Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass die Dauer des Klageverfahrens S 35 AL 810/03 vor dem Sozialgericht München unangemessen war.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und der Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Klägerin eine Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens zusteht.

Am 03.07.2003 erhob die Klägerin durch ihren damaligen Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München (SG - S 35 AL 810/03). Sie begehrte die Aufhebung des Bescheides vom 17.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2003, mit dem sie aufgefordert worden war, sich zu einer ärztlichen Untersuchung einzufinden. Das SG wies die Klage - die es mit Beschluss vom 06.03.2007 mit den ähnlich gelagerten Verfahren S 35 AL 811/03, S 35 AL 1127/03 und S 35 AL 1263/03 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte - mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2008 ab. Die Aufforderungen hätten sich durch Verstreichen des jeweiligen Termins erledigt.

Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe nicht.

Hiergegen legte die Klägerin am 14.05.2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht ein (LSG - L 9 AL 113/08). Am 17.11.2008 bat das Gericht die Klägerin um Mitteilung, ob sie an einem Erörterungstermin im Dezember 2008 teilnehmen würde. Die Klägerin erwiderte, für sie komme nur ein Erörterungstermin in Frage, bei dem die damalige Beklagte nicht vertreten sei. Am 20.05.2010 führte das Gericht eine mündliche Verhandlung durch und wies die Berufung zurück. Das Urteil wurde am 06.10.2010 versandt.

Die Klägerin beantragte anschließend beim BSG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 29.12.2010 abgelehnt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen (B 11 AL 82/10 B).

Bereits am 31.07.2009 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Dauer des hier gerügten bzw. in Bezug genommenen Verfahrens beim SG eine Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt. Die Beschwerde wurde am 15.02.2012 erledigt.

Mit einem Schriftsatz vom 15.01.2012, der an das SG München gerichtet war, hat die Klägerin Entschädigungsklage erhoben. Das Schreiben wurde formlos an das Bayer. LSG abgegeben und als Klage erfasst. Mit Schreiben vom 25.01.2012, eingegangen am 27.01.2012, hat sie sich in dieser Angelegenheit direkt an das LSG gewandt. Den Ausführungen der Klägerin lässt sich entnehmen, dass sie die Dauer des Verfahrens in erster und zweiter Instanz für unangemessen hält. In ihrem Antrag in der mündlichen Verhandlung am 23.05.2014 hat die Klägerin sich bezüglich der ersten Instanz ausdrücklich auf das Verfahren S 35 AL 810/03 beschränkt; die hinzuverbundenen Verfahren hat sie nicht gesondert genannt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten wegen Überlänge der Verfahren S 35 AL 810/03 und L 9 AL 113/08 zu verurteilen, eine Entschädigung von 4.500,00 Euro zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, die Verfahrensdauer sei nicht unangemessen gewesen. Das Berufungsverfahren habe bis zur Urteilsverkündung lediglich 2 Jahre gedauert. Auch habe die Klägerin das Verfahren dadurch verzögert, dass sie einen Erörterungstermin im Dezember 2008 abgelehnt habe, weil sie nur an einem Termin teilnehme, an dem die Beklagte nicht vertreten sei. Auch die Vertagung des für den 17.09.2009 festgelegten Termins auf Antrag der Klägerin sei dem Beklagten nicht zuzurechnen. Möglichen Verzögerungen beim SG München sei entgegenzuhalten, dass die Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin sehr gering gewesen sei.

Einen materiellen Nachteil habe die Klägerin nicht erlitten; einen immateriellen Nachteil habe sie nicht substantiiert behauptet. Im Übrigen könne die Wiedergutmachung auch durch Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer bewirkt werden.

Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 07.12.2012 Prozesskostenhilfe bewilligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten S 35 AL 810/03 (SG München), L 9 AL 113/08 und L 8 SF 22/12 EK (Bayer. LSG) verwiesen.

Gründe

Der Senat durfte in seiner im Geschäftsverteilungsplan A des Bayer. Landessozialgerichts für das Jahr 2014 festgelegten Besetzung über die Entschädigungsklage entscheiden. Den zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 23.05.2014 von der Klägerin gestellten „Antrag auf Befangenheit gegen den Vorsitzenden, die Beigeordneten und die Schöffen“ hat der Senat in der mündlichen Verhandlung durch Beschluss nach geheimer Beratung als unzulässig abgewiesen. Das Ablehnungsgesuch war nämlich damit begründet worden, dass der Senat den wahren Sachverhalt nicht zur Kenntnis nehme, nicht einmal ansatzweise wisse, was sich in den Arbeitsämtern heutzutage zutrage, und sich unrealistisch verhalte. Diese Ausführungen enthalten keinen nachvollziehbaren Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit. Es handelt sich um unsubstantiierte Vorhaltungen, die zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet sind (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 60 Rn. 10b). Auch an der Entscheidung über die Befangenheitsanträge durften die abgelehnten Richter mitwirken, weil die Ablehnungsgesuche unzulässig sind und jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist (Keller, a. a. O., Rn. 10d).

Für die Entscheidung über die Klage ist das LSG zuständig. Nach § 200 Satz 1 GVG haftet das Land für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten des Landes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen ein Land ist nach § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 Satz 2 SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das LSG tritt.

Der Freistaat Bayern wird im vorliegenden Verfahren durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle München - als allgemeine Vertretungsbehörde vertreten (§ 7 Satz 1 VertrV). Einer der in §§ 7a ff. VertrV speziell geregelten Fälle liegt nicht vor.

Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch wegen der nach ihrer Rechtsauffassung unangemessenen Dauer der Verfahren S 35 AL 810/03 vor dem SG München und L 9 AL 113/08 vor dem Bayer. LSG.

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft. Aus § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug entsprechend anzuwenden sind, ergibt sich i. V. m. § 202 Satz 2 SGG, dass auch für Verfahren vor dem LSG die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen sind. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Klägerin macht angesichts der Regelung des § 198 GVG geltend, dass sie auf die begehrte Entschädigungszahlung, eine Leistung i. S. des § 54 Abs. 5 SGG, einen Rechtsanspruch habe.

Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen. Die Klage wurde auch formgerecht erhoben. Die Frist des Art. 23 Satz 6 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) wurde eingehalten; die Klage wurde beim LSG mit dem am 27.01.2012 eingegangenen Schreiben vom 25.01.2012 und damit vor dem Stichtag 03.06.2012 erhoben.

Zweifel an der Klagebefugnis bestehen nicht. Der Kläger begehrt Entschädigung nach §§ 198 ff. GVG. Die Anwendung dieser Vorschriften ist nicht von vornherein ausgeschlossen, da Art 23 Satz 1 ÜGG eine Geltung für „Altfälle“ wie das zugrunde liegende Verfahren eröffnet (vgl. BSG, Beschluss vom 27.06.2013, B 10 ÜG 9/13 B, Rn. 21 ff.). Die Klägerin hat auch geltend gemacht, dass eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig sei.

Keine Zulässigkeitsvoraussetzungen sind die (rechtzeitige) Erhebung einer Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 GVG und die Einhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG (vgl. im Einzelnen Urteil des Senats vom 20.06.2013, L 8 SF 134/12 EK). Diese Vorschriften sind im vorliegenden Fall allerdings ohnehin nicht anzuwenden, weil das Verfahren bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen war (§ 23 Satz 5 ÜGG).

2. Bezüglich des erstinstanzlichen Klageverfahrens S 35 AL 810/03 ist die Klage nur begründet, soweit die Klägerin die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer begehrt.

Gegenstand der Entschädigungsklage sind nach dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nur das genannte Klageverfahren und das Berufungsverfahren (zu diesem siehe unter 3.). Die ähnlich gelagerten Verfahren S 35 AL 811/03, S 35 AL 1127/03 und S 35 AL 1263/03, die durch Beschluss des SG vom 06.03.2007 nach § 113 Abs. 1 SGG mit dem o. g. Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, hat die Klägerin nicht in ihre Entschädigungsklage einbezogen. Dies ergibt sich aus ihrer Antragstellung in der mündlichen Verhandlung am 23.05.2014. Im Übrigen haben die hinzuverbundenen Verfahren nicht länger gedauert als das Verfahren S 35 AL 810/03, weil sie gleichzeitig bzw. später beim SG anhängig gemacht worden sind.

Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG i. d. F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) maßgebend. Nach Art. 23 Satz 1 ÜGG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten (gemäß Art. 24 ÜGG am 03.12.2011) bereits anhängig waren, sowie - wie vorliegend - für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist (s. u.) oder noch werden kann.

Das Verfahren S 35 AL 810/03 /L 9 AL 113/08 war bei Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 bereits abgeschlossen. Maßgeblich für den Abschluss eines Verfahrens im Sinne des ÜGG ist der Eintritt der Rechtskraft (§ 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG). Die Rechtskraft des Urteils vom 20.05.2010 (L 9 AL 113/08) war mit der Ablehnung des PKH-Antrags und der Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG am 29.12.2010 eingetreten (§ 160a Abs. 4 Satz 3 SGG).

Das Verfahren war bei Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 Gegenstand einer anhängigen Beschwerde beim EGMR (Az. 38064/09). Der EGMR hat dem Senat mit Schreiben vom 29.08.2012 mitgeteilt, dass die Klägerin bereits am 31.07.2009 eine solche Beschwerde erhoben habe. Diese sei erst am 15.02.2012 erledigt worden. An der Richtigkeit dieser Auskunft hat der Senat keine Zweifel. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die am 31.07.2009 zum EGMR erhobene Beschwerde ausweislich des zitierten Schreibens des EGMR nur das erstinstanzliche Verfahren betraf, obwohl die Klägerin bereits am 14.05.2008 Berufung erhoben hatte. Dies hindert jedoch die Zulässigkeit der Entschädigungsklage auch hinsichtlich des Berufungsverfahrens nicht, weil das Verfahren nach § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss als Einheit zu betrachten ist. Die Klägerin hat die Beschwerde - was im Rahmen des Art. 23 Satz 1 ÜGG erforderlich sein dürfte (vgl. etwa BSG, Beschluss vom 27.06.2013, B 10 ÜG 1/13 B, Rn. 13 m. w. N.; so auch BGH, Urteil vom 11.07.2013, III ZR 361/12) - unter Beachtung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art 35 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erhoben. Zwar hat sie die Beschwerde entgegen Art. 35 Abs. 1 EMRK bereits am 31.07.2009 und damit vor Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs erhoben. Da die Beschwerde aber bei Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Berufungsverfahren L 9 AL 113/08 noch anhängig war, ist sie zu diesem Zeitpunkt zulässig geworden. Damit hat die Klägerin auch die in Art. 35 Abs. 1 EMRK bestimmte Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung eingehalten. Die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung einer Beschwerde beim EGMR (BGH, a. a. O., Rn. 11 m. w. N.).

Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird zwar angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung (jedoch) nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 Satz 2 GVG).

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch setzt voraus,

- dass eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens vorliegt (a),

- dass die Klägerin als Verfahrensbeteiligte einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten hat (b),

- dass nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG nicht ausreichend ist (c) - und dass der geforderte Betrag als Entschädigung angemessen ist (d).

Vorliegend war der Klägerin eine Entschädigung nicht zuzubilligen, weil zwar die unter a) und b) genannten Voraussetzungen vorliegen, es jedoch an der unter c) genannten Voraussetzung fehlt.

a) Die Dauer des Klageverfahrens S 35 AL 810/03 war mit 58 Monaten von der Klageerhebung bis zur Versendung des die Instanz beendenden Gerichtsbescheides unangemessen.

aa) § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG bestimmt, dass sich die „Angemessenheit der Verfahrensdauer“ nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und der Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter, richtet. Damit hat der Gesetzgeber von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen, weil eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, nicht möglich ist. Dies hat auch das BSG in seinem Beschluss vom 16.12.2013 (B 10 ÜG 13/13 B) hervorgehoben. Der Gesetzgeber benennt hingegen nur beispielhaft ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit einer Verfahrensdauer besonders bedeutsam sind. Derartige Umstände reichen jedoch für die Anwendung des Begriffs der „unangemessenen Verfahrensdauer“ (§ 198 Abs. 1 Satz 1 GVG) nicht aus. Vielmehr sind diese Umstände in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen, der sich aus folgenden Erwägungen ergibt:

Haftungsgrund für den gesetzlich begründeten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer ist die Verletzung des in Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit. § 198 Abs. 1 GVG knüpft für die Bestimmung der (Un)Angemessenheit inhaltlich an die Maßstäbe an, die EGMR und BVerfG für die Beurteilung der Verfahrensdauer entwickelt haben (BSG, Urteil vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 KL, Rn. 25 m. w. N.). Die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs gemäß § 198 GVG an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG (i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verdeutlicht, dass es darauf ankommt, ob der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht beeinträchtigt worden ist. Damit wird eine gewisse Schwere der Belastung von vornherein vorausgesetzt. Es reicht also nicht jede Abweichung vom Optimum, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, a. a. O., Rn. 26).

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) und auch zu dem Ziel einer inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidungen steht. Auch das spricht dagegen, bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer eine enge zeitliche Grenze zu ziehen (BSG, a. a. O., Rn. 27 m. w. N.).

Die Dauer eines Verfahrens ist in hohem Maße von dem Verhältnis abhängig, in dem die Zahl der von Rechtsuchenden betriebenen Verfahren zu den persönlichen und sächlichen Mitteln des jeweils zuständigen Gerichts steht. Dabei reicht es aus, dass dieses Verhältnis angemessen ist. Der Staat ist jedenfalls nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängig gemachte Verfahren sofort und ausschließlich von einem Richter bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat. Die Entscheidung darüber, wann in einzelnen Verfahren Verfahrenshandlungen vorgenommen werden, obliegt in erster Linie dem mit einer Sache befassten Gericht im Rahmen des Ermessens bei der Verfahrensführung, das ihm durch die anzuwendende Prozessordnung eingeräumt wird (Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 129). Insofern ist dem Rechtsuchenden eine gewisse Wartezeit zuzumuten. Im Hinblick darauf kann es von Bedeutung sein, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt werden. Die betreffenden statistischen Zahlen sind allerdings daraufhin zu prüfen, ob sie eine im Durchschnitt überlange Verfahrensdauer widerspiegeln. Ist das nicht der Fall, so können diese Zahlen einen hilfreichen Maßstab bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines konkreten Verfahrens bieten. Entscheidend sind dabei allerdings die Umstände des Einzelfalls (BSG, a. a. O., Rn. 28 m. w. N.).

bb) Dafür, dass die Dauer des Klageverfahrens S 35 AL 810/03 vor dem SG mit 58 Monaten im konkreten Fall unangemessen war, spricht bereits ein Vergleich mit den wesentlich niedrigeren statistischen Durchschnittswerten.

Der Klägerin ist zuzubilligen, dass das genannte Verfahren, gemessen an den Werten, die das Statistische Bundesamt in Fachserie 10 Reihe 2.7 veröffentlicht hat und die allgemein zugänglich sind, überlang war. Den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes lässt sich entnehmen, dass Klageverfahren vor den Sozialgerichten, die 2008 durch Gerichtsbescheid erledigt wurden, im Bundesdurchschnitt (ohne Bayern) 17,4 Monate gedauert haben. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für Klageverfahren im Fachgebiet Arbeitslosenversicherung (nicht nach Erledigungsart differenziert) lag im Bundesdurchschnitt (ohne Bayern) bei 16,7 Monaten.

Die Frage, ob bereits diese statistischen Zahlen eine im Durchschnitt überlange Verfahrensdauer widerspiegeln, spielt keine Rolle, wenn - wie hier - eine erhebliche Überschreitung der statistischen Werte vorliegt.

Die konkreten Umstände des Einzelfalles können die Länge des Verfahrens jedenfalls nicht in vollem Umfang erklären. Für den Anspruch auf Feststellung (s. u. unter c)) genügt insoweit, dass zwischen dem 30.09.2003 und dem 17.02.2004 sowie zwischen dem 12.09.2005 und dem 19.04.2006 kein verfahrensrelevanter Schriftverkehr angefallen ist. In diesen Zeiträumen hat jedenfalls das Verhalten der Beteiligten oder Dritter die Verzögerungen nicht (mit-)verursacht. Das Gericht hatte in diesen Zeiträumen insbesondere keine Stellungnahmen, Gutachten oder Befundberichte angefordert oder angemahnt.

Auch die Schwierigkeit des Verfahrens kann die Verfahrensdauer von 58 Monaten nicht rechtfertigen. Der Senat orientiert sich insoweit an der Sicht des SG, wie sie den Akten und insbesondere dem Gerichtsbescheid vom 17.04.2008 zu entnehmen ist. Dabei prüft der Senat nicht, ob das SG die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt hat. Denn es steht dem Entschädigungsgericht nicht zu, wie ein Rechtsmittelgericht zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu kommen und entsprechende Feststellungen zu treffen. Eine Entschädigungsklage ist kein Rechtsmittel gegen die im zugrunde liegenden Verfahren getroffene Entscheidung; eine inhaltliche Überprüfung ist nicht zulässig. Eine Entschädigung darf dementsprechend z. B. nicht mit der Begründung zugesprochen werden, das Entschädigungsgericht halte eine bestimmte, vom primär zuständigen Gericht durchgeführte Beweiserhebung für unbehelflich oder eine von diesem ausführlich erörterte Rechtsfrage für nicht entscheidungserheblich und deshalb sei eine wesentlich schnellere Erledigung geboten gewesen. Umgekehrt darf eine Entschädigungsklage nicht mit der Begründung (teilweise) abgewiesen werden, das Entschädigungsgericht sei der Auffassung, das primär zuständige Gericht sei in seiner Entscheidung auf wesentliche Probleme nicht eingegangen und eine angemessene Bearbeitungszeit für diese Probleme sei zu berücksichtigen.

Maßstab für die Schwierigkeit des Verfahrens ist also deren Einschätzung durch das SG. Danach war die Sach- und Rechtslage wenig komplex. Insbesondere lag weder ein schwieriger Sachverhalt vor (Beispiele bei Ott, a. a. O., Rn. 104) noch waren schwierige Rechtsfragen zu klären (Beispiele bei Ott, a. a. O., Rn. 105) oder umfangreiche Ermittlungen durchzuführen (Beispiele bei Ott, a. a. O., Rn. 106). Das SG hat keine Ermittlungen angestellt und die Klage mit knapper Begründung abgewiesen. Eine Rechtfertigung für eine überdurchschnittliche Bearbeitungsdauer lässt sich daraus nicht ableiten.

Auch die geringe Bedeutung des Rechtsstreits für die Klägerin (dazu näher unten) vermag eine derart lange Bearbeitungsdauer nicht zu rechtfertigen.

Eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Umständen des Einzelfalls kann unterbleiben, weil der Senat lediglich ausspricht, dass die Verfahrensdauer unangemessen war (siehe unten) und das Gericht in diesem Fall Zeitraum oder Zeitdauer der Überlänge nicht genau beziffern muss (Ott, a. a. O., § 198 GVG Rn. 165).

b) Die Klägerin hat durch die unangemessene Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens S 35 AL 810/03 einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten. Dies wird nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet; Anhaltspunkte dafür, dass die Vermutung im konkreten Fall widerlegt sein könnte, sind nicht ersichtlich.

c) Eine Entschädigung in Geld steht der Klägerin jedoch nicht zu, weil nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, kann beispielsweise in Verfahren ausreichen, die für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatten (BSG, Urteil vom 21.02.2013, B 10 ÜG 2/12 KL, Rn. 45 unter Hinweis u. a. auf die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 17/3802, S. 20 sowie - nach Verkündung des vorliegenden Urteils - BSG, Urteil vom 10.07.2014, B 10 ÜG 8/13 R, zitiert nach dem Terminbericht des BSG Nr. 30/14). So liegt es hier.

Ausschlaggebend ist, dass die Klägerin von dem im Klageverfahren vor dem SG angegriffenen Bescheid nach dem Verstreichen des dort genannten Termins im Sommer 2003 nicht mehr nachteilig betroffen war. Sie hatte weder wirtschaftliche Nachteile in Kauf zu nehmen noch war sie weiterhin zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet. Auch indirekte Folgen waren nicht eingetreten; insbesondere war eine Säumniszeit im Sinne von § 145 SGB III - gegen die im Übrigen gesonderte Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestanden hätten - nicht festgestellt worden.

Auch als Fortsetzungsfeststellungsklage hatte das Verfahren für die Klägerin nur geringe Bedeutung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Bundesanstalt für Arbeit mit einem Schreiben vom 18.09.2003, das die Klägerin dem SG vorgelegt hat, für verschiedene Fehler im Zusammenhang mit der psychologischen Einschätzung der Klägerin entschuldigt und zugesagt hat, einen entsprechenden Ergebnisbericht zurückzuziehen und nicht weiter zu verwenden. Weiteren Schreiben der Klägerin ist zu entnehmen, dass sie nach diesem Entschuldigungsschreiben keine Aufforderungen der im Verfahren S 35 AL 810/03 streitigen Art mehr erhalten hat. Mit einer Amtshaftungsklage aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung keinen Erfolg, so dass auch insoweit die Bedeutung einer Fortsetzungsfeststellungsklage zwar nicht völlig fehlt, aber als gering einzustufen ist.

d) Ausführungen zur Höhe der Entschädigungssumme sind nicht erforderlich, weil der Senat eine solche nicht zuspricht.

3. Bezüglich des Berufungsverfahrens L 9 AL 113/08 ist die Klage unbegründet.

Die Dauer des Berufungsverfahrens vor dem LSG war mit 29 Monaten insbesondere unter Berücksichtigung des Verhaltens der Klägerin und der Bedeutung des Verfahrens noch angemessen.

Nach den statistischen Berichten des Bayer. Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung über die Tätigkeit der Sozialgerichte war ein im Kalenderjahr 2010 beim Bayer. Landessozialgericht durch Urteil erledigtes Berufungsverfahren durchschnittlich 22,5 Monate anhängig; ein durch Urteil erledigtes Berufungsverfahren im Fachgebiet Arbeitslosenversicherung 33,8 Monate.

Den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 10 Reihe 2.7) lässt sich entnehmen, dass Berufungsverfahren vor den Landessozialgerichten, die 2010 durch Urteil erledigt wurden, im Bundesdurchschnitt 22,0 Monate gedauert haben. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für Berufungsverfahren im Fachgebiet Arbeitslosenversicherung (nicht nach Erledigungsart differenziert) lag im Bundesdurchschnitt bei 21,0 Monaten.

Diese Zahlen zeigen zwar, dass das Berufungsverfahren L 9 AL 113/08 überdurchschnittlich lang war. Auf den Referenzwert von 33,8 Monaten für durch Urteil erledigte Berufungsverfahren im Fachgebiet Arbeitslosenversicherung in Bayern stellt der Senat nicht ab, denn der Vergleich mit den übrigen Zahlen - sowohl aus Bayern als auch aus dem gesamten Bundesgebiet - legt es nahe, dass hier bereits eine im Durchschnitt überlange Verfahrensdauer im Sinne eines „Systemfehlers“ (vgl. BSG, Urteil vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 KL, Rn. 32) abgebildet wird.

Allerdings ist die Dauer des Verfahrens zu einem wesentlichen Teil dem Verhalten der Klägerin geschuldet, für das der Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden kann. Das LSG beabsichtigte die Durchführung eines Erörterungstermins im Dezember 2008, also etwa 6 Monate nach Eingang der Berufung. Damit wurde der Versuch unternommen, das Berufungsverfahren - gerade auch im Hinblick auf die lange Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens - möglichst zügig zu einem Abschluss zu bringen. Die Klägerin hat sich dem jedoch verweigert, indem sie mitgeteilt hat, sie sei nur an einem Erörterungstermin interessiert, an dem die Bundesagentur für Arbeit - die Beklagte im Berufungsverfahren - nicht teilnehme. Als Reaktion darauf hat das LSG auf die Durchführung eines Erörterungstermins verzichtet.

Zwar steht nicht fest, dass das Verfahren in einem Erörterungstermin beendet worden wäre; dies wäre nur durch eine unstreitige Erledigung möglich gewesen. Jedenfalls aber hätte das Verfahren in einem Erörterungstermin gefördert werden können, weil der Berichterstatter im Rechtsgespräch mit den Beteiligten etwaige aus seiner Sicht bestehende Zweifelsfragen zügig hätte klären können. Dies hätte zur Überzeugung des Senats mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Erledigung durch Urteil in höchstens 22 Monaten geführt, was einer durchschnittlichen Dauer des Berufungsverfahrens entsprochen hätte (s.o.). In jedem Fall ist das LSG mit seinem Vorschlag, im Dezember 2008 einen Erörterungstermin durchzuführen, seiner Verpflichtung zu besonderer Beschleunigung unter Berücksichtigung der langen Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens nachgekommen.

Auch war die Bedeutung des Berufungsverfahrens für die Klägerin gering. Auf die Ausführungen unter 2. c) wird insoweit Bezug genommen.

Damit war nur festzustellen, dass die Dauer des Klageverfahrens S 35 AL 810/03 vor dem Sozialgericht München unangemessen war. Im Übrigen - insbesondere, soweit die Klägerin eine Entschädigung begehrte - war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG, § 201 Abs. 4 GVG und entspricht dem Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Mai 2014 - L 8 SF 22/12 EK

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Mai 2014 - L 8 SF 22/12 EK

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Mai 2014 - L 8 SF 22/12 EK zitiert 20 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 198


(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 202


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 201


(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 97


(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen. (2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Ge

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 145 Minderung der Leistungsfähigkeit


(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch eine Person, die allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil sie wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Bes

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 200


Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, haftet das Land. Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind, haftet der Bund. Für Staatsanwaltschaften und Finan

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 113


(1) Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligter zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreit

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Mai 2014 - L 8 SF 22/12 EK zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Mai 2014 - L 8 SF 22/12 EK zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2013 - III ZR 361/12

bei uns veröffentlicht am 11.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 361/12 Verkündet am: 11. Juli 2013 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ÜGRG § 23 Satz

Bundessozialgericht Beschluss, 29. Dez. 2010 - B 11 AL 82/10 B

bei uns veröffentlicht am 29.12.2010

Tenor Der Antrag der Klägerin, ihr für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2010 - L 9 AL 113/08 - Prozesskostenhilfe zu b
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Mai 2014 - L 8 SF 22/12 EK.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2015 - L 8 SF 128/12 EK

bei uns veröffentlicht am 16.12.2015

Tenor I. Der Beklagte hat 157,71 € als materiellen Schaden an den Kläger zu zahlen. Der Anspruch ist ab 1. Juni 2012 mit 5% Punkte über dem Basiszinssatz zu verzinsen. II. Es wird festgestellt, dass die Dauer des Kos

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Feb. 2015 - L 8 SF 353/13 EK

bei uns veröffentlicht am 19.02.2015

Tenor I. Der Beklagte hat dem Kläger 1.500 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Verfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatb

Landessozialgericht NRW Urteil, 17. Feb. 2016 - L 11 SF 86/16 EK SB

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt Entschädigung wegen Staatshaftung nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Er macht eine unangem

Landessozialgericht NRW Urteil, 17. Feb. 2016 - L 11 SF 85/16 EK SB

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt Entschädigung wegen Staatshaftung nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Er macht eine unangem

Referenzen

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2010 - L 9 AL 113/08 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt S., M., beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz, § 114 Zivilprozessordnung). Die Beschwerde erfüllt nicht die gesetzlichen Voraussetzungen.

2

Die Beschwerde ist unzulässig. Denn der als ausschließlicher Zulassungsgrund geltend gemachte Verfahrensmangel ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise bezeichnet.

3

Zur Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), sind die den Mangel (angeblich) begründenden Tatsachen substanziiert und schlüssig darzutun (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; SozR 3-1500 § 73 Nr 10; stRspr). Das Bundessozialgericht (BSG) muss allein anhand der Begründung darüber entscheiden können, ob ein die Revisionsinstanz eröffnender Verfahrensmangel in Betracht kommt (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 4).

4

Den genannten Anforderungen wird die vorgelegte Beschwerdebegründung vom 18.10.2010 nicht gerecht.

5

Die Beschwerdeführerin rügt als Verfahrensmangel und absoluten Revisionsgrund, entgegen § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) iVm § 61 SGG sei die Öffentlichkeit während der Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht hergestellt worden. Im Einzelnen trägt sie vor: Ihr Prozessbevollmächtigter sei am Tag der mündlichen Verhandlung am Zutritt der Gerichtsräume gehindert worden. Der Pförtner habe ihm gegenüber erklärt, dass er die Tür zu dem Bereich, in dem sich die Sitzungssäle befinden, nur dann öffnen werde, wenn dieser ihm eine Ladung vorlege, aus der sich ergebe, dass er tatsächlich ein Beteiligter in einem der laufenden Verfahren sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Pförtner nicht nur gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigen derartige Erklärungen abgebe, sondern gegenüber jedem. Dementsprechend sei die Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen. Diese Tatsache habe ihr Prozessbevollmächtigter auch bei dem Vorsitzenden Richter zu Beginn der mündlichen Verhandlung mit Übergabe "beiliegenden Schriftsatz(es)" geltend gemacht. Bereits in der Vergangenheit sei, als ihr Prozessbevollmächtigter zu einem Termin vor dem LSG habe gehen wollen, jeder Besucher aufgefordert worden, eine entsprechende Ladung vorzulegen und nur bei Vorlage sei die Tür zu den Gerichtssälen geöffnet worden. Nachdem es "unserer Kenntnis nach" bereits in der Vergangenheit Beschwerden hierüber gegeben habe, sei dem Gericht bekannt gewesen, dass eine Teilnahme unbeteiligter Dritter aus der Öffentlichkeit iS von § 61 SGG iVm § 169 GVG unmöglich gemacht werde. Die Verletzung dieser Vorschriften ergebe sich aus "beiliegender eidesstattlicher Versicherung".

6

Die dem Senat vorgelegte eidesstattliche Versicherung, die nach der Angabe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin von diesem am 22.7.2010 um 15.55 Uhr aufgezeichnet worden ist, enthält Angaben zu einem Termin vom 22.7.2010 (Az "L 9 AL 127/09 sowie L 9 AL 112/08").

7

Mit dieser Schilderung der Umstände hat die Beschwerdeführerin keinen Verfahrensfehler bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Denn auch wenn ihr Vortrag als wahr unterstellt wird, ergibt sich hieraus kein im streitgegenständlichen Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde erheblicher Verfahrensmangel. Der Vortrag lässt weder hinreichend erkennen, ob für die interessierte Öffentlichkeit der Zutritt zur Verhandlung am 20.5.2010 beschränkt war, noch enthält er ein schlüssiges Vorbringen über die Kenntnis des Gerichts von den geschilderten Umständen. Eine Verletzung des § 169 Satz 1 GVG liegt indes nur dann vor, wenn die Beschränkung oder der Ausschluss der Öffentlichkeit mit Wissen und Wollen des Vorsitzenden oder des Gerichts geschieht(vgl BSG, Beschluss vom 28.4.2004 - B 6 KA 107/03 B; BFH, Beschluss vom 30.11.2009 - I B 111/09, jeweils mwN). Abgesehen davon, dass es sich bei dem Vortrag der Beschwerdeführerin, es müsse davon ausgegangen werden, dass der Pförtner nicht nur von ihrem Prozessbevollmächtigten, sondern von jedem die Vorlage einer Ladung verlange, lediglich um eine Schlussfolgerung ihrerseits handelt, fehlt es an der Schlüssigkeit des Vortrags, sie habe "diese Tatsache" auch bei dem Vorsitzenden Richter zu Beginn der mündlichen Verhandlung "mit Übergabe beiliegenden Schriftsatz(es)" geltend gemacht. Der Beschwerdebegründung vom 18.10.2010 war allein die von ihrem Prozessbevollmächtigten unterschriebene eidesstattliche Versicherung beigefügt, die am 22.7.2010 um 15.55 Uhr aufgezeichnet worden ist. Die Beschwerdeführerin hat indes nicht dargelegt und kann auch nicht darlegen, das diese einen anderen Termin betreffende eidesstattliche Versicherung bereits im Termin am 20.5.2010 dem Vorsitzenden übergeben worden ist. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, selbst anhand der Gerichtsakten herauszufinden, ob möglicherweise ein Verfahrensverstoß vorliegen könnte. Vielmehr muss die Beschwerdebegründung durch schlüssige und aus sich heraus nachvollziehbare Darlegungen den (angeblichen) Verfahrensmangel bezeichnen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; stRspr).

8

Schließlich lässt sich die von der Beschwerdeführerin behauptete Kenntnis des Gerichts über die angebliche Beschränkung der Öffentlichkeit auch nicht schlüssig dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung entnehmen, nach "unserer Kenntnis" sei es bereits in der Vergangenheit zu Beschwerden hinsichtlich des ungehinderten Zugangs unbeteiligter Dritter gekommen. Denn auch aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, dass tatsächlich aktuell bezogen auf den Termin vom 20.5.2010 eine Beschränkung der Öffentlichkeit bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem LSG stattgefunden hat und das Gericht hierüber in diesem Termin informiert gewesen ist. Vielmehr erschöpft sich der Vortrag in einer Schlussfolgerung und Vermutung der Beschwerdeführerin. Dies genügt den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Begründungsanforderungen nicht.

9

Die von der Klägerin selbst verfassten Schreiben können schon wegen des vor dem BSG bestehenden Vertretungszwangs (§ 73 Abs 4 SGG) nicht berücksichtigt werden.

10

Die somit unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1, § 169 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, haftet das Land. Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind, haftet der Bund. Für Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden in Fällen des § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligter zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang stehen oder von vornherein in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

(2) Die Verbindung kann, wenn es zweckmäßig ist, auf Antrag oder von Amts wegen wieder aufgehoben werden.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 361/12
Verkündet am:
11. Juli 2013
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ÜGRG § 23 Satz 1; GVG §§ 198 ff; MRK Art. 35 Abs. 1
Ist zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über den Rechtsschutz bei
überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
(ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) hinsichtlich eines bereits
abgeschlossenen (überlangen) Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte eine Individualbeschwerde des Betroffenen anhängig, so
kommt nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des § 23 Satz 1 ÜGRG eine
Entschädigung gemäß §§ 198, 199 GVG nur dann in Betracht, wenn die Beschwerde
in zulässiger Weise erhoben worden, also insbesondere die
Sechs-Monats-Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK gewahrt worden ist.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2013 - III ZR 361/12 - OLG Celle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann
, Wöstmann, Hucke und Mayer

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 24. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen der aus seiner Sicht unangemessen langen Dauer eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung von mindestens 5.000 € in An- spruch. Das Verfahren wurde aufgrund einer Strafanzeige von der Staatsanwaltschaft H. wegen Betrugs am 14. April 1994 eingeleitet und am 13. August 2002 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Wegen der Länge dieses Ermittlungsverfahrens erhob der Kläger im Jahr 2006 eine Amtshaftungsklage gegen das beklagte Land, die mit Berufungsentscheidung vom 29. Dezember 2010 rechtskräftig abgewiesen wurde. Dagegen wandte er sich mit einer Ver- fassungsbeschwerde, die vom Bundesverfassungsgericht mit am 13. Mai2011 zugestellten Beschluss nicht zur Entscheidung angenommen wurde.
2
Der Kläger reichte am 11. November 2011 eine Individualbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) ein und rügte die Verletzung seiner Rechte aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK wegen der Dauer des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens. Am 1. Juni 2012 erhob er, gestützt auf §§ 198, 199 GVG, gegen das beklagte Land Klage auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Der EGMR erklärte seine Beschwerde unter dem 19. Juli 2012 für unzulässig und verwies den Kläger auf die Notwendigkeit der Ausschöpfung des mit dem am 3. Dezember 2011 in Kraft getretenen Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geschaffenen Rechtsbehelfs.
3
Das Oberlandesgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Mit der von der Vorinstanz zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision des Klägers ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

I.


5
Das Oberlandesgericht hat einen Entschädigungsanspruch des Klägers aus § 199 Abs. 1 GVG i.V.m. § 198 GVG verneint: Zwar komme ein solcher Anspruch nach Art. 23 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auch für zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 3. Dezember 2011 bereits abgeschlossene Verfahren , hier das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger, in Betracht. Nach dem Sinn und Zweck dieser Übergangsregelung seien jedoch nur solche bereits beendeten Verfahren von dem Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst, deren Dauer zu diesem Zeitpunkt Gegenstand einer zulässig erhobenen Beschwerde beim EGMR gewesen sei oder noch habe werden können. Dies sei vorliegend nicht der Fall, denn der Kläger habe wegen der Dauer des bereits im Jahr 2002 abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens erst am 11. November 2011 eine Beschwerde erhoben, die aber wegen offensichtlicher Nichteinhaltung der Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK (sechs Monate nach Abschluss des beanstandeten Verfahrens) unzulässig und deshalb ohne Aussicht auf Erfolg gewesen sei. Der Gesetzgeber habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass gerade im Hinblick auf diese Frist das beanstandete Verfahren nicht länger als sechs Monate vor Geltung des neuen Entschädigungsgesetzes abgeschlossen gewesen sein dürfe. Entgegen der Auffassung des Klägers stelle vorliegend die Beendigung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens im Jahr 2002 den maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Frist für eine derartige Beschwerde dar, nicht aber die rechtskräftige Abweisung seiner Amtshaftungsklage und die Entscheidung über die von ihm erhobene Verfassungsbeschwerde.

II.


6
Dies hält den Angriffen der Revision stand. Die Entschädigungsklage ist zu Recht abgewiesen worden. Denn die auf eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer gerichteten Vorschriften des § 199 Abs. 1 in Verbindung mit § 198 GVG finden im Streitfall keine Anwendung.
7
Das gegen den Kläger gerichtete Ermittlungsverfahren war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2011 bereits beendet. Ein Entschädigungsanspruch kommt bei vor dem Tag des Inkrafttretens bereits abgeschlossenen Verfahren nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art. 23 ÜGRG erfüllt sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
8
1. Das gegen den Kläger geführte Ermittlungsverfahren war bereits im Jahr 2002 mit der Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO abgeschlossen. Zwar entfaltet die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO keine Sperrwirkung und ein Strafklageverbrauch tritt nicht ein, so dass die Wiederaufnahme der Ermittlungen sowie die Erhebung der öffentlichen Klage bis zum Eintritt der Verjährung möglich bleiben. Der maßgebliche Zeitraum auch für die Berechnung der Dauer des Verfahrens ist jedoch beendet, wenn nicht länger angenommen werden kann, dass der Beschuldigte ernsthaft betroffen ist, wie dies bei der Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO der Fall ist (vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 196, 197).
9
2. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 ÜGRG finden die verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Regelungen der §§ 198 bis 201 GVG auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 bereits anhängig waren, sowie bei solchen abgeschlossenen Verfahren, deren Dauer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist oder noch werden kann. Die Voraussetzungen dieser Übergangsbestimmung sind im Streitfall nicht erfüllt, weil die beim EGMR eingelegte Beschwerde die Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK nicht gewahrt hat.
10
a) Der Kläger hatte zwar am 11. November 2011 und damit noch kurz vor Inkrafttreten des Entschädigungsgesetzes eine auf die Dauer des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens gerichtete Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhoben. Auch wenn damit eine Beschwerde formal anhängig gewesen ist, war sie jedoch offensichtlich verfristet und hatte deshalb auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des neuen Entschädigungsgesetzes keine Aussicht auf Erfolg. Denn das Verfahren, das Gegenstand der Beschwerde war und wegen dessen Dauer der Kläger nunmehr Entschädigung verlangt, war länger als sechs Monate vor Eingang der Beschwerde abgeschlossen. Nach Art. 35 Abs. 1 EMRK kann sich der EGMR mit einer Beschwerde nur befassen, wenn sie innerhalb dieser mit der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung beginnenden Frist eingelegt worden ist. Der Gerichtshof ist dabei an diese Frist gebunden und kann davon nicht absehen (vgl. Leitfaden des EGMR zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde 2011, S. 20 Nr. 69).
11
aa) Die Frist beginnt mit Zustellung der oderKenntnisnahmemöglichkeit von der die Rechtswegerschöpfung als weiterer Voraussetzung des Art. 35 Abs. 1 EMRK begründenden letztinstanzlichen Entscheidung (EGMR, NVwZ 1999, 1325 Rn. 30). Außerordentliche oder verfassungsrechtliche Rechtsbehelfe hat der Beschwerdeführer grundsätzlich einzulegen; allerdings muss er nur die Rechtsbehelfe ausschöpfen, die sich auf die gerügten Rechtsverstöße beziehen und zugleich verfügbar, angemessen und wirksam sind (vgl. EGMR, NVwZ 2013, 47 Rn. 35). Zwar konnte vor Inkrafttreten der §§ 198 ff GVG in laufenden Strafverfahren die überlange Verfahrensdauer grundsätzlich mit einer Verfassungsbeschwerde beanstandet werden. Nach Abschluss des Verfahrens kam jedoch eine solche Möglichkeit nicht mehr in Betracht. Insbesondere konnte (auch) auf dem Wege einer Verfassungsbeschwerde eine angemessene Wiedergutmachung für die Verletzung des Gebots der angemessenen Frist in keinem Falle erreicht werden (vgl. EGMR, NJW 2006, 2389 Rn. 105 f sowie EGMR, Urteil vom 13. November 2008, Individualbeschwerde Nr. 26073/03, Rn. 57, 59; Meyer-Ladewig, aaO, Art. 13 Rn. 35).
12
bb) Zu Recht hat das Oberlandesgericht weiter angenommen, dass es für die Einhaltung der Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK und die Frage der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des vom Kläger angestrengten Amtshaftungsprozesses nebst der sich anschließenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ankommt. Ein Amtshaftungsprozess zählt nicht zu den vor einer Individualbeschwerde auszuschöpfenden Rechtsbehelfen. Der Amtshaftungsanspruch erfasst zwar auch Fälle pflichtwidriger Verzögerung eines Rechtsstreits oder Ermittlungsverfahrens und gewährt insofern einen Anspruch auf Schadensersatz. Wegen der Beschränkung auf schuldhafte Verzögerungen und der Ausklammerung von Nichtvermögensschäden genügt dieser Anspruch aber nicht den Anforderungen an einen kompensatorischen Rechtsbehelf (vgl. BT-Drucks. 17/3802 S. 1 f, 15; Meyer-Ladewig aaO Art. 13 Rn. 42).
13
Mithin stand dem Kläger nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens kein tauglicher Rechtsbehelf gegen die Dauer des Verfahrens zur Verfügung. Abzustellen ist für die Fristberechnung deshalb allein auf die Verfahrenseinstellung.
14
b) Die bloße (formale) Erhebung einer Beschwerde bei dem EGMR reicht aber nicht aus, um nach §§ 198, 199 GVG in Verbindung mit Art. 23 ÜGRG einen Entschädigungsanspruch für die lange Dauer abgeschlossener Verfahren zu begründen; vielmehr muss die Beschwerde innerhalb der Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK eingelegt worden sein.
15
aa) Auch wenn sich aus dem Wortlaut der Übergangsbestimmung des Art. 23 ÜGRG eine solche Einschränkung nicht ergibt, ist sie entgegen der Auffassung der Revision dem Sinn und Zweck dieser Regelung und dem gesetzgeberischen Willen zu entnehmen. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass nur bei solchen abgeschlossenen überlangen Verfahren eine Entschädigung nach Maßgabe der §§ 198 ff GVG in Betracht kommen soll, bei denen - bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes - eine nach Art. 35 Abs. 1 EMRK zulässige Beschwerde beim EGMR bereits erhoben wurde oder noch erhoben werden kann. Denn mit der Übergangsregelung sollen weitere Verurteilungen der Bundesrepublik Deutschland verhindert und der Gerichtshof entlastet werden. Dieser Zielsetzung würde es zuwiderlaufen, wenn mit der Einlegung verfristeter Individualbeschwerden der Weg für eine innerstaatliche Entschädigung wegen unangemessener Dauer bei längst abgeschlossenen - hier: mehr als neun Jahre - Verfahren geebnet werden könnte. Dass mit der von der Revision vertretenen Auffassung die gesetzgeberische Intention unterlaufen würde, wird auch daran deutlich, dass im Gesetzentwurf der Bundesregierung der ausdrückliche Hinweis enthalten ist, dass der Verfahrensabschluss nicht länger als sechs Monate zurückliegen darf, da die Beschwerdefrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK sechs Monate betrage (vgl. BT-Drucks. 17/3802 S. 31 zu Art. 22 des Entwurfs = Art. 23 ÜGRG). Diesem Zweck entsprechend sollen diejenigen Altverfahren aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen, bei denen eine Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland auch nach der vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Rechtslage durch den EGMR ausgeschlossen war, weil die Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK nicht eingehalten war. Art. 23 ÜGRG versteht sich daher unter Einbeziehung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. LAG Sachsen, Beschluss vom 7. Juni 2012 - 1 Oa 2/12, juris Rn. 7; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 21. November 2012 - L 2 SF 436/12 EK, juris Rn. 66 und vom 20. Februar 2013 - L 2 SF 1495/12 EK, BeckRS 2013, 67112 Rn. 37 f, 43; siehe auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 2. August 2012 - 23 SchH 5/12 EntV, juris, Rn. 3; BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL, BeckRS 2013, 69771, juris Rn. 12; LSG Hessen, NZS 2013, 472, 475 f Rn. 6; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 198 Rn. 57; Ott in SteinbeißWinkelmann /Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Art. 23 ÜGRG Rn. 7; Marx in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsund Ermittlungsverfahren, 2013, Art. 23 ÜGRG Rn. 2; Heine, MDR 2012, 327; Söhngen, NZS 2012, 493, 497; Wenner, Soziale Sicherheit 2012, 32, 35; a.A. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. November 2012 - L 10 SF 5/12 ÜG, juris Rn. 186, 187).
16
bb) Dieser Beurteilung steht der von der Revision in den Vordergrund gestellte Umstand nicht entgegen, dass die Übergangsregelung in der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs (vgl. BT-Drucks. 17/3802 S. 14, damals noch Art. 22) im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dahin ergänzt wur- de, dass die Klage für abgeschlossene Verfahren spätestens an dem Tag erhoben werden muss, der sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes liegt (BT-Drucks. 17/7217 S. 21, also am 3. Juni 2012, vgl. BGBl. 2011 I S. 2312). Damit sollte sichergestellt werden, dass bei Altverfahren für Betroffene ebenso wie im Fall des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG eine einheitliche Überlegungsfrist von sechs Monaten gilt, in der sie über die Erhebung einer Entschädigungsklage entscheiden können (vgl. BT-Drucks. 17/7217 S. 30, 31; Ott aaO Art. 23 ÜGRG Rn. 9). Keineswegs sollten damit die Voraussetzungen für die Erhebung einer Beschwerde vor dem EGMR als entbehrlich angesehen werden. Im Gegenteil belegt der Umstand, dass das angegebene Datum 3. Juni 2012 sechs Monate nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes liegt, dass der Gesetzgeber nach wie vor die Fristenregelung des Art. 35 Abs. 1 EMRK im Blick hatte. Dies wird darüber hinaus durch die in Art. 23 ÜGRG enthaltene weitere Voraussetzung bestätigt, wonach die Möglichkeit bestehen muss, eine Beschwerde noch anhängig zu machen; diese Möglichkeit besteht nur, soweit der Beschwerdeführer die Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK wahren kann.
17
cc) Die Richtigkeit der vom Senat vorgenommenen Auslegung des Art. 23 ÜGRG wird entgegen der Auffassung der Revision auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der EGMR die Beschwerde des Klägers wegen Nichterschöpfung des (neuen) innerstaatlichen Rechtsbehelfs für unzulässig erklärt und ihm mitgeteilt hat, er könne sich nach Abschluss eines solchen Verfahrens erneut mit einer Beschwerde an den Gerichtshof wenden. Dieser Umstand ist für die Auslegung der Übergangsvorschrift des Art. 23 ÜGRG ohne Aussagekraft. Insbesondere lässt die Entscheidung des EGMR nicht darauf schließen, dass sich der Gerichtshof mit dem Inhalt dieser Übergangsregelung und den darin vorgesehenen Einschränkungen sowie dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung näher befasst hat.
18
Seit der Entscheidung über die Individualbeschwerde Nr. 69789/01 (Brusco ./. Italien, ECHR 2001-IX) vom 6. September 2001 stellt der Gerichtshof in den Vordergrund, dass nach Einführung einer neuen innerstaatlichen Entschädigungsregelung diese zunächst geltend zu machen und auszuschöpfen sei. Dabei hat er für das deutsche Recht in der Individualbeschwerdesache Nr. 53126/09 vom 29. Mai 2012 (NVwZ aaO S. 48 Rn. 43) wie auch in verschiedenen anderen Verfahren (Entscheidungen vom 10. Juli 2012, Individualbeschwerden Nr. 27366/07 u.a. sowie 64208/11 u.a.) der Tatsache besondere Bedeutung beigemessen, dass der Beschwerdeführer nach dem neuen Entschädigungsgesetz berechtigt sei, seine Ansprüche gemäß den Übergangsbestimmungen zu diesem Gesetz vor den innerstaatlichen Gerichten geltend zu machen , und dies den Willen des Gesetzgebers widerspiegele, den Personen, die vor Inkrafttreten des Rechtsschutzgesetzes Beschwerde vor dem Gerichtshof erhoben hatten, auf innerstaatlicher Ebene Wiedergutmachung zu leisten. Diese allgemeinen Ausführungen erlauben jedoch nicht den Schluss, dass der EGMR bei diesen Entscheidungen die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 198 ff GVG und insbesondere des Art. 23 ÜGRG einer eingehenden Prüfung unterzogen hat. Dem steht schon entgegen, dass der Gerichtshof stets zum Ausdruck gebracht hat, dass es bei Einführung eines Rechtsbehelfs, mit dem eine Entschädigung verlangt werden kann, wichtig sei, dass die nationalen Instanzen als erste und ohne Verzögerung solche Anträge prüften, weil sie besser in der Lage seien, den für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt festzustellen und die Höhe der Entschädigung zu berechnen (NVwZ aaO).
19
Der an den Kläger gerichtete Hinweis des EGMR vermag daher keinen Aufschluss darüber zu geben, ob die §§ 198, 199 GVG nach der Übergangsregelung des Art. 23 ÜGRG auch im Falle einer Versäumung der Sechs-MonatsFrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK zum Zuge kommen können.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Mayer

Vorinstanz:
OLG Celle, Entscheidung vom 24.10.2012 - 23 SchH 10/12 -

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch eine Person, die allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil sie wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Die Feststellung, ob eine verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, trifft der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Kann sich die leistungsgeminderte Person wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht persönlich arbeitslos melden, so kann die Meldung durch eine Vertreterin oder einen Vertreter erfolgen. Die leistungsgeminderte Person hat sich unverzüglich persönlich bei der Agentur für Arbeit zu melden, sobald der Grund für die Verhinderung entfallen ist.

(2) Die Agentur für Arbeit hat die leistungsgeminderte Person unverzüglich aufzufordern, innerhalb eines Monats einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen. Stellt sie diesen Antrag fristgemäß, so gilt er im Zeitpunkt des Antrags auf Arbeitslosengeld als gestellt. Stellt die leistungsgeminderte Person den Antrag nicht, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom Tag nach Ablauf der Frist an bis zum Tag, an dem sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung stellt. Kommt die leistungsgeminderte Person ihren Mitwirkungspflichten gegenüber dem Träger der medizinischen Rehabilitation oder der Teilhabe am Arbeitsleben nicht nach, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Tag nach Unterlassen der Mitwirkung bis zu dem Tag, an dem die Mitwirkung nachgeholt wird. Satz 4 gilt entsprechend, wenn die leistungsgeminderte Person durch ihr Verhalten die Feststellung der Erwerbsminderung verhindert.

(3) Wird der leistungsgeminderten Person von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Maßnahme zur Rehabilitation Übergangsgeld oder eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt, steht der Bundesagentur ein Erstattungsanspruch entsprechend § 103 des Zehnten Buches zu. Hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Leistungen nach Satz 1 mit befreiender Wirkung an die leistungsgeminderte Person oder einen Dritten gezahlt, hat die Empfängerin oder der Empfänger des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.