprozessordnung);
11.
das Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek (§§ 867, 870a der Zivilprozessordnung);
12.
die Vollstreckung der Entscheidung, durch die der Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten, die durch die Vornahme einer Handlung entstehen, verurteilt wird (§ 887 Absatz 2 der Zivilprozessordnung);
13.
das Verfahren zur Ausführung der Zwangsvollstreckung auf Vornahme einer Handlung durch Zwangsmittel (§ 888 der Zivilprozessordnung);
14.
jede Verurteilung zu einem Ordnungsgeld gemäß § 890 Absatz 1 der Zivilprozessordnung;
15.
die Verurteilung zur Bestellung einer Sicherheit im Fall des § 890 Absatz 3 der Zivilprozessordnung;
16.
das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft (§§ 802f und 802g der Zivilprozessordnung);
17.
das Verfahren auf Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis (§ 882e der Zivilprozessordnung);
18.
das Ausüben der Veröffentlichungsbefugnis;
19.
das Verfahren über Anträge auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 17 Absatz 4 der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung;
20.
das Verfahren über Anträge auf Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln (§ 8 Absatz 5 und § 41 der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung) und
21.
das Verfahren zur Anordnung von Zwangsmaßnahmen durch Beschluss nach § 35 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für

1.
die Vollziehung eines Arrestes und
2.
die Vollstreckung
nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 204/10
IV ZR 115/11
vom
27. Juni 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterinnen
Harsdorf-Gebhardt und Dr. Brockmöller
am 27. Juni 2012

beschlossen:
1. Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 21. März 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Anträge der Beklagtenvertreter vom 26. April 2012 werden zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Die gemäß § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge der Klägerin ist nicht begründet.
2
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2005 - VI ZR 89/04, WuM 2005, 475; vom 12. Mai 2010 - I ZR 203/08, GRUR-RR 2010, 456; BVerfGE 96, 205, 216 f.). Das gilt umso mehr für die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss, der gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ohnehin nur kurz zu begründen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - X ZR 127/06, juris Rn. 3 f.). Der Senat hat die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin in vollem Umfang geprüft, die Beanstandungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und deshalb die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923 Rn. 4, 5; vom 12. Mai 2010 aaO; BVerfG NJW 2008,

2635).


3
Derartige Verstöße liegen nicht vor. Der Senat hat sich insbesondere mit den Angriffen der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die unterbliebene Aussetzung des Berufungsverfahrens nach § 149 ZPO befasst.
4
2. Der Antrag der Beklagtenvertreter, klarzustellen, dass die Klägerin die Kosten nicht nur des Beschwerdeverfahrens IV ZR 204/10, sondern auch des Beschwerdeverfahrens IV ZR 115/11 trägt, war zurückzuweisen.
5
Zwar ist ein Ergänzungsurteil nach § 321 ZPO hinsichtlich seiner Anfechtbarkeit im Grundsatz als selbständiges Urteil anzusehen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 27. November 1979 - VI ZR 40/78, NJW 1980, 840 unter II 1; vom 20. Juni 2000 - VI ZR 2/00, NJW 2000, 3008 unter I; vom 14. April 2011 - I ZR 133/09, NJW 2011, 2653 Rn. 10, jeweils m.w.N.). Dennoch liegt, wenn das Ergänzungsurteil - wie hier - lediglich eine Kostenentscheidung oder den Teil einer Kostenentscheidung enthält und es neben dem Haupturteil angefochten wird, kostenrechtlich nur ein Rechts- mittelverfahren vor. Das ergibt sich nicht nur aus der für das Revisionsverfahren entsprechend geltenden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1953 - I ZR 98/52, LM § 517 ZPO Nr. 1, zu § 517 ZPO a.F.; Zöller/Vollkommer , ZPO 29. Aufl. § 321 Rn. 11) Regelung des § 518 Satz 2 ZPO, wonach in solchen Fällen beide Rechtsmittel zu einem Verfahren zu verbinden sind, sondern auch aus der Erwägung, dass praktische Gründe es gebieten, das Ergänzungsurteil wie ein Schlussurteil gegenüber einem Teilurteil zu behandeln (BGH, Urteil vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82, zitiert nach juris Rn. 78 m.w.N., da insoweit in NJW 1984, 2687 nicht abgedruckt). Im Ergebnis führt in solchen Fällen schon die Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Haupturteil dazu, dass auch die im Ergänzungsurteil getroffene Kostenentscheidung zur Nachprüfung durch das Revisionsgericht gestellt wird (BGH, Urteil vom 4. April 1984 aaO). Wird daneben das Ergänzungsurteil angefochten, so betreffen beide Rechtsmittelverfahren denselben Gegenstand. Gesonderte Gerichtsgebühren sind deshalb für das Rechtsmittel gegen das Ergänzungsurteil in einem solchen Fall nicht zu erheben. Ebenso wenig kann der Rechtsanwalt einer Partei für die Anfechtung des Ergänzungsurteils gesonderte Gebühren erheben. Das folgt aus § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 RVG, wonach die Ergänzung einer Entscheidung zum Rechtszug i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG zählt. Aus § 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG ergibt sich nichts anderes, weil beide Beschwerden hier dieselbe Kostenentscheidung zum Gegenstand haben.
6
3. Für die beantragte gesonderte Festsetzung des Streitwerts der verbundenen Sache IV ZR 115/11 besteht nach allem kein Anlass.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 23.01.2009- 13 O 37/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.08.2010- 8 U 21/09 -