Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2017 - 1 ZB 15.289

bei uns veröffentlicht am22.08.2017

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens gesamtverbindlich.

III. Der Streitwert wird für das Klageverfahren – in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 6. November 2014 – und das Zulassungsverfahren auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit Vertrag vom 23. Juli 1982 räumten die Kläger zu 4 und 5 als Miteigentümer der (neu gebildeten) Grundstücksfläche FlNr. 1279 der Gemarkung P. zusammen mit einer Vielzahl weiterer Miteigentümer der Beklagten an einem im Vertrag bezeichneten Weg ein uneingeschränktes Geh- und Fahrtrecht ein und verpflichteten sich weiter gegenüber der Beklagten (für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum), die Kapelle im Schloss P. und den im Westen anschließenden Dokumentationsraum zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten von dem Weg aus offen und allgemein zugänglich zu halten. An Tagen mit voraussichtlich wenig Besuchern (z.B. Tage außerhalb der Saison, Regentage) ist der Verpflichtung genügt, wenn die Kapelle über ein unverglastes Gitter einsehbar ist und der Dokumentationsraum auf besonderes Ansuchen über eine gut sichtbar angebrachte Glocke betreten werden kann. Zur Sicherung der Verpflichtungen wurden jeweils beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zugunsten der Beklagten bestellt. Darüber hinaus wurden in dem Vertrag unentgeltlich größere Grundstücksflächen als Erholungs- bzw. Grünflächen für die Öffentlichkeit an die Beklagte übertragen. Geschäftsgrundlage des Überlassungsvertrages ist, dass der Bebauungsplanentwurf für das Schloss P. in einer bestimmten Fassung bestandskräftig wird. Der Bebauungsplan, der am 10. Januar 1984 rechtsverbindlich wurde, dient ausweislich seiner Begründung dem Umbau der bestehenden Gebäude für Wohnzwecke, dem Ausbau der Straßen, der Schaffung öffentlicher Grünflächen am Seeufer und dem öffentlichen Zugang zu Schlosskapelle und See. Die Miteigentümer des Überlassungsvertrages begründeten zunächst eine Bauherrengemeinschaft und mit Teilungserklärung vom 20. Dezember 1983 eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger zu 1 bis 3 erwarben ihr Wohnungs- bzw. Teileigentum zu einem späteren Zeitpunkt. Die Dienstbarkeiten wurden von der Beklagten zunächst nicht genutzt. Die Beklagte beabsichtigt aber nunmehr, ein im Jahr 2006 wieder aufgetauchtes Altargemälde in der ehemaligen Schlosskapelle aufzuhängen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Kläger machen mit ihrer Klage vom 23. Dezember 2011 die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Verpflichtungen auf Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts und Zugänglichhalten der Kapelle und des Dokumentationsraumes geltend und begehren die Löschung der zugunsten der Beklagten eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten. Der Überlassungsvertrag verstoße sowohl gegen das Koppelungsverbot und gegen das Gebot der Angemessenheit als auch das gesetzliche Verbot der Vorwegbindung in der Bauleitplanung und sei damit nichtig. Durch den zu erwartenden Anstieg des Besucherstroms auf dem Grundstück der Kläger werde deren Eigentumsrecht berührt. Der Zugang zur Kapelle führe unmittelbar vor den Räumen der Kläger zu 1 bis 3 vorbei. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Prozessurteil vom 6. November 2014 ab, da den Klägern für die Geltendmachung ihres Begehrens die Prozessführungsbefugnis fehle. Das streitige Rechtsverhältnis könne allen Schuldnern gegenüber nur einheitlich festgestellt werden. Sämtliche Miteigentümer seien notwendige Streitgenossen kraft materiell-rechtlicher Sachlegitimation. Auch die Löschung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit könnten die Kläger allein nicht aus eigenem Recht verlangen, weil sie sich auf das Gemeinschaftseigentum beziehe.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts haben die Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Die von den Klägern im Zulassungsverfahren geltend gemachten Zulassungsgründe liegen aber nicht vor oder sind bereits nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel im Sinn dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall.

Die Anforderungen der Zulässigkeitsprüfung in Bezug auf die Feststellungsanträge der Kläger werden nicht überspannt, indem das Verwaltungsgericht auf das Feststellungsbegehren § 42 Abs. 2 VwGO analog anwendet und voraussetzt, dass die Kläger über die geltend gemachten Rechte verfügen können müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auf die Feststellungsklage nach § 43 VwGO zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO über die Klagebefugnis entsprechend anzuwenden. Danach ist eine Feststellungklage nur zulässig, wenn es dem Rechtsuchenden um die Verwirklichung eigener Rechte geht. Dass ihm solche Rechte zustehen, muss nach seinem Vorbringen zumindest möglich erscheinen (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.1995 – 2 C 32.94 – BVerwGE 99, 64 ff.; U.v. 28.11.2007 – 9 C 10.07 – BVerwGE 130, 52/56). Weiter schließt es § 42 Abs. 2 VwGO aus, Rechte geltend zu machen, die zwar eigene Rechte des Klägers sind, über die er aber nicht allein, sondern nur in notwendiger Streitgenossenschaft mit anderen verfügen kann. Die Klage von nur gemeinsam mit anderen Miteigentümern Berechtigten ist wegen fehlender Prozessführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen (vgl. BGH, U.v. 7.7.2006 – V ZR 159/05 – NJW 2006, 3426; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 76 m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Miteigentümer nur gemeinsam die Unwirksamkeit der angegriffenen Verpflichtungen in dem Überlassungsvertrag vom 23. Juli 1982 geltend machen können. Die Rechte, die den Bestand des Überlassungsvertrages betreffen, stehen den Miteigentümern nur gemeinsam zu. Bei den Miteigentümern handelt es sich um eine Rechtsgemeinschaft im Sinn der §§ 741 ff. BGB. Über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können nach § 747 Satz 2 BGB die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen (vgl. BGH, U.v. 29.11.1961 – V ZR 181/60 – BGHZ 36, 187 ff.). Auch dingliche Rechte und Lasten wie z.B. die Bestellung einer Grunddienstbarkeit, die Übernahme einer Baulast, die Einräumung eines Notwegerechts können nur gemeinsam begründet oder gegenüber allen gemeinsam verlangt werden, wenn es um das Grundstück als Ganzes geht, da zur Bestellung oder Übernahme einer solchen Belastung nur die Gemeinschaft das sachliche Recht besitzt (vgl. BGH, U.v. 26.10.1990 – V ZR 105/89 – juris Rn. 11; BGH, U.v. 7.7.2006 – V ZR 159/05 – NJW 2006, 3426). Soweit der Prozessbevollmächtigte vorträgt, dass die Dienstbarkeit durch jeden einzelnen Miteigentümer entsprechend seinem jeweiligem Miteigentumsanteil an seinem Grundbuchblatt bestellt wurde und damit auch die jeweiligen Überlasser ihre dinglichen Rechte jeweils unabhängig voneinander geltend machen können, ist dies nicht richtig. Die Dienstbarkeiten beziehen sich nicht auf den ideellen Miteigentumsanteil, sondern auf das Gesamtgrundstück. Die Miteigentümer konnten die angegriffenen Verpflichtungen nur gemeinsam eingehen; sie können damit auch nur gemeinsam deren Unwirksamkeit geltend machen (vgl. BGH, U.v. 29.11.1961, a.a.O.; OLG Celle, U.v. 12.1.1994 – 2 U 14/93 – juris zur Geltendmachung der Nichtigkeit eines Mietvertrages durch Miteigentümer m.w.N.). Dies folgt aus der Einheitlichkeit der eingegangenen Verpflichtung zur Belastung des Grundstücks unabhängig davon, dass es sich bei der Geltendmachung der Unwirksamkeit des Überlassungsvertrages nicht um eine Verfügung handelt. Das Feststellungsbegehren bezieht sich auf das gesamte Recht mit der Folge, dass die Miteigentümer notwendige Streitgenossen aus materiell-rechtlichen Gründen sind (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO i.V.m. § 64 VwGO).

Mit den Ausführungen zu einer Prozessführungsbefugnis der Kläger nach § 1011 BGB werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass es sich bei der Dienstbarkeit um ein absolutes Recht handelt, sondern ausgeführt (UA S. 18 und 19), dass mit § 1011 BGB Abwehransprüche aus dem Eigentum geltend gemacht werden können, nicht aber die Beseitigung einer Duldungsverpflichtung, die die Miteigentümer gemeinschaftlich eingegangen sind. Soweit geltend gemacht wird, dass es keiner einheitlichen Feststellung gegenüber allen Sondereigentümern bedürfe, da es ausreiche, wenn die Dienstbarkeit auf einem Grundbuchblatt eines Miteigentümers gelöscht werde, da diese dann von Amts wegen auf den Grundbuchblättern der übrigen Miteigentümer zu löschen sei, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass aus einer Rechtsfolge nicht auf die Berechtigung geschlossen werden kann. Nur wenn der einzelne Miteigentümer einen Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit hat, führt dies dazu, dass die Dienstbarkeit auch bei den von dem Anspruch nicht betroffenen Miteigentumsanteilen erlischt (vgl. BGH, B.v. 23.7.2015 – V ZB 1/14 – juris Rn. 19). Hier stehen die Rechte den Klägern aber gemeinsam zu und können auch nur gemeinsam geltend gemacht werden (vgl. oben). Die Argumentation des Verwaltungsgerichts verstößt auch nicht gegen das Abstraktionsprinzip. Im Gegenteil unterscheidet das Verwaltungsgericht klar zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Ebene und räumt den Klägern zutreffend keine Prozessführungsbefugnis aus § 1011 BGB ein, um die Unwirksamkeit des Überlassungsvertrages und einen daraus folgenden Löschungsanspruch geltend zu machen. Es hat dabei auch den Umstand berücksichtigt, dass die Miteigentümer bei einer (Teil) Nichtigkeit des Überlassungsvertrages mit Gegenansprüchen rechnen müssen, und insoweit richtigerweise auf die Entscheidung des BGH vom 7.7.2006 (V ZR 159/05, a.a.O.) Bezug genommen. Soweit darauf hingewiesen wurde, dass die Kläger zu keinem Zeitpunkt die Rückübertragung der zu Unrecht überlassenen Parkfläche einschließlich Seeufergrundstücke geltend gemacht hätten, haben die Kläger zu 4 und 5 entsprechende Ansprüche mit Schreiben vom 25. Juni 2011 an die Gemeinde geltend gemacht.

Eine Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft hat das Verwaltungsgericht nicht angenommen, so dass die dagegen gerichteten Einwendungen unerheblich sind. Soweit eine Beeinträchtigung des Sondereigentums der Kläger als mögliche Rechtsverletzung geltend gemacht wird, fehlt bereits eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass tatsächliche Auswirkungen, die von einer Gemeinschaftsfläche auf das Sondereigentum ausgehen, für die Geltendmachung eines Abwehranspruchs durch den einzelnen Wohnungseigentümer nicht genügen.

Es liegt auch nicht der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Besondere tatsächliche Schwierigkeiten und rechtliche Schwierigkeiten liegen nicht vor, da die im Zulassungsverfahren dargelegten entscheidungserheblichen Rechtsfragen anhand des Gesetzes und der genannten Rechtsprechung gelöst werden können.

Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- und Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72 m.w.N.). Mit der Behauptung, dass es in der Rechtsprechung ungeklärt sei, ob einzelne Miteigentümer die Feststellung der Nichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zur Verteidigung des „Gemeinschaftseigentums“ verlangen können, wird bereits nicht der Darlegungslast im Hinblick auf die Klärungsbedürftigkeit genügt. Im Übrigen liegt eine Klärungsbedürftigkeit nicht vor. Sie fehlt auch dann, wenn die konkrete Frage zwar nicht ausdrücklich entschieden ist, bereits ergangene Entscheidungen aber ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage geben. Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich anhand des Gesetzes und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten (vgl. BVerwG, B.v. 28.5.1997 – 4 B 91.97 – NVwZ 1998, 172).

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofs für die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2017 - 1 ZB 15.289 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 64


Die Vorschriften der §§ 59 bis 63 der Zivilprozeßordnung über die Streitgenossenschaft sind entsprechend anzuwenden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 747 Verfügung über Anteil und gemeinschaftliche Gegenstände


Jeder Teilhaber kann über seinen Anteil verfügen. Über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1011 Ansprüche aus dem Miteigentum


Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2006 - V ZR 159/05

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 20. Dez. 2010 - 1 BvR 2011/10

bei uns veröffentlicht am 20.12.2010

Tenor 1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgese

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 159/05 Verkündet am:
7. Juli 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Miteigentümer eines Grundstücks können den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts
nur gemeinsam geltend machen.
Die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Gebäudes ist bei der Beurteilung der
Ordnungsmäßigkeit der Benutzung eines Grundstücks zu beachten.
Dass ein Gebäude so errichtet wird, dass es zu einem Teil nicht ohne einen Zugang über
ein Nachbargrundstück genutzt werden kann, schließt den Anspruch auf Einräumung eines
Notwegrechts nicht notwendig aus.
BGH, Urt. v. 7. Juli 2006 - V ZR 159/05 - OLG Frankfurt am Main
LGDarmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2006 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juli 2005 im Kostenpunkt mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten und insoweit aufgehoben, als über die Klage entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und die an dem Revisionsverfahren nicht beteiligte Widerbeklagte sind Miteigentümer des in der Innenstadt von H. gelegenen Grundstücks F. straße 21a. Das nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilte Grundstück ist mit einem mehrgeschossigen Gebäude bebaut. Es grenzt an die L. straße und die Z. gasse und hat insoweit eine ausreichende Verbindung mit einem öffentlichen Weg. Das Gebäude ist jedoch in der Weise errichtet, dass die Zuwegung zu den jetzt der Klägerin gehörenden 19 Eigentumswohnungen, die in den Geschossen über dem - ebenso wie das Erdgeschoss gewerblich genutzten - ersten Obergeschoss liegen, nicht zur L. straße oder zur Z. gasse, sondern über das Nachbargrundstück F. straße 21 verläuft, dessen Eigentümer nunmehr die Beklagten sind. Ein dinglich gesichertes Wegerecht besteht nicht.
2
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Einräumung eines Notwegrechts für die jeweiligen Eigentümer der Eigentumswohnungen, hilfsweise gegen Zahlung einer jährlichen Notwegrente von 1.200 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bilden die Eigentumswohnungen einen selbständigen Teil des Grundstücks F. straße 21a, dem ein Zugang zu einem öffentlichen Weg fehle. Der Zugang des Grundstücks zur L. straße und zur Z. gasse sei für die Wohnungen der Klägerin aufgrund Bebauung des Grundstücks nicht nutzbar. Eine Verbindung zu diesen könne nur durch den im Sondereigentum der Widerbeklagten stehenden Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss oder durch die ebenfalls im Sondereigentum der Widerbeklagten stehenden Geschäftsräume im ersten Obergeschoss geschaffen werden. Zur Nutzung der Wohnungen sei ein separater Zugang über das Grundstück der Beklagten daher notwendig. Die Verpflichtung der Beklagten, den Zugang zu den Wohnungen über ihr Grundstück zu dulden, scheitere auch nicht daran, dass der Zugang zur L. straße oder zur Z. gasse bei der Errichtung des Gebäudes willkürlich verhindert worden sei, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dieser Gestaltung einverstanden gewesen sei.
4
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


5
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil die Klage derzeit unzulässig ist.
6
Der Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts (§ 917 Abs. 1 BGB) steht dem Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks zu. Mehrere Miteigentümer können ihn - in Abweichung von § 1011 BGB - nur gemeinsam geltend machen; verlangt ein einzelner Miteigentümer die Gestattung der Benutzung des Nachbargrundstücks als Notweg, benötigt er die Ermächtigung der anderen Miteigentümer. Denn anderenfalls könnte ein einzelner Miteigentümer die Verpflichtung der anderen Miteigentümer zur Zahlung der gemeinsam geschuldeten Notwegrente begründen, die nach § 917 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Notwegrecht entsteht und für die nach §§ 917 Abs. 2 Satz 2, 914 Abs. 3, 1107 BGB das gemeinsame Grundstück haftet. Eine solche Rechtsmacht räumt § 1011 den einzelnen Miteigentümern nicht ein (Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 917 Rdn. 5; Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 917 Rdn. 8; PWW/Lemke, BGB, § 917 Rdn. 4; Soergel/J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 917 Rdn. 7; Staudinger /Roth, BGB, [2002], § 917 Rdn. 32; a.A. MünchKomm-BGB/Säcker, 4. Aufl., § 917 Rdn. 16; offen gelassen Senat, Urt. v. 28. Mai 1976, V ZR 195/74, WM 1976, 1061, 1062). Daran ändert sich nicht dadurch etwas, dass das zuwegungslose Grundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt ist (vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, aaO, § 1011 Rdn. 3; RGRK-BGB/Augustin, 12. Aufl., § 917 Rdn. 7). Das Recht auf einen Notweg wird durch die Lage des Grundstücks und nicht durch das mit den Miteigentumsanteilen an dem Grundstück verbundene Sondereigentum an den Wohnungen oder den zu anderen Zwecken genutzten Räumen in dem aufstehenden Gebäude begründet. Danach ist die Klägerin ohne die Mitwirkung der Widerbeklagten nicht zur Führung des vorliegenden Rechtsstreits befugt. Ihre Klage ist deshalb derzeit unzulässig (Senat, BGHZ 92, 351, 353).
7
2. Gleichwohl kann der Senat keine abschließende Entscheidung in der Sache treffen. Denn die fehlende Prozessführungsbefugnis der Klägerin ist bisher nicht gesehen worden. Der Klägerin ist deshalb Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts ihren Vortrag zu ergänzen. Das führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

III.


8
Für den Fall, dass das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung zur Zulässigkeit der Klage gelangen sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:
9
1. Der bestehende Zugang des Grundstücks F. straße 21a zur L. straße und zur Z. gasse schließt das von der Klägerin geltend gemachte Notwegrecht nicht von vornherein aus. Einem Grundstück fehlt der er- forderliche Zugang nämlich auch dann, wenn nur ein Teil des Grundstücks keinen zur ordnungsgemäßen Nutzung hinreichenden Zugang hat (Senat, Urt. v. 11. Juni 1954, V ZR 20/53, NJW 1954, 1321; RGZ 79, 116, 120 f.; Reinicke MDR 1948, 358 f.) und dem Grundstückseigentümer nicht zugemutet werden kann, dem zuwegungslosen Teil seines Grundstücks über die übrigen, mit dem öffentlichen Weg verbundenen Teile des Grundstücks einen Zugang zu dem öffentlichen Weg zu verschaffen (Senat, aaO).
10
a) Die Nutzung des Grundstücks F. straße 21a durch das Wohnund Geschäftszwecken dienende Gebäude ist ordnungsgemäß im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Bebauung des Grundstücks in der vorhandenen Weise wegen der fehlenden Absicherung des Zugangs zu den Eigentumswohnungen durch eine Dienstbarkeit oder durch eine Baulast nach dem öffentlichen Baurecht nicht hätte genehmigt werden dürfen. Die zur Errichtung des Gebäudes erforderliche Baugenehmigung ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin erteilt worden. Dieser Umstand kann nicht unberücksichtigt bleiben, sondern führt dazu, dass insoweit von der Ordnungsmäßigkeit der Nutzung des Grundstücks auszugehen ist (BVerwGE 50, 282, 289 f.). Insoweit wirkt das öffentliche Baurecht auf das Zivilrecht zurück (Staudinger/Roth, aaO, § 917 Rdn. 25).
11
b) Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen für die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin sei es nicht zumutbar, selbst für einen Zugang zu ihren Eigentumswohnungen auf dem Grundstück F. straße 21a Sorge zu tragen.
12
Grundsätzlich muss der Grundstückseigentümer den Zugang von dem öffentlichen Weg zu abgeschnittenen Grundstücksteilen auf dem eigenen Grundstück schaffen. Dies gilt auch dann, wenn das für den Grundstückseigentümer umständlicher, weniger bequem oder kostspieliger ist als die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks (Senat, BGHZ 75, 315, 319; OLG Brandenburg DtZ 1996, 389). Der Eigentümer muss deshalb grundsätzlich Umbaumaßnahmen vornehmen, um eine vorhandene Verbindung seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg nutzen zu können (vgl. RGZ 157, 305, 308; Senat, Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322). Erst wenn die mit der Schaffung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück verbundenen Erschwernisse so groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird, ist der Nachbar zur Duldung der Benutzung seines Grundstücks als Zugang verpflichtet. Die Grenze der Zumutbarkeit für den Grundstückseigentümer ist nicht durch einen Vergleich zwischen der Beeinträchtigung des auf Duldung eines Notwegs in Anspruch genommenen Nachbarn und den Kosten zu bestimmen, die durch die Schaffung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück entstehen. Maßgeblich ist vielmehr das Verhältnis der für die Schaffung einer Zuwegung notwendigen Kosten zu der Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Grundstücks (Senat, Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322).
13
Diese Grundsätze gelten auch für die Zuwegung zu Eigentumswohnungen , die keinen Zugang zu einem öffentlichen Weg des für die Bebbauung verwendeten Grundstücks haben. Die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum kann die Herstellung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück in einem solchen Fall schwieriger machen, wenn sie - wie hier - bauliche Veränderungen erfordert. Denn ein Miteigentümer kann von den anderen Miteigentümern nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG bauliche Veränderungen grundsätzlich nicht verlangen. Das gilt jedoch nicht für Maßnahmen, die zur erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung erforderlich sind (Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 22 WEG Rdn. 4 m.w.N.). Dazu gehört grundsätzlich die Schaffung eines Zugangs zu einem öffentlichen Weg über das gemeinschaftliche Grundstück. Da es an einem solchen fehlt, kann die Klägerin von der Widerbeklagten die Mitwirkung an den dafür notwendigen Maßnahmen verlangen (§ 21 Abs. 4 WEG). Gegenüber ihrer Mitwirkungspflicht kann sich die Widerbeklagte nicht ohne weiteres auf fehlende oder entgegensetzte Bestimmungen in der Teilungserklärung berufen. Denn Wohnungs- und Teileigentümer sind zur Mitwirkung an Änderungen der Teilungserklärung verpflichtet, wenn ihre Beibehaltung zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt (Senat, BGHZ 130, 304, 312; 154, 192, 196, 202; 160, 354, 358). So verhält es sich, wenn Wohnungen durch die Gestaltung des Bauwerks und eine dieser entsprechenden Teilungserklärung von einem Zugang zu dem öffentlichen Weg über das eigene Grundstück abgeschnitten sind und es mit zumutbaren Mitteln möglich ist, unter Änderung der Teilungserklärung einen solchen Zugang zu schaffen. Der Hinweis der Klägerin auf die fehlende Bereitschaft der Widerbeklagten, an Umbaumaßnahmen mitzuwirken oder diese zu dulden, geht daher ins Leere. Die Klägerin ist gehalten, die Widerbeklagte auf Mitwirkung und Duldung der zur Schaffung eines Zugangs auf dem Grundstück F. straße 21a notwendigen wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen in Anspruch zu nehmen, wozu auch die Herbeiführung einer Änderung der Teilungserklärung oder einer anderweitigen Gestattung gehört (vgl. Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116).
14
c) Dass der fehlende Zugang zu den Eigentumswohnungen der Klägerin auf der baulichen Gestaltung des Gebäudes beruht, schließt den Anspruch auf Begründung eines Notwegrechts entgegen der Meinung der Revision nicht notwendig aus.
15
Die Verpflichtung des Nachbarn, einen Notweg zu dulden, entfällt gemäß § 918 Abs. 1 BGB, wenn die Verbindung des Grundstücks durch eine willkürliche Handlung, auch eines früheren Eigentümers, aufgehoben wurde (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116). Dasselbe gilt, wenn durch eine Maßnahme des Grundstückseigentümers ein Grundstücksteil keine Verbindung mit dem öffentlichen Weg mehr hat. Nicht jedes bewusste Handeln des Grundstückseigentümers, durch das die Verbindung eines Teils seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg aufgehoben wird, ist indessen willkürlich im Sinne von § 918 Abs. 1 BGB. Willkürlich im Sinne der Vorschrift ist vielmehr nur eine auf freier Entscheidung beruhende Maßnahme, die der ordnungsgemäßen Grundstücksbenutzung widerspricht und die gebotene Rücksichtnahme auf nachbarliche Interessen außer Acht lässt (AnwKommBGB /Ring, § 918 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, § 918 Rdn. 4; Erman /Lorenz, aaO, § 918 Rdn. 3; Palandt/Bassenge, aaO, § 918 Rdn. 1; PWW/Lemke, aaO, § 918 Rdn. 1; Staudinger/Roth, aaO, § 918 Rdn. 2). Danach ist es in der Regel willkürlich, wenn der Eigentümer unter den verschiedenen Möglichkeiten der ordnungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks eine Gestaltung wählt, die einen Notweg erfordert (Senat, Urt. v. 5. Mai 2006, V ZR 139/05, EBE-BGH 2006, 187), oder wenn er bei der Bebauung seines Grundstücks nicht darauf achtet, dass die Verbindung sämtlicher Teile des Grundstücks zu dem öffentlich Weg erhalten bleibt (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116). Dass ein Nachbar duldet, dass sein Grundstück als Zugang benutzt wird, ändert hieran nichts (Staudinger/Roth, aaO, § 918 Rdn. 3).
16
So liegt es nach dem Vorbringen der Klägerin aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles indessen nicht. Zwar war es nicht notwendig, das Gebäude so zu errichten, dass die Eigentumswohnungen nur über das Grund- stück der Beklagten einen Zugang zu dem öffentlichen Weg haben. Die Notwendigkeit dieses Zugangs hat sich auch nicht erst im Nachhinein durch eine wirtschaftliche Entwicklung ergeben, die das Grundstück F. straße 21a genommen hat (vgl. RG JW 1914, 529; 1925, 474). Die beiderseitigen Grundstücke sind jedoch gleichzeitig in aufeinander abgestimmter Weise bebaut worden. Zu diesem Zweck sind die Grenzen der Grundstücke verändert worden. Die Nutzung des ersten Obergeschosses in beiden Gebäuden greift bestimmungsgemäß über die Grundstücksgrenze hinweg. Die Beklagten verfügen über einen Zugang zu der unter dem gesamten Gebäudekomplex oder der unter dem Gebäude auf dem Grundstück F. straße 21a und auf weiteren Grundstücken erstellten Tiefgarage. Die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Beklagten war Miteigentümerin des Grundstücks F. straße 21a. Ver- hält es sich so, bestand bei der Errichtung des Gebäudes Grund für die schützenswerte Erwartung, dass der Zugang zu den Eigentumswohnungen über das Grundstück der Beklagten auch ohne eine dingliche Sicherung dauerhaft möglich sein werde. Damit aber bedeutet der Abschluss der Wohnungen auf dem Grundstück F. straße 21a von einem Zugang zur Z. gasse oder zur L. straße keine willkürliche Maßnahme.
Klein Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 04.08.2004 - 23 O 329/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 01.07.2005 - 24 U 182/04 -

Jeder Teilhaber kann über seinen Anteil verfügen. Über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 159/05 Verkündet am:
7. Juli 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Miteigentümer eines Grundstücks können den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts
nur gemeinsam geltend machen.
Die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Gebäudes ist bei der Beurteilung der
Ordnungsmäßigkeit der Benutzung eines Grundstücks zu beachten.
Dass ein Gebäude so errichtet wird, dass es zu einem Teil nicht ohne einen Zugang über
ein Nachbargrundstück genutzt werden kann, schließt den Anspruch auf Einräumung eines
Notwegrechts nicht notwendig aus.
BGH, Urt. v. 7. Juli 2006 - V ZR 159/05 - OLG Frankfurt am Main
LGDarmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2006 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juli 2005 im Kostenpunkt mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten und insoweit aufgehoben, als über die Klage entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und die an dem Revisionsverfahren nicht beteiligte Widerbeklagte sind Miteigentümer des in der Innenstadt von H. gelegenen Grundstücks F. straße 21a. Das nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilte Grundstück ist mit einem mehrgeschossigen Gebäude bebaut. Es grenzt an die L. straße und die Z. gasse und hat insoweit eine ausreichende Verbindung mit einem öffentlichen Weg. Das Gebäude ist jedoch in der Weise errichtet, dass die Zuwegung zu den jetzt der Klägerin gehörenden 19 Eigentumswohnungen, die in den Geschossen über dem - ebenso wie das Erdgeschoss gewerblich genutzten - ersten Obergeschoss liegen, nicht zur L. straße oder zur Z. gasse, sondern über das Nachbargrundstück F. straße 21 verläuft, dessen Eigentümer nunmehr die Beklagten sind. Ein dinglich gesichertes Wegerecht besteht nicht.
2
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Einräumung eines Notwegrechts für die jeweiligen Eigentümer der Eigentumswohnungen, hilfsweise gegen Zahlung einer jährlichen Notwegrente von 1.200 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bilden die Eigentumswohnungen einen selbständigen Teil des Grundstücks F. straße 21a, dem ein Zugang zu einem öffentlichen Weg fehle. Der Zugang des Grundstücks zur L. straße und zur Z. gasse sei für die Wohnungen der Klägerin aufgrund Bebauung des Grundstücks nicht nutzbar. Eine Verbindung zu diesen könne nur durch den im Sondereigentum der Widerbeklagten stehenden Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss oder durch die ebenfalls im Sondereigentum der Widerbeklagten stehenden Geschäftsräume im ersten Obergeschoss geschaffen werden. Zur Nutzung der Wohnungen sei ein separater Zugang über das Grundstück der Beklagten daher notwendig. Die Verpflichtung der Beklagten, den Zugang zu den Wohnungen über ihr Grundstück zu dulden, scheitere auch nicht daran, dass der Zugang zur L. straße oder zur Z. gasse bei der Errichtung des Gebäudes willkürlich verhindert worden sei, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dieser Gestaltung einverstanden gewesen sei.
4
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


5
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil die Klage derzeit unzulässig ist.
6
Der Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts (§ 917 Abs. 1 BGB) steht dem Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks zu. Mehrere Miteigentümer können ihn - in Abweichung von § 1011 BGB - nur gemeinsam geltend machen; verlangt ein einzelner Miteigentümer die Gestattung der Benutzung des Nachbargrundstücks als Notweg, benötigt er die Ermächtigung der anderen Miteigentümer. Denn anderenfalls könnte ein einzelner Miteigentümer die Verpflichtung der anderen Miteigentümer zur Zahlung der gemeinsam geschuldeten Notwegrente begründen, die nach § 917 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Notwegrecht entsteht und für die nach §§ 917 Abs. 2 Satz 2, 914 Abs. 3, 1107 BGB das gemeinsame Grundstück haftet. Eine solche Rechtsmacht räumt § 1011 den einzelnen Miteigentümern nicht ein (Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 917 Rdn. 5; Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 917 Rdn. 8; PWW/Lemke, BGB, § 917 Rdn. 4; Soergel/J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 917 Rdn. 7; Staudinger /Roth, BGB, [2002], § 917 Rdn. 32; a.A. MünchKomm-BGB/Säcker, 4. Aufl., § 917 Rdn. 16; offen gelassen Senat, Urt. v. 28. Mai 1976, V ZR 195/74, WM 1976, 1061, 1062). Daran ändert sich nicht dadurch etwas, dass das zuwegungslose Grundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt ist (vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, aaO, § 1011 Rdn. 3; RGRK-BGB/Augustin, 12. Aufl., § 917 Rdn. 7). Das Recht auf einen Notweg wird durch die Lage des Grundstücks und nicht durch das mit den Miteigentumsanteilen an dem Grundstück verbundene Sondereigentum an den Wohnungen oder den zu anderen Zwecken genutzten Räumen in dem aufstehenden Gebäude begründet. Danach ist die Klägerin ohne die Mitwirkung der Widerbeklagten nicht zur Führung des vorliegenden Rechtsstreits befugt. Ihre Klage ist deshalb derzeit unzulässig (Senat, BGHZ 92, 351, 353).
7
2. Gleichwohl kann der Senat keine abschließende Entscheidung in der Sache treffen. Denn die fehlende Prozessführungsbefugnis der Klägerin ist bisher nicht gesehen worden. Der Klägerin ist deshalb Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts ihren Vortrag zu ergänzen. Das führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

III.


8
Für den Fall, dass das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung zur Zulässigkeit der Klage gelangen sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:
9
1. Der bestehende Zugang des Grundstücks F. straße 21a zur L. straße und zur Z. gasse schließt das von der Klägerin geltend gemachte Notwegrecht nicht von vornherein aus. Einem Grundstück fehlt der er- forderliche Zugang nämlich auch dann, wenn nur ein Teil des Grundstücks keinen zur ordnungsgemäßen Nutzung hinreichenden Zugang hat (Senat, Urt. v. 11. Juni 1954, V ZR 20/53, NJW 1954, 1321; RGZ 79, 116, 120 f.; Reinicke MDR 1948, 358 f.) und dem Grundstückseigentümer nicht zugemutet werden kann, dem zuwegungslosen Teil seines Grundstücks über die übrigen, mit dem öffentlichen Weg verbundenen Teile des Grundstücks einen Zugang zu dem öffentlichen Weg zu verschaffen (Senat, aaO).
10
a) Die Nutzung des Grundstücks F. straße 21a durch das Wohnund Geschäftszwecken dienende Gebäude ist ordnungsgemäß im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Bebauung des Grundstücks in der vorhandenen Weise wegen der fehlenden Absicherung des Zugangs zu den Eigentumswohnungen durch eine Dienstbarkeit oder durch eine Baulast nach dem öffentlichen Baurecht nicht hätte genehmigt werden dürfen. Die zur Errichtung des Gebäudes erforderliche Baugenehmigung ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin erteilt worden. Dieser Umstand kann nicht unberücksichtigt bleiben, sondern führt dazu, dass insoweit von der Ordnungsmäßigkeit der Nutzung des Grundstücks auszugehen ist (BVerwGE 50, 282, 289 f.). Insoweit wirkt das öffentliche Baurecht auf das Zivilrecht zurück (Staudinger/Roth, aaO, § 917 Rdn. 25).
11
b) Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen für die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin sei es nicht zumutbar, selbst für einen Zugang zu ihren Eigentumswohnungen auf dem Grundstück F. straße 21a Sorge zu tragen.
12
Grundsätzlich muss der Grundstückseigentümer den Zugang von dem öffentlichen Weg zu abgeschnittenen Grundstücksteilen auf dem eigenen Grundstück schaffen. Dies gilt auch dann, wenn das für den Grundstückseigentümer umständlicher, weniger bequem oder kostspieliger ist als die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks (Senat, BGHZ 75, 315, 319; OLG Brandenburg DtZ 1996, 389). Der Eigentümer muss deshalb grundsätzlich Umbaumaßnahmen vornehmen, um eine vorhandene Verbindung seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg nutzen zu können (vgl. RGZ 157, 305, 308; Senat, Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322). Erst wenn die mit der Schaffung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück verbundenen Erschwernisse so groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird, ist der Nachbar zur Duldung der Benutzung seines Grundstücks als Zugang verpflichtet. Die Grenze der Zumutbarkeit für den Grundstückseigentümer ist nicht durch einen Vergleich zwischen der Beeinträchtigung des auf Duldung eines Notwegs in Anspruch genommenen Nachbarn und den Kosten zu bestimmen, die durch die Schaffung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück entstehen. Maßgeblich ist vielmehr das Verhältnis der für die Schaffung einer Zuwegung notwendigen Kosten zu der Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Grundstücks (Senat, Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322).
13
Diese Grundsätze gelten auch für die Zuwegung zu Eigentumswohnungen , die keinen Zugang zu einem öffentlichen Weg des für die Bebbauung verwendeten Grundstücks haben. Die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum kann die Herstellung eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück in einem solchen Fall schwieriger machen, wenn sie - wie hier - bauliche Veränderungen erfordert. Denn ein Miteigentümer kann von den anderen Miteigentümern nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG bauliche Veränderungen grundsätzlich nicht verlangen. Das gilt jedoch nicht für Maßnahmen, die zur erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung erforderlich sind (Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 22 WEG Rdn. 4 m.w.N.). Dazu gehört grundsätzlich die Schaffung eines Zugangs zu einem öffentlichen Weg über das gemeinschaftliche Grundstück. Da es an einem solchen fehlt, kann die Klägerin von der Widerbeklagten die Mitwirkung an den dafür notwendigen Maßnahmen verlangen (§ 21 Abs. 4 WEG). Gegenüber ihrer Mitwirkungspflicht kann sich die Widerbeklagte nicht ohne weiteres auf fehlende oder entgegensetzte Bestimmungen in der Teilungserklärung berufen. Denn Wohnungs- und Teileigentümer sind zur Mitwirkung an Änderungen der Teilungserklärung verpflichtet, wenn ihre Beibehaltung zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt (Senat, BGHZ 130, 304, 312; 154, 192, 196, 202; 160, 354, 358). So verhält es sich, wenn Wohnungen durch die Gestaltung des Bauwerks und eine dieser entsprechenden Teilungserklärung von einem Zugang zu dem öffentlichen Weg über das eigene Grundstück abgeschnitten sind und es mit zumutbaren Mitteln möglich ist, unter Änderung der Teilungserklärung einen solchen Zugang zu schaffen. Der Hinweis der Klägerin auf die fehlende Bereitschaft der Widerbeklagten, an Umbaumaßnahmen mitzuwirken oder diese zu dulden, geht daher ins Leere. Die Klägerin ist gehalten, die Widerbeklagte auf Mitwirkung und Duldung der zur Schaffung eines Zugangs auf dem Grundstück F. straße 21a notwendigen wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen in Anspruch zu nehmen, wozu auch die Herbeiführung einer Änderung der Teilungserklärung oder einer anderweitigen Gestattung gehört (vgl. Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116).
14
c) Dass der fehlende Zugang zu den Eigentumswohnungen der Klägerin auf der baulichen Gestaltung des Gebäudes beruht, schließt den Anspruch auf Begründung eines Notwegrechts entgegen der Meinung der Revision nicht notwendig aus.
15
Die Verpflichtung des Nachbarn, einen Notweg zu dulden, entfällt gemäß § 918 Abs. 1 BGB, wenn die Verbindung des Grundstücks durch eine willkürliche Handlung, auch eines früheren Eigentümers, aufgehoben wurde (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116). Dasselbe gilt, wenn durch eine Maßnahme des Grundstückseigentümers ein Grundstücksteil keine Verbindung mit dem öffentlichen Weg mehr hat. Nicht jedes bewusste Handeln des Grundstückseigentümers, durch das die Verbindung eines Teils seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg aufgehoben wird, ist indessen willkürlich im Sinne von § 918 Abs. 1 BGB. Willkürlich im Sinne der Vorschrift ist vielmehr nur eine auf freier Entscheidung beruhende Maßnahme, die der ordnungsgemäßen Grundstücksbenutzung widerspricht und die gebotene Rücksichtnahme auf nachbarliche Interessen außer Acht lässt (AnwKommBGB /Ring, § 918 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, § 918 Rdn. 4; Erman /Lorenz, aaO, § 918 Rdn. 3; Palandt/Bassenge, aaO, § 918 Rdn. 1; PWW/Lemke, aaO, § 918 Rdn. 1; Staudinger/Roth, aaO, § 918 Rdn. 2). Danach ist es in der Regel willkürlich, wenn der Eigentümer unter den verschiedenen Möglichkeiten der ordnungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks eine Gestaltung wählt, die einen Notweg erfordert (Senat, Urt. v. 5. Mai 2006, V ZR 139/05, EBE-BGH 2006, 187), oder wenn er bei der Bebauung seines Grundstücks nicht darauf achtet, dass die Verbindung sämtlicher Teile des Grundstücks zu dem öffentlich Weg erhalten bleibt (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1974, V ZR 69/73, ZMR 1975, 115, 116). Dass ein Nachbar duldet, dass sein Grundstück als Zugang benutzt wird, ändert hieran nichts (Staudinger/Roth, aaO, § 918 Rdn. 3).
16
So liegt es nach dem Vorbringen der Klägerin aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles indessen nicht. Zwar war es nicht notwendig, das Gebäude so zu errichten, dass die Eigentumswohnungen nur über das Grund- stück der Beklagten einen Zugang zu dem öffentlichen Weg haben. Die Notwendigkeit dieses Zugangs hat sich auch nicht erst im Nachhinein durch eine wirtschaftliche Entwicklung ergeben, die das Grundstück F. straße 21a genommen hat (vgl. RG JW 1914, 529; 1925, 474). Die beiderseitigen Grundstücke sind jedoch gleichzeitig in aufeinander abgestimmter Weise bebaut worden. Zu diesem Zweck sind die Grenzen der Grundstücke verändert worden. Die Nutzung des ersten Obergeschosses in beiden Gebäuden greift bestimmungsgemäß über die Grundstücksgrenze hinweg. Die Beklagten verfügen über einen Zugang zu der unter dem gesamten Gebäudekomplex oder der unter dem Gebäude auf dem Grundstück F. straße 21a und auf weiteren Grundstücken erstellten Tiefgarage. Die frühere Eigentümerin des Grundstücks der Beklagten war Miteigentümerin des Grundstücks F. straße 21a. Ver- hält es sich so, bestand bei der Errichtung des Gebäudes Grund für die schützenswerte Erwartung, dass der Zugang zu den Eigentumswohnungen über das Grundstück der Beklagten auch ohne eine dingliche Sicherung dauerhaft möglich sein werde. Damit aber bedeutet der Abschluss der Wohnungen auf dem Grundstück F. straße 21a von einem Zugang zur Z. gasse oder zur L. straße keine willkürliche Maßnahme.
Klein Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 04.08.2004 - 23 O 329/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 01.07.2005 - 24 U 182/04 -

Die Vorschriften der §§ 59 bis 63 der Zivilprozeßordnung über die Streitgenossenschaft sind entsprechend anzuwenden.

Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.

19
(b) Richtig ist allerdings, dass eine Leitungsdienstbarkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GBBerG an den von dem Erwerbsgeschäft nicht betroffenen Miteigentumsanteilen oder Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten nicht fortbestehen kann, weil das Recht nur das Grundstück in seiner Gesamtheit belasten kann. Das rechtfertigt es jedoch nicht, den öffentlichen Glauben des Grundbuchs in Bezug auf die Vollständigkeit der eingetragenen Rechte bei dem Erwerb von Miteigentumsanteilen am Grundstück oder von Wohnungs- bzw. Teileigentum einzuschränken und einen lastenfreien Erwerb trotz Gutgläubigkeit des Erwerbers insoweit auszuschließen. Der gutgläubig lastenfreie Erwerb führt in diesen Fällen vielmehr dazu, dass die Dienstbarkeit an dem Grundstück insgesamt erlischt. Das hat der Senat für den Fall entschieden, dass ein Wohnungseigentümer gegenüber dem Berechtigten einen Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit hat. Wird der Anspruch durchgesetzt, erlischt die Dienstbarkeit insgesamt, auch wenn den anderen Wohnungseigentümern ein Anspruch auf Löschung nicht zusteht (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juni 1974 - V ZR 164/72, NJW 1974, 1552, 1553 – insoweit in BGHZ 62, 388 ff. nicht abgedruckt). Die Rechtslage stellt sich nach einem gutgläubig lastenfreien Erwerb durch einen Wohnungseigentümer nicht anders dar. Da diesem gegenüber nach § 892 Abs. 1 BGB die nicht eingetragene Dienstbarkeit nicht besteht, könnte er von dem Berechtigten deren Löschung verlangen, falls die Dienstbarkeit zu Unrecht im Nachhinein durch das Grundbuchamt im Wege einer „Grundbuchberichtigung“ nach § 22 GBO eingetragen würde.

Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.