Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Sept. 2016 - 1 StR 293/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:070916B1STR293.16.0
07.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 293/16
vom
7. September 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Tätige Reue gemäß § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB liegt erst dann vor, wenn der
Täter das Opfer in seinen Lebensbereich zurückgelangen lässt und zudem auf
die erstrebte Leistung verzichtet; dazu muss er vollständig von der erhobenen
Forderung Abstand nehmen.
BGH, Beschluss vom 7. September 2016 – 1 StR 293/16 – LG Hechingen
in der Strafsache
gegen
1.
ECLI:DE:BGH:2016:070916B1STR293.16.0

2.



wegen erpresserischen Menschenraubs u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. September 2016 nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 1. Februar 2016 werden als unbegründet verworfen.
2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der versuchten räuberischen Erpressung verurteilt und gegen den Angeklagten J. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie gegen den Angeklagten S. unter Einbeziehung von drei früheren Verurteilungen eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Das Landgericht hat vorliegend folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Die Angeklagten J. und S. waren in nicht aufklärbarer Weise in den Verkauf von 50 Ecstasy-Pillen an B. verwickelt und versuchten , ab dem 2. März 2015 den Kaufpreis in Höhe von 500 Euro einzutreiben, um ihn für sich zu behalten. Einem für den 9. März 2015 vereinbarten Treffen blieb B. fern, wodurch sich die Angeklagten vorgeführt fühlten, und beschlossen, B. zu verprügeln, vorrangig um das Geld zu erlangen, aber auch um sich Respekt zu verschaffen. Der Angeklagte J. äußerte in diesem Zusammenhang, dass er B. notfalls solange festhalten und schlagen würde, bis dieser zahle. Zur Verfolgung dieses Tatplans lockten die Angeklagten gemeinsam mit den anderweitig Verfolgten Bl. und V. den Geschädigten B. am 14. März 2015 um 17 Uhr unter einem Vorwand zur Hauptschule in H. . Da B. beim Anblick der Angeklagten und der anderweitig Verfolgten Bl. und V. sofort klar war, worum es diesen ging, flüchtete er zunächst, fiel jedoch hin, so dass die Angeklagten sowie Bl. und V. ihn einholten und auf ihn einschlugen und –traten. B. erlitt hierbei eine Gehirnerschütterung, eine Distorsion der Halswirbelsäule, diverse Prellungen und Schürfwunden sowie eine circa 1 cm lange oberflächliche Platzwunde an der rechten Schläfe mit einer kastaniengroßen Hämatomschwellung. Zunächst gab B. an, das Geld nicht dabei, aber zuhause zu haben.
4
Die Angeklagten schlossen daraufhin mit den anderweitig Verfolgten Bl. und V. die stillschweigende Vereinbarung, dass sie gemeinsam mit B. zu dessen Wohnung fahren, um das Geld zu erlangen. Sie stiegen hierzu gemeinsam in den Pkw des anderweitig Verfolgten V. ein, wobei B. auf dem mittleren Platz der Rückbank saß und so keine Möglichkeit hatte, sich dem Zugriff der Angeklagten zu entziehen. Noch auf der Fahrt räumte B. ein, dass er auch zuhause keine 500 Euro habe. Die Angeklagten wollten ihn jedoch nicht unverrichteter Dinge gehen lassen und beschlossen – auf Vorschlag von B. – daher, das Geld nunmehr von Bü. , dem Vater des B. , zu verlangen. Sie riefen Bü. an und drohten, dass der in ihrer Gewalt befindliche B. eine Tracht Prügel bekomme, falls er ihnen nicht aus Sorge um seinen Sohn 500 Euro aushändige. Als Treffpunkt für die Geldübergabe wurde der Autohof E. vereinbart. Hier trat Bü. so bestimmt auf, dass die Angeklagten und die anderweitig Verfolgten Bl. und V. nach längeren Verhandlungen einwilligten, dass sich B. in das Auto seines Vaters setzen durfte. Sie forderten jedoch weiterhin von Bü. die Zahlung von 500 Euro, bis schließlich die – vom ebenfalls vor Ort befindlichen Bruder des Bü. , M. , gerufene – Polizei eintraf, ohne dass es zu einer Geldübergabe kam.

II.


5
Die Verfahrensrüge, mit der ein Verstoß gegen § 265 StPO gerügt wird, hat aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 24. Juni 2016 näher ausgeführten Gründen keinen Erfolg.

III.


6
1. Die auf einer fehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen den Schuldspruch.
7
2. Der Strafausspruch weist ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Zwar legt der Umstand, dass sie dem Geschädigten gestatteten, sich in das Fahrzeug seines Vaters zu begeben, eine Erörterung der tätigen Reue gemäß § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB nahe. Denn B. war aufgrund eines Verhaltens der Angeklagten damit im Sinne der vorgenannten Vorschrift in seinen Lebensbereich zurückgelangt. Die unterbliebene Erörterung der tätigen Reue hat sich jedoch nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. Eine Strafmilderung auf der Grundlage von § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB (i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB) kommt nämlich im Ergebnis nicht in Betracht, weil nicht alle Voraussetzungen der tätigen Reue gegeben sind. Erst dann ist aber das Ermessen des Tatrichters eröffnet, eine Strafmilderung zu gewähren.
8
a) Entgegen einer in der Strafrechtswissenschaft vertretenen Auffassung (Fischer, StGB, 63. Aufl., § 239a Rn. 20; MüKo-StGB/Renzikowski, 2. Aufl., § 239a Rn. 96) wird der Anwendungsbereich der tätigen Reue nicht bereits dadurch eröffnet, dass der Täter die Leistung nicht mehr mit den Mitteln des § 239a Abs. 1 StGB anstrebt. Vielmehr liegen die Voraussetzungen der fakultativen Strafmilderung gemäß § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB erst dann vor, wenn der Täter das Opfer in dessen Lebensbereich zurückgelangen lässt und zudem auf die erstrebte Leistung verzichtet. Dazu muss der Täter vollständig von seiner Forderung Abstand nehmen (so auch LK-StGB/Schluckebier, 12. Aufl., § 239a Rn. 58; vgl. zur parallelen Problematik bei § 239b Abs. 2 i.V.m. § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB auch: BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2003 – 1 StR 152/03, NStZ 2003, 605; vom 31. Mai 2001 – 1 StR 182/01, NJW 2001, 2895 und vom 8. Dezember 1999 – 3 StR 516/99, BGHR StGB § 239a Abs. 3 Verzicht 2). Eine solche Abstandnahme wird allerdings regelmäßig konkludent in der Freilassung des Opfers zu sehen sein.
9
aa) Die Notwendigkeit eines kumulativen Vorliegens ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der den Verzicht auf die erstrebte Leistung neben der Freilassung des Opfers als Voraussetzung für das Vorliegen einer tätigen Reue gesondert hervorhebt.
10
bb) Die Gesetzesmaterialien legen ebenfalls nahe, dass es sich bei den typischerweise zusammenfallenden Elementen der Freilassung des Opfers und dem Verzicht auf die erstrebte Leistung um zwei eigenständige Merkmale des § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB handelt. Der Gesetzeswortlaut des ursprünglich nur die Kindesentführung erfassenden § 239a StGB wurde mit dem 12. StrÄndG 1971 geändert und es wurde erstmals eine Regelung der tätigen Reue im damaligen Absatz 3 mit dem Wortlaut des heutigen Absatzes 4 aufgenommen. Während die Gesetzesfassung im Entwurf noch lautete „Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15), wenn der Täter aus freien Stücken das Kind, ohne es dabei zu gefährden, freiläßt. (…)“ (BT-Drucks. VI/2139, S. 2), entschied sich der Gesetzgeber letztlich bewusst für die Aufnahme der Einschränkung „unter Verzicht auf die erstrebte Leistung“.
11
Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des damaligen Absatzes 3 dem Täter im Interesse des Opfers auch nach Vollendung der Tat noch die Möglichkeit geben, Strafmilderung zu erlangen, wenn er das Opfer wieder in seinen Lebenskreis zurückkehren lässt. Die Einschränkung „unter Verzicht auf die erstrebte Leistung“ erschien dem Gesetzgeber jedochnötig, da andernfalls auch Konstellationen unter den Wortlaut der Vorschrift subsumierbar gewesen wären, bei denen der Täter das Opfer nach Erhalt des Lösegeldes freilässt. Dies dürfe jedoch keinesfalls zu einer Strafmilderung führen. Die gewählte Formulierung gebe der Rechtsprechung die Möglichkeit, auch in Grenzfällen sachgerechte Lösungen zu finden (so BT-Drucks. VI/2722, S. 3). Der Gesetzgeber nahm dabei sowohl den Präventivzweck der Strafe als auch Opferschutzbelange in den Blick, gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass ein Täter, der sich nicht von der Strafdrohung an sich, insbesondere bei der leichtfertigen Tötung nach dem heutigen Absatz 3, abschrecken lasse, sich auch nicht durch die Aussicht auf eine Strafmilderung von seinem Vorhaben abbringen lasse.
12
Letztlich belegen die Gesetzesgenese und die bewusste Entscheidung, den Entwurf noch um die einschränkende Voraussetzung „unter Verzicht auf die erstrebte Leistung“ zu erweitern, dass der Gesetzgeber dieser Komponente einen eigenständigen Bedeutungsgehalt neben dem Abstandnehmen vom Menschenraub zukommen lassen wollte. Diese klare gesetzgeberische Ent- scheidung würde umgangen, wenn man „unter Verzichtauf die erstrebte Leis- tung“ so auslegen würde, dass hiervon bereits jedes Abstandnehmen von ei- nem Verfolgen des Ziels mit den Mitteln des § 239a Abs. 1 StGB erfasst wäre.
13
cc) Diese Auslegung widerspricht auch nicht der Gesetzessystematik. Andere Vorschriften zur tätigen Reue gewähren dem Täter ebenfalls keine un- eingeschränkte „goldene Brücke“ zur Strafmilderung.Das bloße Abstand nehmen von der weiteren Tatbestandsverwirklichung genügt in der Regel nicht. So setzt etwa § 306e StGB voraus, dass der Täter den Brand freiwillig löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht (ähnlich die Regelung des § 320 Abs. 2 StGB). Es ist hierbei immer im Blick zu behalten, dass die tätige Reue nur aus- nahmsweise zu einer Strafmilderung führen soll, obwohl die Schwelle zur Vollendung bereits überschritten war. Welche Anforderungen an die tätige Reue zu stellen sind, ist daher durchaus auch mit Blick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift zu beurteilen.
14
dd) Schließlich harmoniert die hier vertretene Gesetzesauslegung auch mit den Anforderungen, die bei der parallelen Problematik des Rücktritts vom unbeendeten Versuch gestellt werden. Für diesen ist anerkannt, dass der Täter die Durchführung seines Entschlusses im Ganzen und endgültig aufgeben muss, um die Voraussetzungen eines Rücktritts i.S.d. § 24 StGB zu erfüllen (vgl. z.B. schon BGH, Urteile vom 14. April 1955 – 4 StR 16/55, BGHSt 7, 296 und vom 23. August 1979 – 4 StR 379/79, NJW 1980, 602). Da es oft vom Zufall abhängt, ob sich eine Tat noch im Versuchsstadium befindet oder bereits vollendet ist, liegt es nahe, bei der tätigen Reue ähnliche Anforderungen zu stellen wie beim Rücktritt vom Versuch.
15
b) Die Angeklagten haben dem Geschädigten B. lediglich gestattet, in seinen Lebensbereich zurückzukehren. Da sie aber weiterhin gegenüber dessen Vater an ihrem unberechtigten Verlangen auf Zahlung von 500 Euro festgehalten haben, haben sie keine tätige Reue gemäß § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB geübt. Wegen des ausdrücklichen Festhaltens an der Forderung auf Zahlung von 500 Euro erweist sich im vorliegenden Fall die Freilassung des Geschädigten auch nicht als konkludenter Verzicht auf die erstrebte Leistung.

IV.


16
Die Kosten- und Auslagenentscheidung für den Angeklagten J. beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Auch der über ein eigenes Einkommen verfügende Angeklagte S. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, § 109 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 74 JGG.
Raum Cirener Radtke
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(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 152/03
vom
21. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Mai 2003 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2002 im Strafausspruch aufgehoben. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Geiselnahme zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts; sie hat zum Strafausspruch Erfolg, ist im übrigen aber unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Der Angeklagte überfiel "in einem Zustand gesteigerter Verzweiflung" eine Filiale der Südwestbank in S. . Er verlangte dort unter der Bedrohung
von Bankbediensteten mit einem Gasalarmrevolver sowie einem geladenen, scharfen Revolver die Ausführung von drei Überweisungsaufträgen über hohe Beträge. Seiner Forderung wurde insoweit schließlich in der Weise nachgegeben , daß die Überweisungsaufträge in den Computer eingegeben wurden; sie verließen jedoch den Bereich der Südwestbank nicht. Nachdem der Angeklagte die noch anwesenden Bankbediensteten bis auf den Filialleiter freigelassen hatte oder diesen die Flucht gelungen war, hielt er den Filialeiter, den Zeugen A. , über mehrere Stunden hinweg als Geisel. Der Angeklagte, der keinen Ausweg für seine geschäftlichen Probleme sah, wollte sich in einer Art finaler Machtdemonstration Genugtuung verschaffen, indem er den Zeugen A. zu einem Gespräch über die Geschäftsbeziehung zwang, bei dem er, der Angeklagte , den Ton angab; zudem sollte der Zeuge seine Schuld an der geschäftlichen Misere des Angeklagten eingestehen. Nach mehrstündigen telefonischen Verhandlungen mit der Polizei gab er schließlich auf. Er entlud seinen scharfen Revolver, verstaute die Waffen in seiner Aktentasche, verließ die Bank und wurde festgenommen. Die Strafkammer hat es für nicht ausgeschlossen erachtet , daß der Angeklagte wegen des Zusammenwirkens von Alkohol (2,94 Promille Blutalkoholgehalt bei Tatbeginn) und Verzweifelung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Das Landgericht hat der Strafzumessung den gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 239b Abs. 1 StGB zugrundegelegt (zwei Jahre bis elf Jahre drei Monate Freiheitsstrafe). Einen minder schweren Fall hat es nicht angenommen.

II.

Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Die Strafkammer hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die fakultative Strafrahmenmilderungsmöglichkeit nach § 239b Abs. 2 i.V.m. § 239a Abs. 4 StGB zu prüfen. Diese ist eröffnet, wenn der Täter die Geisel unter "Verzicht auf die erstrebte Leistung" in seinen Lebensbereich zurückgelangen läßt. Für ein Zurückgelangenlassen des Opfers in dessen Lebensbereich genügte es hier, daß der Angeklagte sein Opfer am Tatort freigab und dieses seinen Aufenthaltsort wieder frei bestimmen konnte (BGH NJW 2001, 2895 = NStZ 2001, 532). Die entsprechende Geltung des Merkmals des Verzichts auf die erstrebte Leistung aus § 239a Abs. 4 StGB für den Tatbestand der Geiselnahme (§ 239b Abs. 2 StGB) erfordert ein tatbestandsgerechtes Verständnis: Der Täter muß von der Weiterverfolgung seines Nötigungszieles Abstand nehmen, also auf die nach seinem ursprünglichen Tatplan abzunötigende Handlung, Duldung oder Unterlassung verzichten (vgl. Träger/Schluckebier in LK 11. Aufl. § 239b Rdn. 14). Die in Rede stehende Regelung kann auch nach der Vollendung der Geiselnahme eingreifen. Der kriminalpolitische Sinn der Bestimmung liegt gerade darin, durch die Zulassung der Strafmilderung trotz vollendeter Tat die Möglichkeiten zu verbessern, das Opfer zu retten und die Geiselnahme ohne eine in vielfacher Hinsicht risikobehaftete polizeiliche Befreiungsaktion zu beenden (Dies. aaO § 239a Rdn. 34). Die Vorschrift soll "dem Täter den Entschluß , das Opfer lebendig freizulassen, in jedem Fall erleichtern" (vgl. Sonderausschußbericht BTDrucks. VI/2722 S. 3). In der Praxis wird diese Gesetzeslage oft auch ein wichtiger Gesichtspunkt bei den "Verhandlungen" zwischen Geiselnehmer und Polizei sein, die letztlich mit dem Ziel der Aufgabe
des Täters geführt werden. Gerade im Blick darauf erhellt sich die Bedeutung einer ausdrücklichen Erörterung durch den Tatrichter in den einschlägigen Fällen. Damit ist freilich nicht gesagt, daß die Strafrahmenmilderung bei Vorliegen ihrer gesetzlichen Voraussetzungen in der Regel vorzunehmen wäre. Eröffnet ist damit allerdings tatrichterliches Ermessen, das unter Berücksichtigung aller insoweit in Betracht zu ziehenden Umstände ausgeübt werden muß. Daß dies geschehen ist, muß sich den Urteilsgründen entnehmen lassen. Der Angeklagte wollte hier dem Zeugen A. das Eingeständnis abpressen , daß dieser Schuld an seinem geschäftlichen Ruin trage. Im Rahmen einer Machtdemonstration ging es ihm darum, ein Gespräch zu erzwingen, bei dem er den Ton angab. Die Strafkammer hätte erörtern müssen, ob er dieses Ziel auch zum Zeitpunkt seiner Aufgabe noch hätte weiter verfolgen können. Es lag nicht fern, daß er seine "Machtdemonstration" noch hätte fortführen können. Auch daß der Zeuge A. das vom Angeklagten erstrebte "Eingeständnis" abgelegt hätte, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht. Daß die Aufgabe des Angeklagten naheliegender Weise auch unter dem Eindruck der Absperrung und Umstellung des Tatortes durch die Polizei erfolgte, steht der Strafrahmenmilderung nicht von vornherein entgegen, kann aber bei der Bewertung, ob von dieser Gebrauch gemacht wird, berücksichtigt werden (Dies. aaO § 239a Rdn. 39). 2. Der Erörterungsmangel setzt sich bei der konkreten Strafzumessung fort: Die Strafkammer hat den Umstand, daß der Angeklagte schließlich aufgab und sich festnehmen ließ, nicht als strafmildernd erwähnt. Dabei handelt es sich jedoch ersichtlich um einen Straffindungsgesichtspunkt bestimmenden Gewichts (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO).
3. Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, daß die unterbliebene Prüfung der Vorschrift über die "tätige Reue" durch Freilassung des Opfers und die Nichterwähnung dieses Umstandes in den konkreten Strafzumessungserwägungen den Angeklagten beschweren kann. Zwar erscheint die verhängte Strafe im Blick auf das Tatbild und die Täterpersönlichkeit nicht als zu hoch; da die Strafbemessung aber Sache des Tatrichters ist und hier bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 239a Abs. 4 i.V.m. § 239b Abs. 2 StGB auch ein Einfluß auf die Prüfung der Voraussetzungen des minder schweren Falles (§ 239a Abs. 2 i.V.m. § 239b Abs. 2 StGB) nicht völlig ausgeschlossen werden kann, darüber hinaus auch bei der ideal konkurrierenden Strafbestimmung des § 250 Abs. 2 StGB Milderungen unter dem Gesichtspunkt der erheblich eingeschränkten Schuldfähigkeit und nach Versuchsgrundsätzen in Betracht gekommen wären (vgl. § 52 Abs. 2 StGB), muß die Strafe durch den Tatrichter neu zugemessen werden.
4. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen - auch zum Strafaus- spruch - sowie der Maßregelausspruch können bestehen bleiben, weil lediglich Wertungsmängel vorliegen. Ergänzende Feststellungen, die den getroffenen nicht widerstreiten, sind möglich. Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 182/01
vom
31. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_______________________
StGB §§ 239 b Abs. 2, 239 a Abs. 4
Hat der Täter einer Geiselnahme sich des Opfers in dessen Lebensbereich
bemächtigt, kommt die Anwendung des § 239 b Abs. 2 i.V.m. § 239 a Abs. 4
StGB bereits dann in Betracht, wenn der Täter sein Opfer am Tatort frei gibt
und dieses die Möglichkeit hat, seinen Aufenthaltsort wieder frei zu bestimmen.
BGH, Beschluß vom 31. Mai 2001 - 1 StR 182/01 - LG Mosbach
wegen Geiselnahme u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2001 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 15. Januar 2001 im Ausspruch über
a) die Einzelstrafe wegen Geiselnahme;
b) die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Der Angeklagte wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit einer im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangenen Geiselnahme zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine auf die Verurteilung wegen Geiselnahme (Strafe hierfür: vier Jahre ) beschränkte Revision führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und damit zum Wegfall der Gesamtstrafe (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen bleibt sie erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Folgendes ist festgestellt: Der Angeklagte wollte sich das Leben nehmen. Dies teilte er seiner früheren Freundin S. F. sc hriftlich mit; er hoffte, sie werde ihn davon abhalten und zu ihm zurückkehren. Nachdem sie jedoch nicht reagierte, drang er noch in der gleichen Nacht gewaltsam in das Haus der Familie F. ein. Während S. F. nach oben flüchtete, stellte sich ihr (neuer) Freund W. dem Angeklagten entgegen. Der Angeklagte bemächtigte sich des damals gehbehinderten W. mit einem Messer und drohte, ihn zu töten, wenn S. F. nicht herbeikäme. Ebenso forderte er mit der Drohung, W. s onst zu töten, auch die inzwischen ebenfalls anwesenden Eltern der S. F. auf, dafür zu sorgen, daß diese erscheint. Als der Angeklagte bemerkte, daß die Polizei eingetroffen war und darüber hinaus der von ihm geschätzte Vater der S. F. einen Schwächeanfall erlitten hatte, ließt er von W. ab und flüchtete. Bei seiner alsbald erfolgten Festnahme konnte er daran gehindert werden, in Selbsttötungsabsicht Frostschutzmittel zu trinken. 2. Diese Feststellungen entsprechen im wesentlichen der Schilderung in der unverändert zugelassenen Anklage. In rechtlicher Hinsicht ist dort ohne nähere Darlegungen ausgeführt, der Angeklagte habe - unter den übrigen Voraussetzungen des § 239 b StGB - gehandelt, um "einen Dritten" zu nötigen. Angesichts der klaren Sachverhaltsschilderung werden Anklage und Eröffnungsbeschluß entgegen der Auffassung der Revision ihrer Informationsfunktion (gleichwohl) gerecht. 3. Die Strafkammer führt in rechtlicher Hinsicht aus, § 239 b StGB sei erfüllt, da der Angeklagte gehandelt habe, um W. und einen Dritten zu nötigen.
Die Revision sieht daher § 265 StPO mehrfach als verletzt an. Weder sei darauf hingewiesen worden, wer der Dritte sei, noch darauf, daß auch W. als Nötigungsopfer in Frage komme. Dieses Vorbringen greift jedenfalls deshalb nicht durch, weil der Senat ausschließen kann, daß sich der Angeklagte im Falle solcher Hinweise erfolgversprechender als geschehen hätte verteidigen können: Der Angeklagte hatte sich dahin verteidigt, er habe W. lediglich davon abhalten wollen, die Polizei zu rufen. Dies sieht die Strafkammer auf Grund der übereinstimmenden Aussagen aller Anwesenden als widerlegt an. 4. Auch sonst hält der Schuldspruch rechtlicher Überprüfung stand. 5. Der Strafausspruch kann dagegen nicht bestehen bleiben, da die Strafkammer eine (weitere) Strafrahmenmilderung gemäß § 239 b Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 239 a Abs. 4 Satz 1 StGB nicht geprüft hat. Der Angeklagte hatW. unter Verzicht auf sein angestrebtes Ziel freigelassen. Soweit § 239 a Abs. 4 StGB darüber hinaus verlangt, daß der Täter die Geisel in ihren Lebensbereich zurückgelangen läßt, beinhaltet dies nicht notwendig eine räumliche Komponente. Diese Bestimmung soll "dem Täter die Entscheidung, das Opfer lebendig frei zu lassen, in jedem Fall erleichtern" (BTDrucks. VI/2722 S. 3). Ihre Anwendbarkeit ist daher nicht auf Entführungsfälle beschränkt. Bemächtigt sich der Täter der Geisel in deren Lebensbereich und kommt es auch im weiteren Verlauf nicht zu einer Ortsveränderung, so genügt es, wenn der Täter - unbeschadet möglicher Besonderheiten bei Gebrechlichen oder Kindern - der Geisel ermöglicht, ihren Aufenthaltsort wieder frei und ungehindert zu bestimmen (vgl. nur K. Schäfer in LK, 10. Aufl. § 239 a Rdnr. 26
m.w.N.; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 239 a Rdnr. 35 ff.), ohne daß es darauf ankäme, ob die Geisel überhaupt eine Ortsveränderung vornehmen will. Die Strafkammer hat nicht ausdrücklich ausgeführt, ob der Angeklagte insgesamt freiwillig oder unfreiwillig gehandelt hat. Es mag mehr dafür sprechen , daß er insgesamt unfreiwillig gehandelt hat. Dies könnte bei der Prüfung, ob von der durch § 239 a Abs. 4 StGB eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, zwar mitberücksichtigt werden, schlösse die Anwendbarkeit dieser Bestimmung aber nicht von vorneherein aus (vgl. Esser aaO Rdnr. 40 m.w.N.). Insgesamt liegt eine Anwendung von § 239 a Abs. 4 StGB jedenfalls nicht so fern, als daß deshalb eine ausdrückliche Erörterung entbehrlich gewesen wäre. 6. Der Senat weist auf folgendes hin: Im Hinblick auf den vertypten Milderungsgrund gemäß § 21 StGB hat die Strafkammer einen minder schweren Fall gemäß § 239 b Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 239 a Abs. 2 StGB angenommen. Sie geht davon aus, die Strafe sei daher einem Strafrahmen zwischen einem Jahr (Mindeststrafe gemäß § 239 a Abs. 2 StGB) und elf Jahren und drei Monaten (gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Höchststrafe gemäß § 239 b Abs. 1 StGB) zu entnehmen. Eine solche Kombination unterschiedlicher Strafrahmen ist jedoch nicht
möglich (vgl. hierzu im einzelnen Gribbohm in LK 11. Aufl. § 46 Rdnr. 263), mag sich dies hier auch nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben. Schäfer Wahl Boetticher Schluckebier Hebenstreit

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Das Gericht kann in den Fällen der §§ 306, 306a und 306b die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.

(2) Nach § 306d wird nicht bestraft, wer freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.

(3) Wird der Brand ohne Zutun des Täters gelöscht, bevor ein erheblicher Schaden entstanden ist, so genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Das Gericht kann die Strafe in den Fällen des § 316c Abs. 1 nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2), wenn der Täter freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder sonst den Erfolg abwendet.

(2) Das Gericht kann die in den folgenden Vorschriften angedrohte Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter in den Fällen

1.
des § 315 Abs. 1, 3 Nr. 1 oder Abs. 5,
2.
des § 315b Abs. 1, 3 oder 4, Abs. 3 in Verbindung mit § 315 Abs. 3 Nr. 1,
3.
des § 318 Abs. 1 oder 6 Nr. 1,
4.
des § 319 Abs. 1 bis 3
freiwillig die Gefahr abwendet, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.

(3) Nach den folgenden Vorschriften wird nicht bestraft, wer

1.
in den Fällen des
a)
§ 315 Abs. 6,
b)
§ 315b Abs. 5,
c)
§ 318 Abs. 6 Nr. 2,
d)
§ 319 Abs. 4
freiwillig die Gefahr abwendet, bevor ein erheblicher Schaden entsteht, oder
2.
in den Fällen des § 316c Abs. 4 freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder sonst die Gefahr abwendet.

(4) Wird ohne Zutun des Täters die Gefahr oder der Erfolg abgewendet, so genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.