Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13

bei uns veröffentlicht am10.04.2014

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juli 2013 - 17 Sa 2620/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und Ansprüche aus Annahmeverzug.

2

Der Kläger ist algerischer Herkunft. Er besitzt die algerische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Er beherrscht neben der deutschen die arabische und die französische Sprache und wohnt in Berlin. Die Beklagte ist die Demokratische Volksrepublik Algerien. Sie beschäftigt in ihrer Berliner Botschaft regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer, darunter den Kläger. Dieser ist dort seit September 2002 auf der Grundlage eines in französischer Sprache verfassten Arbeitsvertrags als einer von drei Kraftfahrern tätig. Ihm obliegt es, Gäste und Mitarbeiter zu fahren sowie Post der Botschaft zu befördern. Diplomatenpost wird von einem weiteren Mitarbeiter der Botschaft entgegengenommen und weitergeleitet. Der Arbeitsvertrag sieht für Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten die Zuständigkeit der algerischen Gerichte vor und weist den Kläger der deutschen Sozialversicherung zu. Seine Steuern führt der Kläger in Deutschland ab.

3

Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er in diesem Jahr an 37 Tagen krankheitsbedingt gefehlt habe. Sie erteilte ihm am 13. Juli 2006 eine Abmahnung wegen respektlosen Verhaltens gegenüber dem Botschafter. Am 30. März und 20. Juli 2007 mahnte sie ihn wegen erneuter krankheitsbedingter Fehlzeiten und am 31. Mai 2007 wegen verspäteten Abholens eines Diplomaten ab. Mit Schreiben vom 29. August 2007 kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2007.

4

Mit seiner am 9. September 2007 beim Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten am 8. Februar 2008 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat gemeint, die deutsche Gerichtsbarkeit sei gegeben. Als Kraftfahrer sei er nicht hoheitlich tätig geworden. Die deutschen Gerichte seien auch international zuständig. Die anderslautende arbeitsvertragliche Vereinbarung stehe dem nicht entgegen. Materiell finde deutsches Recht Anwendung. Danach sei die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt. Ihm stehe überdies Vergütung aus Annahmeverzug für die Monate November 2007 bis Juli 2012 abzüglich von der Agentur für Arbeit erhaltener Leistungen zu.

5

Er hat - soweit für die Revision noch von Belang - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 29. August 2007 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.459,56 Euro brutto abzüglich 10.781,40 Euro netto und weitere 78.197,22 Euro brutto zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Klage für unzulässig gehalten. Die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Die Tätigkeit des Klägers sei hoheitlicher Natur gewesen. Sie habe ihn aufgrund seiner Kenntnisse der arabischen, französischen und deutschen Sprache bei Besuchen von offiziellen Delegationen aus der Heimat als Fahrer eingesetzt. Da die Delegationen nicht über einen eigenen Dolmetscher verfügt hätten, habe der Kläger diese Funktion übernehmen müssen. Überdies habe er vertretungsweise auch den Botschafter befördert. International seien aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung die algerischen Gerichte zuständig. Materiell finde das algerische Arbeitsrecht Anwendung. Dieses sehe bei einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst eine Wiedereinstellung selbst nach erfolgloser Kündigung nicht vor. Der Kläger könne deshalb auch keine Vergütung aus Annahmeverzug fordern.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet.

9

A. Die Revision ist entgegen der Ansicht des Klägers zulässig.

10

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den vermeintlichen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Sie muss dazu eine Auseinandersetzung mit den tragenden Argumenten des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 120/12 - Rn. 17; 27. September 2012 - 2 AZR 811/11 - Rn. 12). Bei mehreren Streitgegenständen muss im Fall einer unbeschränkt eingelegten Revision für jeden von ihnen eine solche Begründung gegeben werden. Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt. In diesem Fall ist mit der Begründung der Revision gegen die Entscheidung über den einen Streitgegenstand zugleich dargelegt, dass auch die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 15; 27. September 2012 - 2 AZR 811/11 - aaO).

11

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Die Beklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts.

12

1. Bezogen auf die Entscheidung über den Feststellungsantrag macht sie geltend, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht deutsches Kündigungsschutzrecht angewandt. Es habe die engere Verbindung des Arbeitsverhältnisses zum algerischen Staat verkannt. Nach algerischem Recht sei das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung aufgelöst. Mit dieser Rüge hat die Beklagte die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in ausreichender Weise in Frage gestellt.

13

2. Es kann dahinstehen, ob sich die Beklagte auch mit den Gründen der Entscheidung über die Zahlungsanträge hinreichend auseinandergesetzt hat. Die Entscheidung über die Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug hängt von der Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab. Erwiese sich diese als unrichtig, wäre also die Kündigung wirksam, wäre damit zugleich die Entscheidung über die Zahlungsansprüche hinfällig.

14

B. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht für zulässig und begründet gehalten.

15

I. Die Klage ist zulässig.

16

1. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist gegeben.

17

a) Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, wie ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, dass ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüft (vgl. BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 20; 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - Rn. 34, BVerfGE 117, 141; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 13; 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 14).

18

aa) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach dem rechtlichen Charakter des konkreten staatlichen Handelns oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt oder wie eine Privatperson tätig geworden ist. Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis, ist maßgebend, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind. Entscheidend sind der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 14; 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 16 mwN) sowie ihr - bestehender oder nicht bestehender - Zusammenhang mit den diplomatischen und konsularischen Aufgaben (vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 13).

19

bb) Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht am Sitz des entscheidenden Gerichts vorzunehmen (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 22; 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 ua. - Rn. 139, BVerfGE 64, 1). Ungeachtet seiner ist stets hoheitlich nur das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Zu ihm gehören die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - aaO; 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76 - Rn. 121, BVerfGE 46, 342; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 15; 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 15).

20

b) Danach ist die Beklagte im Streitfall nicht von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Der Kläger nimmt keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

21

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts oblag es dem Kläger, Gäste und Mitarbeiter der Botschaft zu fahren. Er hatte ferner Post zu befördern. Diplomatenpost wurde hingegen nicht von ihm, sondern von einem anderen Mitarbeiter übermittelt. Zugunsten der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unterstellt, der Kläger sei bei Besuchen offizieller Delegationen aus Algerien als Fahrer eingesetzt worden und habe dabei Dolmetscheraufgaben übernehmen müssen.

22

bb) Auf dieser Grundlage hat das Landesarbeitsgericht mit Recht angenommen, die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten wiesen keinen funktionellen Zusammenhang mit den diplomatischen und konsularischen Aufgaben der Botschaft auf. Der Transport von Personen und Post hat nicht den erforderlichen Bezug zum hoheitlichen Bereich. Der Kläger fuhr Delegationen, in der Regel dagegen nicht den Botschafter. Diplomatenpost hat er nicht befördert. Der als richtig unterstellte Vortrag der Beklagten weist keine Anhaltspunkte dafür auf, dass die Dolmetschertätigkeit des Klägers über die Beseitigung allgemeiner Verständigungsprobleme hinausging und etwa in Zusammenhang mit der Pflege politischer, kultureller, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Beziehungen stand, oder doch zumindest der Anbahnung solcher Gesprächskontakte diente. Überdies ist nicht zu erkennen, dass der Kläger die behaupteten Dolmetschertätigkeiten in einem nennenswerten, über vereinzelte Gelegenheiten hinausgehenden Umfang wahrgenommen hätte. Dass die Tätigkeit des Klägers gleichwohl das Vertrauen der Beklagten in seine Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit voraussetzt, begründet nicht die hoheitliche Natur seiner Aufgaben.

23

2. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.

24

a) Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer vor den Gerichten des Mitgliedstaats verklagt werden, in dem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. Gesellschaften und juristische Personen haben ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet (Art. 60 Abs. 1 EuGVVO). Hat der Arbeitgeber im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Mitgliedstaat etwa eine Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hätte (Art. 18 Abs. 2 EuGVVO). Streiten die Parteien eines Rechtsstreits über einen Arbeitsvertrag, den die Botschaft im Namen des Entsendestaats geschlossen hat, handelt es sich bei der Botschaft um eine „Niederlassung“ iSv. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO, wenn die vom Arbeitnehmer verrichteten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen (EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia]).

25

b) Danach sind im Streitfall die deutschen Gerichte zuständig. Die Botschaft der Beklagten in Berlin ist eine Niederlassung iSv. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO. Die Parteien streiten über den Bestand eines zwischen dem Kläger und der Botschaft geschlossenen Arbeitsverhältnisses und über sich daraus ergebende Ansprüche. Der Kläger nimmt keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

26

3. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist durch die Parteien vertraglich nicht wirksam abbedungen worden. Ihre Gerichtsstandsvereinbarung ist gemäß Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam.

27

a) Eine Gerichtsstandsvereinbarung läuft iSv. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO den Regelungen in Art. 21 EuGVVO zuwider, wenn sie von Vorschriften des 5. Abschnitts der EuGVVO abweicht und nicht nach Entstehung des Rechtsstreits getroffen worden ist (Art. 21 Nr. 1 EuGVVO) oder nicht die Befugnis einräumt, andere als im 5. Abschnitt angeführte Gerichte anzurufen (Art. 21 Nr. 2 EuGVVO). Diese Befugnis ist dahin zu verstehen, dass sie Gerichtsstände begründen muss, die zu den in Art. 18 und Art. 19 der EuGVVO vorgesehenen Gerichtsständen noch hinzukommen. Eine vor Entstehung der Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung darf für einen Arbeitnehmer nicht den Ausschluss der in der EuGVVO vorgesehenen Gerichtsstände bewirken, sondern kann lediglich die Befugnis begründen oder erweitern, unter mehreren zuständigen Gerichten zu wählen (EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 62; BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 481/11 - Rn. 32).

28

b) Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien wurde vor Entstehung der Streitigkeit getroffen und weicht von den Vorschriften des 5. Abschnitts der EuGVVO ab. Die Zuständigkeit der algerischen Gerichte konnte deshalb allenfalls zusätzlich zu der der deutschen Gerichte vereinbart werden. Eine Derogation von deren sich aus Art. 18, Art. 19 EuGVVO ergebenden Zuständigkeit war nicht wirksam möglich.

29

II. Die Klage ist begründet.

30

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 29. August 2007 nicht aufgelöst worden.

31

a) Die Wirksamkeit der Kündigung ist nach deutschem materiellen Recht zu beurteilen.

32

aa) Die Bestimmung des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren materiellen Rechts richtet sich nach Art. 27 ff. EGBGB (aF). Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) findet gemäß ihrem Art. 28 auf den Streitfall noch keine Anwendung. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen.

33

bb) Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB (aF) unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich erfolgen. Sie kann sich mittelbar aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falls ergeben. Bei Arbeitsverträgen können etwa Gerichtsstandsklauseln, vertragliche Bezugnahmen auf ein bestimmtes Recht oder die Vereinbarung eines für beide Parteien gemeinsamen Erfüllungsorts Hinweise auf die getroffene Wahl geben (vgl. BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 25; 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 28).

34

cc) Gemäß Art. 30 Abs. 1 EGBGB (aF) darf die Rechtswahl der Parteien bei Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des gemäß Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 EGBGB (aF) ohne Rechtswahl anwendbaren Rechts gewährt wird. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass dem Arbeitnehmer als der typischerweise sozial und wirtschaftlich schwächeren Partei durch die Rechtswahl nicht der Mindestschutz „seines“ Rechts entzogen wird (BT-Drs. 10/504 S. 81). Diese Anwendung zwingender Bestimmungen setzt voraus, dass sie zu günstigeren Ergebnissen führt als das gewählte Recht (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu III 2 c der Gründe, BAGE 71, 297; 24. August 1989 - 2 AZR 3/89 - zu A II 3 a bb der Gründe, BAGE 63, 17). Dafür ist ein Günstigkeitsvergleich durchzuführen. Die zwingenden Bestimmungen des nach Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 EGBGB (aF) maßgebenden Rechts sind den entsprechenden Regelungen der gewählten Rechtsordnung gegenüberzustellen (BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 52, BAGE 125, 24). Bieten letztere keinen vergleichbaren Schutz, sind die nach Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 EGBGB (aF) einschlägigen Vorschriften anzuwenden. Etwas anderes gilt gemäß Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB (aF) nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis nach der Gesamtheit der Umstände engere Verbindungen „zu einem anderen Staat“ aufweist.

35

dd) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, zwar hätten die Parteien im Streitfall konkludent die Anwendung algerischen Rechts vereinbart, die Wirksamkeit der Kündigung sei jedoch an den Bestimmungen des deutschen Kündigungsschutzgesetzes zu messen. Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts folgt aus Art. 30 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB (aF). Das algerische Recht enthält keine dem deutschen Kündigungsrecht gleichwertigen Schutzvorschriften. Das Arbeitsverhältnis weist auch keine engeren Verbindungen zur Beklagten auf.

36

(1) Das Landesarbeitsgericht durfte von einer stillschweigenden Wahl des algerischen Rechts ausgehen. Schon die Vereinbarung, es sollten die algerischen Gerichte für die Beilegung von Streitigkeiten zuständig sein, ist ein gewichtiger Hinweis darauf, dass die Parteien auch algerisches Recht zur Anwendung bringen wollten. Es ist nicht anzunehmen, dass sie gewollt haben, die algerischen Gerichte sollten nach deutschem materiellen Recht entscheiden. Damit hätten sie sich um den Vorteil einer mit dem anzuwendenden Recht in jeder Hinsicht vertrauten Gerichtsbarkeit gebracht. Hinzu kommt, dass Vertragssprache das Französische ist und der Kläger im öffentlichen Dienst der Beklagten beschäftigt wurde (vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 29). Demgegenüber kommt dem Arbeitsort in Deutschland und der Vergütung in Euro für die Rechtswahl wenig Bedeutung zu. Das gleiche gilt für den Umstand, dass der Kläger der deutschen Sozialversicherung unterlag und die Steuerschuld in Deutschland anfiel. Dies betrifft nicht den arbeitsrechtlichen Kern des vertraglichen Pflichtengefüges (BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - aaO).

37

(2) Trotz der von den Parteien getroffenen Wahl des algerischen Rechts ist die Wirksamkeit der Kündigung nach dem deutschen Kündigungsschutzgesetz zu beurteilen.

38

(a) Die Vorschriften der §§ 1 bis 14 KSchG sind nicht schon wegen Art. 34 EGBGB (aF) anzuwenden. Sie stellen keine „Eingriffsnormen“ im Sinne dieser Bestimmung dar (BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 31; 24. August 1989 - 2 AZR 3/89 - zu A II 6 c der Gründe, BAGE 63, 17).

39

(b) Die Anwendbarkeit der §§ 1 bis 14 KSchG folgt aus Art. 30 Abs. 1 EGBGB (aF). Sie sind „zwingende Bestimmungen“ im Sinne der Regelung. „Zwingende Bestimmungen“ sind solche, die vertraglich nicht abbedungen werden können und dem Schutz des Arbeitnehmers dienen (Staudinger/Magnus Art. 30 EGBGB Rn. 72; Schlachter NZA 2000, 57, 60). Das trifft auf die §§ 1 bis 14 KSchG zu(vgl. BAG 24. August 1989 - 2 AZR 3/89 - zu A II 3 a aa der Gründe, BAGE 63, 17; Staudinger/Magnus Art. 30 EGBGB Rn. 79).

40

(c) Die Vorschriften der §§ 1 bis 14 KSchG wären auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar, wenn diese eine Rechtswahl nicht getroffen hätten. Ohne Rechtswahl unterliegen Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse nach Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 1 EGBGB (aF) dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Der Erfüllungsort liegt im Streitfall in Deutschland. Dies gilt auch, soweit der Kläger seine Arbeitsleistung auf dem Botschaftsgelände erbringt. Das Botschaftsgelände eines ausländischen Staates als solches ist nicht exterritorial (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 113, 327; 10. Mai 1962 - 2 AZR 397/61 - zu II der Gründe, BAGE 13, 121).

41

(d) Das deutsche Recht als Regelstatut wird im Streitfall nicht gemäß Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB (aF) verdrängt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien weist keine engeren Verbindungen zu Algerien als zu Deutschland auf. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

42

(aa) Es kann dahinstehen, ob der Begriff der „engeren Verbindungen“ revisionsrechtlich in vollem Umfang oder nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 627/02 - zu II 3 d der Gründe; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu III 4 c cc der Gründe, BAGE 71, 297). Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand.

43

(bb) Für die Beantwortung der Frage, ob „engere Verbindungen“ zu einem anderen Staat im Sinne der Ausnahmeregelung vorliegen, ist nach dem Gesetzeswortlaut auf die „Gesamtheit der Umstände“ abzustellen. Dabei ist nicht allein die Anzahl der für eine Verbindung zu dem einen oder dem anderen Staat sprechenden Kriterien maßgebend. Es ist vielmehr eine Gewichtung der Anknüpfungsmomente vorzunehmen. Wesentliches Kriterium ist in diesem Zusammenhang der Ort, an welchem der Arbeitnehmer seine Steuern und Abgaben entrichtet und der Sozialversicherung angeschlossen ist (vgl. zu Art. 6 Abs. 2 EVÜ, welcher der Vorschrift des Art. 30 EGBGB (aF) zugrunde liegt: EuGH 12. September 2013 - C-64/12 - [Schlecker] Rn. 41). Daneben sind der Arbeitsort, der Sitz des Arbeitgebers, die Staatsangehörigkeit der Vertragsparteien, der Wohnsitz des Arbeitnehmers ua. zu berücksichtigen (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 50, BAGE 125, 24; 11. Dezember 2003 - 2 AZR 627/02 - zu II 3 c der Gründe). Vertragsimmanente Gesichtspunkte wie die Vertragssprache, die Währung, in der die Vergütung gezahlt wird, oder die Bezugnahme auf Rechtsvorschriften eines bestimmten Staates haben nachrangige Bedeutung. Andernfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, das vom Gesetzgeber vorgesehene Günstigkeitsprinzip durch die Vertragsgestaltung und entsprechende Abreden zu unterlaufen. Eine solche Disposition über den zwingenden Arbeitnehmerschutz soll Art. 30 Abs. 1 EGBGB (aF) gerade verhindern(Thüsing BB 2003, 898, 900). In seinem Rahmen kommt es auf davon unabhängige, objektive Umstände an (BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 627/02 - aaO; Thüsing aaO). Sollen die Einzelumstände auf die engere Verbindung zu einem anderen Staat verweisen, müssen sie insgesamt das Gewicht der Regelanknüpfung deutlich übersteigen (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 627/02 - aaO; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu III 4 c aa der Gründe, BAGE 71, 297).

44

(cc) Danach begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis der Parteien weise keine engere Verbindung zu Algerien als zu Deutschland auf, keinen rechtlichen Bedenken. Die vorrangig zu berücksichtigenden Kriterien bestärken die Regelanknüpfung an das deutsche Recht. Die Parteien haben den Arbeitsvertrag in Deutschland geschlossen. Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Berlin und erbrachte die vertraglich geschuldete Tätigkeit ausschließlich in Deutschland. Seine Vergütung wurde in Euro gezahlt. Er unterlag dem deutschen Sozialversicherungsrecht und führte seine Steuern in Deutschland ab. Neben der algerischen besitzt er auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Zwar ergibt sich aus seiner Herkunft sowie aus dem Umstand, dass er im öffentlichen Dienst der Botschaft der Beklagten beschäftigt und der Arbeitsvertrag in französischer Sprache verfasst wurde, eine Verbindung auch zum algerischen Staat. Diese Gesichtspunkte überwiegen aber die für die Verbindung mit Deutschland sprechenden und der Regelanknüpfung zugrunde liegenden Aspekte nicht.

45

(e) Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes gewährleisten einen weitergehenden Schutz gegen die Beendigung von Arbeitsverhältnissen als das algerische Recht.

46

(aa) Die Frage, welche der in Betracht kommenden Rechtsordnungen für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthält, ist eine Rechtsfrage, die objektiv und nach dem Maßstab des Gesetzes zu beantworten ist (Schlachter NZA 2000, 57, 61). Dazu ist ein Sachgruppenvergleich vorzunehmen (Staudinger/Magnus Art. 30 EGBGB Rn. 84; MünchKommBGB/Martiny 4. Aufl. Art. 30 EGBGB Rn. 40; Schlachter aaO). Zu vergleichen sind die in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der fraglichen Rechtsordnungen. Die Günstigkeit anhand eines Vergleichs je einzelner Normen zu bestimmen, ist nicht sachgerecht. Dies könnte dazu führen, dass der Arbeitnehmer durch eine Kombination einzelner Vorschriften der jeweiligen Rechtsordnung einen Schutzstandard erlangt, der über demjenigen liegt, den die betroffenen Rechtsordnungen tatsächlich gewähren (Soergel/von Hoffmann 12. Aufl. Art. 30 EGBGB Rn. 32; Thüsing BB 2003, 898, 899; Schlachter aaO; Birk RdA 1989, 201, 206). Eine solche Besserstellung entspricht nicht dem Schutzzweck der Norm. Auch ein abstrakter „Gesamtvergleich“ der Rechtsordnungen ohne Rücksicht auf die zu beurteilende Sachfrage würde dem Sinn und Zweck von Art. 30 Abs. 1 EGBGB (aF) nicht gerecht. Dieser besteht darin, dem Arbeitnehmer im Einzelfall den ihm nach dem Regelstatut zustehenden Schutz zu erhalten. Dem Arbeitnehmer wäre nicht gedient, wenn das gewählte Recht zwar „alles in allem“ das günstigere wäre, sich für den konkreten Streitgegenstand aber als unvorteilhafter erwiese (MünchKommBGB/Martiny 4. Aufl. Art. 30 EGBGB Rn. 40).

47

(bb) Ist ein Vergleich des von den jeweiligen Rechtsordnungen gewährleisteten Kündigungsschutzes vorzunehmen, sind die Anforderungen an das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, die Kündigungsfrist, die Möglichkeit des Arbeitnehmers, im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung den Erhalt seines Arbeitsplatzes und eine Weiterbeschäftigung zu erreichen, sowie mögliche Kompensationen für den Verlust des Arbeitsplatzes in den Blick zu nehmen. Dabei kommt es auf die Ergebnisse einer Anwendung der jeweiligen Rechtsordnung auf den fraglichen Streitgegenstand an (zu Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO: Deinert Internationales Arbeitsrecht § 9 Rn. 59; MünchKommBGB/Martiny 4. Aufl. Art. 30 EGBGB Rn. 40; Markovska RdA 2007, 352, 355). Sieht das Recht eines Staates für verschiedene Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche Regelungen vor, sind diejenigen Vorschriften mit dem Recht des anderen Staates zu vergleichen, die auf den betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden. Im Streitfall ist danach der Kündigungsschutz eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst der Beklagten demjenigen gegenüberzustellen, den ein Arbeitnehmer erfährt, auf dessen Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

48

(cc) Der Vergleich ist mit Blick auf die vom Landesarbeitsgericht ermittelten Vorschriften des algerischen Rechts durchzuführen. Zwar handelt es sich bei ihnen nicht um „Tatsachen“, sondern um das anzuwendende (ausländische) Recht. Das Revisionsgericht darf deshalb auch ohne eine formelle Verfahrensrüge weitergehende Ermittlungen anstellen (BAG 10. April 1975 - 2 AZR 128/74 - zu IV 2 der Gründe, BAGE 27, 99; GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 2; GK-ArbGG/Mikosch § 73 Rn. 16). Dies ist jedoch nur dann geboten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die Rechtslage nach dem ausländischen Recht anders darstellt, als vom Landesarbeitsgericht vorausgesetzt (BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 119; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu VI der Gründe, BAGE 71, 297). Im Streitfall hat die Revision eine unzureichende oder fehlerhafte Feststellung des algerischen Rechts nicht gerügt. Sie ist auch objektiv nicht erkennbar.

49

(dd) Das algerische Recht unterscheidet zwischen den Beamten (fonctionnaires) und den „Vertragsbediensteten“ (agents contractuels). Für die Gruppe der Vertragsbediensteten, zu der der Kläger gehört, gilt das nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf den Streitfall anzuwendende Präsidentendekret Nr. 07-308 vom 29. September 2007. Gemäß Art. 69 des Dekrets kann das Arbeitsverhältnis durch den Ablauf des Vertrags, die ordnungsgemäße akzeptierte Eigenkündigung des Arbeitnehmers, die fristlose Kündigung, die fristgerechte Entlassung mit Abfindung, die Versetzung in den Ruhestand und den Tod des Bediensteten enden. Im Falle der Vertragspflichtverletzung, einer Verletzung der Disziplin oder eines sonstigen Fehlers kann es zu einer Disziplinarmaßnahme kommen. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hat keine Möglichkeit, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Für ihn ist auch ein gesetzlicher Abfindungsanspruch nicht vorgesehen. Damit gewährleistet das algerische Recht jedenfalls für einen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes keinen Kündigungsschutz, der dem aus §§ 1 bis 14 KSchG folgenden Schutz gleichwertig wäre. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn das algerische Recht für den Verlust des Arbeitsplatzes auch im öffentlichen Dienst die Zahlung einer Abfindung vorsähe - wie dies im privaten Wirtschaftsbereich der Fall ist -, bedarf keiner Entscheidung.

50

b) Die Kündigung vom 29. August 2007 ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG unwirksam.

51

aa) Die Kündigung gilt nicht gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam. Der Kläger hat die vorliegende Klage rechtzeitig iSv. § 4 Satz 1 KSchG, § 167 ZPO erhoben.

52

(1) Der Begriff „demnächst“ in § 167 ZPO kennt keine absolute zeitliche Grenze. Ob davon die Rede sein kann, die Zustellung der Klage sei „demnächst“ erfolgt, ist durch eine wertende Betrachtung der entsprechenden Umstände festzustellen (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 35). Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsbetrieb dürfen nicht zu Lasten des Klägers gehen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 394/11 - Rn. 31, BAGE 143, 50; BGH 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - Rn. 6). Dies gilt auch bei mehrmonatigen Aufschüben (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 394/11 - aaO; BGH 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - aaO mwN).

53

(2) Die vom Kläger am 9. September 2007 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage ist der Beklagten über ihren Prozessbevollmächtigten am 8. Februar 2008 zugestellt worden. Dies war trotz der fünfmonatigen Verzögerung noch „demnächst“ iSv. § 167 ZPO. Der Aufschub ist auf die Sachbearbeitung durch das Arbeitsgericht zurückzuführen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte im Rahmen der vom Kläger schon zuvor erhobenen Zahlungsklage mit einem Schriftsatz, der am 5. September 2007 bei Gericht einging, angezeigt, dass er die Beklagte vertrete. Gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO hätte die Zustellung an ihn erfolgen können. Dass dies - nach dem abgebrochenen Versuch einer Auslandszustellung - erst mehrere Monate später geschah, ist vom Kläger nicht zu vertreten.

54

bb) Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, sie sei weder durch Gründe im Verhalten noch durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Die Beklagte habe weder substantiiert dargelegt, dass der Kläger seine Pflichten überhaupt verletzt habe, noch habe sie aufgezeigt, dass dies nach dem Zugang einschlägiger Abmahnungen geschehen sei. Soweit sie die Kündigung auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers gestützt habe, fehle es neben der Darlegung der genauen Zeiträume an der Darstellung der sich aus ihnen ergebenden betrieblichen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen. Die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist ihnen nicht entgegengetreten.

55

2. Der Zahlungsanspruch ist berechtigt. Der Kläger hat Anspruch auf seine Vergütung für die Monate November 2007 bis Juli 2012 abzüglich der von der Agentur für Arbeit erbrachten Leistungen. Der Anspruch ergibt sich - auch - aus dem von den Parteien gewählten algerischen Recht.

56

a) Ist der vom Arbeitnehmer geltend gemachte Anspruch bereits nach dem gewählten Recht in vollem Umfang begründet, kann ihm das objektiv geltende Vertragsstatut keine günstigere Position verschaffen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob es sich bei den Regelungen über die Vergütung aus Annahmeverzug nach § 615 BGB um zwingendes Recht iSv. Art. 30 Abs. 1 EGBGB (aF) handelt.

57

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gilt im algerischen Recht zwar der Grundsatz, dass dem Arbeitnehmer ohne Arbeitsleistung kein Entgeltanspruch zusteht. Gemäß Art. 37 des Präsidentendekrets 07-308 hat ein Vertragsbediensteter des algerischen Staates jedoch ein Recht auf Arbeitsbedingungen, die ihm den Erhalt seiner Würde, seiner Gesundheit sowie seiner geistigen und körperlichen Unversehrtheit ermöglichen. Nach den von keiner Partei beanstandeten Ausführungen des Sachverständigen hat der Arbeitnehmer danach ein Recht darauf, in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis auch tatsächlich beschäftigt zu werden. Wird dieser Anspruch vom Arbeitgeber nicht erfüllt, weil er die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt, besteht der Vergütungsanspruch fort.

58

c) Die darauf beruhende Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Zahlungsansprüche des Klägers seien nach algerischem Recht begründet, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

59

aa) Die Anwendung des algerischen Rechts durch das Landesarbeitsgericht kann vom Bundesarbeitsgericht nachgeprüft werden. § 73 ArbGG schließt die Revisibilität ausländischen Rechts nicht aus(BAG 10. April 1975 - 2 AZR 128/74 - zu IV 1 der Gründe, BAGE 27, 99 unter Aufgabe von BAG 20. Juli 1967 - 2 AZR 372/66 -). Dies steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Soweit dieser ausländisches Recht für nicht revisibel hält, beruht dies auf der Auslegung von § 545 Abs. 1 ZPO. Die Vorschrift ist aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte auch in ihrer seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung nicht mit § 73 ArbGG vergleichbar(BGH 4. Juli 2013 - V ZB 197/12 - Rn. 23, BGHZ 198, 14).

60

bb) Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis. Dieses ist nach dem insoweit anzuwendenden deutschen Recht nicht wirksam beendet worden. Welche Anforderungen an das Angebot der Arbeitsleistung nach algerischem Recht zu stellen sind, hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht abstrakt festgestellt. Es hat aber angenommen, die Zurückweisung der Kündigung mit Schreiben vom 3. September 2007 sei dafür ausreichend gewesen. Mit ihr habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht hinzunehmen bereit sei. Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass dies im Sinne des algerischen Rechts kein hinreichendes Leistungsangebot sei.

61

cc) Art. 185 der Verordnung 06-03 vom 15. Juli 2006, wonach die Beklagte einen Beamten auch bei Unwirksamkeit der Kündigung nicht weiter beschäftigen darf, steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Ungeachtet der Frage, ob die Vorschrift auf die Arbeitsverhältnisse von Vertragsbediensteten im öffentlichen Dienst entsprechend anwendbar ist, enthält sie keine Regelung zur Entgeltzahlung. Sie untersagt die tatsächliche Beschäftigung nach wirksamer oder unwirksamer Kündigung. Sie ist dem Normenkomplex des Kündigungsrechts zuzuordnen und findet im vorliegenden Zusammenhang keine Anwendung.

62

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Beckerle    

        

    A. Claes    

                 

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13

Referenzen - Gesetze

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13 zitiert 15 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 167 Rückwirkung der Zustellung


Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 551 Revisionsbegründung


(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen. (2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 7 Wirksamwerden der Kündigung


Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 172 Zustellung an Prozessbevollmächtigte


(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 25


Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 20


(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten. (2) Im übrigen erstreckt

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 73 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt werden. (2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2011 - V ZR 136/10

bei uns veröffentlicht am 11.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 136/10 Verkündet am: 11. Februar 2011 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2011 durch den V

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2013 - 5 AZR 78/12

bei uns veröffentlicht am 10.04.2013

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. November 2011 - 17 Sa 1066/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Dez. 2012 - 2 AZR 481/11

bei uns veröffentlicht am 20.12.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Dezember 2010 - 6 Sa 359/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 741/13.

Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 Sa 319/15

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

Tenor 1.              Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Januar 2015 - 20 Ca 497/14 - wird mit der den Urteilsausspruch zu 1. klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen.                             Die Klage wird a

Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Apr. 2015 - 7 Ca 6508/14

bei uns veröffentlicht am 02.04.2015

Tenor 1.Die Klage ist zulässig. 2.Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. 3.Der Streitwert wird auf 10.160,00 € festgesetzt. 1T a t b e s t a n d: 2Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältniss

Referenzen

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. November 2011 - 17 Sa 1066/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach einer Entgeltkürzung über Vergütungsdifferenzen für das Jahr 2010.

2

Die 1953 geborene Klägerin ist seit 1982 bei der beklagten Republik Griechenland bzw. dem vormaligen Schulträger als Lehrerin für das Fach Deutsch an der Griechischen Schule in B beschäftigt.

3

In dem in deutscher Sprache abgefassten Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1984 vereinbarten die Klägerin und die Griechische Gemeinde B, ein eingetragener Verein, ua.:

        

㤠2

        

Der/Die Lehrer/in wird in die Vergütungsgruppe BAT 3 zuzüglich Ortszuschlag DM widerruflicher Zulage eingestuft.

        

Bei einer Teilzeitbeschäftigung mit mindestens der Hälfte der für den/die Lehrer/in maßgebenden Pflichtstunden entspricht die Vergütung dem Anteil der nach diesem Vertrag zu erteilenden Unterrichtsstunden an der Pflichtstundenzahl.

        

§ 3

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und dessen Sonderregelungen nach Anlage 2 1 (SR 2 1 BAT) und Anlage 2 y (SR 2 y BAT) Anwendung.

        

…       

        

§ 5

        

Nebenabreden:

        

a)    

Kein 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld anteilig der Stundenzahl.

        

b)    

Urlaubsgewährung während der unterrichtsfreien Zeit.

        

c)    

Gemäß der Lehrertätigkeit müssen auch die Aufgaben mit übernommen werden, die nicht den Unterricht betreffen.“

4

Am 1. September 1992 schloss die Klägerin mit der Beklagten als nunmehriger Schulträgerin einen Arbeitsvertrag, der übersetzt auszugsweise lautet:

        

„Wir schreiten heute den 01.09.1992 zum Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem griechischen Generalkonsulat der Stadt D und Herrn/Frau N, geb. 1953 in Griechenland, wohnhaft in Deutschland an der Straße G, wie folgt:

        

1. Herr/Frau N wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 1992 - 1993 an der Schule Grundschule B fortsetzen, mit 20 Stunden wöchentlich im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

        

2. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer förmlichen Kündigung bedarf, wenn die Zweckmäßigkeit des Betriebs der Griechischen Schulen in Deutschland endet.

        

3. Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

        

4. Der/die Angestellte wird nach 1.13/53 der Sammlung der Schulvorschriften des deutschen Bildungsministeriums vom 20. 11. 1981 (BASS 21-21, Nr. 53) und den jeweils gültigen Ausführungen in die Gruppe IVa im Alter von 37 Jahren eingestuft. Kinder: 1.

        

Die Zahlung des Gehalts erfolgt detailliert, wie folgt:

        

…       

        
        

4.    

Die Abzüge werden vom Arbeitgeber an die zuständigen Träger entrichtet.

        

5. Es wird Weihnachtsgeld gezahlt, dessen Betrag einem Monatsgehalt entspricht, in Höhe des Betrages von (des Monats Dezember) nach Abzug der entsprechenden Abzüge.

        

Die Lehrkraft, die diesen Vertrag unterzeichnet, akzeptiert und erkennt mit ihrer Unterschrift an, dass ihr dieses Weihnachtsgeld freiwillig gezahlt wird und dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes, auch wenn sie über mehrere Jahre hinweg erfolgte, ihr nicht das Recht erteilt, Ansprüche auf dessen weitere obligatorische Zahlung zu erheben.

        

Es besteht kein Anrecht auf Weihnachtsgeld, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung dieses Bonus der Arbeitsvertrag gekündigt wurde oder eine beteiligte Partei den Vertrag bis zum 31. 12. gekündigt hat oder wenn die Gültigkeit dieses Vertrages aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses der beteiligten Parteien endet. Dies gilt jedoch, wenn die Kündigung des Arbeitsvertrages aus Gründen erfolgt, die sich auf den gesamten Betrieb der Schule beziehen oder das dort beschäftigte Personal betreffen.

        

Herr/Frau N ist zur Rückzahlung des Bonus verpflichtet, wenn sie bis zum 31.03. des folgenden Kalenderjahres nach der Zahlung des Bonus aus dem Dienst ausscheidet und er/sie selber den Vertrag gekündigt hat oder wenn die Kündigung aus außerordentlichen Gründen oder Gründen des ungehörigen Verhaltens erfolgte. (…)
15. Die diversen Forderungen, die vom Arbeitnehmer/in möglicherweise erhoben werden, verlieren ihre Gültigkeit, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag ihres Ersteintritts schriftlich erhoben werden. Diese sechs-monatige Frist ist eine Ausschlussfrist und gilt auch für die diversen Forderungen, die der Arbeitgeber erheben kann. (…)

        

16. Die zuständigen gerichtlichen Behörden für jede Streitsache sind die der Stadt D.
…“

5

In einer „Änderung des Arbeitsvertrages“ heißt es übersetzt ua.:

        

„Wir schreiten heute den 02.01.2007 zur Änderung des Arbeitsvertrages zwischen dem Primärschulwesen des Griechischen Generalkonsulates in D und Frau N, Studienrätin der deutschen Sprache, geboren 1953 in P G, wohnhaft in Deutschland, an der B Str., B, wie folgt:

        

1. Frau N wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 2006 - 07 an der Griechischen Grundschule der Stadt B fortsetzen, mit 26 Stunden wöchentlich.

        

Die Anzahl der Arbeitsstunden wird zu Beginn des Schuljahres festgelegt, gemäß der Verpflichtung der Arbeitnehmerin, die mit Artikel 10 des geänderten Arbeitsvertrages vom 01.01.1992 eingegangen wurde.

        

2. Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nach dem deutschen Bundestarifvertrag der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und des deutschen öffentlichen Dienstes vom 07.05.1992 mit rückwirkender Gültigkeit zum 01.01.1992.

        

Gemäß den obigen Ausführungen, den Änderungen der Beiträge des deutschen Versicherungsträgers und der Anpassung des BAT am TV-L, gestaltet sich ihr Gehalt wie folgt:

        

…“    

6

Die Klägerin erhielt ab dem 1. Januar 2010 ein Bruttomonatsgehalt von 3.829,39 Euro, ab dem 1. März 2010 ein solches von 3.879,51 Euro. Ab Juni 2010 kürzte die Beklagte das Bruttomonatsgehalt der Klägerin um 379,80 Euro. Anders als in den Vorjahren erhielt die Klägerin im Jahr 2010 keine Jahressonderzahlung in Höhe von 80 % eines Bruttomonatsentgelts.

7

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 hat die Beklagte eine Änderungskündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ausgesprochen und der Klägerin den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit einer Kürzung der monatlichen Bruttobezüge um 329,68 Euro und Einstellung der Jahressonderzahlung angeboten. Außerdem sollen künftig Entgelterhöhungen „nicht automatisch gemäß dem deutschen Tarifvertrag (TV-L) geleistet werden, sondern nach Beschluss Ihres Arbeitgebers, d.h. gemäß der Einkommenspolitik des griechischen Staates“. Über die Wirksamkeit der Änderungskündigung führen die Parteien einen Kündigungsschutzprozess, der noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

8

Nachdem sich die Klägerin mit Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 12. Juli 2010 erfolglos gegen die Gehaltskürzung gewandt hatte, hat sie mit der am 28. Januar 2011 eingereichten und der Beklagten am 3. Februar 2011 zugestellten Klage für den Zeitraum Juni bis Dezember 2010 eine monatliche Vergütungsdifferenz von 379,80 Euro brutto sowie eine Jahressonderzahlung in Höhe von 80 % der durchschnittlichen Monatsvergütung verlangt. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte sei zu einer einseitigen Gehaltskürzung nicht berechtigt.

9

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerin 5.722,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie unterliege nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Griechische Gesetze zur Abwendung der Staatsinsolvenz hätten die Gehälter aller Beschäftigten der Beklagten gekürzt. Außerdem handele es sich bei der Jahressonderzahlung um eine freiwillige Leistung, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestehe.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen.

13

I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht als unzulässig abgewiesen werden. Die beklagte Republik Griechenland genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Staatenimmunität.

14

1. Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem als Bundesrecht geltenden Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, wenn ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüfen würde (vgl. BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - zu C II 2 a der Gründe, BVerfGE 117, 141; BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 14 mwN).

15

a) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach der Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist. Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen. Stets hoheitlich ist lediglich das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Dazu gehören die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 15 f. mwN).

16

b) Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis, kommt es grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 17 mwN; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 113, 327 -).

17

2. Nach diesen Grundsätzen ist die beklagte Republik Griechenland im Streitfall nicht wegen ihrer Staatenimmunität von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Die Klägerin nimmt als Lehrerin an der Griechischen Schule in B keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

18

a) Es kann dahinstehen, ob griechisches Recht die Tätigkeit eines Lehrers an einer Schule in Griechenland als hoheitliche Tätigkeit einstuft. Nach dem für die Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin auf deutschem Hoheitsgebiet allein maßgeblichen deutschen Recht nehmen Lehrer nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, deren Ausübung nach Art. 33 Abs. 4 GG regelmäßig Beamten vorbehalten ist(BVerfG 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 119, 247; BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 20). Innerstaatlich sind auch an öffentlichen Schulen zahlreiche Lehrkräfte im Arbeitsverhältnis tätig. Zudem verrichtet die Klägerin bei der Beklagten die gleiche Tätigkeit, die sie zuvor bei der Griechischen Gemeinde in B, einem privatrechtlichen eingetragenen Verein, innehatte.

19

b) Die Lehrtätigkeit der Klägerin wird nicht deshalb zu einer hoheitlichen Aufgabe, weil die beklagte Republik Griechenland Schulträger ist. Die Griechische Schule in B ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine vom Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Ergänzungsschule. Als solche unterliegt sie einer in Art. 7 Abs. 1 GG angelegten detaillierten Aufsicht durch den deutschen Staat. Eine anerkannte ausländische Ergänzungsschule iSv. § 118 Abs. 3 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (fortan: SchulG NRW) erlangt diesen Status erst durch Verleihung des Ministeriums. Träger, Leiterinnen und Leiter sowie Lehrerinnen und Lehrer von Ergänzungsschulen müssen die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzen und Gewähr dafür bieten, dass Unterricht und Erziehung und die dabei verwendeten Lehr- und Lernmittel nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen, § 116 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW. Der obersten Schulaufsichtsbehörde ist jederzeit Einblick in den Betrieb und die Einrichtungen der Schule zu geben sowie die angeforderten Auskünfte zu erteilen und Nachweise zu erbringen, § 116 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW. Zudem kann die oberste Schulaufsichtsbehörde Errichtung oder Fortführung einer Ergänzungsschule unter bestimmten Voraussetzungen untersagen, § 117 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW.

20

Diese Vorgaben des deutschen nationalen Rechts schließen es aus, das Betreiben der Griechischen Schule in B und die Tätigkeit der dort unterrichtenden angestellten Lehrkräfte dem hoheitlichen Handeln der Beklagten zuzuordnen.

21

II. Andere Zulässigkeitshindernisse bestehen - auch nach dem Vorbringen der Beklagten - nicht. Insbesondere sind die deutschen Gerichte international zuständig nach Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Nr. 2 a) Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Gewöhnlicher Arbeitsort der Klägerin ist B. Der für die Anwendung der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (vgl. dazu EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 29; BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 21) ergibt sich daraus, dass die Beklagte ein ausländischer Staat ohne „Sitz“ im Inland ist.

22

III. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Für das erneute Berufungsverfahren beschränkt sich der Senat auf folgende Hinweise:

23

1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung findet. Das folgt allerdings entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht aus Art. 8 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I). Nach ihrem Art. 28 wird die Verordnung erst auf Verträge angewandt, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind. Im Streitfall ist das anwendbare Recht deshalb noch nach den Art. 27 ff. EGBGB zu ermitteln.

24

Nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Ist die Rechtswahl nicht ausdrücklich erfolgt, muss sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Das ist vorliegend der Fall. Die Parteien haben ihr Arbeitsverhältnis deutschen Tarifverträgen unterstellt und einen Gerichtsstand in Deutschland vereinbart (vgl. BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 130; 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 28). Die konkludent getroffene Rechtswahl entspricht auch den Anforderungen des Art. 30 EGBGB. Danach unterliegt ein Arbeitsverhältnis dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Arbeitsvertrags gewöhnlich seine Arbeiten verrichtet (Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Arbeitsort der Klägerin ist ausschließlich die Griechische Schule in B.

25

2. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zunächst zu prüfen haben, ob nach dem anzuwendenden deutschen materiellen Arbeitsrecht und den noch im Einzelnen festzustellenden, im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Maßnahme geltenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Beklagte das Gehalt der Klägerin einseitig kürzen, insbesondere die Jahressonderzahlung widerrufen durfte.

26

3. Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht - ggf. nach vertiefendem Sachvortrag der Parteien und unter Zuhilfenahme eines völker- und staatsrechtlichen Rechtsgutachtens - der Frage nachgehen müssen, welche Rechtsqualität die im bisherigen Prozessverlauf nicht vorgelegten griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 haben und ob diese die Republik Griechenland angesichts der drohenden Staatsinsolvenz und den Auflagen der Troika völkerrechtlich berechtigen, unmittelbar korrigierend auch in solche Arbeitsverhältnisse einzugreifen, die außerhalb ihres Staatsgebiets vollzogen werden.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    E. Bürger    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Dezember 2010 - 6 Sa 359/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin, der E A T N.V./S.A. (nachfolgend EAT), seit Januar 2008 als Flugkapitänin beschäftigt. Bei EAT handelte es sich um eine Gesellschaft belgischen Rechts mit Sitz in Z/B. Sie führte Charterflüge für andere Luftfrachtgesellschaften durch. Mit Eintragung vom 26. März 2010 wurde sie auf die Beklagte verschmolzen.

3

Zwischen der Klägerin und EAT wurde unter dem Datum des 12. Dezember 2007 ein Arbeitsvertrag in flämischer Sprache mit englischer Übersetzung geschlossen. Er lautet in beglaubigter deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt:

        

„1. Arbeitsverhältnis

        

Die Arbeitnehmerin wird ab dem 15.01.2008 von dem Arbeitgeber auf Basis eines Arbeitsvertrags auf unbestimmte Zeit mit einer Probezeit von sechs Monaten eingestellt. Die Arbeitnehmerin bekommt die folgende Stelle: Captain B 757.

        

…       

        

9. Nur die Gerichte in dem Bezirk des Ortes des Betriebssitzes des Arbeitgebers sind befugt, Streitigkeiten bezüglich des vorliegenden Vertrags zu entscheiden.“

4

Ursprünglich wickelte EAT den Charterverkehr vom Flughafen Br aus mit in B registrierten Flugzeugen ab. Seit April 2008 betrieb sie eine sog. Crew Base am Flughafen L. Sie richtete dort Büroräumlichkeiten mit Computerarbeitsplätzen für die Piloten ein, in denen diese die Dienstvorbereitungen treffen und Nachbereitungen durchführen konnten. Die Klägerin kam dort ihren Dokumentationspflichten nach, führte dort das Briefing mit dem Copiloten durch, prüfte die Wetterlage, entschied über die Betankung des Flugzeugs und traf alle erforderlichen Flugvorbereitungen. Sie führte von L aus Flüge zu Zielflughäfen überwiegend in Europa durch. Die Flugzeiten betrugen täglich regelmäßig zwei bis vier Stunden. Die Einsätze endeten jeweils in L. Dort hielt sich die Klägerin auch während ihrer Bereitschaftsdienstzeiten auf.

5

Am 24. April 2008 schlossen EAT und die Klägerin ein „Addendum“ zum Arbeitsvertrag. Darin heißt es in der beglaubigten deutschen Übersetzung:

        

„Zwischen beiden Parteien wird … vereinbart, dass der Arbeitsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen wie folgt angepasst wird:

        

1.    

Arbeitsverhältnis

                 

Ab dem 25.04.2008 ist die Arbeitnehmerin als Captain tätig mit L als Crew Base. Die Arbeitnehmerin beginnt und beendet demzufolge ihre Duties auf der Crew Base in L.

        

…       

        
        

7.    

Nur die Gerichte in dem Bezirk Br sind befugt, Streitigkeiten bezüglich des vorliegenden Vertrags zu entscheiden. Die belgische Gesetzgebung ist anwendbar, insoweit andere gesetzliche Bestimmungen nicht zwingend anwendbar sind.

                 

Im Übrigen bleiben alle bestehenden Arbeitsbedingungen unverändert anwendbar.“

6

EAT kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Einschreiben vom 19. März 2009 außerordentlich und begründete die Kündigung mit Schreiben vom 23. März 2009. Zumindest das Schreiben vom 23. März 2009 holte die Klägerin am 9. April 2009 von der Post ab. Das Schreiben vom 19. März 2009 war ihr zuvor per E-Mail zugegangen. Der Klägerin wurde die Verletzung von Dokumentationspflichten vorgeworfen.

7

Mit ihrer am 14. April 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen „die außerordentliche Kündigung vom 23.03.2009, zugegangen … am 09.04.2009“ gewehrt. Sie hat zugleich die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern fortbestehe. Mit Schriftsatz vom 25. April 2009 hat sie den Kündigungsschutzantrag auf „die außerordentliche Kündigung vom 19.03.2009 …, zugegangen am 09.04.2009“ erweitert.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die Klage sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. EAT habe eine Niederlassung in L betrieben und ihr von dort Weisungen erteilt. Der Ort, an dem sie gewöhnlich ihre Arbeit verrichtet habe, sei L. Ihre Vor- und Nachbereitungszeiten seien sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht als bedeutend anzusehen. Auch unter Berücksichtigung der Flugzeiten erbringe sie ihre Arbeit überwiegend in Deutschland. Sie sei in die Niederlassung in L eingegliedert gewesen. Die Gerichtsstandsvereinbarungen in den Verträgen seien unwirksam. Sie verstießen gegen gesetzliche Vorschriften. Außerdem habe die Beklagte mittlerweile ihren Sitz in Deutschland. Für die internationale Zuständigkeit komme es nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an. Der Grundsatz der perpetuatio fori gelte nur bei Zuständigkeit, nicht aber bei Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts.

9

Die Klägerin hat zuletzt - nur noch - beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 23. März 2009, zugegangen durch eingeschriebenen Brief am 9. April 2009, nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die deutschen Gerichte seien international unzuständig. Es gelte die Gerichtsstandsvereinbarung aus dem Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2007, klargestellt durch die Regelung im Ergänzungsvertrag vom 24. April 2008. Da die Regelung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Regelungen in Art. 18 ff. der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) nicht abgewichen sei, sei die Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 21, Art. 23 EuGVVO zulässig. EAT als ihre Rechtsvorgängerin habe lediglich eine unselbständige Niederlassung in L betrieben. Sämtliche Arbeitgeberrechte seien gegenüber der Klägerin von Z aus ausgeübt worden. Ein Arbeitsort iSd. Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO sei bei Flugkapitänen aufgrund ihrer primär auf das Führen eines Flugzeugs ausgerichteten Tätigkeit nicht bestimmbar. Es sei daher gemäß Art. 19 Nr. 2 Buchst. b EuGVVO auf die Niederlassung in Z, die die Klägerin eingestellt habe, abzustellen. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich nicht aus dem Wohnsitzgerichtsstand gemäß Art. 19 Nr. 1 EuGVVO. Insofern komme es allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an. Eine ursprünglich nicht gegebene Zuständigkeit könne nicht durch nachträgliche Ereignisse - wie die Verschmelzung von EAT auf sie, die Beklagte - begründet werden.

11

Das Arbeitsgericht hat mit Zwischenurteil auf die Zulässigkeit der Klage erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als zulässig angesehen. Die deutschen Gerichte sind international zuständig. Dies kann der Senat ohne Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV entscheiden.

13

I. Gegenstand der Klage ist die Wirksamkeit einer einzigen, einheitlichen Kündigung seitens der Beklagten vom 19. März 2009 - begründet mit Schreiben vom 23. März 2009. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die Klage hinsichtlich des Antrags für zulässig erklärt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung „vom 23.03.2009“ nicht aufgelöst worden ist, und hat die Klägerin an ihrem ursprünglichen Antrag, der sich zumindest auch gegen eine Kündigung vom 19. März 2009 richtete, nicht festgehalten. Die Beklagte berühmt sich jedoch keiner Kündigung vom 23. März 2009, sondern einer solchen, die sie mit Schreiben vom 19. März 2009 erklärt und anschließend mit Schreiben vom 23. März 2009 - wie nach belgischem Recht erforderlich - begründet habe. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass sie sich gegen eben diese - einheitliche - Kündigung zur Wehr setzt. Damit ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens - anders als der Tenor der angefochtenen Entscheidung wiedergibt - die Unwirksamkeit der Kündigung vom 19. März 2009.

14

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist nicht deshalb rechtsfehlerhaft und gemäß § 562 ZPO aufzuheben, weil sie iSv. § 547 Nr. 6 ZPO nicht mit Gründen versehen wäre.

15

1. Eine Entscheidung ohne Gründe iSd. § 547 Nr. 6 ZPO liegt nicht nur dann vor, wenn das Berufungsurteil schon äußerlich keine Begründung enthält. Ein Urteil ist auch dann nicht mit Gründen versehen, wenn aus ihm nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen für das Gericht maßgeblich waren. Gründe im Rechtssinne fehlen, wenn die Ausführungen des Urteils unverständlich sind, also die für die Entscheidung maßgeblichen Überlegungen nicht erkennen lassen. Dies kann bei leeren Redensarten oder der bloßen Wiedergabe des Gesetzes der Fall sein (BAG 18. November 2008 - 3 AZR 417/07 - Rn. 16, EzA BetrAVG § 7 Nr. 74).

16

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung begründet. Sein Urteil gibt zu erkennen, dass es die deutschen Gerichte gemäß Art. 19 Nr. 1 EuGVVO für international zuständig gehalten hat. Es hat dabei auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Entscheidung abgestellt. Es hat sich auch mit der Ansicht der Beklagten auseinandergesetzt, aufgrund vertraglicher Regelung seien ausschließlich die belgischen Gerichte zuständig. Insofern hat es angenommen, die arbeitsrechtlichen Gerichtsstände der EuGVVO könnten durch anderslautende Vereinbarungen nicht ausgeschlossen werden.

17

III. Ob sich der Wohnsitzgerichtsstand nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO allein nach den Verhältnissen bei Klageerhebung richtet, wie die Beklagte meint, oder ob Veränderungen der maßgeblichen Umstände noch später zuständigkeitsbegründend wirken können, bedarf keiner abschließenden Klärung. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt jedenfalls aus Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO (1.). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob im Streitfall auch der Gerichtsstand der Niederlassung nach Art. 5 Nr. 5 iVm. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte führte. Die Vereinbarung der Parteien über eine ausschließliche Zuständigkeit belgischer Gerichte ist gemäß Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam(2.).

18

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus dem Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsorts der Klägerin iSv. Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO. Für diese Beurteilung bedarf es keines Vorabentscheidungsersuchens an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV. Die Auslegung des Begriffs des „Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet“, ist durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt. Die Anwendung einer Bestimmung des Unionsrechts auf den konkreten Rechtsstreit obliegt dem nationalen Gericht (vgl. EuGH 15. Dezember 2011 - C-384/10 - [Voogsgeerd] Rn. 30, EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 593/2008 Nr. 2 ).

19

a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich im Streitfall nach der EuGVVO. Diese ist seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen ihren Teilen verbindlich, gilt unmittelbar und geht nationalem Recht im Rang vor (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 646/09 - Rn. 14 f., BAGE 137, 71; 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 26 mwN, BAGE 132, 182 ). Gemäß ihrem Art. 1 ist sie mit Ausnahme einiger ausdrücklich angegebener Rechtsbereiche auf alle Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Handelssachen anzuwenden. Die Beklagte unterfällt ihren Bestimmungen, weil sie ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland und damit in einem EU-Mitgliedstaat hat. Nach Art. 60 Abs. 1 EuGVVO haben Gesellschaften und juristische Personen ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Das ist hier L. Käme es, wie die Beklagte meint, auf den Sitz ihrer Rechtsvorgängerin bei Klageerhebung an, änderte sich an der Anwendbarkeit der EuGVVO nichts. Diese hatte ihren Sitz im EU-Mitgliedstaat B.

20

b) Da Gegenstand des Verfahrens Ansprüche sind, die aus einem individuellen Arbeitsvertrag abgeleitet werden, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach Kapitel II Abschn. 5 der EuGVVO. Maßgebend sind danach Art. 18 ff., soweit darin nicht auf andere Vorschriften der EuGVVO verwiesen wird (EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 38, EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 7; 22. Mai 2008 - C-462/06 - [Glaxosmithkline] Rn. 19, Slg. 2008, I-3965; BAG 27. Januar 2011 2 AZR 646/09 - Rn. 17, BAGE 137, 71).

21

c) Die in den Vorschriften der EuGVVO über die Zuständigkeit für Arbeitsverträge enthaltenen Begriffe sind in Übereinstimmung mit den Kriterien auszulegen, die der Europäische Gerichtshof zu den gleich lautenden Begriffen im Brüsseler Übereinkommen von 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüsseler Übereinkommen, ABl. 1972, L 299, S. 32) entwickelt hat (vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 47, EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 7). Für die Bestimmung des nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO maßgebenden Ortes, „an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet“, ist damit auf das Verständnis des identischen Begriffs in Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens zurückzugreifen(BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 646/09 - Rn. 21, BAGE 137, 71). Für dieses Verständnis wiederum ist das Ziel der Regelung zu berücksichtigen, dem Arbeitnehmer als der schwächeren Vertragspartei einen angemessenen Schutz zu gewährleisten (vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 46 mwN, aaO). Ein solcher Schutz ist größer, wenn Streitigkeiten aus einem Arbeitsvertrag in die Zuständigkeit der Gerichte des Ortes fallen, an dem der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber faktisch erfüllt. An diesem Ort kann sich der Arbeitnehmer mit dem geringsten Kostenaufwand aktiv an die Gerichte wenden oder sich vor ihnen als Beklagter zur Wehr setzen (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC] Rn. 19, Slg. 1993, I-4075).

22

aa) Unter dem Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, ist der Ort zu verstehen, an dem er die mit seinem Arbeitgeber vereinbarten Tätigkeiten tatsächlich ausübt (EuGH 10. April 2003 - C-437/00 - [Pugliese] Rn. 19 mwN, Slg. 2003, I-3573). Erfüllt er die Verpflichtungen aus seinem Arbeitsvertrag in mehreren Mitgliedstaaten, ist dies der Ort, an dem oder von dem aus er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt (EuGH 10. April 2003 [Pugliese] Rn. 19, aaO; 27. Februar 2002 - C-37/00 - [Weber] Rn. 58, Slg. 2002, I-2013; 9. Januar 1997 - C-383/95 - [Rutten] Rn. 23, Slg. 1997, I-57; 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC] Rn. 26, Slg. 1993, I-4075).

23

bb) Eine hiervon abweichende Regelung für Flugzeugführer oder Flugzeugpersonal gibt es nicht. Insbesondere enthält die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft keine Regelungen zur Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsorts von Flugpersonal.

24

d) Bei Anwendung dieser Grundsätze war im Streitfall die „Crew-Base“ in L der gewöhnliche Arbeitsort der Klägerin im Sinne von Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO. Dort bzw. von dort aus hat sie den wesentlichen Teil ihrer Verpflichtungen gegenüber der EAT tatsächlich erfüllt.

25

aa) Die Klägerin hat ihre Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt. Zu ihren wesentlichen Aufgaben als Flugkapitänin gehörten neben dem Fliegen auch die Vor- und Nachbereitung der von ihr durchgeführten Flüge.

26

bb) Die Klägerin hat seit ihrer Versetzung an die „Base“ in L im April 2008 und damit während der überwiegenden Zeit der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses ihre Arbeit dort aufgenommen und beendet. Sie hat die ihre Tätigkeit betreffenden Weisungen in L entgegengenommen, hat ihre Flüge von dort aus durchgeführt und hat sie dort beendet. Zu Gunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die der Klägerin erteilten Weisungen von Z aus erfolgten. Das ist für die Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsorts der Klägerin ohne Bedeutung.

27

cc) In L begannen und endeten nicht nur die Flugeinsätze der Klägerin. Sie führte dort auch die Vor- und Nachbereitung der Flüge, insbesondere sicherheitsrelevante Vorbereitungen durch. Dafür stand ihr auf der „Base“ in L ein eingerichteter Arbeitsplatz zur Verfügung. Hinzu kommt, dass sie sich auch während ihres Bereitschaftsdienstes auf der „Base“ oder in deren unmittelbarer Nähe aufzuhalten hatte.

28

dd) Demgegenüber fällt der jeweilige Registerstaat der Flugzeuge nicht entscheidend ins Gewicht. Es kann dahinstehen, ob für Flugpersonal eine Anknüpfung an den Registerstaat für die Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsorts iSv. Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO überhaupt in Betracht kommt (bejahend Geimer in Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 19 EuGVVO Rn. 19). Im Streitfall gäbe selbst dann die enge Anbindung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten an die „Base“ in L gegenüber dem Registerstaat der von ihr geflogenen Flugzeuge den Ausschlag.

29

2. Die Vereinbarung des ausschließlichen Gerichtsstands am Sitz der EAT im Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2007 und sodann der Gerichte im Bezirk Br im Addendum vom 24. April 2008 vermag die nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO gegebene internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht auszuschließen. Da sie den Vorschriften in Art. 21 EuGVVO zuwiderläuft, hat sie gemäß Art. 23 Abs. 5 EuGVVO keine rechtliche Wirkung.

30

a) Ziff. 9 des Arbeitsvertrags und Ziff. 7 des Addendums enthalten eine Gerichtsstandsvereinbarung, nach der „nur“ - in den flämischen Originalfassungen: „alleen“ - und damit ausschließlich die Gerichte am Sitz der Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. im Bezirk Br zuständig sein sollen.

31

b) Diese Vereinbarung ist gemäß Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam.

32

aa) Eine Gerichtsstandsvereinbarung läuft iSv. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO den Regelungen in Art. 21 EuGVVO zuwider, wenn sie von Vorschriften des 5. Abschnitts der EuGVVO abweicht und nicht nach Entstehung des Rechtsstreits getroffen worden ist (Art. 21 Nr. 1 EuGVVO) oder nicht die Befugnis einräumt, andere als im 5. Abschnitt angeführte Gerichte anzurufen (Art. 21 Nr. 2 EuGVVO). Die Befugnis, andere Gerichte anzurufen als diejenigen, die nach den Vorschriften des 5. Abschnitts zuständig sind, ist dahin zu verstehen, dass eine solche Vereinbarung Gerichtsstände begründen muss, die zu den in Art. 18 und Art. 19 der EuGVVO vorgesehenen Gerichtsständen noch hinzukommen. Eine vor Entstehung der Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung darf für einen Arbeitnehmer nicht den Ausschluss der zuletzt genannten Gerichtsstände bewirken, sondern kann lediglich die Befugnis begründen oder erweitern, unter mehreren zuständigen Gerichten zu wählen (EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 62, EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 7).

33

bb) Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag und im Addendum weicht von den Vorschriften des 5. Abschnitts der EuGVVO ab, auch wenn sie ursprünglich möglicherweise nur den nach Art. 18, Art. 19 EuGVVO einzig gegebenen Gerichtsstand nachgezeichnet und mit einer Veränderungssperre belegt hat. Sie wurde vor Entstehung der Streitigkeit getroffen und sollte gerade für den Fall eine Beschränkung auf die genannten Gerichtsstände herbeiführen, dass diese nach einer Verlegung des Sitzes und/oder des Arbeitsorts mit den nach Art. 18, Art. 19 EuGVVO gegebenen Gerichtsständen - wie im Streitfall - nicht mehr übereinstimmten.

34

IV. Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor     

        

        

        

    Frey    

        

    Perreng    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 136/10
Verkündet am:
11. Februar 2011
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Schmidt-Räntsch und
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit mehr als hundert Eigentümern, deren Verwalterin bis zum 31. Dezember 2008 die Beigeladene zu 1 war. Sie wendet sich gegen die Wahl der Beigeladenen zu 2 zur Verwalterin in der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 13. Dezember 2008.
2
In ihrer am 24. Dezember 2008 bei Gericht eingegangenen und zugleich begründeten Anfechtungsklage hat die Klägerin die Beigeladene zu 1 als damals noch amtierende Verwalterin benannt und eine Eigentümerliste beigefügt. Ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter ist in der Klageschrift nicht benannt worden ; ein solcher war auch nicht bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6. Januar 2009 hat die Klägerin gebeten, die Klageschrift der Beigeladenen zu 2 als neuer Verwalterin zuzustellen. Am 16. Januar 2009 hat das Amtsgericht die Zustellung einer beglaubigten Abschrift an die Beigeladenen zu 1 und 2 verfügt und bei der Klägerin angefragt, ob inzwischen ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter bestellt sei. Mit Schreiben vom 28. Januar 2009 hat die Klägerin mitgeteilt, dass es eines Ersatzzustellungsbevollmächtigten nicht mehr bedürfe, weil die neue Verwalterin zustellungsbevollmächtigt sei. Durch Schreiben vom 5. Februar 2009 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass eine Zustellung an die neue Verwalterin nicht in Betracht komme, weil deren Bestellung angefochten sei, und hat um ausreichende Abschriften der Klageschrift für die Zustellung an die übrigen Eigentümer gebeten. Mit Verfügung vom 26. Februar 2009 hat das Gericht den Auslagenvorschuss für die Zustellungen angefordert und die Einreichung von weiteren 100 Abschriften der Klageschrift erbeten. Nach einem Aktenvermerk der Amtsrichterin vom 17. März 2009 ist in einem vorangehenden Parallelverfahren am gleichen Tage auch das Vorgehen in diesem Verfahren erörtert worden. Weil hinsichtlich der Miteigentümer, die im Ausland wohnten, Zustellungsvertreter bzw. Zustelladressen im Inland benannt werden müssten, solle die Sache "terminlos" gestellt werden. Auch bleibe abzuwarten, ob sich dieses Verfahren mit dem Parallelverfahren durch eine neue Eigentümerversammlung erledigen werde. Am 7. Mai 2009 ist ein früher erster Termin bestimmt worden. Die Klageschriften sind den Wohnungseigentümern in der Folgezeit zugestellt worden.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung einzelner Wohnungseigentümer und der Beigeladenen zu 2 hat das Landgericht das Urteil "aufgehoben" und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will die Klägerin die Zurückweisung der Berufung erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei unbegründet, weil die Klagefrist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht eingehalten worden sei. Die Klage sei erst Monate nach der Eigentümerversammlung zugestellt worden. Die Zustellungen seien nicht "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt, weil die Klägerin sie vorwerfbar durch unvollständige Angaben verzögert habe. Eine Zustellung an die Beigeladene zu 2 sei wegen der Interessenkollision für die Klägerin erkennbar nicht in Betracht gekommen. Aus diesem Grund hätte sie innerhalb der Klagefrist mitteilen müssen, dass die Beigeladene zu 2 als Zustellungsvertreterin ausgeschlossen und ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter nicht bestellt sei. Weil sie noch mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 mitgeteilt habe, dass die Beigeladene zu 2 zustellungsbevollmächtigt sei, sei es erst am 5. Februar 2009 zur erstmaligen Anforderungen von Abschriften der Klage gekommen ; am 16. Februar 2009 hätten weitere Abschriften angefordert werden müssen. Der Vermerk des Gerichts vom 17. März 2009 könne die Klägerin nicht entlasten, weil ihr die schon vorher eingetretene Verzögerung zuzurechnen sei.

II.


5
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist eingehalten. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beigeladene zu 2 - wie das Berufungsgericht meint - gemäß § 45 Abs. 1 Halbsatz 2 Alternative 2 WEG als Zustellungsvertreterin ausgeschlossen war. Denn selbst wenn die Zustellung an die übrigen Wohnungseigentümer erforderlich war, ist die Klagefrist durch die Einrei- chung der Klage innerhalb der Frist gewahrt worden. Zwar ist die Klage den letzten Wohnungseigentümern erst am 18. August 2009 und damit Monate nach der Eigentümerversammlung vom 13. Dezember 2008 zugestellt worden. Dies ist aber unschädlich, weil die Zustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser Begriff ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Der Zustellungsbetreiber muss alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben. Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsbetrieb sollen nicht zu seinen Lasten gehen. Anderseits muss die Rückwirkung dem Empfänger zumutbar sein; verzögert die zustellende Partei selbst das Verfahren in vorwerfbarer Weise, kann dies der Rückwirkung entgegenstehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05, BGHZ 168, 306, 310 ff.; Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, NJW 2009, 999, 1000 f. jeweils mwN). Solche Versäumnisse der Partei, die sich auf die Dauer nicht ausgewirkt haben, müssen außer Betracht bleiben (BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - IV ZR 44/02, NJW-RR 2003, 599, 600 mwN).
7
a) In dem Zeitraum bis zum 20. Februar 2009 ist die Verzögerung nicht der Klägerin anzulasten. Sie hat die Beigeladene zu 2 innerhalb der Klagefrist als neue Verwalterin benannt. Einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten konnte sie nicht angeben, weil keiner bestellt war. Die Revision weist zu Recht daraufhin , dass dieser Umstand aufgrund des vorangehenden Verfahrens des AG Köln, Az. 202 C 254/08, dessen Beiziehung die Klägerin schon in der Klageschrift beantragt hat, ohnehin gerichtsbekannt war. Dementsprechend hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 16. Januar 2009 auch angefragt, ob "inzwischen" ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter bestellt worden sei. Die Antwort der Klägerin hierauf, die Beigeladene zu 2 sei zustellungsbevollmächtigt, konnte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon deshalb keine vorwerfbare Verzögerung bewirken, weil die Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Zustellung ihrerseits nicht beschleunigen konnte; keinesfalls musste sie unaufgefor- dert eine Vielzahl von Abschriften einreichen. Es ergab sich nämlich aus der Klageschrift, dass die Wahl der Beigeladenen zu 2 zur Verwalterin Gegenstand des Anfechtungsverfahrens war. Das Gericht - und nicht die Klägerin - musste daraus rechtliche Schlüsse ziehen und zunächst entscheiden, in welcher Form die Zustellung erfolgen sollte. Es ist schon umstritten, ob der Verwalter, wie das Berufungsgericht meint, in einem Verfahren, in dem seine Wahl angefochten wird, als Zustellungsvertreter gemäß § 45 Abs. 1 Halbsatz 2 Alternative 2 WEG ohne weiteres (so Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 45 Rn. 18 mwN) oder nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine bestehende Interessenkollision (so Suilmann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 45 Rn. 15 bis 17 mwN) ausgeschlossen ist. Sieht das Gericht den Verwalter als ausgeschlossen an, kann es seinerseits von Amts wegen (Klein aaO, § 45 Rn. 39) einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten bestellen, § 45 Abs. 3 WEG. Aus diesem Grund verzögert der Kläger den Rechtsstreit, wie die Revision mit Recht hervorhebt, nicht vorwerfbar, wenn er abwartet, welchen Rechtsstandpunkt das Gericht einnimmt. Dazu hatte die Klägerin hier umso mehr Anlass, als das Amtsgericht in dem Parallelverfahren einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten bestellt hatte. Dass die Klägerin auf die Anforderung vom 5. Februar 2009 hin keine ausreichende Anzahl von Abschriften einreichte, hat sich schon deshalb zunächst nicht ausgewirkt, weil das Gericht erst mit den weiteren Abschriften am 16. Februar 2009 einen Kostenvorschuss für die Zustellungen anforderte und vor dessen Eingang am 20. Februar 2009 die Zustellung ohnehin nicht veranlasst hätte.
8
b) Hinsichtlich der auf den 20. Februar 2009 folgenden weiteren Verzögerung fehlt es jedenfalls an der Kausalität. Wann genau die Klägerin die zusätzlich angeforderten hundert beglaubigten Abschriften eingereicht hat, ist nicht festgestellt. Darauf kommt es auch nicht an. Denn nach dem Aktenvermerk des Amtsgerichts vom 17. März 2009 ist in dem Parallelverfahren mit den Prozessbevollmächtigten vereinbart worden, das hier zu entscheidende Verfahren zunächst "terminlos" zu stellen. In seinem in Bezug genommenen Urteil hat das Amtsgericht ausgeführt, von einer Zustellung der Klageschrift vor der Terminsanberaumung am 7. Mai 2009 habe es bewusst abgesehen, um doppelte Zustellungen von Klageschrift und Terminsladung zu vermeiden, obwohl längst der Gerichtskostenvorschuss, ausreichende Abschriften der Klageschrift und eine Eigentümerliste vorgelegen hätten. Danach hat das Amtsgericht die Zustellung aus nachvollziehbaren prozessökonomischen Erwägungen nicht veranlasst. Folgerichtig hat es sein Vorgehen nicht der Klägerin angelastet. Darüber durfte sich das Berufungsgericht nicht hinweg setzen. Seine Annahme, es sei schon vor Anfertigung des Vermerks zu einer von der Klägerin verursachten Verzögerung gekommen, entbehrt jeder Grundlage. Insbesondere spricht der Vermerk schon wegen der erforderlichen Auslandszustellungen gegen die Annahme , dass das Amtsgericht den bevorstehenden Termin in dem Parallelverfahren nicht abgewartet, sondern sogleich terminiert und die Zustellung veranlasst hätte, wenn Abschriften in ausreichender Anzahl vorgelegen hätten. Unerheblich ist schließlich, ob tatsächlich vereinbart wurde, die Sache "terminlos" zu stellen, was die Beklagten bestreiten. Sollte eine entsprechende Vereinbarung fehlen, wäre erst recht dem Gericht und nicht der Klägerin zuzurechnen, dass die Zustellung unterblieb.
9
c) Dieser Wertung stehen schutzwürdige Interessen der Beklagten schon deshalb nicht entgegen, weil die Beklagten die eigentliche Ursache für das von ihnen beklagte "Zustellungschaos" selbst gesetzt haben, indem sie entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG keinen Ersatzzustellungsvertreter bestellten.
10
2. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das sich - von seinem Standpunkt aus folge- richtig - mit den behaupteten Beschlussmängeln bislang nicht befasst und ausreichende Feststellungen dazu nicht getroffen hat.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 08.09.2009 - 202 C 361/08 -
LG Köln, Entscheidung vom 20.05.2010 - 29 S 178/09 -

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.

(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt werden.

(2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt werden.

(2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)