Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2016 - 3 StR 404/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:100316B3STR404.15.0
10.03.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 404/15
vom
10. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
hier: Vorlegungsbeschluss des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts
Oldenburg vom 14. September 2015 (1 Ss 81/15)
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Wer eine Räumlichkeit durch eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte
Tür betritt, steigt nicht im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr.
3 StGB ein, unabhängig davon, auf welche Weise er die Tür geöffnet hat.
BGH, Beschluss vom 10. März 2016 - 3 StR 404/15 - OLG Oldenburg
ECLI:DE:BGH:2016:100316B3STR404.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Angeklagten am 10. März 2016 beschlossen:
Wer eine Räumlichkeit durch eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte Tür betritt, steigt nicht im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB ein, unabhängig davon, auf welche Weise er die Tür geöffnet hat.

Gründe:

1
Die Vorlegungssache betrifft die Auslegung des Tatbestandmerkmals des Einsteigens in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB und § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB.

I.


2
1. Das Amtsgericht Cloppenburg hat den Angeklagten am 23. Juli 2014 wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen unter Einbeziehung von drei Einzelstrafen aus früheren Erkenntnissen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Oldenburg mit Urteil vom 2. Mai 2015 den Schuldspruch in Wohnungseinbruchdiebstahl und Diebstahl geändert und eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten festgesetzt. Hinsichtlich des als Wohnungseinbruchdiebstahl abgeurteilten Geschehens hat es folgende Feststellungen getroffen:
3
Am 20. August 2013 griff der Angeklagte durch ein auf Kipp stehendes Fenster eines Wohnhauses und löste die am oberen Fensterrahmen angebrachte Verriegelungsschiene. Dadurch war es ihm möglich, das Fenster weiter nach hinten zu kippen und den Griff der danebenliegenden Terrassentür umzulegen. Durch die auf diese Weise geöffnete Tür verschafften sich der Angeklagte und weitere Beteiligte Zutritt zu dem Wohnhaus und entwendeten aus diesem Alkoholika.
4
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat das Berufungsgericht ausgeführt , dass in diesem Fall die Voraussetzungen des Einsteigens gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, verstanden als ein jedes nur unter Schwierigkeiten mögliches Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung, erfüllt seien, weil es bei der Terrassentür, die der Angeklagte nur mit großem Geschick habe öffnen können, an einer entsprechenden Bestimmung fehle.
5
2. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und die Verletzung sachlichen Rechts gerügt. Das Oberlandesgericht Oldenburg beabsichtigt , die Revision zu verwerfen. Es erachtet - gestützt auf Sinn und Zweck der erhöhten Strafdrohung - das Tatbestandsmerkmal des Einsteigens als erfüllt. Dieses zeichne sich insbesondere dadurch aus, dass der Dieb unter Überwindung der zum Schutz gegen unbefugtes Eindringen geschaffenen oder den Zugang sonst erschwerenden Hindernisse eindringt. Diese Überwindung liege vorliegend darin, dass der Angeklagte nicht nur durch ein auf Kipp stehendes Fenster habe hindurchgreifen, sondern darüber hinaus - ohne das Merkmal des "Einbrechens" zu erfüllen - eine mechanische Manipulation habe vornehmen müssen, indem er eine Verriegelungsschiene aushängte. Dann aber sei es irrelevant, dass die Räumlichkeit selbst durch eine zum ordnungs- gemäßen Eintritt bestimmte Öffnung betreten werde. An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Juli 2010 (1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374) gehindert. Es hat deshalb die Sache zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt :
6
"Liegt ein Einsteigen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, wenn der Täter zwar eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte Öffnung benutzt , jedoch das Eindringen durch diese Öffnung eine manipulative Überwindung einer zum Öffnen nicht bestimmten mechanischen Sperre - ohne gewissen Kraftaufwand, Substanzverletzung oder Einsatz eines auf den Schließmechanismus wirkenden Werkzeugs - erfordert?"
7
3. Der Generalbundesanwalt tritt dem vorlegenden Oberlandesgericht Oldenburg in der Sache entgegen und beantragt - unter erweiternder Formulierung der Vorlagefrage - wie folgt zu beschließen:
8
"Ein Einsteigen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB liegt nicht vor, wenn sich der Täter unter Überwindung von Schwierigkeiten oder Hindernissen, die sich aus der Eigenart des Gebäudes oder der Umfriedung des umschlossenen Raumes ergeben, Zugang in eine Wohnung durch eine zum ordnungsgemäßen Betreten bestimmte Öffnung verschafft."

II.


9
Die Vorlegungsvoraussetzungen nach § 121 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) GVG sind erfüllt.
10
Im Gegensatz zu der das Ausmaß der Geschicklichkeit des Täters in den Vordergrund rückenden Begründung möchte das Oberlandesgericht Oldenburg durch seine Anfrage die maßgebliche Vorfrage geklärt wissen, ob auch derjenige einsteigen kann, der die Räumlichkeit durch eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte Tür betritt. Allein insoweit steht seine Rechtsauffassung auch in Divergenz zu der Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 27. Juli 2010 (BGH aaO), der diese Vorfrage tragend im Sinne von § 358 Abs. 1 StPO verneint hat. Hieran anknüpfend und in Anbetracht des Umstandes , dass der Begriff des Einsteigens in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB und in § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB nur identisch ausgelegt werden kann (allgemein BGH, Beschluss vom 26. März 1954 - 1 StR 161/53, BGHSt 6, 41, 42), hat der Senat die Vorlegungsfrage wie aus der Beschlussformel ersichtlich neu gefasst (vgl. dazu KK-Hannich, StPO, 7. Aufl., § 121 GVG Rn. 46 mwN).
11
Die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Oldenburg ist auch für dessen beabsichtigte Entscheidung selbst erheblich. Denn die Auffassung, die landgerichtlichen Feststellungen zum Öffnen der Terrassentür durch den Angeklagten reichten für die Annahme des Tatbestandsmerkmals des Einbrechens nicht aus, ist jedenfalls vertretbar (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 2. November 2000 - 4 StR 461/99, VIZ 2002, 180 mwN).

III.


12
Die Vorlegungsfrage ist zu verneinen. Die Ansicht des Oberlandesgerichts Oldenburg widerspricht dem gefestigten Verständnis des Einsteigens durch Reichsgericht und Bundesgerichtshof. An deren Auslegung des Tatbe- standsmerkmals, die sich auf den gesetzgeberischen Willen, die Systematik und den Wortlaut stützen kann, ist festzuhalten.
13
1. Schon das Reichsgericht hat das Einsteigen definiert als das Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintreten nicht bestimmte Öffnung unter Überwindung eines entgegenstehenden Hindernisses (RG, Urteil vom 14. Mai 1881 - Rep. 980/81, RGSt 4, 175, 176). An dieser Definition hat der Bundesgerichtshof - bei teilweise abweichender Formulierung - in zahlreichen Entscheidungen festgehalten (neben BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375 siehe BGH, Urteile vom 19. Juni 1952 - 4 StR 463/51, LM 1953 Nr. 5: "auf ordnungswidrigem Weg […] Zugang […] verschafft"; vom 23. April 1953 - 4 StR 743/52, NJW 1953, 992; vom 7. November 1957 - 4 StR 521/57: "Öffnung war ersichtlich kein ordnungsgemäßer Zugang"; vom 11. März 1960 - 4 StR 574/59, BGHSt 14, 198, 200; vom 16. November 1999 - 1 StR 506/99, NStZ 2000, 143, 144; Beschluss vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Juni 1985 - IVa ZR 17/84, NJW-RR 1986, 103 zu § 1 Nr. 2a der Allgemeinen Einbruchdiebstahlversicherungs-Bedingungen: "auf […] nicht vorgesehene Weise Zugang […] verschafft"). Soweit in einer Reihe von Entscheidungen das Erfordernis des Betretens durch eine hierfür nicht bestimmte Öffnung keine ausdrückliche Erwähnung fand (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 1957 - 5 StR 526/56, BGHSt 10, 132, 133; vom 10. Juni 1958 - 5 StR 212/58; vom 11. Mai 1993 - 1 StR 896/92, NJW 1993, 2252, 2253; Beschlüsse vom 6. September 1968 - 4 StR 390/68; vom 18. Juni 1982 - 3 StR 196/82, juris; vom 1. Februar 1984 - 3 StR 423/83, StV 1984, 204), war dies lediglich dem Umstand geschuldet , dass bereits die weitere Voraussetzung der Überwindung von Hindernissen nicht erfüllt war. Diese müssen sich ihrerseits aus der Eigenart des Gebäudes oder der Umfriedung des umschlossenen Raumes ergeben (BGH, Urteil vom 5. Februar 1957 - 5 StR 526/56, BGHSt 10, 132, 133; Beschluss vom 6. September 1968 - 4 StR 390/68); Schwierigkeiten allein beim Schaffen der Zugangsmöglichkeit genügen nicht (ausdrücklich RG, Urteil vom 21. Januar 1886 - Rep. 38/86, RGSt 13, 257, 258; siehe auch BGH, Beschluss vom 1. Februar 1984 - 3 StR 423/83, StV 1984, 204; unklar: BGH, Urteil vom 16. November 1999 - 1 StR 506/99, NStZ 2000, 143, 144).
14
2. Für diese Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, der die Literatur weitestgehend folgt (vgl. NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 243 Rn. 14; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 243 Rn. 11; SK/Hoyer, StGB, 47. Lfg., § 243 Rn. 18; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 243 Rn. 6; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 243 Rn. 22; S/S-Eser/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 243 Rn. 12; teilweise anders: MüKoStGB/Schmitz, 2. Aufl., § 243 Rn. 22 f.), spricht bereits die Gesetzgebungsgeschichte. Insoweit hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: "Bereits der Gesetzgeber des Strafgesetzbuches für die Preußischen Staaten vom 1. Juli 1851 ging davon aus, dass ein Einsteigen beim Betreten eines Gebäudes oder sonstigen umschlossenen Raums durch einen ordnungsgemäßen Zugang ausschied. Nach § 218 Nr. 3 des Strafgesetzbuches für die Preußischen Staaten lag ein schwerer Fall des Diebstahls vor, wenn 'in einem Gebäude oder in einem umschlossenen Raum vermittelst Einbruchs oder Einsteigens gestohlen wird'. Eine Le- galdefinition des Begriffs des Einsteigens war in § 222 ausdrücklich geregelt. Danach war ein 'Einsteigen […] vorhanden, wenn der Eintritt in Gebäude oder umschlossene Räume über Dachwerk, Thüren, Mauern, Hecken oder andere Einfriedungen oder durch Fenster, Kellerlöcher oder andere nicht zum Eingang bestimmte, unter oder über der Erde befindliche Öffnungen bewirkt wird'. § 243 Nr. 2 des Strafgesetzbuches des Norddeutschen Bundes in der Fassung vom 31. Mai 1870 sah vor, dass ein schwerer Diebstahl gegeben war, wenn 'aus einem Gebäude oder umschlossenen Raume mittels Einbruchs, Einsteigens oder Erbrechens von Behältnissen gestohlen wird'. Das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes wurde zum 1. Januar 1872 unverändert als Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich übernommen. Der Gesetzgeber verzichtete in Abkehr von dem Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten darauf, eine Legaldefinition für den Begriff des Einsteigens in das Gesetz aufzunehmen. Nach seiner Ansicht war eine entsprechende Definition nicht erforderlich, da der Begriff des Einsteigens 'dem gemeinen Leben angehört und ohne gesetzgeberische Erklärung dem Verständnisse des Laien zugänglich' sei (Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Reichstagsprotokolle [1867/70,12], S. 74). Eine inhaltliche Änderung gegenüber der Legaldefinition des Strafgesetzbuches für die Preußischen Staaten, nach der ein Einsteigen bei einem Betreten durch einen ordnungsgemäßen Zugang nicht in Betracht kam, war vom Gesetzgeber nicht gewollt (vgl. Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Reichstagsprotokolle [1867/70,12], S. 74; Kletke, Kommentar zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, 1. Auflage, § 243, S. 168 f.; Hahn, Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 3. Auflage, § 243, S. 307; Schwarze, Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 1. Auflage, § 243, S. 533 f.). […] Dieser gesetzgeberische Wille, der im Gesetzestext einen ausrei- chenden Niederschlag (vgl. BVerfG, Urteil vom 16. Februar 1983 - 2 BvE 1/83, 2/83, 3/83 und 4/83 -, BVerfGE 62, 1 [45] m.w.N.) gefunden hat, gilt unverändert fort. Insbesondere wollte der Gesetzgeber die Auslegung des Begriffes des Einsteigens bei einem Diebstahl weder durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (Drucksache V/4094, S. 36; Protokoll der 122. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Materialien, Band III, S. 2457 ff.), durch welches die Qualifikationen des schweren Diebstahls zu Regelbeispielen umgewandelt wurden, noch durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BT-Drucksache 13/8587, S. 43), durch welche der Wohnungseinbruchsdiebstahl zur Qualifikation hochgestuft wurde, ändern (vgl. auch Vogel a.a.O., Vorbemerkungen zu den § 242 ff. Rn. 23)."
15
3. Dieses Ergebnis wird weiter gestützt durch die Binnensystematik der § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der Alternative des Eindringens ist zu entnehmen, dass das Betreten durch eine hierzu bestimmte Öffnung nur dann vom Regelbeispiel bzw. der Qualifikation erfasst sein soll, wenn dies unter Nutzung eines falschen Schlüssels oder eines anderen nicht zur ord- nungsgemäßen Öffnung bestimmten, auf den Schließmechanismus einwirkenden (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1955 - 2 StR 354/55, NJW 1956, 271) Werkzeuges geschieht. Fälle der Überwindung sonstiger entgegenstehender Hindernisse werden wiederum (nur) dann von der Tathandlungsmodalität des Einbrechens erfasst, wenn der Täter entweder die Substanz der Umschließung verletzt oder nicht unerhebliche körperliche Kraft aufwenden muss (vgl. LK/Vogel aaO, § 243 Rn. 20 mwN). Fehlt es - wie nach Ansicht des vorlegenden Oberlandesgerichts im vorliegenden Fall - an einer dieser Voraussetzungen , kann dem nicht dadurch begegnet werden, dass das Vorgehen nunmehr unter den Begriff des Einsteigens subsumiert wird.
16
4. Das hergebrachte Begriffsverständnis deckt sich schließlich mit dem allgemeinen Sprachgebrauch. Dieser versteht Einsteigen als das Sichverschaffen unrechtmäßigen Zutritts durch Hineinklettern (siehe www.duden.de/rechtschreibung/einsteigen#Bedeutung2). Soweit diese Definition die Stelle des Zutritts nicht näher umschreibt, bedeutet dies in der Sache keinen Unterschied. Denn dafür, dass eine zum ordnungsgemäßen Eintreten bestimmte Öffnung als Ort des Zugangs ausscheidet, spricht bereits das Erfordernis des Hineinkletterns, unabhängig davon, ob man darunter lediglich aufund absteigende bzw. "herablassende" (so RG, Urteile vom 14. Mai 1881 - Rep. 980/81, RGSt 4, 175, 176; vom 12. April 1882 - Rep. 688/82, RGSt 6, 186, 190) oder auch kriechende Bewegungen versteht (so BGH, Urteile vom 23. April 1953 - 4 StR 743/52, NJW 1953, 992; vom 10. Juni 1958 - 5 StR 212/58; Beschluss vom 18. Juni 1982 - 3 StR 196/82, juris Rn. 2).
17
5. Dass möglicherweise Sinn und Zweck der gesteigertenStrafdrohung - der erhöhte Rechtsfrieden des Verwahrungsortes (RG, Urteil vom 19. Mai 1919 - III 92/19, RGSt 53, 262, 263; BGH, Beschluss vom 11. Mai 1951 - GSSt 1/51, BGHSt 1, 158, 164 f.) sowie die in den Anstrengungen des Täters zum Ausdruck kommende besondere Geflissentlichkeit und Hartnäckigkeit des Diebes (vgl. Reichstagsprotokolle 1867/70,12, S. 74) - auch die vorliegende Konstellation erfassen, rechtfertigt es nicht, das anhand der historischen, systematischen und grammatikalischen Auslegung gefundene, eindeutige Ergebnis zu revidieren. Die teleologischen Erwägungen könnten - bei tatsächlich vergleichbarer Gewichtigkeit der Fälle - allenfalls zu der Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB führen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375; BT-Drucks. IV/650, S. 402 f.).
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(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 319/10
vom
27. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2010 gemäß § 346
Abs. 2 StPO sowie § 349 Abs. 2 und 4 StPO und § 206a StPO beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. November 2009 aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall I.5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Das Verfahren wird insoweit gemäß § 206a StPO eingestellt. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 14 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dabei hat es Einzelstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren und acht Monaten verhängt. Für den Fall I.5 der Urteilsgründe hat es eine Einzelstrafe von einem Jahr und sieben Monaten festgesetzt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Die Revision wurde rechtzeitig begründet. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, mit dem das Landgericht die Revision des Angeklagten gemäß § 346 Abs. 1 StPO verworfen hat, ist daher auf den Antrag des Beschwerdeführers hin gemäß § 346 Abs. 2 StPO aufzuheben.
3
2. Auf die Revision des Angeklagten ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung im Fall I.5 der Urteilsgründe wegen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO); das Verfahren wird insoweit wegen eingetretener Strafverfolgungsverjährung gemäß § 206a StPO eingestellt.
4
a) Zum Betreten der Wohnung durch den Angeklagten in diesem Fall hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: „Am 29.01.1999 zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr brach der Angeklagte in die im Erdgeschoss liegende Wohnung der Zeugin A. … ein, indem er auf die an der Rückseite des Hauses liegende Terrasse ging, dort durch einen gekippten Terrassenflügel hindurch griff und so den Griff der danebenliegenden weiteren Terrassentüre öffnete.“
5
Bei dieser Sachlage ist der Tatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls nicht gegeben. Das Landgericht hat zu Unrecht ein „Einsteigen“ i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB angenommen. Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (vgl. Fischer , StGB 57. Aufl. § 243 Rdn. 6 mN). Eine im Erdgeschoss gelegene Terrassentür ist demgegenüber allgemein zum Betreten des Gebäudes vorgesehen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. Juni 2010 zutreffend ausgeführt hat, liegt in solchen Fällen ein Einsteigen selbst dann nicht vor, wenn der Täter zum Öffnen der Tür zunächst durch einen gekippten Türflügel in die Wohnung hineingreifen muss (vgl. BGH, Beschl. vom 6. September 1968 - 4 StR 390/68; BGH, Urt. vom 5. Februar 1957 - 5 StR 526/56, BGHSt 10, 132, 133; Vogel in LK StGB 12. Aufl. § 243 Rdn. 22). Der Angeklagte hätte deshalb insoweit nur wegen einfachen Diebstahls gemäß § 242 StGB schuldig gesprochen werden dürfen.
6
b) Einer Änderung des Schuldspruchs in diesem Fall steht die eingetretene Strafverfolgungsverjährung entgegen. Denn anders als der Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) mit einer Verjährungsfrist von zehn Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) verjährt der Diebstahl i.S.v. § 242 StGB auch dann in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), wenn - was hier nahe liegt - ein (unbenannter) besonders schwerer Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB gegeben ist. Die Eröffnung des Hauptverfahrens konnte die Strafverfolgungsverjährung nicht mehr gemäß § 78b Abs. 4 StGB hemmen, weil die Verjährung hinsichtlich dieser Straftat bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten war.
7
3. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl der von dem Angeklagten im Rahmen zweier Tatserien im Übrigen begangenen Wohnungseinbruchdiebstähle aus, dass sich der Wegfall der im Fall I.5 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe auf die übrigen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auswirken könnte, zumal da verjährte, aber prozessordnungsgemäß festgestellte Straftaten bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19; Fischer, StGB 57. Aufl. § 46 Rdn. 38b und § 78 Rdn. 2).
8
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Übrigen kei- nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) liegt nicht vor. Das Landgericht durfte die konkret festgestellten psychischen Beeinträchtigungen der Opfer der Wohnungseinbruchdiebstähle strafschärfend werten. Soweit das OLG Köln (NStZ-RR 2002, 247) der Ansicht ist, die mit einem Wohnungseinbruch für die Opfer verbundenen psychischen Belastungen dürften auch dann nicht zu Lasten des Täters strafschärfend berücksichtigt werden, wenn psychische Folgen der Tat im Einzelfall festgestellt sind, folgt ihm der Senat nicht.
9
5. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen. Der geringfügige Teilerfolg rechtfertigt kein anderes Ergebnis (§ 473 Abs. 4 StPO).
Nack Wahl Graf
RiBGH Prof. Dr. Sander befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Jäger Nack

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 319/10
vom
27. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2010 gemäß § 346
Abs. 2 StPO sowie § 349 Abs. 2 und 4 StPO und § 206a StPO beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. November 2009 aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall I.5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Das Verfahren wird insoweit gemäß § 206a StPO eingestellt. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 14 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dabei hat es Einzelstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren und acht Monaten verhängt. Für den Fall I.5 der Urteilsgründe hat es eine Einzelstrafe von einem Jahr und sieben Monaten festgesetzt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Die Revision wurde rechtzeitig begründet. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, mit dem das Landgericht die Revision des Angeklagten gemäß § 346 Abs. 1 StPO verworfen hat, ist daher auf den Antrag des Beschwerdeführers hin gemäß § 346 Abs. 2 StPO aufzuheben.
3
2. Auf die Revision des Angeklagten ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung im Fall I.5 der Urteilsgründe wegen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO); das Verfahren wird insoweit wegen eingetretener Strafverfolgungsverjährung gemäß § 206a StPO eingestellt.
4
a) Zum Betreten der Wohnung durch den Angeklagten in diesem Fall hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: „Am 29.01.1999 zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr brach der Angeklagte in die im Erdgeschoss liegende Wohnung der Zeugin A. … ein, indem er auf die an der Rückseite des Hauses liegende Terrasse ging, dort durch einen gekippten Terrassenflügel hindurch griff und so den Griff der danebenliegenden weiteren Terrassentüre öffnete.“
5
Bei dieser Sachlage ist der Tatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls nicht gegeben. Das Landgericht hat zu Unrecht ein „Einsteigen“ i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB angenommen. Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (vgl. Fischer , StGB 57. Aufl. § 243 Rdn. 6 mN). Eine im Erdgeschoss gelegene Terrassentür ist demgegenüber allgemein zum Betreten des Gebäudes vorgesehen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. Juni 2010 zutreffend ausgeführt hat, liegt in solchen Fällen ein Einsteigen selbst dann nicht vor, wenn der Täter zum Öffnen der Tür zunächst durch einen gekippten Türflügel in die Wohnung hineingreifen muss (vgl. BGH, Beschl. vom 6. September 1968 - 4 StR 390/68; BGH, Urt. vom 5. Februar 1957 - 5 StR 526/56, BGHSt 10, 132, 133; Vogel in LK StGB 12. Aufl. § 243 Rdn. 22). Der Angeklagte hätte deshalb insoweit nur wegen einfachen Diebstahls gemäß § 242 StGB schuldig gesprochen werden dürfen.
6
b) Einer Änderung des Schuldspruchs in diesem Fall steht die eingetretene Strafverfolgungsverjährung entgegen. Denn anders als der Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) mit einer Verjährungsfrist von zehn Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) verjährt der Diebstahl i.S.v. § 242 StGB auch dann in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), wenn - was hier nahe liegt - ein (unbenannter) besonders schwerer Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB gegeben ist. Die Eröffnung des Hauptverfahrens konnte die Strafverfolgungsverjährung nicht mehr gemäß § 78b Abs. 4 StGB hemmen, weil die Verjährung hinsichtlich dieser Straftat bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten war.
7
3. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl der von dem Angeklagten im Rahmen zweier Tatserien im Übrigen begangenen Wohnungseinbruchdiebstähle aus, dass sich der Wegfall der im Fall I.5 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe auf die übrigen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auswirken könnte, zumal da verjährte, aber prozessordnungsgemäß festgestellte Straftaten bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19; Fischer, StGB 57. Aufl. § 46 Rdn. 38b und § 78 Rdn. 2).
8
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Übrigen kei- nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) liegt nicht vor. Das Landgericht durfte die konkret festgestellten psychischen Beeinträchtigungen der Opfer der Wohnungseinbruchdiebstähle strafschärfend werten. Soweit das OLG Köln (NStZ-RR 2002, 247) der Ansicht ist, die mit einem Wohnungseinbruch für die Opfer verbundenen psychischen Belastungen dürften auch dann nicht zu Lasten des Täters strafschärfend berücksichtigt werden, wenn psychische Folgen der Tat im Einzelfall festgestellt sind, folgt ihm der Senat nicht.
9
5. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen. Der geringfügige Teilerfolg rechtfertigt kein anderes Ergebnis (§ 473 Abs. 4 StPO).
Nack Wahl Graf
RiBGH Prof. Dr. Sander befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Jäger Nack

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR584/13
vom
26. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 26. Februar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 18. September 2013 im Schuldspruch im Fall II.7 der Urteilsgründe dahin abgeändert, dass der Angeklagte statt der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl der Beihilfe zum Bandendiebstahl schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls , versuchten schweren Bandendiebstahls, Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl und Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision. Diese führt im Fall II.7 der Urteilsgründe zu einer Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
2
1. Im Fall II.7 der Entscheidungsgründe hält die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen der Strafkammer zu diesem Fall entwendeten der Angeklagte sowie weitere Bandenmitglieder und Mittäter Anfang April 2013 aus einem Tank auf dem Gelände der Spedition-Baustoffe GmbH & Co. KG 4.500 Liter Dieselkraftstoff. Hierzu führten sie den Schlauch einer Pumpe in das Entlüftungsrohr des Tanks ein und leiteten den Kraftstoff in Fässer sowie andere Behältnisse. "Der Angeklagte J. erhoffte sich in diesem Fall allerdings keinen Anteil an der Beute, sondern er wollte lediglich dem Angeklagten L. , der sich an diesem Abend in akuten Geldsorgen befunden hatte, dabei helfen, hinreichend Kraftstoff für sein Fahrzeug zu bekommen" (UA S. 12).
4
Die Strafkammer bewertete dies beim Angeklagten als "Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl nach § 244a Abs. 1 i.V.m. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 (durch 'Einsteigen' zum in 3,50 m Höhe gelegenen Ende des Entlüftungsrohres ) und § 27 StGB" (UA S. 13).
5
b) Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
6
aa) Entgegen der Annahme des Landgerichts belegen die Feststellungen ein Einsteigen im Sinn des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB nicht.
7
Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375). Es erfordert, dass der Täter wenigs- tens einen Fuß in den Raum stellt; bloßes Hineingreifen oder Ähnliches genügt dagegen nicht (SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 243 Rn. 12 mwN).
8
An einem solchen Einsteigen fehlt es hinsichtlich des Tanks offensichtlich. Aber auch hinsichtlich des Betriebsgeländes ist dieses Tatbestandsmerkmal nicht belegt. Denn Feststellungen dazu, dass dieses beispielsweise eingezäunt war oder auf andere Weise nur unter Schwierigkeiten durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung betreten wurde, enthält das Urteil nicht.
9
bb) Auch ein Einbrechen im Sinn des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB belegen die Feststellungen nicht.
10
Bei einem Einbruch muss der Täter zur Ausführung des Diebstahls zwar nicht in den umschlossenen Raum hineingelangen; vielmehr genügt, dass er die Wegnahme mittels eines Werkzeugs durch eine Öffnung des Raumes bewirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 1984 - 3 StR 209/84, NStZ 1985, 217, 218). Erforderlich ist aber das gewaltsame, also das durch eine nicht unerhebliche körperliche Anstrengung verbundene Öffnen oder Erweitern eines Zugangs zu dem umschlossenem Raum (LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 243 Rn. 20 mwN). Daran fehlt es nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen sowohl hinsichtlich des Betriebsgeländes als auch hinsichtlich des Tanks.
11
cc) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann die Verurteilung wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl auch nicht darauf gestützt werden, dass jedenfalls die von der Strafkammer angenommene Gewerbsmäßigkeit (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) vorliegt.
12
Gewerbsmäßigkeit setzt stets eigennütziges Handeln voraus und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - 3 StR 323/11 [juris Rn. 10]). Ein lediglich mittelbarer Vorteil reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn der Täter ohne weiteres darauf zugreifen kann oder sich selbst geldwerte Vorteile aus der Tat über Dritte verspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11, NStZ-RR 2011, 373; vom 13. September 2011 - 3 StR 262/11, StV 2012, 339, 342, jeweils mwN). Dies hat das Landgericht bezüglich des Angeklagten jedoch nicht festgestellt.
13
Da die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinn des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom13. September 2011 - 3 StR 262/11, StV 2012, 339, 342 mwN) kann der Gehilfe, bei dem sie fehlt, nicht allein deshalb nach § 244a Abs. 1 StGB bestraft werden, weil andere Bandenmitglieder oder Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. SSWStGB /Kudlich, 2. Aufl., § 244a Rn. 9; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 244a Rn. 2b).
14
2. Da andere, die Tat als schweren Bandendiebstahl qualifizierende Merkmale ebenfalls nicht vorliegen, jedoch der Angeklagte den Tatbestand der Beihilfe zum Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 2, § 27 Abs. 1 StGB) erfüllt hat und er sich hiergegen nicht anders als geschehen verteidigen konnte, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend ab.
15
Einer Aufhebung der im Fall II.7 vom Landgericht verhängten Einzelstrafe bedarf es nicht. Der Senat schließt vielmehr auch angesichts der von der Strafkammer bei der konkreten Strafzumessung aufgeführten Erwägungen aus, dass sie bei zutreffender rechtlicher Bewertung dieser Tat eine geringere Einzelstrafe als sechs Monaten verhängt hätte. Denn das Landgericht hat die ohnehin sehr milde Strafe dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen des § 244a Abs. 2 StGB entnommen, dessen Untergrenze - an der sich die Strafkammer ersichtlich orientiert hat - der dem nach § 244 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB maßgeblichen Strafrahmen entspricht. Auch einen Einfluss der rechtlichen Bewertung der Tat II.7 auf die verhängte Gesamtstrafe schließt der Senat aus.
16
3. Im Übrigen weist das Urteil aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 3. Februar 2014 dargelegten Gründen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
17
4. Eine Kostenteilung ist im Hinblick auf den nur geringfügigen Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten nicht geboten.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 319/10
vom
27. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2010 gemäß § 346
Abs. 2 StPO sowie § 349 Abs. 2 und 4 StPO und § 206a StPO beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. November 2009 aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall I.5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Das Verfahren wird insoweit gemäß § 206a StPO eingestellt. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 14 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dabei hat es Einzelstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren und acht Monaten verhängt. Für den Fall I.5 der Urteilsgründe hat es eine Einzelstrafe von einem Jahr und sieben Monaten festgesetzt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Die Revision wurde rechtzeitig begründet. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 16. März 2010, mit dem das Landgericht die Revision des Angeklagten gemäß § 346 Abs. 1 StPO verworfen hat, ist daher auf den Antrag des Beschwerdeführers hin gemäß § 346 Abs. 2 StPO aufzuheben.
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2. Auf die Revision des Angeklagten ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung im Fall I.5 der Urteilsgründe wegen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO); das Verfahren wird insoweit wegen eingetretener Strafverfolgungsverjährung gemäß § 206a StPO eingestellt.
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a) Zum Betreten der Wohnung durch den Angeklagten in diesem Fall hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: „Am 29.01.1999 zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr brach der Angeklagte in die im Erdgeschoss liegende Wohnung der Zeugin A. … ein, indem er auf die an der Rückseite des Hauses liegende Terrasse ging, dort durch einen gekippten Terrassenflügel hindurch griff und so den Griff der danebenliegenden weiteren Terrassentüre öffnete.“
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Bei dieser Sachlage ist der Tatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls nicht gegeben. Das Landgericht hat zu Unrecht ein „Einsteigen“ i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB angenommen. Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (vgl. Fischer , StGB 57. Aufl. § 243 Rdn. 6 mN). Eine im Erdgeschoss gelegene Terrassentür ist demgegenüber allgemein zum Betreten des Gebäudes vorgesehen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. Juni 2010 zutreffend ausgeführt hat, liegt in solchen Fällen ein Einsteigen selbst dann nicht vor, wenn der Täter zum Öffnen der Tür zunächst durch einen gekippten Türflügel in die Wohnung hineingreifen muss (vgl. BGH, Beschl. vom 6. September 1968 - 4 StR 390/68; BGH, Urt. vom 5. Februar 1957 - 5 StR 526/56, BGHSt 10, 132, 133; Vogel in LK StGB 12. Aufl. § 243 Rdn. 22). Der Angeklagte hätte deshalb insoweit nur wegen einfachen Diebstahls gemäß § 242 StGB schuldig gesprochen werden dürfen.
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b) Einer Änderung des Schuldspruchs in diesem Fall steht die eingetretene Strafverfolgungsverjährung entgegen. Denn anders als der Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) mit einer Verjährungsfrist von zehn Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) verjährt der Diebstahl i.S.v. § 242 StGB auch dann in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), wenn - was hier nahe liegt - ein (unbenannter) besonders schwerer Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB gegeben ist. Die Eröffnung des Hauptverfahrens konnte die Strafverfolgungsverjährung nicht mehr gemäß § 78b Abs. 4 StGB hemmen, weil die Verjährung hinsichtlich dieser Straftat bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten war.
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3. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl der von dem Angeklagten im Rahmen zweier Tatserien im Übrigen begangenen Wohnungseinbruchdiebstähle aus, dass sich der Wegfall der im Fall I.5 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe auf die übrigen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auswirken könnte, zumal da verjährte, aber prozessordnungsgemäß festgestellte Straftaten bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19; Fischer, StGB 57. Aufl. § 46 Rdn. 38b und § 78 Rdn. 2).
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4. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Übrigen kei- nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) liegt nicht vor. Das Landgericht durfte die konkret festgestellten psychischen Beeinträchtigungen der Opfer der Wohnungseinbruchdiebstähle strafschärfend werten. Soweit das OLG Köln (NStZ-RR 2002, 247) der Ansicht ist, die mit einem Wohnungseinbruch für die Opfer verbundenen psychischen Belastungen dürften auch dann nicht zu Lasten des Täters strafschärfend berücksichtigt werden, wenn psychische Folgen der Tat im Einzelfall festgestellt sind, folgt ihm der Senat nicht.
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5. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen. Der geringfügige Teilerfolg rechtfertigt kein anderes Ergebnis (§ 473 Abs. 4 StPO).
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RiBGH Prof. Dr. Sander befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Jäger Nack