Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2015 - 4 StR 227/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:161215B4STR227.15.0
bei uns veröffentlicht am16.12.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 227/15
vom
16. Dezember 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Wird über zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen und jeweils mit
einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können, gleichzeitig entschieden
, so ist nur ein einheitliches Fahrverbot zu verhängen.
BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 4 StR 227/15 – OLG Hamm
in der Bußgeldsache
gegen
wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
ECLI:DE:BGH:2015:161215B4STR227.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Betroffenen am 16. Dezember 2015 beschlossen:
Wird über zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen und jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können, gleichzeitig entschieden, so ist nur ein einheitliches Fahrverbot zu verhängen.

Gründe:


I.


1
1. Das Amtsgericht Bielefeld hat den Betroffenen am 24. November 2014 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu der Geldbuße von 160 Euro und wegen einer weiteren Tat der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 240 Euro verurteilt. Daneben hat es gesondert für beide Taten jeweils ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
2
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene mit einem PKW die Bundesautobahn A 2 in einem Bereich, in dem die zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h betrug, am 24. April 2014 mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 km/h und am 13. Juni 2014 mit einer Geschwindigkeit von mindestens 150 km/h.
3
Gegen das Urteil des Amtsgerichts hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt und hilfsweise einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Sache dem mit drei Richtern besetzten Bußgeldsenat zur Entscheidung übertragen. Dieser hat sie durch Beschluss vom 30. April 2015 gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
4
2. Das Oberlandesgericht Hamm ist der Auffassung, dass bei zwei Ordnungswidrigkeiten , die in Tatmehrheit stehen und jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können, auch dann, wenn über sie gleichzeitig zu urteilen ist, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot verhängt werden kann, so dass die Verurteilung des Betroffenen zu Recht erfolgt und die Rechtsbeschwerde zu verwerfen sei.
5
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Hamm durch die Beschlüsse des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 21. November 1995 – 1 ObOWi 595/95, des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16. September 2013 – 2 Ss OWi 743/13, des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 28. Mai 2002 – 2 Ss (OWi) 16 B/02, VRS 106, 212, und vom 5. März 2013 – (2 B) 53 Ss-OWi 74/13 (41/13), VRS 124, 346 f.; des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. November 1997 – 5 Ss (OWi) 281/97 – (OWi) 170/97 I, NZV 1998, 298, 299, des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 6. September 2001 – 2 Ss OWi 222/01, SchlHA 2002, 177, und des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 1995 – 1 Ss 541/95, NZV 1996, 159, 160, gehindert.
6
Das vorlegende Oberlandesgericht Hamm ist der Auffassung, der Ausschluss der Verhängung mehrerer Fahrverbote in derselben gerichtlichen Ent- scheidung widerspreche der gesetzlich vorgegebenen Systematik und der Entscheidung des Gesetzgebers, als Rechtsfolge der Verwirklichung mehrerer Ordnungswidrigkeiten keine Gesamtgeldbuße vorzusehen. Es erscheine als wenig überzeugend, hinsichtlich der Hauptrechtsfolge (Geldbuße) das Kumulationsprinzip anzuwenden, hinsichtlich der Nebenfolge jedoch das Asperationsprinzip. Da zudem im Fall einer getrennten Aburteilung mehrerer Ordnungswidrigkeiten mehrere Fahrverbote ausgesprochen werden, widerspreche es dem Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit, wenn die Verhängung der Rechtsfolgen von Ordnungswidrigkeiten von der weitgehend zufälligen Verfahrenslage abhänge.
7
3. Das Oberlandesgericht Hamm hat deshalb dem Bundesgerichtshof folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: „Kann bei zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen, die je- weils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets lediglich ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden oder ist es möglich, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot – mithin zwei Fahrverbote nebeneinander – zu verhängen?“
8
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme beantragt, die Vorlegungsfrage entsprechend der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm im Sinne der Möglichkeit der Verhängung mehrerer Fahrverbote zu bejahen.

II.


9
Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG sind erfüllt. Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 GVG ist gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG für die Rechtsbeschwerde entsprechend heranzuziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. September 2013 – 4 StR 503/12, BGHSt 59, 4, 8, und vom 23. September 2014 – 4 StR 92/14, BGHSt 59, 311, 313). Das Oberlandesgericht Hamm kann nicht seiner Absicht gemäß entscheiden, ohne von den vorgenannten Beschlüssen anderer Oberlandesgerichte (vgl. oben I. 2.) abzuweichen.

III.


10
Der Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.
11
1. Die Beantwortung der Frage, ob im Fall der gemeinsamen Verhandlung über mehrere Ordnungswidrigkeiten, von denen jede die Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigt, auf eines oder mehrere Fahrverbote zu erkennen ist, ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Die Regelung über die Tatmehrheit in § 20 OWiG ist nach ihrem Wortlaut auf die Festsetzung von Geldbußen beschränkt. Darüber, wie im Fall der Tatmehrheit hinsichtlich der Nebenfolgen zu verfahren ist, verhält sich der Gesetzeswortlaut des § 20 OWiG nicht (vgl. Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212, 213: Die Erstreckung auf das Fahrverbot wäre eine Analogie; BayObLG, Beschluss vom 21. November 1995 – 1 ObOWi 595/95: Dass trotz zweier Handlungen nicht auf zwei gesonderte Nebenfolgen, sondern nur auf ein Fahrverbot zu erkennen sei, ergebe sich aus einer „verfassungskonformen Auslegung des § 20 OWiG hinsichtlich der darin nicht ausdrücklich erwähnten Nebenfolgen“; vgl. auch Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; anders wohl Mitsch, Recht der Ordnungswidrigkeiten , 2. Aufl., § 20 Rn. 18, § 19 Rn. 4). Gleiches gilt für den Wortlaut des § 25 StVG. Die dortige Formulierung („Wird … wegen einer Ordnungswidrigkeit … eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihm … das Gericht … verbieten …“), entsprichtder üblichen Formulierung des Gesetzes für den Grundfall der Begehung einer Tat, wie sie etwa auch in § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB zu finden ist, obwohl im Strafrecht die Verhängung zweier Fahrverbote in demselben Verfahren nicht in Betracht kommt (§ 53 Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 4 Satz 2 StGB). Eine Aussage über die Rechtsfolgen bei Vorliegen mehrerer Taten lässt sich diesem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen (vgl. Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159: „all- zu wörtliche Auslegung des § 25 Abs. 1 StVG“).
12
2. Die Entstehungsgeschichte des § 20 OWiG und des § 25 StVG spricht dafür, dass in diesen Fällen – entsprechend der Rechtslage im Strafgesetzbuch53 Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 4 Satz 2 StGB; vgl. RGSt 36, 88, 89; BGH, Urteile vom 30. September 1958 – 1 StR 310/58, BGHSt 12, 85, 87, und vom 22. Juni 1960 – 2 StR 221/60, BGHSt 14, 381, 382; LK-StGB/Geppert, 12. Aufl., § 44 Rn. 77; MüKoStGB/Athing, 2. Aufl., § 44 Rn. 14) – nur auf ein einheitliches Fahrverbot zu erkennen ist. Hingegen lassen sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Normen keine Anhaltspunkte dafür herleiten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Verhängung mehrerer Fahrverbote in demselben Ordnungswidrigkeitenverfahren in Betracht käme.
13
a) Durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (BGBl. I S. 481) erhielt das OWiG einen eigenen Allgemeinen Teil, dessen § 16 aF – wie schon § 16 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 177) – dem heutigen § 20 OWiG entspricht und sich wie dieser auf „Geldbußen“ beschränkte. Auch die Gesetzesmaterialien treffen ausschließlich Aussagen über die zu verhängenden Geldbußen (vgl. BT-Drucks. V/1269, S. 53 f.).
14
b) Die Vorschrift über das Fahrverbot gemäß § 25 StVG wurde durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG), das ebenfalls am 24. Mai 1968 erlassen wurde (BGBl. I S. 503, 513), in das Straßenverkehrsgesetz eingefügt. Der Bundesgesetzgeber hat gleichzeitig mit dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ein Einführungsgesetz erlassen, das in § 25 StVG ein Fahrverbot als Nebenfolge der für die Praxis quantitativ bedeutsamsten Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG vorsah. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl mit der Regelung in § 16 OWiG aF lediglich für die Geldbuße das Kumulationsprinzip eingeführt hat, nicht aber für die zeitgleich – sei es auch in einem selbständigen (Einführungs-)Gesetz – eingeführte Nebenfolge des Fahrverbots , so spricht dies gegen einen gesetzgeberischen Willen, die Regelung in § 20 OWiG16 OWiG aF) auf die Nebenfolge des Fahrverbots zu erstrecken. Bei der Beschränkung des Wortlauts auf „Geldbußen“ handelte es sich auch nicht um ein Redaktionsversehen. Vielmehr zeigen die Erwägungen in der Gesetzesbegründung zum EGOWiG, dass dem Gesetzgeber der Umstand, dass es sich beim Fahrverbot um eine Nebenfolge handelt, für deren Verhängung gegebenenfalls besondere Regelungen gelten, bewusst war (vgl. BT-Drucks. V/1319, S. 90 f.). Hätte der Gesetzgeber in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach im Strafrecht bei mehreren tatmehrheitlich zusammentreffenden Straftaten, von denen jede die Nebenstrafe rechtfertigt, nur auf eine Nebenstrafe zu erkennen ist (vgl. bereits RGSt 36, 88, 89; BGH, Urteile vom 30. September 1958 – 1 StR 310/58 und vom 22. Juni 1960 – 2 StR 221/60, jeweils aaO), entgegen dieser Rechtslage für das Ordnungswidrigkeitenrecht auch für die Nebenfolge des Fahrverbots das Kumulationsprinzip ein- führen wollen, so wäre eine ausdrückliche Regelung zu erwarten gewesen (vgl. auch RGSt 36, 88, 90), an der es jedoch fehlt.
15
Eine solche Regelung ist auch im Folgenden nicht erlassen worden, was angesichts der nach Inkrafttreten der §§ 16 OWiG aF, 25 StVG einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. BayObLG, VRS 51, 221, 222 f.; Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212; OLG Stuttgart, NZV 1996, 159, 160; OLG Düsseldorf, NZV 1998, 512; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht , 43. Aufl., § 25 StVG Rn. 27; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht , 23. Aufl., § 25 StVG Rn. 38; Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 20 Rn. 6, § 66 Rn. 24; Bohnert, OWiG, 3. Aufl., § 20 Rn. 8; Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 10. Aufl., S. 418, 474; Hentschel/Krumm, Fahrerlaubnis, Alkohol, Drogen, 6. Aufl., S. 462; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen , 3. Aufl., 2014, S. 481; Zopfs, DAR 2015, 538; kritisch KK-OWiG/ Mitsch, 4. Aufl., § 20 Rn. 8; ders., Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl., S. 186) und angesichts des auf Geldbußen beschränkten Wortlauts des § 20 OWiG zu erwarten gewesen wäre, wenn nach dem Willen des Gesetzgebers das Kumulationsprinzip auch für das Fahrverbot hätte gelten sollen.
16
Aus der Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (BT-Drucks. 13/6914, S. 104) lässt sich entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm nichts für die von ihm vertretene Auffassung herleiten. Die Stellungnahme des Bundesrates geht davon aus, dass gegen einen Betroffenen gleichzeitig mehrere Fahrverbote wirksam sein können. Zu der Frage, ob diese Fahrverbote auch in demselben Verfahren angeordnet werden können, verhält sie sich nicht (vgl. Zopfs, DAR 2015, 538, 539). Der Gegenäußerung der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrates liegt hingegen – im Gegenteil – ersicht- lich die Auffassung zugrunde, dass eine Verhängung mehrerer Fahrverbote in demselben Verfahren nicht möglich ist (BT-Drucks. 13/6914, S. 119: „Die Verhängung eines Fahrverbotes, das die Höchstfrist von drei Monaten überschreitet , ist auch in den Fällen nicht möglich, in denen in einem Verfahren mehrere Zuwiderhandlungen, die jeweils die Verhängung eines Fahrverbotes rechtferti- gen, geahndet werden“).
17
Schon die Entstehungsgeschichte der §§ 20 OWiG, 25 StVG spricht daher gegen die vom Oberlandesgericht Hamm befürwortete Möglichkeit, in demselben Verfahren mehrere Fahrverbote gemäß § 25 StVG gegen den Betroffenen zu verhängen.
18
3. Für die ganz überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, wonach in diesen Fällen vielmehr nur ein Fahrverbot zu verhängen ist (vgl. oben III. 2. b)), spricht weiterhin die Gesetzessystematik.
19
a) Im Rahmen der Vollstreckung des Fahrverbots ist anerkannt, dass mehrere Fahrverbote, deren Geltungsdauer sich ganz oder teilweise überschneidet , nebeneinander und nicht nacheinander vollstreckt werden. Es erfolgt also keine Addition überschneidender Fahrverbote (vgl. BT-Drucks. 13/8655, S. 14; BayObLG, NZV 1993, 489; LG Münster, NJW 1980, 2481; LK-StGB/ Geppert, 12. Aufl., § 44 Rn. 82; MüKoStGB/Athing, 2. Aufl., § 44 Rn. 18 jeweils mwN; aA AG Saarbrücken, zfs 2015, 591; AG Stuttgart, NZV 2006, 328; kritisch Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 25 StVG Rn. 28 mwN). Anders verhält es sich nur im Fall des § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG (vgl. BT-Drucks. 13/8655, S. 14: „Satz 2 bestimmt, daß in diesen Fällen in Abweichung von der sonst gültigen Regelung ausnahmsweise die Fahrverbotsfristen addiert werden“). Die dort angeordnete sukzessive Vollstreckung soll verhin- dern, dass der Betroffene mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote missbräuchlich „zusammenlegt“ (Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212, 213; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 25 StVG Rn. 30). Die Existenz dieser gesetzlichen Ausnahmevorschrift belegt indes gerade, dass im Regelfall keine Nacheinandervollstreckung von Fahrverboten erfolgt (vgl. BT-Drucks. 13/8655, S. 14; Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212, 213; Zopfs, DAR 2015, 538).
20
Diese Auffassung teilt auch das vorlegende Oberlandesgericht Hamm. Es wäre aber „sinnlos“ (OLG Hamm, NZV 2010, 159, 160;Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212, 213; vgl. BayObLG, VRS 51, 221, 223; OLG Celle, NZV 1993, 157), mehrere Fahrverbote zu verhängen, wenn eines der angeordneten Fahrverbote aufgrund der Parallelvollstreckung letztlich nicht zum Tragen käme. Dies würde jedenfalls für den Regelfall gelten, dass zwei Fahrverbote, die in demselben Verfahren angeordnet würden, auch gleichzeitig rechtskräftig werden.
21
b) Gegen die Verhängung zweier Fahrverbote in demselben Verfahren spricht weiterhin der gesetzessystematische Vergleich mit dem strafrechtlichen Fahrverbot (Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212, 213; BayObLG, VRS 51, 221, 222 f.; OLG Düsseldorf, NZV 1998, 298, 299; NZV 1998, 512, 513; OLG Stuttgart, NZV 1996, 159, 160; Schleswig-Holsteinisches OLG, SchlHA 2002, 177). Es besteht Einigkeit, dass im Fall der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB auch dann nur auf ein Fahrverbot nach § 44 StGB zu erkennen ist, wenn dieses neben mehreren Einzelstrafen in Betracht käme (vgl. § 53 Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 4 Satz 2 StGB; BayObLG, VRS 51, 221, 222; Schönke/Schröder/ Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 53 Rn. 30; MüKoStGB/Athing, 2. Aufl., § 44 Rn. 14).
22
Wenn im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts etwas anderes gelten sollte, so wäre zum einen eine gesetzliche Regelung zu erwarten gewesen, die jedoch in § 20 OWiG gerade nur für die Geldbuße erfolgt ist. Zum anderen hat sich aber der Gesetzgeber hinsichtlich der Nebenfolge des Fahrverbots ausweislich der Gesetzesmaterialien gerade nicht gegen das im Strafrecht geltende Asperationsprinzip entschieden, sondern sich – im Gegenteil – an der strafrechtlichen Rechtslage orientiert (vgl. BT-Drucks. V/1319, S. 90; BayObLG, VRS 51, 221, 223). Zweck der Schaffung des § 25 StVG war es demnach, das als § 37 aF in das StGB eingeführte Fahrverbot auch in das (Verkehrs-) Ordnungswidrigkeitenrecht zu „übernehmen“ (BT-Drucks. V/1319, S. 90). Dass das Fahrverbot im Bußgeldverfahren in der Regel von einer Verwaltungsbehörde und grundsätzlich in einem summarischen Verfahren verhängt wird, steht dieser Übernahme nach den ausdrücklichen Erwägungen des Gesetzgebers nicht entgegen (BT-Drucks. V/1319, S. 90). Abweichungen von der strafrechtlichen Rechtslage sollten nur insoweit erfolgen, als das ordnungswidrigkeitenrechtliche Fahrverbot an die zusätzliche Voraussetzung der „groben oder beharrlichen“ Pflichtverletzung geknüpft wurde und die in § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB genannten Taten „im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs“ für die Verhängung des Fahrverbots nach § 25 StVG nicht ausreichen sollten (BT-Drucks. V/1319, S. 90). Auch die Dauer des Fahrverbots wurde an die strafrechtliche Bestimmung angelehnt. Zudem wurden in Abs. 2 des § 25 StVG in der Fassung des Entwurfs eines EGOWiG ausdrücklich „ergänzende Regelungen“ zu § 37 StGB aF getroffen, die sich auf den Beginn und die Berechnung der Dauer des Fahrverbots, seine Eintragung in ausländischen Fahrausweisen sowie die Verwahrung und Beschlagnahme von Fahrausweisen bezogen. Der Gesetzgeber hat sich damit ausdrücklich an den Regelungen des Strafgesetzbuchs orientiert (vgl. BayObLG, VRS 51, 221, 223) und abweichende Regelungen (lediglich) dort getroffen, wo es ihm geboten erschien. Eine vom Strafrecht abweichende Regelung hinsichtlich der dort geltenden Rechtsfolgen bei Anordnung eines Fahrverbots bei mehreren Taten hat er indes gerade nicht vorgenommen.
23
Schließlich bleibt bei Zugrundelegung der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm unklar, was hinsichtlich der Verhängung der Nebenfolge(n) gelten soll, wenn in einem Verfahren straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliches Fahrverbot zusammentreffen (vgl. Zopfs, DAR 2015, 538; zur bisherigen Auffassung, dass auch in diesem Fall nur ein Fahrverbot verhängt werden kann: OLG Celle, NZV 1993, 157; LK-StGB/Geppert, 12. Aufl., § 44 Rn. 79; MüKoStGB/Athing, 2. Aufl., § 44 Rn. 14).
24
Bereits mit der dargelegten Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte der entscheidungserheblichen Normen wäre daher eine Auslegung unvereinbar, die ohne Rückhalt im Wortlaut des § 20 OWiG die Verhängung zweier Fahrverbote in demselben Verfahren wegen mehrerer Ordnungswidrigkeiten desselben Betroffenen ermöglichen würde.
25
4. Darüber hinaus spricht aber auch der Sinn und Zweck der Regelung über das Fahrverbot dafür, dass bei mehreren Ordnungswidrigkeiten in demselben Verfahren nur auf ein Fahrverbot zu erkennen ist. Denn das Fahrverbot soll als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme spezialpräventiv wirken (vgl. BT-Drucks. 13/6914, S. 119; BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2001 – 5 StR 439/01, wistra 2002, 57, 58; OLG Celle, NZV 1993, 157). Dies verlangt eine Gesamtbetrachtung aller abzuurteilenden Taten und eine Bemessung der Dauer des Fahrverbots entsprechend dem sich aus dieser Gesamtbetrachtung ergebenden Einwirkungsbedarf auf den Betroffenen (vgl. OLG Stuttgart, NZV 1996, 159, 160; OLG Düsseldorf, NZV 1998, 298, 299; NZV 1998, 512, 513; Brandenburgisches OLG, VRS 106, 212, 213; VRS 124, 346, 347; BayObLG, VRS 51, 221, 223; Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159). Diesen Erfordernissen des spezialpräventiven Charakters der Nebenfolge und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird die Verhängung eines einheitlichen Fahrverbotes gerecht , während die vom vorlegenden Oberlandesgericht befürwortete wechselseitige Berücksichtigung des jeweils anderen Fahrverbots im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfungen gerade in einem auf rasche Erledigung angelegten Bußgeldverfahren als wenig zweckmäßig erscheint (vgl. Zopfs, DAR 2015, 538).
26
Gegen die Verhängung eines einheitlichen Fahrverbots spricht schließlich auch nicht der Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit. Zwar hängt nach den vorherigen Ausführungen die Frage, ob gegen den Betroffenen wegen mehrerer Ordnungswidrigkeiten eines oder mehrere Fahrverbote angeordnet werden, davon ab, ob diese Ordnungswidrigkeiten in einem Gerichtsverfahren verhandelt werden oder aber ausschließlich im Verwaltungsverfahren bzw. in unterschiedlichen Gerichtsverfahren. Dies stellt indes zum einen keine Besonderheit dar. So verbleibt es auch im Strafrecht bei den in getrennten Verfahren festgelegten Sanktionen, wenn eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 460 StPO) vor der vollständigen Vollstreckung aller für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht kommender Strafen nicht erfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2014 – 3 StR 245/14, NStZ-RR 2015, 20). Zum anderen wird der Umstand, ob eine gemeinsame Verhandlung mehrerer Ordnungswidrigkeiten erfolgt oder nicht, oftmals gerade nicht lediglich auf Zufall beruhen. Eine gemeinsame Verhandlung wird etwa regelmäßig dann nahe liegen, wenn zwischen den Ordnungswidrigkeiten ein zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang besteht (so auch in dem der Vorlage zugrunde liegenden Fall). In solchen Fäl- len spricht aber der Sinn und Zweck des § 25 StVG für die Verhängung eines einheitlichen Fahrverbots (vgl. Zopfs, DAR 2015, 538, 539).
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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Jan. 2017 - 3 C 21/15

bei uns veröffentlicht am 26.01.2017

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

Referenzen

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 503/12
vom
12. September 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
–––––––––––––––––––––––––––––
Es ist mit § 46 OWiG, § 264 StPO nicht zu vereinbaren, in Bußgeldsachen, die
Verstöße gegen die Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr
zum Gegenstand haben, mehrere rechtlich selbständige Handlungen im Sinne
des § 20 OWiG allein deshalb als eine prozessuale Tat anzusehen, weil der
Betroffene sie innerhalb eines Kontroll- oder Überprüfungszeitraums begangen
hat.
BGH, Beschluss vom 12. September 2013 – 4 StR 503/12 – OLG Koblenz
in der Bußgeldsache
gegen
wegen vorsätzlicher Überschreitung der täglichen Lenkzeit u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Betroffenen am 12. September 2013 beschlossen
:
Es ist mit § 46 OWiG, § 264 StPO nicht zu vereinbaren, in Bußgeldsachen
, die Verstöße gegen die Vorschriften über Lenk- und
Ruhezeiten im Straßenverkehr zum Gegenstand haben, mehrere
rechtlich selbständige Handlungen im Sinne des § 20 OWiG allein
deshalb als eine prozessuale Tat anzusehen, weil der Betroffene
sie innerhalb eines Kontroll- oder Überprüfungszeitraums begangen
hat.

Gründe:


I.


1
1. Das Amtsgericht K. hat den Betroffenen durch Urteil vom 10. Mai 2012 wegen 36 Ordnungswidrigkeiten nach § 8a Abs. 2 Nr. 1 FPersG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 (Überschreiten der täglichen Lenkzeit), Art. 7 (Fahrtunterbrechung nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden) und Art. 8 Abs. 2 und 4 (tägliche Ruhezeiten) der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zu Geldbußen im Gesamtbetrag von 3.000 € verurteilt, wovon nur zwei Einzelgeldbußen die Höhe der Zulässigkeitsschwelle für die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG von 250 € überschreiten.
2
Der Betroffene ist als Berufskraftfahrer bei einer Spedition in K. beschäftigt. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord des Landes Rheinland -Pfalz kontrollierte die Einhaltung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr beim Arbeitgeber des Betroffenen für den Zeitraum vom 1. November 2010 bis zum 31. Januar 2011. Der Betroffene führte im fraglichen Zeitraum ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 26 t. In achtzehn Fällen führte er das Fahrzeug vorsätzlich oder fahrlässig länger als viereinhalb Stunden, ohne eine Pause oder Ruhezeit einzulegen (Art. 7 der VO [EG] Nr. 561/2006). In vier Fällen überschritt er vorsätzlich oder fahrlässig die Tageslenkzeit (Art. 6 Abs. 1 der VO [EG] Nr. 561/2006). In zwei Fällen hielt er vorsätzlich die tägliche Ruhezeit nicht ein (Art. 8 Abs. 1 und 4 der VO [EG] Nr. 561/2006). In zwölf Fällen trafen Verstöße gegen die vorgenannten Vorschriften in unterschiedlichen Kombinationen tateinheitlich zusammen. Verstöße gegen die Wochenlenkzeit (Art. 6 Abs. 2 der VO [EG] Nr. 561/2006) oder die Lenkzeit in der Doppelwoche (Art. 6 Abs. 3 der VO [EG] Nr. 561/2006) wurden nicht festgestellt.
3
Auf die Rechtsbeschwerde bzw. den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat das Oberlandesgericht K. durch Beschluss vom 29. Oktober 2012 die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
4
2. Das Oberlandesgericht K. möchte die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich der beiden mit Geldbußen über 250 € geahndeten Ordnungswidrigkeiten bejahen. Hinsichtlich der übrigen 34 Fälle hält es die Zulassung der Rechtsbeschwerde für notwendig, deren Voraussetzungen (§ 80 OWiG) es nicht als gegeben ansieht. Es ist der Ansicht, dass die nach § 20 OWiG tatmehrheitlich abgeurteilten Ordnungswidrigkeiten keine einheitliche prozessuale Tat im Sinne von § 46 OWiG, § 264 StPO seien, so dass § 79 Abs. 2 OWiG Anwendung finde. Eine prozessuale Tat, bei der in Bezug auf die Wertgrenze des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG die einzelnen Geldbußen zusammenzurechnen wären und die Rechtsbeschwerde hinsichtlich aller Einzeltaten deshalb statthaft wäre (st. Rspr., u.a. OLG Köln NZV 1994, 292; BayObLG NStZ-RR 1997, 249; OLG Düsseldorf VRS 100 [2001], 311, 312 jeweils mwN; Bohnert, OWiG, 3. Aufl., § 79 Rn. 95, 99; Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rn. 23), liege nicht vor.
5
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 13. Juli 2010 – 2 Ss OWi 17/10, NStZ-RR 2010, 355, des Oberlandesgerichts Thüringen vom 19. Oktober 2010 – 1 Ss Bs 78/10, VRS 121 [2011], 53 sowie des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. April 2012 – 3 RBs 105/12, DAR 2012, 401 und vom 30. November 2010 (5 RBs 188/10, veröffentlicht bei juris, und 5 RBs 158/10, DAR 2011, 412) gehindert. Nach Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts gehen diese Oberlandesgerichte davon aus, dass bei Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr die Tat im Sinne des § 264 StPO durch den Überprüfungszeitraum der jeweils handelnden Behörde bestimmt werde. Bei Straßenkontrollen sei dies der gemäß § 1 Abs. 6 Satz 4, Abs. 7 FPersV durch die Verwendung eines digitalen Aufzeichnungsgeräts vorgegebene (Kontroll-)Zeitraum von 29 Tagen, innerhalb dessen alle Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeitvorschriften nach der VO (EG) Nr. 561/2006 eine prozessuale Tat seien. Bei einer Betriebskontrolle sei dies der durch die jeweils handelnde Behörde festgelegte Überprüfungszeitraum. Dementsprechend habe das Oberlandesgericht Hamm in seinen Beschlüssen vom 30. November 2010 Verstöße innerhalb eines Überprüfungszeitraums von elf bzw. sieben Monaten als eine prozessuale Tat angesehen.
6
Das vorlegende Oberlandesgericht teilt diese Auffassung nicht. Sachlichrechtlich selbständige Handlungen seien in der Regel auch verschiedene Taten im prozessualen Sinne, es sei denn, die einzelnen Handlungen seien ausnahmsweise innerlich derart miteinander verknüpft, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände richtig gewürdigt werden könne, die zu der anderen Handlung geführt haben, und deshalb die getrennte Aburteilung einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde. Dafür reiche nicht, dass dieselbe Person gehandelt habe und sich das anzuwendende Recht in denselben Regelungswerken befinde.
7
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsfrage wie folgt formuliert: „Ist es mit §§ 46 OWiG, 264 StPO zu vereinbaren, wenn in Bußgeld- sachen, die Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr zum Gegenstand haben, ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles mehrere rechtlich selbständige Handlungen im Sinne des § 20 OWiG allein deshalb als eine prozessuale Tat angesehen werden, weil der Betroffene sie innerhalb eines als Kontroll- oder Überprüfungszeit- raum bezeichneten Tatzeitraumes begangen hat?“
8
3. Der Generalbundesanwalt hat angeregt, die Vorlegungsfrage ergänzend klarzustellen. Er beantragt zu entscheiden: „Es ist mit den §§ 46 OWiG, 264 StPO nicht zu vereinbaren, in Bußgeld- sachen, die Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr zum Gegenstand haben, ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles mehrere rechtlich selbständige Handlungen im Sinne des § 20 OWiG allein deshalb als eine prozessuale Tat anzusehen, weil der Be- troffene sie innerhalb eines als Kontroll- oder Überprüfungszeitraum bezeichneten Tatzeitraumes begangen hat. Es gelten vielmehr auch hier die von der Rechtsprechung zur Beurteilung des Vorliegens einer Tat in prozessualem Sinne aufgestellten Kriterien.“

II.


9
1. Die Vorlegungsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 GVG ist gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG für die Rechtsbeschwerde im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes entsprechend heranzuziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 1992 – 2 StR 371/91, BGHSt 38, 251, 254). Das Oberlandesgericht K. kann nicht seiner Absicht gemäß entscheiden, ohne jedenfalls von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm in dessen Beschlüssen vom 30. November 2010 und vom 16. April 2012 abzuweichen.
10
Es kann dahin gestellt bleiben, ob eine Abweichung auch von den Rechtsauffassungen der Oberlandesgerichte Frankfurt und Thüringen vorläge. Der dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 13. Juli 2010 zugrunde liegende Sachverhalt erfährt wegen dreier sich jeweils zeitlich überschneidender Doppelwochenverstöße im zugrunde liegenden Tatzeitraum materiell -rechtlich eine andere konkurrenzrechtliche Bewertung. Dies gilt, soweit ersichtlich, auch für den Beschluss des Oberlandesgerichts Thüringen vom 19. Oktober 2010. Nach dem dort mitgeteilten Sachverhalt sind im Tatzeitraum zwei sich zeitlich überschneidende Doppelwochenverstöße begangen worden; ob ein weiterer Verstoß außerhalb des Zeitraums der beiden Doppelwochenverstöße begangen worden ist, teilen die Entscheidungsgründe nicht explizit mit.
11
2. In der Vorlegungsfrage teilt der Senat die Auffassung des vorlegenden Gerichts.
12
a) Im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt über § 46 OWiG der prozessuale Tatbegriff des Strafrechts. Die Tat im strafprozessualen Sinne (§§ 155, 264 StPO) ist der vom Eröffnungsbeschluss betroffene geschichtliche Lebensvorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden oder darauf bezogenen Vorkommnisse und tatsächlichen Umstände, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 23. September 1999 – 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211, 212 f.; BGH, Urteil vom 11. September 2007 – 5 StR 213/07, NStZ 2008, 411; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Ausschöpfung 5; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 – KRB 20/12, NZWiSt 2013, 180, 182, Tz. 21). Die Tat ist ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und innerhalb dessen die getrennte Verfolgung der darin enthaltenen Vorgänge einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 264 Rn. 2; Bohnert, OWiG, 3. Aufl., § 19 Rn. 21 ff. jeweils mwN). Bei Tateinheit liegt – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2002 – StB 15/02, BGHSt 48, 153, 161; BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 – 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 295 f.) – stets eine prozessuale Tat vor. Materiell-rechtlich selbständige Taten sind in der Regel auch prozessual selbständig (BGH, Beschluss vom 24. Juli 1987 – 3 StR 36/87, BGHSt 35, 14, 19; BGH, Urteil vom 16. März 1989 – 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 154; BGH, Beschluss vom 18. März 2009 – 1 StR 50/09; BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 10; BGH, Beschluss vom 15. März 2012 – 5 StR 288/11, BGHSt 57, 175, 179 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juli 2009 – 3 Ss OWi 355/09, Rn. 13, juris). Ein persönlicher Zusammenhang, die Verletzung des gleichen Rechtsguts oder der Umstand, dass die einzelnen Handlungen Teile eines Gesamtplans sind, reicht nicht, um mehrere selbständige Handlungen im materiell-rechtlichen Sinne zu einer einzigen Tat zu verbinden (Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., Vor § 59 Rn. 50a mwN).
13
b) Diese Grundsätze finden bei Serienverstößen gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften im Straßenverkehr gleichermaßen Anwendung. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Kriterien, von denen abzuweichen kein Anlass besteht , vermag es allein eine behördliche Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über die Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr bzw. die gesetzliche Vorgabe zum Kontrollzeitraum nicht, mehrere tatmehrheitliche Verstöße eines Betroffenen innerhalb des Überprüfungszeitraums zu einer Tat zu verknüpfen.
14
aa) Die Regelungen über die Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr und deren Aufbewahrung bezwecken nicht die Umgrenzung eines prozessualen Tatzeitraumes, sondern haben einen anderen Hintergrund.
15
Der in § 1 Abs. 6 Satz 4 FPersV bezeichnete Zeitraum von insgesamt 29 Tagen dient der wirksamen Durchsetzung von Straßenkontrollen im Sinne der Erwägung 14 zur VO (EG) Nr. 561/2006. Die zuständigen Behörden sollen durch die vorgeschriebene Aufzeichnung bei Straßenkontrollen ohne weiteren Aufklärungsaufwand in der Lage sein, die ordnungsgemäße Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage zu überprüfen. Der Fahrer muss deshalb die Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten für diesen Zeitraum immer mit sich führen, nicht nur, wenn das Fahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüstet ist (Art. 15 Abs. 7 lit. a VO [EWG] Nr. 3821/85). Der Zeitraum von 29 Tagen stellt indes keinen abschlie- ßenden „Sanktionierungszeitraum“ dar; auch Verstöße außerhalb dieses Zeit- rahmens sind ohne weiteres nach § 8a FPersG zu ahnden, sofern nicht die allgemeinen Verjährungsregelungen eingreifen (OLG Hamm, Beschlüsse vom 30. November 2010 – 5 RBs 158/10, DAR 2011, 412 und 5 RBs 188/10, veröffentlicht bei juris). Dass Verstöße auch außerhalb dieses Zeitraums festgestellt und geahndet werden sollen, ergibt sich bereits daraus, dass das Kontrollgerät für das Fahrzeug einen Zeitraum bis zu 365 Tagen aufzeichnet (vgl. Erwägung 33 zur VO [EG] Nr. 561/2006) und der Unternehmer die Daten von der Fahrerkarte und aus dem Massenspeicher des Kontrollgeräts des Fahrzeugs regelmäßig kopieren und ein Jahr lang aufbewahren muss (Art. 10 Abs. 5 VO [EG] Nr. 561/2006, § 4 Abs. 3 FPersG, § 2 Abs. 5 FPersV). Der Unternehmer ist verpflichtet, der zuständigen Kontrollbehörde die gespeicherten Daten zur Verfügung zu stellen (§ 4 Abs. 3 FPersG). Auch dies dient nur der wirksamen Durchsetzung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006.
16
bb) Allein die Verpflichtung, die Aufzeichnung, also ein Beweismittel, vorzuhalten und aufzubewahren, kann eine prozessuale Tat nicht begründen. Die Regelungen über Aufzeichnungspflichten und Aufbewahrungsfristen stellen kein geeignetes Kriterium dar, die im Überprüfungszeitraum möglicherweise begangenen materiell-rechtlich selbständigen Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften im Straßenverkehr zu einer prozessualen Tat zu verbinden. Durch den einheitlichen Akt der Kontrolle werden sich nicht überschneidende, zeitlich möglicherweise deutlich auseinander liegende Handlungen oder Unterlassungen des Betroffenen innerhalb eines bestimmten Kontrollzeitraums nicht zu einem einheitlichen Lebensvorgang. Bei der Frage, ob eine einheitliche prozessuale Tat vorliegt, steht das Handeln des Betroffenen im Mittelpunkt. Dieses ist daraufhin zu bewerten, ob ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang oder ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass eine Abspaltung einzelner Handlungsteile unnatürlich erschiene. Die Abgrenzung der prozessualen Tat anhand eines der Tat als solcher fremden und bei Betriebskontrollen zudem von Dritten willkürlich festgelegten Kriteriums widerspricht der ständigen Rechtsauslegung.
17
c) Ob sich einzelne Verstöße gegen die in Rede stehenden Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr nach Art. 6, Art. 7 und Art. 8 VO (EG) Nr. 561/2006 überschneiden und durch dieselbe pflichtwidrige Handlung bzw. Unterlassung begangen worden sind, somit tateinheitlich zusammentreffen oder ob eine prozessuale Tat deshalb vorliegt, weil einzelne materiell-rechtlich selbständige Handlungen nicht ohne Würdigung weiterer Teile des geschichtlichen Vorgangs beurteilt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2004 – 5 StR 206/04, BGHSt 49, 359, 362 f.), ist sonach eine Frage des Einzelfalles, die nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR92/14
vom
23. September 2014
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler
begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen
in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, ist nicht Führer des Kraftfahrzeugs
BGH, Beschluss vom 23. September 2014 – 4 StR 92/14 – OLG Karlsruhe
in der Bußgeldsache
gegen
wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Betroffenen am 23. September 2014 beschlossen:
Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, ist nicht Führer des Kraftfahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO.

Gründe:


I.


1
1. Das Amtsgericht Singen hat den Betroffenen, einen Fahrlehrer, am 10. September 2013 wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit der vorsätzlichen verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons zu der Geldbuße von 40 Euro verurteilt.
2
Nach den Feststellungen führte der Betroffene am 21. März 2013 als Fahrlehrer und Beifahrer mit einer in der Ausbildung fortgeschrittenen Fahrschülerin , die bereits mindestens sechs Fahrstunden absolviert hatte, eine Ausbildungsfahrt durch. Während der Fahrt, beim Einbiegen in eine Straße nach rechts, telefonierte der Betroffene mit seinem an das rechte Ohr gehaltenen Mobiltelefon ohne Freisprecheinrichtung. Dabei bestand kein Anlass, der be- reits im Fahren geübten Fahrschülerin besondere Aufmerksamkeit zu widmen oder damit zu rechnen, in ihr Fahrverhalten eingreifen zu müssen.
3
Gegen das Urteil hat der Betroffene den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat dem Antrag mit Einzelrichterbeschluss vom 13. Februar 2014 zur Fortbildung des Rechts stattgegeben und die Sache dem mit drei Richtern besetzten Bußgeldsenat übertragen.
4
2. Das Oberlandesgericht Karlsruhe meint, über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nicht entscheiden zu können, ohne entweder von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Juli 2013 (DAR 2014, 40 mit zust. Anm. Weigel = NZV 2014, 328 mit abl. Anm. Ternig) oder von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. März 2009 (NJW 2009, 2393 = DAR 2009, 402 mit Anm. Heinrich und Scheidler; nachfolgend Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juni 2009 – 2 BvR 901/09) abzuweichen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf werde von der Rechtsauffassung getragen, dass ein Fahrlehrer, der neben einer fortgeschrittenen Fahrschülerin sitze und in der konkreten Situation nicht in das Fahrgeschehen eingreifen müsse, nicht Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO sei. Umgekehrt sei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg die tragende Rechtsauffassung zu entnehmen, dass der für die Verkehrsbeobachtung verantwortliche Fahrlehrer wegen seiner Pflicht, den Fahrschüler ständig zu beobachten, um notfalls sofort eingreifen zu können, Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne der genannten Vorschrift sei.
5
3. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat daher die Sache durch Beschluss vom 20. Februar 2014 (DAR 2014, 211) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt: „Ist ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt neben einem Fahrschüler sitzt, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO?“
6
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme beantragt, die Vorlegungsfrage zu bejahen.

II.


7
Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind erfüllt.
8
Der Zulässigkeit der Vorlage steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht Karlsruhe nicht abschließend zu der vorgelegten Rechtsfrage Stellung genommen hat, weil es nach seiner Ansicht mit jeder möglichen Entscheidung entweder von der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf oder von derjenigen des Oberlandesgerichts Bamberg abweichen würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 1976 – 5 StR 240/76, BGHSt 26, 384, 385; vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 95 f.). Es kann dahinstehen, ob diese Auffassung zutrifft: Immerhin hat das Oberlandesgericht Bamberg den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die festgesetzte Geldbuße 100 Euro nicht überschreite und eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder wegen Versagung des rechtlichen Gehörs nicht geboten sei; die sich anschließenden Ausführungen zum Fahrzeugführerbegriff sind lediglich im Rahmen „ergänzender Bemerkungen“ erfolgt. Jedenfalls hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in der Begründung seines Vorlagebeschlusses hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es beabsichtige, entgegen der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Fahrzeugführereigenschaft des Betroffenen zu bejahen und seine Rechtsbeschwerde mit dieser Begründung zu verwerfen (S. 3 f. des Vorlagebeschlusses); damit hat es seinen für eine Divergenzvorlage nach § 121 Abs. 2 GVG maßgeblichen Willen, von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abzuweichen, hinreichend deutlich gemacht.

III.


9
Der Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.
10
1. Ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, führt nach allgemeinen Kriterien – etwa im Sinne der §§ 315c, 316 StGB – das Kraftfahrzeug nicht.
11
a) Führer eines Kraftfahrzeugs ist, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 1988 – 4 StR 239/88, BGHSt 35, 390, 393; vom 18. Januar 1990 – 4 StR 292/89, BGHSt 36, 341, 343). Der Täter muss sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedienen, die für seine Fortbewegung bestimmt sind (BGH, Urteil vom 27. Juli 1962 – 4 StR 215/62, BGHSt 18, 6, 8 f.; Beschluss vom 27. Oktober 1988 – 4 StR 239/88, BGHSt 35, 390, 393). Daher schließt es die Fahrzeugführereigenschaft zwar nicht aus, wenn mehrere Personen sich die Bedienung der notwendigen Funktionen teilen (in einem solchen Fall können beide als Fahrzeugführer anzusehen sein). Wer dagegen nicht einmal einen Teil der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, führt dieses im maßgeblichen Zeitpunkt nicht.
12
Daher erfüllt der Fahrlehrer die genannten Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift. Dass er sich dabei ein solches Eingreifen im Notfall vorbehält, qualifiziert ihn im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Tathandlung nicht als Fahrzeugführer (BGH, Urteil vom 9. Juli 1959 – 2 StR 240/59, BGHSt 13, 226, 227 f.; OLG Dresden, NJW 2006, 1013, 1014; OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40, 41; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 316 StGB Rn. 5; König in LK-StGB, 12. Aufl., § 315c Rn. 41 f.; ders., DAR 2003, 448 und DAR 2014, 363, 370; Schönke/Schröder – Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 316 Rn. 20; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 315c Rn. 3; MüKoStGB/Pegel, 2. Aufl., § 315c Rn. 27; Burmann/Heß/Jahnke/Janker – Burmann, Straßenverkehrsrecht , 23. Aufl., § 316 StGB Rn. 2, Mitsch, NZV 2011, 281, 282; Grupp/Kinzig, NStZ 2007, 132, 136; Renzikowski in Matt/Renzikowski, StGB, § 316 Rn. 41, Zieschang in NK-StGB, 4. Aufl., § 315c Rn. 10; Weigel, DAR 2014, 41 f.; Scheidler, DAR 2009, 403, 404; Heinrich, DAR 2009, 402, 403; Joerden , BA 40 [2003], 104, 106; aA OLG Bamberg NJW 2009, 2393; AG Cottbus , DAR 2003, 476; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315c Rn. 4; SKStGB /Wolters, § 316 Rn. 13 [Stand: März 2012]; Tolksdorf, Festschrift für Nehm, 2006, S. 437, 441; Blum/Weber, NZV 2007, 228, 229; vgl. OLG Karlsruhe , VRS 64, 153, 157; OLG Hamm, VRS 37, 281, 282; Geppert in LK-StGB, 12. Aufl., § 69 Rn. 29; vgl. auch BGH [Zivilsenat], Urteil vom 22. März 1977 – VI ZR 80/75, VRS 52, 408, 409).
13
Aus der gegenüber einem Normalfahrzeug abweichenden technischen Ausstattung des Fahrschulwagens (zusätzliche Gas- und Bremspedale, vgl. § 5 Abs. 2 DVFahrlG) ergibt sich nichts anderes; diese erleichtert lediglich die Möglichkeiten des Fahrlehrers zum Eingreifen.
14
b) Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt – etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler – lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden. Der eigenhändige Charakter der Delikte und Ordnungswidrigkeiten , die das Führen eines Fahrzeugs voraussetzen, steht der Annahme einer mittelbaren Täterschaft entgegen (MüKoStGB/Pegel, 2. Aufl., § 315c Rn. 27; König, DAR 2003, 448, 449).
15
c) Soweit zum Teil die Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers aus seiner Verantwortung für die Fahrt und deren Folgen sowie aus der Pflicht, den Fahrschüler jederzeit im Auge zu behalten, hergeleitet wird (vgl. OLG Bamberg, NJW 2009, 2393; AG Cottbus, DAR 2003, 476, 477), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wenn der Gesetzgeber neben dem Fahrzeugführer auch die sonst für die Sicherheit Verantwortlichen in den Anwendungsbereich einer Strafnorm einbeziehen will, ordnet er dies im Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich an (vgl. § 315a Abs. 1 Nr. 2 StGB). Das ist in den §§ 315c, 316 StGB und in § 23 StVO unterblieben. Die zivil- und gegebenenfalls auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Fahrlehrers (etwa unter den Gesichtspunkten der §§ 222, 229 StGB) ändert nichts daran, dass dieser die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals des Führens eines Fahrzeugs nicht erfüllt (König, DAR 2003, 448, 449). Der Ersetzung dieser Voraussetzungen durch normative Erwägungen im Hinblick auf die Gefährlichkeit von bestimmten Verhaltensweisen des Fahrlehrers steht das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen.
16
d) Schließlich spricht die Existenz der Regelung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG gegen eine Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers. Wäre der Fahrlehrer nach der gesetzgeberischen Konzeption als Fahrzeugführer anzusehen, so hätte keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Fiktion („gilt… als Führer“) bestanden (Heinrich, DAR 2009, 402, 403).
17
2. Der Fahrlehrer ist auch nicht als Beteiligter im Sinne des § 14 Abs. 1 OWiG verantwortlich. Abgesehen von der Frage der Anwendbarkeit dieser Regelung auf Konstellationen der mittelbaren Täterschaft (ablehnend KK-OWiG/ Rengier, 4. Aufl., § 14 Rn. 4) führt das Verhalten des Fahrlehrers nicht dazu, dass bei einer Kumulation der Verhaltensweisen von Fahrschüler und Fahrlehrer die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO vorliegen – nämlich das gleichzeitige Telefonieren und Führen des Fahrzeugs (vgl. Mitsch, NZV 2011, 281, 283).
18
3. Die Regelung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG führt nicht dazu, dass der Fahrlehrer als Führer des Fahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO anzusehen ist. Denn diese gesetzliche Fiktion findet auf § 23 Abs. 1a StVO keine Anwendung (OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40, 41; AG Herne, Urteil vom 24. November 2011 – 21 OWi – 64 Js 891/11 – 264/11, juris; Hentschel/König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 2 StVG Rn. 28, 91; Mitsch, NZV 2011, 281, 282; aA OLG Karlsruhe, VRS 64, 153, 157; Scheidler, DAR 2009, 403, 404; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 2 StVG Rn. 55).
19
a) Allerdings steht nicht bereits der Wortlaut der Norm einer Anwendung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG auf die Fälle des § 23 Abs. 1a StVO entgegen. Diese Vorschrift beruht auf der Ermächtigungsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG; hieran knüpft § 24 Abs. 1 Satz 1 StVG (i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO) an. Ein Verständnis des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG, wonach die für das Straßen- verkehrsgesetz geltende Fiktion („im Sinne dieses Gesetzes“) auch die Rechts- verordnungen erfasst, die auf der Grundlage des Gesetzes ergangen sind, ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen.
20
b) Eine solche Auslegung würde jedoch zu nur schwer nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen in der Anwendung des Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts führen. Im Fall des Fahrens unter Alkoholeinfluss (§ 24a Abs. 1 und 3 StVG, § 316 StGB) wäre der Fahrlehrer nach § 316 StGB straflos, aber gemäß § 24a StVG verantwortlich, was vor dem Hintergrund des identischen Schutzzwecks und des hinsichtlich der Tathandlung identischen Wort- lauts („Wer im [Straßen-] Verkehr ein [Kraft-] Fahrzeug führt…“) als in geset- zessystematischer Hinsicht kaum begründbar erschiene (OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40, 41).
21
c) Auch die Entstehungsgeschichte spricht gegen eine solche Auslegung. § 2 Abs. 15 StVG geht auf das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 zurück (RGBl. S. 437). Dessen § 3 Abs. 2 lautete: „Bei den Übungs- und Prüfungsfahrten … gilt im Sinne dieses Gesetzes der Beglei- ter als Führer des Kraftfahrzeuges“. Diese Vorschrift nahm auf die schon damals existierende Fahrzeugführerhaftung kraft vermuteten Verschuldens (§ 18 Kraftfahrzeuggesetz) und die Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 24 Kraftfahrzeuggesetz) Bezug. Im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren war darauf hingewiesen worden, dass der Fahrschüler zur Ableistung der Prüfung im allgemeinen Straßenverkehr fahren müsse, er sich dabei aber, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht über einen Führerschein verfüge, strafbar machen würde. Diesem Konflikt wollte die Regelung Rechnung tragen (vgl. Verhandlungen des Reichstags, Band 253, S. 7579, 7595; Reichstags-Drucks. Band 21, Nr. 1250, S. 33). Der Verordnungsgeber hat sich bei Schaffung des § 23 Abs. 1a StVO nicht zur Anwendbarkeit des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG geäußert (vgl. BR-Drucks. 599/00, S. 18 ff.). Es kann daher nicht unterstellt werden, dass er den ursprünglichen in dem vorgenannten Sinne beschränkten Anwendungsbereich der gesetzlichen Fiktion auf den neu geschaffenen Ordnungswidrigkeitentatbestand ausdehnen wollte, zumal ein solcher Wille im Wortlaut keinen Ausdruck gefunden hätte.
22
d) Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Regelung in § 23 Abs. 1a StVO gegen eine Einbeziehung von Fahrlehrern, die während eines Telefongesprächs nicht in die Fahrt eingreifen. Der Verordnungsgeber wollte mit der Schaffung des § 23 Abs. 1a StVO erreichen, dass der Fahrzeugführer „beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat“; hält der Fahrzeug- führer aber in der einen Hand das Telefon, so steht ihm für das Lenkrad und sonstige manuell zu bedienende Instrumente nur noch eine Hand zur Verfügung (BR-Drucks. 599/00, S. 18; vgl. Mitsch, NZV 2011, 281, 282 f.). Die Tätigkeit des Fahrlehrers besteht in der Regel in verbalen Anweisungen. Selbst in hypothetischen Gefahrensituationen benötigt der Fahrlehrer nicht notwendig beide Hände. Ungeachtet der Gefahren, die von einem durch das Telefonieren abgelenkten Fahrlehrer ausgehen mögen, erfasst daher der Schutzzweck des § 23 Abs. 1a StVO den eine Aufsichtsfahrt beaufsichtigenden Fahrlehrer jedenfalls nicht unmittelbar (vgl. Joerden, BA 40 [2003], 104, 107).
23
e) Nach alledem bewirkt die gesetzliche Fiktion in § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG nur eine partielle Verlagerung der Verantwortung auf den Fahrlehrer (nämlich beschränkt auf die §§ 18, 21 StVG); sie erfasst nicht die in § 23 Abs. 1a StVO enthaltene Regelung der Benutzung von Mobil- und Autotelefonen durch Fahrzeugführer. Das war in der Beschlussformel auszusprechen, soweit zwischen den beteiligten Oberlandesgerichten Streit über die Auslegung dieser Vorschrift besteht.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.

(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.

(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1 bis 5 oder 7, nach § 6e Absatz 1 Nummer 1 bis 5 oder 7 oder nach § 6g Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, 5, 7 oder 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2
a)
Nummer 1 Buchstabe a bis e oder g,
b)
Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 oder 3 Buchstabe b,
c)
Nummer 3 Buchstabe a oder c oder
d)
Nummer 4,
jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 Buchstabe a oder c, Nummer 4, 5 oder 7 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Nummer 1
a)
Buchstabe a,
b)
Buchstabe b,
c)
Buchstabe c oder
d)
Buchstabe d
genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach Satz 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach Satz 1 Nummer 2 geahndet werden können.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen

1.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro,
2.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 2 Buchstabe c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro,
3.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro,
4.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,
5.
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro
geahndet werden.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 ist § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten anzuwenden.

(5) Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 10 oder eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Satz 1 bezieht, können eingezogen werden.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.

(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.

(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.

(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.

(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen der in § 36 bezeichneten Körperschaften oder ihrer Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.

Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.

5 StR 439/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Oktober 2001
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2001

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 15. Januar 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend geändert , daß der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 19 Fällen und wegen Hehlerei verurteilt ist,
b) im gesamten Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
c) hinsichtlich der Anordnung des Verfalls und des Fahrverbots aufgehoben.
1. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung zum Strafausspruch und über die Einziehung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäûiger Bandenhehlerei in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten und wegen Hehlerei unter Einbeziehung einer anderweitig erkannten Geldstrafe zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Auûerdem hat es den Verfall von 3000 DM, die Einziehung von 2500 DM als Wertersatz und ein Fahrverbot von drei Monaten angeordnet. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den im Beschluûtenor ersichtlichen Teilerfolg.
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat hinsichtlich der Verurteilung wegen gewerbsmäûiger Hehlerei in 19 Fällen und wegen Hehlerei im Fall 20 keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Die Verurteilungen aufgrund der Qualifikationsnorm des § 260a StGB wegen gewerbsmäûiger Bandenhehlerei haben keinen Bestand. Die Feststellungen belegen allenfalls eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung zwischen dem Angeklagten als Hehler und dem Einbrecher F zu gemeinsamer Deliktsbegehung, keinesfalls aber zu einem erforderlichen dritten Bandenmitglied (vgl. BGH – GS – NJW 2001, 2266, 2267, zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHSt 46, 321). Entgegen der Wertung des Landgerichts erwies sich der Angeklagte nicht als zur Absatzförderung bereiter Hehler des Einbrechers M . Dieser hatte zwar gemeinsam mit F 700 Einbrüche begangen, den auf ihn entfallenden Beuteanteil an elektronischen Geräten aber ausschlieûlich über zwei eigene Hehler abgesetzt , mit denen der Angeklagte nicht in Verbindung stand. In nur 19 Fällen erhielt der Angeklagte von F aus dessen Beuteanteil Geräte zum An- kauf oder zur Überwindung der Zugangssicherungen, wobei M nie zugegen war. Nur F gewährte dem Angeklagten Vorteile für seine Bemühungen , die Geräte funktionstüchtig zu machen. Nach umfassender Vernehmung der Zeugen M und F durch das Landgericht schlieût der Senat aus, daû ein neuer Tatrichter im Falle einer Zurückverweisung weitere Feststellungen für das Vorliegen einer Bande aus drei Mitgliedern wird treffen können. Er hat daher den Schuldspruch selbst abgeändert.
3. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Strafaussprüche und der Gesamtstrafen. Da die Strafkammer überwiegend nur wenig über einem Jahr Freiheitsstrafe liegende Einzelstrafen verhängt hatte, kann nicht ausgeschlossen werden, daû sie sich bei der Strafbemessung an der höheren Mindeststrafe des § 260a StGB orientiert hatte. Auch die im Fall 20 verhängte Freiheitsstrafe hat keinen Bestand, weil der Senat nicht ausschlieûen kann, daû sie im Zusammenhang der Bewertung der 19 übrigen Taten aufgrund der geänderten Schuldsprüche nicht günstiger zugemessen worden wäre. Dies gilt auch für die Anordnung der Einziehung des Wertersatzes hinsichtlich des Erlöses für den vom Angeklagten verkauften Personenkraftwagen (vgl. BGHR StGB § 73d ± Strafzumessung 1), zumal das Landgericht auch von einer Erörterung der Voraussetzungen von § 74b Abs. 1 StGB abgesehen hat.
Die Anordnung des Verfalls hat keinen Bestand. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert allein die rechtliche Existenz von Ersatzansprüchen und nicht, ob sie voraussichtlich geltend gemacht werden, eine solche Maûnahme (vgl. BGHR StGB § 73 ± Tatbeute 1; BGH NStZ 1996, 332). Auch die Anordnung eines Fahrverbots begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken , weil sie als Warnungs- und Besinnungsstrafe für den über ein Jahr und neun Monate zurückliegenden Pflichtverstoû (Fall 4) nicht mehr geeignet ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 44 Rdn. 2).
4. Der neue Tatrichter wird bei der Gesamtstrafenbildung nicht dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 1. Juli 1998, sondern erst dem Berufungsurteil vom 23. Juni 1999 Zäsurwirkung beimessen dürfen , da im Berufungsverfahren die tatsächlichen Feststellungen geprüft wurden (§ 55 Abs. 1 Satz 2 StGB).
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Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 4 5 / 1 4
vom
21. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. August 2014
gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Schwerin vom 23. Dezember 2013, soweit es ihn betrifft,
im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben
, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über
die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO, auch über die
Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und mit Sachbeschädigung unter Einbeziehung mehrerer Strafen aus früheren Aburteilungen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Den in einem vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Rostock angeordneten Verfall von Wertersatz hat es aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die auf eine Aufklärungsrüge und materiell-rechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten. Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel des Angeklagten den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Rechtsfolgenausspruch hat nur zum Teil Bestand. Zum Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Der Ausspruch über die Gesamtstrafe kann hingegen nicht bestehen bleiben. Das angefochtene Urteil erweist sich insoweit als rechtsfehlerhaft , weil es sich nicht dazu verhält, ob die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rostock vom 16. März 2012 (25 Cs 260/12; 454 Js 6067/12) bereits erledigt ist (UA S. 15, 44). Das Revisionsgericht kann daher nicht beurteilen, ob das Landgericht die Einzelgeldstrafe zu Recht gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 StGB in die Bildung der nachträglichen Gesamtstrafe einbezogen hat oder - für den Fall ihrer Erledigung - ein Härteausgleich vorzunehmen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 S. 1, Härteausgleich 20). Von dieser Frage abgesehen liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe vor. Bei dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rostock vom 16. März 2012 handelt es sich um eine 'frühere Verurteilung' im Sinne des § 55 Abs. 1 S. 2 StGB; die hier abzuurteilende Tat war vor dieser Verurteilung begangen worden. Der vorgenannte Rechtsfehler zwingt jedoch nicht zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 354 Abs. 2 S. 1 StPO. Die neu zu treffende Entscheidung über die Gesamtstrafe kann gemäß § 354 Abs. 1b S. 1 StPO dem Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Abweichend von dem der Entscheidung des Senats vom 29. November 2011 (3 StR 358/11) zugrunde liegenden Sachverhalt ist nicht lediglich eine - möglicherweise erledigte - Einzelstrafe verblieben; wegen der weiteren, noch nicht erledigten Einzelfreiheitsstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 17. Juli 2012 (25 Ls 824/11), mit der die im vorliegenden Verfahren verhängte Freiheitsstrafe gleichfalls gesamtstrafenfähig ist, muss vielmehr in jedem Fall eine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet werden. Sollte die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rostock vom 16. März 2012 bereits erledigt sein, kann der dann erforderliche Härteausgleich im Verfahren nach §§ 460, 462 StPO durchgeführt werden (BGH, Beschluss vom 18. September 2012 - 3 StR 342/12). Einer ausdrücklichen Aufhebung des Ausspruchs über die Aufrechterhaltung des mit Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 17. Juli 2012 angeordneten Verfalls von Wertersatz bedarf es hingegen nicht. Diese Nebenfolge ist nicht Bestandteil des Gesamtstrafenausspruchs, sondern nach wie vor fortgeltender Bestandteil des Rechtsfolgenausspruchs des vorgenannten Urteils des Amtsgerichts Rostock (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1979 - 4 StR 87/79, NJW 1979, 2113). Der für die nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zuständige Richter wird jedoch zu beachten haben , dass gemäß § 55 Abs. 2 StGB im Gesamtstrafenbeschluss (erneut ) - auch wenn dies nur eine Wiederholung bedeutet - die Aufrechterhaltung der Wertersatzverfallsanordnung auszusprechen ist, da dieser Beschluss dann die neue Vollstreckungsgrundlage bildet (vgl. BGH aaO.; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 4 StR 130/03, BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 7; BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - 3 StR 94/08, NStZ-RR 2008, 275 f.; Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 55 Rn. 59; Graalmann-Scheerer in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 460 Rn. 37)."
3
Dem schließt sich der Senat an. Die Kostenentscheidung bleibt dem Verfahren nach den §§ 460, 462 StPO vorbehalten. Becker Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Spaniol

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.