Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2017 - 2 StR 327/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:210917B2STR327.17.0
bei uns veröffentlicht am21.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 327/17
vom
21. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:210917B2STR327.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. September 2017 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 206a StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 12. April 2017
a) aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit dieser Angeklagte wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
b) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln auf sonstige Weise verurteilt ist;
c) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, tatmehrheitlich dazu wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
2
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Hinsichtlich des Tatvorwurfs des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen ist das Verfahren einzustellen, da es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.
4
a) Die Staatsanwaltschaft erhob wegen des Tatvorwurfs des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 22 Fällen am 30. Januar 2017 Anklage zum Amtsgericht Gera. In der Hauptverhandlung vom 30. März 2017, in der die Jugendkammer mit zwei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen besetzt war, übernahm sie das beim Amtsgericht Gera im Zwischenverfahren anhängige Verfahren. Gleichzeitig beschloss sie in der Hauptverhandlung , die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 30. Januar 2017 zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren vor der „2. Großen Strafkammer“ des Landgerichts Gera zu eröffnen. Darüber hinaus legte sie fest, in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen zu verhandeln. Ferner verband sie das übernommene Verfahren zu dem bei ihr geführten Verfahren. Später beschränkte sie gemäß § 154 Abs. 2 StPO das Verfahren zu diesem Tatkomplex auf die letztlich ausgeurteilten zwölf Fälle.
5
b) Der Eröffnungsbeschluss vom 30. März 2017 ist unwirksam. Insoweit besteht ein Verfahrenshindernis, das zur Einstellung zwingt.
6
Für die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist die Strafkammer in der Besetzung zuständig, die außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden hat, also mit drei Berufsrichtern (§ 76 Abs. 1, 1. Halbs. GVG). Schöffen können am Eröffnungsbeschluss nicht mitwirken, da sie mangels Aktenkenntnis nicht das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts im Sinne von § 203 StPO beurteilen können. Auch dann, wenn eine zunächst unterbliebene Eröffnungsentscheidung erst in der Hauptverhandlung nachgeholt werden soll, muss die Strafkammer in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung entscheiden (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 20. Mai 2015 - 2 StR 45/14, BGHSt 60, 248, 250 mwN). Entscheidet sie in einer Besetzung, die für die Beurteilung der Voraussetzungen generell ungeeignet ist, liegt ein Verfahrensfehler vor. Der Eröffnungsbeschluss einer Strafkammer, der nur von zwei statt von drei Berufsrichtern unter Mitwirkung der Schöffen gefasst wurde, ist daher unwirksam (Senat, Urteil vom 20. Mai 2015 - 2 StR 45/14, aaO).
7
Es mangelt an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Kammer hat die Eröffnung des Verfahrens wegen des Tatvorwurfs des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in 22 Fällen in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern unter Mitwirkung der Schöffen beschlossen. Mangels wirksamen Eröffnungsbeschlusses , der den Prozessgegenstand bestimmt und die Zuständigkeit des Gerichts festlegt, fehlt eine Prozessvoraussetzung für das Hauptverfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1980 - StB 29-31/80, BGHSt 29, 351, 354). Das Verfahren war einzustellen (§ 206a Abs. 1 StPO), soweit es von diesem Mangel betroffen ist.
8
2. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat, von der Änderung des Schuldspruchs abgesehen, keinen Erfolg.
9
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten der Angeklagte und die Mitangeklagten A. , F. und K. gemeinsam, den später Geschädigten S. in dessen Wohnung in G. aufzusuchen, um von diesem Marihuana, gegebenenfalls unter Einsatz von Gewalt, zu erlangen. Der Angeklagte führte ein Springmesser, seine Mittäter jeweils Küchenmesser mit sich.
10
Der Mitangeklagte F. klingelte an der Tür des S. . Die in der Wohnung mitanwesende Zeugin Ko. erklärte ihm durch die leicht geöffnete Tür, dass er nicht hereinkomme. F. drückte die Tür mit Gewalt auf, und alle vier Angeklagten begaben sich in die Wohnung. F. schlug S. mit der Faust ins Gesicht. Dieser ging zu Boden, wo ihn F. weiter schlug und trat. Als Ko. dazwischen ging, verlangten die Angeklagten die Herausgabe von Marihuana, was Ko. verweigerte. Daraufhin zogen mindestens drei der vier Angeklagten ihre Messer, woraufhin S. 15 g Marihuana herausgab. Die Angeklagten entfernten sich und teilten das erbeutete Marihuana unter sich auf.
11
b) Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Jedoch war der Schuldspruch wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern. Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist rechtsfehlerfrei.
12
aa) Die Strafkammer hat sich rechtsfehlerfrei von der mittäterschaftlichen Begehung überzeugt. Es kommt daher im Ergebnis nicht, wie die Revision meint, darauf an, welche der drei Angeklagten ihre Messer bei der Tatausführung gezogen hatten. Denn aufgrund der mittäterschaftlichen Begehung werden die sich ergänzenden Tatbeiträge wechselseitig als jeweils eigene Handlung den Mittätern zugerechnet (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 1/02, BGHSt 48, 189, 192 mwN; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 25 Rn. 24).
13
bb) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen führen zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Schuldspruchberichtigung.
14
Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 1. Var. StGB. Wer unter Einsatz einer Waffe einen anderen mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, macht sich der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig (vgl. Senat, Urteil vom 16. August 2017 - 2 StR 335/15, juris Rn. 20; Urteil vom 22. September 2016 - 2 StR 27/16, BGHSt 61, 263, 264; Urteil vom 7. Dezember 2016 - 2 StR 522/15, NStZ-RR 2017, 111, 112). § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO verlangt dabei die Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel, bei welcher der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Unrechtsgehalt zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2009 - 3 StR 297/09, NStZ-RR 2009, 377 mwN).
15
Die weitere tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG bedarf ebenfalls der Abänderung. Infolge der angewandten Gewalt und Drohung haben die Angeklagten die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Marihuana erlangt. Sie konnten frei verfügen und das Marihuana unter sich aufteilen. Sie haben damit den Verschaffenstatbestand des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllt, hinter den der (einfache) Besitz zurücktritt (vgl. Patzak in Körner/ Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 11 Rn. 27).
16
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen.
17
3. Der Straffolgenausspruch unterfällt der Aufhebung.
18
a) Der Strafausspruch hat bereits aufgrund der teilweisen Einstellung des Verfahrens keinen Bestand.
19
b) Er ist darüber hinaus deshalb fehlerhaft, weil das Landgericht von der Prüfung der Einbeziehung der Vorverurteilung des Angeklagten durch das Amtsgerichts Gera vom 20. Dezember 2016 abgesehen hat. Nach den Feststellungen hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Gera vom 1. Juni 2016 zu einer Einheitsjugendstrafe von zehn Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen bleibt offen, ob das Urteil rechtskräftig bzw. ob die gegen den Angeklagten verhängte Einheitsjugendstrafe von zehn Monaten vollstreckt ist. Die Urteilsgründe lassen ferner nicht erkennen, dass die Strafkammer gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 JGG davon abgesehen hat, die abgeurteilten Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen bzw. ob sie sich dieser Möglichkeit bewusst war.
20
c) Im Zuge der neuen Hauptverhandlung wird das Landgericht im Hinblick auf die sich beim Angeklagten abzeichnende Suchtproblematik auch eine mögliche Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB, § 7 Abs. 1, 2. Var. JGG) zu prüfen haben. Appl Krehl Zeng Grube Schmidt

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 45/14
vom
20. Mai 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
Beschließt die Strafkammer in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern
und zwei Schöffen, dass das Hauptverfahren hinsichtlich einer weiteren Anklage
eröffnet wird, die Strafkammer mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen
besetzt ist und das Verfahren hinzuverbunden wird, sind der Eröffnungsbeschluss
und die Besetzungsentscheidung unwirksam. Ersteres führt zu einem
Verfahrenshindernis für den neuen Verfahrensgegenstand. Im Übrigen kann die
Besetzung der Strafkammer mit einer Verfahrensrüge beanstandet werden
(Fortführung von BGHSt 50, 267).
BGH, Urteil vom 20. Mai 2015 - 2 StR 45/14 - LG Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Mai 2015,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Bartel,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2013 1. im Fall II.2. der Urteilsgründe eingestellt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; 2. das vorgenannte Urteil im Übrigen mit den Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Betäubungsmittel , Streckmittel und Verpackungsmaterial sowie die Schusswaffe mit Munition hat es eingezogen. Außerdem hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 65.000 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit den Verfahrensbeanstandungen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts besaß der Angeklagte bis zum 17. Januar 2012 eine halbautomatische Selbstladepistole mit zwei Patronen , die er auf dem Rahmen einer Aufzugtür versteckte (Fall II.1. der Urteilsgründe ). Am 18. September 2012 verkaufte er in seiner Gaststätte für etwa 38.000 Euro rund 700 Gramm Kokaingemisch an die gesondert verfolgten Zeugen A. und D´A. (Fall II.2.). Weitere 494,5 Gramm Kokaingemisch verkaufte er am 28. Juni 2013 für rund 27.000 Euro an dieselben Abnehmer (Fall II.3.).

II.

3
Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil macht zu Recht im Fall II.2. der Urteilsgründe ein Verfahrenshindernis geltend. Im Übrigen greift die Verfahrensrüge durch, die Strafkammer sei falsch besetzt gewesen.
4
1. Der Eröffnungsbeschluss vom 31. Oktober 2013 zu Fall II.2. ist unwirksam. Insoweit besteht ein Verfahrenshindernis, das zur Einstellung zwingt.
5
a) Rechtshängig war bei der 27. Großen Strafkammer aufgrund einer Anklage der Staatsanwaltschaft vom 8. Juli 2013 zunächst nur das Verfahren hinsichtlich der Fälle II.1. und II.3. der Urteilsgründe. Dazu hatte die Strafkammer am 13. August 2013 mit drei Berufsrichtern einen Eröffnungsbeschluss gefasst und zugleich beschlossen, dass sie in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt sei. Der Vorwurf zu Fall II.2. der Urteilsgründe aufgrund einer weiteren Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 9. Oktober 2013 wurde bei der 2. Großen Strafkammer anhängig, welche die Sache an die 27. Große Strafkammer abgab. Diese erklärte am 29. Oktober 2013 die Übernahme des Verfahrens.
6
Nach Beginn der Hauptverhandlung am 31. Oktober 2013 teilte der Vorsitzende mit, dass beabsichtigt sei, die Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs beschloss die Strafkammer in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen, dass die Anklageschrift vom 9. Oktober 2013 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet werde, weiter, dass die Strafkammer in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt sei, und schließlich, dass die Verfahren verbunden werden.
7
b) Der neue Eröffnungsbeschluss ist unwirksam.
8
Für die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist die Strafkammer in der Besetzung zuständig, die außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden hat, also mit drei Berufsrichtern (§ 76 Abs. 1 GVG). Schöffen können am Eröffnungsbeschluss nicht mitwirken, da sie mangels Aktenkenntnis nicht das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts im Sinne von § 203 StPO beurteilen können (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2005 - 4 StR 418/05, BGHSt 50, 267, 271). Auch dann, wenn eine zunächst unterbliebene Eröffnungsentscheidung erst in der Hauptverhandlung nachgeholt werden soll, muss die Strafkammer in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung entscheiden (BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 388/11, NStZ 2012, 50 f.; Beschluss vom 27. Februar 2014 - 1 StR 50/14, NStZ 2014, 664 mit Anm. Hoffmann). Entscheidet sie in einer Besetzung, die für die Beurteilung der Voraussetzungen generell ungeeignet ist, liegt ein schwerer Verfahrensfehler vor. Der Eröffnungsbeschluss einer Strafkammer, der nur von zwei statt von drei Berufsrichtern gefasst wurde, ist daher unwirksam (vgl. RG, Urteil vom 29. April 1880 - Rep. 1030/80, RGSt 1, 402; Urteil vom 3. Februar 1910 - III 1038/09, RGSt 43, 217, 218; Urteil vom 9. November 1920 - II 944/20, RGSt 55, 113; BGH, Urteil vom 14. Mai 1957, BGHSt 10, 278, 279; Beschluss vom 13. Oktober 1982 - 3 StR 236/82, StV 1983, 2, 3; Beschluss vom 2. November 2005 - 4 StR 418/05, BGHSt 50, 267, 269; Beschluss vom 13. Juni 2008 - 2 StR 142/08; Beschluss vom 22. Juni 2010 - 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424). Weil das Vorliegen eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses, der den Prozessgegenstand bestimmt und die Zuständigkeit des Gerichts festlegt, eine Prozessvoraussetzung für das Hauptverfahren darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1980 - StB 29-31/80, BGHSt 29, 351, 354), ist das Verfahren einzustellen (§ 260 Abs. 3 StPO), soweit es von diesem Mangel betroffen ist.
9
2. Das Prozesshindernis berührt nicht das Verfahren hinsichtlich der Fälle II.1. und II.3. der Urteilsgründe. Insoweit ist das Urteil aber aufgrund der Besetzungsrüge des Angeklagten aufzuheben.
10
a) Die vom Angeklagten erhobene Rüge, die Strafkammer sei in der Hauptverhandlung falsch besetzt gewesen, ist zulässig. Eine Präklusion entsprechend § 222b StPO (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 - 3 StR 343/98, BGHSt 44, 328, 333) kommt nicht in Betracht, weil der Verfahrensfehler erst in der Hauptverhandlung eingetreten ist. Er war nicht aus der Besetzungsankündigung gemäß § 222a StPO zu entnehmen, weshalb die an die Besetzungsmitteilung anknüpfende Begrenzung der Möglichkeiten zur Geltendmachung eines Besetzungsfehlers gemäß § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO nicht anzuwenden ist.
11
b) Die Rüge ist begründet, denn die Strafkammer hätte in der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen verhandeln müssen. Es lag keine wirksame Reduzierung der Besetzung gemäß § 76 Abs. 2 Satz 4 GVG vor. Die Verhandlung mit zwei Berufsrichtern nebst Schöffen verstieß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 GVG, § 338 Nr. 1 StPO und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
12
aa) Das Gesetz sieht Beschlüsse über die Reduzierung der Besetzung der Strafkammer im Allgemeinen nur außerhalb der Hauptverhandlung vor. Die Entscheidung über die Besetzung ist grundsätzlich bei der Eröffnung des Hauptverfahrens zu treffen (§ 76 Abs. 2 Satz 1 GVG) und in derselben Besetzung. Eine bereits beschlossene Besetzungsreduzierung kann nachträglich abgeändert werden, wenn sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände ergeben, die nach Maßgabe von § 76 Abs. 2 und 3 GVG die Mitwirkung eines weiteren Berufsrichters erforderlich machen (§ 76 Abs. 4 GVG). Auch dann erfolgt die Entscheidung außerhalb der Hauptverhandlung. Selbst wenn aufgrund eines Besetzungseinwands in der Hauptverhandlung zu entscheiden ist, bleibt die Besetzung der Strafkammer für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung zuständig (§ 222b Abs. 2 Satz 1 StPO). Es gibt demnach keine Entscheidung über die Besetzung der Strafkammer im Sinne von § 76 Abs. 2 GVG, die in der für die Hauptverhandlung selbst maßgeblichen Besetzung getroffen werden könnte. Schließlich sind die Beurteilungsfaktoren mangels Aktenkenntnis nicht durch die Schöffen zu bewerten, die bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung aus dem Quorum ausscheiden (§ 76 Abs. 1 Satz 2 GVG).
13
Die Besetzungsentscheidung durch zwei Berufsrichter und zwei Schöffen ist daher fehlerhaft getroffen worden. Sie ist unwirksam. Dies führt dazu, dass die Besetzung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 GVG maßgeblich war.
14
bb) Der Beschluss vom 13. August 2013 über die Reduzierung der Besetzung wirkte, anders als in dem vom 3. Strafsenat durch Urteil vom 29. Januar 2009 - 3 StR 567/08 (BGHSt 53, 169, 171 ff.) entschiedenen Fall, in dem das Hauptverfahren über eine hinzuverbundene Sache bereits eröffnet und eine Besetzungsreduzierung dazu ordnungsgemäß beschlossen worden war, nicht ohne Weiteres fort.
15
Dieser Beschluss war durch die Übernahme des Verfahrens zu Fall II.2., die Absicht der Verbindung mit dem bisherigen Verfahren und die tatsächlich getroffene neue Besetzungsentscheidung überholt. Die Übernahme des Verfahrens zu Fall II.2. und die Absicht der Strafkammer, eine Verfahrensverbindung herbeizuführen, hatten den Umfang und die Schwierigkeit der Sache im Sinne von § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GVG verändert. Bei der Auslegung dieser Merkmale stand der Strafkammer ein weiter Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2012 - 2 BvR 1048/11, BVerfGE 131, 268, 313; BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 - 3 StR 343/98, BGHSt 44, 328, 330; Beschluss vom 7. Juli 2010 - 5 StR 555/09, NJW 2010, 3045, 3046). Diesen konnte sie in der fehlerhaften Besetzung nicht wirksam ausfüllen.
16
Da die Strafkammer in anderer Besetzung entschieden hat als bei dem ersten Beschluss über die Reduzierung der Besetzung, kam ihrem neuen Beschluss keine deklaratorische Bedeutung zu. Selbst für die Beibehaltung der bisherigen Besetzungsreduktion und deren Bestätigung wäre die Strafkammer nur in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zuständig gewesen. Das inkompetente Quorum konnte die Fortgeltung der bisherigen Besetzungsentscheidung ungeachtet der neuen Umstände nicht wirksam beschließen. Vielmehr hat die Strafkammer die Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG für die Besetzungsentscheidung und für die Verhandlung in reduzierter Besetzung verkannt. Gesetzlicher Richter ist nicht nur das sachlich zuständige Gericht und der geschäftsplanmäßig zuständige Spruchkörper, sondern jeder zur Mitwirkung berufene Richter (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322, 329).
17
Weil es um den gesetzlichen Richter für die Hauptverhandlung über die verbundenen Verfahren ging, in der das angefochtene Urteil erlassen wurde, kann dem Verfahrensfehler nicht mit Überlegungen zur angemessenen Besetzung der Strafkammer nach der erst durch den Senat ausgesprochenen Teileinstellung des Verfahrens eine Bedeutung abgesprochen werden.
18
c) Der Besetzungsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils hinsichtlich der Fälle II.1. und II.3., das darauf beruht (§ 338 Nr. 1 Halbsatz 1 StPO). Für die Hauptverhandlung vor dem neuen Tatrichter gilt § 76 Abs. 5 GVG. Fischer Krehl Eschelbach RiBGH Zeng ist wegen Bartel Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

20
Betäubungsmittel besitzen bei wirtschaftlicher Betrachtung einen erheblichen Wert, der auch einen besonderen Anreiz dazu bietet, damit Handel zu treiben, obwohl nahezu jeder nicht von einer staatlichen Genehmigung getragene Umgang damit bei Strafandrohung verboten ist. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Maßgeblich ist, ob dem Besitz ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, was regelmäßig zu bejahen ist, wenn mit dem Besitz wirtschaftlich messbare Gebrauchsvorteile verbunden sind. Auch hinsichtlich solcher Sachen, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt, kann unbeschadet ihrer Bemakelung , eine Erpressung begangen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72, 73; Senat, Urteil vom 22. September 2016 – 2 StR 27/16, BGHSt 61, 263, 264; Urteil vom 7. Dezember 2016 – 2 StR 522/15, NStZ-RR 2017, 111, 112).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 27/16
vom
22. September 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja - [S.6/7 - Fall 87 der Anklageschrift] u. [S. 13-15]
BGHR: ja " " "
Veröffentlichung: ja
1. Eine Sitzgruppe eines anfragenden Senats ist nicht gehindert, während der Dauer
des von einer anderen Sitzgruppe desselben Senats beschlossenen Anfrageverfahrens
auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu entscheiden.
2. Eine Bindungswirkung entsteht erst durch den Antwortbeschluss des angefragten
Senats, wenn dieser seine Zustimmung zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung
erteilt.
BGH, Urteil vom 22. September 2016 - 2 StR 27/16 - LG Aachen
ECLI:DE:BGH:2016:220916U2STR27.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 31. August 2016 in der Sitzung am 22. September 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Eschelbach, Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten C. - in der Verhandlung -, Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten C. - in der Verhandlung -, Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten T. - in der Verhandlung -, Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten G. - in der Verhandlung -, Justizhauptsekretärin - in der Verhandlung -, Justizangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19. Juni 2015 werden mit der Maßgabe verworfen, dass die von dem Angeklagten G. in dieser Sache in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 anzurechnen ist. Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 2. Die Revision des Angeklagten C. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 48 Fällen, davon in 36 Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Mona- ten verurteilt sowie einen Geldbetrag in Höhe von 100.000 Euro für verfallen erklärt. Den Angeklagten T. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen unter Einbeziehung von früheren Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in 19 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und ihn im Übrigen freigesprochen.
2
Die auf eine Formalrüge und die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten C. bleiben ohne Erfolg.

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarben der Angeklagte C. in acht und der Angeklagte T. in sieben Fällen im Zeitraum Sommer 2007 bis Ende 2008 in den Niederlanden Marihuana in einer Menge von jeweils 500 Gramm bis 4 kg, das sie von ihrem Kurier, dem Zeugen S. , nach Deutschland einführen ließen, wo sie es gewinnbringend veräußerten (Fälle 1-8 der Anklageschrift).
4
Im Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 veräußerte C. in fünf Fällen unter Mithilfe des Kuriers S. jeweils zwischen 4 und 10 kg Amphetamin an den Zeugen Ma. bzw. an von diesem vermittelte Abnehmer im Saarland (Fälle 16, 17, 19-21 der Anklageschrift).
5
Im Frühjahr 2010 ging der Angeklagte C. eine Geschäftsbeziehung mit dem Zeugen Gl. ein, der mit dem -Auslieferungsfahrer H. über einen Rauschgiftkurier verfügte, der Betäubungsmittel unauffällig unter "Legalpaketen" aus den Niederlanden einführen konnte. Ein direkter Kontakt zwischen C. und H. kam dabei nicht zustande. C. übermittelte seine Anweisungen betreffend die Einfuhr und Verteilung des von ihm erworbenen Rauschgifts an Gl. , der sie an H. weiterleitete. C. und Gl. verfügten jeweils über einen eigenen Abnehmerkreis und handelten auf eigene Rechnung. Sie kooperierten insoweit, dass Gl. H. als Kurier zur Verfügung stellte und C. im Gegenzug seine Bezugsquelle in den Niederlanden für Gl. zugänglich machte. Auf diese Weise lieferte C. bis Ende 2010 in sechs Fällen Marihuana und Amphetamin in einer Größenordnung bis jeweils 4-5 kg (Fälle 22-25, 32 und 33 der Anklageschrift) an seine inländischen Abnehmer.
6
Im Zeitraum Februar bis April 2011 lieferte C. in zwei Fällen durch den Zeugen S. jeweils 5 kg Marihuana an seine saarländischen Abnehmer (Fälle 34 und 35 der Anklageschrift).
7
Zwischen Juni 2011 und Januar 2012 übernahm der Zeuge H. auf Weisung des Angeklagten C. in den Niederlanden 27 kg Amphetamin, das er zunächst in seiner Wohnung zwischenlagerte und auf Weisung des C. in der Folgezeit in sechs Teilmengen zu je 5 kg und einer letzten Teilmenge von 2 kg am 7. März 2012 an den Zeugen W. auslieferte (Fall 43 der Anklageschrift , Einsatzstrafe von sechs Jahren).
8
Im Zeitraum April 2011 bis Februar 2012 übergab der Mitangeklagte G. in den Niederlanden im Auftrag unbekannt gebliebener Drogenhändler in zwei Fällen jeweils mindestens 5 kg Marihuana an den als Kurier für den An- geklagten C. tätigen Zeugen H. , der das Rauschgift dann in das Bundesgebiet einschleuste. Der Kurierlohn G. ' betrug 25 Euro je transportiertes Kilo (Fälle 48 und 49 der Anklageschrift).
9
In demselben Zeitraum und bis Sommer 2012 bezog der Angeklagte C. in 19 weiteren Fällen jeweils bis zu 5 kg Marihuana und 10 kg Amphetamin bei seinen holländischen Lieferanten (Fälle 50-53, 64-78 der Anklageschrift ) unter Mitwirkung der Kuriere H. und S. sowie des Mitangeklagten G. (Fälle 64-77 der Anklageschrift) und verkaufte das Rauschgift im Bundesgebiet.
10
In drei Fällen (März bis Juli 2012) hatte der Angeklagte G. jeweils mindestens 2,5 kg Marihuana zur Abholung an den Kurier H. übergeben , wobei nicht aufgeklärt werden konnte, ob Auftraggeber insoweit der Angeklagte C. oder der Zeuge Gl. war (Fälle 81-83 der Anklageschrift

).

11
Am 13. September 2012 ließ der Angeklagte C. importierte 2,5 kg Marihuana und 4 kg Amphetamin im Verkaufswert von insgesamt 30.000 Euro an den für die Käufer handelnden Kurier S. übergeben mit dem Auftrag, das Rauschgift nach Sa. zu transportieren, wo es jedoch aus ungeklärten Gründen nicht ankam (Fall 86 der Anklageschrift). Die Abnehmer, die davon ausgingen, S. habe das Rauschgift unterschlagen, wandten sich an C. , damit dieser S. unter Druck setze, um so die unterschlagenen Betäubungsmittel oder jedenfalls einen deren Wert entsprechenden Geldbetrag einzutreiben. Der Angeklagte C. , Vizepräsident des Rockerclubs MC B. , beauftragte entsprechend das Clubmitglied A. , wobei er davon ausging, dass es gegenüber dem Zeugen S. zu Drohungen und Gewaltanwendungen kommen könne. Am 22. September 2012 suchte A.
gemeinsam mit einem unbekannten Dritten den Zeugen S. auf, bedrohte ihn mit einer Schusswaffe und forderte entweder die Rückgabe der Betäubungsmittel oder die Zahlung von 60.000 Euro, die Hälfte des Betrages als Wertersatz, die andere Hälfte für die Bemühungen des Angeklagten C. bei der Eintreibung. Unter dem Eindruck der Drohung gab S. jedenfalls 1 kg bei ihm gefundenes Amphetamin heraus (Fall 87 der Anklageschrift).
12
Zwischen Oktober 2012 und Februar 2013 kam es zu vier weiteren Betäubungsmittellieferungen des Angeklagten C. an seine saarländischen Abnehmer in einer Größenordnung von bis zu 2 kg Marihuana und 5 kg Amphetamin je Geschäft. Von der letzten Lieferung konnten am 6. Februar 2013 noch 4 kg Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 13,1% Amphetaminbase sichergestellt werden (Fälle 88-91 der Anklageschrift).
13
2. Von weiteren Anklagepunkten hat das Landgericht die Angeklagten freigesprochen.
14
Was die Anklagepunkte 9-15 anbelangt, konnte sich die Strafkammer allein aufgrund der Angaben des Kurierfahrers S. nicht von der Täterschaft der Angeklagten C. und T. - die ihre Tatbeteiligung im Übrigen in allen abgeurteilten Fällen eingeräumt haben - überzeugen.
15
Hinsichtlich der Anklagepunkte 18, 26-31, 36-42, 44-47, 54-62, 81-84 und 92 konnte das Landgericht nicht ausschließen, dass den von H. in Holland übernommenen Rauschgiftlieferungen ein Auftrag des Zeugen Gl. oder eines Dritten und nicht ein solcher des Angeklagten C. zugrunde lag.
16
Vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens im Fall 63 der Anklageschrift hat die Strafkammer den Angeklagten C. aus rechtlichen Gründen freigesprochen, weil es sich bei der Rückgabe von schon gelieferten (minderwertigen ) Betäubungsmitteln um keine selbständige neue Tat im Verhältnis zu den vorangegangenen Lieferungen handele.
17
Den Angeklagten G. hat das Landgericht in den Anklagepunkten 22, 25-27, 32, 33, 36-47, 50-63 und 84 freigesprochen. In diesen Fällen habe es sich entweder ausschließlich oder zumeist auch um Amphetaminlieferungen gehandelt, in die der Angeklagte G. - anders als bei Marihuanageschäften - nicht eingebunden gewesen sei.

II.

18
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
19
Die Staatsanwaltschaft wendet sich ausweislich ihrer Revisionsbegründungsschrift dagegen, dass die Angeklagten C. in den Fällen 9-15, 18, 2631 , 36-42, 44-47, 54-63, 81-84 und 92 der Anklageschrift, T. in den Fällen 9-14 der Anklageschrift und G. in den Fällen 32, 33, 36-47, 50-63 und 84 der Anklageschrift freigesprochen worden sind. Soweit die Staatsanwaltschaft darüber hinaus die Freisprüche des Angeklagten C. in den Fällen 23, 24, 32 und 43 beanstandet, ist dies unverständlich, weil der Angeklagte insoweit verurteilt wurde. Ähnliches gilt für die Erwähnung der Fälle 79 und 80 der Anklageschrift , hinsichtlich derer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.
20
Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, die Strafkammer habe den Verurteilungen in den Fällen 1-8, 16, 17, 19-21, 23-25, 32, 43, 48-53, 64-70, 75-77, 86, 89 und 90 der Anklageschrift eine zu geringe Menge Rauschgift zugrunde gelegt, in den Fällen 22, 33-35, 71-74, 78, 81-83 zu niedrige Ein- zelstrafen verhängt und die Anordnung von Wertersatzverfall nicht ausreichend begründet.
21
a) Die erhobene Formalrüge, die Strafkammer habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, weil sie den Zeugen M. und Ma. ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zugebilligt habe, ist jedenfalls unbegründet.
22
Beide Zeugen waren als Abnehmer bzw. als Vermittler in den Betäubungsmittelhandel der Angeklagten eingebunden. Der Zeuge Ma. war zur Zeit der Hauptverhandlung bereits rechtskräftig verurteilt, ohne dass die Revision - im Hinblick auf die Zulässigkeit der Verfahrensrüge bedenklich (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2016 - 2 StR 539/15) - den Umfang seiner Verurteilung mitteilt. Die Strafkammer hat erwogen, dass noch nicht alle Drogengeschäfte zwischen Ma. und den Angeklagten bekannt seien und ihm deshalb ebenso ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zugebilligt wie dem Zeugen M. . Dieser war wegen seiner Beteiligung an einigen Taten der Angeklagten - noch nicht rechtskräftig - verurteilt, zudem war noch ein Ermittlungsverfahren wegen einer ihm zur Last gelegten Mitwirkung im Fall 18 der Anklageschrift anhängig.
23
Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Die tatsächliche Beurteilung der Verfolgungsgefahr obliegt dem Tatrichter und kann nicht zur Nachprüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden (BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 326). Dass der Strafkammer Rechtsfehler dahingehend unterlaufen sind, dass es den Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts verkannt haben könnte (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 - 5 StR 390/56, BGHSt 10, 104, 105), lässt sich auch nach dem Revisionsvorbringen nicht erkennen.
24
b) Der Freispruch der Angeklagten C. und G. hinsichtlich des Falles 63 der Anklageschrift ist tragfähig begründet. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Rückabwicklung eines Betäubungsmittelgeschäfts wegen mangelhafter Qualität gegenüber dem in aller Regel vorangegangenen Erwerbsvorgang nicht als eigenständige Tat des Handeltreibens verfolgt werden kann, weil insoweit ein einheitliches Geschäft vorliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 23. September 2009 - 2 StR 325/09, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 9, NStZ-RR 2010, 24). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, welche der vorangegangenen Lieferung(en) dem behaupteten Rückgabegeschäft zugrunde gelegen haben, bestanden nicht, weshalb das Landgericht keine Veranlassung zu Erörterungen eventueller Bewertungseinheiten hatte. Dass die Rückabwicklung des Rauschgiftgeschäfts zu einem "Umtausch" der minderwertigen Betäubungsmittel in mangelfreie Ware geführt hätte, ist weder festgestellt noch Gegenstand der Anklage.
25
c) Gegen die Beweiswürdigung der Strafkammer bestehen keine rechtlichen Bedenken.
26
Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt , dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind; dies gilt auch, soweit der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. In sachlich-rechtlicher Hinsicht liegt ein Rechtsfehler vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen , erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden. Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind. Dabei ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. April 2012 - 4 StR 599/11 mwN).
27
Diesen Anforderungen wird das Urteil gerecht.
28
Soweit die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Fälle 1-15 der Anklageschrift eine Auseinandersetzung mit Angaben des Zeugen Wa. vermisst, verkennt sie, dass sachlich-rechtliche Beanstandungen gegen die Beweiswürdigung nicht auf urteilsfremdes Vorbringen gestützt werden können. Im Übrigen hat sich die Strafkammer mit den Einlassungen der Angeklagten C. und T. einerseits und den Angaben des Belastungszeugen S. andererseits auseinandergesetzt. Die von ihr gezogenen Schlussfolgerungen sind jedenfalls möglich und damit im Rahmen der revisionsgerichtlichen Prüfung hinzunehmen.
29
Was die übrigen Freisprüche des Angeklagten C. anbelangt, genügen die Urteilsausführungen ebenfalls den an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen. Dass der Kurier H. neben den von dem Angeklagten C. eingeräumten Drogentransporten gleichzeitig auch für den Zeugen Gl. tätig war, ist hinreichend belegt (vgl. UA 34, 35, 64, 117 ff., 138).
30
Auf urteilsfremdes Vorbringen zu Einlassungen des Angeklagten G. können sachlich-rechtliche Beanstandungen gegen die den Teilfreisprüchen dieses Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung nicht gestützt werden. Soweit das Landgericht dem Angeklagten G. glaubt, nur Marihuana , niemals aber Amphetamin übergeben zu haben, findet diese Annahme eine hinreichende Stütze darin, dass die Zeugen Ba. und Ma. in ihren polizeilichen Vernehmungen übereinstimmend angegeben haben, das Amphetamin stamme aus einer anderen Bezugsquelle als das Marihuana. Bei letzterem habe G. eine Rolle gespielt (UA 105, 127).
31
Was die den Verurteilungen in den jeweiligen Fällenzugrunde gelegten Handelsmengen anbelangt, zeigt die Revision ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Zwar rügt die Staatsanwaltschaft zutreffend, dass die in den einzelnen Fällen festgestellten Handelspreise für Amphetamin und Marihuana extreme Schwankungen aufweisen und in dieser Form praktisch nicht nachvollziehbar sind. Von diesen Unzulänglichkeiten unberührt bleiben jedoch die - von späteren Verkaufspreisen unabhängigen - Feststellungen zu den eingeführten Drogenmengen, die im Wesentlichen auf den insoweit geständigen Einlassungen der Angeklagten beruhen. Dass die Strafkammer in Anwendung des Zweifelssatzes in einzelnen Fällen nicht die von Zeugen lediglich geschätzte höhere Handelsmenge zugrunde gelegt hat, stellt keinen Rechtsfehler dar.
32
d) Da die Feststellungen der Strafkammer zum Schuldumfang nach alledem auf einer tragfähigen Beweiswürdigung beruhen und die Strafzumessungserwägungen im Übrigen für sich nicht zu beanstanden sind, bleibt die Revision auch insoweit ohne Erfolg.
33
e) Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.000 € gegen den Angeklagten C. lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Die Strafkammer hat bedacht, dass der Wert des Erlangten nach dem Bruttoprinzip zu bestimmen und gegebenenfalls durch Schätzung zu ermitteln ist. Außerdem hat es gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB berücksichtigt, dass der Angeklagte den größten Teil seiner erzielten Erlöse "verjubelt" hat. Vor diesem Hintergrund ist die Wertersatzverfallsanordnung - auch wenn das Landgericht seine Berechnungen im Einzelnen nicht mitteilt - noch hinnehmbar.
34
f) Die hinsichtlich des Angeklagten G. unterbliebene Entscheidung zum Anrechnungsmaßstab für die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB) hat der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst bestimmt, da eine andere Anrechnung als im Verhältnis 1 : 1 nicht in Betracht kommt.
35
2. Auch die Revision des Angeklagten C. , mit der er im Wesentlichen seine Verurteilung im Fall 87 der Anklageschrift sowie im Übrigen die Strafzumessung beanstandet, bleibt ohne Erfolg.
36
a) Der Angeklagte C. , dem die Strafkammer im Fall 87 der Anklageschrift den Einsatz der Schusswaffe durch den von ihm beauftragten "Geldbzw. Betäubungsmitteleintreiber" A. nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehlerfrei wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung verurteilt worden. Wer - wie hier der deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilte A. - einen Rauschgifthändler oder -kurier mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, macht sich der räuberischen Erpressung schuldig. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Auch an Sachen wie Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt, kann unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung, Erpressung und Betrug begangen werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 4. September 2001 - 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3 mwN; Beschluss vom 20. September 2005 - 3 StR 295/05, NJW 2006, 72).
37
Eine vom Generalbundesanwalt beantragte Aussetzung des Verfahrens war nicht veranlasst.
38
Zwar hat der erkennende Senat - in anderer Besetzung - in derSache 2 StR 335/15 mit Beschluss vom 1. Juni 2016 die Revisionshauptverhandlung unterbrochen und, verbunden mit einer Anfrage an die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs, ob an bisheriger Rechtsprechung festgehalten werde, ausgeführt, er beabsichtige zu entscheiden: "Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Geschädigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung."
39
Jedoch hindert ein solches Anfrageverfahren nach § 132 GVG nicht eine Sachentscheidung auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dass ein Anfragebeschluss die angefragten Senate, die an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wollen, nicht hindert, auf dieser Grundlage weiter zu entscheiden, hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf eine fehlende Sperrwirkung bereits entschieden (BGH, Beschluss vom 24. August 2000 - 1 StR 349/00, BGHR GVG § 132 Anfrageverfahren 1; Beschluss vom 19. Oktober 2004 - 1 StR 427/04 mwN; sowie wenn die Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt ist: BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2009 - 2 StR 433/09, NStZ 2010, 227). Ebenso wenig ist ein anfragender Senat gehindert, bei Vorliegen einer Binnendivergenz zwischen verschiedenen Sitzgruppen abweichend von seiner eigenen Anfrage zu entscheiden. Der Anfragebeschluss entfaltet keine Sperrwirkung. Er dient lediglich der Vorbereitung der Herbeiführung einer Rechtsprechungsänderung, ist aber selbst keine bindende Entscheidung, von der nicht abgewichen werden könnte. Eine Bindungswirkung entsteht erst durch den Antwortbeschluss des angefragten Senats, der seine Zustimmung zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung erteilt (BGH, Beschluss vom 24. August 2000 - 1 StR 349/00, aaO). Dann kann der anfragende Senat nicht mehr zu seiner ursprünglichen Rechtsprechung zurückkehren , ohne den Großen Senat für Strafsachen anzurufen; dies deshalb, weil die Entschließung über die Antwort des angefragten Senats, er halte an der früheren Rechtsauffassung nicht mehr fest, die gleiche Bedeutung hat wie eine Revisionsentscheidung , in der er seine frühere Auffassung aufgibt (vgl. Heußner, DRiZ 1972, 119 ff.). Eine Binnendivergenz führt auch nicht zu der Verpflichtung, eine Entscheidung des - in der Sache unzuständigen - Senatsplenums herbeizuführen. Eine solche "Entscheidung" hätte für die zuständige Sitzgruppe keine rechtliche Bindungswirkung.
40
b) Die Strafzumessungsentscheidung bezüglich des Angeklagten C. ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Annahme minder schwerer Fälle nur in den Fällen 1-8 und 22 der Anklageschrift ist auch in Anbetracht der unterschiedlichen Mengen des gehandelten Rauschgifts ausreichend begründet und nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die jeweils verhängten Einzelstrafen und die daraus gebildete Gesamtfreiheitsstrafe. Die Verfallsanordnung hat ebenfalls Bestand (vgl. oben II. 1e)). Fischer Appl Eschelbach Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 522/15
vom
7. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:071216U2STR522.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Dezember 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Erster Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten H. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten A. , Rechtsanwalt als Vertreter des Nebenklägers S. , Justizamtsinspektorin in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird
a) das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2015 aufgehoben, soweit die in dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2014 angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis und die Einziehung des Führerscheins aufrechterhalten worden sind; die Aufrechterhaltung dieser Entscheidungen entfällt ;
b) der Urteilstenor dahin klargestellt, dass der Angeklagte A. der tateinheitlich in zwei Fällen begangenen besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten A. wird verworfen.
3. Die Revision des Angeklagten H. wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls, des Wohnungseinbruchsdiebstahls sowie der tateinheitlich in zwei Fällen begangenen besonders schweren räuberischen Erpressung, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie des Besitzes eines verbotenen Gegenstands (Butterflymesser) schuldig ist.
4. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen „schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit einer weiteren schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Einzelgeldstrafen von 60 Tagessätzen und 80 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2014 – 971 Cs 860 Js 33305/14 – in Verbindung mit dem Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2015 hat es gesondert bestehen lassen und auf eine Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu jeweils 25 EUR zurückgeführt; ferner hat es die in dem Strafbefehl angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis, die Einziehung des Führerscheins sowie die Fahrerlaubnissperre von elf Monaten aufrecht erhalten. Den Angeklagten H. hat das Landgericht wegen „Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen , wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit einer weiteren schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Besitzes eines unerlaubten Gegenstandes (Butterflymesser)“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unter- bringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug von zwei Jahren und drei Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen.
2
Gegen diese Verurteilung wenden sich die Angeklagten A. und H. mit ihren unbeschränkt eingelegten, auf eine Formalrüge (H. ) sowie auf sachlich-rechtliche Einwendungen (A. und H. ) gestützten Revisionen.
3
Die Revision des Angeklagten A. führt zu dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen geringen Teilerfolg und erweist sich im Übrigen als unbegründet. Die Revision des Angeklagten H. hat keinen Erfolg. Der Senat sah Veranlassung , den Schuldspruch hinsichtlich beider Angeklagter dahin klarzustellen, dass sie der tateinheitlich in zwei Fällen begangenen besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig sind.

I.


4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte H. versuchte am 19. Februar 2014 gegen 18.45 Uhr in Begleitung eines unbekannt gebliebenen Mittäters, bei dem es sich möglicherweise um den Angeklagten A. handelte, in die Souterrainwohnung des Zeugen S. einzubrechen, um Bargeld, Wertgegenstände und möglicherweise auch Drogen zu entwenden. In Ausführung dieses Tatentschlusses begab er sich zu der rückwärtigen Seite des Wohnanwesens, hebelte mit einem unbekannt gebliebenen Werkzeug den Rollladen auf und schlug mit einem Stein ein Loch in die Wohnzimmerscheibe, um in die Wohnung einzu- dringen. Der Angeklagte gab die weitere Tatausführung auf und floh, nachdem er sich entdeckt glaubte und sein Vorhaben als gescheitert ansah. Durch die Tat entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 2.600 EUR.
6
2. Die Angeklagten A. und H. beschlossen am 28. Februar 2014, den Zeugen S. , der mit Drogen handelte und damit prahlte, große Bargeldbeträge zu besitzen, gemeinsam in seiner Wohnung zu überfallen und auszurauben. Sie beabsichtigten, sich durch eine List Zutritt zur Wohnung zu verschaffen und sich als Polizeibeamte auszugeben; eine mögliche Verletzung des Zeugen S. oder zufällig anwesender Dritter war von ihrem Tatplannicht umfasst.
7
Nachdem sie die Wohnung ausgekundschaftet und dabei festgestellt hatten , dass der Zeuge S. sich gemeinsam mit zwei weiteren Personen in seiner Wohnung aufhielt, entfernten sie sich zunächst vom Tatort und liehen sich von einem Bekannten des Angeklagten A. eine ungeladene Schreckschusspistole Walther P 22, Kaliber 9 Millimeter, um sie bei der Tatbegehung als Drohmittel einzusetzen. Der Angeklagte A. nahm die Pistole an sich, obwohl er – wie er wusste – nicht über die hierzu erforderliche Erlaubnis verfügte. Nach dem gemeinsamen Konsum eines Gramms Kokain begaben sie sich erneut zur Wohnung des Zeugen S. , klingelten gegen 20.40 Uhr an der Haustüre, gaben sich als Polizeibeamte aus und begehrten Einlass. Der Zeuge S. veranlasste die in seiner Wohnung anwesenden Zeugen Ho. und B. dazu, das auf dem Wohnzimmertisch liegende Bargeld in Höhe von 1.735 EUR sowie eine Tupperdose mit 70 Gramm Marihuana zu verstecken. Während der Zeuge Ho. sich im Bad verbarg, öffnete der Zeuge S. die Tür. Die Angeklagten drängten den Zeugen S. in die Wohnung, bedrohten ihn mit einem Messer mit einer Klingenlänge von vier Zentimetern (H. ) sowie der ungeladenen Schreckschusspistole (A. ), die der Zeuge S.
ebenso wie der Zeuge B. für eine echte Schusswaffe hielt, und forderten die Herausgabe von Bargeld. Der Zeuge S. behauptete, kein Geld zu haben und händigte den Angeklagten unter dem Eindruck der Drohung mit Messer und Schreckschusswaffe schließlich die Tupperdose mit 70 Gramm Marihuana aus. Anschließend durchsuchte der Angeklagte H. das Wohnzimmer nach Bargeld und Wertgegenständen, während er dem ZeugenS. das Messer weiterhin an den Hals hielt; dabei fügte er ihm eine oberflächliche, rund acht Zentimeter lange Verletzung im Bereich des Halses zu. Währenddessen drängte der Angeklagte A. den Zeugen B. in das Schlafzimmer und nötigte ihn unter Vorhalt der Schreckschusspistole zur Herausgabe eines Bargeldbetrags in Höhe von 30 EUR. Der Angeklagte H. verbrachte den Zeugen S. ebenfalls in das Schlafzimmer, wo er von dem Angeklagten A. mit der Pistole bedroht wurde, während der Angeklagte H. die Wohnung erneut erfolglos nach Bargeld durchsuchte. Nachdem der Zeuge S. auf die neuerliche Frage des Angeklagten H. , wo er „das Geld“ versteckt habe, behauptete, kein Geld zu haben, versetzte der Angeklagte H. ihm einen Faustschlag ins Gesicht und brachte ihm schließlich im Verlaufe des sich nach Hilferufen des Zeugen entwickelnden Handgemenges vorsätzlich mit dem Messer eine Stichverletzung an der rechten Halsseite bei, die stark blutete und neben einer Durchtrennung der äußeren „Hals-/Schlüsselbeinblutader“ zur Eröffnung der Luftröhre führte. Anschließend flohen die Angeklagten aus der Wohnung.
8
Der Zeuge S. wurde in ein Krankenhaus eingeliefert und die Verletzung operativ versorgt. Der Heilungsverlauf gestaltete sich komplikationslos; der Zeuge konnte jedoch für mehrere Monate nur flüssige Nahrung zu sich nehmen und leidet noch immer in psychischer Hinsicht unter dem Tatgeschehen. Auch der Zeuge B. leidet seit dem Tatgeschehen unter Angstzuständen.
9
3. Der Angeklagte H. brach zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und dem 23. März 2014 in das Einfamilienhaus der Familie K. in Sc. ein, indem er die Terrassentür mit einem Stein einschlug und auf diesem Wege ins Innere des Hauses gelangte. Dort entwendete er Uhren, Schmuck und weitere Wertgegenstände im Wert von rund 4.500 EUR. Der durch die Tat entstandene Sachschaden betrug rund 1.100 EUR.
10
4. Der Angeklagte H. war am 3. Juni 2014 im Besitz einesButterflymessers mit einer Klingenlänge von sechs Zentimetern, obwohl er wusste, dass es sich dabei um einen verbotenen Gegenstand handelte.

II.


11
Die Revision des Angeklagten A. :
12
1. Die Revision des Angeklagten A. bleibt zum Schuldspruch ohne Erfolg. Die Feststellungen tragen die Annahme, dass der Angeklagte – auch – der vollendeten besonders schweren räuberischen Erpressung zum Nachteil des Zeugen S. schuldig ist, weil er ihn zur Herausgabe von Marihuana nötigte.
13
a)Wer – wie hier der Angeklagte A. – einen Rauschgifthändler oder -kurier mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern , macht sich der räuberischen Erpressung schuldig. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Auch an Sa- chen wie Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt, kann unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung Erpressung und Betrug begangen werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Auffassung des Senats (BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3 mwN; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72; Senat, Beschluss vom 22. September 2016 – 2 StR 27/16, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt

).

14
Zwar hat der erkennende Senat – in anderer Besetzung – in der Sache 2 StR 335/15 mit Beschluss vom 1. Juni 2016 die Revisionshauptverhandlung unterbrochen und, verbunden mit einer Anfrage an die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs, ob an bisheriger Rechtsprechung festgehalten werde, ausgeführt, er beabsichtige zu entscheiden: „Die Nötigungzur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Geschädigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung.“
15
Jedoch hindert ein solches Anfrageverfahren nach § 132 GVG nicht eine Sachentscheidung auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senat, Urteil vom 22. September 2016 – 2 StR 27/16, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
16
b) Der Senat sah jedoch Anlass, den Schuldspruch dahin klarzustellen, dass der Angeklagte A. der tateinheitlich in zwei Fällen begangenen besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig ist.
17
2. Auch der Strafausspruch ist rechtsfehlerfrei. Zwar hat das Landgericht im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (§§ 55, 53 Abs. 2 StGB) nicht bedacht, dass die im Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2014 – 971 Cs 860 Js 33305/14 – enthaltenen Entscheidungen über die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die Einziehung des Führerscheins bereits vollstreckt sind; ihrer Aufrechterhaltung bedurfte es daher – anders als hinsichtlich der isolierten Fahrerlaubnissperre, die zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung noch nicht abgelaufen war – nicht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 29. Juli 2009 – 2 StR 264/09 und vom 28. Oktober 2009 – 2 StR 351/09, NStZ-RR 2010, 58; Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 86b). Der Senat hat daher den Urteilstenor entsprechend neu gefasst und die bereits vollstreckten Anordnungen entfallen lassen.

III.


18
Die Revision des Angeklagten H. :
19
1. Die Formalrüge einer Verletzung des § 265 StPO bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift genannten Gründen ohne Erfolg.
20
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten H. ergeben.
21
Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter II. 1. Bezug genommen. Insoweit bedurfte es lediglich einer Klarstellung des Urteilstenors, dass der Angeklagte der tateinheitlich in zwei Fällen begangenen besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig ist.
22
Auch der Rechtsfolgenausspruch ist frei von Rechtsfehlern. Fischer Krehl Zeng Bartel Grube

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 297/09
vom
3. September 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren räuberischen Diebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 3. September 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 11. Februar 2009 werden verworfen; jedoch wird das Urteil
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass die Angeklagten des besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig sind;
b) im Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten A. dahin ergänzt, dass auch das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 25. September 2008 (Az.: 82 Ls 10 Js 1227/08 - 27/08) in die Verurteilung einbezogen wird.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten des "schweren" räuberischen Diebstahls schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten A. unter Einbeziehung der Urteile des Amtsgerichts Wuppertal vom 2. Dezember 2005, 9. März 2006 und 26. April 2007 eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt sowie gegen den Angeklagten D. unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt. Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind mit folgenden Maßgaben unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO:
2
Da die Angeklagten - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht haben, hat der Senat den Schuldspruch dahin gefasst, dass sie des besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig sind; denn die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat verlangt eine Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel, bei welcher der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Unrechtsgehalt zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschl. vom 7. März 2006 - 3 StR 52/06; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
3
Die Einbeziehung des gegen den Angeklagten A. ergangenen Urteils des Amtsgerichts Wuppertal vom 25. September 2008 in die Verurteilung dieses Angeklagten ist in der Entscheidungsformel ausweislich der Urteilsgründe infolge eines offensichtlichen Versehens unterblieben. Der Senat hat den Urteilstenor deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ergänzt.
Sost-Scheible Pfister Hubert
Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.

(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.

(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.