Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 16b D 14.2351

bei uns veröffentlicht am25.10.2016
nachgehend
Bundesverwaltungsgericht, 2 B 88.16, 21.03.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Juli 2010 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte wird in das Amt eines Polizeimeisters (Besoldungsgruppe A7 BBesO) versetzt.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Beklagte, der 19... in P. geboren wurde, besitzt seit dem 21. Dezember 1990 die deutsche Staatsangehörigkeit. Er wurde am 9. Oktober 1991 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeihauptmeisteranwärter im Bundesgrenzschutz ernannt und war zuletzt als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst der Klägerin tätig.

Seinem Antrag vom 31. Januar 2008 auf Wohnsitzverlegung in die Tschechische Republik gab das Bundesministerium des Innern mit Bescheid vom 20. Februar 2008 statt.

Am 29. September 2010 wurde beim Amtsgericht F. die Privatinsolvenz über das Vermögen des Beklagten eröffnet.

Der Beamte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts T. vom 3. Februar 2009, rechtskräftig seit 24. Februar 2009, wurde gegen ihn wegen 22 tatmehrheitlich begangener Fälle des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB eine Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 70 Euro verhängt. Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zugrunde:

„Im Zeitraum von Ende April 2008 bis Ende Mai 2008 versteigerten Sie über die Internetplattform eBay Handys, obwohl sie weder willens noch in der Lage waren, die Handys zu liefern.

Sie versteigerten zunächst drei Handys über die Internetplattform eBay, wobei Sie bei diesen Auktionen im Wesentlichen den Einstandspreis für die Handys, die sie von der Firma ... bezogen, nicht erzielten.

Dennoch versteigerten Sie in der Folgezeit weitere Handys, die sie noch nicht in Besitz hatten, wobei Sie insoweit zumindest damit rechneten, dass Sie in der Folgezeit zur ordnungsgemäßen Lieferung der Handys nicht mehr in der Lage sein würden.

Außerdem verwendeten Sie eingegangene Kaufbeträge für andere Zwecke, so dass Sie keine weiteren Handys bestellen konnten.

Ihre jeweiligen Kunden, die davon ausgingen, dass nach Überweisung auf ihr Konto bei der Sparkasse O. in T. eine alsbaldige Lieferung des Handys erfolgen würde, ließen sich täuschen und überwiesen Ihnen die jeweiligen Kaufpreise.

Entsprechend ihrer vorgefassten Absicht lieferten Sie in der Folgezeit die Handys nicht aus.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle: [wird ausgeführt].“

Nachdem der Beamte nur zwei Raten auf die Gesamtgeldstrafe von 10.500 € geleistet hatte, verbüßte er die restliche Strafe in der JVA Weiden vom 6. Oktober 2009 bis 25. Februar 2010.

In der zum Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Disziplinarklage vom 29. Januar 2010 werden dem Beamten folgende Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen:

1. Der Sachverhalt des Strafbefehls des Amtsgerichts T. vom 3. Februar 2009. Das Amtsgericht habe das Verfahren auf die 22 angeklagten Taten beschränkt, der Beamte habe jedoch insgesamt 83 Handys bei eBay eingestellt, in 79 Fällen sei ein Verkauf erfolgt.

2. Ferner wird ihm zur Last gelegt, dass er seit dem 11. Dezember 2006 in den eBay-account „...“ - über den auch der betrügerische Handel mit den Handys erfolgt sei - die postalische Adresse der Bundespolizeiinspektion B. als Kontaktadresse eingetragen habe. Diese Adresse habe er erst am 15. Mai 2008 geändert. Bereits zuvor hätten geprellte Kunden anhand der Kontaktadresse auch die Telefonnummer der Bundespolizeiinspektion B. ermittelt und in der Folgezeit die Dienststelle mit Anrufen und E-Mails überhäuft. Mit der Bearbeitung dieser Anfragen und Beschwerden seien mindestens zehn Beamte in teilweise erheblichem zeitlichem Umfang beschäftigt gewesen.

3. Neben dem Mitgliedsnamen „...“ habe der Beamte bei der Auktionsplattform eBay auch den Mitgliedsnamen „...“ benutzt. Die Recherche mit dem Suchbegriff „...“ bei Google habe einen Treffer bei der Suchmaschine „pointoo“ ergeben, der den Suchbegriff mit der Bundespolizei B. verknüpfe, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Suchbegriff und der Bundespolizei hergestellt werde. Dem Beamten sei für seine dienstlichen Aufgaben der Funkrufname „...“ persönlich zugeteilt gewesen. Die Funkrufnamen der Beamten der Bundespolizei unterlägen der Geheimhaltungsstufe VS/NfD. Hierüber sei der Beamte regelmäßig belehrt worden. Jeder, der unberechtigt Polizeifunk abhöre, könne unschwer durch leichte Variation der Schreibweise per Internetrecherche die Dienststelle des Beamten ermitteln.

4. Am 4. März 2005 habe die Stadtverwaltung T. dem Beamten einen Gewerbeschein ausgestellt zur Ausübung des Gewerbes „Fachhandel“ an seinem tschechischen Wohnort in P. Ausweislich des Gewerbezentralregisters des Tschechischen Industrie- und Handelsministeriums sei der Beamte bereits seit dem 15. September 2004 mit unterschiedlichen Gewerben eingetragen. Am 3. September 2007 habe der Beamte einen Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit gestellt. Mit Zwischenbescheid vom 26. März 2009 habe die Bundespolizeidirektion München die Entscheidung über eine mögliche Genehmigung ausgesetzt und auf erhebliche Krankenfehlzeiten in den vergangenen Jahren hingewiesen. Die Nebentätigkeit eines dienstunfähig erkrankten Beamten beeinträchtige das Ansehen der öffentlichen Verwaltung. Dem Beamten sei bekannt, dass Nebentätigkeiten erst begonnen werden dürften, wenn eine entsprechende Genehmigung des Dienstherrn vorliege. Hierüber sei er regelmäßig belehrt worden.

a. Spätestens seit Ende November 2007 betreibe der Beamte den Verkauf von Hundefutter in größerem Umfang. Dieses Futter (Rohfleisch) biete er auf seiner Homepage www. zum Verkauf an und liefere es selbst an die Käufer aus. Im Rahmen der Ermittlungen hätten vier Auslieferungsfahrten im Jahr 2007 nachvollzogen werden können, bei denen jeweils ca. 500 kg Fleisch veräußert worden sein dürften.

b. Auf seiner Homepage weise der Beamte auch darauf hin, dass er eine Doggenzucht betreibe. Am 22. Dezember 2007 habe seine Hündin zehn Welpen geworfen, die er auf www. zum Stückpreis von 1.360 Euro zum Verkauf angeboten habe.

Ab dem 8. Februar 2008 habe er bei www. noch sechs Welpen zum Stückpreis von 860 Euro zum Verkauf eingestellt, so dass davon ausgegangen werden könne, dass er mindestens vier Welpen habe verkaufen können. Auf seiner Website habe der Beamte weitere Würfe angekündigt, offensichtlich mit der Absicht, auch diese Welpen zu veräußern.

c. In der Zeit vom 7. April 2009 bis 9. April 2009 habe der Beamte insgesamt fünf Stellenangebote auf der Plattform www. eingestellt, in denen er jeweils eine Nebentätigkeit in Regensburg, München und Rosenheim sowie zwei Tätigkeiten in München angeboten habe. Weitere Stellenangebote habe er auf einer anderen Plattform für die Städte Berlin und Speyer eingestellt; über die Art der Tätigkeit gäben die Anzeigen keine Auskunft.

5. In dem Zeitraum vom 31. Januar 2009 bis 14. Mai 2009 habe der Beamte insgesamt 188 Stunden (dies entspricht 23 Arbeitstagen) keinen Dienst geleistet, obwohl er gemäß Dienstplan zur Dienstleistung verpflichtet gewesen sei. Der Beamte habe für die jeweiligen Zeiträume keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, ihm sei weder Urlaub noch Dienstbefreiung genehmigt worden. Auf die Aufforderung seines Dienstvorgesetzten vom 29. Mai 2009, für die Ausfallzeiten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen, habe der Beamte mit E-Mail vom 3. Juni 2009 gebeten, ihm die Ausfallzeiten auf seinen Urlaub anzurechnen. Nach den Dienstvorschriften sei Erholungsurlaub grundsätzlich vorher zu beantragen und dürfe im Hinblick auf das Erfordernis verlässlicher und verbindlicher Diensteinteilung nur nach erfolgter Bewilligung angetreten werden.

Mit Urteil vom 26. Juli 2010 hat das Verwaltungsgericht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst erkannt.

Die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle halte das Gericht für erwiesen. Die im Strafbefehl abgeurteilte Tat bestreite der Beklagte nicht; die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl könnten ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden. Es stehe fest, dass der Beklagte für seine betrügerischen eBay-Verkäufe die Adresse der Dienststelle als Kontaktadresse angegeben und dadurch zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass sich seine Kunden an die Dienststelle wandten und deren Mitarbeiter gezwungen gewesen seien, auf eingehende Anrufe und E-Mails zu reagieren, um dem eingetretenen Ansehensverlust für die Bundespolizei entgegenzuwirken. Durch die Verwendung des - leicht abgewandelten - Funkrufnamens als Mitgliedsname „...“ habe der Beklagte es Außenstehenden ermöglicht, einen Zusammenhang zur Bundespolizei herzustellen; dies werde durch den Ausdruck der Internetrecherche belegt. Zur Überzeugung des Gerichts stehe ferner fest, dass der Beklagte zwischen November 2007 und April 2009 einer Nebentätigkeit nachgegangen sei, ohne die hierfür erforderliche Genehmigung zu besitzen. Er habe in größerem Umfang den Verkauf von Hundefutter sowie eine Doggenzucht betrieben und darüber hinaus Stellenangebote ins Internet eingestellt. Es komme nicht darauf an, wie erfolgreich der Beklagte bei der Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeiten gewesen sei; entscheidend sei vielmehr, dass sie über den Umfang eines Hobbys weit hinausgegangen seien. Der Beamte sei außerdem in der Zeit vom 31. Januar 2009 bis 14. Mai 2009 an 188 Stunden, in denen er zur Dienstleistung verpflichtet gewesen sei, dem Dienst schuldhaft ferngeblieben. Für diese Zeiträume fehlten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie die Bewilligung von Urlaub oder Dienstbefreiung. Der Beklagte habe es unterlassen, sich rechtzeitig um den Nachweis seiner Dienstunfähigkeit zu kümmern. Entschuldigungsgründe bestünden nicht. Der Beamte befinde sich seit Juni 2008 in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung. Ein depressives Syndrom lasse jedoch weder die strafrechtliche Schuldfähigkeit noch die Verantwortlichkeit für das Einhalten dienstrechtlicher Vorschriften entfallen. Der Beklagte habe ein innerdienstliches, sich über zwei Jahre erstreckendes Dienstvergehen begangen. Auch der betrügerische Handel mit Handys sei dem innerdienstlichen Bereich zuzurechnen, weil durch die Einbeziehung der Dienststelle in die betrügerischen Machenschaften die Ansehens- und Vertrauensschädigung, die bereits aus der Straftat als solcher folge, noch weiter verstärkt worden sei. Der Beamte habe vorsätzlich gegen die Pflicht verstoßen, wonach sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden müsse, die sein Beruf erfordere.

Das Dienstvergehen des Beklagten bestehe aus einer Aneinanderreihung gravierender Pflichtverstöße; es handle sich nicht um ein einmaliges Versagen. Es sei ihm im Zeitraum von 2007 bis 2009 offensichtlich darum gegangen, sich durch außerberufliche Tätigkeiten Geld zu verschaffen. Auch wenn sich der Beklagte durch private Probleme (Unterstützung der Lebensgefährtin und der Eltern) zur Geldbeschaffung gezwungen gesehen habe, rechtfertige der Zweck nicht jedes Mittel. Das Geschäftsgebaren belege eine innere Ablösung vom Beruf des Polizeibeamten. Zugunsten des Beklagten sei zu berücksichtigen, dass er zuvor straf- und disziplinarrechtlich nicht aufgefallen und sein dienstliches Wirken beanstandungsfrei gewesen sei. Dies stehe jedoch der Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme nicht entgegen. Angesichts der Schwere seiner Verfehlungen sei seine bisherige Unbescholtenheit nicht gewichtig genug, den eingetretenen erheblichen Ansehens- und Vertrauensverlust zu mindern.

Der Beklagte hat gegen das - am 14. August 2010 zugestellte - Urteil am 10. September 2010 Berufung eingelegt und zuletzt beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Juli 2010 im Maßnahmausspruch dahin abzuändern, dass statt der Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt wird.

Hinsichtlich der Handyverkäufe habe der Beamte nicht die Absicht gehabt, eBay-Kunden zu schädigen. Vielmehr habe er mit einem Handylieferanten aus H. vereinbart, dass dieser bei Abruf des Beamten sofort Handys liefern sollte. Der Beamte habe geplant, mit dem Geld der eBay-Kunden die Handys bei dem Lieferanten zu bezahlen und die Handys dann an die Kunden auszuliefern. Es könne sein, dass in 70 Fällen ein Verkauf erfolgt sei, es seien jedoch keine 70 Fälle „abgewickelt“ worden. Tatsächlich hätten nur 30 Kunden über eBay „gekauft“ und Beträge zwischen 110 und 160 Euro an den Beamten überwiesen. Der Beamte habe bei seinem H. Lieferanten eine erste Menge von 15 Handys abgerufen, die dort bereits vorbestellt gewesen seien. Der Lieferant habe eine Lieferzeit von drei bis vier Tagen zugesagt, die Handys seien jedoch erst neun bis zehn Tage nach Abruf bei dem Beamten eingegangen. Er habe noch acht oder zehn Handys an Kunden ausgeliefert. Eine weitere Geschäftsabwicklung sei nicht möglich gewesen, weil der eBay-account des Beamten - nachdem Kunden bei eBay reklamiert hätten - abgeschaltet worden sei und der Beamte keinen Zugang zu den Daten der Kunden gehabt habe, die Zahlungen an ihn geleistet hätten. Das Scheitern der Aktion sei in erster Linie auf das Versagen des Lieferanten zurückzuführen. Nachdem 30 Kunden gezahlt hätten und neun oder zehn Handys ausgeliefert worden seien, könnten nur 20 Kunden (und nicht 70) tatsächlich geschädigt worden sein, so dass es um einen Schaden von 2.000 bis 2.500 Euro gehe (20 Kunden mal ca. 120 €). Der Beamte habe gar keine Betrugsabsicht gehabt und eine Bestrafung wegen Betrugs hätte nicht erfolgen dürfen. Er sei schon im Strafverfahren zu hart bestraft worden, das strafrechtliche Ermittlungsverfahren sei deshalb im Disziplinarverfahren nochmals zu prüfen. Dies umso mehr, als der Beamte in der Strafhaft Opfer eines versuchten Tötungsdelikts geworden sei. Sein Zellengenosse habe in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 2010 den schlafenden Beamten angegriffen, zunächst mit Fäusten auf ihn eingeschlagen und ihn später mit einem Messer verletzt.

Bei dem eBay-account „...“ handle es sich um eine private E-Mail-Adresse des Beamten. Richtig sei, dass er, wenn er etwas dringend benötigt habe, es unter diesen eBay-account an die Adresse der Dienststelle habe schicken lassen. Der Beamte habe insoweit kein Unrechtsbewusstsein gehabt, viele Kollegen hätten es genauso gehandhabt. Nach Abmahnung wegen der Adresse habe er die Lieferadresse sofort auf seine Wohnadresse in Tschechien umgestellt.

Bei der Bezeichnung „...“ habe der Beamte kein Unrechtsbewusstsein ge-habt, denn der dienstliche Funkrufname „...“ sei in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Der Beamte habe jedenfalls nicht erkannt, dass hier möglicherweise ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht vorgelegen habe.

Es treffe zu, dass der Beamte am 24. März 2005 bei der Stadtverwaltung T. einen Gewerbeschein zur Ausübung des Gewerbes Fachhandel habe ausstellen lassen. Richtig sei auch, dass er bereits seit 15. September 2004 mit unterschiedlichsten Gewerben eingetragen sei. Er habe jedoch kein Gewerbe betrieben. Tschechien sei seit 2005 der EU beigetreten. Wenn ein Ausländer dort einen Wohnsitz begründen oder öfter über die Grenze habe fahren wollen, sei dies nur möglich gewesen, wenn er dort ein Gewerbe angemeldet habe oder mit einem tschechischen Staatsbürger verheiratet gewesen sei. Der Beamte habe daher ein Gewerbe anmelden müssen, um seinen zweiten Wohnsitz in Tschechien zu behalten.

Der Beamte halte mit seiner Lebensgefährtin sechs Doggen. Es handle sich jedoch nicht um eine gewerbliche Doggenzucht, sondern um Liebhaberei. Auch beim Finanzamt werde eine Hundezucht nur dann als Gewerbe und somit als einkommenssteuerpflichtig betrachtet, wenn mindestens zwei Würfe pro Jahr erfolgten. Der Beamte habe keinen Gewinn erzielt. Der Erlös habe bei Weitem nicht die Halterkosten (Futter) gedeckt. Für ein Hobby sei keine Nebentätigkeitsgenehmigung erforderlich. Mit der Lieferung von Hundefutter habe der Beamte versucht, Kontakte zu Züchtern zu erhalten. Dies sei gelungen, er habe seine Tiere dort decken lassen. Die vier Auslieferungsfahrten (jeweils ca. 500 kg Fleisch) hätten keinen Ertrag gebracht, sondern allenfalls die Unkosten gedeckt.

Bei dem Fernbleiben vom Dienst im Umfang von 188 Stunden könne es sich wegen der Erkrankung des Beamten nur um den Zeitraum vom 1. April bis 14. Mai 2009 handeln. Nach Dienstantritt am 1. April 2009 habe der Beamte bemerkt, dass er den Schichtrhythmus nicht durchhalten könne und Kurzurlaub beantragt und auch genehmigt erhalten. Sein behandelnder Arzt, Dr. T., habe von einer „Verlängerung der Wiedereingliederung“ um weitere vier Wochen abgesehen. Der Kläger habe nach dem Kurzurlaub wieder Dienst gemacht, die Belastung aber nicht durchgehalten. Dr. T. habe ihn ab 15. Mai 2009 wieder für arbeitsunfähig erachtet. Zwischendurch habe der Beamte auch beantragt, „die Fehlzeiten auf Urlaub zu buchen“; er habe ausreichend Urlaub aus den Jahren 2008 und 2009 gehabt. Insoweit liege zumindest keine nennenswerte Dienstpflichtverletzung vor.

Nicht alle dem Beamten zur Last gelegten Vorwürfe seien begründet. Selbst wenn sie begründet wären, rechtfertige dies eine Dienstentfernung nicht. Der durch den Betrug entstandene Schaden sei nicht allzu hoch gewesen, die Tat sei dem außerdienstlichen Bereich zuzuordnen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die nicht rechtzeitige Auslieferung der Handys auf dem Lieferverzug des Lieferanten und dann darauf beruhe, dass der eBay-account geschlossen worden sei. Fraglich sei, ob der Beamte zur Zeit der Tatbegehung schuldfähig gewesen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er vermindert schuldfähig gewesen sei.

Der Vorwurf, ohne Genehmigung Nebentätigkeiten ausgeübt zu haben, sei nicht erwiesen.

Hinsichtlich des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst sei zu klären, wann der Beamte dem Dienst ferngeblieben sei und ob das Fernbleiben nicht - wie beantragt - mit Urlaub hätte verrechnet werden können. Geklärt werden müsse auch, ob angesichts der längeren Arbeitsunfähigkeit nicht die Frage der Dienstunfähigkeit hätte überprüft werden müssen.

Ein schweres Dienstvergehen liege nicht vor. Berücksichtigt werden müsse auch, dass der Beamte durch den Angriff eines Mitgefangenen in der JVA ein über den üblichen Strafzweck hinausgehendes Trauma erlitten habe. Der Beamte habe sich früher nichts zuschulden kommen lassen und sogar überdurchschnittlich gute Bewertungen erhalten. Seine wirtschaftliche Notlage sei nicht von ihm verschuldet oder leichtfertig herbeigeführt worden. Eine mildere Maßnahme sei daher tat- und schuldangemessen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 hat der Senat ein psychiatrisches Fachgutachten durch Prof. Dr. W. eingeholt. Mit Gutachten vom 22. April 2013 hat sich der Sachverständige zu den Fragen geäußert, ob der Beklagte an den im Ermittlungsbericht auf Seiten 27 bis 29 aufgelisteten Tagen (im Zeitraum vom 31. Januar 2009 bis 2. Februar 2009 und vom 4. April 2009 bis 14. Mai 2009) dienstunfähig erkrankt war sowie ferner, ob bei dem Beklagten in der Zeit vom November 2007 bis 15. Mai 2009 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorlag und er deshalb in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich gemindert gewesen ist und ferner, ob defizitäre Persönlichkeitsmerkmale vorlagen, die seine Lebensbewältigung erschwerten. Der Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 erläutert.

Der Senat hat die Berufung mit Urteil vom 22. Oktober 2013 (Az. 16b D 10.2314) zurückgewiesen.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. September 2014 (Az. 2 B 23.14) das Urteil des Senats vom 22. Oktober 2013 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Der Senat hat den behandelnden Facharzt des Beklagten, Dr. T., zur Frage einer etwaigen verminderten Steuerungsfähigkeit des Beklagten zum maßgeblichen Tatzeitraum April/Mai 2008 vernommen. Hierzu wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015 Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Wegen des von den Beteiligten erteilten Einverständnisses kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (vgl. zur Zulässigkeit des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 VwGO über § 3 BDG: Urban, Bundesdisziplinargesetz, 2011, § 66 Rn. 4; einschränkend: Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Stand: Juli 2016, § 66 Rn. 26 und Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 6. Aufl. 2016, § 66 Rn. 1; vgl. zum Verlust eines etwaigen Rügerechts durch Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung: BVerwG, B. v. 18.12.2007 - 2 B 113/07 - juris Rn. 8).

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat insoweit Erfolg, als der Beklagte nicht, wie vom Verwaltungsgericht ausgesprochen, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, sondern in das Amt des Polizeimeisters zurückzustufen ist (§ 9 BDG).

1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

2. Der Senat geht von folgenden Feststellungen aus:

2.1 Mit den über eBay getätigten Handyversteigerungen hat der Beklagte den Straftatbestand des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB erfüllt. Gemäß § 65 Abs. 1, § 57 Abs. 2 BDG legt der Senat die tatsächlichen Feststellungen des seit 24. Februar 2009 rechtskräftigen Strafbefehls vom 3. Februar 2009 zugrunde. Danach hat der Beklagte im Zeitraum vom 15. Mai 2008 bis 28. Mai 2008 über eBay in 22 Fällen Handys versteigert, obwohl er weder willens noch in der Lage war, diese Handys auch zu liefern. Er versteigerte im Zeitraum zwischen dem 29. April und dem 6. Mai 2008 bereits einige Handys, wobei er mindestens bei drei Handys im Rahmen der Auktionen den Einstandspreis für diese Geräte, der ihm von der Firma ... in Rechnung gestellt wurde, nicht erzielte. Dennoch versteigerte der Beklagte in der Folgezeit weitere Handys, die er selbst noch nicht in seinem Besitz hatte, wobei er zumindest damit rechnete, dass er in der Folgezeit zur ordnungsgemäßen Lieferung der Handys nicht in der Lage sein würde. Er verwendete außerdem eingegangene Kaufpreiszahlungen für andere Zwecke und nicht dazu, bei seinem Lieferanten weitere Handys zu erwerben. Die jeweiligen Kunden des Beamten, die davon ausgingen, dass sie nach Überweisung auf das Konto des Beklagten alsbald die Handys geliefert bekommen würden, ließen sich täuschen und überwiesen die jeweiligen Kaufpreise. Der Beklagte lieferte in der Folgezeit in den im Strafbefehl aufgelisteten 22 Fällen die Handys entsprechend seiner vorgefassten Absicht nicht aus.

Der Beklagte hat die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls vom 3. Februar 2009 nicht bestritten. Er handelte in Betrugsabsicht. Bei einigen der Versteigerungen, die vor dem 15. Mai 2008 durchgeführt wurden, wurden nicht die Preise erzielt, die er für die Geräte an seinen Lieferanten zahlen musste (z. B. Sony Ericsson 850 i, Einkaufspreis für den Beklagten: 217 Euro, versteigert am 29.4. an „...“ für 205,94 Euro; am 1.5. an „...“ für 198,23 Euro; Sony Ericsson 890 i, Einkaufspreis für Beklagten: 205 Euro, versteigert an „...“ am 29.4. für 202 Euro). Der Beklagte handelte schon deshalb in Betrugsabsicht, weil er nicht vorhatte, die Erlöse, die aufgrund der Versteigerungen auf seinem Konto eingingen, für den Ankauf der von ihm zu liefernden Handys zu verwenden. Denn er bestellte erst am 28. Mai 2008 einmal fünf und einmal vier Handys (vgl. Rechnungen der Firma ... v. 28.5.2008 über 1.135,05 Euro u. v. 2.6.2008 über 869,05 Euro), während ausweislich seiner Kontoauszüge ab 2. Mai 2008 Versteigerungserlöse - fast täglich einer, an manchen Tagen sogar mehrere - auf seinem Konto eingingen. Diese Erlöse wurden jedoch, wie die Abbuchungen belegen, von ihm nicht zum umgehenden Ankauf der zu liefernden Handys, sondern für andere Zwecke verbraucht. Die Betrugsabsicht des Beklagten wird deshalb nicht dadurch widerlegt, dass er, wie er in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht erklärt hat, „gehofft“ habe, durch die eingehenden Kaufpreise für die versteigerten Handys die Geräte erwerben zu können. Der Beklagte hat im Ergebnis keine Gewinne erzielt - wie sich aus der Gegenüberstellung seiner Einkaufspreise und der Versteigerungserlöse für die einzelnen Geräte ergibt - und er hat nicht einmal zumindest alle eingehenden Erlöse zum Kauf der von ihm zu liefernden Handys verwendet. Das ausweislich des Strafbefehls viermal veräußerte Gerät Sony Ericsson 890 i kostete für den Beklagten im Einkauf (ohne Versandkosten) 205 Euro, es wurde ausweislich des Strafbefehls für 160,89 Euro, 141,01 Euro, 166,74 Euro und 151,52 Euro ersteigert. Ebenso wurde das Modell Sony Ericsson 850 i in allen im Strafbefehl aufgeführten Fällen unter dem Einkaufspreis des Beklagten (217 Euro) ersteigert, dasselbe gilt für das Nokia N 95 (Einkaufspreis: 284 Euro).

Der Beamte handelte schuldhaft, denn er handelte mit Wissen und Wollen, als er die Handyangebote zur Versteigerung ins Netz stellte, bei den Ersteigerern Irrtum darüber erregte, dass er ersteigerte Handys auch liefern würde und mit seiner Irrtumserregung die Entrichtung der Kaufpreise für die Handys verursachte, was den entsprechenden Schaden der jeweiligen Kunden zur Folge hatte. Der Beamte handelte also in voller Betrugsabsicht.

2.2 Den größten Teil der Handyversteigerungen wickelte der Beklagte über seinen eBay-account „...“ ab; als Kontaktadresse hatte der Beamte im streitbefangenen Zeitraum dort nicht seine Privatadresse, sondern die Adresse seiner Dienststelle (T. Str. ..., ... B.) angegeben mit der Folge, dass die Dienststelle eine Vielzahl von Telefonanrufen und E-Mails der geschädigten Kunden des Beklagten erhielt, die Kontakt mit dem Beklagten aufnehmen wollten, weil sie bereits Zahlungen geleistet, die ersteigerten Handys jedoch nicht erhalten hatten. Die Beamten in der Dienststelle wurden durch die Anrufe von ihren originären Dienstaufgaben abgehalten, weil sie sich mit den Anfragen der Geschädigten befassen mussten. Die Geschädigten konnten durch die Anschriftangabe einen Bezug zur Polizei herstellen. So äußerte z. B. einer der Geschädigten gegenüber PHM R., dass seine größte Sorge gewesen sei, dass es sich bei den Geräten um von der Polizei sichergestellte Handys gehandelt haben könnte.

2.3 Dem Beklagten ist die Verwendung des eBay-Mitgliedsnamens „...“ vorzuwerfen, weil der Beamte auch unter dieser Bezeichnung, die seinem dienstlichen Funkrufnamen „...“ sehr ähnlich ist, Handyversteigerungen durchführte. Da die Namensgebung nur gering differiert, konnte auch insoweit über Suchmaschinen im Internet ein Bezug zur Polizei hergestellt werden.

2.4 Der Beklagte hat mehrere genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten ausgeübt, nämlich den Verkauf von Hundefutter ab November 2007, ferner den Verkauf von Welpen im Zeitraum Dezember 2007 bis Februar 2008 und im April/Mai 2008 die Handyversteigerungen über das Internet.

Eine - genehmigungspflichtige - Nebentätigkeit liegt vor bei der Übernahme einer gewerblichen Tätigkeit (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BBG a. F.), die auf Dauer angelegt ist oder nachhaltig ausgeübt wird (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer, Bayerisches Beamtenrecht, Rn. 16 zu Art. 82 BayBG). Nebentätigkeit ist typischerweise auf Erwerb gerichtet; nicht erfasst werden reine Freizeitbetätigungen (vgl. Plog/Wiedow, BBG a. F., Rn. 14 und 15 vor § 64, Rn. 3, 4 und 6 zu § 65). Darauf, dass tatsächlich Gewinn erzielt wird, kommt es nicht an.

2.4.1 Die Handyversteigerungen sind bereits angesichts der Menge als gewerbliche Nebentätigkeit zu qualifizieren. Der Beamte hat im streitbefangenen Zeitraum über 80 Handys bei eBay eingestellt. Die Handyverkäufe sollten - nach der Vorstellung des Beklagten - Gewinne erbringen, waren also auf Gewinnerzielung ausgerichtet.

2.4.2 Der Hundefutterverkauf ist ebenfalls als gewerbliche Tätigkeit einzustufen. Auf der Internetseite „...“ bot der Beklagte seit 2007 Fleisch als Hundefutter an. Er benutzte dabei die Bezeichnung „Firma R.“ und spricht von seinem „Firmensitz“ in Tschechien. Im Internet befand sich eine ausführliche Preisliste sowie „Lieferbedingungen“ mit gestaffelten Transportgebühren für Mengen von 80 bis 400 kg (dabei lag die Mindestabnahme bei 80 kg; die Transportgebühr entfiel ab einer Menge von 401 kg). Hinsichtlich der (angeschuldigten) vier Auslieferungsfahrten ab November 2007 hat der Beklagte vorgetragen, dass es ihm darum ging, dadurch Kontakte zu Großzüchtern zu bekommen, um seine Kenntnisse über Doggenzucht zu vertiefen. Das Interesse des Beklagten an Kontakten mit Züchtern steht jedoch der Annahme einer gewerblich ausgeübten Nebentätigkeit nicht entgegen. Aus dem Futterangebot im Internet und den Internetausdrucken von Hunde- und Katzenbesitzern ergibt sich zweifelsfrei, dass der Beklagte sein Futter an jedermann verkaufen wollte. Er benutzte einen eigenen (unter Eigentumsvorbehalt gekauften) Transporterkühlwagen für die Auslieferungsfahrten, der eine maximale Ladekapazität von 1000 kg hatte, wobei der Beklagte pro Tour ca. 500 kg Fleisch auslieferte.

2.4.3 Der Beklagte hat zunächst zehn Doggenwelpen aus einem Wurf vom Dezember 2007 über das Internet zu einem Preis von jeweils 1360 Euro auf seiner Website „...“ angeboten. Er hat außerdem einen weiteren -geplanten - Wurf im Jahr 2009 angekündigt. Der Beklagte bezeichnete sich als Züchter seit 2007. Unter dem 8. Februar 2008 wurden dann sechs (wohl noch nicht verkaufte) Doggenwelpen zum Preis von jeweils 860 Euro angeboten. Der Beamte hielt im September 2007 (ausweislich seines Antrags auf Nebentätigkeit) fünf Doggen; im Schriftsatz vom 14. Oktober 2010 gab er sechs Doggen an, die - wie er in diesem Schriftsatz (S. 9) vorträgt - alle zwei Jahre werfen. In der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2012 hat der Beklagte erläutert, dass der Futterbedarf pro Dogge täglich bei 2 bis 4 kg liegt und dass 1 kg Futter ca. 0,60 bis 0,70 Euro kostet. Für fünf Doggen errechnet sich auf der Basis von durchschnittlich 3 kg und einem Preis von durchschnittlich 0,65 Euro pro kg ein Bedarf von 450 kg pro Monat und folglich ein Kostenaufwand von 292 Euro (für sechs Doggen sind es 540 kg und ein Kostenaufwand von 350 Euro) im Monat. Der Senat vermag deshalb der Argumentation des Beklagten, es handle sich hier ein Hobby oder Liebhaberei, nicht zu folgen. Die Anzahl der Hunde, der laufende Aufwand allein für Futterkosten und der Auftritt auf der Internetseite belegen, ebenso wie die Erklärung des Beamten, dass er mit den vier Auslieferungsfahrten von Hundefutter im Jahr 2007 Kontakt zu Großzüchtern bekommen wollte, um seine Kenntnisse in der Doggenzucht zu verbessern, dass es sich um eine nachhaltig angelegte und auf Gewinnerzielung gerichtete Doggenzucht handelte, so dass hier von einer genehmigungsbedürftigen Nebentätigkeit auszugehen ist. Nicht entscheidungserheblich ist, wenn es dem Beklagten bisher nicht gelungen sein sollte, tatsächlich mit dem Verkauf von Welpen Gewinn zu erzielen. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es bei der beamtenrechtlichen Bewertung der Nebentätigkeit auch weder auf die Definition des Steuerrechts noch die Vorgaben eines Hundezüchterverbands an.

2.4.4 Hinsichtlich der diversen Stellenanzeigen im Internet geht der Senat von der - nicht widerlegbaren - Erklärung des Beklagten aus, dass es sich um Gefälligkeiten für eine nicht der deutschen Sprache mächtige Bekannte gehandelt habe. Die Klägerin hat dieser Erklärung nicht widersprochen. Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit den ausgeübten Tätigkeiten oder eine weitere eigenständige Nebentätigkeit haben sich für den Senat nicht ergeben.

Der Beklagte hat seine Nebentätigkeiten (Handel mit Handys und Hundefutter sowie Doggenzucht) ohne Genehmigung ausgeübt. Er wusste, dass er für Nebentätigkeiten, die auf Gewinnerzielung gerichtet sind, eine Genehmigung benötigt, denn er hatte mit Antrag vom 3. September 2007, der am 8. Oktober 2007 bei der Bundespolizeiinspektion B. einging, eine Genehmigung für den „Verkauf von Hundenahrung“ beantragt. Dem Beamten war aufgrund regelmäßiger jährlicher Belehrungen (die auch im Jahr 2007 erfolgten) bekannt, dass er eine Nebentätigkeit erst nach Genehmigungserteilung beginnen durfte.

Der Beklagte verübte das innerdienstliche Dienstvergehen der Ausübung genehmigungsbedürftiger, aber nicht genehmigter Nebentätigkeiten somit vorsätzlich.

2.5 Ein Dienstvergehen wegen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst im Zeitraum vom 31. Januar bis 2. Februar 2009 und vom 5. April bis 14. Mai 2009 (§ 73 Abs. 1 Satz 1 BBG in der bis 11.2.2009 geltenden Fassung; gleichlautend § 96 BBG in der ab 12.2.2009 geltenden Fassung) ist dem Beklagten nicht anzulasten. Unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst im Sinne dieser Vorschriften setzt voraus, dass der Beamte nicht zum Dienst erscheint, obwohl er dienstfähig ist. Das Erfordernis der Dienst-fähigkeit während der Abwesenheit stellt ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F., § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG n. F. dar. Solange ein Beamter nicht dienstfähig ist, ist er von der Dienstleistungspflicht entbunden, weil er sie nicht erfüllen kann. Dienstunfähig ist der Beamte, wenn er aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands außer Stande ist, den ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben nachzukommen (vgl. BVerwG, U. v. 25.1.2007 - 2 A 3/05 - juris Rn. 33).

Der Beklagte war in den streitbefangenen Zeiträumen nicht dienstfähig. Der Senat legt hierzu das von ihm als schlüssig und überzeugend erachtete Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W. vom 22. April 2013 zugrunde, das zu dem Ergebnis kommt, dass der Beklagte in den genannten Zeiträumen dienstunfähig war, weil er in diesen Zeiträumen an einem schweren depressiven Syndrom litt.

3. Durch die dem Beklagten zur Last gelegten Taten hat er ein einheitliches schwerwiegendes Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 BBG in der bis 11.2.2009 geltenden Fassung) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Maßgeblich ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Tatzeitraum, der sich vom Zeitraum November 2007 bis Mai 2008 erstreckt.

Im Rahmen der über eBay durchgeführten Handyversteigerungen hat der Beklagte in 22 Fällen Handys versteigert, die er den jeweiligen Käufern nicht lieferte, obwohl diese den Kaufpreis an ihn entrichteten. Bei diesen Betrugsfällen handelt es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln als das Verhalten einer Privatperson darstellt -, ist es als außerdienstliches Verhalten zu qualifizieren (vgl. BVerwG v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115). Das ist hier der Fall. Aus dem Umstand, dass getäuschte Kunden bei der Dienststelle des Beklagten anriefen, ergibt sich -entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - keine abweichende Qualifizierung.

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a. F.). Der Beklagte verstieß gegen seine beamtenrechtliche Pflicht aus § 54 Satz 3 BBG a. F., auch außerhalb des Dienstes ein Verhalten zu zeigen, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf als Beamter der Bundespolizei erfordern. Ein Polizeibeamter, der außerdienstlich in einer Vielzahl von Fällen den Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB) erfüllt, schadet dem Ansehen des Berufsbeamtentums, insbesondere wenn - wie hier - Geschädigte wegen der angegebenen dienstlichen Adresse herausfinden können, dass der Schädiger Polizeibeamter ist.

Der Beklagte verletzte damit vorsätzlich seine beamtenrechtliche Pflicht aus § 54 Satz 3 BBG a. F., denn er handelte bei den jeweiligen Betrugsfällen in Kenntnis aller Tatumstände und nahm den sich aus dem jeweiligen Betrug ergebenden Ansehensverlust zumindest billigend in Kauf. Dem Beklagten war auch die beamtenrechtliche Pflichtwidrigkeit seines Handelns bewusst (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR I Rn. 34; Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 6. Aufl. 2016, A I.4 Rn. 31, S. 87).

Wegen der Verwendung des eBay-Mitgliedsnamens „...“ bei den Handy-Versteigerungen, der seinem dienstlichen Funkrufnamen sehr ähnlich ist, ist zwar ein Bezug zur Polizei herstellbar, der Senat misst jedoch diesem Vorwurf nur geringes Gewicht bei, da es für den Durchschnittsverbraucher nicht naheliegend ist, von diesem Mitgliedsnamen auf einen - einer Geheimhaltungsstufe unterliegenden - polizeilichen Funkrufnamen zu schließen bzw. entsprechende Ermittlungen mit Hilfe des Internets anzustellen.

Mit der Wahrnehmung von mehreren genehmigungsbedürftigen Nebentätigkeiten (Handyversteigerungen, Verkauf von Hundefutter, Doggenzucht), hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 BBG a. F.) begangen, weil er Nebentätigkeiten ohne die gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 BBG a. F. erforderliche vorherige Genehmigung ausgeübt hat.

4. Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG und führt bei einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände zur Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um eine Stufe (§ 9 BDG).

4.1 Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 16; B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/23 - juris Rn. 10; B. v. 25.5.2012 - 2 B 133/11 - juris Rn. 9 m. w. N.), insbesondere nach den Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris).

Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2005 - 1 D 1/04 - ZBR 2005, 315 - juris Rn. 113). Das ist hier der außerdienstliche Betrug.

Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen ist in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert seines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung zum Umfang des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (vgl. BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 50/13 - ZBR 2016, 250 - juris Rn. 15).

Für die disziplinarrechtliche Ahndung von außergerichtlichen Straftaten mit einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Dienstentfernung abzustellen (vgl. BVerwG, B. v. 23.1.2014 - 2 B 52/13 - juris Rn. 8 ).

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Delikte, die - wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten - angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung alle be- und entlastenden Umstände offen sein. Ein wie immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (vgl. BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 50/13 - ZBR 2016, 250 - juris Rn. 17 m. w. N.).

Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Fall einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 50/13 - ZBR 2016, 250 - juris Rn. 18). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG, B. v. 5.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 13; U. v. 18.6.2015 - 2 C 9/14 - ZBR 2015, 422 - juris Rn. 38).

Bei der Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme ist auch die besondere Stellung von Polizeibeamten zu berücksichtigen. Außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten führen hier angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Die mit § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für die Beamten dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden. Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 2 C 9/14 - ZBR 2015, 422 - juris Rn. 39).

Hier hat das Strafgericht wegen 22 tatmehrheitlich begangener Fälle des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB eine Gesamtgeldstrafe von 10.500 € (150 Tagessätze à 70 €) verhängt. Die der Geldstrafe zugrunde liegende Zahl der Tagessätze liegt damit über der Bagatellgrenze des § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a BZRG (vgl. Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, 5. Aufl. 2015, § 32 Rn. 28; Hase, Bundeszentralregistergesetz, 2. Aufl. 2014, § 32 Rn. 9). Nach dieser Bestimmung werden Geldstrafen von nicht mehr als neunzig Tagessätzen nicht in das Führungszeugnis aufgenommen, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist. Ob diese Vorschrift insoweit taugliche Orientierungsgrundlage sein kann, kann offen bleiben. Selbst wenn man davon ausginge, dass in allen Fällen einer Geldstrafe die Strafverfolgungsorgane nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgehen und der Ausspruch einer statusverändernden Disziplinarmaßnahme deshalb einer besonderen Begründung zur Schwere der Verfehlung bedarf, so dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht kommt (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14 - juris Rn. 38), lägen solche Umstände hier vor:

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls, die auch der Beklagte nicht bestritten hat, hat er in dem kurzen Zeitraum vom 15. bis 28. Mai 2008 in 22 Fällen ersteigerte und von den Ersteigerern bezahlte Handys (Zahlungszeitraum v. 16. bis 29.5.2008) nicht geliefert. Der Gesamtschaden aus 22 Fällen beläuft sich auf 4.328,81 Euro. Erschwerend ist die Anzahl der Betrugsfälle, die außerdem alle in dem äußerst kurzen Zeitraum von etwa zwei Wochen - teilweise mehrere an einem Tag - stattfanden, zu berücksichtigen. Erschwerend fällt besonders ins Gewicht, dass die Angabe der Postadresse der Dienststelle - als Kontaktanschrift bei eBay - durch die die geschädigten Kunden auch die Telefonnummer der Dienststelle herausfanden - erhebliche Auswirkungen auf die Dienststelle des Beklagten zur Folge hatte. So war eine Reihe von Kollegen mit Telefonanrufen und E-Mails enttäuschter und verärgerter Kunden des Beklagten beschäftigt, die aufgrund der Adressenangabe in der Dienststelle aufliefen, als der Beklagte selbst dort nicht anwesend war. Die Kollegen wurden dadurch von der Wahrnehmung ihrer eigentlichen Dienstaufgaben abgehalten und die Anrufer durften aus ihrer Sicht von einem Zusammenhang zwischen den Handyversteigerungen und der Polizei ausgehen, so dass das Ansehen der Bundespolizei bei den Anrufern und E-Mail-Absendern erheblichen Schaden nahm.

In Anbetracht des Gesamtschadens und der aufgeführten Erschwernisgründe wiegt dieser Teil des Dienstvergehens so schwer, dass die Entfernung aus dem Beamten-verhältnis Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist.

Hinzu kommt, dass der Beklagte durch die Handyversteigerungen ungenehmigt eine Nebentätigkeit ausübte sowie weitere Nebentätigkeiten (Hundefutter- und Doggen-handel) ohne Genehmigung im Zeitraum von November 2007 bis Mai 2008 durch-führte. Dies stellt ein innerdienstliches Dienstvergehen dar. Der Beamte handelte in Kenntnis aller Tatumstände, denn er wusste aufgrund der jährlichen Belehrungen, dass jede Nebentätigkeit genehmigungsbedürftig war und dass er vor Erteilung einer solchen Genehmigung jedweden Nebentätigkeiten nicht nachgehen durfte. Er ver-letzte damit schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F.).

In Anbetracht des bereits dargestellten Umfangs und der Intensität der diversen aus-geübten Nebentätigkeiten kann dem Beamten auch nicht etwa - subjektiv - eine unzutreffende Parallelwertung in der Laiensphäre dahingehend, dass er von einem Hobby hätte ausgehen dürfen, zugutegehalten werden. Zumindest hinsichtlich des Hundefutterverkaufs war dem Beamten die Genehmigungsbedürftigkeit voll bewusst, da er diesbezüglich einen Antrag auf Genehmigung der Nebentätigkeit gestellt hatte.

Der Beamte hatte einen Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit am 3. September 2007 gestellt, der erst auf Sachstandsanfrage des Beklagten vom 11. März 2009 mit Schreiben der Bundespolizeidirektion vom 26. März 2009 (vorläufig abschlägig) verbeschieden wurde. Allerdings bezog sich der Antrag nur auf den Verkauf von Hundenahrung, nicht auf die anderen ausgeübten Nebentätigkeiten. Die Dauer des Verfahrens über die Genehmigung der Nebentätigkeit ist nicht geeignet, das Verhalten des Beklagten in einem milderen Licht zu betrachten. Es hätte dem Beamten oblegen, gegebenenfalls nochmals „nachzuhaken“. Der Beamte musste aufgrund der regelmäßigen jährlich wiederholten Belehrungen wissen, dass er keine genehmigungsbedürftige Nebentätigkeit ausüben durfte, solange eine entsprechende Genehmigung nicht förmlich erteilt war.

Demgegenüber hat die Verwendung des Mitgliedsnamens „...“ bei der Auktionsplattform eBay bei der Bemessung der Maßnahme keine eigenständige Bedeutung.

Ausgangspunkt der Erwägung für die Zumessung der Disziplinarmaßnahme bleibt damit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG).

4.2 Von der Höchstmaßnahme ist zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein - ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelter - sog. „anerkannter“ Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Diese Milderungsgründe stellen jedoch keinen abschließenden Kanon der bei Dienstvergehen berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob gegenüber einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis außerdem alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Ermessensgesichtspunkte, die in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Delikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 14 ff. m. w. N.). Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Hier bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, dass dem Beklagten der „anerkannte“ Milderungsgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB zur Seite steht. Der Sachverständige Prof. Dr. W. kommt in seinem Gutachten vom 22. April 2013 zwar zu dem Ergebnis, dass die depressive Erkrankung des Beklagten bis etwa Mitte Juli 2008, also dem hier maßgeblichen Zeitraum, keinen Ausprägungsgrad erreichte, der die medizinischen Voraussetzungen des § 20 oder § 21 StGB erfüllt. Diese gutachterliche Einschätzung, auf die sich der Senat noch maßgeblich bei seinem Urteil vom 22. Oktober 2013 gestützt hat, kann aber nach dem Ergebnis der weiteren Aufklärung nach Anhörung des behandelnden Arztes, Dr. T., nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ keinen Bestand mehr haben. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. berichtete in der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015, dass der Beklagte beim Erstkontakt am 11. Juni 2008 deutlich krank gewesen sei. Er sei bereits von seiner Hausärztin am 9. Juni 2008 für drei Wochen krankgeschrieben worden. Er gehe davon aus, dass die depressive Erkrankung bereits etwa vier Monate vor seinem Erstkontakt mit dem Beamten im Juni 2008 in schwerem Ausprägungsgrad bestanden habe, mithin auch im maßgeblichen Zeitraum April/Mai 2008. Diese Einschätzung ist plausibel, weil der sachverständige Zeuge im Rahmen der mündlichen Verhandlung das letztlich allein tragende Argument des gerichtlichen Sachverständigen, Prof. Dr. W., im hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall widerlegen konnte. Prof. Dr. W. hat entscheidend darauf abgestellt, dass die geschäftlichen Aktionen im April und Mai 2008 nach seiner gutachterlichen Einschätzung nicht mit einem depressiven Antriebsverlust oder etwa einer depressiven formalen Denkstörung vereinbar seien. Laut Dr. T. sei im Falle des Beklagten hingegen die Depression nicht mit dem für die Erkrankung typischen Antriebsverlust verbunden gewesen. Dr. T. hat ausgeführt, dass der Beamte während des gesamten Behandlungszeitraums (Juni 2008 bis September 2013) nicht „lahmgelegt“ gewesen sei. Er sei sehr aktiv und kämpferisch gewesen. Er sei insbesondere durch seine Insolvenzverfahren belastet gewesen, habe sich aber trotzdem um seine Angelegenheiten gekümmert. Der Beklagte sei eher unruhig und von Verzweiflung getrieben gewesen. Er habe sich aber nicht zurückgezogen oder sei durch die Krankheit inaktiv gewesen.

Aufgrund der überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des sachverständigen Zeugen geht der Senat „in dubio pro reo“ daher davon aus, dass der Beklagte in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Gegen die gutachterliche Einschätzung von Prof. Dr. W. spricht im konkreten Fall, dass er den Beklagten nur aus der Retrospektive, mehr als fünf Jahre nach dem maßgeblichen Zeitraum, hinsichtlich der Steuerungsfähigkeit beurteilen konnte, während Dr. T. unmittelbar nach dem streitbefangenen Zeitraum bereits im Juni 2008 Erstkontakt mit ihm hatte und zudem aufgrund der mehrjährigen Behandlung eigene und unmittelbare Erkenntnisse über das Verhalten des Beklagten während der (unstreitigen) Phase einer schweren Depression ab Juni 2008 gewinnen und entsprechende Rückschlüsse auf den Krankheitszustand zwei Monate zuvor ziehen konnte.

Liegt eine erhebliche Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB tatsächlich vor, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit kann die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2013 - 2 B 50/12 - juris Rn. 10; B. v. 20.10.2011 - 2 B 61/10 - juris Rn. 9; U. v. 25.3.2010 - 2 C 83/08 - juris Rn. 34).

Vorliegend sind keine Erschwerungsgründe von solchem Gewicht gegeben, dass der „anerkannte“ Milderungsgrund erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit ausnahmsweise aufgewogen würde. Ein nicht bereits durch den Unrechtsgehalt des Delikts selbst gekennzeichneter Erschwerungsgrund ist nicht ersichtlich.

Der „anerkannte“ Milderungsgrund setzt aber voraus, dass die negative Lebensphase, die Ursache des Dienstvergehens war, zum Zeitpunkt der Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch das Gericht vollständig überwunden ist (vgl. BVerwG, B. v. 22.3.2016 - 2 B 43/15 - juris Rn. 11 hinsichtlich „Entgleisungen während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“).

Das ist hier der Fall: Die Erkrankung des Beklagten konnte erfolgreich behandelt werden. Die Behandlung ist seit September 2013 abgeschlossen. Sein Zustand ist seit diesem Zeitpunkt beschwerdefrei. Das Insolvenzverfahren ist mittlerweile abgeschlossen.

Mit Blick auf die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten während des Tatzeitraums und unter Berücksichtigung der Stabilisierung des Beamten nach der erfolgreichen Behandlung durch Dr. T. ist die Prognose zukünftiger ordnungsgemäßer Aufgabenwahrnehmung gerechtfertigt und damit das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten und die Ordnungsmäßigkeit seiner zukünftigen Aufgabenwahrnehmung - objektiv betrachtet - nicht endgültig verloren (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDG). Der Beklagte ist daher nicht aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist die Zurückstufung des Beklagten nach § 9 BDG um eine Stufe angemessen, aber auch geboten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (§ 69 BDG, § 132 Abs. 2 VwGO).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 77 Kostentragung und erstattungsfähige Kosten


(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. (2) Wird eine Diszip

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 77 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in beson

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 69 Form, Frist und Zulassung der Revision


Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 54 Einstweiliger Ruhestand


(1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:1.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 57 Bindung an tatsächliche Feststellungen aus anderen Verfahren


(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 3 Ergänzende Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung


Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem G

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 96 Fernbleiben vom Dienst


(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen. (2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernb

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 10 Entfernung aus dem Beamtenverhältnis


(1) Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis. Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 65 Berufungsverfahren


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Die §§ 53 und 54 werden nicht angewandt. (2) Wesentliche Mängel des be

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 9 Zurückstufung


(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisher

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 65 Befreiung von Amtshandlungen


(1) Beamtinnen und Beamte sind von Amtshandlungen zu befreien, die sich gegen sie selbst oder Angehörige richten würden, zu deren Gunsten ihnen wegen familienrechtlicher Beziehungen im Strafverfahren das Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. (2) Ges

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 73 Aufenthaltspflicht


Wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, kann die Beamtin oder der Beamte angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit in erreichbarer Nähe des Dienstortes aufzuhalten.

Referenzen - Urteile

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 16b D 14.2351 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 16b D 14.2351 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 05. Juli 2016 - 2 B 24/16

bei uns veröffentlicht am 05.07.2016

Gründe 1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerd

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. März 2016 - 2 B 43/15

bei uns veröffentlicht am 22.03.2016

Gründe 1 Die auf Verfahrensmängel (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Dez. 2015 - 2 C 6/14

bei uns veröffentlicht am 10.12.2015

Tatbestand 1 Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Dez. 2015 - 2 C 50/13

bei uns veröffentlicht am 10.12.2015

Tatbestand 1 Der Rechtsstreit betrifft die Bemessung der Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Untreuehandlungen eines Polizeibeamten.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 18. Juni 2015 - 2 C 9/14

bei uns veröffentlicht am 18.06.2015

Tatbestand 1 Der Rechtsstreit betrifft die disziplinarrechtliche Behandlung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bilder durch einen Polizeibeamten.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 06. Juni 2013 - 2 B 50/12

bei uns veröffentlicht am 06.06.2013

Gründe 1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG) und des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwG

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 25. Mai 2012 - 2 B 133/11

bei uns veröffentlicht am 25.05.2012

Gründe 1 Der Antrag auf Zulassung der Revision kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 2 LDG BW lieg

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. Feb. 2012 - 2 C 38/10

bei uns veröffentlicht am 23.02.2012

Tatbestand 1 Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefeh

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. Okt. 2011 - 2 B 61/10

bei uns veröffentlicht am 20.10.2011

Gründe 1 Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW an das Oberverwaltungsgericht zurückzuve

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. März 2010 - 2 C 83/08

bei uns veröffentlicht am 25.03.2010

Tatbestand 1 Der 1955 geborene Beklagte war als Justizvollzugsobersekretär zuletzt in der Justizvollzugsanstalt für Frauen in B. tätig. Er befindet sich seit dem 1. Nove
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 16b D 14.2351.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 19. Dez. 2017 - 14 LA 1/17

bei uns veröffentlicht am 19.12.2017

Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 17. Kammer, Einzelrichter - vom 19. Dezember 2016 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gründe

Referenzen

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Die §§ 53 und 54 werden nicht angewandt.

(2) Wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens, die nach § 55 Abs. 2 unberücksichtigt bleiben durften, bleiben auch im Berufungsverfahren unberücksichtigt.

(3) Ein Beweisantrag, der vor dem Verwaltungsgericht nicht innerhalb der Frist des § 58 Abs. 2 gestellt worden ist, kann abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung nach der freien Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte im ersten Rechtszug über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden. Beweisanträge, die das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt hat, bleiben auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen.

(4) Die durch das Verwaltungsgericht erhobenen Beweise können der Entscheidung ohne erneute Beweisaufnahme zugrunde gelegt werden.

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Es hat jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden.

Wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, kann die Beamtin oder der Beamte angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit in erreichbarer Nähe des Dienstortes aufzuhalten.

(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen.

(2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nach dem Bundesbesoldungsgesetz den Anspruch auf Besoldung, wird dadurch die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht ausgeschlossen.

Wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, kann die Beamtin oder der Beamte angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit in erreichbarer Nähe des Dienstortes aufzuhalten.

(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen.

(2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nach dem Bundesbesoldungsgesetz den Anspruch auf Besoldung, wird dadurch die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht ausgeschlossen.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:

1.
Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie Ministerialdirektorinnen und Ministerialdirektoren,
2.
sonstige Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes im auswärtigen Dienst von der Besoldungsgruppe B 3 an aufwärts sowie Botschafterinnen und Botschafter in der Besoldungsgruppe A 16,
3.
Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes von der Besoldungsgruppe B 6 an aufwärts,
4.
die Chefin oder den Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, deren oder dessen Stellvertretung und die Stellvertretende Sprecherin oder den Stellvertretenden Sprecher der Bundesregierung,
5.
die Generalbundesanwältin oder den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof,
6.
(weggefallen)
7.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundeskriminalamtes,
8.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums,
9.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr,
10.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr,
11.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr,
12.
die Präsidentin oder den Präsidenten der Generalzolldirektion,
13.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und
14.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.
Satz 1 gilt nur für Beamtinnen und Beamte, deren Ernennung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem das ihnen übertragene Amt in Satz 1 aufgenommen war, oder sich ein Gesetzentwurf zur Aufnahme einer entsprechenden Regelung im Gesetzgebungsverfahren befand.

(2) Gesetzliche Vorschriften, nach denen andere politische Beamtinnen und politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, bleiben unberührt.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:

1.
Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie Ministerialdirektorinnen und Ministerialdirektoren,
2.
sonstige Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes im auswärtigen Dienst von der Besoldungsgruppe B 3 an aufwärts sowie Botschafterinnen und Botschafter in der Besoldungsgruppe A 16,
3.
Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes von der Besoldungsgruppe B 6 an aufwärts,
4.
die Chefin oder den Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, deren oder dessen Stellvertretung und die Stellvertretende Sprecherin oder den Stellvertretenden Sprecher der Bundesregierung,
5.
die Generalbundesanwältin oder den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof,
6.
(weggefallen)
7.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundeskriminalamtes,
8.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums,
9.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr,
10.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr,
11.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr,
12.
die Präsidentin oder den Präsidenten der Generalzolldirektion,
13.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und
14.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.
Satz 1 gilt nur für Beamtinnen und Beamte, deren Ernennung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem das ihnen übertragene Amt in Satz 1 aufgenommen war, oder sich ein Gesetzentwurf zur Aufnahme einer entsprechenden Regelung im Gesetzgebungsverfahren befand.

(2) Gesetzliche Vorschriften, nach denen andere politische Beamtinnen und politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, bleiben unberührt.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Beamtinnen und Beamte sind von Amtshandlungen zu befreien, die sich gegen sie selbst oder Angehörige richten würden, zu deren Gunsten ihnen wegen familienrechtlicher Beziehungen im Strafverfahren das Zeugnisverweigerungsrecht zusteht.

(2) Gesetzliche Vorschriften, nach denen Beamtinnen oder Beamte von einzelnen Amtshandlungen ausgeschlossen sind, bleiben unberührt.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Revision kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 2 LDG BW liegt nicht vor. Aus dem Beschwerdevortrag ergibt sich auch nicht, dass die Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 2 LDG BW hat. Dabei ist der Senat wegen des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darauf beschränkt, ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung zu entscheiden, ob ein Revisionszulassungsgrund vorliegt. Rechtliche Gesichtspunkte, die der Beschwerdeführer nicht vorgetragen hat, können nicht berücksichtigt werden.

2

Der Kläger, der als beamteter Gymnasiallehrer im Dienst des Beklagten steht, wurde wegen des Besitzes kinderpornografischer Bild- und Videodateien, die er auf privaten Computern gespeichert hatte, rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Aus diesem Grund hat ihn der Beklagte durch Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:

3

Der Kläger habe das Vertrauen verloren, das für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses unabdingbar sei. Dies folge aus der Schwere des außerdienstlichen Dienstvergehens, die durch die Anzahl von mindestens 3000 gespeicherten Dateien mit kinderpornografischem Inhalt, den langen Tatzeitraum von 2002 bis November 2007 und den Umstand bestimmt werde, dass die Dateien teilweise gravierende Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zeigten. Lehrer, die wegen Kinderpornografie bestraft worden seien, könnten den ihnen obliegenden Erziehungsauftrag nicht mehr wahrnehmen. Ihr Verbleib im Beamtenverhältnis hätte einen dauerhaften, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Schuldienstes beeinträchtigenden Ansehensschaden zur Folge. Daher komme es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund der psychotherapeutischen Behandlung seine Lebenskrise überwunden habe und von ihm keine Wiederholungsgefahr ausgehe.

4

Der Kläger macht geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) ab. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt, für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials sei ein Orientierungsrahmen bis hin zur Dienstentfernung vorgegeben. In diesem Rahmen sei die Disziplinarmaßnahme nach den fallbezogenen Umständen zu bestimmen. Demgegenüber halte der Verwaltungsgerichtshof bei Lehrern ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für geboten. Damit hat der Kläger eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargelegt:

5

Eine derartige Divergenz setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26).

6

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil das vom Kläger bezeichnete Urteil des Senats vom 19. August 2010 (a.a.O.) und das Berufungsurteil zu verschiedenen Rechtsvorschriften ergangen sind. Der Senat hat den angeführten Rechtssatz zur Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den Besitz kinderpornografischen Materials in Auslegung der allgemeinen Bemessungsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG aufgestellt. Dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof seine das Berufungsurteil tragende Rechtsauffassung durch Auslegung der §§ 25 ff., insbesondere des § 31 Abs. 1 LDG BW, gewonnen. Diesen Vorschriften liegt ein anderes Regelungskonzept zugrunde als § 13 BDG.

7

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch nicht, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt. Die Bemessungsgrundsätze, die bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials zu beachten sind, sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Sie finden trotz des anderen Regelungskonzepts der §§ 25 f. LDG BW auch auf die Maßnahmebemessung nach diesen Vorschriften Anwendung. Ihre Revisibilität folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat keinen Gebrauch von der nach § 187 Abs. 1 VwGO bestehenden Möglichkeit gemacht, die Revisionsinstanz in Landesdisziplinarsachen auszuschließen (vgl. zum LDG Sachsen-Anhalt: Beschluss vom 12. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 34.11 - NVwZ 2012, 514 ; Wittkowski, in: Urban/Wittkowski, BDG, 1. Aufl. 2011, § 69 Rn. 11).

8

Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG und den inhaltsgleichen Bemessungsregelungen der Landesdisziplinargesetze, dass die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen ist. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG kommt als dem maßgebenden Bemessungskriterium richtungweisende Bedeutung zu. Bestimmte Fallgruppen von Dienstvergehen können aufgrund der ihnen typischerweise zukommenden Schwere einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme zugeordnet werden. Es kommt dann für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme im Einzelfall darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes ist Ausdruck des Schuldprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669). Davon abgesehen ist das Persönlichkeitsbild für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.; vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11). Lässt sich für eine Fallgruppe wegen der Variationsbreite der Schwere des Fehlverhaltens ein Orientierungsrahmen zwischen einer milderen und einer härteren Disziplinarmaßnahme bilden, sind die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und der Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung für die Ausfüllung dieses Rahmens von Bedeutung (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 23 f.).

9

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten (Disziplinarwürdigkeit) und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens (stRspr, vgl. Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 18 und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 17). Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 14 f. und 23 und - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 14 ff.).

10

Davon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials aus dem seit 2003 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 26). In diesen Fällen darf die aus dem Orientierungsrahmen fallende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert werden. Der Orientierungsrahmen kann in der Regel nicht deshalb überschritten werden, weil dem Beamten Umstände zur Last fallen, die bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichnen. Hierzu gehören neben dem Tatzeitraum und der Anzahl der Dateien im Besitz des Beamten vor allem deren Inhalt. Diese Umstände können grundsätzlich nur herangezogen werden, um Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens zu begründen. Gleiches gilt für die Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe. Eine Bewährungsstrafe führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - juris).

11

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann. Daraus hat der Senat den Schluss gezogen, dass der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - a.a.O. Rn. 24). Demnach kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen.

12

Das Regelungskonzept der §§ 25 ff. LDG BW gibt keinen Anlass, die dargestellten Bemessungsgrundsätze in Frage zu stellen. Vielmehr ist die Disziplinarmaßnahme auch nach §§ 25 ff. LDG BW aufgrund einer Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen.

13

Das Gesetz enthält keine Regelung, die die Bemessungsgrundsätze zusammenfasst. Für die Maßnahmebemessung allgemein vorgegeben wird lediglich, dass das Persönlichkeitsbild des Beamten zu berücksichtigen ist (§ 26 Abs. 1 Satz 2 LDG BW). Damit wird dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen. Ansonsten sind jeder gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme eigene Bemessungsgrundsätze zugeordnet, die jeweils an den Schweregrad der Verfehlungen und das Maß der sich daraus ergebenden Vertrauensbeeinträchtigung anknüpfen.

14

Maßgebendes Bemessungskriterium ist auch nach §§ 27 ff. LDG BW die Schwere des Dienstvergehens: Für leichte Dienstvergehen sind Verweis und Geldbuße (§ 27, § 28 Abs. 1 LDG BW), für mittelschwere Dienstvergehen Kürzung der Bezüge und Zurückstufung (§ 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 LDG BW) vorgesehen, während die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ein schweres Dienstvergehen voraussetzt (§ 31 Abs. 1 LDG BW).

15

Den gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen ist in §§ 27 ff. LDG BW neben einem Schweregrad ein Grad der Vertrauensbeeinträchtigung zugeordnet, die der Beamte durch das Dienstvergehen herbeigeführt hat. Die Wertungsskala reicht von der geringfügigen und nicht nur geringfügigen Beeinträchtigung des Vertrauens bei Verweis und Geldbuße (§ 27, § 28 Abs. 1 LDG BW), über dessen erhebliche Beeinträchtigung bei der Kürzung der Bezüge (§ 29 Abs. 1 LDG BW) bis zur nachhaltigen Erschütterung bei der Zurückstufung (§ 30 Abs. 1 LDG BW). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt nach § 31 Abs. 1 LDG BW den endgültigen Verlust des Vertrauens voraus.

16

Nach diesem Regelungskonzept kann das Persönlichkeitsbild nicht wie bei § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG als eigenständiges Bemessungskriterium angesehen werden, das bei der Gesamtwürdigung neben die Kriterien der Schwere und der Vertrauensbeeinträchtigung tritt. Vielmehr gehen die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes in die Wertung ein, in welchem Maß der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Dies wirkt sich wiederum auf die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens aus, da der Schweregrad (leicht, mittelschwer oder schwer) nach dem Wortlaut der §§ 27 ff. LDG BW mit dem Maß der Vertrauensbeeinträchtigung korrespondiert. Demnach können entlastende Gesichtspunkte, die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergeben, ein Gewicht erlangen, die eine mildere Disziplinarmaßnahme gebieten, als sie bei isolierter Betrachtung der Schwere dem jeweiligen gesetzlichen Schweregrad entspricht. So kann auch bei einem Dienstvergehen, das zunächst § 31 Abs. 1 LDG BW zuzuordnen ist, der Ausspruch einer pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahme geboten sein. Dies ist der Fall, wenn die Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte ergibt, dass der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Öffentlichkeit erschüttert, aber nicht endgültig verloren hat. Da die Bewertung eines Dienstvergehens als schwer nach der gesetzlichen Konzeption zwingend an einen endgültigen Vertrauensverlust geknüpft ist, zieht der Fortbestand des Vertrauens zwingend eine Herabstufung des Dienstvergehens in den Schweregrad "mittelschwer" nach sich.

17

Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof nach seinen tatsächlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen zu Recht angenommen, dass der Kläger ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Diese Zuordnung ist aufgrund des lehrertypischen engen Dienstbezugs des strafbaren Verhaltens, der Anzahl der im Besitz des Klägers befindlichen Dateien und den Darstellungen schwerer Missbrauchsfälle berechtigt. Danach ist die Annahme, der Kläger habe auch bei Berücksichtigung der festgestellten Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes einen endgültigen Vertrauensverlust herbeigeführt, im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) nicht zu beanstanden. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller bemessungsrelevanten Gesichtspunkte lässt der Orientierungsrahmen für die Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischen Materials, der bei Lehrern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis umfasst, die Bestimmung dieser Maßnahme aufgrund der vorliegend festgestellten Tatumstände auch dann zu, wenn zugunsten des Klägers von einer erfolgversprechenden Therapie ausgegangen wird. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen der Besitz kinderpornografischen Materials keinen dienstlichen Bezug aufweist, kann der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht werden.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Bemessung der Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Untreuehandlungen eines Polizeibeamten.

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Der 1965 geborene und seit 2009 geschiedene Beklagte - Vater dreier Kinder - steht als Beamter im mittleren Polizeivollzugsdienst. Bereits in der DDR war er im Polizeidienst beschäftigt. 1992 berief ihn der Kläger in das Beamtenverhältnis, 2003 wurde er zum Polizeiobermeister befördert. 2005 gab der Beklagte die eidesstattliche Versicherung gemäß §§ 899, 900 ZPO ab, 2007 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Im Juni 2007 wurde das Disziplinarverfahren eingeleitet; im September 2008 wurde er vorläufig des Dienstes enthoben. Von einem teilweisen Einbehalt der Bezüge sah der Kläger im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten ab.

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Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist der Verwurf, der Beklagte habe als Betreuer seines zwischenzeitlich verstorbenen Vaters Geld veruntreut. Unter dem 24. Juli 2008 verurteilte das Amtsgericht den Beklagten wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollziehung es zur Bewährung aussetzte. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hatte der Beklagte zwischen April 2005 und Dezember 2005 vom Konto seines Vaters pflichtwidrig zu seinen Gunsten 11 Überweisungen im Gesamtwert von etwas über 1 800 € getätigt, um eigene Schulden bei einer Bank (Autofinanzierung), Krankenversicherungsbeiträge, Energiekosten u.a. zu begleichen.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten in das Amt eines Polizeimeisters versetzt. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht insbesondere ausgeführt, die Pflichtverletzung des Beklagten gehe zwar auf eine außerdienstlich begangene Straftat zurück. Die in seinem Fehlverhalten zum Ausdruck kommende defizitäre Einstellung zu der ihm als Polizeibeamten obliegenden Kernpflicht, die Rechtsordnung zu wahren und zu schützen, erlaube aber negative Rückschlüsse auf die Ausübung seines Amtes. Soweit die erstinstanzliche Entscheidung bei der disziplinaren Maßnahmebemessung entlastend berücksichtigt habe, dass der Beklagte im Jahr 1999 darum bemüht gewesen sei, die damaligen finanziellen Schulden seines Vaters abzubauen und insoweit seine Zustimmung zu einer Gehaltsabtretung erteilt habe, seien diese Einlassungen durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen widerlegt. Danach habe der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren wissentlich die Unwahrheit gesagt hat, um einen für ihn günstigen Verfahrensausgang zu bewirken. Dies sei zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen.

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Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt der Beklagte,

die Urteile des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Mai 2012 und des Verwaltungsgerichts Dresden vom 19. April 2011 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise auf eine geringere Disziplinarmaßnahme als die Zurückstufung in das Amt eines Polizeimeisters zu erkennen.

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Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 45 Abs. 1, §§ 70, 71 SächsDG), nämlich § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 66 SächsDG.

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis aufgrund einer Bemessungsentscheidung getroffen, die nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 13 Abs. 1 und 2 des Sächsischen Disziplinargesetzes - SächsDG - vom 10. April 2007 (SächsGVBl. 2007, 54), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 1077), genügt, weil es zulässiges Verteidigungsverhalten des Beklagten bei der Gesamtwürdigung der ihm vorgehaltenen Verfehlungen erschwerend angelastet hat und den Gesamtschaden sowie seine schwierige wirtschaftliche Situation während des Tatzeitraums nicht hinreichend berücksichtigt hat (1.). Der Senat macht von der ihm gemäß den § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, § 61 Abs. 2 SächsDG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die Disziplinarmaßnahme auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts selbst abschließend zu bestimmen (2.).

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1. Die vom Oberverwaltungsgericht als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verletzt § 13 Abs. 1 und Abs. 2 SächsDG.

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a) Nach § 13 Abs. 1 SächsDG und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren zu beachten sind (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

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Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 SächsDG). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

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b) Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

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Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 Rn. 11 und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

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Schwerwiegende Straftaten können deliktsbezogen identifiziert werden (vgl. zur Zuordnung bestimmter Straftaten zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 40 m.w.N.). Bestimmte Straftaten bewirken bereits aus der Art ihres Unrechtsgehalts einen Vertrauensschaden, der eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lässt. Lässt sich ein Beamter etwa bestechen, ist er als Sachwalter einer gesetzestreuen und unabhängigen Verwaltung nicht mehr denkbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 29 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 29).

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c) Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen ist in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 31 und vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

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Für die disziplinarrechtliche Ahndung von außerdienstlichen Straftaten mit einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe hat der Senat geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 32 § 184b abs. 4 stgb in der fassung des gesetzes vom 27. dezember 2003 [bgbl. i s. 3007]>).

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d) Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Delikte, die - wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten - angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 32; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 B 111.13 - juris Rn. 13 und Urteil vom 18. Juni vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 36).

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Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den "Gleichklang zum Strafrecht" auch BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 37).

19

Des Weiteren sind einerseits die Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, die Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und die Umstände der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale) und zum anderen Form und Gewicht der Schuld und die Beweggründe des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) zu beurteilen. Darüber hinaus sind die unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 20).

20

e) Diesen Vorgaben wird die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts nach § 13 Abs. 1 SächsDG nicht gerecht. Zum einen berücksichtigt das Oberverwaltungsgericht fehlerhaft zulässiges Verteidigungsverhalten als maßnahmeschärfend (aa)), zum anderen nimmt es die den Beklagten entlastenden Milderungsgründe nicht hinreichend in den Blick (bb)).

21

aa) Die Tatsache, dass der Beklagte vor dem Verwaltungsgericht wahrheitswidrig geäußert hat, er habe sich bemüht, die Schulden seines Vaters mit eigenen Mitteln abzubauen, ist als zulässiges Verteidigungsverhalten zu beurteilen, das bei der Maßnahmenbemessung weder be- noch entlastend berücksichtigt werden darf. Die dienstrechtliche Wahrheitspflicht im Disziplinarverfahren orientiert sich grundsätzlich an den Grenzen des zulässigen Verteidigungsverhaltens im Strafverfahren, die erst überschritten ist, wenn der Beamte im Disziplinarverfahren wider besseres Wissen Dritte diffamiert oder sonst vorsätzlich gegen Strafbestimmungen verstößt (BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 2 B 56.12 - NVwZ 2013, 1093 Rn. 11; Müller, ZBR 2012, 331 <339 ff.>). Dem entspricht, dass ein Beamter erst bei grob schuldhaftem Aufstellen unwahrer Behauptungen dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden darf, wenn er von seinem Recht Gebrauch macht, Beschwerden vorzubringen oder Rechtsschutz zu beantragen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 19 Rn. 53 und Beschluss vom 5. Mai 2015 - 2 B 32.14 - NVwZ-RR 2015, 622 Rn. 30 m.w.N.). Ein solches Verhalten des Beklagten im Disziplinarverfahren hat das Oberverwaltungsgericht aber nicht festgestellt.

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bb) Der Strafrahmen der vom Beklagten begangenen Untreuehandlungen liegt nach § 266 Abs. 1 StGB bei einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Damit ist auf der ersten Prüfungsstufe die Ahndung der außerdienstlichen verübten Straftat zwar bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme eröffnet. Indes sind im Disziplinarverfahren sämtliche den Beamten be- und entlastenden Umstände sorgsam zu würdigen. Im Fall des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die ihn entlastenden Milderungsgründe - insbesondere die Schadenshöhe und seine wirtschaftliche Situation - nicht hinreichend berücksichtigt (vgl. näher unten unter 2 a) dd)).

23

2. Das Revisionsgericht hat bei der Anwendung des revisiblen Rechts auf den festgestellten Sachverhalt (§ 137 Abs. 2 VwGO, § 70 SächsDG) grundsätzlich dieselben Befugnisse und Entscheidungsmöglichkeiten, die das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung hätte. Das Sächsische Disziplinargesetz enthält insoweit, anders als etwa § 82 Abs. 3 Satz 2 DRiG, keine Einschränkungen. Vielmehr gilt die Regelung des § 61 Abs. 2 Satz 2 SächsDG, die den Verwaltungsgerichten die Befugnis zur Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme überträgt, gemäß § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 SächsDG auch für das Revisionsverfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 9).

24

Das Bundesverwaltungsgericht kann von der ihm danach zustehenden, durch die Rechtsmittelanträge eingeschränkten Befugnis nur Gebrauch machen, wenn es aufgrund der gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 70 SächsDG bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils eine gesetzeskonforme, d.h. den Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 bis 4 SächsDG genügende Bemessungsentscheidung treffen kann. Es kann weder Tatsachen berücksichtigen, die nicht festgestellt sind, noch die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen nachprüfen. Daher kann das Bundesverwaltungsgericht über die Disziplinarklage nur dann abschließend entscheiden, wenn das Berufungsurteil alle wesentlichen bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält. Ansonsten muss das Berufungsurteil gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 71 Abs. 2 SächsDG aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 10).

25

Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils reichen für eine eigene Maßnahmebemessung des Senats gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 SächsDG aus. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden; sie haben keine Einwendungen erhoben.

26

Der Senat kommt bei seiner Bemessungsentscheidung zu dem Ergebnis, dass der Beklagte auf der Grundlage der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen hat (a)), das bei Abwägung aller disziplinarrechtlich relevanten Gesichtspunkte grundsätzlich mit einer Zurückstufung in ein um eine Stufe niedrigeres Amt mit geringerem Endgrundgehalt zu ahnden gewesen wäre (b)). Infolge der überlangen Verfahrensdauer von mehr als acht Jahren seit der Einleitung des Disziplinarverfahrens hat der Senat auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge erkannt (c)), der kein Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs entgegen steht (d)).

27

a) Mit den zu Lasten seines Vaters in seiner Funktion als Betreuer vorgenommenen Untreuehandlungen durch 11 Überweisungen im Zeitraum von April 2005 bis Dezember 2005 hat der Beklagte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen, die in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen zu bewerten ist.

28

aa) Nach den gemäß den § 58 Abs. 1, § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 SächsDG bindenden tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die vom Beklagten auch im disziplinargerichtlichen Verfahren nicht in Abrede gestellt worden sind, hat er Geld seines Vaters veruntreut und sich damit eines Vergehens nach § 266 Abs. 1 StGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Bekanntmachung der Neufassung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322) schuldig gemacht.

29

Dieses Fehlverhalten war außerdienstlich, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 10).

30

bb) Außerhalb seines Dienstes ist der Beamte grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG; vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 21). Außerdienstliches Verhalten kann deshalb den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 11).

31

Als Dienstvergehen ist außerdienstliches Fehlverhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den besonderen Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Unbeschadet des teilweise veränderten Wortlauts ist mit dieser Vorschrift eine inhaltliche Änderung nicht verbunden (BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 50 ff. und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 16 f.).

32

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <254>).

33

Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger (vgl. BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 14). Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26>).

34

Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist. Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 16 ff.).

35

cc) Außerdienstlich begangene Untreuehandlungen weisen einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 22 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - BVerfGK 13, 205 <209> für Staatsanwälte).

36

Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten - zu Lasten Schutzbedürftiger - begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422 Rn. 23).

37

dd) Die danach vom Senat auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 SächsDG zu treffende eigene disziplinare Bemessungsentscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:

38

Der Beklagte hat mit den Untreuehandlungen gegenüber seinem Vater im Hinblick auf den abstrakten Strafrahmen des § 266 StGB ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen, das von seiner Schwere grundsätzlich sämtliche disziplinaren Maßnahmen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet. Er ist deswegen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Dabei hat sich das Amtsgericht auch von der schlechten wirtschaftlichen Situation des Beklagten leiten lassen, die eine Geldstrafe nicht als angezeigt erscheinen ließ.

39

Die Häufigkeit der Zugriffshandlungen des Beklagten auf Vermögen seines Vater ist angesichts von immerhin 11 Überweisungen im höheren Bereich als belastend anzusehen, während die Dauer der Zugriffshandlungen von etwas mehr als einem halben Jahr für sich genommen weder ent- noch belastend wirkt. Der angerichtete Gesamtschaden der außerdienstlich begangenen Untreuehandlungen von etwas mehr als 1 800 € bewegt sich demgegenüber im eher unteren bis mittleren Bereich und wirkt deshalb für den Beklagten noch entlastend.

40

Den Beklagten entlastet zur Überzeugung des Senats vor allem die Tatsache seiner schwierigen wirtschaftlichen Situation im Tatzeitraum von April 2005 bis Dezember 2005, die im August 2005 zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß §§ 899, 900 ZPO geführt hat. Diese schwierige wirtschaftliche Situation stellt einen allgemeinen Milderungsgrund von konkret erheblichem Gewicht dar. Dies ergibt sich zum einen aus dem der Summe nach eher weniger gravierenden Gesamtschaden und zum anderen aus den mit den pflichtwidrig erlangten Mitteln getätigten Ausgaben. Der Beklagte hat die Gelder nicht für Luxusaufwendungen verbraucht, sondern damit insbesondere Krankenversicherungsbeiträge und Energiekosten bezahlt sowie eine nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts berufsbezogene Autofinanzierung bedient, also existenzielle Ausgaben getätigt.

41

Mit Blick auf das zu würdigende Persönlichkeitsbild des Beklagten ist weiter festzustellen, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und dass er mit einer Note im gehobenen Bereich dienstlich beurteilt worden ist. Beiden Umständen kommt indes keine nennenswerte entlastende Bedeutung zu.

42

Nach alledem sieht der Senat in der Gesamtabwägung die eingetretene Vertrauensbeeinträchtigung i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 3 SächsDG als noch nicht so schwerwiegend an, dass sie bereits die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfordert. Zudem kann erwartet werden, dass der Beamte sich die Zeit seiner vorläufigen Suspendierung sowie das Straf- und Disziplinarverfahren und die damit verbundenen Belastungen als nachdrückliche Warnung angedeihen lässt, die ihn von künftigen Dienstpflichtverletzungen abhält.

43

Danach wäre es in der Gesamtabwägung erforderlich, aber auch ausreichend, den Beklagten zur Pflichtenmahnung in ein Amt mit um eine Stufe niedrigerem Endgrundgehalt zurückzustufen.

44

b) Ist danach nicht die Höchstmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst), sondern lediglich eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme durch Zurückstufung in ein um eine Stufe niedrigeres Amt mit geringerem Endgrundgehalt angemessen, so ist zusätzlich dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Disziplinarverfahren (insoweit ist das behördliche und gerichtliche Verfahren insgesamt zu betrachten) mit insgesamt mehr als acht Jahren unangemessen lange gedauert hat i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EMRK. Dies ist (nochmals) mildernd zugunsten des Beamten zu berücksichtigen (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 53 f. und - 2 C 62.11 -Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 19 Rn. 59 ff., 70, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 35 ff., 40 f. sowie vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 50). Die im Streitfall eingetretene unangemessene Verfahrensdauer beruhte nicht - jedenfalls nicht wesentlich - auf einem verfahrensverzögernden Verhalten des Beamten, sondern auf der Behandlung des Verfahrens durch die Ermittlungsbehörden und die Gerichte. Angesichts des Umstands, dass der Beklagte schon im September 2009 vom Dienst suspendiert worden ist, liegt auf der Hand, dass die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile zu einer erheblichen Belastung des über seine berufliche und wirtschaftliche Existenz im Ungewissen lebenden Beamten geführt und auf ihn eingewirkt haben. Eine bloße Verkürzung der Dauer des Beförderungsverbots (§ 9 Abs. 3 BDG) genügt daher nicht, um diese Belastung auszugleichen.

45

c) Ist eine Zurückstufung aus rechtlichen Gründen - hier: infolge überlanger Verfahrensdauer - ausgeschlossen, ist auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen. In diesem Fall ist zwar § 14 Abs. 1 Nr. 2 SächsDG zu berücksichtigen, weil gegen den Beklagten wegen desselben Sachverhalts im Strafverfahren unanfechtbar eine Strafe verhängt worden ist. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen oder prozessualen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung nach § 9 SächsDG verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 SächsDG) ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 SächsDG indes erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung erfordert die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr kommt es nicht an (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 34).

46

d) Einer Kürzung der Dienstbezüge des Beamten steht kein Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs entgegen. Zwar sind seit der Vollendung des Dienstvergehens inzwischen mehr als drei (nämlich acht) Jahre vergangen (§ 15 Abs. 2 SächsDG), doch war dieser Zeitablauf durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens und die Erhebung der Disziplinarklage unterbrochen (§ 15 Abs. 4 SächsDG) und für die Dauer des Strafverfahrens und des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gehemmt (§ 15 Abs. 5 SächsDG).

47

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

48

Da für das Gerichtsverfahren eine Festgebühr erhoben wird (§ 79 SächsDG i.V.m. dem Gebührenverzeichnis), bedarf es keiner gerichtlichen Streitwertfestsetzung.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der 1967 geborene, ledige Beklagte steht als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des Klägers. Wegen des Sachverhalts, der den Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Geheimnisverrats (§ 353b StGB) in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt. In zwei Fällen hatte der Beklagte einem ihm bekannten Mitglied eines Motorradclubs Informationen über ein in der Justizvollzugsanstalt inhaftiertes Mitglied dieses Motorradclubs, der wegen des Vorwurfs des Mordes an einem Mitglied eines konkurrierenden Motorradclubs vor Gericht stand, übermittelt. Der Beklagte hatte angegeben, auf welche Weise der Transport des inhaftierten Mitglieds zum Strafgericht gesichert und wie dieser Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt untergebracht war. Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist neben dem strafgerichtlich abgeurteilten Geheimnisverrat noch der Umstand, dass sich der Beklagte bereit erklärt hatte, für zwei inhaftierte Mitglieder des Motorradclubs bestimmte Gegenstände in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln und den Mitgliedern zu übergeben. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Der Beklagte habe die ihm obliegenden Dienstpflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, zur Amtsverschwiegenheit und zum Befolgen der allgemeinen Richtlinien seines Vorgesetzten verletzt. Bei Würdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Umstände sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die schwerste Verfehlung, die strafbare Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wiege so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis indiziert sei. Zu den beiden Fällen der unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen kämen weitere vorsätzliche Pflichtverletzungen hinzu. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens fielen nicht derart ins Gewicht, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten sei.

4

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde des Beklagten beimisst.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

6

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob der Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als vom Oberverwaltungsgericht angenommene schwerste Verfehlung des Beamten, ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen vermag, dass einzig die Entfernung aus dem Dienst als schwerste Disziplinarmaßnahme geeignet und angemessen ist, um das Vergehen des Beamten zu ahnden".

7

Die so formulierte Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde und deshalb nicht beantwortet werden könnte.

8

Der Frage liegt die Vorstellung zugrunde, das Oberverwaltungsgericht sei davon ausgegangen, der Verstoß des Beklagten gegen die ihm obliegende Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als der schwersten Verfehlung vermöge ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen, einzig seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei als schwerste Disziplinarmaßnahme zur Ahndung des Vergehens des Beamten geeignet und angemessen.

9

Diese Vorstellung entspricht tatsächlich weder der Systematik der Vorschrift des § 13 LDG NW (entspricht § 13 BDG) noch der Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall, das sich an der ständigen Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 S. 3 f.) zum Bedeutungsgehalt der Bestimmung des § 13 LDG NW orientiert hat. Die wörtlich verstandene Fragestellung unterscheidet nicht zwischen der Indizwirkung der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der eigentlichen Bemessung der Disziplinarmaßnahme unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.

10

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Dementsprechend hat die Schwere des Dienstvergehens lediglich eine Indizwirkung, sie bestimmt aber nicht "ohne weitere Wertung" die für die Ahndung des Dienstvergehens angemessene Disziplinarmaßnahme.

11

Sollte sich die Frage - entsprechend den einleitenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung - tatsächlich nicht auf die endgültige Bemessung der Disziplinarmaßnahme, sondern lediglich auf die Einstufung der Schwere des Dienstvergehens i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der grundsätzlichen Zuordnung zu einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Ausgangspunkt für die weiteren Erwägungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 und 3 LDG NW beziehen, so könnte sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen. Denn die so verstandene Frage beträfe die Würdigung des konkreten Einzelfalls, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

12

b) Auch die weitere Frage,

"ob von einer vorsätzlichen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung schon allein dann die Rede sein kann, wenn eine Person, mit welcher der Beamte seit der Kindheit und Jugend persönlich verbunden ist, etwas als persönlichen Gefallen vom Beamten erbittet, die ihrerseits einer kriminellen Vereinigung angehört",

führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch sie betrifft lediglich die Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls und wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.

13

c) Schließlich begründet auch die Frage,

"ob die Erwägungen des Strafgerichts zum Strafmaß - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme tatsächlich unerheblich sind",

nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Bewertung des Dienstvergehens durch die Strafgerichte für die disziplinarrechtliche Würdigung zugrunde gelegt (UA S. 25 f.). Insbesondere geht der Senat unverändert im Grundsatz davon aus, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Bei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 38).

14

Dies gilt aber nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen, nicht aber für ein innerdienstliches Dienstvergehen, bei dem - wie hier - das pflichtwidrige Verhalten in das Amt des Beamten und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Bei diesem hat sich die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW zunächst ebenfalls am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten, um durch die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes an dieser Vorgabe des Gesetzgebers eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 19). Ein über die bisherige Rechtsprechung des Senats hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.

15

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme dagegen keine "indizielle" oder "präjudizielle" Bedeutung zu (stRspr, BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16).

16

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass bei Straftaten im Amt das Strafgericht das sachnähere Gericht ist, um umfassende Erwägungen zur Strafzumessung zu treffen. Wie dargelegt, dient aber die disziplinarrechtliche Ahndung insbesondere eines innerdienstlichen Dienstvergehens nicht der strafrechtlichen Sanktionierung des Pflichtenverstoßes, sondern der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Für diese muss sich das Disziplinargericht nicht an der - im Streitfall ohnehin nicht unerheblichen - Geldstrafe orientieren, sondern hat in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

17

3. Der vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behauptete Verfahrensmangel (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

18

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm in der mündlichen Verhandlung verschiedene Zeitungsberichte zur öffentlichen Wahrnehmung der Gruppe der "..." zur Kenntnis gebracht habe, ohne deren Relevanz für das Verfahren deutlich zu machen und ohne hierzu Fragen an den Beklagten zu richten. Dies trifft nicht zu.

19

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Das Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

20

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf einen im vorstehenden Sinne überraschenden rechtlichen Gesichtspunkt abgehoben. Die Einordnung des Motorradclubs "..." als eine rechtsfeindliche und gewaltbereite Gruppierung war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten ausgeführt, es handele sich bei den "..." um eine Vereinigung, die außerhalb der Gesellschaft und deren Regeln und Gesetze stehe. Immer wieder würden einzelnen Mitgliedern oder ganzen Untergruppierungen Kontakte zur organisierten Kriminalität nachgewiesen, insbesondere hinsichtlich der Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und das Waffengesetz. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sind dem Beklagten vor der Erörterung der Sach- und Rechtslage Berichte über die Gewaltbereitschaft und die Nähe zur Kriminalität von Mitgliedern des Motorradclubs "..." ausgehändigt worden und ist ihm Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben worden. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung eingeräumt, von der langjährigen Mitgliedschaft seines Freundes bei den "..." gewusst zu haben. Angesichts dessen hätte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter Anlass gehabt, von sich aus auf den Gesichtspunkt der Gefährlichkeit der Gruppierung "..." und ihrer Unterstützung durch den zweifachen Geheimnisverrat des Beklagten nach § 353b StGB, bei dem der Strafrahmen immerhin bis zu einer Freistrafe von fünf Jahren reicht, einzugehen und hierzu umfassend vorzutragen.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NW erhoben werden.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die disziplinarrechtliche Behandlung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bilder durch einen Polizeibeamten.

2

Der 1965 geborene Beklagte war bereits in der ehemaligen DDR im Polizeidienst beschäftigt. 1996 wurde er zum Lebenszeitbeamten des klagenden Landes berufen und zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) ernannt. Er wurde zuletzt im Wach- und Wechseldienst einer Polizeiwache verwendet. Seit Oktober 2006 ist er vorläufig des Dienstes enthoben; von einem teilweisen Einbehalt der Bezüge sah der Kläger im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten ab.

3

Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist der Vorwurf, der Beklagte habe kinderpornographische Bilddateien und Videos besessen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 17. Oktober 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht R wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hatte der Beklagte bis zum 16. März 2006 neun Videodateien mit kinderpornographischem Inhalt auf der Festplatte eines von ihm privat genutzten Computers gespeichert, die u.a. die Ausübung von Geschlechts-, Oral- und Analverkehr von Erwachsenen mit Mädchen im Alter von etwa sechs Jahren zeigten. Das Strafgericht berücksichtigte zugunsten des Beklagten, dass er in vollem Umfang geständig war.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dabei ist das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht über die vom Strafgericht abgeurteilten Taten hinaus auch vom Besitz zweier auf dem Computer aufgefundener Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt ausgegangen. Zur Begründung seiner Würdigung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die Pflichtverletzung des Beklagten gehe zwar auf eine außerdienstlich begangene Straftat zurück. Die in dem Fehlverhalten zum Ausdruck kommende defizitäre Einstellung zu der ihm als Polizeibeamten obliegenden Kernpflicht, die Rechtsordnung zu wahren und zu schützen, erlaube aber negative Rückschlüsse auf die Ausübung seines Amtes. Ein Bezug der außerdienstlichen Pflichtverletzung zu den Dienstpflichten des Beklagten sei mithin gegeben, ohne dass es darauf ankomme, ob der Beamte gerade mit der Bearbeitung derjenigen Delikte betraut gewesen sei, die Gegenstand der von ihm begangenen Straftaten waren.

5

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen den vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Dienstbezug. Er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2013 und des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. März 2010 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 70 LDG BB i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Annahme, der Beklagte habe mit dem außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien ein Dienstvergehen begangen (1.), das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt (2.), ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 71 Abs. 2 LDG BB i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

8

1. Mit dem Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien hat der Beklagte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen, die in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen zu bewerten ist .

9

a) Nach den gemäß § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG BB bindenden tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt worden sind, hat er kinderpornographische Schriften besessen und sich damit eines Vergehens nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007 <3009>) schuldig gemacht.

10

Dieses Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - BVerwGE 114, 37 <48> und vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9).

11

b) Außerhalb seines Dienstes ist der Beamte grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG sowie § 19 Satz 3 LBG BB a.F.; hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 21). Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26>).

12

Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Unbeschadet des teilweise veränderten Wortlauts ist mit dieser Vorschrift eine inhaltliche Änderung gegenüber früheren Bestimmungen zur Qualifizierung außerdienstlichen Verhaltens - wie etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG BB a.F. - nicht verbunden (BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 50 ff. und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 16 f.).

13

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <254>).

14

Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger (BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26 f.> und vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 24). Private Straßenverkehrsdelikte etwa begründen daher in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23> zur einmaligen Trunkenheitsfahrt).

15

Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.

16

c) Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne; soweit in der bisherigen Rechtsprechung auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abgestellt worden ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.

17

Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 2 C 51.13 - ZBR 2015, 166 Rn. 28). Dieses - und nicht die mit einem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit - bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Folgerichtig sind auch andere statusrechtliche Entscheidungen, wie etwa zu Eignung oder Dienstfähigkeit des Beamten, nicht auf die sich aus einem bestimmten Dienstposten ergebenden Anforderungen bezogen. Auch die spiegelbildliche Frage, ob der Beamte trotz begangener Pflichtverletzungen noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, muss daher auf sein Amt als Ganzes und nicht auf die Besonderheiten eines begrenzten Tätigkeitsbereichs bezogen werden (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 19). Andernfalls hinge die Möglichkeit der Vertrauensbeeinträchtigung von den Zufälligkeiten des jeweiligen Aufgabenzuschnitts und der Abgrenzung der Dienstposten zum Zeitpunkt der Tatbegehung ab. Der Beamte kann aber jederzeit umgesetzt oder versetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 2 B 102.13 - juris Rn. 9).

18

Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt überdies aus der materiellen Pflichtenstellung in § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben angeknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist aber nicht nur auf den Dienstposten bezogen. Berufspflichten gehen vielmehr über die konkret übertragenen Dienstaufgaben hinaus und werden auch in anderen Rechtsgebieten umfassend verstanden (vgl. etwa § 43 Satz 2 BRAO). Entsprechendes gilt für die Pflicht, dem berufserforderlichen Vertrauen gerecht zu werden. Entstehungsgeschichtlich geht die Bezugnahme auf den Beruf und die hierfür erforderliche Vertrauensstellung bereits auf § 10 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61) zurück und war stets umfassend und nicht nur auf konkrete Dienstpflichten bezogen (vgl. Günther, DÖD 2007, 13 <23>).

19

Auch in funktionaler Hinsicht ist das außerdienstliche Verhalten des Beamten gerade nicht durch die ihm konkret übertragenen Aufgaben seines Dienstpostens bestimmt. Bezüge zu seinem Dienstverhältnis entfaltet das private Verhalten des Beamten vielmehr nur mittelbar, wenn es die Vertrauenswürdigkeit seiner Person berührt und damit auch seine künftige Amtsführung beeinträchtigen kann. Bezugspunkt für die Vertrauensbeeinträchtigung ist damit das dem Beamten als Lebensberuf übertragene Statusamt.

20

Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2, § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <218 f.>; ähnlich bereits Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <27>).

21

d) Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf.

22

Anders als Erziehern oder Lehrern (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 ff.; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 17 und vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 7) ist Polizeibeamten zwar keine spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern auferlegt. Polizeibeamte haben indes Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219> und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - BVerfGK 13, 205 <209> für Staatsanwälte).

23

Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten - gerade zu Lasten Schutzbedürftiger - begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen hatte. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen auch in Ansehung ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen.

24

2. Die vom Oberverwaltungsgericht hierfür als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt nicht gegen § 13 LDG BB.

25

a) Nach § 13 Abs. 1 LDG BB und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

26

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG BB). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

27

b) Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

28

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 Rn. 11 und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

29

Schwerwiegende Straftaten können auch deliktsbezogen identifiziert werden (vgl. zur Zuordnung bestimmter Straftaten zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 40 m.w.N.). Bestimmte Straftaten bewirken bereits aus der Art ihres Unrechtsgehalts einen Vertrauensschaden, der eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lässt. Lässt sich ein Beamter bestechen, ist er als Sachwalter einer gesetzestreuen und unabhängigen Verwaltung nicht mehr denkbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 29). Unabhängig vom konkret verhängten Strafmaß und vom Amt des Beamten ist in der Rechtsprechung insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen als außerdienstliche Verfehlung bewertet worden, die eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gebietet (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 18; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 B 44.09 - juris Rn. 12).

30

c) Entsprechendes kann für den Besitz von kinderpornographischen Schriften nicht gelten. Zwar trägt die Nachfrage nach derartigen Bild- oder Videodateien zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde bei (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 19). Da es beim bloßen Besitz entsprechender Darstellungen aber an einem unmittelbaren Eingriff des Beamten in die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Kinder fehlt, ist die Variationsbreite möglicher Verfehlungen zu groß, um generell von einer hinreichenden Schwere der außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehen zu können. Die außerdienstlich begangene Straftat kann daher nicht bereits deliktstypisch als derart gravierend erachtet werden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gerechtfertigt erscheint (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25).

31

Das Ausmaß des durch die außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss daher im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu kann auf den Strafrahmen zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

32

Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften hat der Senat aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Die Anhebung der Strafandrohung für den (bloßen) Besitz kinderpornographischer Schriften auf bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe durch § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) ist erst nach der hier vorliegenden Tatbegehung in Kraft getreten und kann daher nicht berücksichtigt werden.

33

Weist ein Dienstvergehen indes - wie hier - hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

34

d) Die vom Oberverwaltungsgericht in Ausfüllung dieses Rahmens getroffene Bemessungsentscheidung begegnet keinen Bedenken.

35

Gemäß § 13 Abs. 1 LDG BB ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt etwa vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 32 und vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39).

36

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt deshalb nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 32, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 B 111.13 - juris Rn. 13). Der Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften setzt deshalb voraus, dass das Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere also Anzahl, Art und Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen ist (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11, vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 5 und vom 5. April 2013 - 2 B 79.11 - juris Rn. 7).

37

Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den "Gleichklang zum Strafrecht" auch BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu (vgl. zur Bezugnahme der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung auf die strafrechtliche Sanktion aber § 14 LDG BB). Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10, jeweils a.E.). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.

38

Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane damit nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen (vgl. § 153a Abs. 1 StPO), bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme daher einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht.

39

Bei der Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme ist auch die besondere Stellung von Polizeibeamten zu berücksichtigen. Außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten führen hier angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Die mit § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für die Beamten dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 33). Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht.

40

Diesen Vorgaben entspricht die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Auch in Ansehung des außerdienstlichen Charakters der vom Beklagten begangenen Straftat muss das Dienstvergehen als besonders schwerwiegend erachtet werden. Die im Berufungsurteil im Einzelnen aufgeführten Tatumstände lassen angesichts des gravierenden Inhalts der kinderpornographischen Darstellungen mit zum Teil schwerwiegenden Formen des Missbrauchs auch an jungen Kindern eine andere Beurteilung nicht zu. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht dabei auch berücksichtigt, dass es sich nicht lediglich um Standbilder, sondern um (mehrere) Videoaufnahmen mit zum Teil erheblicher Länge handelt, deren Erstellung eine besondere Belastung der Opfer zwingend mit sich bringt. Die konkreten Tatumstände weisen daher einen Schweregehalt im deutlich oberen Bereich der möglichen Begehungsformen des Besitzes kinderpornographischer Schriften auf. Dementsprechend ist auch von den Strafgerichten eine Freiheitsstrafe von neun Monaten gegen den Beklagten verhängt worden. Dass sich der Beklagte geständig und reuig gezeigt hat, ist vom Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt und gewürdigt worden. Diesem Umstand kommt indes kein derartiges Gewicht zu, dass bei der Gesamtwürdigung auf eine andere als die Höchstmaßnahme erkannt werden könnte. Darüber hinausgehende Entlastungsumstände von relevantem Charakter sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch mit der Revision geltend gemacht worden.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 LDG BB i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die disziplinarrechtliche Behandlung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bilder durch einen Polizeibeamten.

2

Der 1965 geborene Beklagte war bereits in der ehemaligen DDR im Polizeidienst beschäftigt. 1996 wurde er zum Lebenszeitbeamten des klagenden Landes berufen und zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) ernannt. Er wurde zuletzt im Wach- und Wechseldienst einer Polizeiwache verwendet. Seit Oktober 2006 ist er vorläufig des Dienstes enthoben; von einem teilweisen Einbehalt der Bezüge sah der Kläger im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten ab.

3

Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist der Vorwurf, der Beklagte habe kinderpornographische Bilddateien und Videos besessen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 17. Oktober 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht R wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hatte der Beklagte bis zum 16. März 2006 neun Videodateien mit kinderpornographischem Inhalt auf der Festplatte eines von ihm privat genutzten Computers gespeichert, die u.a. die Ausübung von Geschlechts-, Oral- und Analverkehr von Erwachsenen mit Mädchen im Alter von etwa sechs Jahren zeigten. Das Strafgericht berücksichtigte zugunsten des Beklagten, dass er in vollem Umfang geständig war.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dabei ist das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht über die vom Strafgericht abgeurteilten Taten hinaus auch vom Besitz zweier auf dem Computer aufgefundener Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt ausgegangen. Zur Begründung seiner Würdigung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die Pflichtverletzung des Beklagten gehe zwar auf eine außerdienstlich begangene Straftat zurück. Die in dem Fehlverhalten zum Ausdruck kommende defizitäre Einstellung zu der ihm als Polizeibeamten obliegenden Kernpflicht, die Rechtsordnung zu wahren und zu schützen, erlaube aber negative Rückschlüsse auf die Ausübung seines Amtes. Ein Bezug der außerdienstlichen Pflichtverletzung zu den Dienstpflichten des Beklagten sei mithin gegeben, ohne dass es darauf ankomme, ob der Beamte gerade mit der Bearbeitung derjenigen Delikte betraut gewesen sei, die Gegenstand der von ihm begangenen Straftaten waren.

5

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen den vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Dienstbezug. Er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2013 und des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. März 2010 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 70 LDG BB i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Annahme, der Beklagte habe mit dem außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien ein Dienstvergehen begangen (1.), das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt (2.), ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 71 Abs. 2 LDG BB i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

8

1. Mit dem Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien hat der Beklagte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen, die in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen zu bewerten ist .

9

a) Nach den gemäß § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG BB bindenden tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt worden sind, hat er kinderpornographische Schriften besessen und sich damit eines Vergehens nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007 <3009>) schuldig gemacht.

10

Dieses Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - BVerwGE 114, 37 <48> und vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9).

11

b) Außerhalb seines Dienstes ist der Beamte grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG sowie § 19 Satz 3 LBG BB a.F.; hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 21). Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26>).

12

Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Unbeschadet des teilweise veränderten Wortlauts ist mit dieser Vorschrift eine inhaltliche Änderung gegenüber früheren Bestimmungen zur Qualifizierung außerdienstlichen Verhaltens - wie etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG BB a.F. - nicht verbunden (BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 50 ff. und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 16 f.).

13

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <254>).

14

Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger (BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26 f.> und vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 24). Private Straßenverkehrsdelikte etwa begründen daher in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23> zur einmaligen Trunkenheitsfahrt).

15

Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.

16

c) Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne; soweit in der bisherigen Rechtsprechung auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abgestellt worden ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.

17

Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 2 C 51.13 - ZBR 2015, 166 Rn. 28). Dieses - und nicht die mit einem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit - bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Folgerichtig sind auch andere statusrechtliche Entscheidungen, wie etwa zu Eignung oder Dienstfähigkeit des Beamten, nicht auf die sich aus einem bestimmten Dienstposten ergebenden Anforderungen bezogen. Auch die spiegelbildliche Frage, ob der Beamte trotz begangener Pflichtverletzungen noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, muss daher auf sein Amt als Ganzes und nicht auf die Besonderheiten eines begrenzten Tätigkeitsbereichs bezogen werden (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 19). Andernfalls hinge die Möglichkeit der Vertrauensbeeinträchtigung von den Zufälligkeiten des jeweiligen Aufgabenzuschnitts und der Abgrenzung der Dienstposten zum Zeitpunkt der Tatbegehung ab. Der Beamte kann aber jederzeit umgesetzt oder versetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 2 B 102.13 - juris Rn. 9).

18

Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt überdies aus der materiellen Pflichtenstellung in § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben angeknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist aber nicht nur auf den Dienstposten bezogen. Berufspflichten gehen vielmehr über die konkret übertragenen Dienstaufgaben hinaus und werden auch in anderen Rechtsgebieten umfassend verstanden (vgl. etwa § 43 Satz 2 BRAO). Entsprechendes gilt für die Pflicht, dem berufserforderlichen Vertrauen gerecht zu werden. Entstehungsgeschichtlich geht die Bezugnahme auf den Beruf und die hierfür erforderliche Vertrauensstellung bereits auf § 10 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61) zurück und war stets umfassend und nicht nur auf konkrete Dienstpflichten bezogen (vgl. Günther, DÖD 2007, 13 <23>).

19

Auch in funktionaler Hinsicht ist das außerdienstliche Verhalten des Beamten gerade nicht durch die ihm konkret übertragenen Aufgaben seines Dienstpostens bestimmt. Bezüge zu seinem Dienstverhältnis entfaltet das private Verhalten des Beamten vielmehr nur mittelbar, wenn es die Vertrauenswürdigkeit seiner Person berührt und damit auch seine künftige Amtsführung beeinträchtigen kann. Bezugspunkt für die Vertrauensbeeinträchtigung ist damit das dem Beamten als Lebensberuf übertragene Statusamt.

20

Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2, § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <218 f.>; ähnlich bereits Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <27>).

21

d) Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf.

22

Anders als Erziehern oder Lehrern (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 ff.; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 17 und vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 7) ist Polizeibeamten zwar keine spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern auferlegt. Polizeibeamte haben indes Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219> und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - BVerfGK 13, 205 <209> für Staatsanwälte).

23

Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten - gerade zu Lasten Schutzbedürftiger - begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen hatte. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen auch in Ansehung ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen.

24

2. Die vom Oberverwaltungsgericht hierfür als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt nicht gegen § 13 LDG BB.

25

a) Nach § 13 Abs. 1 LDG BB und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

26

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG BB). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

27

b) Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

28

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 Rn. 11 und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

29

Schwerwiegende Straftaten können auch deliktsbezogen identifiziert werden (vgl. zur Zuordnung bestimmter Straftaten zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 40 m.w.N.). Bestimmte Straftaten bewirken bereits aus der Art ihres Unrechtsgehalts einen Vertrauensschaden, der eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lässt. Lässt sich ein Beamter bestechen, ist er als Sachwalter einer gesetzestreuen und unabhängigen Verwaltung nicht mehr denkbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 29). Unabhängig vom konkret verhängten Strafmaß und vom Amt des Beamten ist in der Rechtsprechung insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen als außerdienstliche Verfehlung bewertet worden, die eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gebietet (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 18; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 B 44.09 - juris Rn. 12).

30

c) Entsprechendes kann für den Besitz von kinderpornographischen Schriften nicht gelten. Zwar trägt die Nachfrage nach derartigen Bild- oder Videodateien zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde bei (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 19). Da es beim bloßen Besitz entsprechender Darstellungen aber an einem unmittelbaren Eingriff des Beamten in die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Kinder fehlt, ist die Variationsbreite möglicher Verfehlungen zu groß, um generell von einer hinreichenden Schwere der außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehen zu können. Die außerdienstlich begangene Straftat kann daher nicht bereits deliktstypisch als derart gravierend erachtet werden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gerechtfertigt erscheint (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25).

31

Das Ausmaß des durch die außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss daher im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu kann auf den Strafrahmen zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

32

Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften hat der Senat aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Die Anhebung der Strafandrohung für den (bloßen) Besitz kinderpornographischer Schriften auf bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe durch § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) ist erst nach der hier vorliegenden Tatbegehung in Kraft getreten und kann daher nicht berücksichtigt werden.

33

Weist ein Dienstvergehen indes - wie hier - hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

34

d) Die vom Oberverwaltungsgericht in Ausfüllung dieses Rahmens getroffene Bemessungsentscheidung begegnet keinen Bedenken.

35

Gemäß § 13 Abs. 1 LDG BB ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt etwa vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 32 und vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39).

36

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt deshalb nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 32, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 B 111.13 - juris Rn. 13). Der Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften setzt deshalb voraus, dass das Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere also Anzahl, Art und Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen ist (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11, vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 5 und vom 5. April 2013 - 2 B 79.11 - juris Rn. 7).

37

Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den "Gleichklang zum Strafrecht" auch BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu (vgl. zur Bezugnahme der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung auf die strafrechtliche Sanktion aber § 14 LDG BB). Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10, jeweils a.E.). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.

38

Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane damit nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen (vgl. § 153a Abs. 1 StPO), bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme daher einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht.

39

Bei der Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme ist auch die besondere Stellung von Polizeibeamten zu berücksichtigen. Außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten führen hier angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Die mit § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für die Beamten dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 33). Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht.

40

Diesen Vorgaben entspricht die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Auch in Ansehung des außerdienstlichen Charakters der vom Beklagten begangenen Straftat muss das Dienstvergehen als besonders schwerwiegend erachtet werden. Die im Berufungsurteil im Einzelnen aufgeführten Tatumstände lassen angesichts des gravierenden Inhalts der kinderpornographischen Darstellungen mit zum Teil schwerwiegenden Formen des Missbrauchs auch an jungen Kindern eine andere Beurteilung nicht zu. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht dabei auch berücksichtigt, dass es sich nicht lediglich um Standbilder, sondern um (mehrere) Videoaufnahmen mit zum Teil erheblicher Länge handelt, deren Erstellung eine besondere Belastung der Opfer zwingend mit sich bringt. Die konkreten Tatumstände weisen daher einen Schweregehalt im deutlich oberen Bereich der möglichen Begehungsformen des Besitzes kinderpornographischer Schriften auf. Dementsprechend ist auch von den Strafgerichten eine Freiheitsstrafe von neun Monaten gegen den Beklagten verhängt worden. Dass sich der Beklagte geständig und reuig gezeigt hat, ist vom Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt und gewürdigt worden. Diesem Umstand kommt indes kein derartiges Gewicht zu, dass bei der Gesamtwürdigung auf eine andere als die Höchstmaßnahme erkannt werden könnte. Darüber hinausgehende Entlastungsumstände von relevantem Charakter sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch mit der Revision geltend gemacht worden.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 LDG BB i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis. Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und die Dienstkleidung zu tragen.

(2) Die Zahlung der Dienstbezüge wird mit dem Ende des Kalendermonats eingestellt, in dem die Entscheidung unanfechtbar wird. Tritt der Beamte in den Ruhestand, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird, gilt die Entscheidung als Aberkennung des Ruhegehalts.

(3) Der aus dem Beamtenverhältnis entfernte Beamte erhält für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 Prozent der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen; eine Einbehaltung von Dienstbezügen nach § 38 Abs. 2 bleibt unberücksichtigt. Die Gewährung des Unterhaltsbeitrags kann in der Entscheidung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, soweit der Beamte ihrer nicht würdig oder den erkennbaren Umständen nach nicht bedürftig ist. Sie kann in der Entscheidung über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden; der Beamte hat die Umstände glaubhaft zu machen. Für die Zahlung des Unterhaltsbeitrags gelten die besonderen Regelungen des § 79.

(4) Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat.

(5) Wird ein Beamter, der früher in einem anderen Dienstverhältnis im Bundesdienst gestanden hat, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, verliert er auch die Ansprüche aus dem früheren Dienstverhältnis, wenn diese Disziplinarmaßnahme wegen eines Dienstvergehens ausgesprochen wird, das in dem früheren Dienstverhältnis begangen wurde.

(6) Ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden, darf er nicht wieder zum Beamten ernannt werden; es soll auch kein anderes Beschäftigungsverhältnis begründet werden.

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG) und des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Der 1960 geborene Beklagte ist als Postbetriebsinspektor der Deutschen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er war zuletzt in der Leitung eines Zustellstützpunktes tätig. Im Januar 2006 öffnete der Beklagte einen Fangbrief und entnahm den in ihm enthaltenen 20 €-Schein. In dem daraufhin eingeleiteten Disziplinarverfahren wurde ihm vorgeworfen, mehrfach unbefugt Geldscheine aus Briefen entwendet zu haben. Das Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft nach § 153a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages ein.

3

Mit der Disziplinarklage lastete die Post dem Beklagten an, in 30 Fällen Geldscheine im Wert von insgesamt 210 € aus Briefen genommen zu haben. Das Verwaltungsgericht hat die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis schon wegen der Geldentnahme aus dem Fangbrief nach dessen Öffnung für geboten gehalten. Den 29 weiteren Vorwürfen ist es nicht nachgegangen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil es sämtliche 30 Vorwürfe für erwiesen gehalten hat.

4

2. Der Beklagte hält die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO:

ob eine schwere depressive Erkrankung unterhalb der Schwelle einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht zumindest bei Zugriffsdelikten unterhalb eines Schadensbetrages von 200 € einen einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbaren Umstand bilden kann.

5

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; Beschluss vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ 2011, 507 Rn. 2; stRspr).

6

Mit der von ihm gestellten Frage kann der Beklagte die Revisionszulassung nicht erreichen. Sie ist geklärt, soweit sie einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Erkrankung im Tatzeitraum als mildernder Umstand bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG berücksichtigt werden. Ob sie entscheidend ins Gewicht fällt, hängt von den konkreten Umständen ab und entzieht sich einer generellen Bewertung.

7

Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend konkretisiert, dass die Veruntreuung amtlich anvertrauter Wertsachen (sog. Zugriffsdelikt) so schwer wiegt, dass sie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt, wenn dem Beamten weder ein anerkannter Milderungsgrund zugute kommt noch mildernde Umstände von insgesamt vergleichbarem Gewicht vorliegen (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 27 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f.; Beschluss vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 B 143.11 - juris Rn. 11).

8

Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23 und vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 € ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 13). Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 27; Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 14).

9

Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 12).

10

Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne von §§ 20, 21 StGB zur Tatzeit stellt einen mildernden Umstand dar, der die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig ausschließt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 29 f., Rn. 34). Dies kann für psychische Erkrankungen ohne Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit nicht in gleicher Weise gelten. Sie sind in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG einzustellen, wobei ihre Bedeutung von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen.

11

3. Die vom Beklagten aufgeworfene Frage,

ob eine Beschränkung des Disziplinarverfahrens nach § 56 BDG auch noch im Urteil erfolgen kann,

rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG). Die Frage könnte in einem Revisionsverfahren nicht beantwortet werden, weil das Verwaltungsgericht keine Beschränkung nach § 56 BDG vorgenommen hat.

12

Nach § 56 Satz 1 BDG kann das Gericht das Disziplinarverfahren beschränken, indem es solche Handlungen ausscheidet, die für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht oder voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen. Die ausgeschiedenen Handlungen können nach Satz 2 nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, es sei denn, die Voraussetzungen für die Beschränkungen entfallen nachträglich.

13

§ 56 Satz 1 BDG ermöglicht aus Gründen der Verfahrensökonomie das Ausscheiden von Tathandlungen, deren Bedeutung für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme bereits während des anhängigen Verfahrens nach jeder Betrachtungsweise sicher ausgeschlossen werden kann. Dagegen ermöglicht es § 56 Satz 1 BDG nicht, dass das Gericht Vorwürfe nicht behandelt, weil es sie nach seiner Einschätzung für weniger schwerwiegend hält. Insbesondere darf es den Sach- und Streitstoff nicht verkürzen, indem es für einen Vorwurf oder einen Teil der Vorwürfe die Höchstmaßnahme verhängt. Die gesetzliche Beschränkungsmöglichkeit führt weder das Opportunitätsprinzip ein noch ermöglicht sie eine Beschränkung unter dem Gesichtspunkt der Verständigung der Beteiligten ("Deal").

14

Diese Auslegung des § 56 Satz 1 BDG ergibt sich aus Gesetzeswortlaut und -zweck. Die Regelung knüpft an den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens an. Nach diesem in § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG verankerten Grundsatz begehen Beamte ein Dienstvergehen (Einzahl), wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten (Mehrzahl) verletzen. Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Diese werden durch eine einheitliche Disziplinarmaßnahme geahndet, die aufgrund des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten zu bestimmen ist (Urteile vom 14. Februar 2007 - BVerwG 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 Rn. 22 = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 26 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 19). Der Grundsatz bringt zum Ausdruck, dass Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage ist, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, nach seiner Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls das zu bejahen ist, durch welche Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Pflichtenverstöße zu verhindern (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - Rn. 34 m.w.N., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen). Der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens verlangt, dass über alle Pflichtverletzungen grundsätzlich eine einheitliche Maßnahme bestimmt wird.

15

Allerdings hat der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für die Berufungsinstanz aus prozessökonomischen Gründen zugelassen, dass nicht alle Tatvorwürfe geprüft werden müssen, wenn bereits einzelne festgestellte Pflichtverletzungen die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme gebieten (Urteil vom 27. November 1996 - BVerwG 1 D 28.95 - BVerwGE 113, 32 <35 f.>).

16

Die Beschränkungsmöglichkeit nach § 56 Satz 1 BDG bezweckt in Anknüpfung an die hierzu ergangene Rechtsprechung die Beschleunigung der Disziplinarverfahren durch die instanzenübergreifende Möglichkeit, einzelne Handlungen auszuscheiden, die für die zu erwartende Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen (BTDrucks 14/4659 S. 40 und S. 49). Das Disziplinarverfahren soll von überflüssigem Ballast befreit werden können, muss aber weiterhin die gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten (vgl. § 13 BDG) ohne Abstriche ermöglichen.

17

Das Verwaltungsgericht hat das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht auf den von ihm geprüften Tatvorwurf beschränkt. Es hat weder § 56 BDG zitiert noch ausdrücklich eine Beschränkung ausgesprochen, sondern ausgeführt, dass eine abschließende Feststellung, ob der Beklagte in insgesamt 30 Fällen widerrechtlich Briefe geöffnet und hieraus insgesamt 210 € Bargeld entnommen habe, entbehrlich sei, weil er hinsichtlich des Fangbriefes zweifelsfrei überführt sei. Es hat nicht zuvor auf eine etwaige Absicht einer Beschränkung hingewiesen, wozu es im Hinblick auf die erforderliche Gewährung des rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, verpflichtet gewesen wäre, wenn es denn hätte beschränken wollen.

18

Im Übrigen kann nicht zweifelhaft sein, dass die Nichtbehandlung von 29 von 30 Tatvorwürfen von § 56 Satz 1 BDG nicht gedeckt gewesen wäre. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der als erwiesen erachtete Tatvorwurf gebiete die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, ist im Rahmen des § 56 Satz 1 BDG unbeachtlich. Dies folgt daraus, dass eine abweichende Gesamtwürdigung des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts, in Ansehung der Persönlichkeit des Beklagten, jedenfalls ernsthaft in Betracht kam.

19

4. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG wegen Verstoßes gegen § 86 Abs. 1 VwGO, § 3 BDG nicht vor.

20

Der Beklagte rügt als Verfahrensmangel, dass es das Oberverwaltungsgericht unterlassen habe, den Kammervorsitzenden des Verwaltungsgerichts dazu anzuhören, ob das Verwaltungsgericht das Disziplinarverfahren beschränkt hat; deshalb sei das Oberverwaltungsgericht zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen, dass das Verwaltungsgericht keine Beschränkung des Disziplinarverfahrens vorgenommen habe. Damit kann er ersichtlich nicht durchdringen. Eine derartige Anhörung hätte nichts zur Entscheidungsfindung beitragen können. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht eine Beschränkung nach § 56 Satz 1 BDG vorgenommen hat, ist ausschließlich aufgrund der gerichtlichen Entscheidungen zu beantworten. Ein mitwirkender Richter kann nicht im Nachhinein erläutern, welche Entscheidungen das Gericht getroffen hat bzw. welchen Inhalt sie haben.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf einem vom Beklagten geltend gemachten Verstoß gegen die aus § 57 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW folgende Pflicht zur umfassenden Erforschung des entscheidungserheblichen Sachverhalts.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Beklagten und wird auch als Rettungsassistent eingesetzt. Der Beklagte ist wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie wegen Entziehung elektrischer Energie strafrechtlich vorbelastet. Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten auf der Fahrt im Rettungswagen 50 € entwendet, um diese für sich zu behalten. Erst nach Aufforderung durch den Fahrer des Rettungswagens, der den Beklagten bei der Tat beobachtet und anschließend zur Rede gestellt hatte, gab der Beklagte das Geld zurück. Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

3

1. Die Revision ist nicht wegen der vom Beteiligten geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW).

4

In der Rechtsprechung ist zum einen anerkannt, dass die Anwendung des Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der entwendeten Sache auch voraussetzt, dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Interessen verletzt sind und der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder durch die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist (Urteil vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311> = Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 28). Zum anderen ist geklärt, dass das Verwaltungsgericht gegen die Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 2 LDG NRW und auch gegen das verfassungsrechtlich fundierte Schuldprinzip verstößt, wenn es ohne Sachaufklärung zu Gunsten des Beamten davon ausgeht, dessen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sei im Zeitpunkt der Tat im Sinne des § 21 StGB vermindert gewesen, die Erheblichkeit dieser Annahme jedoch im Hinblick auf die Einsehbarkeit der betreffenden Pflicht verneint. Vielmehr haben die Verwaltungsgerichte für die von ihnen zu treffende Bemessungsentscheidung die Frage einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten bei der Tat im Sinne des § 21 StGB aufzuklären, wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen. Die Frage, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20 und 21 StGB gehandelt hat, darf nicht quasi schematisch als unbeachtlich behandelt werden (Urteile vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 S. 3 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 31 m.w.N.). Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt der Beklagte in seiner Beschwerde nicht auf.

5

2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW) zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 ).

6

Nach diesen Grundsätzen ist eine Divergenz nicht dargelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil nicht entgegen dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2005 (- BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) den Rechtssatz aufgestellt, das für die Bemessungsentscheidung bedeutsame Persönlichkeitsbild des betroffenen Beamten sei allein anhand einer einzelnen strafrechtlichen Verurteilung zu bestimmen und andere Umstände, wie etwa die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten, seien irrelevant. Auch hat das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil keine allgemeinen Rechtssätze aufgestellt, die denen des Senats in seinem Urteil vom 25. März 2010 (- BVerwG 2 C 83.08 - a.a.O.) zur Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" und zur Pflicht des Verwaltungsgerichts zur Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich einer möglichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten zum Tatzeitpunkt widersprechen. Insbesondere ist das Oberverwaltungsgericht nicht rechtssatzmäßig davon ausgegangen, für die Bemessungsentscheidung stelle sich die Frage nach der Erheblichkeit einer krankhaften Störung von vornherein nicht, weil ihr Vorliegen an sich generell unerheblich sei.

7

3. Begründet ist jedoch die Verfahrensrüge des Verstoßes gegen die aus § 57 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW folgende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW). Das Oberverwaltungsgericht durfte den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erkrankung des Beklagten nicht mit der Begründung ablehnen, der Beweisantrag sei unerheblich.

8

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Den Tatsachengerichten obliegt danach die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1).

9

Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat gemindert war, so darf das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Bemessungsentscheidung diesen Aspekt nicht offen lassen oder zu Gunsten des Betroffenen unterstellen und sogleich auf die Einsehbarkeit der betreffenden Pflicht abstellen. Vielmehr muss es die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären. Hat der Beamte zum Tatzeitpunkt an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten oder sollte eine solche Störung nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können und ist die Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten erheblich, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 29 ff.).

10

Hierzu muss geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer Krankheit gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat, und welchen Umfang diese Minderung hat. Aufgrund des Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren bestand für das Oberverwaltungsgericht auch hinreichender Anlass, der entscheidungserheblichen Frage der Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten zum Tatzeitpunkt nachzugehen. Der Beklagte hatte das Attest des ihn behandelnden Arztes vom 4. Mai 2010 vorgelegt. In diesem wurde auf ein bisher nicht erkanntes schweres Schlafapnoesyndrom sowie auf die beim Beklagten diagnostizierte depressive Grunderkrankung hingewiesen, die auch zu kognitiven Defiziten führt. Zugleich wurde eine weitere Aufklärung für erforderlich gehalten. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung den unbedingten Beweisantrag gestellt, ein Sachverständigengutachten zur Frage einzuholen, ob bei ihm eine schwere chronische Schlafstörung vorliegt und ob diese zu Störungen des Bewusstseins in Form von Verhaltensaussetzern und Kontrollverlusten führt.

11

Von einem Eingehen auf die weitere Verfahrensrüge des Beklagten kann abgesehen werden (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

12

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Lösung von Tatsachenfeststellungen des rechtskräftigen Strafurteils auch dann in Betracht kommt, wenn neue Beweismittel vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen, und nach denen die Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36; Beschluss vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11).

Tatbestand

1

Der 1955 geborene Beklagte war als Justizvollzugsobersekretär zuletzt in der Justizvollzugsanstalt für Frauen in B. tätig. Er befindet sich seit dem 1. November 2004 aufgrund einer psychischen Erkrankung wegen dauernder Dienstunfähigkeit im vorzeitigen Ruhestand. Nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung war der Beklagte durch diese Erkrankung im Jahre 2002 gesundheitlich nicht in der Lage, die Folgen seines unentschuldigten Fehlens im Dienst objektiv zu beurteilen.

2

Der Beklagte war von Mai 1998 bis Oktober 2001 in zweiter Ehe mit einer aus G. stammenden Frau verheiratet, die einen 1986 geborenen Sohn und eine 1991 geborene Tochter mit in die Ehe brachte. Während der Ehe litt er unter Alkoholabhängigkeit. Mit rechtskräftigem Strafurteil des Amtsgerichts T. vom 23. Juli 2003 wurde er wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes (§§ 174, 176 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts rief der Beklagte an einem Abend zwischen Juni und August 1998 seine sechs Jahre alte Stieftochter zu sich auf den Balkon, wo er mit herabgelassener Hose und sichtbar erigiertem Penis saß. Er veranlasste sie, sich zu ihm zu setzen. Dann zog er ihr die Hose und Unterhose herunter und hob ihr T-Shirt an, streichelte und küsste sie am Bauch und an den Innenseiten der Oberschenkel und manipulierte mit seiner Hand an ihrer Scheide. Er ergriff eine Hand des Kindes und führte sie in Richtung seines Penis.

3

Wegen dieser Straftat hat das Berufungsgericht im Disziplinarklageverfahren auf die Berufung des Beklagten die Aberkennung des Ruhegehalts durch das Verwaltungsgericht bestätigt. Es hat sich an die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil gebunden gesehen, die auch die Feststellung schuldhaften Handelns umfassten. Der sexuelle Missbrauch stelle ein gravierendes Dienstvergehen dar. Der Beklagte habe während seiner Zeit im aktiven Dienst das Ansehen des Berufsbeamtentums nachhaltig beschädigt, was die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis notwendig mache. Dem entspreche nach der Versetzung in den Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehalts. Das strafbare Fehlverhalten sei von einer Reihe erschwerender Umstände gekennzeichnet. Das Eigengewicht der Tat sei erheblich und bewege sich nicht am unteren Rand denkbarer Missbrauchsfälle. Die Tat sei durch eine erhebliche Intensität der intimen Berührungen gekennzeichnet. Seine im gemeinsamen Haushalt lebende Stieftochter sei zum Zeitpunkt des Übergriffs erst sechs Jahre alt und dem sexuellen Übergriff schutzlos ausgeliefert gewesen. Negative Folgewirkungen für das Kind seien nicht ausgeschlossen. Da die strafrechtliche Bedeutung das disziplinarische Gewicht des Fehlverhaltens maßgebend bestimme, zeige schließlich auch das Strafmaß die Schwere des Dienstvergehens.

4

Durchgreifende Entlastungsgründe lägen nicht vor. Insbesondere handele es sich nicht um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation. Zwar sei zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen, dass er bei der Tatbegehung vermindert schuldfähig gewesen sei. Dies wirke sich aber nicht mildernd aus, weil der Beklagte selbstverständliche Grundpflichten des Beamtenverhältnisses verletzt habe.

5

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Juni 2006 und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Mai 2007 aufzuheben und dem Beamten das Ruhegehalt zu kürzen.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Berufungsurteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses verteidigt ebenfalls das angegriffene Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesrecht (§ 49 Abs. 1 Satz 1, § 41 des Disziplinargesetzes für das Land Berlin (DiszG) i.V.m. §§ 69, 70 BDG). Das Berufungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts aufgrund einer Bemessungsentscheidung bestätigt, die gegen die gesetzlichen Vorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 DiszG verstößt. Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 41 DiszG i.V.m. § 70 Abs. 2 BDG).

9

Die Verwaltungsgerichte erkennen aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 DiszG (entspricht § 13 BDG) auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme, wenn sie nach umfassender Sachaufklärung (§ 41 DiszG i.V.m. § 58 BDG, § 86 Abs. 1 und 2 VwGO) zu der Überzeugung gelangen, dass der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen begangen hat, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 41 DiszG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BDG, § 5 DiszG). Sie sind dabei an die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2).

10

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

11

Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat für die wortgleiche Vorschrift des § 13 BDG in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - (a.a.O.; seitdem stRspr) näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 DiszG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 DiszG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

12

Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

13

1. Das rechtskräftig festgestellte außerdienstliche Sexualdelikt des Beklagten gegen ein Kind ist in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen der Allgemeinheit gegenüber dem Beamten in einer für sein Amt und das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise gravierend zu beeinträchtigen (zu a). Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens und der damit verbundenen Ansehensschädigung auch dann geeignet, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts zu rechtfertigen, wenn die Tat keinen dienstlichen Bezug aufweist (zu b). Dies entbindet die Gerichte nicht von einer Prüfung der sonstigen relevanten subjektiven und objektiven Handlungsmerkmale im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG (zu c und 2.).

14

a) Auch strafbares außerdienstliches Verhalten stellt nur dann ein disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten dar, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. (seit 1. April 2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) erfüllt sind, d.h. es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

15

Für die entsprechenden bundesrechtlichen Vorschriften in § 54 Satz 3 BBG a.F. und § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG hat der Disziplinarsenat (Urteil vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 ff.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23) hervorgehoben, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG dem Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten Rechnung tragen wollte. Diese werden nicht mehr als Vorbild in allen Lebenslagen angesehen, die besonderen Anforderungen an Moral und Anstand unterliegen. Daher ist ein außerdienstliches Fehlverhalten nur dann disziplinarisch bedeutsam, wenn es die Achtung und das Vertrauen beeinträchtigt, die der Beruf des Beamten erfordern. Die Beeinträchtigung muss sich auf das konkrete Amt des Beamten beziehen oder das Ansehen des Beamtentums nachhaltig beschädigen.

16

In Reaktion auf diese Rechtsprechung erwähnt § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG den Ansehensverlust nicht mehr. Insoweit wird in der Gesetzesbegründung hervorgehoben, dass die vorkonstitutionelle Auffassung, Beamte seien "immer im Dienst", in dieser Allgemeinheit nicht mehr gelte. Es gehe allein um das Vertrauen in eine objektive, rechtmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung (vgl. BTDrucks 16/4027). Eine Rechtsänderung ergibt sich hieraus nicht. Die Wahrung des "Ansehens des Beamtentums" dient allein der Erhaltung eines allgemeinen Vertrauens in eine rechtsstaatliche Verwaltung. Das Berufsbeamtentum soll eine stabile gesetzestreue Verwaltung sichern, die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung verteidigen und durch Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen. Das Vertrauen, dass er diesem Auftrag gerecht wird und dessen er zur Erfüllung seiner Aufgabe bedarf, darf der Beamte durch sein Verhalten nicht beeinträchtigen (Urteil vom 30. August 2000 a.a.O. m.w.N.).

17

Der mit der Gesetzesänderung nachvollzogene Wertungswandel bei der Beurteilung außerdienstlichen Verhaltens als Dienstvergehen ist zu berücksichtigen, entsprach aber bereits zum Tatzeitpunkt der Auslegung der seinerzeit geltenden § 20 Satz 3 und § 40 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. durch das Bundesverwaltungsgericht. Für die Frage, ob der Beamte im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist daher weiterhin die damalige Sach- und Rechtslage maßgebend, weil es auch im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB kein für den Beklagten materiellrechtlich günstigeres neues Recht gibt (vgl. dazu zuletzt: Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1, m.w.N.).

18

Vorsätzlich begangene schwerwiegende Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden sind, führen allerdings auch ohne Bezug auf das konkrete Amt in der Regel zu einer Ansehensschädigung wie die gesetzgeberische Wertung in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG (bzw. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, vormals § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F. bzw. § 83 Satz 1 Nr. 1 LBG a.F.) zeigt (Urteil vom 30. August 2000 a.a.O.). Um eine solche schwerwiegende Straftat handelt es sich bei einem vorsätzlich begangenen außerdienstlichen Sexualdelikt gegen ein Kind im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB, das mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden ist. Eine solche Straftat ist - unabhängig vom konkreten Amt, das der Beamte innehat - geeignet, das Ansehen des Berufsbeamtentums derart schwerwiegend zu beeinträchtigen, dass als Richtschnur für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts zugrunde gelegt werden kann.

19

b) Das folgt aus der in hohem Maße schädlichen Wirkung eines sexuellen Missbrauchs für die Persönlichkeit des Kindes (Art. 2 Abs. 1 GG) verbunden mit einer schweren Verletzung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die auch in dem hohen Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB zum Ausdruck kommt. Der strafbare sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeitsschädigend, weil er in den Reifeprozess eines jungen Menschen eingreift und nachhaltig die Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit gefährdet. Ein Kind oder Jugendlicher kann wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife das Erlebte intellektuell und gefühlsmäßig in der Regel gar nicht oder nur sehr schwer verarbeiten. Zugleich benutzt der Täter sein kindliches Opfer als Mittel zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs. In dieser Herabminderung zum bloßen Objekt seines eigenen Sexualverhaltens liegt eine grobe Missachtung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes. Sexualdelikte gegen Kinder unterliegen mittlerweile durchgängig einer starken gesellschaftlichen Ächtung. Der Gesetzgeber hat in Reaktion hierauf Kinder unter 14 Jahren unter einen uneingeschränkten strafrechtlichen Schutz gestellt. Die Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 176, 176a, 176b, ebenso § 184b, vgl. auch § 5 Nr. 8b StGB) bezwecken, die Entwicklung des Kindes vor vorzeitigen sexuellen Erlebnissen zu schützen. Deshalb führt auch der außerhalb des Dienstes begangene sexuelle Missbrauch eines Kindes durch einen Beamten in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters zu einer erheblichen Ansehensbeeinträchtigung des Beamten, wenn nicht zu völligem Ansehensverlust, also zu einem Verlust des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität des Beamtentums. Insbesondere in einem freiheitlich- demokratischen Rechtsstaat ist das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Beamtenschaft für den geordneten Ablauf der öffentlichen Verwaltung unabdingbar. Dieses Vertrauen wird auch durch das persönliche Ansehen eines jeden Beamten bestimmt (vgl. zuletzt Urteil vom 24. Februar 1999 - BVerwG 1 D 72.97 - juris, m.w.N.).

20

c) Dies entbindet die Gerichte jedoch nicht davon, die Umstände des Einzelfalls ausreichend zu würdigen. Für die Zumessungsentscheidung müssen die in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen zukommenden Gewicht ermittelt und eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (stRspr, vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669 f., m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 30). Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen, die maßgebend auch vom Verschulden des Beamten abhängt. Insbesondere entfällt die Indizwirkung dann, wenn sich im Einzelfall aufgrund des Persönlichkeitsbildes des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, dass die prognostische Gesamtwürdigung den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört (dazu sogleich zu 2.).

21

Ungeachtet der Schwere des mit einer Freiheitsstrafe geahndeten sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB können über das Eigengewicht der Tat hinaus weitere erschwerende Umstände hinzutreten. Darauf kommt es an, wenn dem Beamten nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" mildernde Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen.

22

Hier kann sich der Umstand, dass in Tateinheit mit dem Kindesmissbrauch der Missbrauch einer Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) verwirklicht wurde, neben dem Eigengewicht der Tat nicht zusätzlich erschwerend auswirken. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn dem Beamten - etwa einem Lehrer - dienstlich Kinder anvertraut sind, da dann dem außerdienstlichen Fehlverhalten zugleich eine Indizwirkung für die Erfüllung der Dienstpflichten zukommt.

23

Irrelevant sind auch die weiteren vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umstände, dass das Tatgeschehen durch eine erhebliche Intensität der intimen Berührungen gekennzeichnet sei, es sich um ein erst sechs Jahre altes Kind gehandelt habe und eine hohe Freiheitsstrafe ausgesprochen worden sei. Diese Umstände begründen die Schwere des Dienstvergehens und fallen deshalb nicht zusätzlich ins Gewicht.

24

Bemessungsrelevant sind dagegen solche Umstände, die auch nach der Wertung im Strafrecht zu berücksichtigen sind - etwa die Intensität und Häufigkeit der sexuellen Beziehungen und die Folgen für das Kind - wie dies durch die § 176 Abs. 3, § 176a und § 176b StGB zum Ausdruck kommt. Weniger schwerwiegend sind etwa die in § 176 Abs. 4 und 5 StGB beschriebenen Straftaten.

25

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den negativen Folgewirkungen für das Kind verletzen § 13 Abs. 1 DiszG in mehrfacher Hinsicht:

26

Negative Folgewirkungen für das Kind sind disziplinarisch nur dann - im Gleichklang mit dem Strafrecht - als erschwerend anzusehen, wenn das Kind durch die Tat in die Gefahr einer erheblichen Schädigung der seelischen oder körperlichen Entwicklung des Kindes gebracht wird (vgl. § 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB). Diese strafschärfende Qualifikation hat das Amtsgericht jedoch nicht festgestellt. Unabhängig davon genügt es nicht, wenn negative Folgewirkungen lediglich nicht ausgeschlossen werden können. Zum einen ist die Gefahr einer seelischen Schädigung mit einem sexuellen Missbrauch immer verbunden, lässt sich also nie ausschließen. Gerade deshalb sind die Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern als abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestaltet. Zum anderen führt die Wendung, negative Folgewirkungen für das Kind seien nicht ausgeschlossen, in einen Konflikt mit dem auch im Disziplinarrecht geltenden Grundsatz "in dubio pro reo". Eine Gefahr setzt voraus, dass hinreichende und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich diese verwirklichen wird. Worin diese bestehen, muss aufgezeigt werden.

27

Hinzu kommt Folgendes: Dem Strafurteil lässt sich zu Folgewirkungen für das Kind nichts entnehmen, so dass das Berufungsgericht hierzu den Sachverhalt hätte selbst aufklären und die erforderlichen Beweise erheben müssen (§ 41 DiszG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG, § 3 DiszG i.V.m. § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 2 VwGO, vgl. Beschluss vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5). Das Berufungsgericht stellt in diesem Zusammenhang auf die polizeiliche Vernehmung des Kindes ab. Der erkennende Senat vermag dieser Vernehmung nichts dergleichen zu entnehmen. Eine besondere eigene Sachkunde hat das Berufungsgericht nicht geltend gemacht. Die von ihm in diesem Zusammenhang herangezogenen Stellungnahmen der behandelnden Pädagogin und der Soziologin (nicht: Psychotherapeutin) lassen nicht erkennen, dass der sexuelle Missbrauch als Hauptursache für die Leistungs- und Verhaltensprobleme des Kindes anzusehen ist. Die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin des Jugendamtes hat ausgeführt, dass das Kind während der Therapiestunden nicht über einen sexuellen Missbrauch gesprochen habe und auch keine Hinweise in seinem Verhalten vorlägen, die eindeutig auf sexuellen Missbrauch zurückzuführen seien. Auch angesichts dessen hätte das Berufungsgericht, wollte es diesem Umstand maßgebende Bedeutung beimessen, hierzu den Sachverhalt weiter aufklären müssen.

28

2. Das Berufungsgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die Frage einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten bei der Tat im Sinne des § 21 StGB aufzuklären und entsprechend ihrer rechtlichen Bedeutung bei der Würdigung der subjektiven Handlungsmerkmale und des Persönlichkeitsbildes des Beklagten zu berücksichtigen.

29

a) Das Berufungsgericht ist zu Gunsten des Beklagten davon ausgegangen, dass seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Zeitpunkt des sexuellen Übergriffs im Sinne des § 21 StGB vermindert war (UA S. 14u), verneint aber gleichwohl die Relevanz, also die Erheblichkeit dieser Annahme, weil der Beklagte die leicht einsehbare Pflicht verletzt habe, die sexuelle Integrität Dritter, insbesondere von Kindern nicht zu verletzen. Dies verstößt nicht nur gegen die Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 1 bis 4 DiszG, sondern auch gegen das verfassungsrechtlich fundierte Schuldprinzip (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30). Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 m.w.N.; stRspr). Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund der krankhaften seelischen Störung erheblich im Sinne des § 21 StGB war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 33).

30

Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Alkoholabhängigkeit kommt, auch wenn sie pathologischer Natur ist, hinsichtlich des Schweregrades einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB nur gleich, wenn sie entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Betroffene die Tat im akuten Rausch begangen hat. Nur unter diesen Voraussetzungen kann eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB in Betracht kommen.

31

Das Berufungsgericht durfte daher die Frage, aufgrund welcher Tatsachen die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB ernsthaft in Betracht kommen ("in dubio pro reo") nicht offen lassen oder zugunsten des Beklagten ohne tatsächliche Grundlagen eine erhebliche Minderung unterstellen. Vielmehr musste es selbst die hierfür erforderlichen Umstände aufklären. Die Frage, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB gehandelt hat, darf nicht quasi schematisch als unbeachtlich behandelt werden (stRspr, Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50).

32

Hier ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte möglicherweise schon zum Tatzeitpunkt psychisch erkrankt war und unter Alkoholmissbrauch litt. Ferner gab es einen Beweisantrag zu § 21 StGB, so dass für das Berufungsgericht begründeter Anlass bestand, diesen entscheidungserheblichen Fragen nachzugehen.

33

b) Das Berufungsgericht wird daher zunächst durch Einholung von Sachverständigengutachten zu prüfen haben, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte im Tatzeitraum an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten hat. Sollte eine solche Störung nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können, so stellt sich die Frage nach der Erheblichkeit einer dadurch bewirkten Verminderung der Schuldfähigkeit.

34

Liegt allerdings eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB tatsächlich vor, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Auch insoweit leidet das Berufungsurteil an einem Abwägungsmangel. Es hat zwar eine Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten im Sinne des § 21 StGB ohne eigene Tatsachenfeststellung unterstellt, diesen Umstand aber dann als unbeachtlich gewertet. Dies ist in sich widersprüchlich. Wenn eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können.

35

Unter Umständen kann dann der Umstand, dass die Tat in eine zeitlich begrenzte und mittlerweile abgeschlossene Lebensphase verstärkten Alkoholkonsums fiel, ebenfalls Gewicht erlangen.

36

Litt der Beamte tatsächlich an einer Störung im Sinne des § 20 StGB bereits zum Zeitpunkt der Missbrauchstat, ist nicht auszuschließen, dass er bereits seinerzeit schuldunfähig war, wie dies das Berufungsgericht (und bereits das Verwaltungsgericht) für die weiter angeklagten Taten des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst und der Versäumung der amtsärztlichen Untersuchungen angenommen hat. Erhebliche Fehlzeiten und der Verdacht eines Alkoholmissbrauchs waren bereits zum Tatzeitpunkt gegeben. Das Amtsgericht ist dem Alkoholkonsum nicht näher nachgegangen, die psychische Erkrankung des Beamten, die schließlich zu seiner Dienstunfähigkeit geführt hat, wurde nicht problematisiert. Insoweit könnte das Ergebnis der Ermittlungen des Berufungsgerichts zu § 21 StGB sogar Anlass zu einer Lösung von den Feststellungen des Strafgerichts zu § 20 StGB geben. Diese Feststellungen wären dann nicht mehr nach § 41 DiszG i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG bindend, weil sie sich als offenbar unrichtig im Sinne des Satzes 2 dieser Vorschrift erwiesen hätten.

Gründe

1

Die auf Verfahrensmängel (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Der 1969 geborene Beklagte steht als Zollhauptsekretär (Besoldungsgruppe A 8 BBesO) im Dienst der Klägerin. Im Dezember 2011 wurde der Beklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung in 13 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung, Sachbeschädigung und Bedrohung, in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagte sämtliche Taten wegen einer psychischen Störung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB begangen hat. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten, entsprechend dem Antrag der Klägerin, um zwei Besoldungsstufen in das Amt eines Zollsekretärs zurückgestuft. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die Ahndung des außerdienstlichen Dienstvergehens des Beklagten mit einer milderen Maßnahme als der Zurückstufung um zwei Besoldungsstufen komme nicht in Betracht. Da der Strafrahmen für die vom Beklagten mehrfach begangenen vorsätzlichen Körperverletzungen fünf Jahre betrage, reiche der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Zu Gunsten des Beklagten sei die im Sommer 2011 begonnene psychiatrisch-psychologische Therapie zu berücksichtigen, die die Wiederholungsgefahr verringert habe. Ferner sei nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit könne die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden. Einer weiteren Milderung stünden die große Anzahl (13), der lange Zeitraum der strafrechtlichen Verfehlungen (2007, 2008 und 2011) sowie der Umstand entgegen, dass der Beklagte sein Verhalten noch während des Laufs der strafrechtlichen Ermittlungen und sogar noch nach Anklageerhebung fortgeführt habe. Die im Zeitraum von Anfang 2007 bis Mai 2011 durchgeführte Verhaltenstherapie könne demgegenüber nicht als entlastender Umstand bewertet werden. Der Beklagte habe die Straftaten nahezu parallel zu dieser Verhaltenstherapie verübt. Angesichts der Stellungnahme des Therapeuten, der den Beklagten seit Juni 2011 betreue, könne auch noch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine abgeschlossene Lebensphase handele.

4

2. Die vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

5

a) Der Beklagte sieht einen Verfahrensmangel zunächst darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht es unterlassen habe, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären, zu welchem früheren Zeitpunkt vor Mai 2011 der Beklagte hätte erkennen müssen, dass die Verhaltenstherapie nicht zum Erfolg führen würde, und ob der Beklagte als psychiatrisch bzw. psychologisch nicht ausgebildeter Laie vor Mai 2011 erkennen konnte, dass die Verhaltenstherapie nicht erfolgreich sein könnte. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht aber nicht gegen die ihm obliegende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verstoßen.

6

Nach § 58 Abs. 1 BDG und § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, die Aufklärung des Sachverhalts auch in Bezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG) zu versuchen, soweit dies für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der Dinge zumutbar erscheint. Das Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein Beweisantrag gestellt worden ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. September 2008 - 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 = NVwZ 2009, 597 jeweils Rn. 7, vom 6. September 2012 - 2 B 31.12 - juris Rn. 11 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 36).

7

Zu den nach § 13 Abs. 1 BDG bemessungsrelevanten Umständen gehört auch das Ergebnis einer vom Beamten im Hinblick auf das Dienstvergehen begonnenen Verhaltenstherapie. Dies gilt zu Lasten des Beamten wie auch zu seinen Gunsten. Persönlichkeitsbild und Verhaltensprognose sind ungünstig, wenn eine im Hinblick auf das Dienstvergehen durchgeführte Therapie ohne Erfolg bleibt. Dagegen können nachträgliche Therapiemaßnahmen bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (BVerwG, Urteile vom 27. November 2001 - 1 D 64.00 - juris Rn. 35 und vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 29 f.).

8

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu den vom Beklagten begangenen Straftaten sowie zur Beeinträchtigung seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Zeitraum von Anfang März 2007 bis Mitte 2011 bedurfte es zur Beantwortung der Frage, wann der Beklagte die Erfolglosigkeit dieser Therapie erkennen konnte, keines Sachverständigengutachtens. Dass der Verhaltenstherapie der Erfolg versagt blieb, offenbarte sich mit jeder vorsätzlichen Körperverletzung, die der Beklagte nach Beginn der Therapie jeweils zum Nachteil einer ihm nahestehenden Person begangen hat. Dies zu erkennen, war dem Beklagten aufgrund der vom Oberverwaltungsgericht festgestellten unbeschränkt bestehenden Einsichtsfähigkeit und der allenfalls in kurzzeitigen Szenen ausgeschlossenen Steuerungsfähigkeit möglich.

9

b) Einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz sieht die Beschwerde des Beklagten darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen habe, der Milderungsgrund der abgeschlossenen Lebensphase sei nicht erfüllt, weil der Stellungnahme des den Beklagten seit 2011 behandelnden Therapeuten die hierfür erforderliche zureichende Stabilisierung nicht zu entnehmen sei. Auch der Vorwurf des Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist unbegründet.

10

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 41).

11

Auch die Beschwerde geht davon aus, dass sich die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts auf den in der Rechtsprechung "anerkannten" Milderungsgrund der Annahme von "Entgleisungen während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" beziehen (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220>, vom 23. August 1988 - 1 D 136.87 - NJW 1989, 851, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36 und vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 39). Diese Fallgruppe setzt aber voraus, dass die negative Lebensphase, die - auch - Ursache des Dienstvergehens war, zum Zeitpunkt der Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch das Gericht vollständig überwunden ist.

12

Von der vollständigen Überwindung der psychischen Probleme des Beklagten kann aber angesichts der Bescheinigung des behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 11. August 2014 und auch der persönlichen Erklärung des Beklagten vom 18. März 2015 nicht gesprochen werden. Es wird vielmehr dargelegt, dass beim Kläger eine tiefenpsychologische Therapie geboten ist, auch um die aus der Kindheit resultierenden Probleme zu bewältigen, die später in häufigen Auseinandersetzungen mit Partnerinnen und in Aggressionsdurchbrüchen zum Ausdruck gekommen sind. Zwar mag inzwischen der Gefahr einer erneuten Gewalttätigkeit gegenüber einer Partnerin durch die Therapie vorgebeugt sein. Die Fortsetzung der tiefenpsychologischen Therapie ist aber geboten, um die Probleme des Beklagten im Zusammenhang mit einer aktiven Diensttätigkeit zu überwinden. Eine Rückkehr aus seinem Krankenstand ins Arbeitsleben hat der Beklagte selbst als "absoluten Horror" bezeichnet. Die Fortsetzung der Therapie soll der weiteren Stabilisierung des Beklagten dienen, wobei nach der Bewertung des Therapeuten ein Ende der Behandlung wegen weiterer Belastungen nur schwer abzuschätzen ist.

13

c) Verfahrensfehlerhaft ist es nach der Beschwerde des Beklagten schließlich, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Bewertung, der Beklagte habe seine ursprüngliche psychische Erkrankung noch nicht überwunden, für sich eine medizinische Sachkunde in Anspruch genommen habe, ohne diese nachvollziehbar zu belegen. Auch insoweit kann dem Oberverwaltungsgericht ein Verstoß gegen Vorschriften des gerichtlichen Verfahrens nicht vorgehalten werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich um einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) oder gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 58 Abs. 1 BDG und § 86 Abs. 1 VwGO) handelte.

14

Entgegen dem Vorbringen des Beklagten hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte seine psychische Erkrankung vollständig überwunden hat, für sich keine eigene medizinische Sachkunde in Anspruch genommen. Wie sich den Ausführungen in den Urteilsgründen entnehmen lässt, hat es insoweit vielmehr auf die vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Bescheinigung des behandelnden Therapeuten vom 11. August 2014 abgestellt.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.