Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2019 - 8 CS 18.2364

bei uns veröffentlicht am15.02.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RO 8 S 18.1521, 23.10.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Ausrüsterin und Schiffseignerin (§ 2 Abs. 1 Binnenschiffahrtsgesetz) gegen eine Anordnung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) Regensburg, ihr Gütermotorschiff (GMS) „C … …“ betreffend.

Am 4. September 2018 wurde auf dem Gebiet der Stadt Regensburg im Bereich der O … und der Schleuse R … eine Gewässerverunreinigung der Donau in Form eines auf dem Wasser schwimmenden Ölfilms festgestellt. Als möglicher Verursacher wurde das GMS „C … …“ der Antragstellerin ermittelt. Die eingesetzten Wasserschutzpolizeikräfte sprachen für das Schiff vor Ort gegenüber dem Schiffsführer mündlich ein Weiterfahrverbot aus, das noch am gleichen Tag durch das WSA Regensburg schriftlich bestätigt wurde (Az.: …, Behördenakte S. 68).

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin wandte sich daraufhin am 6. September 2018 mit mehreren E-Mails an das WSA Regensburg mit der Aufforderung, das Fahrverbot umgehend aufzuheben. Mit weiterer E-Mail vom selben Tag an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg wiederholte er die Forderung und wies auf die Beachtung des Verwaltungsverfahrensgesetzes hin. Zudem erklärte er, dass es nach seiner Auffassung keine Rechtsgrundlage für das Verbot gebe und dass offensichtlich keinerlei Ermessensausübung stattgefunden habe (Behördenakte S. 34 ff.).

Der Sachverständige für Binnenschifffahrt Dr.-Ing. U … führte in seiner Stellungnahme vom 6. September 2018 aus, dass er das GMS „C … …“ am 5. September 2018 im Auftrag des WSA Regensburg untersucht habe. Die Ursache für die Gewässerverunreinigung habe er dabei nicht feststellen können. Bei einem Startversuch der Hauptmaschine und beim anschließenden Maschinenlauf hätten sich keine weiteren Verunreinigungen ergeben. Allerdings seien kurz nach dem Einkuppeln zwei etwa 1 m² große Ölflecken von unterhalb des Schiffs durch das Schraubenwasser an die Oberfläche gelangt. Daraufhin sei die Maschine abgestellt worden. In der Achterpiek habe überwiegend mit Fett verunreinigtes Wasser gestanden. Er gehe aufgrund der Konsistenz der Fettreste und der Höhe des Wasserstands aber dennoch nicht davon aus, dass Reste aus dieser zur Verunreinigung beim Start der Maschine geführt haben könnten, selbst wenn die Abdichtungen der Ruderschäfte nicht in Ordnung gewesen seien (Behördenakte S. 72 f.).

Mit Telefax vom 10. September 2018, um 8.51 Uhr versendet (Anlagenkonvolut AS 10, Akte des Verwaltungsgerichts), erklärte die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg gegenüber dem Bevollmächtigten der Antragstellerin, dass das Weiterfahrverbot aufrechterhalten werde. Die Antragstellerin müsse zuerst nachweisen, dass von dem Schiff keine Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgehe. Der Bevollmächtigte legte daraufhin mit E-Mail vom gleichen Tag (um 10.09 Uhr versendet) „nochmals“ Widerspruch gegen das angeordnete Fahrverbot ein (Behördenakte S. 56).

Am 11. September 2018 wurde das GMS „C … …“ durch einen Taucher einer Spezialfirma abgetaucht und auf mögliche Schäden unter Wasser untersucht. Der Sachverständige Dr.-Ing. U … erklärte in seiner Stellungnahme vom selben Tag (Behördenakte S. 69 ff.), die am 12. September 2018 an das WSA Regensburg übersendet wurde, dass die Untersuchung nach Auskunft des Tauchers keine Auffälligkeiten ergeben habe. Der Sachverständige führt jedoch aus, dass der mittlere Ruderschaft des Fahrzeugs deutlich Spiel gehabt habe und dass beim Einbringen eines Hebels zwischen Ruderwelle und Ruderdurchführung geringe Mengen von eindringendem Wasser hätten festgestellt werden können. Die dort vorhandene Dichtung sei eingelaufen gewesen, so dass angesichts des Lagerspiels Wasser ins Schiff habe eindringen können. Während der Fahrt könne aufgrund der Anordnung dieses Ruders im Schraubenwasser eine Sogwirkung entstehen, durch die ein Wasser-, Öl- und Fettgemisch aus der Achterpiek nach außenbords gezogen werde. Die Dichtung sei nach Absprache durch die Taucherfirma behelfsmäßig erneuert worden. Ein Startversuch mit eingekoppelter Welle habe keine neuen Verunreinigungen ergeben. Daher empfahl der Sachverständige die Freigabe des Fahrzeugs mit Auflagen. Die Achterpiek sei leer von Flüssigkeiten zu halten, neu auftretender Wassereintritt, der zur Überflutung des Bodengitters führe, sei im Altöltank des Schiffs aufzunehmen oder an Bilgenentöler abzugeben. Die Lagerungen der Ruderschäfte seien zu überprüfen und das Wellenspiel korrekt einzustellen, gegebenenfalls seien die Lager zu erneuern. Anschließend seien die Dichtungen zu erneuern. Die Arbeiten seien innerhalb von vier Wochen abzuschließen. Die fachgerechte Erledigung sei durch die Bescheinigung einer Fachfirma oder eines anerkannten Sachverständigen für Schiffsbau zu bestätigen.

Aus dem Untersuchungsbericht des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 11. September 2018 (Behördenakte S. 75 ff.) geht hervor, dass die von der Verunreinigung gezogenen Wasserproben mit Referenzproben, die aus dem Schiffsinneren entnommen worden seien, sehr gut übereinstimmten. Es sei davon auszugehen, dass die Verunreinigung des Gewässers mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch das im Verdacht stehende Frachtschiff verursacht worden sei.

Das WSA Regensburg ordnete mit E-Mail vom 11. September 2018, die an den Bevollmächtigten der Antragstellerin - ohne weitere Bezeichnung des Adressaten - am selben Tag versendet wurde, folgendes an:

„Aufhebung des Weiterfahrverbotes für das Gütermotorschiff ‚C … …‘

Aufgrund heute erfolgter provisorischer Reparatur wird das Weiterfahrverbot für das Gütermotorschiff ‚C … …‘, ENI … vom 04.09.2018 mit sofortiger Wirkung zu nachfolgenden Bedingungen aufgehoben:

- Die Ruderschäfte sind innerhalb von vier Wochen fachgerecht instand zu setzen.

- Während des Zeitraumes bis zum Instandsetzungsbeginn ist die Achterpiek trocken zu halten und regelmäßig zu kontrollieren.

- Über die fachgerechte Instandsetzung ist dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Regensburg die Bescheinigung einer Fachfirma oder eines anerkannten Sachverständigen vorzulegen.“

Es folgt eine (einfache) Signatur der Mitarbeiterin des WSA Regensburg. Eine Rechtsbehelfsbelehrung:war nicht beigefügt.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erhob mit Telefax vom 13. September 2018 (Behördenakte S. 63 f.) Widerspruch „gegen diese Auflagen“ zur Instandsetzung der Ruderschäfte, zur Trockenhaltung der Achterpiek sowie zur Vorlage einer Bescheinigung über eine fachgerechte Instandsetzung und gab als sein Aktenzeichen … an. Die Ruderschäfte befänden sich in einem Zustand, der die Fahrtüchtigkeit in keiner Weise beeinträchtige. Sie könnten schon rein technisch nicht die Ursache der Gewässerverunreinigung sein. Zudem beantragte er, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs herzustellen.

Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg wies die Widersprüche vom 6. September 2018, vom 10. September 2018 und vom 13. September 2018 (unter Bezugnahme auf das Aktenzeichen des Bevollmächtigten …) mit Widerspruchsbescheid zurück, der am 21. September 2018 zugestellt wurde (Behördenakte S. 279). Der in der Behördenakte (S. 259 ff.) in Kopie enthaltene Widerspruchsbescheid mit dem Datum 19. September 2018 wurde laut Vermerk mit Datum vom 20. September 2018 an den Bevollmächtigten zugestellt. Der im Klageverfahren RO 8 K 18.1737 vorgelegte Widerspruchsbescheid (Gerichtsakte S. 11 ff.) trägt das handschriftlich geänderte Datum 20. September 2018. In den Gründen wurde der Sachverhalt nochmals ausführlich geschildert. Zur Begründung wurde jedoch nur ausgeführt, dass der zulässige Widerspruch unbegründet sei. Soweit die Widerspruchsführerin zu Form- und Rechtsfehlerhaftigkeit sowie angeblicher Nichtigkeit der Entscheidungen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) vortragen lasse, bleibe ihr dies unbenommen. An der Beurteilung der Sachlage durch die WSV ändere dies nichts. Die Anträge „aus den Schriftsätzen vom 06.09.2018, 10.09.2018 und 13.09.2018 - Az. … -“ seien „aus allen genannten Gründen als unbegründet zu erachten“. In der Rechtsbehelfsbelehrung:wird ausgeführt, „gegen den Bescheid des Wasserstraßen und Schifffahrtsamtes Regensburg vom 04.09.2018 - Az.: … - und die Anordnung der sofortigen Vollziehung“ könne „innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides Klage erhoben werden“.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Regensburg, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Im erstinstanzlichen Verfahren erklärte die Antragsgegnerin u.a. im Schriftsatz vom 8. Oktober 2018, dass sie die sofortige Vollziehung „zur Klarstellung ausdrücklich nochmals“ anordne (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 56). Sie verwies dabei auf die nur provisorische Abdichtung der Ruderschäfte. Es bestehe die Gefahr eines erneuten Ölaustritts. Die Beseitigung dieses Zustands stehe im öffentlichen Interesse an der Vermeidung von drohenden schädlichen Umwelteinwirkungen. Hinzu komme, dass der Austritt von Öl zu Einsätzen von Feuerwehr und Wasserstraßenverwaltung führe und dass in dieser Zeit der Schiffsverkehr regelmäßig eingeschränkt oder sogar blockiert sein könne. Daher spreche auch das Allgemeininteresse an der Sicherheit und Leichtigkeit der Schifffahrt für den Sofortvollzug. Schließlich stellten brennbare Substanzen auf Wasserstraßen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Die Antragsgegnerin führte zudem in diesem Schriftsatz aus (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 59 f.), dass sich der Ausgangsbescheid vom 4. September 2018 allein gegen den seinerzeitigen Schiffsführer gerichtet habe. Weiter heißt es dort: „im Rahmen der Verfügung vom 11.9.2018 wurde darüber hinaus ein neues, nunmehr aufschiebend bedingtes Weiterfahrverbot ausgesprochen“, welches sich „allein“ gegen die Antragstellerin gerichtet habe. Dementsprechend sei auch der Widerspruchsbescheid vom 19. September 2018 (auch seinem Wortlaut nach) lediglich gegen diese ergangen (richtig: Widerspruchsbescheid vom 20. September 2018). Die noch „im Rahmen des Widerspruches vom 19.9.2018“ sowie der Antragserwiderung im gegenständlichen Verfahren (vgl. Schriftsatz vom 25.9.2018, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 21 ff.) „irrtümlicher Weise gewählte Formulierung, wonach der Bescheid vom 11.9.2018 derart zu verstehen sei, dass das ursprünglich unbedingte Weiterfahrverbot (vom 4.9.2018) ‚unter Erteilung von Bedingungen und Auflagen mit einer verbindlichen Zusicherung der späteren endgültigen Aufhebung bei Einhaltung der festgesetzten Bedingungen und Auflagen mit sofortiger Wirkung vorläufig zurückgenommen‘ werde, wird hiermit klarstellungshalber zurückgenommen“. Das am 11. September 2018 „aufschiebend bedingt ausgesprochene neue Weiterfahrverbot“ sei von allen Beteiligten „als nur gegen die Ausrüsterin“ (gemeint: die Antragstellerin) verstanden worden.

Das Verwaltungsgericht Regensburg stellte mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 die aufschiebende Wirkung einer (zu diesem Zeitpunkt noch zu erhebenden) Klage gegen den Bescheid des Wasser- und Schifffahrtsamts Regensburg (richtig: Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts) vom 11. September 2018, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg vom 20. September 2018, wieder her. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei zulässig. Eine in der Hauptsache zu erhebenden Anfechtungsklage sei nicht verfristet, weil die Antragstellerin nicht ordnungsgemäß nach § 58 Abs. 1 VwGO belehrt worden sei. Vor allem sei auf den falschen Bescheid, nämlich auf die Verfügung vom 4. September 2018, Bezug genommen worden und nicht auf den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 11. September 2018. Der Antrag habe auch in der Sache Erfolg. Die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage entfalle weder nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO (mangels Anordnung durch einen Polizeivollzugsbeamten) noch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO (mangels hinreichender Begründung). Im Übrigen ergebe die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung, dass das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiege. Nach summarischer Prüfung spreche alles dafür, dass eine Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2018 Erfolg haben werde. Der Bescheid sei schon formell rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in eigenen Rechten. Die streitgegenständliche Anordnung sei nicht ordnungsgemäß begründet worden. Darüber hinaus liege auch die materielle Rechtswidrigkeit wegen fehlender Ermessenserwägungen vor. Weder die Verfügung noch der Widerspruchsbescheid ließen die zugrundeliegende Befugnisnorm erkennen. Bei den von der Antragsgegnerin im Gerichtsverfahren bezeichneten Rechtsgrundlagen handle es sich um Ermessensregelungen. Der streitgegenständlichen Verfügung könnten jedoch keinerlei Ermessenserwägungen entnommen werden, weil diese überhaupt keine Begründung enthalte. Auch im Widerspruchsbescheid sei darauf nicht eingegangen worden. Der dortigen Sachverhaltsschilderung sei lediglich zu entnehmen, dass die Ursachenforschung bezüglich der Gewässerverunreinigung keinen anderen Schluss als denjenigen zulasse, dass nur das GMS „C … …“ als Verursacher der Gewässerverunreinigung in Betracht zu ziehen sei. Nach provisorischer Behebung des Schadens am Schiff sei das Weiterfahrverbot unter Erteilung von Bedingungen und Auflagen vorläufig zurückgenommen worden. Zu einer Ermessensausübung fänden sich jedoch keinerlei Ausführungen. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei nicht möglich, weil ein Fall des Ermessensausfalls vorliege.

Die Antragstellerin hat am 23. Oktober 2018 gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 11. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2018 Anfechtungsklage erhoben.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. Oktober 2018. Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. Oktober 2018 aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den gegenüber der Antragstellerin am 11. September 2018 erlassenen Verwaltungsakt in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2018 abzulehnen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass weiterhin die Gefahr bestehe, dass aus dem GMS „C … …“ Öl austrete. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sei nicht erforderlich gewesen, weil ein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO vorliege. Weiterhin beruft sie sich sinngemäß darauf, dass die Begründungsmängel aufgrund der in erster Instanz abgegebenen Erklärungen geheilt seien. Die Anordnung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Die handelnde Behörde habe ihr Auswahlermessen erkannt. Hinsichtlich der Entscheidung, überhaupt tätig zu werden, liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Im Übrigen seien den Vertretern der Antragstellerin aufgrund mehrerer Besprechungen die wesentlichen Erwägungen der handelnden Behörde bekannt gewesen. Es habe sich um einen Verwaltungsakt gehandelt, der unter Zeitdruck und auf Drängen der Antragstellerseite ergangen sei, „in einer schnellen Kurzform als konditionierter Forderungskatalog“. Die Antragsgegnerin könne nicht erkennen, inwiefern das WSA Regensburg ermessensfehlerhaft gehandelt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der bei-gezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten verwiesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die von der Antragsgegnerin mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung das Gericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen war, weil die Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2018 nach summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird, erweist sich auch in Ansehung der von der Antragsgegnerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe als zutreffend.

Das Verwaltungsgericht hat nicht lediglich eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aufgehoben, sondern die aufschiebende Wirkung der (mittlerweile erhobenen) Anfechtungsklage wiederhergestellt (s. dazu BayVGH, B.v. 4.1.2006 - 11 CS 05.1878 - juris Rn. 19 ff.; Külpmann, in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1031 ff. m.w.N.). Es hat die in den Fällen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO erforderliche eigene gerichtliche Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin mit dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85 f. m.w.N.) zutreffend daran orientiert, dass die in der Hauptsache erhobene Klage nach summarischer Prüfung zulässig ist (wogegen die Antragsgegnerin keine Einwände erhebt) und dass auch alles dafür spricht, dass diese in der Sache Erfolg haben wird (vgl. BVerwG, B.v. 6.7.1994 - 1 VR 10.93 - NVwZ 1995, 587 = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 4.1.2006 - 11 CS 05.1878 - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 158 m.w.N.). Nach den überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss ist der streitgegenständliche Bescheid wegen fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten (dazu unten 1.2). Diese materiellen Fehler wurden nicht geheilt und können auch nicht mehr geheilt werden (dazu unten 1.3), weil in einem gerichtlichen Verfahren lediglich eine Ergänzung von Ermessenserwägungen in Betracht kommt, wie vom Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend dargelegt wurde. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Antragsgegnerin überzeugen nicht. Sie trägt mit ihrer Beschwerde nichts vor, was eine andere Bewertung begründen könnte.

1.1 Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Anordnung sind nach eigenem Bekunden der Antragsgegnerin, die dazu allerdings erst im gerichtlichen Verfahren Ausführungen gemacht hat, besondere sicherheitsrechtliche Generalklauseln (§§ 24, 28 Abs. 1 WaStrG, § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 BinSchAufgG i.V.m. der Donauschifffahrtspolizeiverordnung, vgl. Akte des Verwaltungsgerichts S. 54) und damit generalklauselartige Befugnisnormen, die der handelnden Behörde einen weiten Ermessensspielraum einräumen. Ebenso stehen die getroffenen Nebenbestimmungen gemäß § 36 VwVfG im behördlichen Ermessen. Sollte schließlich in der Anordnung auch eine Rücknahme (§ 48 VwVfG) oder ein Widerruf (§ 49 VwVfG) in Bezug auf ein zuvor verhängtes Weiterfahrverbot enthalten sein, was aus dem bisherigen Vortrag des Vertreters der Antragsgegnerin nicht klar hervorgeht, handelt es sich insofern ebenfalls um eine Ermessensentscheidung. Sowohl nach § 48 VwVfG als auch nach § 49 VwVfG hat die Behörde Ermessen auszuüben.

1.2 Das Verwaltungsgericht ist - entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin - zutreffend davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Verwaltungsakt ermessensfehlerhaft erlassen wurde.

1.2.1 Nach § 40 VwVfG hat eine Behörde das ihr durch Gesetz eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die gerichtliche Prüfung ist auf die Rechtmäßigkeitskontrolle der Ausübung beschränkt (§ 114 Satz 1 VwGO, vgl. dazu BVerwG, U.v. 13.11.1979 - I C 16.75 - NJW 1980, 2034 = juris Rn. 13). Ein danach beachtlicher Ermessensfehler liegt vor, wenn die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht (erkennbar) betätigt (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 77 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, U.v. 23.9.1992 - 6 C 2.91 - BVerwGE 91, 24/42 = juris Rn. 55). Dies beurteilt sich regelmäßig nach den konkreten Erwägungen im Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - BayVBl 2015, 274 = juris Rn. 23 f.). Der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche Rechtsschutz setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen. Diesem Zweck dient auch die (von der materiellrechtlich zu beurteilenden Ermessensfehlerhaftigkeit zu trennende formelle) Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten gemäß § 39 VwVfG (vgl. BVerwG U.v. 24.9.1996 - 1 C 9.94 - BVerwGE 102, 63/70 m.w.N.; U.v. 5.9.2006 - 1 C 20.05 - NVwZ 2007, 470/471 = juris Rn. 18). Die bei der Ermessensausübung angestellten Erwägungen müssen grundsätzlich aus der Entscheidung erkennbar werden (vgl. BFH, U.v. 11.3.2004 - VII 52/02 - BFHE 205, 14 = juris Rn. 16). Ist dagegen nicht ersichtlich, welche Gesichtspunkte für die Ermessensentscheidung maßgeblich gewesen sind, liegt ein Ermessensausfall vor (BayVGH, B.v. 26.2.2009 - 4 CS 08.3123 - juris Rn. 9; B.v. 9.11.2009 - 4 B 09.594 - juris Rn. 19 ff.; B.v. 14.12.2011 - 4 BV 11.895 - juris Rn. 35; vgl. auch BVerwG, U.v. 1.9.2016 - 4 C 4.15 - BVerwGE 156, 94 Rn. 27). Die hier getroffene sicherheitsrechtliche Verfügung hätte danach erkennen lassen müssen, auf welcher Grundlage die Behörde ihre Ermessensentscheidung getroffen hat, dass alle wesentlichen Gesichtspunkte in ihre Entscheidung eingeflossen sind und dass die öffentlichen sowie die privaten Interessen zutreffend erkannt und gewichtet wurden. Dies gilt vor allem für die Betätigung des durch die oben genannten Befugnisnormen eröffneten Auswahlermessens hinsichtlich des Adressaten (vgl. dazu etwa § 25 WaStrG) sowie der Maßnahme (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2010 - 10 C 09.2750 - juris Rn. 10) einschließlich der Nebenbestimmungen. Bei fehlenden Angaben zur Rechtsgrundlage und vollständig fehlenden Ermessenserwägungen ist das Verwaltungsgericht nicht in der Lage zu prüfen, ob bei der Ermessensausübung die rechtlichen Voraussetzungen beachtet wurden.

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht zu Recht einen Ermessensausfall bzw. einen schwerwiegenden Ermessensfehler angenommen.

1.2.2 Der streitgegenständliche Bescheid besteht lediglich aus einem Tenor. Der elektronische Verwaltungsakt weist - entgegen § 39 Abs. 1 und 2 VwVfG - keine Begründung auf und es sind auch keine Hinweise auf eine Ermessensentscheidung erkennbar. Es fehlt an Erwägungen zur Rechtsgrundlage, dazu, dass das Ermessen erkannt wurde sowie zu Art und Umfang der Ermessensausübung und damit an einer nachvollziehbaren Ermessensbetätigung. Weder wird das Wort „Ermessen“ verwendet, noch finden sich Ausführungen zu den öffentlichen Interessen am Erlass der Anordnung und zu den gegenläufigen Interessen des Adressaten (vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - BayVBl 2015, 274 = juris Rn. 23 f.). Dies ist umso unverständlicher, als der Bevollmächtigte der Antragstellerin bereits in seiner E-Mail vom 6. September 2018 (Behördenakte S. 37 f.) ausdrücklich auf die erforderliche Ermessensausübung sowie auf die Geltung des VwVfG hingewiesen hatte. Worin die Antragsgegnerin eine „immanente“ Begründung sehen will, wie sie im Beschwerdeverfahren ausführt (Gerichtsakte S. 15), erschließt sich dem Senat nicht. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einem Ermessensausfall, in jedem Fall aber von einem schwerwiegenden Ermessensdefizit ausgegangen. Dass die gewählte Verfahrensweise mit der besonderen Eilbedürftigkeit zusammenhängen mag, wie der Vertreter der Antragsgegnerin vorträgt, spielt keine Rolle. Trotz der Eilebedürftigkeit bei Erlass sind aus Sicht des Senats keine Gründe dafür ersichtlich, dass es hier nicht möglich gewesen sein sollte, zumindest eine knappe Begründung zu geben. Warum nicht einmal die Rechtsgrundlage und die wesentlichen Erwägungen mitgeteilt wurden, denen sich die handelnde Behörde laut Beschwerdevorbringen bei Bescheiderlass bewusst war, erschließt sich nicht.

1.2.3 Zwar kann sich bei fehlender Begründung einer Ermessensentscheidung die Ermessensausübung ausnahmsweise auch aus sonstigen Umständen ergeben, der Nachweis durch die Behörde muss allerdings zweifelsfrei geführt werden können (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG a.a.O., § 40 Rn. 80 m.w.N.). Die Antragsgegnerin beruft sich zwar auf einen solchen Ausnahmefall, sie hat dazu in ihrer Beschwerdeschrift aber nichts Substanzielles vorgetragen (dazu unten 1.2.3.1). Es finden sich auch keine sonstigen Hinweise, etwa in den Behördenakten, die einen Nachweis für die rechtsfehlerfreie Ermessensausübung in objektivierbarer Weise liefern könnten (dazu unten 1.2.3.2). Dies gilt umso mehr, als nicht einmal aus dem Vortrag des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren hinreichend hervorgeht, dass diese Voraussetzungen gegeben sind (dazu unten 1.2.3.3).

1.2.3.1 Trotz umfangreicher schriftsätzlicher Äußerungen hat der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin zur Frage des Vorliegens eines Ausnahmefalls im Beschwerdeverfahren nicht substanziiert vorgetragen. Bereits aus diesem Grund hat die Beschwerde keinen Erfolg. Es wird aus dem Beschwerdevorbringen nicht ersichtlich, aus welchen konkreten Anhaltspunkten, etwa aus bestimmten Aktenstücken, auf eine hinreichende Ermessensausübung geschlossen werden soll. Die in der Beschwerdebegründung beispielhaft aufgeführte Korrespondenz (Behördenakte S. 66 f. und S. 85 bis 90) datiert vor den maßgeblichen Untersuchungen am 11. September 2018, die neue Erkenntnisse gebracht und damit zu einer neuen Sachverhaltseinschätzung geführt haben. Vermerke der WSV über Besprechungen mit den Beteiligten finden sich nicht. So sind vor allem die Inhalte der Gespräche am 11. September 2018, die der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin erwähnt (Gerichtsakte S. 124), bei summarischer Prüfung nicht aus den Akten ersichtlich.

1.2.3.2 Im Übrigen ergeben sich auch aus den Behördenakten, die in weiten Teilen nicht chronologisch, sondern offensichtlich nach anderen Kriterien geführt worden sind, keine ausreichenden Anhaltspunkte. Bei der Frage, welche Anforderungen im Einzelfall an den Nachweis der Ermessensausübung aufgrund sonstiger Umstände zu stellen sind, ist vor allem zu berücksichtigen, dass diese vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG das Gericht in die Lage versetzen müssen, die Ordnungsgemäßheit der Ermessensbetätigung zu überprüfen (vgl. oben 1.2.1). Daran fehlt es. Dass Behördenmitarbeiter Erwägungen vor Bescheiderlass angestellt haben mögen, reicht mangels Nachvollziehbarkeit und Nachweisbarkeit nicht aus.

1.2.3.3 Hinzu kommt, dass in Bezug auf die Tenorierung des Bescheids erhebliche Unklarheiten darüber bestehen, ob es sich (auch) um eine Teilrücknahme oder einen Teilwiderruf eines Verbots gegenüber der Antragstellerin handelt oder ob (lediglich) eine erstmals an die Antragstellerin gerichtete sicherheitsrechtliche Anordnung vorliegt. Für ersteres sprechen der eindeutige Wortlaut, wonach das Weiterfahrverbot „zu nachfolgenden Bedingungen aufgehoben“ wird sowie die Überschrift und die Betreffzeile „Aufhebung des Weiterfahrverbotes …“. Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin hat dementsprechend im erstinstanzlichen Verfahren im Schriftsatz vom 25. September 2018 ausgeführt, das Weiterfahrverbot sei unter Erteilung von Bedingungen und Auflagen vorläufig zurückgenommen worden (Akte des Verwaltungsgerichts S. 26). Im Schreiben vom 8. Oktober 2018 (Akte des Verwaltungsgerichts S. 53) wird davon gesprochen, es sei „das am 04.09.2018 ausgesprochene absolute Weiterfahrverbot im Rahmen eines Abänderungsbescheides am 11.09.2018 durch das WSA Regensburg [dahingehend] abgeändert“ worden. Auf Seiten der Antragsgegnerin selbst scheint über den genauen Regelungsgehalt sowie über die oder den Adressaten der Anordnung erhebliche Unklarheit zu herrschen. Im gleichen Schriftsatz hat deren Bevollmächtigter nämlich vorgetragen, dass das ursprüngliche Fahrverbot vom 4. September 2018 ausschließlich gegen den Schiffsführer gerichtet gewesen sei und dass dieses mit Bescheid vom 11. September 2018 „zumindest konkludent (schlüssig)“ aufgehoben worden sei (Akte des Verwaltungsgerichts S. 59). Bei dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt habe es sich darüber hinaus um „ein neues, nunmehr aufschiebend bedingtes Weiterfahrverbot“ gegenüber der Antragstellerin gehandelt (Akte des Verwaltungsgerichts S. 54, 59 f.). Weiter wird in diesem Schriftsatz ausgeführt, bestimmte „irrtümlicherweise gewählte“ Formulierungen im Widerspruchsbescheid und in der Antragserwiderung (das unbedingte Weiterfahrverbot vom 4.9.2018 sei unter Erteilung von Bedingungen und Auflagen vorläufig zurückgenommen worden) würden „hiermit klarstellungshalber zurückgenommen“ (Akte des Verwaltungsgerichts S. 60). Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen bedürfen im Rahmen der summarischen Prüfung keiner abschließenden Klärung (vgl. zu den Bestimmtheitsanforderungen in Bezug auf den Adressaten OVG Saarl, U.v. 20.2.2017 - 2 A 34/16 - juris Rn. 25). Sie führen aber die Unklarheiten auf Behördenseite in Bezug auf Regelungsgegenstand und Adressaten der streitgegenständlichen Verfügung deutlich vor Augen, die selbst noch im erstinstanzlichen Verfahren vorhanden waren und weisen dadurch zusätzlich auf schwerwiegende Defizite bei der konkreten Ermessensausübung hin. Wenn sich die zuständigen Behörden nicht einmal zu diesem Zeitpunkt darüber im Klaren sind, was sie gegenüber welchem Adressaten angeordnet haben, spricht das für erhebliche Mängel bei der Ermessensbetätigung.

Klarstellend sei noch darauf hingewiesen, dass es weder um „strenge formalistische Anforderungen an einen diesbezüglichen Bescheid“ noch um eine „streng formalisierte Vorgehensweise“ geht, wie der Vertreter der Antragsgegnerseite zu meinen scheint (Gerichtsakte S. 123), sondern um Grundelemente rechtsstaatlichen Handelns, wie eine ordentliche und nachvollziehbare Dokumentation von Handlungsschritten zur Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Gerade in Fällen, in denen sich ein Adressat sicherheitsrechtlicher Maßnahmen gegen Anordnungen wendet, ist es Sache der Behörde, die Entscheidungsgrundlagen - jedenfalls in einem Mindestmaß - offen zu legen (vgl. oben 1.2.1). Dies gilt erst Recht, wenn Behördenvertreter davon ausgehen, dass Fakten von Betroffenen zu Unrecht bestritten werden. Es kann dagegen nicht Aufgabe der Gerichte sein, auf unklarer Grundlage, hier etwa aus verstreuten Einzelhinweisen in der in weiten Teilen nur schwer nachvollziehbar geführten Behördenakte, Rückschlüsse auf mögliche, erst im Nachhinein von der Behörde behauptete Ermessenserwägungen zu ziehen.

1.2.4 Derartige Erwägungen zur Ermessensausübung waren hier auch nicht ausnahmsweise verzichtbar, worauf der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin der Sache nach abzustellen scheint. Es liegt weder ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null, noch ein Fall des intendierten Ermessens vor (vgl. dazu BVerwG, U.v. 16.6.1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55/57 f. = juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 20.1.2004 - 8 N 02.3211 - VGH n.F. 57, 27/38 = juris Rn. 51; Nds OVG, U.v. 10.2.2011 - 12 LB 318/08 - DAR 2011, 339 = juris Rn. 23 f. m.w.N.), noch fehlt es an der Schutzwürdigkeit des Adressaten aufgrund ausreichender Kenntnis der Sach- und Rechtslage (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG und BVerwG, U.v. 14.10.1965 - 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215/218 = juris Rn. 31). Es mag zutreffen, dass hinsichtlich der Frage, ob die Behörde (überhaupt) tätig wird, eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben war, wie die Antragsgegnerin geltend macht. Bei der Auswahl des Adressaten und der Bestimmung von Art und Umfang der zu treffenden Anordnung sowie der Nebenbestimmungen war jedoch durch die generalklauselartigen Befugnisnormen ein weiter Spielraum eröffnet, weshalb selbst ein intendiertes Ermessen nicht angenommen werden kann. Angesichts der ausdrücklichen Aufforderungen des Bevollmächtigten der Antragstellerin, Maßnahmen zu begründen und zu den Vorgängen Stellung zu nehmen (vgl. oben und die E-Mails vom 10.9.2018, Behördenakte S. 50 ff.), kann sich die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass deren Vertretern der Sachverhalt hinreichend bekannt gewesen sei. Hinzu kommt, dass sich die Erkenntnisse der Behördenmitarbeiter vor Erlass der Anordnung in kurzen Zeiträumen mehrfacht verändert haben, so dass nur schwer zu überblicken war, von welchem genauen Sachstand die handelnde Behörde ausging, wie sie die unterschiedlichen Einwendungen der Antragstellerseite wertete und welche Überlegungen sie im Einzelnen ihrer Anordnung letzten Endes zugrunde legte.

1.3 Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Ermessensfehler nicht geheilt wurden (dazu unten 1.3.1) und auch nicht heilbar sind (dazu unten 1.3.2). Auf die Frage, wie die Heilbarkeit im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu berücksichtigen ist (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2019, § 80 Rn. 160 m.w.N.), kommt es daher nicht an. Die Einwendungen der Antragsgegnerin überzeugen nicht (dazu unten 1.3.3).

1.3.1 Im streitgegenständlichen Beschluss wurde zutreffend erkannt, dass im Widerspruchsverfahren grundsätzlich eine Heilung von Ermessensfehlern möglich ist (vgl. OVG RP, B.v. 22.6.2017 - 2 A 10449/16 - juris Rn. 72 ff.; VGH BW, B.v. 17.2.1994 - 14 S 42/94 - juris Rn. 7), dass eine solche hier aber nicht erfolgt ist. Der Widerspruchsbescheid vom 20. September 2018 weist eine umfangreiche Sachverhaltsschilderung auf (Ziffer I), die Begründung ist jedoch defizitär. Die Ausführungen unter Ziffer II sind völlig inhaltsleer und floskelhaft. Es fehlt (wiederum) an einer Bezeichnung der Rechtsgrundlagen und der Ermessenserwägungen, auf denen der Verwaltungsakt beruht. Ausführungen zur Ermessensausübung sind nicht einmal im Ansatz erkennbar. Daher liegt keine Heilung des Ermessensausfalls bzw. der schwerwiegenden Ermessensdefizite im Widerspruchsverfahren vor.

Zwar behauptet der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin eine Heilung durch die im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren übermittelten Schriftsätze vom 25. September und vom 8. Oktober 2018; es fehlt aber an einer Darlegung im Beschwerdeverfahren, aufgrund welcher in den genannten Schreiben enthaltener Ausführungen eine ermessensfehlerfreie Entscheidung vorliegen soll. Erforderlich ist, dass die Behörde beim Nachschieben von Ermessenserwägungen unmissverständlich deutlich macht, dass es sich nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Veränderung des Verwaltungsakts selbst (BVerwG, U.v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 35). Dass diese Voraussetzung erfüllt wäre, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen. Hinzu kommt, dass der erstinstanzliche Vortrag in Bezug auf den Regelungsgehalt und die Adressierung der streitgegenständlichen Anordnung widersprüchlich ist (vgl. oben 1.2.3.3), weshalb er nicht geeignet ist, die Ermessensfehler zu heilen. Ob § 114 Satz 2 VwGO im Eilverfahren auch dann nicht anzuwenden ist, wenn über den Widerspruch bereits entschieden wurde (vgl. für die Nichtanwendbarkeit bei laufendem Widerspruchsverfahren HessVGH, B.v. 26.3.2004 - 8 TG 721/04 - DÖV 2004, 625 = juris Rn. 42), kann offen gelassen werden.

Soweit die Antragsgegnerin sich im Beschwerdeverfahren der Sache nach darauf beruft, dass sie bei Erlass des Bescheids im Interesse des Betroffenen an einer schnellen Entscheidung auf eine Begründung verzichtet habe, überzeugt dies bereits aus den oben dargelegten Gründen nicht (vgl. 1.2.2). Noch weniger vermag dieses Vorbringen derartige Defizite bei der Begründung eines Widerspruchsbescheids zu erklären (vgl. zu den Begründungsanforderungen § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

1.3.2 Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass in einem künftigen gerichtlichen Hauptsacheverfahren die nachträgliche Rechtfertigung eines ohne Ermessensbetätigung erlassenen Verwaltungsakts ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 Rn. 30; B.v. 9.6.2015 - 6 B 60.14 - juris Rn. 20 f.; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 17 und Rn. 89 ff., m.w.N.), unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Frage des § 114 Satz 2 VwGO oder des materiellen Rechts handelt (vgl. dazu BVerwG, U.v. 5.5.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351/363 = juris Rn. 35 ff.; B.v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 31 f.; B.v. 9.6.2015 - 6 B 60.14 - a.a.O.; Rennert in Eyermann, a.a.O. § 114 Rn. 89). Nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht dürfen neue Gründe für einen Verwaltungsakt nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2015 - 6 B 60.14 - juris Rn. 21). Der Verwaltungsakt wird aber in seinem Wesen verändert, wenn das Ermessen (nach einem Ermessensausfall) erstmals ausgeübt würde (vgl. dazu auch die Nachweise bei Rennert in Eyermann, a.a.O., § 114 Rn. 90 f.). Selbst wenn hier (nur) von einem Ermessensdefizit auszugehen wäre, käme angesichts der Schwere ein Nachschieben von Gründen mangels Begründung der Anordnung und mangels Hinweisen auf die Ermessensausübung und die wesentlichen Ermessenserwägungen nicht in Betracht.

1.3.3 Die Ergänzung von Ermessenserwägungen ist im Übrigen von der Heilung der formellen Mängel zu trennen. Dies scheint der Vertreter der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren zu verkennen (vgl. dazu Lindner/Jahr, JuS 2013, 673).

Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zum Verhältnis von § 45 VwVfG und § 114 Satz 2 VwGO, wonach „die gesetzliche Vorschrift des § 45 Rn. 2 [wohl Abs. 2] VwVfG in ihrem überschießenden Anwendungsbereich der VwGO vorgeht [Hervorhebungen wie im Original]“, „sodass die Bedeutung des § 114 Satz 2 VwGO nur noch in den Fällen relevant wird, in denen die Landesverwaltungsverfahrensgesetze [Hervorhebungen wie im Original] der einzelnen Bundesländer eine mit § 114 Satz 2 VwGO übereinstimmende (oder sogar eingeschränktere) Heilungsmöglichkeit vorsehen“ (Gerichtsakte S. 15), sind nur schwer nachvollziehbar. Die von dem Vertreter der Antragsgegnerin zitierte Literaturansicht vermag dessen Auffassung jedenfalls nicht zu stützen. Sie geht vielmehr ebenfalls davon aus, dass im Anwendungsbereich des § 114 Satz 2 VwGO lediglich schriftliche Begründungen ergänzt werden können (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O. § 114 Rn. 51); Fälle, in denen es an Ermessenserwägungen bisher fehlte, das Ermessen also noch gar nicht ausgeübt wurde oder wesentliche Teile der Ermessenserwägungen ausgetauscht oder erst nachträglich nachgeschoben wurden, werden dagegen auch nach dieser Ansicht nicht erfasst (so ausdrücklich W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O. § 114 Rn. 50).

Dahinstehen kann, ob die Antragsgegnerin die fehlende Begründung des Bescheids im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 VwVfG wirksam nachgeholt hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre damit lediglich der formelle Fehler geheilt, nicht dagegen der materiellrechtliche Ermessensfehler (grundlegend dazu Lindner/Jahr, JuS 2013, 673 m.w.N.).

2. Auf Fragen des materiellen Sicherheitsrechts, etwa ob vom streitgegenständlichen Schiff Gefahren ausgegangen sind, die eine entsprechende Anordnung gerechtfertigt haben, kommt es im Beschwerdeverfahren - angesichts der dargelegten materiellen Mängel der Anordnung (vgl. oben 1.) - nicht an. Gleiches gilt für die Kernfrage, ob angesichts der von der Antragstellerin vorgelegten Auskünfte von Fachleuten (gutachterliche Stellungnahme eines Sachverständigen vom 17.9.2018, Anlage AS 19 der Akte des Verwaltungsgerichts, und der M … … vom 19.10.2018, Anlage AS 27, Akte des Verwaltungsgerichts S. 80) aktuell eine Gefahr besteht und ob diese Auskünfte vom Antragsgegner hinreichend entkräftet wurden. Diese Fragestellungen lassen sich im Rahmen des summarischen Verfahrens auch nicht abschließend klären. Die Antragsgegnerin ist aber darauf hinzuweisen, dass bloße Verweise auf frühere Tätigkeiten von Sachverständigen oder anderen fachkundigen Personen regelmäßig nicht ausreichen dürften, um fachlich fundierte Aussagen zu entkräften. Vielmehr bedarf es dafür in der Regel fachlicher Stellungnahmen durch sachverständige Personen, die sich auf den Kern der streitigen Fragen beschränken sollten, hier etwa auf die Frage, welches Spiel das streitgegenständliche Lager des Mittelruders haben darf und welche Anforderungen an die dort vorhandenen Abdichtungen zu stellen sind. Die Antragstellerin ist ihrerseits darauf aufmerksam zu machen, dass es bei summarischer Prüfung fraglich erscheint, ob und aus welchen Gründen die am 11. September 2018 durchgeführte Ersetzung der defekten Gummidichtung als dauerhaft sichere und fachgerechte Reparatur anzusehen ist, nachdem der Sachverständige Dr.-Ing. U … von einer nur behelfsmäßigen Erneuerung der Dichtung des mittleren Ruderschafts ausgegangen ist. Inwiefern dieser Umstand den vorgelegten Stellungahmen zugrunde lag und welche Bedeutung die Präsentation einer angeblich in Regensburg ausgebauten Gummidichtung haben soll, bedürfte ebenfalls einer näheren Prüfung. Im Übrigen hat der von der Antragsgegnerin herangezogene Sachverständige einen nachvollziehbaren und schlüssigen Geschehensablauf in Bezug auf den Ölaustritt dargelegt, der durch Untersuchungsberichte sowie durch Auskünfte anderer Behörden gestützt wird.

3. Ebenso wenig spielen Fragen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 4 VwGO eine Rolle. Sollte die Antragsgegnerin der Auffassung sein, dass die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO entfalle, überzeugt dies nicht. Zum einen muss nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut die Anordnung oder die Maßnahmen von einem Polizeivollzugsbeamten getroffen werden. Es wurde bisher nicht vorgetragen, dass es sich bei den jeweiligen Mitarbeitern um Vollzugsbeamte im institutionellen Sinn nach den Bestimmungen des Bundesrechts (vgl. dazu VGH BW, B.v. 27.9.2011 - 1 S 2554/11 - juris Rn. 8; Hoppe in Eyermann, a.a.O. § 80 Rn. 34; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 80 Rn. 35) gehandelt hat. Nicht ausreichend ist dagegen, dass die handelnde Behörde eine Gefahrenabwehrbehörde ist, weil diese ihre Verwaltungsakte nur gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklären kann (VGH BW, B.v. 27.9.2011 - 1 S 2554/11 - a.a.O.; Hoppe, a.a.O.). Zum anderen ist ausdrücklich Voraussetzung, dass es sich um unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen handelt (vgl. BayVGH, B.v 11.8.2010 - 10 CS 10.1346 - BayVBl 2011, 702 = juris Rn. 14 m.w.N.). Woraus sich dies hier ergeben soll, ist nicht ersichtlich. Erforderlich wäre, dass die Zeit nicht ausgereicht hat, um eine Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zu treffen, was nicht der Fall war (vgl. oben 1.2.2).

Soweit sich die Antragsgegnerin darauf beruft, dass sie mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2018 die sofortige Vollziehung angeordnet habe, ist ihr zwar zuzugeben, dass sich die angegriffene Entscheidung mit dieser Frage nicht näher auseinandersetzt; dies war aber nicht erforderlich. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach einer summarischen Prüfung alles dafür spricht, dass der Bescheid rechtswidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (vgl. oben 1.), worauf die Entscheidung tragend gestützt werden kann. Die mögliche Nachholung der Anordnung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 VwGO spielt demgegenüber keine Rolle mehr. Eine Erörterung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet werden kann und ob dies zu einer Heilung führt, erübrigt sich.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG unter Heranziehung der Ziffern 1.5 und 35.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2019 - 8 CS 18.2364 zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 39 Begründung des Verwaltungsaktes


(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 36 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 40 Ermessen


Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 73


(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt 1. die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,2. wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- od

Binnenschiffahrtsaufgabengesetz - BinSchG | § 1 Aufgaben des Bundes, Zuständigkeiten


(1) Dem Bund obliegen auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt, soweit nicht in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist,1.die Förderung der Binnenflotte und des Binnenschiffsverkehrs im allgemeinen deutschen Interesse,2.di

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 28 Strompolizeiliche Verfügungen


(1) Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter können zur Erfüllung der Aufgaben nach § 24 Abs. 1 Anordnungen erlassen, die an bestimmte Personen oder an einen bestimmten Personenkreis gerichtet sind und ein Gebot oder Verbot enthalten (Strompolizeilic

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 24 Strompolizei


(1) Die Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes haben die Aufgabe, zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten (Strompol

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 25 Verantwortliche Personen


(1) Strompolizeiliche Maßnahmen, die durch das Verhalten von Personen erforderlich werden, sind gegen die Personen zu richten, die die Gefahr oder die Störung verursacht haben. Sie können auch gegen diejenigen gerichtet werden, die für die Personen a

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(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes haben die Aufgabe, zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten (Strompolizei).

(2) Zur strompolizeilichen Überwachung der Bundeswasserstraßen dürfen Beauftragte der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Grundstücke, Anlagen und Einrichtungen sowie Wasserfahrzeuge betreten. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(3) Die Hafenaufsicht (Hafenpolizei) bleibt unberührt.

(1) Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter können zur Erfüllung der Aufgaben nach § 24 Abs. 1 Anordnungen erlassen, die an bestimmte Personen oder an einen bestimmten Personenkreis gerichtet sind und ein Gebot oder Verbot enthalten (Strompolizeiliche Verfügungen).

(2) Strompolizeiliche Verfügungen können mündlich, schriftlich, elektronisch oder durch Zeichen erlassen werden. Sie müssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(3) Ist der nach § 25 Verantwortliche nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen, kann das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt die notwendige Maßnahme ausführen. Der Verantwortliche ist von der Maßnahme unverzüglich zu unterrichten. Entstehen durch die Maßnahme Kosten, können sie ihm auferlegt werden.

(4) Die Vorschriften der §§ 611 bis 617 des Handelsgesetzbuchs sowie der §§ 4 bis 5n des Binnenschifffahrtsgesetzes bleiben unberührt.

(1) Dem Bund obliegen auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt, soweit nicht in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist,

1.
die Förderung der Binnenflotte und des Binnenschiffsverkehrs im allgemeinen deutschen Interesse,
2.
die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Verhütung von der Schifffahrt ausgehender Gefahren (Schifffahrtspolizei) und schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf den Bundeswasserstraßen; die schifffahrtspolizeilichen Vollzugsaufgaben nach Maßgabe einer mit den Ländern zu schließenden Vereinbarung,
3.
die Schiffseichung (Schiffsvermessung) auf den Bundeswasserstraßen,
4.
die Ausstellung von Befähigungszeugnissen und von Bescheinigungen über Bau, Ausrüstung und Ausrüstungsgegenständen einschließlich Funkanlagen, Bemannung und Betrieb der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen auf den Bundeswasserstraßen,
5.
hinsichtlich der auf Bundeswasserstraßen an Bord von Wasserfahrzeugen befindlichen Personen die Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit und die Sicherung einer angemessenen Unterbringung,
6.
die Erteilung der Erlaubnis zur Fahrt auf den Bundeswasserstraßen für Wasserfahrzeuge,
7.
die Regelung und Überwachung des im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung erfolgenden Inverkehrbringens von Wasserfahrzeugen und Schwimmkörpern, die einer technischen Zulassung zum Verkehr bedürfen, sowie deren Bauteile und Ausrüstungsgegenstände.

(2) Zuständig für die Verwaltungsaufgaben, die dem Bund obliegen, sind die Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, soweit nicht in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Sie können im Rahmen des Absatzes 1 Nummer 2 und 5 nach pflichtgemäßem Ermessen die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren und schädlichen Umwelteinwirkungen sowie zur Beseitigung von Störungen auf den Bundeswasserstraßen treffen. Die in Rechtsverordnungen nach § 3 Absatz 1 Nummer 4 für die funktechnische Sicherheit betreffende Aufgaben als zuständig bestimmte Behörde bedient sich der Hilfe der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur).

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung);
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung);
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage);
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids vom 1. Juni 2011, mit welchem die Beklagte ein Vorkaufsrecht unter Bezugnahme auf die Sanierungssatzung vom 21. Juli 1989 (Satzung der Stadt C. über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets „Altstadt C.“) ausgeübt hat.

Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 5. Mai 2011 die Grundstücke FlNrn. 350 und 358/3 der Gemarkung C. mit einer Gesamtfläche von 152 qm zu einem Preis von 1.700,-- Euro. Die unbebauten Grundstücke befinden sich im Bereich des G.-platzes in unmittelbarem Anschluss an historische Scheunengebäude. Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 zeigte der beurkundende Notar den Vertragsabschluss gegenüber der Beklagten an.

Der G.-platz ist Teil des Sanierungsgebiets „Altstadt C.“, welches mit Satzung vom 21. Juli 1989 festgesetzt wurde. Zu der Sanierungsatzung gibt es einen Ergebnisbericht der vorbereitenden Untersuchungen mit Stand November 1988 der Architekten R. + S. In den vorgelegten Behördenakten befindet sich weiterhin ein Plan vom 28. September 2001 der Architekten M... + Partner mit dem Titel „Nutzungskonzept der Scheunenanlage am ...-platz in C.“ (Platzgestaltung Festplatz, Grundrisse mit Außenanlagen und Ansicht). In diesem Plan ist im Bereich der beiden Grundstücke eine Ver- und Entsorgungsstation für Wohnmobile vorgesehen neben dem Neubau einer öffentlichen WC-Anlage mit Gäste-Info. Außerdem findet sich ein Plan vom 30. November 2006 der Architekten B. + Partner mit dem Titel „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ (Übersichtsplan mit Entwässerung und Höhenlage). Hier sind die betroffenen Grundstücke als private Gärten bezeichnet. In den auf Anfrage des Gerichts weiter vorgelegten Akten befindet sich ein Plan vom 26. Juli 2006 der Architekten B. + Partner mit dem Titel „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ (Übersichtsplan mit Entwässerung und Höhenlage). Dieser Plan bezeichnet die betroffenen Grundstücke ebenfalls als private Gärten. Die Situierung der Parkplätze und der Bäume ist leicht anders als auf dem späteren Plan. Zudem befindet sich hier die Zufahrt unmittelbar nördlich der Scheunen des Fischereivereins, wohingegen im späteren Plan vom 30. November 2006 die Zufahrt nach Norden zu den privaten Garagen verlegt und zudem am bisherigen Standort ein Rondell mit Bäumen und Sitzgelegenheiten vorgesehen ist. Beide Pläne sehen im Nordwesten zum Steg über den S.-bach hin eine Infotafel mit Wegweisern vor. Mit Beschluss vom 31. Juli 2006 hat der Stadtrat die Zustimmung zur Gestaltung und Finanzierung der Sanierungsarbeiten entsprechend dem Plan vom 26. Juli 2006 erteilt.

In der Sitzung des Stadtrats vom 30. Mai 2011 beschloss die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts und erließ zum Vollzug gegenüber dem Verkäufer den angefochtenen Bescheid vom 1. Juni 2011. Das Nutzungskonzept vom 28. September 2001 sehe im Bereich der fraglichen Grundstücke den Neubau einer Gäste-Info mit Ver- und Entsorgungsstation für Wohnmobile vor. Die Ausübung des Vorkaufsrechts diene der Umsetzung dieses Nutzungskonzepts und sei für das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt.

Der mit Schreiben vom 4. Juli 2011 erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht Bayreuth aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Januar 2012 mit Urteil vom 1. Februar 2012 statt und hob den angefochtenen Bescheid auf. Die Beklagte hätte ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben dürfen, weil bereits mangels gültiger Sanierungssatzung kein förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet vorgelegen habe. Die Beklagte habe das Sanierungsgebiet durch einen Plan des Architekturbüros R. + S. vom 19. September 1988 bestimmen wollen, diesen Plan aber nicht der bekanntgemachten Sanierungssatzung beigelegt. Auch sonst sei das Sanierungsgebiet im Satzungstext nicht näher bestimmt worden. Die Beklagte habe zwar nach Schluss der mündlichen Verhandlung und vor Niederlegung des Urteils die Sanierungssatzung mit einer Gebietskarte rückwirkend neu bekannt gemacht. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht rechtserheblich, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts und damit vor allem eine gültige Sanierungssatzung im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bzw. zumindest innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags vorliegen müssten. Außerdem sei die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Mit der Verlegung der öffentlichen WC-Anlage sei fraglich, ob der Ver- und Entsorgungsanschluss für Wohnmobile auf den streitgegenständlichen Grundstücken erforderlich sei. Der in den Akten befindliche Plan von 2006 gebe den aktuellen Zustand des Platzes wieder, der von den Planungen aus dem Jahr 2001 abweiche. So sei im Einfahrtsbereich ein Rondell geschaffen worden. Es seien Bäume gepflanzt und der Parkbereich durch 10 bis 20 Zentner schwere Steine abgegrenzt worden. Es sei wenig realistisch, dass diese als Provisorien jeder Zeit versetzbar seien. Das Gericht gehe daher davon aus, dass der Plan von 2006 die nunmehrigen Sanierungsziele widerspiegle. In diesem Plan würden jedoch die verfahrensgegenständlichen Grundstücke als private Gärten bezeichnet ohne besondere Darstellungen oder Planungsabsichten. Es sei daher nicht erkennbar, inwieweit das Wohl der Allgemeinheit den Erwerb dieser Grundstücke rechtfertigen könne. Der Vortrag der Beklagten, dass an dieser Stelle eine Ladestation für Elektrofahrzeuge errichtet werden könne, habe noch keinen Niederschlag in den Planungen gefunden. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine solche Station zwingend an diesem Ort zu errichten wäre.

Mit der durch Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2013 zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 1. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, das Erstgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass keine gültige Sanierungssatzung vorgelegen habe. Die Satzung sei im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB mit Rückwirkung am 27. Januar 2012 erneut bekannt gemacht worden und hätte entgegen der Auffassung des Erstgerichts daher berücksichtigt werden müssen. Auch liege das nötige Wohl der Allgemeinheit für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor. Das Erstgericht habe den Plan vom 30. November 2006 fälschlich als Nutzungskonzept gewertet. Der Plan habe jedoch nur den damals vorhandenen Ist-Zustand wiedergegeben und enthalte keine Sanierungsziele. Die Kennzeichnung der betroffenen Grundstücke als private Gärten und Grünflächen stelle keine Aufgabe des Nutzungskonzepts für eine Wohnmobilstation und eine Gästeinfo dar. Die Beklagte halte vielmehr an diesem Ziel weiter fest. Allein der Plan aus dem Jahr 2001 gebe das Nutzungskonzept wieder. Im Übrigen seien die vorhandenen und im Plan von 2006 eingezeichneten Begrenzungssteine jederzeit mit entsprechendem Gerät versetzbar und würden auch für diverse Veranstaltungen immer wieder versetzt. Es obliege zudem der Planungshoheit der Beklagten, wo die von ihr gewünschte Wohnmobilstation und die Gästeinfo errichtet werden sollen. Es komme daher im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit nicht darauf an, ob an anderer Stelle Platz dafür wäre.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe in der Stadtratssitzung vom 2. Juli 2007 öffentlich den Abschluss der Sanierungsarbeiten gegenüber den Bürgern und durch persönlichen Brief gegenüber den betroffenen Grundstückseigentümern bekannt gegeben. Die Beklagte habe zudem bei einem früheren Verkauf eines der beiden Grundstücke ihr Vorkaufsrecht nicht ausgeübt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht mehr durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Gästeinformation sei längst an einer anderen Stelle, nämlich an der Bundesstraße errichtet. Das Grundstück FlNr. 351 könne zudem nicht mehr für eine Wohnmobilstation in Anspruch genommen werden, da die Voreigentümerin mit einer Sandsteinmauer zum G. Z.-platz hin abgesperrt habe. Für diese Maßnahme seien von der Beklagten Fördermittel gewährt worden. Die WC-Anlage sei ebenfalls an anderer Stelle errichtet worden. Die Beklagte habe zudem ohne Rechtsgrundlage eine Leitung zur Dachentwässerung benachbarter Grundstücke auf das klägerische gelegt und sich zur Errichtung eines Zauns verpflichtet.

Auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2014 wird Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung (§ 124 Abs. 1 VwGO) der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2012 (§ 116 Abs. 2 VwGO) ist im Ergebnis richtig. Der Vorkaufsrechtsbescheid der Beklagten vom 1. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 125 Abs. 1 VwGO).

1. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bzw. innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) eine gültige Sanierungssatzung und damit die Voraussetzung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB vorlag. Zwar litt die Satzung vom 21. Juni 1989 an einem Bekanntmachungsfehler, da der Plan, aus welchem sich das Sanierungsgebiet ergibt, der bekanntgemachten Sanierungssatzung nicht beigelegt war. Die Beklagte hat jedoch im Mitteilungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft vom 27. Januar 2012 die Satzung erneut unter Beifügung des Plans mit Rückwirkung gemäß § 214 Abs. 4, § 143 Abs. 1 BauGB bekanntgemacht. Wird eine Satzung nach § 214 Abs. 4 BauGB rückwirkend in Kraft gesetzt, entspricht die Rechtslage der Rechtslage, die gegolten hätte, wenn die Satzung bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens wirksam gewesen wäre. Es ist gerade Sinn und Zweck der Rückwirkung Bescheiden nachträglich eine sichere Grundlage zu schaffen (vgl. BVerwG, U. v. 3.12.1998 - 4 C 14/97 - NVwZ 1999, 419; Kalb/Külpmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 214 Rn. 261). Da die Bekanntmachung mit Rückwirkung zwar nach der mündlichen Verhandlung des Erstgerichts vom 19. Januar 2012, aber vor der Niederlegung des Urteils am 1. Februar 2012 erfolgte, hätte das Erstgericht gegebenenfalls nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung die rückwirkende Heilung der Sanierungssatzung bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen.

2. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist im vorliegenden Fall jedoch nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit ist ähnlich wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und den speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) nicht mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzusetzen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden privaten und öffentlichen Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 63). An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden jedoch gegenüber einer Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit diese erfordert, qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245/89 - NJW 1990, 2703; BayVGH, U. v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 64). Das Vorliegen dieser Voraussetzung unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Im Gegensatz zu Enteignung kann das Vorkaufsrecht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein, wenn die benötigten Grundstücksflächen nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt werden (vgl. VGH BW, U. v. 24.10.1986 - 8 S 1881/86 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 64).

In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten muss sich die Ausübung des Vorkaufsrechts daher grundsätzlich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren (vgl. BayVGH, U. v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris). Die Sanierungsziele müssen dabei nicht in der Sanierungssatzung selbst festgelegt sein. Sie können sich auch aus ihrer Begründung, aber auch aus den Ergebnissen der vorbereitenden Untersuchungen ergeben (vgl. BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris). An die Konkretisierung dieser Ziele dürfen dabei bei Erlass der Sanierungssatzung nur relativ geringe Anforderungen gestellt werden. Doch werden die Anforderungen mit fortschreitendem Sanierungsverfahren höher (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1999 - 4 C 8/98 - NVwZ 1999, 1336; BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris; B. v. 10.8.2007 - 26 ZB 06.1731 - juris). Die erforderliche Konkretisierung kann insbesondere in einem Sanierungsbebauungsplan, einem sonstigen Bebauungsplan oder sogar durch eine informelle städtebauliche Planung erfolgen (vgl. BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris). Ist dies geschehen, können die Sanierungsziele auch nach einem längeren Zeitraum die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen (vgl. BVerwG, B. v. 15.3.1995 - 4 B 33.95 - NVwZ 1995, 897; BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris).

Im vorliegenden Fall rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Da das Sanierungsgebiet einen größeren Bereich der Gemeindefläche der Beklagten umfasst, ergeben sich aus der Begründung der Sanierungssatzung selbst keine konkreten Sanierungsziele für den G. Zimmerplatz. Die vorbereitende Untersuchung nach § 141 BauGB spricht hier lediglich von der Schließung der Baulücke im südwestlichen Teil der U-förmigen Scheunenanlage, um die ursprünglichen Raumkanten wieder herzustellen. In diesem Neubau und der nördlich angrenzenden Scheune könnte der städtische Bauhof untergebracht werden. Außerdem könnte der Uferbereich des S.-bachs als Grünanlage hergestellt und der Platz selbst als Erweiterung des Festplatzes oder als Handwerkerhof sowie Frei- und Aufenthaltsfläche genutzt werden. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass zur Realisierung der Maßnahmen am G.-platz der Erwerb auch der nun gegenständlichen Grundstücke FlNrn. 350 und 358/3 erforderlich sei. Ausweislich der dem Gericht vorgelegten Unterlagen begann die konkrete Planung den G.-platz betreffend erst rund 10 Jahre nach Erlass der Sanierungssatzung. Im Jahr 1999 fanden erste Gespräche mit Investoren und Anliegern statt. Die ersten Planungen sahen unter anderem auch den Abriss aller Scheunengebäude und die Errichtung eines Supermarkts vor. Nach einer Bestandsaufnahme im Jahr 2000 erstellte das Architekturbüro B. + Partner ein Nutzungskonzept mit sieben Varianten. Mit Beschluss vom 4. April 2001 entschied sich der Stadtrat für die Variante 4 mit der Begründung, die Stadt strebe eine Lösung unter Einbeziehung des weitgehenden Erhalts der Scheunen, unter Einbeziehung des Eigentümerbedarfs von vier Scheunen als Lager, möglichst ohne Folgekosten für die Stadt an. Die Gestaltungsvariante 4 liege diesem Ziel am Nächsten. Zudem wurde dem Abschluss von Vorverträgen zugestimmt. Die Variante 4 sieht im Scheunenbereich entlang der Bundesstraße eine Diakoniestation mit Ambulanz und Krankengymnastik vor. Der südliche Scheunenbereich, der nach dem Stadtratsbeschluss weiter privat genutzt werden sollte, wird als Arztpraxis und Veranstaltungsraum für Bauernmarkt oder Theater bezeichnet. Das nordwestliche Scheunengebäude soll dem Fischereiverein dienen. Zwischen dem südlichen und dem nordwestlichen Gebäude ist ein Technik/WC Gebäude als Neubau vorgesehen, das über überdachte Gänge mit den beiden Bestandsgebäuden verbunden wird. Ein Wohnmobilstellplatz ist weder in dem Plan der Variante 4 noch im Stadtratsbeschluss vom 2. April 2001 erwähnt. Einzig in der Niederschrift einer Besprechung verschiedener Behörden zur Städtebauförderung vom 29. März 2001 findet sich die Aussage des Vertreters der Regierung von Oberfranken, dass die Errichtung eines Campingplatzes (mit Anschlüssen für Strom, Wasser usw.) aus der Städtebauförderung nicht förderfähig sei. Lediglich der Plan „Nutzungskonzept der Scheunenanlage am ...-platz in C.“ vom 28. September 2001 des beauftragten Architekturbüros sieht südlich des Neubaus einer öffentlichen WC-Anlage mit Gästeinfo einen Wohnmobilstellplatz mit Wasser- und Fäkalienanschluss vor. Hinsichtlich dieses Plans findet sich in den vorgelegten Akten jedoch kein Stadtratsbeschluss, in welchem dieser als offizielles Nutzungskonzept bestätigt worden wäre. In einer weiteren Aktennotiz zu einer Behördenbesprechung am 21. November 2001 wird im Zusammenhang mit der Neugestaltung des G.-platzes lediglich erwähnt, dass versucht werden solle, Funktionsbauten (Informationsstand/WC-Anlage) dort unterzubringen. Mit Beschluss des Stadtrats vom 17. Dezember 2001 wurde der Planungsauftrag für das Sanierungskonzept an das Architekturbüro vergeben vorbehaltlich der Förderzusage der Regierung. Dieser Auftrag wurde schließlich nach Erhalt des Förderbescheids am 20. März 2002 erteilt. Es wird in keiner dieser Unterlagen Bezug auf den Plan vom 28. September 2001 genommen. Zu einer weiteren Behördenbesprechung am 15. Mai 2003 schließlich lässt sich einer Aktennotiz entnehmen, dass künftig zwei Scheunen vom Fischereiverein genutzt werden sowie zwei Scheunen die Eigentümer behalten sollten. Die restlichen zwei Scheunen an der Bundesstraße würden abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass das „aktuelle Nutzungskonzept durch einen Plan (mit erläuternden Anmerkungen)“ gegenüber der Regierung darzustellen sei. Ein entsprechender Plan (wohl mit Datum vom 21. Mai 2003) wurde der Regierung zwar mit Schreiben vom 27. Mai 2003 übersandt, ist aber nicht in den Akten enthalten. In der Folge findet sich ein Beschluss des Stadtrats vom 31. Juli 2006 samt Plan „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ vom 26. Juli 2006 in den Akten. In dem Beschluss stimmt der Stadtrat der Gestaltung und Finanzierung der Sanierungsanlagen (hier Außenanlagen am S.-bach) zu, welche den Abbruch des ehemaligen Bauhofs (nordwestliches Scheunengebäude), die Rodung der Bäume entlang des S.-bachs, Entwässerungseinrichtungen, die Ufergestaltung am S.-bach sowie Beleuchtung und Bäume umfassen. Im Plan selbst ist inzwischen die WC-Anlage samt Gästeinfo nicht mehr eingezeichnet und die hier gegenständlichen Grundstücke sind als private Gärten bezeichnet. Eine „Infotafel und Wegweiser“ ist hingegen im nördlichen Bereich zum Fußweg zur Altstadt hin eingezeichnet. Der weitere Plan „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ vom 30. November 2006 sieht eine leicht veränderte Platzgestaltung selbst (Aufteilung der Stellplätze, Bäume, Begrenzungssteine) sowie eine geänderte Zufahrtssituation und das Rondell nördlich der Scheune des Fischereivereins an der Bundesstraße vor. Die gegenständlichen Grundstücke sind weiterhin als private Gärten bezeichnet. Die „Infotafel und Wegweiser“ ist ebenfalls im nördlichen Bereich zum Fußweg zur Altstadt hin eingezeichnet.

Aufgrund der sich aus den vorgelegten Akten ergebenden Historie der Umgestaltung des G.-platzes geht der Senat davon aus, dass die Beklagte das Nutzungskonzept stetig fortentwickelt hat. Maßgeblich ist aufgrund dieser Fortentwicklung nicht der Stand, welcher in dem Plan vom 28. September 2001 dokumentiert ist, sondern der vom Stadtrat mit Beschluss vom 31. Juli 2006 behandelte Plan vom 26. Juli 2006. Dieses letzte vom Stadtrat bestätige Nutzungskonzept sieht die verfahrensgegenständlichen Grundstücke als private Gärten vor. Es ist nicht auszuschließen, dass der Plan vom 30. November 2006 noch eine weitere Fortentwicklung des Nutzungskonzepts darstellt, jedoch ergibt sich hierzu nichts aus den Akten, insbesondere keine Behandlung im Stadtrat der Beklagten. Der als „Nutzungskonzept“ bezeichnete Plan vom 28. September 2001 hingegen ist ausweislich der vorgelegten Akten nie vom Stadtrat behandelt und darüber entsprechend auch nicht beschlossen worden. Er kann daher bereits deshalb keine verbindlichen Sanierungsziele festsetzen, welche das Wohl der Allgemeinheit für die Ausübung eines Vorkaufsrechts rechtfertigen könnten. Der Beschluss des Stadtrats vom 30. Mai 2011 zur Ausübung des Vorkaufsrechts kann dies nicht ersetzen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits weitere überarbeitete Konzepte von 2003 und 2006 existierten. Zudem sind die in diesem Plan vorgesehenen Planungen und Nutzungen in großen Teilen tatsächlich überholt (s. Plan vom 30. November 2006). So ist die darin für die Diakoniestation vorgesehene Scheune entlang der Bundesstraße inzwischen durch den Fischereiverein genutzt, der im Plan von 2001 eigentlich in der nordwestlichen Scheune untergebracht werden sollte. Diese wird in den Plänen von 2006 nunmehr als private Scheunennutzung gekennzeichnet. Die südlichen Scheunen sind sowohl 2001 als auch 2006 privat genutzt. Weggefallen ist hingegen der 2001 noch vorgesehene Neubau einer öffentlichen WC-Anlage, die jetzt außerhalb des Plangebiets des G.-platzes errichtet wurde. Die Gästeinfo, die 2001 noch vor der WC-Anlage vorgesehen war, befindet sich in den Plänen von 2006 im nördlichen Bereich zum Fußweg zur Altstadt hin. Der 2001 nördlich der Diakonienutzung geplante Carport ist 2006 weiter nach Norden an den S.-bach verlegt worden. Auch wurden das Bett des S.-bachs aufgeweitet und die Platzgestaltung als solche mit Stellplätzen und anderem gänzlich umgestaltet. Insbesondere im Hinblick auf die Aktennotiz über die Behördenbesprechung am 15. Mai 2003 und den mit Schreiben vom 27. Mai 2003 an die Regierung von Oberfranken übersandten neuen Plan mit aktuellem Nutzungskonzept ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die Beklagte ihr Nutzungskonzept stetig fortentwickelt und den aktuellen Entwicklungen angepasst sowie weiter detailliert hat, wie es auch im Rahmen eines städtebaulichen Sanierung erforderlich ist. Bereits die Übersendung des Plans mit Schreiben vom 27. Mai 2003 zeigt, dass der Plan vom 28. September 2001 nicht mehr das aktuelle Nutzungskonzept darstellen konnte.

Die Parteien sind sich einig, dass der Plan vom 30. November 2006 den aktuellen Stand der Umgestaltungsmaßnahmen darstellt. Demgegenüber stellte der Plan vom 26. Juli 2006 nicht lediglich den Istzustand dar, sondern die geplanten Maßnahmen insbesondere mit der Umgestaltung des Uferbereichs des S.-bachs, deren Finanzierung im Beschluss vom 31. Juli 2006 genehmigt wurde. In relativ engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Plan vom 30. November 2006 gab die Beklagte in der Sitzung des Stadtrats vom 2. Juli 2007 den „offiziellen Abschluss der Sanierungsarbeiten „G.-platz“„ bekannt und feierte dieses Ereignis am 6. Juli 2007 mit der Bevölkerung. Mit Abschluss der Sanierungsarbeiten für das Teilprojekt G.-platz wäre es ohnehin der Beklagten nicht mehr möglich, ein Vorkaufsrecht auszuüben, da dessen Voraussetzungen mit Abschluss der städtebaulichen Sanierung entfallen. Dass die Sanierung des G.-platzes entsprechend dem mit Plan vom 30. November 2006 dokumentierten Status Quo tatsächlich abgeschlossen war, zeigt zudem die Nichtausübung des Vorkaufsrechts beim früheren Verkauf des Grundstücks FlNr. 358/3 mit Beschluss des Stadtrats vom 16. Juli 2007, dem Notar mitgeteilt am 19. Juli 2007. Dies erfolgte nur wenige Tage nach der Feier zum Abschluss der Sanierungsarbeiten. Da im Rahmen der Ausübung eines Vorkaufsrechts das Wohl der Allgemeinheit auch gegeben sein kann, selbst wenn ein Grundstück nicht zeitnah der vorgesehenen Nutzung zugeführt werden kann, wäre es zu erwarten gewesen, dass die Beklagte ihr Vorkaufsrecht ausübt, um wenigstens bereits eines der nötigen Grundstücke zu sichern, wenn sie im Jahr 2007 nicht von einem endgültigen Abschluss der Sanierung des G.-platzes ausgegangen und die inzwischen deutlich überholten Planungen von 2001 noch als maßgebliches Nutzungskonzept betrachtet hätte.

Die als „Nutzungskonzept“ bezeichnete Planung vom 28. September 2001 kann somit aus verschiedenen Gründen nicht als aktuelles Sanierungsziel angesehen werden, das unter dem Gesichtspunkt Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen könnte. Auch der erst im Verfahren vor dem Senat ausschnittsweise vorgelegte Plan vom 3. September 2012 kann kein aktuelles Sanierungsziel darstellen, weil dieser zum einen nicht vom Stadtrat beschlossen wurde und zum anderen erst lange nach Erlass des hier verfahrensgegenständlichen Bescheids datiert.

3. Es fehlt zudem an der erforderlichen Ermessensausübung seitens der Beklagten.

Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt im Ermessen der Gemeinde, d. h. sie kann bei Vorliegen der Voraussetzungen ihr Recht ausüben, muss dies aber nicht tun (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 66). Ob die gesetzlichen Ausübungsvoraussetzungen erfüllt sind, beurteilt sich nach den konkreten Erwägungen der Gemeinde im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtwidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Nach § 114 Satz 2 VwGO kann eine Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Letzteres setzt jedoch voraus, dass die Verwaltungsbehörde grundsätzlich erkannt hat, dass ihr ein Ermessen zusteht und dies auch ausgeübt hat. Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Ermessensnichtgebrauch vor, also der Fall, dass die Behörde verkennt, dass sie ein Ermessen hat. Der Bescheid vom 1. Juni 2011 enthält lediglich Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausübung des Vorkaufsrechts im Hinblick auf das Vorliegen einer Sanierungssatzung (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) und deren Geltungsbereich für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke sowie das Vorliegen des Wohls der Allgemeinheit und den Verwendungszweck im Hinblick auf das „Nutzungskonzept“ vom 28. September 2001. Dass die Ausübung des Vorkaufsrechts eine Ermessensentscheidung darstellt, kommt im Bescheid an keiner Stelle zum Ausdruck. Weder wird das Wort „Ermessen“ gebraucht, noch finden sich inhaltlich in irgendeiner Weise Erwägungen zu den öffentlichen Interessen und den gegenläufigen Interessen des Klägers am Erwerb des Grundstücks.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift;
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist;
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist;
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt;
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(1) Strompolizeiliche Maßnahmen, die durch das Verhalten von Personen erforderlich werden, sind gegen die Personen zu richten, die die Gefahr oder die Störung verursacht haben. Sie können auch gegen diejenigen gerichtet werden, die für die Personen aufsichtspflichtig sind.

(2) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist neben diesem dafür verantwortlich, dass sich der andere bei der Ausführung der Verrichtung ordnungsgemäß verhält.

(3) Strompolizeiliche Maßnahmen, die durch das Verhalten oder den Zustand eines Tieres oder durch den Zustand einer Sache erforderlich werden, sind gegen den Eigentümer zu richten. Strompolizeiliche Maßnahmen können auch gegen den gerichtet werden, der die tatsächliche Gewalt ausübt; die Maßnahmen sind nur gegen diesen zu richten, wenn er die tatsächliche Gewalt gegen den Willen des Eigentümers oder eines anderen Verfügungsberechtigten ausübt, oder wenn er auf einen im Einverständnis mit dem Eigentümer schriftlich oder elektronisch gestellten Antrag als allein verantwortlich anerkannt worden ist.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift;
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist;
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist;
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt;
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids vom 1. Juni 2011, mit welchem die Beklagte ein Vorkaufsrecht unter Bezugnahme auf die Sanierungssatzung vom 21. Juli 1989 (Satzung der Stadt C. über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets „Altstadt C.“) ausgeübt hat.

Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 5. Mai 2011 die Grundstücke FlNrn. 350 und 358/3 der Gemarkung C. mit einer Gesamtfläche von 152 qm zu einem Preis von 1.700,-- Euro. Die unbebauten Grundstücke befinden sich im Bereich des G.-platzes in unmittelbarem Anschluss an historische Scheunengebäude. Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 zeigte der beurkundende Notar den Vertragsabschluss gegenüber der Beklagten an.

Der G.-platz ist Teil des Sanierungsgebiets „Altstadt C.“, welches mit Satzung vom 21. Juli 1989 festgesetzt wurde. Zu der Sanierungsatzung gibt es einen Ergebnisbericht der vorbereitenden Untersuchungen mit Stand November 1988 der Architekten R. + S. In den vorgelegten Behördenakten befindet sich weiterhin ein Plan vom 28. September 2001 der Architekten M... + Partner mit dem Titel „Nutzungskonzept der Scheunenanlage am ...-platz in C.“ (Platzgestaltung Festplatz, Grundrisse mit Außenanlagen und Ansicht). In diesem Plan ist im Bereich der beiden Grundstücke eine Ver- und Entsorgungsstation für Wohnmobile vorgesehen neben dem Neubau einer öffentlichen WC-Anlage mit Gäste-Info. Außerdem findet sich ein Plan vom 30. November 2006 der Architekten B. + Partner mit dem Titel „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ (Übersichtsplan mit Entwässerung und Höhenlage). Hier sind die betroffenen Grundstücke als private Gärten bezeichnet. In den auf Anfrage des Gerichts weiter vorgelegten Akten befindet sich ein Plan vom 26. Juli 2006 der Architekten B. + Partner mit dem Titel „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ (Übersichtsplan mit Entwässerung und Höhenlage). Dieser Plan bezeichnet die betroffenen Grundstücke ebenfalls als private Gärten. Die Situierung der Parkplätze und der Bäume ist leicht anders als auf dem späteren Plan. Zudem befindet sich hier die Zufahrt unmittelbar nördlich der Scheunen des Fischereivereins, wohingegen im späteren Plan vom 30. November 2006 die Zufahrt nach Norden zu den privaten Garagen verlegt und zudem am bisherigen Standort ein Rondell mit Bäumen und Sitzgelegenheiten vorgesehen ist. Beide Pläne sehen im Nordwesten zum Steg über den S.-bach hin eine Infotafel mit Wegweisern vor. Mit Beschluss vom 31. Juli 2006 hat der Stadtrat die Zustimmung zur Gestaltung und Finanzierung der Sanierungsarbeiten entsprechend dem Plan vom 26. Juli 2006 erteilt.

In der Sitzung des Stadtrats vom 30. Mai 2011 beschloss die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts und erließ zum Vollzug gegenüber dem Verkäufer den angefochtenen Bescheid vom 1. Juni 2011. Das Nutzungskonzept vom 28. September 2001 sehe im Bereich der fraglichen Grundstücke den Neubau einer Gäste-Info mit Ver- und Entsorgungsstation für Wohnmobile vor. Die Ausübung des Vorkaufsrechts diene der Umsetzung dieses Nutzungskonzepts und sei für das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt.

Der mit Schreiben vom 4. Juli 2011 erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht Bayreuth aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Januar 2012 mit Urteil vom 1. Februar 2012 statt und hob den angefochtenen Bescheid auf. Die Beklagte hätte ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben dürfen, weil bereits mangels gültiger Sanierungssatzung kein förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet vorgelegen habe. Die Beklagte habe das Sanierungsgebiet durch einen Plan des Architekturbüros R. + S. vom 19. September 1988 bestimmen wollen, diesen Plan aber nicht der bekanntgemachten Sanierungssatzung beigelegt. Auch sonst sei das Sanierungsgebiet im Satzungstext nicht näher bestimmt worden. Die Beklagte habe zwar nach Schluss der mündlichen Verhandlung und vor Niederlegung des Urteils die Sanierungssatzung mit einer Gebietskarte rückwirkend neu bekannt gemacht. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht rechtserheblich, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts und damit vor allem eine gültige Sanierungssatzung im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bzw. zumindest innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags vorliegen müssten. Außerdem sei die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Mit der Verlegung der öffentlichen WC-Anlage sei fraglich, ob der Ver- und Entsorgungsanschluss für Wohnmobile auf den streitgegenständlichen Grundstücken erforderlich sei. Der in den Akten befindliche Plan von 2006 gebe den aktuellen Zustand des Platzes wieder, der von den Planungen aus dem Jahr 2001 abweiche. So sei im Einfahrtsbereich ein Rondell geschaffen worden. Es seien Bäume gepflanzt und der Parkbereich durch 10 bis 20 Zentner schwere Steine abgegrenzt worden. Es sei wenig realistisch, dass diese als Provisorien jeder Zeit versetzbar seien. Das Gericht gehe daher davon aus, dass der Plan von 2006 die nunmehrigen Sanierungsziele widerspiegle. In diesem Plan würden jedoch die verfahrensgegenständlichen Grundstücke als private Gärten bezeichnet ohne besondere Darstellungen oder Planungsabsichten. Es sei daher nicht erkennbar, inwieweit das Wohl der Allgemeinheit den Erwerb dieser Grundstücke rechtfertigen könne. Der Vortrag der Beklagten, dass an dieser Stelle eine Ladestation für Elektrofahrzeuge errichtet werden könne, habe noch keinen Niederschlag in den Planungen gefunden. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine solche Station zwingend an diesem Ort zu errichten wäre.

Mit der durch Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2013 zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 1. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, das Erstgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass keine gültige Sanierungssatzung vorgelegen habe. Die Satzung sei im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB mit Rückwirkung am 27. Januar 2012 erneut bekannt gemacht worden und hätte entgegen der Auffassung des Erstgerichts daher berücksichtigt werden müssen. Auch liege das nötige Wohl der Allgemeinheit für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor. Das Erstgericht habe den Plan vom 30. November 2006 fälschlich als Nutzungskonzept gewertet. Der Plan habe jedoch nur den damals vorhandenen Ist-Zustand wiedergegeben und enthalte keine Sanierungsziele. Die Kennzeichnung der betroffenen Grundstücke als private Gärten und Grünflächen stelle keine Aufgabe des Nutzungskonzepts für eine Wohnmobilstation und eine Gästeinfo dar. Die Beklagte halte vielmehr an diesem Ziel weiter fest. Allein der Plan aus dem Jahr 2001 gebe das Nutzungskonzept wieder. Im Übrigen seien die vorhandenen und im Plan von 2006 eingezeichneten Begrenzungssteine jederzeit mit entsprechendem Gerät versetzbar und würden auch für diverse Veranstaltungen immer wieder versetzt. Es obliege zudem der Planungshoheit der Beklagten, wo die von ihr gewünschte Wohnmobilstation und die Gästeinfo errichtet werden sollen. Es komme daher im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit nicht darauf an, ob an anderer Stelle Platz dafür wäre.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe in der Stadtratssitzung vom 2. Juli 2007 öffentlich den Abschluss der Sanierungsarbeiten gegenüber den Bürgern und durch persönlichen Brief gegenüber den betroffenen Grundstückseigentümern bekannt gegeben. Die Beklagte habe zudem bei einem früheren Verkauf eines der beiden Grundstücke ihr Vorkaufsrecht nicht ausgeübt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht mehr durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Gästeinformation sei längst an einer anderen Stelle, nämlich an der Bundesstraße errichtet. Das Grundstück FlNr. 351 könne zudem nicht mehr für eine Wohnmobilstation in Anspruch genommen werden, da die Voreigentümerin mit einer Sandsteinmauer zum G. Z.-platz hin abgesperrt habe. Für diese Maßnahme seien von der Beklagten Fördermittel gewährt worden. Die WC-Anlage sei ebenfalls an anderer Stelle errichtet worden. Die Beklagte habe zudem ohne Rechtsgrundlage eine Leitung zur Dachentwässerung benachbarter Grundstücke auf das klägerische gelegt und sich zur Errichtung eines Zauns verpflichtet.

Auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2014 wird Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung (§ 124 Abs. 1 VwGO) der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2012 (§ 116 Abs. 2 VwGO) ist im Ergebnis richtig. Der Vorkaufsrechtsbescheid der Beklagten vom 1. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 125 Abs. 1 VwGO).

1. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bzw. innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) eine gültige Sanierungssatzung und damit die Voraussetzung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB vorlag. Zwar litt die Satzung vom 21. Juni 1989 an einem Bekanntmachungsfehler, da der Plan, aus welchem sich das Sanierungsgebiet ergibt, der bekanntgemachten Sanierungssatzung nicht beigelegt war. Die Beklagte hat jedoch im Mitteilungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft vom 27. Januar 2012 die Satzung erneut unter Beifügung des Plans mit Rückwirkung gemäß § 214 Abs. 4, § 143 Abs. 1 BauGB bekanntgemacht. Wird eine Satzung nach § 214 Abs. 4 BauGB rückwirkend in Kraft gesetzt, entspricht die Rechtslage der Rechtslage, die gegolten hätte, wenn die Satzung bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens wirksam gewesen wäre. Es ist gerade Sinn und Zweck der Rückwirkung Bescheiden nachträglich eine sichere Grundlage zu schaffen (vgl. BVerwG, U. v. 3.12.1998 - 4 C 14/97 - NVwZ 1999, 419; Kalb/Külpmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 214 Rn. 261). Da die Bekanntmachung mit Rückwirkung zwar nach der mündlichen Verhandlung des Erstgerichts vom 19. Januar 2012, aber vor der Niederlegung des Urteils am 1. Februar 2012 erfolgte, hätte das Erstgericht gegebenenfalls nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung die rückwirkende Heilung der Sanierungssatzung bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen.

2. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist im vorliegenden Fall jedoch nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit ist ähnlich wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und den speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) nicht mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzusetzen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden privaten und öffentlichen Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 63). An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden jedoch gegenüber einer Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit diese erfordert, qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245/89 - NJW 1990, 2703; BayVGH, U. v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 64). Das Vorliegen dieser Voraussetzung unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Im Gegensatz zu Enteignung kann das Vorkaufsrecht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein, wenn die benötigten Grundstücksflächen nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt werden (vgl. VGH BW, U. v. 24.10.1986 - 8 S 1881/86 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 64).

In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten muss sich die Ausübung des Vorkaufsrechts daher grundsätzlich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren (vgl. BayVGH, U. v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris). Die Sanierungsziele müssen dabei nicht in der Sanierungssatzung selbst festgelegt sein. Sie können sich auch aus ihrer Begründung, aber auch aus den Ergebnissen der vorbereitenden Untersuchungen ergeben (vgl. BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris). An die Konkretisierung dieser Ziele dürfen dabei bei Erlass der Sanierungssatzung nur relativ geringe Anforderungen gestellt werden. Doch werden die Anforderungen mit fortschreitendem Sanierungsverfahren höher (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1999 - 4 C 8/98 - NVwZ 1999, 1336; BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris; B. v. 10.8.2007 - 26 ZB 06.1731 - juris). Die erforderliche Konkretisierung kann insbesondere in einem Sanierungsbebauungsplan, einem sonstigen Bebauungsplan oder sogar durch eine informelle städtebauliche Planung erfolgen (vgl. BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris). Ist dies geschehen, können die Sanierungsziele auch nach einem längeren Zeitraum die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen (vgl. BVerwG, B. v. 15.3.1995 - 4 B 33.95 - NVwZ 1995, 897; BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris).

Im vorliegenden Fall rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Da das Sanierungsgebiet einen größeren Bereich der Gemeindefläche der Beklagten umfasst, ergeben sich aus der Begründung der Sanierungssatzung selbst keine konkreten Sanierungsziele für den G. Zimmerplatz. Die vorbereitende Untersuchung nach § 141 BauGB spricht hier lediglich von der Schließung der Baulücke im südwestlichen Teil der U-förmigen Scheunenanlage, um die ursprünglichen Raumkanten wieder herzustellen. In diesem Neubau und der nördlich angrenzenden Scheune könnte der städtische Bauhof untergebracht werden. Außerdem könnte der Uferbereich des S.-bachs als Grünanlage hergestellt und der Platz selbst als Erweiterung des Festplatzes oder als Handwerkerhof sowie Frei- und Aufenthaltsfläche genutzt werden. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass zur Realisierung der Maßnahmen am G.-platz der Erwerb auch der nun gegenständlichen Grundstücke FlNrn. 350 und 358/3 erforderlich sei. Ausweislich der dem Gericht vorgelegten Unterlagen begann die konkrete Planung den G.-platz betreffend erst rund 10 Jahre nach Erlass der Sanierungssatzung. Im Jahr 1999 fanden erste Gespräche mit Investoren und Anliegern statt. Die ersten Planungen sahen unter anderem auch den Abriss aller Scheunengebäude und die Errichtung eines Supermarkts vor. Nach einer Bestandsaufnahme im Jahr 2000 erstellte das Architekturbüro B. + Partner ein Nutzungskonzept mit sieben Varianten. Mit Beschluss vom 4. April 2001 entschied sich der Stadtrat für die Variante 4 mit der Begründung, die Stadt strebe eine Lösung unter Einbeziehung des weitgehenden Erhalts der Scheunen, unter Einbeziehung des Eigentümerbedarfs von vier Scheunen als Lager, möglichst ohne Folgekosten für die Stadt an. Die Gestaltungsvariante 4 liege diesem Ziel am Nächsten. Zudem wurde dem Abschluss von Vorverträgen zugestimmt. Die Variante 4 sieht im Scheunenbereich entlang der Bundesstraße eine Diakoniestation mit Ambulanz und Krankengymnastik vor. Der südliche Scheunenbereich, der nach dem Stadtratsbeschluss weiter privat genutzt werden sollte, wird als Arztpraxis und Veranstaltungsraum für Bauernmarkt oder Theater bezeichnet. Das nordwestliche Scheunengebäude soll dem Fischereiverein dienen. Zwischen dem südlichen und dem nordwestlichen Gebäude ist ein Technik/WC Gebäude als Neubau vorgesehen, das über überdachte Gänge mit den beiden Bestandsgebäuden verbunden wird. Ein Wohnmobilstellplatz ist weder in dem Plan der Variante 4 noch im Stadtratsbeschluss vom 2. April 2001 erwähnt. Einzig in der Niederschrift einer Besprechung verschiedener Behörden zur Städtebauförderung vom 29. März 2001 findet sich die Aussage des Vertreters der Regierung von Oberfranken, dass die Errichtung eines Campingplatzes (mit Anschlüssen für Strom, Wasser usw.) aus der Städtebauförderung nicht förderfähig sei. Lediglich der Plan „Nutzungskonzept der Scheunenanlage am ...-platz in C.“ vom 28. September 2001 des beauftragten Architekturbüros sieht südlich des Neubaus einer öffentlichen WC-Anlage mit Gästeinfo einen Wohnmobilstellplatz mit Wasser- und Fäkalienanschluss vor. Hinsichtlich dieses Plans findet sich in den vorgelegten Akten jedoch kein Stadtratsbeschluss, in welchem dieser als offizielles Nutzungskonzept bestätigt worden wäre. In einer weiteren Aktennotiz zu einer Behördenbesprechung am 21. November 2001 wird im Zusammenhang mit der Neugestaltung des G.-platzes lediglich erwähnt, dass versucht werden solle, Funktionsbauten (Informationsstand/WC-Anlage) dort unterzubringen. Mit Beschluss des Stadtrats vom 17. Dezember 2001 wurde der Planungsauftrag für das Sanierungskonzept an das Architekturbüro vergeben vorbehaltlich der Förderzusage der Regierung. Dieser Auftrag wurde schließlich nach Erhalt des Förderbescheids am 20. März 2002 erteilt. Es wird in keiner dieser Unterlagen Bezug auf den Plan vom 28. September 2001 genommen. Zu einer weiteren Behördenbesprechung am 15. Mai 2003 schließlich lässt sich einer Aktennotiz entnehmen, dass künftig zwei Scheunen vom Fischereiverein genutzt werden sowie zwei Scheunen die Eigentümer behalten sollten. Die restlichen zwei Scheunen an der Bundesstraße würden abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass das „aktuelle Nutzungskonzept durch einen Plan (mit erläuternden Anmerkungen)“ gegenüber der Regierung darzustellen sei. Ein entsprechender Plan (wohl mit Datum vom 21. Mai 2003) wurde der Regierung zwar mit Schreiben vom 27. Mai 2003 übersandt, ist aber nicht in den Akten enthalten. In der Folge findet sich ein Beschluss des Stadtrats vom 31. Juli 2006 samt Plan „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ vom 26. Juli 2006 in den Akten. In dem Beschluss stimmt der Stadtrat der Gestaltung und Finanzierung der Sanierungsanlagen (hier Außenanlagen am S.-bach) zu, welche den Abbruch des ehemaligen Bauhofs (nordwestliches Scheunengebäude), die Rodung der Bäume entlang des S.-bachs, Entwässerungseinrichtungen, die Ufergestaltung am S.-bach sowie Beleuchtung und Bäume umfassen. Im Plan selbst ist inzwischen die WC-Anlage samt Gästeinfo nicht mehr eingezeichnet und die hier gegenständlichen Grundstücke sind als private Gärten bezeichnet. Eine „Infotafel und Wegweiser“ ist hingegen im nördlichen Bereich zum Fußweg zur Altstadt hin eingezeichnet. Der weitere Plan „Umgestaltung des ...-platzes in C.“ vom 30. November 2006 sieht eine leicht veränderte Platzgestaltung selbst (Aufteilung der Stellplätze, Bäume, Begrenzungssteine) sowie eine geänderte Zufahrtssituation und das Rondell nördlich der Scheune des Fischereivereins an der Bundesstraße vor. Die gegenständlichen Grundstücke sind weiterhin als private Gärten bezeichnet. Die „Infotafel und Wegweiser“ ist ebenfalls im nördlichen Bereich zum Fußweg zur Altstadt hin eingezeichnet.

Aufgrund der sich aus den vorgelegten Akten ergebenden Historie der Umgestaltung des G.-platzes geht der Senat davon aus, dass die Beklagte das Nutzungskonzept stetig fortentwickelt hat. Maßgeblich ist aufgrund dieser Fortentwicklung nicht der Stand, welcher in dem Plan vom 28. September 2001 dokumentiert ist, sondern der vom Stadtrat mit Beschluss vom 31. Juli 2006 behandelte Plan vom 26. Juli 2006. Dieses letzte vom Stadtrat bestätige Nutzungskonzept sieht die verfahrensgegenständlichen Grundstücke als private Gärten vor. Es ist nicht auszuschließen, dass der Plan vom 30. November 2006 noch eine weitere Fortentwicklung des Nutzungskonzepts darstellt, jedoch ergibt sich hierzu nichts aus den Akten, insbesondere keine Behandlung im Stadtrat der Beklagten. Der als „Nutzungskonzept“ bezeichnete Plan vom 28. September 2001 hingegen ist ausweislich der vorgelegten Akten nie vom Stadtrat behandelt und darüber entsprechend auch nicht beschlossen worden. Er kann daher bereits deshalb keine verbindlichen Sanierungsziele festsetzen, welche das Wohl der Allgemeinheit für die Ausübung eines Vorkaufsrechts rechtfertigen könnten. Der Beschluss des Stadtrats vom 30. Mai 2011 zur Ausübung des Vorkaufsrechts kann dies nicht ersetzen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits weitere überarbeitete Konzepte von 2003 und 2006 existierten. Zudem sind die in diesem Plan vorgesehenen Planungen und Nutzungen in großen Teilen tatsächlich überholt (s. Plan vom 30. November 2006). So ist die darin für die Diakoniestation vorgesehene Scheune entlang der Bundesstraße inzwischen durch den Fischereiverein genutzt, der im Plan von 2001 eigentlich in der nordwestlichen Scheune untergebracht werden sollte. Diese wird in den Plänen von 2006 nunmehr als private Scheunennutzung gekennzeichnet. Die südlichen Scheunen sind sowohl 2001 als auch 2006 privat genutzt. Weggefallen ist hingegen der 2001 noch vorgesehene Neubau einer öffentlichen WC-Anlage, die jetzt außerhalb des Plangebiets des G.-platzes errichtet wurde. Die Gästeinfo, die 2001 noch vor der WC-Anlage vorgesehen war, befindet sich in den Plänen von 2006 im nördlichen Bereich zum Fußweg zur Altstadt hin. Der 2001 nördlich der Diakonienutzung geplante Carport ist 2006 weiter nach Norden an den S.-bach verlegt worden. Auch wurden das Bett des S.-bachs aufgeweitet und die Platzgestaltung als solche mit Stellplätzen und anderem gänzlich umgestaltet. Insbesondere im Hinblick auf die Aktennotiz über die Behördenbesprechung am 15. Mai 2003 und den mit Schreiben vom 27. Mai 2003 an die Regierung von Oberfranken übersandten neuen Plan mit aktuellem Nutzungskonzept ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die Beklagte ihr Nutzungskonzept stetig fortentwickelt und den aktuellen Entwicklungen angepasst sowie weiter detailliert hat, wie es auch im Rahmen eines städtebaulichen Sanierung erforderlich ist. Bereits die Übersendung des Plans mit Schreiben vom 27. Mai 2003 zeigt, dass der Plan vom 28. September 2001 nicht mehr das aktuelle Nutzungskonzept darstellen konnte.

Die Parteien sind sich einig, dass der Plan vom 30. November 2006 den aktuellen Stand der Umgestaltungsmaßnahmen darstellt. Demgegenüber stellte der Plan vom 26. Juli 2006 nicht lediglich den Istzustand dar, sondern die geplanten Maßnahmen insbesondere mit der Umgestaltung des Uferbereichs des S.-bachs, deren Finanzierung im Beschluss vom 31. Juli 2006 genehmigt wurde. In relativ engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Plan vom 30. November 2006 gab die Beklagte in der Sitzung des Stadtrats vom 2. Juli 2007 den „offiziellen Abschluss der Sanierungsarbeiten „G.-platz“„ bekannt und feierte dieses Ereignis am 6. Juli 2007 mit der Bevölkerung. Mit Abschluss der Sanierungsarbeiten für das Teilprojekt G.-platz wäre es ohnehin der Beklagten nicht mehr möglich, ein Vorkaufsrecht auszuüben, da dessen Voraussetzungen mit Abschluss der städtebaulichen Sanierung entfallen. Dass die Sanierung des G.-platzes entsprechend dem mit Plan vom 30. November 2006 dokumentierten Status Quo tatsächlich abgeschlossen war, zeigt zudem die Nichtausübung des Vorkaufsrechts beim früheren Verkauf des Grundstücks FlNr. 358/3 mit Beschluss des Stadtrats vom 16. Juli 2007, dem Notar mitgeteilt am 19. Juli 2007. Dies erfolgte nur wenige Tage nach der Feier zum Abschluss der Sanierungsarbeiten. Da im Rahmen der Ausübung eines Vorkaufsrechts das Wohl der Allgemeinheit auch gegeben sein kann, selbst wenn ein Grundstück nicht zeitnah der vorgesehenen Nutzung zugeführt werden kann, wäre es zu erwarten gewesen, dass die Beklagte ihr Vorkaufsrecht ausübt, um wenigstens bereits eines der nötigen Grundstücke zu sichern, wenn sie im Jahr 2007 nicht von einem endgültigen Abschluss der Sanierung des G.-platzes ausgegangen und die inzwischen deutlich überholten Planungen von 2001 noch als maßgebliches Nutzungskonzept betrachtet hätte.

Die als „Nutzungskonzept“ bezeichnete Planung vom 28. September 2001 kann somit aus verschiedenen Gründen nicht als aktuelles Sanierungsziel angesehen werden, das unter dem Gesichtspunkt Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen könnte. Auch der erst im Verfahren vor dem Senat ausschnittsweise vorgelegte Plan vom 3. September 2012 kann kein aktuelles Sanierungsziel darstellen, weil dieser zum einen nicht vom Stadtrat beschlossen wurde und zum anderen erst lange nach Erlass des hier verfahrensgegenständlichen Bescheids datiert.

3. Es fehlt zudem an der erforderlichen Ermessensausübung seitens der Beklagten.

Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt im Ermessen der Gemeinde, d. h. sie kann bei Vorliegen der Voraussetzungen ihr Recht ausüben, muss dies aber nicht tun (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2013, § 24 Rn. 66). Ob die gesetzlichen Ausübungsvoraussetzungen erfüllt sind, beurteilt sich nach den konkreten Erwägungen der Gemeinde im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtwidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Nach § 114 Satz 2 VwGO kann eine Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Letzteres setzt jedoch voraus, dass die Verwaltungsbehörde grundsätzlich erkannt hat, dass ihr ein Ermessen zusteht und dies auch ausgeübt hat. Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Ermessensnichtgebrauch vor, also der Fall, dass die Behörde verkennt, dass sie ein Ermessen hat. Der Bescheid vom 1. Juni 2011 enthält lediglich Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausübung des Vorkaufsrechts im Hinblick auf das Vorliegen einer Sanierungssatzung (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) und deren Geltungsbereich für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke sowie das Vorliegen des Wohls der Allgemeinheit und den Verwendungszweck im Hinblick auf das „Nutzungskonzept“ vom 28. September 2001. Dass die Ausübung des Vorkaufsrechts eine Ermessensentscheidung darstellt, kommt im Bescheid an keiner Stelle zum Ausdruck. Weder wird das Wort „Ermessen“ gebraucht, noch finden sich inhaltlich in irgendeiner Weise Erwägungen zu den öffentlichen Interessen und den gegenläufigen Interessen des Klägers am Erwerb des Grundstücks.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift;
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist;
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist;
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt;
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.


Tenor

Der Antrag der Klägerinnen, die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Klägerinnen fechten die Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen als Veranstalterin eines sog. Regionalfensterprogramms im Hauptprogramm der Klägerin zu 1) an.

2

Die Klägerin zu 1) veranstaltet seit dem 1. Januar 1984 das private Fernsehvollprogramm „Sat.1“. Sie erhielt dafür wiederholt rundfunkrechtliche Zulassungen zur Veranstaltung und bundesweiten Verbreitung ihres Programms. Zuletzt wurde ihr mit Bescheid der Beklagten vom 26. August 2008 eine erneute Zulassung erteilt, die noch bis zum 31. Mai 2020 gilt. In dieser wird darauf hingewiesen, dass die bisherigen Erfahrungen für die prognostische Bewertung sprächen, dass die Klägerin zu 1) die gesetzlichen Bestimmungen des Landesmediengesetzes – LMG – beachten werde.

3

Die Klägerin zu 2), die seit 2013 die Programme „Pro 7“, „Kabel 1“, „Sixx“ und „Sat.1 Gold“ veranstaltet, erhielt mit Bescheid vom 11. Juli 2012 von der Landesmedienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein ab 1. Juni 2013 für die Dauer von zehn Jahren gleichfalls eine Zulassung zur bundesweiten Veranstaltung des privaten Fernsehvollprogramms „Sat.1“. Der Bescheid enthält die aufschiebende Bedingung, nach der die Zulassung erst wirksam werde, wenn die Zulassung der Klägerin zu 1) nach erfolgter Rückgabe der Lizenz unwirksam geworden sei. Gegen die Zulassung der Klägerin zu 2) durch die Landesmedienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein ist derzeit ein Berufungsverfahren beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht anhängig.

4

Die Beigeladene sendet seit dem 1. Juli 1989 ein Regionalfensterprogramm im Programm der Klägerin zu 1). Sie betreibt dafür u. a. ein Landesstudio in Hessen. Zwischen ihr und der Klägerin zu 1) wurde im Jahr 1997 eine Dienstleistungsvereinbarung – DLV – geschlossen, die detaillierte Regelungen über die Finanzierung des Fensterprogramms, Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten enthält. Eine ordentliche Kündigung wird darin u. a. dann ausgeschlossen, wenn und solange die Klägerin zu 1) zur Ausstrahlung eines Regionalfensters verpflichtet ist. Die Vereinbarung enthält auch eine Preisanpassungsklausel und das Recht beider Seiten, eine Anpassung der Vergütung an einen eventuell geänderten Programmbedarf zu verlangen. Zwischen 1998 und 2010 wurden mehrfach Zusatzvereinbarungen abgeschlossen, vor allem zu dem Zweck, zugunsten der Klägerin zu 1) Kosten einzusparen.

5

Nach entsprechender Änderungen von Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags veranstaltete die Beigeladene ab dem Jahr 2004 das Regionalfensterprogramm Rheinland-Pfalz und in Hessen werktäglich eine halbe Stunde lang auf der Grundlage eigener rundfunkrechtlicher Zulassungen der Landesmedienanstalten in diesen beiden Ländern. Die von der Beklagten für Rheinland-Pfalz erteilte Zulassung vom 5. Oktober 2004 wurde später mit Bescheid vom 23. März 2010 auf die Verbreitung über Satellit erstreckt. Die Zulassung für Hessen vom 23. Juli 2004 mit zehnjähriger Laufzeit wurde mit Zulassungsbescheid der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien vom 28. November 2012 nach den Vorgaben des Hessischen Privatrundfunkgesetzes um fünf Jahre verlängert. Die hiergegen von den Klägerinnen vor dem Verwaltungsgericht Kassel erhobene Klage wurde durch Urteil vom 1. Dezember 2015 abgewiesen (1 K 618/13.KS). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

6

Auf Antrag vom 31. Januar 2014 verlängerte die Beklagte nunmehr auch die für Rheinland-Pfalz bestehende Zulassung der Beigeladenen als Regionalfensterprogrammveranstalterin mit Bescheid vom 6. Mai 2014 für weitere zehn Jahre. Vor Erlass des Verlängerungsbescheides wurden die Klägerinnen nicht förmlich beteiligt; ihnen wurde jedoch jeweils eine Ausfertigung des Bescheides übersandt.

7

Daraufhin legten die Klägerinnen gegen den Verlängerungsbescheid jeweils getrennt Widerspruch ein. Diese wurden von der Beklagten mit Widerspruchsbescheiden vom 7. Oktober 2014 unter eingehender Auseinandersetzung mit den von den Klägerinnen vorgetragenen Einwänden, insbesondere auch hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit einer Ausschreibung, zurückgewiesen.

8

Die innerhalb eines Monats nach Zustellung der Widerspruchsbescheide von den Klägerinnen gemeinsam erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße durch Urteil vom 1. März 2016 ab. Hiergegen richtet sich der vorliegende Zulassungsantrag, zu deren Begründung die Klägerinnen im Wesentlichen ausführen:

9

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass eine Ausschreibung in Bezug auf die Verlängerung der Regionalfensterzulassung nicht erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe kein Wahlrecht zwischen der Ausschreibung und einer Verlängerung der bestehenden Zulassung gehabt. Eine Verlängerungsoption bestehe nur in bestimmten Fallkonstellationen, die hier nicht vorgelegen hätten. Insofern habe die Vorinstanz das Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht beachtet. Ein Ausschreibungsverzicht verletze sie – die Klägerinnen – in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –. Die Vorinstanz habe zu Unrecht allein auf das sog. 6. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 83, 238) zurückgegriffen, in dem die „dienende Funktion“ der Rundfunkfreiheit hervorgehoben worden sei. In späteren Entscheidungen hätte das Bundesverfassungsgericht dagegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als Freiheitsrecht ausgelegt. Dies habe die Vorinstanz nicht hinreichend beachtet. Der formale Fehler des Ausschreibungsverzichts greife in unzulässiger Weise in ihre Programmgestaltungsfreiheit ein und belaste sie durch eine unangemessene Finanzierung. Darüber hinaus stelle die fehlerhafte Vergabe der Regionalfensterzulassung als bloße Verlängerung der bestehenden Lizenz einen unzulässigen Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit, die Eigentumsgarantie und ihre allgemeine Handlungsfreiheit dar. Die Vorgehensweise der Beklagten verstoße insbesondere gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der bei der staatlichen Eingriffsverwaltung stets zu beachten sei. Es habe ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden. Den gesetzlich geforderten Anhörungs- und Beteiligungsrechten sei zwingend durch eine vorherige Ausschreibung der Regionalfensterlizenz zu entsprechen gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Vergleich mit der Vergabe von Drittsendezeiten und anderen Landesmediengesetzen. Die Vorgehensweise der Beklagten verstoße auch gegen den Gesetzesvorbehalt.

10

Das Verwaltungsgericht habe nicht erkannt, dass die Beklagte sowohl das Beteiligungsrecht nach § 13 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – missachtet als auch die vor dem Erlass belastender Verwaltungsakte stets zu erfolgende Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG nicht durchgeführt habe. Die Beklagte habe dabei gegen ihre Pflicht zum konsensualen Vorgehen verstoßen. Insofern habe die Vorinstanz die amtliche Begründung zu § 22 Abs. 3 LMG, in der von einem „Benehmen“ mit dem Hauptprogrammveranstalter die Rede sei, fehlerhaft ausgelegt. Es handele sich hierbei keinesfalls, wie das Verwaltungsgericht meine, um eine unbedachte Formulierung des Entwurfsverfassers. Die entgegenstehende Auslegung durch das Gericht stelle einen Verstoß gegen ihre grundgesetzlich geschützte Rundfunkfreiheit dar.

11

Selbst wenn der Beklagten bei der Frage der Verlängerung der Regionalfensterzulassung ein Wahlrecht zugebilligt würde, leide der Ausgangsbescheid an erheblichen Ermessensfehlern. Die Beklagte habe rechtsirrig angenommen, zu einer Verlängerung der Zulassung verpflichtet zu sein, ohne zu sehen, dass ihr ein Wahlrecht zugestanden habe. Insofern seien ein Ermessensdefizit und ein Ermessensfehlgebrauch festzustellen. Die Beklagte habe auch hier das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Ausschreibung und Verlängerungsoption missachtet. Die Ermessensfehler seien auch im Widerspruchsverfahren nicht geheilt worden. Eine Heilung sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil diese nur innerhalb von noch nicht abgeschlossenen Verfahrensstufen zulässig sei. Wegen der bei einer Wiederholung von Verfahrensabschnitten stets aufs Neue notwendigen Beteiligung der Versammlung der Beklagten sei nach Abschluss des jeweiligen Teils des Verwaltungsverfahrens eine Heilung von formalen Fehlern nicht mehr zulässig. Zudem habe bei der Nachholung der Ermessensausübung im Widerspruchsverfahren nicht das zuständige Organ (die Versammlung) gehandelt.

12

Auch sei eine Heilung im Klageverfahren nicht zulässig gewesen. Aus der fehlenden Sachverhaltsermittlung folge des Weiteren ein Ermessensfehlgebrauch. Auch hier habe das unzuständige Organ gehandelt. Selbst wenn der Beklagten ein (ausgeübtes) Ermessen zuzugestehen wäre, so sei dieses im konkreten Fall zu Gunsten der Klägerinnen „auf Null“ reduziert gewesen.

13

Die Beigeladene sei nicht schutzwürdig. Sie sei von der Beklagten viel zu lange bevorzugt worden, verursache hohe Kosten und ihnen – den Klägerinnen – sei durch die unterlassene Ermessensbetätigung die Möglichkeit genommen worden, auf eine Auswahl geeigneter Bewerber hinzuwirken. Die Vorinstanz habe auch nicht erkannt, dass die Beklagte gegen das Gebot der Neutralität einer Medienanstalt verstoßen habe. Hierzu werde auf die Entscheidung des Senats vom 23. Juli 2014 zu den Drittsendezeiten hingewiesen. Lege man diesen Maßstab hier an, so könne von einer im Lichte der Rundfunkfreiheit und den Vorgaben des verhältnismäßigen Ausgleichs der Interessen stehenden Entscheidung der Beklagten nicht mehr gesprochen werden.

14

Die vom Verwaltungsgericht zu Unrecht bestätigte Entscheidung der Beklagten beruhe auch auf den dargestellten formalen Rechtsverletzungen. Es handele sich um absolute Verfahrensfehler, die nicht heilbar seien. Das gelte auch hinsichtlich der Verfahrensfehler ihrer nicht erfolgten Hinzuziehung im Verwaltungsverfahren und der unterbliebenen Anhörung. Auch diese schwerwiegenden Verfahrensfehler seien weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren geheilt worden.

15

Die Vorinstanz habe zu Unrecht die Verfassungswidrigkeit von § 25 Abs. 4 Rundfunkstaatsvertrag – RStV – und § 22 Abs. 3 LMG verneint und auch die materielle Rechtswidrigkeit des Verlängerungsbescheides nicht erkannt. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung einen falschen Maßstab angelegt. Es habe nicht erkannt, dass für die Gesetzesänderung in § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG keine Rechtfertigung vorgelegen und der Gesetzgeber die Änderung fehlerhaft begründet habe. Soweit die Annahme des Verwaltungsgerichts schon fehlerhaft hergeleitet sei, sei sie auch im Ergebnis nicht tragfähig und könne keinen rechtfertigenden Grund der Ungleichbehandlung darstellen. Hier sei bereits entscheidend, dass die Verpflichtung zur Ausstrahlung und Finanzierung eines Regionalfensterprogramms ihrem Wortlaut nach lediglich an eine relative Zuschaueranteilsgrenze anknüpfe. Die Bestimmung führe im Ergebnis dazu, dass immer nur zwei Hauptprogrammveranstalter zur Einräumung und Finanzierung von Regionalfensterprogrammen verpflichtet seien. Diese doppelte Verpflichtung träfe sie – die Klägerinnen – unabhängig von ihrer individuellen konkreten Zuschaueranteilshöhe und damit unabhängig von ihrer konkreten Meinungsmacht und -stärke. Das Verwaltungsgericht habe nicht erkannt, dass diese Verpflichtung auch dann eintreten könne, wenn in keinem Fall die Annahme gerechtfertigt sei, gerade diese beiden Programme vermittelten eine Gefahr für die Meinungsvielfalt. Hier gebe es bessere Modelle.

16

Die Fehler des Gesetzgebers verstießen gegen ihre Rundfunk-, Berufsausübungs-, Eigentums- und allgemeine Handlungsfreiheit. Auch die Verhältnismäßigkeit werde nicht gewahrt. Der Eingriff sei bereits nicht erforderlich. Bei der mit einer Finanzierungspflicht verbundenen Regionalfensterzulassung handele es sich zudem um eine verfassungswidrige Sonderabgabe. Bereits die Gruppenbildung sei fehlerhaft vorgenommen worden. Es gebe auch keine vollständige haushaltsrechtliche Dokumentation. Außerdem würden die Grundsätze der Abgabengerechtigkeit und des Vorbehalts des Gesetzes missachtet. Der Landesgesetzgeber übe seine Regulierungskompetenz rechtswidrig aus. Dies zeige bereits die fehlende Kündigungsmöglichkeit bei der zwischen ihr und der Beigeladenen abgeschlossenen Dienstleistungsvereinbarung. Hieraus folge die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung.

17

Das Verwaltungsgericht habe einen falschen Maßstab gewählt und Obergrenzen nicht geprüft. Die Finanzierungsverpflichtung sei unangemessen hoch. Technische Entwicklungen seien von der Vorinstanz nicht beachtet worden. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht aufgeklärt.

18

Es gebe auch ein europarechtliches Durchführungsverbot. Auch dies habe die Vorinstanz nicht bzw. nur fehlerhaft geprüft.

19

Das Urteil beschwere auch die Klägerin zu 2), weil sie nicht zur Einräumung von Fensterprogrammen verpflichtet sei. Es gelte insoweit der formelle Veranstalterbegriff.

20

Die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf. Es seien besonders umfangreiche und schwierige Rechtsfragen, verbunden mit grundsätzlicher Bedeutung vorhanden, die noch nicht obergerichtlich entschieden worden seien. Insoweit deckten sich die schwierigen und entscheidungserheblichen Rechtsfragen mit den im Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Einzelnen aufgeführten Rechtsfragen.

21

Die besonderen Schwierigkeiten folgten im Übrigen aus dem hohen Begründungsaufwand des angefochtenen Urteils sowie dem Umstand, dass bestimmte rechtlich schwierige Fragen von der Vorinstanz ausgeklammert beziehungsweise unzutreffend gewertet worden seien. Dies beträfe die vom Verwaltungsgericht nicht verbeschiedenen Rügen des Verstoßes gegen das Gebot der Neutralität der Medienanstalt, den gerügten verfassungsrechtlichen Verstößen gegen die Grundsätze der Abgabengerechtigkeit und des Vorbehalt des Gesetzes sowie dem Vorhalt, die Beklagte habe gegen ihre Regulierungskompetenz verstoßen. Es handele sich im Übrigen bei den aufgeworfenen Fragen zum Teil um neuartige Rechtsfragen.

22

Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung. Folgende Fragen müssten in einem Berufungsverfahren grundsätzlich geklärt werden:

23

1. Führt die Neuregelung des § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG zu einem Verfahrenswahlrecht zwischen der Möglichkeit der Ausschreibung der Vergabe von Regionalfensterprogrammen und der Möglichkeit der Verlängerung der Zulassung auf Antrag des bisherigen Fensterprogrammveranstalters ohne vorherige Ausschreibung?

24

2. Ist § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG bzw. § 25 Abs. 4 RStV mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar, soweit hier ein Verfahrenswahlrecht zwischen der Möglichkeit der Ausschreibung der Vergabe von Regionalfensterprogrammen und der Möglichkeit der Verlängerung der Zulassung auf Antrag des bisherigen Fensterprogrammveranstalters ohne vorherige Ausschreibung geöffnet ist?

25

3. Kann ein Ermessensausfall im Rahmen der Ausübung eines Verfahrenswahlrechts betreffend die Frage der Durchführung einer Ausschreibung der Vergabe von Regionalfensterprogrammen nach Erteilung der Verlängerung einer bestehenden Regionalfensterprogrammzulassung im Rahmen des Widerspruchs- bzw. des Klageverfahrens geheilt werden?

26

4. Ist § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG bzw. § 25 Abs. 4 RStV mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar, soweit hier keine „konsensuale“ Vergabe des Regionalfensters mit dem Hauptprogrammveranstalter vorgesehen ist?

27

5. Ist die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms allein durch die Veranstalter der beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten privaten Fernsehvollprogramme mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar?

28

6. Ist die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms allein durch die Veranstalter der beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten privaten Fernsehvollprogramme mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar?

29

7. Stellt die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms durch den Hauptprogrammveranstalter eine verfassungswidrige Sonderabgabe dar, die gegen die Rechte des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 und 2a GG verstößt?

30

8. Ist die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms durch den Hauptprogrammveranstalter mit den aus den Grundsätzen der Abgabengerechtigkeit und des Vorbehalt des Gesetzes folgenden Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 und 2a GG vereinbar, soweit hier keine konkrete und objektiv gleicher Höhe der Finanzierung festgelegt ist?

31

Es liege schließlich auch ein Verfahrensfehler vor. Das Verwaltungsgericht habe ihre Rüge, zur Behebung des Ermessensausfalls habe im Widerspruchsverfahren nicht das zuständige Organ die Ermessenserwägungen getroffen, verfahrensfehlerhaft behandelt. Das Verwaltungsgericht hätte die Frage, ob die Versammlung im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren nachträglich Ermessenserwägungen getroffen habe, aufklären müssen. Auf diesem Verfahrensfehler beruhe das angefochtene Urteil. Die Sachverhaltsaufklärung hätte dann möglicherweise ergeben, dass die Versammlung nicht die erforderlichen Ermessenserwägungen im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren angestellt habe.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, insbesondere den Schriftsätzen der Klägerinnen vom 15. Juni und 22. Dezember 2016 sowie die Verwaltungsakten (1 Ordner und 4 Hefte) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

B.

33

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Keiner der von den Klägerinnen geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und 5 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –) liegt vor.

34

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn wenigstens ein tragender Rechtssatz oder eine einzelne Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2010 – 1 BvR 2011/10 –, juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente Auswirkungen auf das Ergebnis der Entscheidung haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 – 7 AV 4.03 –, juris). Keine dieser Alternativen liegt hier vor.

35

Die von den Klägerinnen gegen das angefochtene Urteil vorgebrachten Einwendungen lassen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in einem späteren Berufungsverfahren erwarten. Das Verwaltungsgericht hat ihre gemeinsam erhobene und begründete Klage gegen die Verlängerung der Regionalfensterzulassung der Beigeladenen vielmehr mit eingehender und zutreffender Begründung, der sich der Senat in vollem Umfang anschließt, abgewiesen. Deshalb kann zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen werden.

36

Auch im Übrigen lassen die gegen diese Entscheidung von den Klägerinnen vorgebrachten Einwendungen keine Abänderung des Urteils in einem Berufungsverfahren erwarten. Diese sind zwar in quantitativer Hinsicht sehr umfangreich. Sie bestehen jedoch überwiegend aus den bereits in der ersten Instanz vorgebrachten Rechtsauffassungen, die so offensichtlich unzutreffend sind, dass die Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht angezeigt ist. Im Einzelnen:

37

a) Die Klage der Klägerin zu 2) ist bereits unzulässig. Sie kann schon deshalb nicht gegen die angefochtenen Bescheide vorgehen, weil diese sie gegenwärtig nicht in eigenen Rechten verletzen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Ausstrahlung eines Regionalfensterprogramms, auf die sich die angefochtenen Bescheide ausdrücklich beziehen, richtet sich ausschließlich an den jeweiligen Hauptprogrammveranstalter (vgl. § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV; § 22 Abs. 3 Satz 1 LMG). Dies ist derzeit aber nicht die Klägerin zu 2), sondern die Klägerin zu 1). Dass die Klägerin zu 2) möglicherweise nach bestandskräftiger Zulassung durch die Landesmedienanstalt Schleswig-Holstein und Rückgabe der Lizenz durch die Klägerin zu 1) in der Zukunft die Hauptprogrammveranstalterin des Fernsehvollprogramms „Sat.1“ werden könnte, ändert an diesem Befund nichts. Denn die Klägerin zu 2) hat den Sendebetrieb dann als Rechtsnachfolgerin in dem Zustand mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen, die zu diesem Zeitpunkt durch gesetzliche Vorgaben und/oder rechtsgestaltenden Verwaltungsakte bestehen (vgl. zu den Regionalfensterveranstaltungen insbesondere auch Ziffer 1.4 des Zulassungsbescheides der Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein vom 11. Juli 2012, Bl. 231 GA).

38

Hieran ändern die Ausführungen der Klägerin zu 2) zum sog. formellen bzw. materiellen Veranstalterbegriff nichts. Für die Frage der Reichweite der Rechtswirkungen des nur gegenüber der Beigeladenen ergangenen Bescheides kommt es allein auf die formelle Veranstaltereigenschaft an. Die nur vorsorglich auch an die Klägerin zu 2) vorgenommene Zustellung des Widerspruchsbescheides erfolgte allein wegen des von ihr eingelegten Widerspruchs und ändert an ihrer nicht gegebenen Veranstaltereigenschaft nichts. Sie wird hierdurch weder Adressatin noch sonst unmittelbar Betroffene des Bescheids.

39

Die Klage der Klägerin zu 2) läuft damit auf einen – prozessual grundsätzlich nicht zulässigen – vorbeugenden Rechtschutz hinaus. Ihr fehlt deshalb zugleich auch das allgemeine Rechtschutzbedürfnis. Dies belegt unter anderem folgende Kontrollüberlegung: Würde durch dieses Verwaltungsstreitverfahren rechtskräftig entschieden, dass die Klägerin zu 1) zur Übertragung des Regionalfensterprogramms durch die Beigeladene nicht verpflichtet ist, so könnte die Beigeladene bei einer – unterstellten – Übernahme des Sendebetriebs durch die Klägerin zu 2) gegenüber dieser selbst dann nicht geltend machen, Lizenzinhaberin des Regionalfensterprogramms zu sein, wenn diese nicht als Prozesspartei beteiligt wäre. Ihre rundfunkrechtliche Zulassung wäre nämlich schon vorher erloschen und lebte nach einer Übernahme des Sendebetriebs durch die Klägerin zu 2) als neue Hauptprogrammveranstalterin nicht wieder auf (vgl. Müller-Terpitz, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, Kommentar, 2014, § 25 RStV Rn. 30). Für das mit dem Zulassungsantrag angefochtene Ergebnis des Verwaltungsgerichts, nach dem die Beigeladene zu Recht Inhaberin der verlängerten Regionalfensterzulassung ist, gilt nichts anderes.

40

Unabhängig von diesen Erwägungen wäre die Klage der Klägerin zu 2) – ihre Zulässigkeit unterstellt – aber auch unbegründet, wie nachfolgend, insoweit für beide Klägerinnen gemeinsam, ausgeführt wird.

41

b) Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagte durfte die Zulassung der Beigeladenen als Regionalfensterveranstalterin auf ihren rechtzeitig und auch im Übrigen formgerecht gestellten Antrag verlängern. Die hiergegen von den Klägerinnen im Wege der Drittanfechtungsklage erhobenen Einwände verfangen nicht.

42

aa) Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung für die von den Klägerinnen angefochtene Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen als Regionalfensterveranstalterin ist § 25 Abs. 4 RStV. Danach sind nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts in den beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen mindestens im zeitlichen und regional differenzierten Umfang der Programmaktivitäten Regionalfensterprogramme zur aktuellen und authentischen Darstellung der Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens aufzunehmen (§ 25 Abs. 4 Satz 1 RStV). Der Hauptprogrammveranstalter hat hierbei organisatorisch sicherzustellen, dass die redaktionelle Unabhängigkeit des Regionalfensterprogrammveranstalters gewährleistet ist (§ 25 Abs. 4 Satz 2 RStV). Seit Inkrafttreten des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrags zum 1. April 2005 sind den Fensterprogrammveranstaltern in den einzelnen Ländern gesonderte Zulassungen zu erteilen (§ 25 Abs. 4 Satz 3 RStV). Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 6 RStV in der Fassung des 13. Rundfunkänderungs-staatsvertrags vom 15. März 2010 ist auf Antrag des Regionalfensterprogramm-veranstalters eine Verlängerung der ihm zuvor erteilten Zulassung zulässig.

43

Die vorstehend dargestellten Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages werden in Rheinland-Pfalz durch § 22 Abs. 3 LMG vollständig umgesetzt. Nachdem schon mit § 22 Abs. 3 Satz 3 LMG sichergestellt worden war, dass dem Regionalfensterprogrammveranstalter zur Sicherung der redaktionellen Unabhängigkeit vom Hauptprogrammveranstalter eine gesonderte Zulassung zu erteilen ist, sieht § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG in der seit dem 31. Dezember 2013 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2013 (GVBl. S. 556) nunmehr auch – entsprechend der Ermächtigung in § 25 Abs. 4 Satz 3 RStV – ausdrücklich vor, dass eine Verlängerung der zuvor als eigenständige Zulassung erteilten Rundfunklizenz für die weitere Ausstrahlung eines Regionalfensterprogramms zulässig ist.

44

Dass die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschriften bei der von den Klägerinnen angefochtenen Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen für den Zeitraum vom 5. Oktober 2014 bis 30. November 2024 gegeben sind, kann nicht ernstlich bezweifelt werden. Die Beigeladene erhielt am 5. Oktober 2004 erstmals eine gesonderte Zulassung auf der Grundlage von § 22 Abs. 3 LMG in der Fassung des Gesetzes vom 4. Februar 2005. Sie hat nach Inkrafttreten von § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2013 am 31. Januar 2014 einen – auch nach § 25 Abs. 4 Satz 6 RStV zulässigen – Verlängerungsantrag gestellt, dem nach inhaltlicher Prüfung und im Benehmen mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – vom für die Entscheidung behördenintern zuständigen Organ der Beklagten, der Versammlung, in der Sitzung vom 5. Mai 2014 entsprochen wurde. Daraufhin erließ die Verwaltung der LMK als ausführendes Organ der Landesmedienanstalt am 6. Mai 2014 den mit der Klage angefochtenen Bescheid, mit dem die Zulassung der Beigeladenen antragsgemäß verlängert wurde. Nach Zustellung dieses Bescheides und Eingang der Widersprüche der Klägerinnen hat sich die Versammlung der Beklagten in ihrer Sitzung vom 6. Oktober 2014 mit den im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Einwänden der Klägerinnen inhaltlich auseinandergesetzt. Daraufhin hat wiederum die Verwaltung der LMK als ausführendes Organ der Landesmedienanstalt den Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2014 erlassen, der sich sowohl mit der Frage der Beteiligung der Klägerinnen befasst als auch eingehende Ermessenserwägungen im Hinblick auf eine Verlängerungsoption enthält.

45

All dies liegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unproblematisch vor und ist von der Vorinstanz umfassend und zutreffend gewürdigt worden. Trotz des erheblichen Umfangs ihrer Klagebegründung, den verschiedenen weiteren erstinstanzlichen Schriftsätzen und nicht zuletzt der Begründung ihres Zulassungsantrags (Schriftsätze vom 15. Juni und 22. Dezember 2016) sind die von den Klägerinnen vorgetragenen Rechtsauffassungen nicht geeignet, diesen tatsächlich und rechtlich relativ einfach gelagerten Befund in Frage zu stellen. Im Einzelnen:

46

bb) Entgegen der Meinung der Klägerinnen ist eine Ausschreibung in Bezug auf die Verlängerung der Regionalfensterzulassung nicht erforderlich gewesen. Der Beklagten stand – im Gegenteil – ein Wahlrecht hinsichtlich der rechtlich zulässigen Verlängerungsoption zu. Dies folgt bereits aus dem unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes. Denn § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG lässtauf bloßen Antrag des Regionalfensterprogrammveranstalters ausdrücklich – und ohne dass dies überhaupt ernstlich zweifelhaft sein könnte – eine Verlängerung der ihm zuvor erteilten Zulassung zu.

47

Neben dieser – schon für sich besehen zu einem eindeutigen Ergebnis führenden – Wortlautauslegung entspricht diese Sichtweise auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der ausweislich der Materialien des fraktionsübergreifend eingebrachten Gesetzesentwurfs dem Regionalfensterprogrammveranstalter eine Verlängerung seiner Zulassung auch ohne eine vorherige Ausschreibung ermöglichen wollte (vgl. den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31. Oktober 2013, LT-Drs. 1/2938, S. 1 und 4 sowie das Plenarprotokoll der Sitzung des Landtags vom 7. November 2013, S. 3803).

48

Dies gilt jedenfalls für die erste Verlängerung. Ob angesichts des Wortlauts (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG: „eine“ Verlängerung ist möglich) auch bei weiteren Verlängerungsanträgen so verfahren werden kann, kann hier offen bleiben, da es vorliegend gerade um die erste Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen nach der gesetzlichen Einführung einer gesonderten Zulassung für Regionalfensteranbieter im Jahr 2005 geht.

49

Dem lässt sich nicht erfolgreich entgegenhalten, dass die Verlängerungsoption im Zusammenhang mit dem 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag stehe, in dem die Verlängerungsoption – so die Klägerinnen – nur in Bezug auf die zum 31. Dezember 2009 bereits bestehenden Zulassungen nach § 25 Abs. 4 Satz 4 RStV (Fensterprogrammveranstalter und Hauptprogrammveranstalter stehen zueinander im Verhältnis eines verbundenen Unternehmens) beschränkt worden seien.

50

Zum einen ergibt sich die hier maßgebliche Anspruchsgrundlage nicht aus dem Rundfunkstaatsvertrag, sondern unmittelbar aus dem Landesmediengesetz (vgl. Müller-Terpitz, in: Gersdorf/Paal, a. a. O., § 25 RStV R. 28). Und unter Geltung dieses Gesetzes ist in Rheinland-Pfalz ein Verbund von Haupt- und Regionalfensterprogrammveranstalter noch nie zugelassen worden. Die Einführung einer Verlängerungsoption kann also mit einem – in Rheinland-Pfalz zu keinem Zeitpunkt vorhanden gewesenen – gesellschaftsrechtlichen Verbund von Haupt- und Fensterprogrammveranstalter schlechterdings nicht im Zusammenhang stehen. Folglich kann die gesetzlich bewusst eingeführte Verlängerungsoption nur die oben dargestellte Zielsetzung haben. Dies belegen auch eindeutig die Plenarprotokolle des Landtags Rheinland-Pfalz.

51

So hat in der den Gesetzentwurf behandelnden 59. Sitzung des Landtags vom 7. November 2013 zunächst der Abgeordnete Haller (SPD) darauf hingewiesen, dass es sich um „notwendige Änderungen“ aufgrund der Vorgaben des Rundfunkänderungsstaatsverträge handele, die insbesondere die „Lizensierung im Rahmen des Regionalfensters“ beträfen (vgl. LT-PlenProt. 16/59, S. 3802). Die Abgeordnete K...-G... (CDU) stellte sodann heraus, dass die Einführung einer Verlängerungsmöglichkeit notwendig sei, um bei dem gemeinsam mit Hessen betriebenen Regionalfenster keine „Neuausschreibung“ vornehmen zu müssen (LT-PlenProt. 16/59, S. 3803). Die sich anschließend für die Landesregierung äußernde Staatssekretärin … ergänzte in diesem Zusammenhang, dass mit der Option der Verlängerung (ohne erneute Ausschreibung) mit „vielen anderen Ländern“ gleichgezogen werden solle und begrüßte in diesem Zusammenhang die vorgeschlagenen Änderungen im Namen der Landesregierung (LT-PlenProt. 16/59, S. 3804). Da weder von der Begründung des Gesetzesentwurfs noch von diesen Bekundungen in der Beratung des Landtags im weiteren Gesetzgebungsverfahren abgerückt wurde, kann es keinen vernünftigen Zweifeln unterliegen, dass der Landesgesetzgeber die Einführung einer Verlängerung der Regionalfenster-zulassung keinesfalls auf die Konstellation eines gesellschaftsrechtlichen Verbundes von Haupt- und Fensterprogrammveranstalter beschränken wollte.

52

Es wäre zum anderen aber auch nicht nachvollziehbar, wenn – der Argumentation der Klägerinnen folgend – nur die gesetzgeberisch nicht erwünschte Konstellation, bei der Haupt- und Regionalfensterprogrammveranstalter im Verhältnis verbundener Unternehmen stehen und damit gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten des Hauptprogrammveranstalters auf das Regionalfensterprogramm bestehen, durch Möglichkeit einer Verlängerung der Zulassung gegenüber gesellschaftsrechtlich unabhängigen Regionalfensterveranstaltern zu privilegieren. Eine solche Perpetuierung des vom Gesetzgeber ganz offensichtlich nicht gewünschten Zustandes durch die von den Klägerinnen vertretene Auslegung von § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG ist fernliegend.

53

Eine Ausschreibung ist auch nicht wegen des von den Klägerinnen insofern geltend gemachten Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erforderlich. Diese sind in mehrfacher Hinsicht von der ausschließlich im Verhältnis zur Beigeladenen erfolgten Verlängerung der Zulassung nicht in grundrechtsrelevanter Weise betroffen.

54

Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen und mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Rundfunkfreiheit auch nach der aktuellen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine „dienende“ Funktion hat, die nicht primär an den Interessen der Rundfunkveranstalter ausgerichtet ist, sondern eine freie, individuelle und öffentliche Meinungsbildung gewährleisten soll.

55

Wie das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist die Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (inhaltsgleich: Art. 10 Abs. 1 Satz 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –) eine dienende Freiheit. Sie dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, und zwar in einem umfassenden, nicht auf bloße Berichterstattung oder die Vermittlung politischer Meinungen beschränkten Sinn. Freie Meinungsbildung vollzieht sich in einem Prozess der Kommunikation. Sie setzt auf der einen Seite die Freiheit voraus, Meinungen zu äußern und zu verbreiten, auf der anderen Seite die Freiheit, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen, sich zu informieren. Indem Art. 5 Abs. 1 GG Meinungsäußerungs-, Meinungsverbreitungs- und Informationsfreiheit als Grundrechte gewährleistet, sucht er zugleich diesen Prozess verfassungsrechtlich zu schützen. Der Rundfunk ist „Medium und Faktor“ des verfassungsrechtlich geschützten Prozesses, in dem sich die Meinungsbildung vollzieht. Angesichts seiner herausragenden kommunikativen Bedeutung wird freie Meinungsbildung nur in dem Maß gelingen, wie der Rundfunk seinerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß informiert. Unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation bildet daher der grundrechtliche Schutz der Vermittlungsfunktion des Rundfunks eine unerlässliche Voraussetzung der Erreichung des Normziels von Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juni 1981 – 1 BvL 89/78 –, BVerfGE 57, 295 [319]; und vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 396/98 –, BVerfGE 114, 371 [387]); OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, juris).

56

Die Verpflichtung der Veranstalter der beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen, gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV mindestens im zeitlichen und regional differenzierten Umfang der Programmaktivitäten Regionalfensterprogramme zur aktuellen und authentischen Darstellung der Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens aufzunehmen, ist damit Bestandteil und Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Rundfunk nicht nur Übermittler, sondern auch (Mit-)Gestalter im permanenten Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung ist und dass gerade dem Fernsehen aufgrund seiner Breitenwirkung, seiner Aktualität, des von ihm vermittelten Anscheins der Authentizität und des Miterlebens sowie seiner bequemen Verfügbarkeit besondere, wenn nicht herausragende Bedeutung für die Deckung des Informationsbedarfs der Bevölkerung zukommt. Der Rundfunk, insbesondere das Fernsehen, ist auch heute noch eines der mächtigsten Kommunikationsmittel und Massenmedien (vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 – VGH B 35/12 –, AS 42, 258 [288 f.]), das wegen seiner weitreichenden Wirkungen und Möglichkeiten sowie der Gefahr des Missbrauchs zum Zwecke einseitiger Einflussnahme auf die öffentliche Meinung nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden kann. Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit folgt daher nicht nur ein Abwehrrecht des Rundfunkveranstalters, sondern zugleich die Pflicht des Gesetzgebers zu deren gesetzlicher Ausgestaltung. Meinungsbildung vollzieht sich insoweit in einem Prozess der Kommunikation, der gleichermaßen die Freiheit zur Meinungsäußerung und -verbreitung wie auch die Freiheit voraussetzt, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen und sich zu informieren. Die Rundfunkfreiheit ist dergestalt eine der Freiheit der Meinungsbildung dienende Freiheit: Sie bildet unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation eine notwendige Ergänzung und Verstärkung der Meinungsfreiheit und dient der Aufgabe, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Die grundrechtliche Gewährleistung einer bloßen Staatsfreiheit allein ermöglicht keine freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk. Hierzu bedarf es vielmehr einer positiven Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise eine umfassende Information geboten wird. Hierbei hat der Gesetzgeber nicht bloß dafür Sorge zu tragen, dass dieses maßgebliche Instrument der Meinungsbildung nicht dem Staat, sondern auch, dass es nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppe überlassen wird, dass die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen und dass die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt. Dem dienenden Charakter der Rundfunkfreiheit würde ein Verständnis von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV, das sich in der Abwehr staatlicher Einflussnahme erschöpfte und den Rundfunk im Übrigen den gesellschaftlichen Kräften überließe, nicht gerecht. Zwar entfaltet das Grundrecht der Rundfunkfreiheit seinen Schutz auch und zuerst gegenüber dem Staat. Daneben bedarf es jedoch einer positiven Ordnung, die sicherstellt, dass der Rundfunk ebenso wenig wie dem Staat einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, sondern die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft insgesamt eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck sind materielle, organisatorische und prozedurale Regelungen notwendig, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und geeignet sind zu bewirken, was Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleisten will. Wie diese Ordnung im Einzelnen ausgestaltet wird, ist Sache der gesetzgeberischen Entscheidung. Das Grundgesetz schreibt weder ein bestimmtes Modell vor noch zwingt es zu konsistenter Verwirklichung des einmal gewählten Modells. Von verfassungs wegen kommt es vielmehr allein auf die Gewährleistung freier und umfassender Berichterstattung an (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 – 1 BvF 1/85 –, BVerfGE 83, 238 [316] m.w.N.)

57

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in der von den Klägerinnen für ihre Auffassung herangezogenen Entscheidung vom 20. Februar 1998 (1 BvR 661/94, BVerfGE 97, 298 ff.) auch ein Grundrecht der Veranstalter auf Rundfunkfreiheit anerkennt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat unabhängig davon auch in jüngeren Entscheidungen den „dienenden Charakter“ der Rundfunkfreiheit unabhängig davon bestätigt.

58

So heißt es etwa in dem zeitlich nachfolgend ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. September 2007 zum Verfahren bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr (1 BvR 2270/05, BVerfGE 119, 181 [214]):

59

„Die Rundfunkfreiheit dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung [...]. Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet [...]. Die Ausgestaltung dieser Ordnung ist Aufgabe des Gesetzgebers, der dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, auch für Differenzierungen insbesondere nach der Regelungsart und Regelungsdichte, vorfindet.“

60

Hiervon ausgehend kann bei der Vergabe von Regionalfensterprogrammen keinesfalls von einer Grundrechtsbetroffenheit durch einen unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn privater Rundfunk vom Gesetzgeber unter Anforderungen gestellt würde, die seine Veranstaltung in hohem Maße erschwerten, wenn nicht ausschließen würden (BVerfG, Urteile vom 4. November 1986 – 1 BvF 1/84 – BVerfGE 73, 118 [157]; sowie vom 5. Februar 1991, – 1 BvF 1/85 –, a.a.O., S. 297). Der Gesetzgeber ist in der Bestimmung der Programmanforderungen für private Veranstalter frei, solange er diese Grenze nicht überschreitet (vgl. Hartstein/Kreile, in: Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, Loseblattkommentar, Stand Dezember 2016, § 25 Rn. 6). Von einer derartigen Einschränkung kann bei der hier allein zu beantwortenden Frage der Zulässigkeit des Verzichts auf eine Ausschreibung nicht die Rede sein. Auch diese Lösung ist schon von der Vorinstanz so offensichtlich zutreffend herausgearbeitet worden, dass sich die Durchführung eines Berufungsverfahrens verbietet.

61

Hinzu kommt Folgendes: Durch die seit 1. April 2005 geltende Fassung von § 22 Abs. 3 LMG, mit der dem Regionalfensterprogrammveranstalter nach der Ermächtigung in § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV erstmals eine eigenständige Zulassung zugesprochen wird, soll ausweislich der Gesetzesmaterialien dieser in seinemeigenen Grundrecht auf Ausübung der Rundfunkfreiheit gefestigt und so die Unabhängigkeit seiner Berichterstattung weiter gestärkt werden (so die amtl. Begründung zum 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt in Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., vor § 25). In Anbetracht der sich widerstreitenden Zielrichtungen der Ausübung des danach für beide Veranstalter gleichermaßen geltenden Grundrechts auf Rundfunkfreiheit verbietet sich die von den Klägerinnen vertretene „rigorose“ Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV, die nur einseitig und ausschließlich ihre eigenen Interessen in den Blick nimmt, indem sie sich als alleinige Trägerin des Grundrechts geriert. Diese schon im (verfassungs-)rechtlichen Ansatz unzutreffende Auffassung von der Bedeutung der Rundfunkfreiheit bei der Bewertung von Umfang und Reichweite eigenständiger Zulassungen der Regionalfensterveranstalter ist so offenkundig verfehlt, dass es auch unter diesem Aspekt nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

62

Die von den Klägerinnen in diesem Zusammenhang wiederholt herangezogenen Regeln, die bei der Vergabe von Drittsendezeiten nach § 31 RStV einzuhalten sind, stehen diesem Ergebnis nicht nur nicht entgegen, sie unterstützen es sogar. Aus den dort im Einzelnen aufgeführten Regularien, die bei der Ausschreibung und anschließenden Vergabe von Sendezeiten für unabhängige Dritte zu beachten sind (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG RP, Beschlüsse vom 23. Juli und 8. September 2014 – 2 B 10323/14.OVG und 2 B 10327/14.OVG –, jeweils juris) folgt im Umkehrschluss, dass derartige Besonderheiten mangels einer vergleichbaren gesetzlichen Ausgestaltung des Vergabeverfahrens bei der Regionalfensterzulassung gerade nicht Platz greifen.

63

Dies gilt auch im Hinblick auf die amtliche Begründung zu § 22 Abs. 3 LMG, in der von einem „Benehmen“ mit dem Hauptprogrammveranstalter die Rede ist. Diese Äußerung ist ohne Bedeutung für die Auslegung von § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG, da sie in der geltenden Gesetzesfassungerkennbar keine Entsprechung findet. Deshalb kann es sich hierbei, was schon die Vorinstanz herausgearbeitet hat, allenfalls um eine unbedachte Äußerung des Entwurfsverfassers, mithin um eine Art „Redaktionsversehen“ handeln. Darüber hinaus findet sich diese Formulierung nicht in dem Begründungsteil zu der hier strittigen Frage der Verlängerungsoption nach § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG, sondern in dem Teil der Gesetzesbegründung, der sich mit der Frage der vorläufigen Finanzierungsmöglichkeit durch einen Leistungsbescheid gemäß § 22 Abs. 3 Satz 7 LMG befasst (vgl. LT-Drs. 16/2938, S. 4 f.). Auch von daher hat die von den Klägerinnen als „Eingriff in ihr Grundrecht“ bezeichnete Auslegung durch das Verwaltungsgericht ersichtlich keine rechtliche Entsprechung in den Gesetzesmaterialien.

64

Selbst wenn ein Eingriff durch die Verlängerungsoption (und ihrer Wahrnehmung durch die Beklagte in Bezug auf die Beigeladene) unterstellt würde, so würde sich dieser jedenfalls als verhältnismäßig darstellen. Die von den Klägerinnen als „milderes“ Mittel präferierte Ausschreibung der Zulassung könnte zwar ihnen gegenüber möglicherweise als geringerer Eingriff gesehen werden. Dies gilt aber nicht mit Blick auf die Beigeladene. Ihr gegenüber stellte sich eine – entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift – erfolgte Unterlassung einer Verlängerung und Ausschreibung der Regionalfensterzulassung als eine in ganz erheblichem Umfang belastende Maßnahme dar, würde sie doch bei einer Vergabe an (derzeit ohnehin gar nicht vorhandene) Konkurrenzunternehmen ihre im Vertrauen auf eine weitere Zulassung vorgenommenen Investitionen ersatzlos abschreiben müssen. Dies stellte sich gegenüber den Klägerinnen, denen allenfalls ein nicht erwünschter Regionalfensteranbieter (weiterhin) „aufgezwungen“ würde, als ein wesentlich einschneidenderer Eingriff dar. Unter Berücksichtigung der dem Gesetzgeber in der gesetzlichen Ausformung der rundfunkrechtlichen Regelungssysteme insofern zukommenden Einschätzungs- und Beurteilungsprärogative (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1981 – 1 BvL 89/78 –, BVerfGE 57, 295 [321]; Müller-Terpitz, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, Kommentar, 2014, § 25 RStV Rn. 20) stellt das Ansinnen der Klägerinnen jedenfalls kein eindeutig milderes Mittel dar. Auch in diesem Punkt unterliegt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erkennbar keinen Richtigkeitsbedenken.

65

cc) Eine Beteiligung des Hauptprogrammveranstalters im Genehmigungsverfahren war dagegen erforderlich. Dies folgt aus § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz i.V.m. § 13 Abs. 2 VwVfG (im Weiteren zitiert ohne die landesrechtliche Verweisungsnorm). Zwar kann eine Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen (Satz 1), was für einen Ermessensspielraum spricht. Hat der Ausgang des Verfahrens allerdings rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser nach § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, so hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Die Voraussetzungen nach der letztgenannten – zwingenden – Vorgabe hat die Beklagte bei der Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen zunächst nicht beachtet. Sie hätte jedenfalls die Klägerin zu 1) vom Eingang des Verlängerungsantrags benachrichtigen müssen, da durch eine Verlängerung der Regionalfensterzulassung die rechtlichen Interessen des Hauptprogrammveranstalters berührt werden. Denn durch die zwischen ihr und der Beigeladenen abgeschlossenen Dienstleistungsvereinbarung, die an den Bestand der rundfunkrechtlichen Zulassung des Hauptprogrammveranstalters gebunden ist, wirkt sich die Verlängerung der Regionalfensterzulassung zulasten der Klägerin zu 1) aus. Durch den danach vorliegenden Verfahrensfehler konnte diese ihre Einwände gegen eine Verlängerung der Lizenz zur Ausstrahlung eines Regionalfensters in Rheinland-Pfalz der Beigeladenen nicht schon vor Erteilung des Zulassungsbescheides geltend machen.

66

Nicht zu beteiligen war allerdings die Klägerin zu 2). Denn diese war zum Zeitpunkt der Antragstellung und dem Erlass des Ausgangsbescheides keine von der Regionalfensterzulassung betroffene Hauptprogrammveranstalterin. Der von den Kläger-innen – gemeinsam vorgetragene – Verfahrensfehler liegt also von vornherein nicht bei der Klägerin zu 2) vor.

67

Die danach rechtsfehlerhaft unterlassene Beteiligung der Klägerin zu 1) im Verwaltungsverfahren ist jedoch im Widerspruchsverfahren in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden (vgl. hierzu Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 45 Rn. 24). Durch den Beschluss der Versammlung vom 4. Oktober 2014 wurden die Klägerinnen wegen des von beiden eingelegten Widerspruchs gemäß § 13 Abs. 2 VwVfG zum Verfahren hinzugezogen (Bl. 444 der Verwaltungsakte – VA –). Ab dieser Beteiligung hatten sie Gelegenheit, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen, wovon sie schon im Widerspruchsverfahren auch intensiv Gebrauch machten.

68

Darüber hinaus wäre der Verfahrensfehler, wenn er nicht bereits geheilt worden wäre, jedenfalls nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der – wie hier – nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese verfahrensrechtliche Situation liegt hier vor, weil schon im (für die Beurteilung der Ermessenserwägungen letztlich maßgebenden) Widerspruchsbescheid erkennbar wird, dass die Beklagte auch bei einer Beteiligung der Klägerinnen vor Erlass des Ausgangsbescheides die Beigeladene als Regionalfensterprogrammveranstalterin zugelassen hätte und diese Entscheidung jedenfalls in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2014 – wie noch auszuführen ist – rechtmäßig ist.

69

dd) Gleiches gilt im Hinblick auf die im Zulassungsverfahren vor Erlass des Ausgangsbescheides zunächst unterbliebene Anhörung der Klägerinnen. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Da die Klägerin zu 1), wie vorstehend dargelegt, vor Erlass des Verlängerungsbescheides zugunsten der Beigeladenen nicht beteiligt wurde, ist zugleich Ihr Anhörungsrecht verletzt worden.

70

Auch dieser Verfahrensfehler wurde jedoch schon im verwaltungsgerichtlichen Vorverfahren rechtswirksam behoben. Nachdem die Verlängerung der Zulassung von der Versammlung der Beklagten beschlossen und der Beigeladenen der hier in Streit stehende Zulassungsbescheid zugestellt worden war, erhielten die Klägerinnen hiervon Kenntnis, da auch Ihnen der Bescheid zugestellt wurde. Durch die anschließende Einlegung und Begründung ihres Widerspruchs haben diese sodann die ihnen zukommenden Verfahrensrechte wahrgenommen. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist damit die zunächst fehlerhaft unterbliebene Anhörung geheilt worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1983 – 1 C 13.81 –, NVwZ 1984, 578; sowie Beschluss vom 17. Dezember 1998 – 4 B 125.98 –, juris Rn. 6; Ramsauer, a. a. O., Rn. 23).

71

Selbst wenn unterstellt würde, dass eine Fehlerheilung nicht möglich sei, so wäre die unterbliebene Anhörung jedenfalls nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Denn in der Sache ist – was wiederum schon die Vorinstanz in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt hat – für die Klägerinnen in Bezug auf ihre Klage kein günstigeres Ergebnis gegeben.

72

ee) Der von den Klägerinnen in inhaltlicher Hinsicht gerügte Ermessensausfall bzw. die von ihnen gesehenen Ermessensdefizite liegen zwar hinsichtlich des Ausgangsbescheides, nicht jedoch in Bezug auf den – für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verlängerung allein maßgeblichen – Widerspruchsbescheid vor. Hierzu gilt:

73

(1) Ausweislich der in der Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 5. April 2014 (Bl. 254 VA) geäußerten Rechtsauffassung, der die Versammlung der Beklagten gefolgt ist, sah die Beklagte ihre Entscheidung zur Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen zunächst wegen der Regelung in § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG als eine gebundene an. Das hat sich auch in der Begründung des Bescheides vom 6. Mai 2014 niedergeschlagen, in der es auf Seite 5 lediglich heißt, dass der Verlängerungsantrag „statthaft und zulässig“ sei (Bl. 273 VA). Damit sind in der Ausgangsentscheidung der Beklagten keine Ermessenserwägungen getroffen worden.

74

Tatsächlich steht der Landesmedienanstalt jedoch sowohl nach dem Rundfunkstaatsvertrag als auch nach dem Landesmediengesetz ein Wahlrecht zu. Das folgt schon aus dem Wortlaut der Regelung (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG: Eine Verlängerung „ist möglich“).

75

(2) Die danach rechtsfehlerhaft unterlassene Ermessensausübung ist jedoch im Widerspruchsverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG geheilt worden. Eine solche Heilung ist zulässig, wenn hierdurch der ursprüngliche Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert wird (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 58). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Widerspruchsbescheid enthält auf den Seiten 5 bis 8 (Bl. 465 bis 468 VA) erkennbar Erwägungen zu der Frage, ob die Verlängerung der Regionalfensterzulassung für die Beigeladene aufgrund ihres Verlängerungsantrags zulässig und geboten war oder ob nicht doch eine Ausschreibung zu erfolgen hätte. Die sodann getroffenen Erwägungen und die darauf fußende Entscheidung, eine die Lizenz der Beigeladenen ohne Ausschreibung zu verlängern, führen nicht zu einer Wesensänderung des Ausgangsbescheides. Ein Ermessensfehlgebrauch oder -ausfall liegt damit infolge der Nachholung der Ermessenserwägungen im Widerspruchsverfahren erkennbar nicht vor.

76

(3) Gegen dieses Ergebnis lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, das für die Ermessensausübung zuständige Organ, die Versammlung der Beklagten, habe ihr Ermessen zur Frage der Ausschreibung im Widerspruchsverfahren nicht ausgeübt. Ausweislich des Protokolls der 11. Sitzung der Versammlung vom 6. Oktober 2014 heißt es hierzu (unter Tagesordnungspunkt 10):

77

„Frau K...-G... führt in die Beschlussvorlage zum Widerspruch von Sat.1 und ProSiebenSat.1 ein.“

78

Die von der Vorsitzenden des Rechts- und Zulassungsausschusses, Frau K...-G..., vorgestellte und erläuterte Vorlage enthält ausführliche Ermessenserwägungen, die damit der Versammlung der Beklagten vorgelegt worden sind. Die Beschlussvorlage befindet sich unmittelbar vor diesem Protokoll (Bl. 429 – 442 VA) und ist im Wesentlichen identisch mit der Vorlage für den Beschluss des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 22. September 2014 (Bl. 409 ff. VA).

79

Im Protokoll wird sodann ausgeführt:

80

„Sie [die Vorsitzende des Rechts- und Zulassungsausschusses] weist insbesondere darauf hin, dass § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG die Verlängerung der TVIIIa erteilten Genehmigung auf deren Antrag hin ausdrücklich für zulässig erkläre. TVIIIa habe bisher als Regionalfenster zudem die Qualitätsanforderungen unter Programm- und Vielfaltsgesichtspunkten erfüllt. Dies hätten alle bisherigen Inhaltsanalysen unter Beweis gestellt. Die im Widerspruch vorgebrachte Behauptung, wonach die Finanzierung des von TVIIIa veranstalteten Regionalfensterprogramms unangemessen hoch sei, müsse zurückgewiesen werden, da Sat.1 sämtliche Erlöse aus der Werbezeitenvermarktung, dem Sponsoring und allen sonstigen Werbeformen zustünden. Herr Zehe ergänzt, dass sich die in Rheinland-Pfalz verbreiteten Regionalprogramme TVIIIa und RNF im bundesweiten Vergleich seit Jahren immer im Spitzenfeld behaupteten.“

81

Anschließend fasste die Versammlung einstimmig bei einer Enthaltung den Beschluss, die Klägerinnen zum Verfahren hinzuzuziehen und ihre Widersprüche zurückzuweisen (Bl. 444 VA). Es können deshalb keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass die Versammlung der Beklagten in mündlicher und schriftlicher Form Kenntnis von der Beschlussvorlage des Rechts- und Zulassungsausschusses mit den dortigen Ermessenserwägungen erhielten. Durch die Annahme des Beschlussvorschlags hat die Versammlung der Beklagten diese Erwägungen gebilligt und sie sich dergestalt zu Eigen gemacht.

82

Der diesem Befund entgegenstehende Vortrag der Klägerin ist nicht nachvollziehbar. Er entspricht schlicht nicht den durch das Protokoll dokumentierten Tatsachen und ist deshalb rein spekulativ. Eine Zulassung der Berufung auf der Grundlage eines erkennbar unrichtigen bzw. spekulativen Tatsachenvortrags kommt aber nicht in Betracht.

83

Nur ergänzend sei deshalb darauf hingewiesen, dass der Beschluss der Versammlung zum Tagesordnungspunkt 10 mehrere Verfahrensgegenstände zum Inhalt hatte. Es wurde nämlich nicht nur über die Zurückweisung der Widersprüche der Klägerinnen, sondern auch noch über ihre Beteiligung im weiteren Verwaltungsverfahren gemäß § 13 VwVfG sowie über eine Anordnung der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide entschieden. Insoweit können die Klägerinnen nicht mit Erfolg behaupten, die Versammlung habe zwar ihr Ermessen (zu ihren Gunsten) hinsichtlich ihrer Beteiligung im weiteren Verwaltungsverfahren ausgeübt, nicht aber das Ermessen in Bezug auf die Ermessenserwägungen zur Frage der unterlassenen Ausschreibung.

84

(3) Sowohl die zunächst nicht erfolgte Beteiligung der Klägerinnen im Verwaltungsverfahren als auch die vor Erlass des Ausgangsbescheides unterbliebene Anhörung und die unterlassene Ermessensausübung konnten auch im Widerspruchsverfahren rechtswirksam nachgeholt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen war eine Fehlerbehebung in dem verwaltungsgerichtlichen Vorverfahren zulässig.

85

Die von den Klägerinnen vertretene – gegenteilige – Auffassung findet im Gesetz keine Entsprechung. Gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist vielmehr grundsätzlich der angefochtene Verwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides Gegenstand einer Anfechtungsklage. Anhaltspunkte dafür, das abweichend von dieser prozessualen Vorgabe bei der Vergabe einer Regionalfensterzulassung ein – wie die Klägerinnen meinen – „absoluter“ Verfahrensfehler im Ausgangsbescheid im Widerspruchsverfahren nicht mehr behoben werden könnte, bestehen nicht. Insbesondere liegt ganz offensichtlich kein „gestuftes Verfahren“ vor, in dessen Verlauf ein Fehler auf der ersten Verfahrensstufe im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens nicht mehr behebbar wäre. Das von den Klägerinnen insofern behauptete „gestufte“ Verfahren, das in der Tat bei der Vergabe der Drittsendezeiten gemäß § 31 RStV einzuhalten ist, gilt bei der Vergabe von Regionalfensterprogrammen aber gerade nicht (vgl. Rossen-Stadtfeld, in: Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 25 RStV Rn. 63). Es handelt sich vielmehr um ein einheitlich ausgestaltetes Zulassungsverfahren zur Vergabe einer Rundfunklizenz, bei dem sogar wegen des fehlenden Devolutiveffektes dieselben Organe der Beklagten wie im Ausgangsverfahren mitwirken (der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung). Maßgebend für die rechtliche Beurteilung, ob Ermessensfehler vorliegen, ist damit allein der Widerspruchsbescheid, der dem Ausgangsbescheid erst seine „Gestalt“ gibt.

86

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen steht diesem Ergebnis die von ihnen geltend gemachte „Grundrechtssicherung durch Verfahrensteilhabe“ nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat – im Gegenteil – bereits klargestellt, dass die Verletzung grundrechtsrelevanter Verfahrensvorschriften nicht per se zu einem absoluten Verfahrensfehler führt, der dann nicht mehr geheilt werden könnte und konsequenterweise in einem sich anschließendem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu einer Aufhebung des Bescheides mit einem völligem Neubeginn des Verwaltungsverfahrens müsste (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. März 2000 – 1 BvR 1370/93 –, NVwZ-RR 2000, 487 [488]).

87

ff) Die in lediglich pauschaler Weise und ohne Belege in tatsächlicher Hinsicht erhobene Rüge, die Beklagte habe nicht neutral gehandelt, geht fehl. Anhaltspunkte, die LMK habe in einseitiger und damit rechtsverletzender Weise die Beigeladene bevorzugt behandelt, finden sich an keiner Stelle des Verwaltungsverfahrens. Die in diese Richtung zielende Behauptung der Klägerinnen findet kein tatsächliches Korrelat. Dies gilt namentlich in Bezug auf den pauschalen Hinweis auf das Vergabeverfahren zu den Drittsendezeiten gemäß § 31 RStV, das dem Senat im Jahr 2014 zur Überprüfung vorgelegen hatte. Die Verfahren sind in der Sache nicht vergleichbar, da sie andere Streitgegenstände und sich zum Teil unterscheidende Verfahrenssubjekte betreffen. Hinzu kommen die unterschiedlich ausgestalteten Regularien bei der Vergabe der Sendezeiten, bei denen im Fall der Vergabe der Drittsendezeiten ein „gestuftes“ Verfahren durchzuführen ist, bei der Regionalfensterzulassung dagegen nicht (s.o.).

88

gg) Da keine Fehler vorliegen bzw. die im Ausgangsbescheid enthaltenen Beteiligungs- und Ermessensdefizite im Widerspruchsbescheid geheilt worden sind, besteht zu diesem – maßgeblichen – Zeitpunkt auch keine Rechtserheblichkeit mehr. Auf die von den Klägerinnen des weiteren problematisierte Frage, ob die Beklagte ihr Ermessen in zulässiger Weise auch im Klageverfahren ausgeübt habe, kommt es nach den vorstehenden Erwägungen schon nicht an. Denn dieses ist bereits im Widerspruchsverfahren ausgeübt worden. Etwaige Ergänzungen sind – ohne dass die Versammlung der Beklagten sich hierzu nochmals äußern musste – gemäß § 114 Satz 2 VwGO aber auch zulässig gewesen. Auch dies hat bereits das Verwaltungsgericht in einer Weise aufgezeigt, die ernstliche Zweifel nicht aufkommen lassen.

89

Eine erneute Beteiligung der KEK war nicht erforderlich. Diese Kommission hatte ihre Zustimmung zur Verlängerung der Rundfunkzulassung der Beigeladenen bereits zu Beginn des Verwaltungsverfahrens erteilt. Eine gesetzliche Vorgabe, ein bereits hergestelltes Benehmen im Verlauf eines Widerspruchs- oder Verwaltungsstreitverfahrens zu wiederholen, besteht nicht. Unabhängig hiervon können sich die Klägerinnen auf eine möglicherweise zu Unrecht unterlassene erneute Beteiligung der KEK ohnehin nicht berufen, weil die Beteiligung dieser Kommission gesetzlich nicht zur Wahrung der Rechte des Hauptprogrammveranstalters, sondern lediglich zur Sicherung von Meinungsvielfalt im Sinne von § 25 RStV, § 22 LMG vorgesehen ist. Der Schutzzweck der Norm betrifft damit erkennbar nicht die Klägerinnen.

90

b) Auch in materieller Hinsicht ist der Bescheid vom 6. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2014 rechtmäßig. Die einfachgesetzlichen Voraussetzungen für die Verlängerung der Zulassung der Beigeladenen liegen ohne jeden Zweifel vor (s. o. unter B.I.1.b) aa)). Die Regelungen zur Regionalfensterzulassung sind entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht verfassungswidrig.

91

aa) Ernsthafte Zweifel, dass die Regelungen des § 22 Abs. 3 LMG bzw. des § 25 Abs. 4 RStV gegen die verfassungsrechtlich gesicherte Rundfunkfreiheit (1), die von den Klägerinnen ergänzend herangezogenen Freiheitsrechte (2) oder den Gleichheitssatz bzw. das Willkürverbot (3) verstoßen könnten, bestehen nicht.

92

(1) Die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV mit Verfassungsrang ausgestattete Rundfunkfreiheit ist durch die Festlegung einer Regionalfensterzulassung erkennbar nicht verletzt. Bei der Rundfunkfreiheit handelt es sich, wie bereits dargelegt, um eine „dienende“ Freiheit. Dies ist vorstehend bereits zur Frage der Beteiligungsrechte der Klägerinnen im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird verwiesen (vgl. unter B. I. 1. b) bb)). Hinzu kommt in dem hier interessierenden materiell-rechtlichen Umfang:

93

Die Zulassung zur Ausstrahlung von Rundfunksendungen dient allein der Sicherung von Meinungsvielfalt, was nicht nur in den amtlichen Überschriften in § 25 RStV bzw. § 22 LMG zum Ausdruck kommt. Der Hauptprogrammveranstalter übernimmt mit seiner Zulassung deshalb immer auch zugleich die Verpflichtung, die für den Sendebetrieb geltenden Vorschriften zu beachten. Die Klägerinnen bewegen sich mit anderen Worten von vornherein in einem gesetzlich regulierten Markt mit den dort geltenden Vorgaben. Zu diesen gehören die – zwingenden – Regelungen des § 25 Abs. 4 RStV bzw. § 22 Abs. 3 LMG. Die Geltung dieser, sich schon aus dem Gesetz selbst ergebenden Einschränkung ihrer eigenen Zulassung hat die Klägerin zu 1) mit der Annahme des Zulassungsbescheides vom 26. August 2008, der einen entsprechenden Hinweis auf die prognostisch angenommene Einhaltung der Vorgaben des Landesmediengesetzes enthielt (S. 5, Bl. 1428 GA), akzeptiert. Insoweit steht ihrem auf vollständige Aufhebung der Verpflichtung zur Einräumung von Zeiten für Regionalfensterprogramme gerichteten Begehren bereits die Bestandskraft des Zulassungsbescheides vom 26. August 2008 entgegen.

94

Hinzu kommt, dass der eigenen Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin zu 1) die gleiche Grundrechtsbetroffenheit der Beigeladenen gegenüber steht, die ebenso wie die Klägerin zu 1) über eine eigenständige rundfunkrechtliche Zulassung verfügt. Eine Ablehnung der schon einfachgesetzlich bestehenden Verlängerungsoption für den Regionalfensterveranstalter würde aus diesem Grund mit den – in gleichem Umfang bestehenden – Grundrechten der Beigeladenen kollidieren. Auch deshalb verbietet sich eine ersatzlose Aufhebung der gesetzlichen Vorgaben des § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG, wie ihn die Klägerinnen in ihrer Klagebegründung und der Begründung des Zulassungsantrags vertreten.

95

Selbst wenn in der Verpflichtung zur Ausstrahlung eines Regionalfensterprogramms ein Grundrechtseingriff zu sehen wäre, so wäre dieser als zulässige Schrankenbestimmung gemäß Art. 5 Abs. 2 GG, Art. 10 Abs. 2 LV jedenfalls verhältnismäßig. Von Bedeutung ist hierbei wiederum, dass sich diese Verpflichtung bereits aus dem Gesetz selbst ergibt und durch die hier angefochtenen Bescheide lediglich die Beigeladene als Veranstalterin des Regionalfensterprogramms bestimmt worden ist. Selbst wenn diese fehlerhaft ausgewählt worden wäre, so hätte dies allenfalls zur Folge, anschließend einen anderen Anbieter auszuwählen. Da die Verpflichtung zur Ausstrahlung eines Regionalfensterprogramms aber unabhängig vom jeweiligen Anbieter dieses Programms besteht, werden durch dessen Auswahl Grundrechte der Klägerin nicht unmittelbar berührt.

96

Die von den Klägerinnen mit ihrer Klage als verfassungswidrig bezeichneten Vorschriften des § 25 Abs. 4 RStV bzw. § 22 Abs. 3 LMG dienen insbesondere nicht dazu, sie vor Regionalfensterprogrammveranstaltern zu schützen, die ihrer – wie sie es ausdrücken – „Programmfarbe“ bzw. ihren Finanzierungsvor-stellungen (vgl. S. 39 des Schriftsatzes vom 14. Juni 2016) nicht entsprechen. Die dem entgegen stehende Argumentation der Klägerinnen stellt den Schutzzweck der Norm geradezu auf den Kopf. Sie hätte zum Ergebnis, dass „Meinungsvielfalt“ im Sinne von § 25 Abs. 4 RStV bzw. § 22 Abs. 3 LMG nur dann gewährleistet wird, wenn der Veranstalter des Regionalfensterprogramms vom Hauptprogrammveranstalter akzeptiert wird. Es kann jedoch gerade vor dem Hintergrund der selbstständigen Rundfunkzulassung der Regionalfensterveranstalter nicht zutreffend sein, eine Meinungsvielfalt nur dann zuzugestehen, wenn das Regionalfensterprogramm dem Hauptprogramm „farblich“ so weit wie möglich entspricht. In letzter Konsequenz entsteht so nämlich ein einheitliches (um in dem von den Klägerinnen gewählten Bild zu bleiben: einfarbiges) privates Fernsehprogramm. Unter „Meinungsvielfalt“ ist das exakte Gegenteil zu verstehen.

97

(2) Auch Verstöße gegen die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 58 LV) und die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 52 LV) sind nicht festzustellen. Auch hier schließt sich der Senat zunächst der Argumentation der Vorinstanz an (Urteilsabdruck, S. 51). Ergänzend gilt:

98

Im Hinblick auf die geltend gemachte Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 58 LV ist der persönliche und sachliche Schutzbereich der Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 58 LV eröffnet. Die Klägerinnen können sich als inländische juristische Personen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG und auch nach Landesverfassungsrecht auf das Grundrecht berufen. Der Eingriff in die Programmgestaltungsfreiheit des Hauptprogrammveranstalters durch die Verpflichtung gemäß § 25 Abs. 4 RStV i.V.m. § 22 Abs. 4 LMG stellt sich zugleich als schutzbereichs-relevantes Verhalten auf der Ebene der Berufsausübung dar, da er eine berufsregelnde Tendenz aufweist. Dieser Eingriff ist allerdings auf der Grundlage der bei Art. 12 GG heranzuziehenden Stufenlehre des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 11. Januar 1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 33 ff.) gerechtfertigt, weil er durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls – der Vielfaltssicherung im Rundfunk – legitimiert wird und die Klägerin zu 1) lediglich Auflagen zu erfüllen hat, durch die das Grundrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung VG München, Urteil vom 4. August 2011 – M 17 K 09.2791 –, juris Rn. 137).

99

Insofern ist nochmals darauf zu verweisen, dass die Regelung nach der – maßgeblichen – Auffassung des Gesetzgebers, dem auch insoweit ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zukommt, erforderlich ist. Ob es demgegenüber, wie die Klägerinnen meinen, „bessere Modelle“ gibt, ist wiederum ohne verfassungsrechtlichen Belang.

100

Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 52 LV ist schon nicht betroffen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Einräumung von Regionalfensterprogrammen wirkt sich allenfalls auf künftige Erwerbschancen, jedoch nicht auf das bereits erworbene Vermögen der Klägerinnen aus. Derartige Chancen auf zukünftige Erwerbspositionen sind vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 52 LV nicht umfasst.

101

Bei der in § 25 Abs. 4 Satz 7 RStV i.V.m. § 22 Abs. 4 Satz 6 LMG vorgesehenen Finanzierungsverpflichtung des Hauptprogrammveranstalters für das Regionalfensterprogramm handelt es sich des Weiteren nicht um eine gegen die Berufs- und Eigentumsfreiheit bzw. die allgemeine Handlungsfreiheit sowie den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstoßende Sonderabgabe.

102

Sonderabgaben sind hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten, die weder Abgaben noch Steuern sind. Wesentliches Merkmal einer Sonderabgabe ist es, dass sie eine Geldleistungspflicht begründet, der keine unmittelbare Gegenleistung der öffentlichen Hand gegenübersteht. Aus diesem Grund gerät jede Sonderabgabe zwangsläufig in Konkurrenz zu dem verfassungsrechtlich umfassend geregelten Institut der Steuer, mit dem sie jedenfalls insoweit übereinstimmt, als sie den Betroffenen eine Geldleistungspflicht „voraussetzungslos“ – das heißt ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand – auferlegt. Zur Sonderabgabe gehört ferner, dass sie nicht aus einer eigenen Abgabenkompetenz erhoben wird, sondern unter Inanspruchnahme von Kompetenzen zur Regelung bestimmter Sachmaterien, die ihrer Art nach nicht auf Abgabenerhebung bezogen sind. Der Begriff Sonderabgabe umfasst danach nur einen näher eingegrenzten Teil der nichtsteuerlichen Abgaben (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 – 3 C 32.10 –, Buchholz 418.72 WeinG Nr. 33).

103

Nichtsteuerliche Geldleistungspflichten sind jedoch immer nur dann Sonderabgaben, wenn es zu einer Konkurrenzsituation zur Steuer kommt und damit typischerweise ein Konflikt mit den Regelungen der Finanzverfassung droht. Danach sind Geldleistungspflichten ohne Abgabecharakter, wie etwa diejenigen aufgrund bestimmter staatlicher Ausgleichs- und Erstattungsansprüche, keine Sonderabgaben (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Januar 1990 – 1 BvL 44/86 –, BVerfGE 81, 156 [186 f.]; m. w. N.). Um solche Erstattungsanspruche handelt es sich hier.

104

Eine Sonderabgabe kann in der Finanzierungsverpflichtung des § 22 Abs. 3 Satz 6 LMG (§ 25 Abs. 4 Satz 7 RStV) auch deshalb nicht gesehen werden, weil sie keine hoheitliche Geldleistungspflicht auferlegt, so dass an dieser Stelle die spezifischen vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Rechtmäßigkeitsvoraus-setzungen nicht zu prüfen sind. Die genannten Vorschriften enthalten nur eine an den Hauptprogrammveranstalter adressierte Verpflichtung, die Finanzierung des Fensterveranstalters sicherzustellen. Zu der Frage, wie dies zu erfolgen hat, enthalten die Regelungen in § 25 Abs. 4 RStV und § 22 Abs. 3 LMG aber keine Aussagen. Insbesondere lässt sich ihnen nicht entnehmen, dass die Hauptprogrammveranstalter die Finanzierung zwingend durch „Geldleistungen“ sicherstellen müssen, möglich sind nach der rundfunkrechtlichen Zwecksetzung vielmehr auch alternative Finanzierungsmodelle, etwa eine Abführung von in der Sendezeit erzielten Werbeeinnahmen (vgl. Rossen-Stadtfeld, in: Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 25 RStV Rn. 66; Grünwald, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 25 RStV Rn. 24).

105

Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch deshalb an dem Merkmal einer „hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht“, da die mit der Klage angefochtenen Bescheide vom 6. Mai und 7. Oktober 2014 überhaupt keine Regelungen zur Finanzierung enthalten. Diese Frage wird allein durch die im Jahr 1997 von der Klägerin zu 1) mit der Beigeladenen abgeschlossene und seitdem mehrfach angepasste Dienstleistungsvereinbarung geregelt.

106

Zwar behaupten die Klägerinnen, diese Vereinbarung sei sittenwidrig und deshalb auch vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung, ob ihr eine unzulässige Finanzierungspflicht auferlegt worden sei, zu berücksichtigen gewesen. Diese Argumentation ist indes so fernliegend, dass sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt. Die Klägerinnen, die – gerade auch mit ihren verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen (vgl. hierzu nur den Beschluss der KEK vom 12. Juni 2012, S. 9 [Bl. 224 GA]) – im Medienbereich eine um ein Vielfaches höhere wirtschaftliche Machtposition als die Beigeladene aufweisen, können nicht ernsthaft behaupten, sie seien von dieser in den vergangenen Jahren wiederholt unter Ausnutzung eines (mit ihrer Klage noch nicht einmal ansatzweise dargelegten) wirtschaftlichen „Machtgefälles“ veranlasst worden, Vereinbarungen zu treffen, die sie selbst in unangemessener, gegen die guten Sitten verstoßender, Weise benachteiligen. Es bestehen – im Gegenteil – nach allen erkennbaren Umständen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die in der Vergangenheit mehrfach auf Veranlassung der Klägerin zu 1) angepasste Dienstleistungsvereinbarung sei nicht auf vollkommen freiwilliger Grundlage zwischen den Vertragsparteien abgeschlossen worden. Auf die sich bereits aus dem Gesetz ergebende Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeiten für das Regionalfenster sowie die sich gleichfalls unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Verlängerungsoption für die rundfunkrechtliche Zulassung der Beigeladenen hat die Dienstleistungsvereinbarung daher unter keinen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten Einfluss. Unabhängig hiervon fließen die aus der Dienstleistungsvereinbarung sich ergebenden Gelder nicht in den staatlichen Bereich, sondern der Beigeladenen und damit einem Privatrechtssubjekt zu.

107

Die in diesem Zusammenhang weiterhin erhobene Rüge der Klägerinnen, die Beklagte habe gegen ihre „Regulierungskompetenz“ verstoßen, weil sie nicht auf den Abschluss einer neuen Finanzierungsvereinbarung mit der Beigeladenen hingewirkt habe, geht ersichtlich fehl. Die Beklagte war in Ermangelung der hierfür erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung nicht berechtigt, auf die zwischen den beiden Privatrechtssubjekten Sat.1 und TVIIIA in völliger Privatautonomie abgeschlossene bzw. und mehrfach zu Gunsten der Klägerin zu 1) angepasste Dienstleistungsvereinbarung einzuwirken. Damit hätte sie ihre gesetzlichen Befugnisse erkennbar überschritten.

108

Keinen ernstlichen Zweifeln begegnen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, nach denen durch die angefochtenen Bescheide keine unzulässige Beihilfe im Sinne von Art. 107 des Vertrages über die Arbeitsweise in der Europäischen Union – AEUV – gewährt worden ist. Der Beigeladenen wird schon keine Begünstigung gewährt. Denn die Klägerinnen erhalten im Gegenzug zu ihrer Finanzierung, die im Übrigen in den letzten Jahren mehrfach angepasst worden ist, eine Gegenleistung durch die Zurverfügungstellung des Fensterprogramms. Hierdurch wird die Klägerin zu 1) zudem in die Lage versetzt, die ihr auferlegten gesetzlichen Pflichten im Sinne von § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 3 Satz 1 LG zu erfüllen. Ob das Regionalfensterprogramm am normalen Fernsehmarkt überhaupt kostendeckend refinanziert werden könnte, spielt hierfür keine Rolle. Es handelt sich zudem nur um eine regional begrenzte Kulturmaßnahme, die keine nennenswerten Auswirkungen auf die relevanten Märkte hat (vgl. Art. 107 Abs. 1 AEUV). Aufgrund dieses nur regionalen Bezugs und den weiterhin vorhandenen sprachlichen Barrieren kann von einer Beeinflussung des Programmmarkts im europäischen Ausland nicht ausgegangen werden.

109

Zudem müssen die Regionalfensterprogramme besonderen Qualitätsanforderungen genügen, was Auswirkungen auf die Finanzierung hat. Die Marktüblichkeit ist danach zwischen dem Hauptprogrammveranstalter und dem Veranstalter des Regionalfensters indes schon dadurch sichergestellt, dass die Finanzierung durch die Dienstleistungsvereinbarung privatautonom ausgehandelt wird. Dies ist in den vergangenen Jahren auch mehrfach zur Anpassung der Preisvereinbarung geschehen. Auch deshalb enthalten die angefochtenen Bescheide keine unzulässige Beihilfegewährung.

110

Da die Zulassung der Beigeladenen mit dem Unionsrecht offenkundig in Einklang steht, ist zur Klärung dieser Frage auch keine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV erforderlich. Die Europarechtskonformität lässt sich nämlich klar und eindeutig feststellen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs. C-283/81 [Cilfit u.a.] –, NJW 1983, 1257).

111

(3) Weder Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 und 2 LV noch das aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Willkürverbot sind durch die Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeiten für Regionalfensterprogramme betroffen. Einzustellen in die Bewertung ist dabei zunächst, dass die Verpflichtung zur Einräumung von Regionalfensterprogrammen an Werktagen sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz (dem Rundfunkstaatsvertrag sowie den Landesmediengesetzen) ergibt, und diese Verpflichtung von den Klägerinnen, soweit ersichtlich, nur in Rheinland-Pfalz und Hessen (wo die Beigeladene gleichfalls das gemeinsame regionale Fensterprogramm veranstaltet) angegriffen wird. In den Bundesländern, in denen rechtlich von den Klägerinnen nicht unabhängige Programmveranstalter die Regionalfensterprogramme ausstrahlen (etwa in Nordrhein-Westfalen und in Hamburg), werden von ihnen – soweit bekannt – keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend gemacht.

112

Darüber hinaus ist in der Beschränkung der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeiten für Regionalfensterprogramme auf die beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen keine unzulässige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 und 2 LV zu sehen.

113

Dass die Verpflichtung zur Ausstrahlung und Finanzierung eines Regionalfensterprogramms Ihrem Wortlaut nach lediglich an eine relative Zuschaueranteilsgrenze anknüpft, was dazu führt, dass immer nur zwei Hauptprogrammveranstalter zur Einräumung und Finanzierung von Regionalfensterprogrammen verpflichtet sind, hält sich im Rahmen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative. Ob sie diese Verpflichtung tatsächlich unabhängig von ihrer individuellen konkreten Zuschaueranteilshöhe und damit unabhängig von ihrer konkreten Meinungsmacht und -stärke trifft, ist demgegenüber ebenso wenig von Belang wie die von den Klägerinnen – ohnehin unsubstantiiert – aufgeworfene Behauptung, es gebe insoweit „bessere Modelle“.

114

Ein Ermessensfehler bei der Verlängerung der rundfunkrechtlichen Zulassung der Beigeladenen ist auch nicht darin zu sehen, dass diese bereits seit längerer Zeit das Regionalfensterprogramm für Rheinland-Pfalz und Hessen ausstrahlt. Eine derart langjährige rundfunkrechtliche Zulassung – seit dem 1. Januar 1984 – besteht auch bei der Klägerin zu 1), ohne dass sich verfassungsrechtliche Zweifel an der ihr gegenüber im Jahr 2008 erfolgten Verlängerung um weitere zehn Jahre ergeben. Zudem dient § 25 Abs. 4 RStV lediglich der Sicherung der Meinungsvielfalt im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Die Regelung soll daneben die – derzeit allerdings nicht vorhandenen – Konkurrenten eines Regionalfensterprogrammveranstalters schützen, nicht aber die Klägerinnen.

115

Eine ermessensfehlerhafte Auswahl der Beigeladenen kann deshalb auch nicht schon mit dem Argument begründet werden, ein – im Übrigen derzeit gar nicht ersichtlicher – anderer Anbieter böte einen größeren Vielfaltsbeitrag. Unabhängig von diesen Erwägungen kann sich allenfalls der „übergangene“ Bewerber, nicht aber die ohnehin zur Ausstrahlung eines Regionalfensterprogramms verpflichtete Klägerin zu 1) auf die infolge der Verlängerung gleich bleibende Programmveranstalterin mit der Folge einer Beibehaltung des „status quo“ berufen.

116

Die von den Klägerinnen insofern herangezogenen Sachverhalte im Telekommunikations- und Postrecht sind nicht vergleichbar, weil es dort nicht um die Gewährung einer „vielfältigen“ Versorgung, sondern um die Bereitstellung sozialstaatlich begründeter Grundversorgung geht (vgl. §§ 78 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz – TKG –). Während hierzu ab Erreichen eines Schwellenwertes alle Telekommunikationsanbieter gemeinsam berufen sind (§ 80 Satz 1 TKG), findet eine solche Grundversorgung im Rundfunkrecht bereits durch die öffentlich-rechtlichen Sender statt. Jedenfalls ist es nicht als Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu werten, wenn der Rundfunkstaatsvertrag und ihm folgend die Mediengesetze der Länder hier ein anderes Modell gewählt haben. Nicht erheblich ist hier, ob die Möglichkeit einer anderen Lösung denkbar wäre.

117

2. Der Zulassungsantrag der Klägerinnen dringt auch insoweit nicht durch, als diese gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen, die Rechtssache weise besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Besondere Schwierigkeiten in diesem Sinne liegen nur dann vor, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen das erstinstanzliche Urteil in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht Fragen von solcher Komplexität betreffen, dass sie nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren zu beantworten sind, sondern der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen. Dies trifft hier jedoch nicht zu. Vielmehr sind die aufgeworfenen Rechtsfragen allesamt, wie aufgezeigt, im Zulassungsverfahren zu beantworten.

118

Dass sich auch in Bezug auf diesen Beschluss ein erhöhter Begründungsaufwand ergibt, macht die Rechtssache weder in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht „besonders“ schwierig. Der von den Klägerinnen insofern vertretenen gegenteiligen Ansicht ist nicht beizutreten. Der Umfang des verwaltungsgerichtlichen Urteils wie auch dieses Beschlusses beruht allein auf der Quantität der von den Klägerinnen in diesem Verfahren vorgelegten Schriftsätze, bei denen allein die Begründung des Zulassungsantrags 139 Seiten umfasst. Entscheidend ist aber nicht die Quantität einer Zulassungsbegründung, sondern die Qualität (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 27). Die Feststellung, ob eine Rechtssache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht „besonders“ schwierig ist, hat auf der Grundlage des Tatsachenmaterials sowie im Hinblick auf den zur Anwendung gelangenden rechtlichen Rahmen objektiv zu erfolgen. Beides weist in dem zur Entscheidung stehenden Fall jedoch, wie die vorstehenden Ausführungen deutlich machen, einen derartigen Schwierigkeitsgrad in qualitativer Hinsicht nicht auf.

119

3. Die Rechtssache hat auch nicht die von den Klägerinnen geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Frage von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich und die obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärt ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 – 2 B 2.11 –, NVwZ-RR 2011, 329 und vom 16. Dezember 2015 – 2 B 85.14 –, juris Rn. 4; Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 211 m.w.N.).

120

Die Zulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dient dabei dem Interesse an Rechtseinheit und Rechtsfortbildung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache deshalb nur dann zu, wenn der Streitfall die Entscheidung einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechts- oder Tatsachenfrage erfordert, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dies ist hier, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, nicht der Fall. Es handelt sich vorliegend vielmehr um mit § 22 Abs. 3 LMG rein landesrechtlich geregelte Fragenkreise, die sich so nicht in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können.

121

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt zudem voraus, dass die Rechtssache eine – in der Zulassungsbegründung zu bezeichnende – konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des materiellen Rechts aufwirft, die bislang nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Dies ist in der Begründung der Zulassungsantrags darzulegen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Eine obergerichtliche Klärung durch eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist indes nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. zum insoweit inhaltsgleichen Revisionsgrund in § 132 Abs. 3 Nr. 1 VwGO: BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 –, BVerwGE 13, 90 [91]; vom 24. August 1999 – 4 B 72.99 –, BVerwGE 109, 268 [270]; vom 2. Februar 2011 – 6 B 37.10 –, NVwZ 2011, 507; vom 29. Dezember 2014 – 2 B 110.13 –, ZBR 2015, 170; und vom 19. Januar 2016 – 2 B 44.14 –, juris). So verhält es sich hier.

122

a) Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage

123

„Führt die Neuregelung des § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG zu einem Verfahrenswahlrecht zwischen der Möglichkeit der Ausschreibung der Vergabe von Regionalfensterprogrammen und der Möglichkeit der Verlängerung der Zulassung auf Antrag des bisherigen Fensterprogrammveranstalters ohne vorherige Ausschreibung?“

124

ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Das Verfahrenswahlrecht in § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes.

125

b) Die mit dem Zulassungsantrag weiter aufgeworfene Frage

126

„Ist § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG bzw. § 25 Abs. 4 RStV mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar, soweit hier ein Verfahrenswahlrecht zwischen der Möglichkeit der Ausschreibung der Vergabe von Regionalfensterprogrammen und der Möglichkeit der Verlängerung der Zulassung auf Antrag des bisherigen Fensterprogrammveranstalters ohne vorherige Ausschreibung geöffnet ist?“

127

ist gleichfalls nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Auch sie lässt sich auf der Grundlage des Gesetzes unter Einbeziehung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles einer rechtskonformen Lösung zuführen. Die Vereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgt aus den im Einzelfall abzuwägenden Grundrechten des Haupt- und des Regionalfensterprogrammveranstalters.

128

c) Die mit dem Zulassungsantrag weiter aufgeworfene Frage

129

„Kann ein Ermessensausfall im Rahmen der Ausübung eines Verfahrenswahlrechts betreffend die Frage der Durchführung einer Ausschreibung der Vergabe von Regionalfensterprogrammen nach Erteilung der Verlängerung einer bestehenden Regionalfensterprogrammzulassung im Rahmen des Widerspruchs- bzw. des Klageverfahrens geheilt werden?“

130

kann mit einer einfachen Heranziehung der maßgeblichen Vorschriften beantwortet werden. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat. Im Vorverfahren sieht § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ausdrücklich Heilungsmöglichkeiten hinsichtlich der Begründung und damit auch in Bezug auf Ermessenserwägungen vor. Die hier vorliegende Ergänzung von Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird durch das geltende Prozessrecht ausdrücklich für zulässig erklärt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO).

131

d) Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage

132

„Ist § 22 Abs. 3 Satz 4 LMG bzw. § 25 Abs. 4 RStV mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar, soweit hier keine konsensuale Vergabe des Regionalfensters mit dem Hauptprogrammveranstalter vorgesehen ist?“

133

lässt sich ebenfalls unmittelbar aus dem Gesetz beantworten. Nach § 23 Abs. 3 LMG findet bei Regionalfensterzulassungen kein „gestuftes“ Vergabeverfahren im Benehmen mit dem Hauptprogrammveranstalter statt. Folglich ist auch keine konsensuale Vergabe erforderlich.

134

e) Die mit dem Zulassungsantrag des Weiteren aufgeworfene Frage

135

„Ist die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms allein durch die Veranstalter der beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten privaten Fernsehvollprogramme mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar?“

136

ist nicht entscheidungserheblich. Da die angefochtenen Bescheide keinerlei Regelungen zur Finanzierung des Regionalfensterprogramms enthalten, kommt es auch nicht auf eine Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG an.

137

f) Die mit dem Zulassungsantrag zusätzlich aufgeworfene Frage

138

„Ist die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms allein durch die Veranstalter der beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten privaten Fernsehvollprogramme mit den Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar?“

139

unterscheidet sich von der vorhergehenden Frage lediglich in der Aufführung weiterer Grundrechte (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG). Deshalb gilt auch in Bezug hierauf das zur vorhergehenden Frage Ausgeführte entsprechend. Die Frage ist also nicht entscheidungserheblich.

140

g) Auch die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage

141

„Stellt die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms durch den Hauptprogrammveranstalter eine verfassungswidrige Sonderabgabe dar, die gegen die Rechte des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 und 2a GG) verstößt?“

142

ist nicht entscheidungserheblich. Da die angefochtenen Bescheide keinerlei Regelungen zur Finanzierung des Regionalfensterprogramms enthalten, kommt es auch nicht auf eine Vereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 und 2a GG) an. Zudem handelt es sich bei der Dienstleistungsvereinbarung, die ausschließlich zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms abgeschlossen worden ist, nicht um eine Sonderabgabe (s. o.).

143

h) Zu der mit dem Zulassungsantrag schließlich aufgeworfenen Frage

144

„Ist die in § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 6 LMG bzw. § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 7 RStV geregelte Pflicht zur Sicherstellung der Finanzierung des Regionalfensterprogramms durch den Hauptprogrammveranstalter mit den aus den Grundsätzen der Abgabengerechtigkeit und des Vorbehalt des Gesetzes folgenden Rechten des Hauptprogrammveranstalters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 und 2a GG vereinbar, soweit hier keine konkrete und objektiv gleicher Höhe der Finanzierung festgelegt ist?“

145

gilt das zur vorhergehenden Frage Ausgeführte entsprechend. Auch diese Frage ist mithin nicht entscheidungserheblich. Maßgebend für die Ausgestaltung der Finanzierung ist ausschließlich die zwischen der Klägerin zu 1) und der Beigeladenen abgeschlossene Dienstleistungsvereinbarung. Diese hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Zulassungsbescheids. Dies leuchtet unmittelbar ein, wenn einbezogen wird, dass sie mehrere Jahre vor Erlass der hier streitgegenständlichen Bescheide abgeschlossen worden ist. Etwaige Unklarheiten bei der vereinbarten Höhe der Finanzierung gehen allein auf die der Klägerin zu 1) obliegenden, möglicherweise aber nicht hinreichend beachteten Sorgfaltspflichten zurück; die infolge dessen auftretenden Fragen sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.

146

4. Schließlich liegt auch kein Verfahrensfehler vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die von den Klägerinnen vermisste gerichtliche Aufklärung zur Frage der Ermessensbetätigung der Versammlung der LMK musste das Verwaltungsgericht nicht von Amts wegen durchführen. Denn ausgehend von der die Entscheidung der Vorinstanz tragenden Begründung bestand kein weiterer Aufklärungsbedarf. Dessen ungeachtet haben die Klägerinnen erstinstanzlich weder hinreichende Anknüpfungstatsachen für die von ihnen – insoweit unsubstantiiert – aufgeworfene Beweisfrage dargetan noch einen dahingehenden Beweisantrag gestellt.

147

Soweit die Klägerinnen in der Begründung des Zulassungsantrags darauf abstellen, das Verwaltungsgericht hätte die Frage des Ermessensgebrauchs weiter aufklären müssen, indem es den die Teilnehmer der Versammlung als Zeugen zu der Frage hätte vernehmen sollen, ob die Beschlussvorlage zur Kenntnis genommen worden sei, wird der Sache nach zwar ein Verstoß gegen die nach § 86 Abs. 1 VwGO bestehende Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts und damit ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gerügt. Ein solcher Verstoß ist aber grundsätzlich schon dann nicht gegeben, wenn ein gemäß § 67 Abs. 2 VwGO ordnungsgemäß vertretener Beteiligter – wie hier – von einem Beweisantrag abgesehen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Februar 1988, – 7 B 28/88 –, NVwZ 1988, 1019 [1020] und vom 1. März 2001 – 6 B 6.01 –, NVwZ 2001, 922 und vom 25. Januar 2005 – 9 B 38.04 –, NVwZ 2005, 447 sowie Urteil vom 16. September 2004, – 3 C 30/03 –, Buchholz 451.512 MGVO Nr. 139; st. Rspr.).

148

Dem Verwaltungsgericht musste sich die (immerhin selbst von den Klägerinnen nicht beantragte) Beweiserhebung in Anbetracht der eindeutigen Ausführungen des Protokolls der Sitzung der Versammlung vom 5. Oktober 2014 auch nicht aufdrängen. Dies ergibt sich schon daraus, dass – wie vorstehend im Einzelnen dargelegt – keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass die Versammlung der Beklagten in mündlicher und schriftlicher Form Kenntnis von der Beschlussvorlage des Rechts- und Zulassungsausschusses mit den dortigen Ermessenserwägungen erhielt und diese Erwägungen allein durch die Annahme des Beschlussvorschlags gebilligt und sich dergestalt zu Eigen gemacht hat. Bei dieser Sachlage war erkennbar keine Beweisaufnahme erforderlich.

149

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da diese keine Anträge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

150

III. Die Entscheidung über die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf 50.000,00 Euro für das Zulassungsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG –. Der Senat bestimmt den Streitwert insofern nach seinem Ermessen auf der Grundlage des verwaltungsgerichtlich festgesetzten (von keinem der Beteiligten angefochtenen) Streitwertes und den Erwägungen in seinem Beschluss vom 10. Juli 2013 (– 2 A 11197/12.OVG –, NVwZ-RR 2013, 862). Der nach Ziffer Nr. 37.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169) vorgeschlagene Streitwert von lediglich 15.000,00 Euro wird der von den Klägerinnen mit ihrer Klage geltend gemachten wirtschaftlichen Bedeutung der Regionalfensterprogramme in gebührenrechtlicher Hinsicht nicht gerecht.

151

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. August 2011 - 4 K 1583/11 - geändert. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beschlagnahmeanordnung vom 12.08.2011 durch die Antragsgegnerin wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) sind begründet.
Die gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mündlich durch die Antragsgegnerin getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Beschlag-nahmeanordnung vom 12.08.2011, bestätigt durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 15.08.2011, kann keinen Bestand haben, weil die Antragsgegnerin entgegen dem zwingenden Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung bei deren Anordnung nicht schriftlich begründet hat. Sie leidet daher an einem formellen Mangel, der zu ihrer Aufhebung nötigt, ohne dass es darauf ankommt, ob ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.08.1976 - X 1318/76 -, NJW 1977, 165 sowie Beschluss v. 17.07.1990 - 10 S 1121/90 -, juris m.w.N). Durch das Nachbringen der schriftlichen Begründung in der Verfügung vom 15.08.2011 kann der Formmangel nicht geheilt werden.
Die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bestimmt, dass die sofortige Vollziehung „besonders angeordnet wird“. Notwendig ist eine entsprechende behördliche Willensentschließung, die dem Betroffenen kundgetan wird. Dafür reicht weder die tatsächliche Vollziehung oder Einleitung der Vollstreckung eines Verwaltungsakts noch die Annahme einer konkludenten Anordnung. Die Entscheidung über die sofortige Vollziehbarkeit muss ausdrücklich erfolgen. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts muss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet werden. Auch die Offensichtlichkeit der Gründe, die einen Sofortvollzug gebieten, rechtfertigt in aller Regel keine Ausnahme vom Begründungszwang, wie die ausdrückliche Regelung in § 80 Abs. 3 S. 2 VwGO zeigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse v. 25.8.1976, a.a.O. und v. 17.07.1990, a.a.O., m.w.N.). Von dem besonderen Begründungserfordernis darf nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei sog. Notstandsmaßnahmen, abgesehen werden. Diese Bestimmungen weichen deutlich vom Begründungsgebot bei Verwaltungsakten und den dortigen Ausnahmen (§ 39 VwVfG) ab. Eine dem § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vergleichbare Vorschrift fehlt in § 80 Abs. 3 VwGO. Angesichts dieser Rechtslage handelt es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Spezialregelung. Das - danach zwingende - Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen. Die Behörde selbst wird angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu sein. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Der Betroffene wird über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet. Er kann danach die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 4 VwGO abschätzen. Dem Gericht erlaubt die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle.
Diese Vorgaben sind durch die Antragsgegnerin nur unzureichend beachtet worden.
Die Beschlagnahme der Fahrzeuge der Antragsteller wurde nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG durch die Antragsgegnerin als der zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 60 Abs. 1 PolG) am 12.08.2011 mündlich angeordnet. Zur Begründung erklärte die Antragsgegnerin, die Beschlagnahme sei erforderlich, um weitere Besetzungen von Grundstücken zu verhindern. Zugleich wurde von ihr mündlich die sofortige Vollziehung der Maßnahme erklärt. Die Beschlagnahme wurde durch den Polizeivollzugsdienst sofort vollstreckt. Den Antragstellern wurde vor Ort gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG Bescheinigungen über den Vollzug der Beschlagnahme ausgestellt, in denen als Grund für die Beschlagnahme „Verhinderung weiterer Besetzungen von Grundstücken“ genannt worden ist; die Bescheinigungen weisen die Antragsgegnerin als anordnende Behörde aus.
Diese Bescheinigung ersetzt die erforderliche Begründung nicht. Sie dient vielmehr der Beweissicherung für den Betroffenen und soll es ihm ermöglichen, einen (eventuellen) späteren Anspruch auf Rückgabe der beschlagnahmten Sache mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. Sie muss daher die beschlagnahmten Sachen hinreichend genau bezeichnen und die Polizeibehörde erkennen lassen, die die Beschlagnahme angeordnet hat (Belz/Mußmann, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 7. Auflage, § 33 RdNr. 12).
Von dem Begründungserfordernis kann nicht ausnahmsweise nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO abgewichen werden. Danach gilt das Begründungserfordernis nach Satz 1 dann nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft (§ 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Dies war hier indes nicht der Fall. Auch wenn die Maßnahme aus der Sicht der Antragsgegnerin eilbedürftig war, handelte es sich weder um eine Notstandsmaßnahme, noch wurde sie als solche bezeichnet.
Über den Begründungsmangel kann auch nicht deshalb hinweggesehen werden, weil es sich um eine Maßnahme gehandelt hat, die sofort vollstreckt werden sollte. Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfasst ausdrücklich nur Verwaltungsakte des Polizeivollzugsdienstes im institutionellen Sinne, die sich nach Landesrecht bestimmen. Dieses Privileg ist einem Bedürfnis der Praxis geschuldet (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 2010, § 80 RdNr. 122), erstreckt sich aber nicht auf - unaufschiebbare - Anordnungen und Maßnahmen der sog. Verwaltungspolizei (Ordnungs- bzw. Sicherheitsbehörden). Auch mit Blick darauf, dass für Maßnahmen nach § 33 PolG neben den Polizeibehörden (§ 60 Abs. 1 PolG) auch der Polizeivollzugsdienst (§ 60 Abs. 3 PolG) zuständig ist, ergibt sich nichts anderes. Da nach § 60 Abs. 3 PolG für die meisten der sog. polizeilichen Standardmaßnahmen neben der Zuständigkeit der Polizeibehörde eine eigene Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes besteht, werden diese auch bei unaufschiebbaren Maßnahmen im Regelfall tätig werden, sodass ihnen das Privileg des § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu Gute kommt und damit auch aus diesem Grunde eine Ausnahme vom Begründungserfordernis für die Ortspolizeibehörde nicht gerechtfertigt erscheint.
Durch die nach Vollzug der Maßnahme ergangene Verfügung vom 15.08.2011, die unter Ziff. 7 auch eine schriftliche Begründung der sofortigen Vollziehung enthält, ist der Begründungsmangel nicht geheilt worden.
10 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (Beschluss v. 25.08.1976, a.a.O. und Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O.) und auch nach der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 80 RdNr. 44, Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 80, RdNr. 179, jeweils m.w.N.; BayVGH, Beschluss. v. 24.02.1988, BayVBl. 1989, 117) kann eine fehlende oder unzureichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Der Gegenauffassung (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995, NVwZ-RR 1995, 572; HessVGH Beschluss v. 17.5.1984, DÖV 1985, 75; OVG NRW, Beschluss v. 26.6.1985, NJW 1986, 1894), die dem Gründe der Prozessökonomie entgegenhält und ein Nachholen der Begründung jedenfalls bis zur Stellung eines Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO erlaubt, ist mit Blick darauf, dass es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Sonderregelung handelt, nicht zu folgen. Mit der Warn- und Appellfunktion des Schriftlichkeitserfordernisses wäre es nicht vereinbar, wenn eine fehlende Begründung mit heilender Wirkung nachgeholt werden könnte (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 80 RdNr. 174 ff. m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Auflage, § 80 RdNr. 48, m.w.N.).
11 
In der Verfügung vom 15.08.2011 kann schließlich nicht eine neue Anordnung einer sofortigen Vollziehung mit diesmal gesetzeskonformer Begründung gesehen werden. Eine solche Annahme scheitert - ungeachtet der Frage, ob vor Aufhebung des Sofortvollzugs dieser überhaupt neu angeordnet werden kann - bereits daran, dass sich dies dem Inhalt der Verfügung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) entnehmen lässt.
12 
Sowohl der Eingang des Entscheidungssatzes („zu der am 12.08.2011 auf mündliche Anordnung der Polizeibehörde erfolgten Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs ergeht folgende Verfügung“) als auch der erste Satz der Begründung („Die am 12.08.2011 auf Anordnung der Polizeibehörde erfolgte Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs... wird wie folgt begründet:“) weisen vielmehr darauf hin, dass es sich wohl um eine nachträgliche Bestätigung der Beschlagnahme, die rechtlich zulässig ist, sowie um eine allerdings in rechtlicher Hinsicht - nicht zulässige (a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995 - 11 B 10640/95 -) - nachträgliche Bestätigung und Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung handeln soll, ungeachtet der ebenfalls beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung. Insoweit bestehende Unklarheiten gehen zu Lasten der Antragsgegnerin.
13 
Mit dem Wegfall der Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt dem Widerspruch der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 1 VwGO wieder die aufschiebende Wirkung zu. Für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist daher kein Raum. Es bedarf vielmehr ggfs. einer erneuten, formgemäßen Anordnung.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 39 GKG.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. August 2011 - 4 K 1583/11 - geändert. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beschlagnahmeanordnung vom 12.08.2011 durch die Antragsgegnerin wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) sind begründet.
Die gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mündlich durch die Antragsgegnerin getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Beschlag-nahmeanordnung vom 12.08.2011, bestätigt durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 15.08.2011, kann keinen Bestand haben, weil die Antragsgegnerin entgegen dem zwingenden Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung bei deren Anordnung nicht schriftlich begründet hat. Sie leidet daher an einem formellen Mangel, der zu ihrer Aufhebung nötigt, ohne dass es darauf ankommt, ob ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.08.1976 - X 1318/76 -, NJW 1977, 165 sowie Beschluss v. 17.07.1990 - 10 S 1121/90 -, juris m.w.N). Durch das Nachbringen der schriftlichen Begründung in der Verfügung vom 15.08.2011 kann der Formmangel nicht geheilt werden.
Die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bestimmt, dass die sofortige Vollziehung „besonders angeordnet wird“. Notwendig ist eine entsprechende behördliche Willensentschließung, die dem Betroffenen kundgetan wird. Dafür reicht weder die tatsächliche Vollziehung oder Einleitung der Vollstreckung eines Verwaltungsakts noch die Annahme einer konkludenten Anordnung. Die Entscheidung über die sofortige Vollziehbarkeit muss ausdrücklich erfolgen. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts muss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet werden. Auch die Offensichtlichkeit der Gründe, die einen Sofortvollzug gebieten, rechtfertigt in aller Regel keine Ausnahme vom Begründungszwang, wie die ausdrückliche Regelung in § 80 Abs. 3 S. 2 VwGO zeigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse v. 25.8.1976, a.a.O. und v. 17.07.1990, a.a.O., m.w.N.). Von dem besonderen Begründungserfordernis darf nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei sog. Notstandsmaßnahmen, abgesehen werden. Diese Bestimmungen weichen deutlich vom Begründungsgebot bei Verwaltungsakten und den dortigen Ausnahmen (§ 39 VwVfG) ab. Eine dem § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vergleichbare Vorschrift fehlt in § 80 Abs. 3 VwGO. Angesichts dieser Rechtslage handelt es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Spezialregelung. Das - danach zwingende - Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen. Die Behörde selbst wird angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu sein. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Der Betroffene wird über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet. Er kann danach die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 4 VwGO abschätzen. Dem Gericht erlaubt die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle.
Diese Vorgaben sind durch die Antragsgegnerin nur unzureichend beachtet worden.
Die Beschlagnahme der Fahrzeuge der Antragsteller wurde nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG durch die Antragsgegnerin als der zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 60 Abs. 1 PolG) am 12.08.2011 mündlich angeordnet. Zur Begründung erklärte die Antragsgegnerin, die Beschlagnahme sei erforderlich, um weitere Besetzungen von Grundstücken zu verhindern. Zugleich wurde von ihr mündlich die sofortige Vollziehung der Maßnahme erklärt. Die Beschlagnahme wurde durch den Polizeivollzugsdienst sofort vollstreckt. Den Antragstellern wurde vor Ort gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG Bescheinigungen über den Vollzug der Beschlagnahme ausgestellt, in denen als Grund für die Beschlagnahme „Verhinderung weiterer Besetzungen von Grundstücken“ genannt worden ist; die Bescheinigungen weisen die Antragsgegnerin als anordnende Behörde aus.
Diese Bescheinigung ersetzt die erforderliche Begründung nicht. Sie dient vielmehr der Beweissicherung für den Betroffenen und soll es ihm ermöglichen, einen (eventuellen) späteren Anspruch auf Rückgabe der beschlagnahmten Sache mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. Sie muss daher die beschlagnahmten Sachen hinreichend genau bezeichnen und die Polizeibehörde erkennen lassen, die die Beschlagnahme angeordnet hat (Belz/Mußmann, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 7. Auflage, § 33 RdNr. 12).
Von dem Begründungserfordernis kann nicht ausnahmsweise nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO abgewichen werden. Danach gilt das Begründungserfordernis nach Satz 1 dann nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft (§ 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Dies war hier indes nicht der Fall. Auch wenn die Maßnahme aus der Sicht der Antragsgegnerin eilbedürftig war, handelte es sich weder um eine Notstandsmaßnahme, noch wurde sie als solche bezeichnet.
Über den Begründungsmangel kann auch nicht deshalb hinweggesehen werden, weil es sich um eine Maßnahme gehandelt hat, die sofort vollstreckt werden sollte. Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfasst ausdrücklich nur Verwaltungsakte des Polizeivollzugsdienstes im institutionellen Sinne, die sich nach Landesrecht bestimmen. Dieses Privileg ist einem Bedürfnis der Praxis geschuldet (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 2010, § 80 RdNr. 122), erstreckt sich aber nicht auf - unaufschiebbare - Anordnungen und Maßnahmen der sog. Verwaltungspolizei (Ordnungs- bzw. Sicherheitsbehörden). Auch mit Blick darauf, dass für Maßnahmen nach § 33 PolG neben den Polizeibehörden (§ 60 Abs. 1 PolG) auch der Polizeivollzugsdienst (§ 60 Abs. 3 PolG) zuständig ist, ergibt sich nichts anderes. Da nach § 60 Abs. 3 PolG für die meisten der sog. polizeilichen Standardmaßnahmen neben der Zuständigkeit der Polizeibehörde eine eigene Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes besteht, werden diese auch bei unaufschiebbaren Maßnahmen im Regelfall tätig werden, sodass ihnen das Privileg des § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu Gute kommt und damit auch aus diesem Grunde eine Ausnahme vom Begründungserfordernis für die Ortspolizeibehörde nicht gerechtfertigt erscheint.
Durch die nach Vollzug der Maßnahme ergangene Verfügung vom 15.08.2011, die unter Ziff. 7 auch eine schriftliche Begründung der sofortigen Vollziehung enthält, ist der Begründungsmangel nicht geheilt worden.
10 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (Beschluss v. 25.08.1976, a.a.O. und Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O.) und auch nach der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 80 RdNr. 44, Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 80, RdNr. 179, jeweils m.w.N.; BayVGH, Beschluss. v. 24.02.1988, BayVBl. 1989, 117) kann eine fehlende oder unzureichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Der Gegenauffassung (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995, NVwZ-RR 1995, 572; HessVGH Beschluss v. 17.5.1984, DÖV 1985, 75; OVG NRW, Beschluss v. 26.6.1985, NJW 1986, 1894), die dem Gründe der Prozessökonomie entgegenhält und ein Nachholen der Begründung jedenfalls bis zur Stellung eines Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO erlaubt, ist mit Blick darauf, dass es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Sonderregelung handelt, nicht zu folgen. Mit der Warn- und Appellfunktion des Schriftlichkeitserfordernisses wäre es nicht vereinbar, wenn eine fehlende Begründung mit heilender Wirkung nachgeholt werden könnte (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 80 RdNr. 174 ff. m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Auflage, § 80 RdNr. 48, m.w.N.).
11 
In der Verfügung vom 15.08.2011 kann schließlich nicht eine neue Anordnung einer sofortigen Vollziehung mit diesmal gesetzeskonformer Begründung gesehen werden. Eine solche Annahme scheitert - ungeachtet der Frage, ob vor Aufhebung des Sofortvollzugs dieser überhaupt neu angeordnet werden kann - bereits daran, dass sich dies dem Inhalt der Verfügung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) entnehmen lässt.
12 
Sowohl der Eingang des Entscheidungssatzes („zu der am 12.08.2011 auf mündliche Anordnung der Polizeibehörde erfolgten Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs ergeht folgende Verfügung“) als auch der erste Satz der Begründung („Die am 12.08.2011 auf Anordnung der Polizeibehörde erfolgte Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs... wird wie folgt begründet:“) weisen vielmehr darauf hin, dass es sich wohl um eine nachträgliche Bestätigung der Beschlagnahme, die rechtlich zulässig ist, sowie um eine allerdings in rechtlicher Hinsicht - nicht zulässige (a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995 - 11 B 10640/95 -) - nachträgliche Bestätigung und Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung handeln soll, ungeachtet der ebenfalls beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung. Insoweit bestehende Unklarheiten gehen zu Lasten der Antragsgegnerin.
13 
Mit dem Wegfall der Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt dem Widerspruch der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 1 VwGO wieder die aufschiebende Wirkung zu. Für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist daher kein Raum. Es bedarf vielmehr ggfs. einer erneuten, formgemäßen Anordnung.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 39 GKG.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.