Arbeitsgericht Köln Urteil, 17. Apr. 2015 - 17 Ca 8276/14

ECLI:ECLI:DE:ARBGK:2015:0417.17CA8276.14.00
17.04.2015

Tenor

1.              Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung vom 22. Juli 2013 zum 30. September 2014 seine Beendigung gefunden hat.

2.              Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Mitarbeiterin für Pforten-, Empfangs- und Turmdienst zu beschäftigen bis zur Rechtskraft der Entscheidung.

3.              Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4.              Streitwert des Urteils 3.800,00 Euro.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,2. die Bef

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 5 Mehrere Ansprüche


Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 2 Begriff des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers


(1) Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Ist eine regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht vereinbart, so ist ein Arbeitnehmer teilzeitb

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Nov. 2014 - 4 AZR 761/12

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2012 - 12 Sa 497/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2013 - 2 AZR 682/12

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. November 2011 - 5 Sa 467/11 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die B
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Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 11. Jan. 2016 - 2 Sa 892/15

bei uns veröffentlicht am 11.01.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.04.2015 – 17 Ca 8276/14 – abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen. 1T a t b e s t a n d

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(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Ist eine regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht vereinbart, so ist ein Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, wenn seine regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraums unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers liegt. Vergleichbar ist ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebes mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit. Gibt es im Betrieb keinen vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, so ist der vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer auf Grund des anwendbaren Tarifvertrages zu bestimmen; in allen anderen Fällen ist darauf abzustellen, wer im jeweiligen Wirtschaftszweig üblicherweise als vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer anzusehen ist.

(2) Teilzeitbeschäftigt ist auch ein Arbeitnehmer, der eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ausübt.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2012 - 12 Sa 497/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags auf das zwischen ihnen bis zum 31. März 2013 bestandene Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 2008 bei der Beklagten - der Condor Berlin GmbH -, einem Luftfahrtunternehmen, als Flugzeugführer beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

2.    

Rechte und Pflichten

        

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den jeweils bei Condor Berlin geltenden Tarifverträgen und Tarifvereinbarungen für die nach dem 28.03.2008 eingestellten Mitarbeiter des Cockpitpersonals, sowie den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Vereinbarungen.

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden vollinhaltlich der Manteltarifvertrag Nr. 1a airberlin und der Vergütungstarifvertrag Nr. 1a airberlin entsprechende Anwendung bis zu dem Zeitpunkt, ab dem gemäß Vereinbarung vom 28.03.2008 ein neuer Manteltarifvertrag und Vergütungstarifvertrag zwischen Condor und der Vereinigung Cockpit zustande kommt.“

3

Die Beklagte ist Mitglied in der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. (AVH). Der Kläger trat am 1. November 2008 in die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit e.V. (VC) ein.

4

Die AVH und die VC schlossen bereits am 1. Januar 2005 den „Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin (gültig ab 01.01.2005)“ (MTV Nr. 1) sowie am 29. November 2005 den „Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit“ (TV Übergangsversorgung).

5

Der TV Übergangsversorgung bestimmt zum Geltungsbereich in § 1:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt:

        

a)    

räumlich: für die Bundesrepublik Deutschland;

        

b)    

persönlich: für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal der CFG und der CiB in seiner jeweils gültigen Fassung fallen, mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von § 1 Absatz 2 MTV.“

6

§ 1 Abs. 1 MTV Nr. 1 sieht zum Geltungsbereich vor:

        

„Der Tarifvertrag gilt für die in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Condor Flugdienst GmbH (CFG) und der Condor Berlin GmbH (CIB) - im folgenden Mitarbeiter genannt.“

7

Im Hinblick auf eine geplante Übernahme der Beklagten und der Condor Flugdienst GmbH (CFG) durch die Air Berlin PLC (airberlin) und Thomas Cook fanden Tarifverhandlungen zwischen der VC einerseits und ua. der Beklagten, der CFG, der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG, der LTU Lufttransport-Unternehmen GmbH (LTU) sowie der dba Luftfahrtgesellschaft mbH (dba) andererseits statt. Diese führten am 28. März 2008 zu einer „Gemeinsamen Vereinbarung“, die ua. von der Beklagten und der VC unterzeichnet wurden.

8

In einem „Sideletter zur gemeinsamen Vereinbarung vom 28.03.2008 betreffend Condor/Condor Berlin“ (Sideletter) vom gleichen Tag heißt es ua.:

        

„1.     

Die Tarifpartner stimmen darin überein, dass angesichts des fest vereinbarten Verkaufs der Condor-Anteile durch Lufthansa die Condor zukünftig eine eigene Tarifkommission haben wird, welche aus Cockpitmitarbeitern besteht, die nach dieser Vereinbarung eingestellt werden.

        

2.    

Die Tarifpartner sind sich darüber einig, dass die gemeinsame Vereinbarung airberlin, dba und LTU vom 28.03.2008 entsprechende Geltung auch für die Condor/Condor Berlin entfaltet und das bestehende Tarifwerk der Condor/Condor Berlin für alle ab dem 28.03.2008 eingestellten Piloten ablöst.

                 

Dies bedeutet insbesondere, dass die mit diesem Ergebnis gefundenen Regelungen zu VTV und Bereederung (gemäß der gemeinsamen Vereinbarung vom 28.03.2008), sowie die Regelungen des VTV Nr. 1a airberlin sowie der MTV Nr. 1a airberlin auf alle Neueinstellungen, Förderungen und Wechsel der Condor/Condor Berlin in der airberlin-Gruppe entsprechende Anwendung finden und als eigenständige Tarifverträge gleichlautend abgeschlossen sind.

                 

Diese Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Kartellamts zum Zusammenschluss airberlin und Condor/Condor Berlin.

        

3.    

Ab dem 28.03.2008 finden angesichts der ausstehenden Entscheidung des Kartellamts zum Zusammenschluss von airberlin und Condor/Condor Berlin auf neueingestellte Mitarbeiter vorläufig die VTV- und MTV-Konditionen der airberlin in der Fassung der Vereinbarung vom 28.03.2008 entsprechend Anwendung.

                 

Die Tarifpartner sind sich darin einig, dass in dem Fall einer Nichterteilung der Kartellamtszustimmung unverzüglich die Verhandlungen durchgeführt werden, die die Regelung des vorstehenden Satzes ersetzen sollen.“

9

Airberlin und Thomas Cook zogen zu einem späteren Zeitpunkt ihren Antrag auf Zustimmung zum Zusammenschluss von airberlin und der Beklagten sowie der CFG beim Kartellamt zurück. Nachfolgend schlossen die Beklagte und die CFG sowie die VC am 28. August 2008 einen Tarifvertrag (TV Gemeinsame Vereinbarung), der mit dem Sideletter bis auf den nachstehenden Inhalt übereinstimmte:

        

„Tarifvertrag

        

‚Gemeinsame Vereinbarung vom 28.03.2008,

        

betreffend Condor und Condor Berlin‘

        

Zwischen

        

der Condor Flugdienst GmbH und der Condor Berlin GmbH,

        

einerseits

        

und     

        

der Vereinigung Cockpit e.V.,

        

andererseits

        

werden nachfolgende Regelungen vereinbart:

        

…       

        
        

3.    

…*.     

        

4.    

Die Vereinbarungen zwischen der Vereinigung Cockpit und Condor / Condor Berlin aus den Regelungen des KTV der Deutschen Lufthansa / Condor / Condor Berlin bleiben hiervon unberührt.

        

…       

                 
        

Für die (AHV) Condor Flugdienst GmbH / Condor Berlin GmbH

Für die Vereinigung Cockpit e.V.

                 

----------------------------

        

* Die vorläufige, entsprechende Anwendung des VTV Nr. 1a und des MTV Nr. 1a der airberlin - Gruppe behält, unabhängig von einer Kartellamtsentscheidung, solange für Condor / Condor Berlin ihre Gültigkeit, bis anderslautende Tarifverträge für Neueinstellungen geschlossen wurden.“

10

Der in der Fußnote genannte Manteltarifvertrag Airberlin Nr. 1a (MTV-AB Nr. 1a) regelt zum Geltungsbereich in § 1:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt:

        

…       

        
        

persönlich:

für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend zusammenfassend ‚Arbeitnehmer‘) des Cockpitpersonals der Air Berlin; ausgenommen sind Arbeitnehmer mit einem Ausbildungsvertrag.“

11

Die AVH, die CFG sowie die Beklagte erzielten mit der VC am 26. Januar 2011 ein „Verhandlungsergebnis Tarifrunde 2009/2010“, das ua. folgenden Inhalt hat:

        

C.    

Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin

        

Mit Wirkung ab März 2011 gilt Manteltarifvertrag Nr. 2, dessen Inhalt mit dem Manteltarifvertrag Nr. 1 übereinstimmt, soweit nachfolgend abweichend nichts anderes geregelt ist. Er findet Anwendung auf alle Cockpitmitarbeiter der CFG und CIB.

        

…       

        

XI. Altersgrenze

        

1. Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet.

        

2. Zwischen den Tarifpartnern besteht derzeit kein Einvernehmen hinsichtlich der in Ziffer 1 genannten Altersgrenze sowie des Anwendungsbereichs von tariflichen Regelungen zur Übergangsversorgung und Betrieblichen Altersvorsorge für die unter VTV Nr. 1 (Verhandlungsergebnis vom 08.12.2009) fallenden Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Tarifpartner bis zu einer abschließenden Rechtsklärung für die oben genannten Mitarbeiter, die in Ziffer 1 genannte Regelung auszusetzen.“

12

Unter dem gleichen Datum schlossen die AVH und die VC den mit dem Verhandlungsergebnis übereinstimmenden „Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin (gültig ab 01.03.2011)“ (MTV Nr. 2), der ua. regelt:

        

§ 1   

Geltungsbereich

        

(1) Der Tarifvertrag gilt für die in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Condor Flugdienst GmbH (CFG) und der Condor Berlin GmbH (CIB) - im folgenden Mitarbeiter genannt.“

13

Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Feststellung begehrt, dass der TV Übergangsversorgung nach wie vor für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sei. Dies ergebe sich sowohl kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme als auch aufgrund unmittelbarer Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien. Weder der Sideletter noch der TV Gemeinsame Vereinbarung habe den Tarifvertrag abgelöst.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf sein Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit vom 29. November 2005 Anwendung findet.

15

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, aufgrund des Sideletter und des TV Gemeinsame Vereinbarung sei der TV Übergangsversorgung abgelöst worden. Zudem werde der Kläger nicht mehr von deren Geltungsbereich erfasst, da der MTV Nr. 1 nicht für ihn gelte.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Im Verlauf des Revisionsverfahrens ist das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. April 2013 auf die Condor Flugdienst GmbH übergegangen. Den weiteren Antrag auf Feststellung, dass der „Tarifvertrag Lufthansa-Betriebsrente für das Cockpitpersonal gültig ab 01. Januar 2002“ (TV Betriebsrente) Anwendung findet, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Tarifvertragsparteien zum TV Betriebsrente im August 2013 ein Verhandlungsergebnis erzielt und nachfolgend einen neuen Tarifvertrag geschlossen haben, von dessen personellen Geltungsbereich auch der Kläger erfasst wird.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Feststellungsantrag, über den der Senat aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien allein noch zu entscheiden hatte, zu Recht stattgegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob der TV Übergangsversorgung ab dem 1. November 2008 kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt. Denn dieser Tarifvertrag fand jedenfalls aufgrund der vertraglichen Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags ab dem 1. Oktober 2008 Anwendung.

18

I. Der Feststellungsantrag, dessen gebotene (dazu BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 13 mwN) und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigte Auslegung ergibt, dass er die Anwendbarkeit des TV Übergangsversorgung seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Oktober 2008 auf das zwischen den Parteien bis zum 31. März 2013 bestehende Arbeitsverhältnis festgestellt wissen will, ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

19

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 15 mwN). Wird ein Antrag auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, besteht ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - aaO).

20

2. Nach diesen Maßstäben ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

21

a) Durch die Entscheidung kann die zwischen den Parteien streitige Frage geklärt werden, ob der TV Übergangsversorgung auf das zwischen ihnen ehemals bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund vertraglicher Bezugnahme Anwendung fand und dem Kläger im Falle einer tarifvertraglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund dauernder Flugdienstuntauglichkeit Leistungen nach diesem Tarifvertrag beanspruchen kann. Für die Feststellung dieser Verpflichtung kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, erst den Eintritt des Leistungsfalls abzuwarten (st. Rspr., etwa für Versorgungsanwartschaften BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - zu A III 2 der Gründe, BAGE 79, 236).

22

b) Das Feststellungsinteresse ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht allein deshalb entfallen, weil das Arbeitsverhältnis nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien im Verlauf des Revisionsverfahrens zum 1. April 2013 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die CFG übergegangen ist(zur Berücksichtigung des Vorbringens in der Revisionsinstanz s. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 28 f. mwN).

23

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist von einer Rechtskrafterstreckung der Entscheidung in entsprechender Anwendung von §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO auf den Betriebserwerber auszugehen. Die bindende Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer wirkt gegenüber dem Betriebserwerber, wenn der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit erfolgt ist (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 21 mwN ). Die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis, in das der Betriebserwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eintritt, werden dann auch ihm gegenüber bindend festgestellt.

24

II. Die Klage ist begründet. Der TV Übergangsversorgung ist kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gewesen. Eine Ablösung des TV Übergangsversorgung ist nicht erfolgt. Das ergibt die Auslegung der vereinbarten tariflichen Regelungen (zu den Maßstäben etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238).

25

1. Nach der unter Nr. 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vereinbarten Bezugnahmeregelung sind auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die für die Beklagten „geltenden Tarifverträge“ anzuwenden. Zu diesen bei Vertragsschluss geltenden Tarifverträgen gehörte der am 29. November 2005 geschlossene TV Übergangsversorgung.

26

a) Die Beklagte war aufgrund ihrer Mitgliedschaft im tarifschließenden Verband an den von der AVH und der VC „für das Cockpitpersonal der … Condor Berlin GmbH (CiB)“ geschlossenen TV Übergangsversorgung nach § 3 Abs. 1 TVG gebunden.

27

b) Der TV Übergangsversorgung wurde entgegen der Auffassung der Beklagten weder aufgrund des Sideletter, bei dem es sich aufgrund der getroffenen Regelungen um einen Tarifvertrag handelt (zu den Maßstäben etwa BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 16 mwN, BAGE 124, 110), noch durch den TV Gemeinsame Vereinbarung abgelöst.

28

aa) Die wirksame Ablösung eines Tarifvertrags durch eine Neuregelung setzt voraus, dass die aufeinanderfolgenden Tarifregelungen von denselben Tarifvertragsparteien vereinbart werden (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 708/08 - Rn. 20). Schließt daher ein Arbeitgeber, der kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband an die von diesem geschlossenen Verbandstarifverträge gebunden ist, mit der Gewerkschaft, die diesen Tarifvertrag abgeschlossen hat, einen Haustarifvertrag ab, führt dies, auch wenn übereinstimmende Regelungsbereiche gegeben sind, nicht zu einer Ablösung der verbandstariflichen Bestimmungen, sondern es kann (lediglich) zu einer Tarifkonkurrenz führen.

29

Danach ist im Entscheidungsfall eine Ablösung des TV Übergangsversorgung schon deshalb nicht eingetreten, weil sowohl der Sideletter als auch der TV Gemeinsame Vereinbarung auf Arbeitgeberseite von der AVH geschlossen wurde. Vertragsparteien auf Arbeitgeberseite sind nach dem Vertragstext - lediglich - die Beklagte und die CFG.

30

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten trifft dies auch für den TV Gemeinsame Vereinbarung zu. Allein aus dem in der Unterschriftenzeile enthaltenen Zusatz „(AVH)“ vor den Worten „Condor Flugdienst GmbH/Condor Berlin GmbH“ kann nicht gefolgert werden, dieser Tarifvertrag sei als verbandsbezogener Haustarifvertrag von den beiden Gesellschaften sowohl in Vollmacht als auch im Namen der AVH geschlossen worden.

31

(1) Eine wirksame Vertretung nach § 164 Abs. 1 BGB, die für den Abschluss von Tarifverträgen ebenso gilt, setzt voraus, dass der Vertreter - neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung - erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat. Anhand der Vertragsurkunde muss hinreichend erkennbar sein, wer im Einzelnen den Tarifvertrag für wen abgeschlossen hat (st. Rspr., s. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 28 f. mwN). Allein der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien einvernehmlich davon ausgehen, eine der Vertragsparteien habe zugleich in Vertretung für eine andere Person gehandelt, reicht nicht aus, wenn dies im Tarifvertragstext keinen hinreichend deutlichen Niederschlag gefunden hat und daher objektiv nicht erkennbar ist (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - Rn. 16 mwN, BAGE 132, 268).

32

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten in der Vertragsurkunde, der TV Gemeinsame Vereinbarung sollte zugleich für die AVH, vertreten durch die Beklagte, geschlossen werden. Die AVH ist bereits nicht als - weitere - Vertragspartei aufgeführt. Auch ist anhand der Unterschriftenzeile für den einzelnen Tarifgebundenen nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit erkennbar, die Beklagte wolle als Mitglied der AVH nicht nur für sich, sondern zugleich im Namen der AVH handeln.

33

c) Die arbeitsvertragliche Bezugnahme des TV Übergangsversorgung entfällt selbst dann nicht, wenn man davon ausgehen wollte, der Sideletter und der TV Gemeinsame Vereinbarung könnten die verbandstariflichen Regelungen, an die die Beklagte gebunden ist, infolge einer Tarifkonkurrenz nach dem Spezialitätsprinzip verdrängen (vgl. dazu etwa BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - Rn. 31, BAGE 125, 314; 4. April 2001 - 4 AZR 237/00 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 97, 263), und dies wirke sich zugleich auf die Anwendbarkeit der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifbestimmungen aus. Denn es bestand mangels Überschneidung der tariflichen Regelungsbereiche bereits keine Tarifkonkurrenz zwischen den von der Beklagten selbst vereinbarten Tarifbestimmungen und der AVH geschlossenen TV Übergangsversorgung, die einer Auflösung bedurft hätte.

34

aa) Soweit nach Nr. 2 Sideletter und Nr. 2 TV Gemeinsame Vereinbarung „die gemeinsame Vereinbarung airberlin, dba und LTU vom 28.03.2008 entsprechende Geltung auch für die Condor/Condor Berlin“ entfalten und „das bestehende Tarifwerk der Condor/Condor Berlin für alle ab dem 28.03.2008 eingestellten Piloten“ ablösen soll, ist diese Vereinbarung aufgrund der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) nicht in Kraft getreten. Da der entsprechende Antrag zurückgenommen wurde, liegt keine Zustimmung des Kartellamts zum erwähnten Zusammenschluss vor. Von daher musste der Senat nicht darüber befinden, ob eine tarifrechtliche Verdrängung des TV Übergangsversorgung überhaupt in Betracht gekommen wäre.

35

bb) Eine von dem durch die AVH vereinbarten TV Übergangsversorgung abweichende tarifliche Regelung durch einen von der Beklagten selbst geschlossenen Tarifvertrag, die in Anwendung des Spezialitätsprinzips zu dessen Verdrängung führen könnte, besteht nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der „vorläufigen, entsprechenden Anwendung des VTV Nr. 1a und des MTV Nr. 1a der airberlin-Gruppe“ für ab dem 28. März 2008 „neueingestellte Mitarbeiter“ nach der Fußnote zu Nr. 3 des TV Gemeinsame Vereinbarung und Nr. 3 Abs. 1 Sideletter.

36

(1) Eine Tarifkonkurrenz wäre nur dann möglich, wenn sich aus den von der Beklagten geschlossenen Tarifverträgen ergeben würde, eine tarifliche Übergangsversorgung solle für ab dem 28. März 2008 eingestellte Arbeitnehmer nicht mehr bestehen.

37

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nach dem eindeutigen Regelungsbereich der beiden Tarifregelungen, die ausschließlich die Geltung des „VTV Nr. 1a und des MTV Nr. 1a der airberlin-Gruppe“ betreffen, nicht davon ausgegangen werden, auch das sonstige bei der Beklagten bestehende Tarifwerk und der TV Übergangsversorgung sollten nicht mehr zur Anwendung kommen und „nur noch“ die „VTV- und MTV-Konditionen … entsprechend Anwendung“ finden (Nr. 3 Abs. 1 Sideletter/TV Gemeinsame Vereinbarung). Das zeigt die Systematik der beiden Tarifvereinbarungen. Lediglich für den Fall einer Zustimmung des Kartellamts für den geplanten Zusammenschluss sollte das „bestehende Tarifwerk“ der Beklagten „abgelöst“ werden.

38

(3) Ein von der Beklagten für ihre Auffassung angeführter etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, es sollten lediglich die bei airberlin zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Tarifverträge - Mantel- und ein Vergütungstarifvertrag - für neu eingestellte Mitarbeiter gelten, hat in den von der Beklagten geschlossenen Tarifverträgen Sideletter und TV Gemeinsame Vereinbarung keinen Niederschlag gefunden (zu diesem Erfordernis BAG 21. März 2012 - 4 AZR 254/10 - Rn. 40; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 32 mwN, BAGE 124, 110). Gleiches trifft auf ihr weiteres Vorbringen zu, es habe kein Anlass bestanden, neu eingestellte Mitarbeiter unter den Geltungsbereich insbesondere des TV Übergangsversorgung zu fassen. Entgegen der Revision spricht für eine solche Auslegung des Sideletter und des TV Gemeinsame Vereinbarung auch nicht die Regelung in Nr. 1 Sideletter, nach der „Condor zukünftig eine eigene Tarifkommission haben wird“. Schlussfolgerungen für bereits bestehende Tarifverträge und deren Geltung ergeben sich hieraus nicht. Ebenso können Nr. 3 Abs. 2 Sideletter/TV Gemeinsame Vereinbarung keine Anhaltspunkte entnommen werden, die die Auffassung der Beklagten stützen, die weiteren bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge sollten „abgelöst“ werden. Die Verhandlungen, die „in dem Fall einer Nichterteilung der Kartellamtszustimmung … durchgeführt werden“ sollen, beziehen sich lediglich auf die „Regelungen des vorstehenden Satzes“, also den Mantel- und den Vergütungstarifvertrag der airberlin, nicht aber auf weitere bei der Beklagten und nach ihrer Auffassung „vormals“ bestehende Tarifverträge.

39

2. Der Kläger wird auch vom in § 1 Buchst. b TV Übergangsversorgung geregelten personellen Geltungsbereich erfasst.

40

a) Der TV Übergangsversorgung gilt „für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal … der CiB in seiner jeweils gültigen Fassung fallen“. Der Kläger gehört als Flugzeugführer zum Cockpitpersonal der Beklagten iSd. jeweiligen § 1 MTV Nr. 1 und den diesen ablösenden MTV Nr. 2, der ebenfalls von der AVH und der VC geschlossen wurde. An den MTV Nr. 1 war die Beklagte kraft Mitgliedschaft im tarifschließenden Verband ununterbrochen gebunden, bis er durch den MTV Nr. 2 - der gleichfalls nach § 3 Abs. 1 TVG für sie gilt - zum 1. März 2011 abgelöst wurde.

41

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet eine Bezugnahme des TV Übergangsvorsorgung nicht deshalb aus, weil der MTV Nr. 1 nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung - die in Nr. 2 Abs. 2 bis zum Inkrafttreten des MTV Nr. 2 ua. die Anwendung des MTV-AB Nr. 1a vorsah - nicht auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anwendbar war.

42

aa) § 1 Buchst. b TV Übergangsversorgung beschreibt durch die Formulierung „für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal der CFG und der CiB in seiner jeweils gültigen Fassung fallen“ lediglich dessen personellen Anwendungsbereich und inkorporiert damit den bei seinem Inkrafttreten im Jahr 2005 in § 1 Abs. 1 bis 4 MTV Nr. 1 näher geregelten personellen Geltungsbereich des Manteltarifvertrags, an den die Beklagte bis zur Ablösung durch den MTV Nr. 2 auch gebunden war. Das sind vorliegend die „tätigen Mitarbeiter des Cockpitpersonals der … Condor Berlin GmbH (CIB)“, also der Beklagten, iSd. § 1 Abs. 1 MTV Nr. 1. Eine weitere Voraussetzung, nach der die Bestimmungen des Manteltarifvertrags für das betreffende Arbeitsverhältnis kraft Tarifgebundenheit tatsächlich gelten oder im Falle einer Bezugnahme anwendbar sein müssten, kann dem TV Übergangsversorgung nicht entnommen werden.

43

bb) Darüber hinaus würde der Kläger auch vom Geltungsbereich des bei der Beklagten bis zum 28. Februar 2011 gleichfalls geltenden MTV-AB Nr. 1a erfasst werden, der aufgrund seiner „entsprechenden Anwendung“ nach Nr. 3 Abs. 1 Sideletter/TV Gemeinsame Vereinbarung statt „für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend zusammenfassend ‚Arbeitnehmer‘) des Cockpitpersonals der Air Berlin“ für die Arbeitnehmer der Beklagten gilt.

44

3. Schließlich ergibt sich auch aus der von der Beklagten in der Revisionsinstanz vorgelegten Gemeinsamen Vereinbarung vom 31. Mai 2007 kein anderes Ergebnis. Es kann dahinstehen, ob es sich um ein neues Vorbringen handelt, das in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässig ist. Soweit darin die „Vereinigung Cockpit und Condor“ festgelegt haben, über tarifliche Bedingungen der Mitarbeiter, „die neu … eingestellt werden, Verhandlungen zu führen“ und weiterhin „die neu abzuschließenden Tarifverträge … für diese Mitarbeiter die bisherigen Tarifverträge“ ersetzen sollen, ist schon nicht erkennbar, dass diese Vereinbarung auch von der AVH getroffen wurde oder die VC einerseits sowie die Beklagte und die CFG andererseits durch die AVH zum Abschluss von solchen Tarifverträgen bevollmächtigt waren, um die bestehenden Verbandstarifverträge ablösen zu können. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten hiervon ausginge, hätten weder der Sideletter noch der TV Gemeinsame Vereinbarung aus den vorstehenden Gründen (unter II 1 c, 2) zu einer Ablösung des TV Übergangsversorgung geführt.

45

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im Hinblick auf den von den Parteien in der Hauptsache für übereinstimmend erledigt erklärten Feststellungsantrag zur Anwendbarkeit des TV Betriebsrente waren die Kosten, über die gleichfalls im Urteil zu entscheiden war (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 34 mwN), nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen der Beklagten aufzuerlegen. Die vorstehenden Gründe zur Anwendbarkeit des TV Übergangsversorgung (unter II 2) wären für die TV Betriebsrente entsprechend heranzuziehen gewesen.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Redeker    

                 

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. November 2011 - 5 Sa 467/11 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 2. Februar 2011 - 2 Ca 1411/10 - hinsichtlich der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 6. Oktober 2010 zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte bietet Dienstleistungen auf dem Gebiet der Versicherungswirtschaft an. Die 1965 geborene Klägerin war bei ihr seit März 2001 als Firmenkundenberaterin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossener Haustarifvertrag Anwendung.

3

Der Ehemann der Klägerin war seit Anfang 1999 bei der Beklagten in unterschiedlichen Führungspositionen beschäftigt. Seine Arbeitszeit richtete sich laut Arbeitsvertrag „nach den Erfordernissen, der Funktion und den übertragenen Aufgaben“. Im Jahr 2009 entband die Beklagte ihn von seinen Leitungsaufgaben. In einem Personalgespräch äußerte sie die Erwartung, dass er künftig „sein geringes Engagement durch Einsatz und Leistungsbereitschaft vergessen“ mache. Er habe seine neue Aufgabe als „Fulltime-Job“ zu begreifen; seine Arbeitszeit beginne fortan „grundsätzlich um 8.00 Uhr“ an ihrem Hauptsitz. Sie erwarte, dass er sich seinen Aufgaben mindestens acht Stunden am Tag widme. Einen hierüber gefertigten Vermerk zeichnete der Ehemann der Klägerin ab. Anfang Dezember führte die Beklagte ein Zeiterfassungssystem ein. Sie wies beide Eheleute an, ihre Arbeitszeit durch dessen Benutzung zu dokumentieren.

4

In der Woche vom 20. bis zum 24. September 2010 erschien die Klägerin jeweils kurz vor 8.00 Uhr im Betrieb am Hauptsitz der Beklagten. Sie bediente jedes Mal das Zeiterfassungsterminal für sich selbst und - mit dessen Stempelkarte - auch für ihren Ehemann. Daraufhin betrat sie das Büro ihres Mannes und schaltete Licht und Computer an. Anschließend begab sie sich an ihren eigenen Arbeitsplatz. Ihr Ehemann erschien jeweils zwischen 18 und 20 Minuten später im Betrieb. In das Dienstgebäude gelangte er an einzelnen Tagen durch einen Nebeneingang. Ein Zeiterfassungsgerät war dort nicht angebracht.

5

Mit Schreiben vom 27. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Anhörung des Betriebsrats - fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2011. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe am 20., 21. und 22. September 2010 unter Verwendung der Stempelkarte ihres Ehemannes einen „Arbeitszeitbetrug“ zu dessen Gunsten begangen. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats - erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2011. Darin wiederholte sie den Vorwurf, die Klägerin habe sie gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann - dem gegenüber sie gleichfalls gekündigt hatte - mehrfach über dessen Arbeitszeit getäuscht. Sie verwies darauf, die Klägerin habe die Stempelkarte ihres Ehemannes auch am 23. und 24. September 2010 benutzt.

6

Die Klägerin hat mit ihrer am 15. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klageschrift den Antrag (Nr. 1) angekündigt „festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung der Beklagten vom 27.09.2010 seine Beendigung findet, sondern unverändert fortbesteht“. Daneben hat sie für den Fall des Obsiegens mit diesem Begehren einen Antrag (Nr. 2) auf vorläufige Weiterbeschäftigung angebracht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der letzte Halbsatz des Feststellungsbegehrens enthalte eine allgemeine Feststellungsklage. Sie könne nicht ausschließen, dass sich die Beklagte für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf weitere Beendigungstatbestände als die Kündigung vom 27. September 2010 berufe.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 2. Februar 2011 hat die Beklagte das Kündigungsschreiben vom 6. Oktober 2010 zur Gerichtsakte gereicht. Die Klägerin hat sodann einen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG gegen die darin erklärte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung gestellt. Anschließend haben die Parteien den Rechtsstreit wegen des Weiterbeschäftigungsantrags übereinstimmend für erledigt erklärt. Grund hierfür war, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 erneut gekündigt hatte. Dagegen hat die Klägerin in einem getrennten Verfahren Kündigungsschutzklage erhoben.

8

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigungen vom 27. September 2010 und 6. Oktober 2010, die sie mit ihrer vorliegenden Klage rechtzeitig angegriffen habe, seien unwirksam. Kündigungsgründe lägen nicht vor. Der Vorwurf, sie habe sich an einem „Arbeitszeitbetrug“ ihres Ehemannes beteiligt, treffe schon deshalb nicht zu, weil dieser gegenüber der Beklagten an feste Arbeitszeiten nicht gebunden gewesen sei. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Auch habe die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. September 2010, noch durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2010 aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wirksam. Die Klägerin habe an verschiedenen Tagen in kollusivem Zusammenwirken mit ihrem Ehemann bewusst Arbeitszeiten vorgespiegelt, die dieser tatsächlich nicht geleistet habe. Unabhängig davon werde die Wirksamkeit der Kündigung vom 6. Oktober 2010 nach § 7 KSchG fingiert. Das betreffende Schreiben sei noch an diesem Tag in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen worden. Der in der Klageschrift angekündigte allgemeine Feststellungsantrag habe die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht gewahrt.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht lediglich hinsichtlich des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung vom 6. Oktober 2010 zugelassenen Revision beantragt die Beklagte, die Klage insoweit abzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist zulässig (A.) und begründet (B.). Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie ist nicht über den Umfang ihrer Zulassung hinaus eingelegt worden. Die Beklagte hat sie ordnungsgemäß begründet.

14

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Wirksamkeit der fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 6. Oktober 2010. Die Revision ist nur insoweit zugelassen und eingelegt worden. Soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 27. September 2010 für unwirksam erachtet hat, ist sein Urteil rechtskräftig.

15

1. Das Bundesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde der Beklagten die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts „hinsichtlich der Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2010“ zugelassen. „Im Übrigen“ hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Die Zulassung erfasst folglich - nach Tenor und Begründung des Beschlusses - nicht die Entscheidung über die Kündigung(en) vom 27. September 2010.

16

2. Die Revision wendet sich dementsprechend nur gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Wirksamkeit der Kündigung(en) vom 6. Oktober 2010. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich einen unbeschränkten Revisionsantrag angekündigt. Schon die Revisionsbegründung setzt sich aber nur mit der Entscheidung zu diesen Kündigung(en) auseinander. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte überdies erklärt, die Revision werde „nicht über den Umfang ihrer Zulassung hinaus“ erhoben.

17

3. Die damit einhergehende Rechtskraft des Berufungsurteils hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 27. September 2010 steht dieser Würdigung nicht entgegen. Mit ihr ist nicht bindend festgestellt, dass im Zeitpunkt des Ablaufs der für diese Kündigung maßgebenden Frist - am 31. März 2011 - ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat und deshalb die Revision der Beklagten, mit der diese eine frühere Beendigung erreichen möchte, von vorneherein ohne Erfolg bleiben müsste. Dabei kommt es nicht darauf an, wie weit die Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung über einen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG generell reicht. Die Frage, ob und ggf. wann das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung vom 6. Oktober 2010 aufgelöst worden ist, war nicht Streitgegenstand der gegen die Kündigung vom 27. September 2010 erhobenen Klage.

18

a) Der Umfang der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess bestimmt sich nach dem Streitgegenstand. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung. Mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils steht deshalb regelmäßig fest, dass jedenfalls bei Zugang der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat, das nicht schon zuvor durch andere Ereignisse aufgelöst worden ist (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 13 mwN; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111).

19

b) Ob die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung zugleich die Feststellung enthält, dass das Arbeitsverhältnis auch zum vorgesehenen Auflösungstermin noch bestanden hat und nicht durch ein zeitlich früher wirkendes Ereignis aufgelöst worden ist(in diesem Sinne BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111; die Frage für mehrere zum gleichen Termin wirkende Kündigungen offenlassend: BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 46, BAGE 131, 155), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Zwar schließt im Verhältnis der Parteien zueinander die Rechtskraft einer Entscheidung gemäß § 322 ZPO eine von ihr abweichende gerichtliche Feststellung in einem späteren Verfahren grundsätzlich aus(BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 13; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 19). Eine solche Kollision tritt aber nicht ein, wenn der Gegenstand der Kündigungsschutzklage auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die konkret angegriffene Kündigung beschränkt worden ist und damit die Frage, ob auch noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, gerade nicht Streitgegenstand der betreffenden Klage war (vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 14 mwN; 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 16, BAGE 130, 166). Von einer solchen Beschränkung des Gegenstands der Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 27. September 2010 ist auszugehen.

20

aa) Die Klägerin hat gegen sämtliche Kündigungen in den Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010 und 6. Oktober 2010 Klage erhoben. Im Termin der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat sie ihre Anträge nebeneinander zur Entscheidung gestellt. Die Beklagte hat jeweils Klageabweisung beantragt. Das spricht dafür, dass schon die Klägerin die Kündigungen unabhängig voneinander auf ihre Wirksamkeit überprüft wissen wollte. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Antragsverständnis seiner Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt, weil es trotz der Möglichkeit der Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde und deren nach Anträgen unterschiedlichen Erfolgs über sämtliche Kündigungen gleichzeitig entschieden hat.

21

bb) Jedenfalls ist das Bundesarbeitsgericht im Rahmen seines Zulassungsbeschlusses ersichtlich von diesem Antragsverständnis und der entsprechenden Eingrenzung des Gegenstands der Klage gegen „die Kündigung vom 27. September 2010“ ausgegangen. Die Zulassung der Revision nur für den Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Kündigung(en) vom 6. Oktober 2010 wäre unverständlich, wenn aus seiner Sicht dieser Streit nicht aus dem Gegenstand der Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 27. September 2010 „ausgeklammert“ worden wäre. Dieses Antragsverständnis ist deshalb auch dem vorliegenden Revisionsverfahren zugrunde zu legen.

22

II. Die im eingelegten Umfang statthafte Revision ist auch ansonsten zulässig. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel ordnungsgemäß begründet. Unschädlich ist, dass sich die Revisionsbegründung nicht mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB für die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2010 und dem Fehlen der sozialen Rechtfertigung der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung auseinandersetzt. Die Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe die gegen „die Kündigung vom 6. Oktober 2010“ gerichtete Klage nicht iSv. § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG als rechtzeitig erhoben ansehen dürfen. Es habe deshalb bereits die fristlose Kündigung wegen § 7 KSchG als von Anfang an wirksam erachten müssen. Die Rüge ist - ihre Berechtigung unterstellt - geeignet, die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Umfang der Anfechtung insgesamt zu Fall zu bringen. Das ist ausreichend.

23

B. Die Revision ist begründet.

24

I. Das Landesarbeitsgericht durfte der Klage gegen die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2010 mit der von ihm gegebenen Begründung nicht stattgeben. Zwar gilt die Kündigung nicht gemäß § 7 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat die dreiwöchige Frist zur Klageerhebung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 4 Satz 1 KSchG) nicht versäumt (1.). Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen aber nicht das von ihm gefundene Ergebnis, ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB liege nicht vor(2.).

25

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der Fiktion des § 7 KSchG mit Zugang der fristlosen Kündigung vom 6. Oktober 2010 geendet. Die Klägerin hat die Frist des § 4 Satz 1 KSchG durch den mit der Klageschrift angekündigten allgemeinen Feststellungsantrag und ihre im Termin vom 2. Februar 2011 abgegebenen Prozesserklärungen gewahrt.

26

a) Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine Kündigung sei sozial ungerechtfertigt oder aus „anderen Gründen“ rechtsunwirksam, muss er gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die betreffende Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Aufgrund der Verweisung in § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt diese Frist auch für die Klage gegen eine außerordentliche Kündigung(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - Rn. 17). Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt diese gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage muss deshalb als unbegründet abgewiesen werden (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - aaO mwN).

27

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe die Kündigung vom 6. Oktober 2010 - hinsichtlich beider darin enthaltener Kündigungserklärungen - mit einer Klage nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG gesondert angreifen müssen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 6. Oktober 2010 das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut und eigenständig gekündigt und nicht etwa die vorangegangene Kündigung vom 27. September 2010 lediglich ein weiteres Mal verlautbart (zur Abgrenzung vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 38; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38). Gegen ein Verständnis der Erklärungen als eine einzige fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung spricht schon, dass sich die Beklagte in den betreffenden Kündigungsschreiben auf zwar gleichartige, aber an unterschiedlichen Tagen begangene Pflichtverletzungen der Klägerin und damit auf unterschiedliche Kündigungssachverhalte beruft.

28

c) Einen dem Wortlaut von § 4 Satz 1 KSchG entsprechenden Antrag hat die Klägerin bezogen auf die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 6. Oktober 2010 erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 2. Februar 2011 gestellt. Zuvor war die Kündigung überdies von keiner der Parteien konkret angesprochen worden. Das Landesarbeitsgericht hat ferner angenommen, am 2. Februar 2011 seien bereits mehr als drei Wochen seit Zugang der Kündigung verstrichen gewesen - ohne allerdings den Zeitpunkt des Zugangs exakt festzustellen. Auch unter diesen Umständen ist die Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.

29

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats zum erweiterten Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage (etwa BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - zu B I 2 der Gründe; 10. November 2005 - 2 AZR 623/04 - Rn. 30 mwN) enthält - wie erwähnt - die der Kündigungsschutzklage stattgebende Entscheidung in der Regel zugleich die Feststellung, dass im maßgebenden Auflösungstermin zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Der Arbeitgeber kann sich dann in einem späteren Prozess nicht darauf berufen, das Arbeitsverhältnis sei bereits zuvor aufgrund anderer Beendigungstatbestände aufgelöst worden. Er ist, wenn er diese Rechtsfolge vermeiden will, gehalten, den anderen - etwa in den Lauf der Kündigungsfrist fallenden - Beendigungstatbestand von sich aus in den Kündigungsrechtsstreit einzuführen. Dem würde es entsprechen, umgekehrt in der Klage gegen eine erste Kündigung zugleich den - fristwahrenden - Angriff gegen solche späteren Kündigungen zu erblicken, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Frist zugehen und innerhalb dieser Frist Wirkung entfalten sollen.

30

bb) Im Streitfall kommt es hierauf nicht an. Die Klägerin hat mit ihrer am 15. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage neben dem gegen die Kündigung vom 27. September 2010 gerichteten - punktuellen - Antrag zugleich einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gestellt. Zumindest dieser Antrag reichte - in Verbindung mit dem im Termin vom 2. Februar 2011 gestellten Antrag - aus, um hinsichtlich der Kündigung(en) vom 6. Oktober 2010 den Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 KSchG zu verhindern.

31

(1) Ein Arbeitnehmer kann neben der gegen eine bestimmte Kündigung gerichteten Klage nach § 4 Satz 1 KSchG eine Klage nach § 256 ZPO gerichtet auf die Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungsendtermin hinaus fortbestehe. Er macht auf diese Weise zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend. Diese kann er gemäß § 260 ZPO in einer Klage verbinden(BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - zu B I 2 der Gründe; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 622/01 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 103, 84). Gegenstand der Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die konkrete, mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin(sog. punktueller Streitgegenstand, vgl. BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - aaO; 27. Januar 1994 - 2 AZR 484/93 - zu B II 2 b (1) der Gründe). Gegenstand der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über diesen Termin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Erfasst von ihr sind deshalb alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden Beendigungsgründe. Die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils schließt eine auf ihnen beruhende Beendigung aus (BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - aaO mwN).

32

(2) Die Feststellungsklage nach § 256 ZPO setzt ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Es besteht nicht schon deshalb, weil eine bestimmte Kündigung ausgesprochen worden und ihretwegen ein Rechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer muss vielmehr weitere streitige Beendigungstatbestände oder wenigstens deren Möglichkeit in den Prozess einführen und damit dartun, dass er an dem die Klage nach § 4 KSchG erweiternden Antrag ein rechtliches Interesse hat(BAG 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 85, 262).

33

(3) Hat der Arbeitnehmer neben der Klage gegen eine konkret bezeichnete Kündigung iSv. § 4 Satz 1 KSchG binnen Dreiwochenfrist eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO erhoben, die sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegen jeglichen Auflösungstatbestand richtet, dessen sich der Arbeitgeber berühmen sollte, ersieht dieser daraus - entsprechend dem Sinn und Zweck des § 4 KSchG - dass der Arbeitnehmer sich auch gegen weitere(evtl. vorsorgliche) Kündigungen wenden will. Der Arbeitnehmer kann deshalb im Rahmen eines solchen allgemeinen Feststellungsantrags sonstige Kündigungen noch nach Ablauf der Dreiwochenfrist in den Prozess einführen und sich auf deren Unwirksamkeit berufen (vgl. BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - zu B II 1 b der Gründe; 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 1 der Gründe, BAGE 85, 262; 21. Januar 1988 - 2 AZR 581/86 - zu B II 2 ff. der Gründe, BAGE 57, 231). Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 6 KSchG. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Arbeitnehmer dabei nach Kenntnis von einer weiteren Kündigung gehalten, diese nunmehr eigens in den Prozess einzuführen und unter entsprechender Einschränkung des allgemeinen Feststellungsantrags iSv. § 264 Nr. 2 ZPO einen dem Wortlaut des § 4 KSchG angepassten Antrag zu stellen. Diese Modifikation kann er aufgrund der durch den allgemeinen Feststellungsantrag offengehaltenen Möglichkeit eines Angriffs noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vornehmen (BAG 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 1 b und c der Gründe aaO). Voraussetzung ist, dass der allgemeine Feststellungsantrag in die Berufungsinstanz gelangt.

34

(4) Im Streitfall braucht nicht entschieden zu werden, ob an dieser Rechtsprechung nach der Novellierung des Kündigungsschutzgesetzes durch das Arbeitsmarktreformgesetz vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) insoweit festgehalten werden kann, als sie die Möglichkeit eröffnet, auch Kündigungen, die schon bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochen worden sind, erstmals im zweiten Rechtszug in den Prozess einzuführen (befürwortend HaKo-Gallner KSchR 4. Aufl. § 4 Rn. 52; Spinner in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 4 Rn. 105 ff., § 6 Rn. 14; Lingemann/Groneberg NJW 2013, 2809 f.; ablehnend v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 15. Aufl. § 4 Rn. 127 ff.; Bayreuther ZfA 2005, 391; zur Wahrung der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG durch einen allgemeinen Feststellungsantrag vgl. BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 26). Ein innerhalb von drei Wochen nach Zugang der (weiteren) Kündigung erhobener Antrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, mit dem der Arbeitnehmer die Wirksamkeit jeglichen Auflösungstatbestands negiert, wahrt auch nach neuer Rechtslage in entsprechender Anwendung von § 6 KSchG jedenfalls dann die Frist des § 4 Satz 1 KSchG für eine erst nach deren Ablauf in den Prozess eingeführte Kündigung, wenn sich der Arbeitnehmer - wie hier - auf die Unwirksamkeit der weiteren Kündigung noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz berufen und einen auf sie bezogenen, dem Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG angepassten Antrag gestellt hat. Auch die weitere Frage, ob es der Anpassung zwingend bedurfte, kann damit im Streitfall dahinstehen.

35

(a) § 6 KSchG zielt auch in seiner neuen Fassung darauf ab, den Arbeitnehmer davor zu bewahren, seinen Kündigungsschutz aus formalen Gründen zu verlieren. Die Frist des § 4 Satz 1 KSchG soll nicht nur durch eine punktuelle Feststellungsklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung, sondern auch dadurch eingehalten werden können, dass der Arbeitnehmer innerhalb der Frist auf anderem Wege geltend macht, eine wirksame Kündigung liege nicht vor. Trotz seiner (zu) engen Formulierung ist § 6 KSchG weiterhin nicht nur auf bestimmte Unwirksamkeitsgründe anzuwenden. Die Neufassung des § 6 KSchG sollte der bisherigen Regelung entsprechen und lediglich auf die Änderung des § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Bedacht nehmen(BT-Drucks. 15/1509, 15/1204 S. 13; BAG 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 24 mwN). Eine entsprechende Anwendung von § 6 KSchG kommt deshalb - wie schon vor der Gesetzesnovelle - in Betracht, wenn etwa der Arbeitnehmer mit einer Leistungsklage Lohnansprüche oder Weiterbeschäftigung für die Zeit nach Zugang der Kündigung bzw. Ablauf der Kündigungsfrist innerhalb von drei Wochen gerichtlich geltend gemacht hat (BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 23; 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 23).

36

(b) Ist damit der Regelungszweck des § 6 Satz 1 KSchG unverändert geblieben, ist die Bestimmung auf eine allgemeine Feststellungsklage, mit der sich der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gegen solche Beendigungstatbestände wendet, die von einem bereits gestellten punktuellen Antrag nicht erfasst sind, weiterhin entsprechend anzuwenden. Das durch § 4 Satz 1, § 7 KSchG geschützte Interesse des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung der Rechtslage und sein Vertrauen in den Bestand der ausgesprochenen Kündigung wird in diesen Fällen durch die „Verlängerung“ der Anrufungsfrist nicht stärker berührt als im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 6 Satz 1 KSchG.

37

(5) Diese Erwägungen gelten - entgegen der Auffassung der Revision - gleichermaßen für Kündigungen, die dem Arbeitnehmer schon vor Klageerhebung zugegangen sind. Ein sachlicher Grund, bezüglich ihrer an die Klageanträge des Arbeitnehmers andere Anforderungen zu stellen als bezüglich solcher Kündigungen, die erst während des Rechtsstreits erklärt wurden, ist nicht erkennbar. Die Frage, ob über den Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt wird, ist auch in diesem Fall danach zu beantworten, ob er innerhalb der Frist gestellt worden ist.

38

(6) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin die Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.

39

(a) Das Landesarbeitsgericht hat den in der Klageschrift vom 14. Oktober 2010 enthaltenen Antrag zu 1. hinsichtlich seines letzten Halbsatzes zutreffend als einen selbständigen Antrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO verstanden, mit dem die Klägerin sich gegen jegliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewehrt hat. Zwar hat diese ihr betreffendes Begehren weder vollständig ausformuliert noch als gesonderten Antrag vom Kündigungsschutzantrag abgesetzt. Gleichwohl stellte - für die Beklagte erkennbar - der fragliche Halbsatz „… sondern unverändert fortbesteht“ nicht nur einen floskelhaften, unselbständigen Annex zum Kündigungsschutzantrag dar (zur Abgrenzung BAG 15. März 2001 - 2 AZR 141/00 - zu B II 2 der Gründe; 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 4 der Gründe, BAGE 85, 262). Das ergibt sich unzweifelhaft aus der Klagebegründung, die zur Auslegung der Anträge ergänzend heranzuziehen ist. Dort hat die Klägerin ausgeführt, mit dem letzten Halbsatz ihres Antrags zu 1. eine „allgemeine Feststellungsklage“ erheben zu wollen. Sie könne nicht ausschließen, dass die Beklagte sich auf weitere Beendigungstatbestände berufen werde. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ihr Begehren nur auf Beendigungstatbestände beziehen sollte, die nach Anhängigkeit der Kündigungsschutzklage entstanden wären.

40

(b) Unerheblich ist, ob die Ausführungen in der Klageschrift zur Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ausreichten. Selbst wenn der Antrag anfänglich unzulässig gewesen sein sollte, hat er der Beklagten vor Augen geführt, dass die Klägerin sich gegen jeglichen Grund für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses wenden will. Insbesondere musste die Beklagte erkennen, dass die Klägerin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 6. Oktober 2010 nicht hinnehmen wollte, zumal andernfalls ihr gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31. März 2011 gerichteter Antrag keinen Sinn ergäbe.

41

(c) Ob die Klagefrist gemäß § 4 Satz 1 iVm. § 6 KSchG nicht auch durch den anfänglich erhobenen Weiterbeschäftigungsantrag gewahrt ist, kann offenbleiben.

42

2. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen, die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2010 sei mangels wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.

43

a) Der Senat ist nicht gehindert, das Berufungsurteil auf mögliche Rechtsfehler im Rahmen der Ausführungen zu § 626 BGB zu überprüfen, obwohl die Beklagte diesbezüglich keine Rüge erhoben hat. Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

44

b) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts der konkreten Umstände des Falls und bei der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 13; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13).

45

c) Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (st. Rspr., BAG 24. März 2011 - 2 AZR 282/10 - Rn. 16; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349).

46

d) Die angegriffene Entscheidung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

47

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein wichtiger Grund zur Kündigung liege deshalb nicht vor, weil sich die Beklagte zu deren Rechtfertigung auf eine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung der Klägerin berufen habe, die tatbestandlichen Voraussetzungen des einschlägigen § 263 StGB aber nicht erfüllt seien. Dies hat es damit begründet, dass der Ehemann der Klägerin an keine festen Arbeitszeiten gebunden gewesen sei und er deshalb durch das Vortäuschen von Anwesenheitszeiten keinen Vermögensvorteil auf Kosten der Beklagten habe erlangen können.

48

bb) Damit hat das Landesarbeitsgericht übersehen, dass es für die materiell-rechtliche Bewertung, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, nicht auf den subjektiven Standpunkt des Kündigenden und dessen Ansicht über eine mögliche Strafbarkeit des missbilligten Verhaltens ankommt(vgl. BAG 17. Februar 2000 - 2 AZR 927/98 - zu II 2 b der Gründe; 2. Juni 1960 - 2 AZR 91/58 - BAGE 9, 263; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 109; Stahlhacke/Preis 10. Aufl. 2010 Rn. 550). Entscheidend ist der objektive Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und das Gewicht eines mit ihm verbundenen Vertrauensbruchs (st. Rspr., BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 15; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 18). Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG dem Betriebsrat gegenüber eine bestimmte strafrechtliche Bewertung des Verhaltens vorgenommen hat. Entscheidend ist auch dann der der Kündigung zugrunde liegende Lebenssachverhalt. Hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hinreichend unterrichtet, kommt es auf seine rechtliche Einordnung des Verhaltens nicht an (BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 44, BAGE 137, 164; BAG 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 36).

49

(1) Zwar kann es Fälle geben, in denen der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss untrennbar mit einem Werturteil verknüpft, das etwa mit einer strafgerichtlichen Verurteilung des Arbeitnehmers verbunden ist (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 25; 29. Juli 1993 - 2 AZR 90/93 - zu II 1 c cc der Gründe). Macht er seinen Kündigungsentschluss auf diese Weise unmittelbar vom Nachweis einer Straftat abhängig, sind die Gerichte hieran gebunden. Für eine solche Abhängigkeit bedarf es aber besonderer Anhaltspunkte.

50

(2) Daran fehlt es hier. Die Beklagte mag der Auffassung gewesen sein, die Klägerin habe sich an einem (versuchten) „Arbeitszeitbetrug“ ihres Ehemanns beteiligt und insoweit strafbar gemacht. Sie hat darauf durchgängig - im Kündigungsschreiben, bei der Anhörung des Betriebsrats und im Prozess - abgestellt. Das rechtfertigt dennoch nicht den Schluss, sie habe die mit der Kündigung angestrebte Auflösung des Arbeitsverhältnisses davon abhängig machen wollen, dass sich ein Betrugsvorwurf im strafrechtlichen Sinne bestätige. Näher liegt die Annahme, sie habe mit der Betonung der Strafbarkeit das Gewicht der Pflichtverletzung verdeutlichen wollen. Dem entspräche es, dass das Berufungsurteil Feststellungen dazu, ob die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung eine Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden oder Strafgerichte abgewartet hat, nicht enthält. Auch Feststellungen dazu, ob die Beklagte gegen die Klägerin und ihren Ehemann zumindest Strafanzeige erstattete, hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

51

cc) Das Landesarbeitsgericht hat auch weitere relevante Aspekte nicht widerspruchsfrei berücksichtigt. Es hat seine Auffassung, der Ehemann der Klägerin habe sich durch sein Verhalten keinen Vermögensvorteil verschaffen können, damit begründet, dass er an feste Arbeitszeiten nicht gebunden gewesen sei. Daraus kann nicht gefolgert werden, der Ehemann der Klägerin habe Arbeitszeiten vorspiegeln dürfen, die er in Wirklichkeit nicht geleistet hat. Im Übrigen ist weder festgestellt, dass er tatsächlich jeglicher Bindung an Arbeitszeiten enthoben gewesen wäre und seine Vergütung unabhängig vom Umfang seiner tatsächlichen Arbeitsleistungen erhalten hätte, noch steht fest, welche Arbeitsleistungen er im fraglichen Zeitraum erbracht hat. Ohne solche Feststellungen wiederum fehlt es für die Annahme des Landesarbeitsgerichts an einer tragfähigen Grundlage. Im Übrigen kann ein wirtschaftlicher Vorteil auch in der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses als solcher liegen. Die Klägerin selbst geht davon aus, dass die Beklagte durch die falsche Dokumentation der Anwesenheitszeiten davon abgehalten werden sollte, arbeitsrechtliche Konsequenzen zum Nachteil ihres Ehemanns zu ziehen.

52

II. Das anzufechtende Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dass die Kündigung wegen Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB oder mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam wäre, kann derzeit nicht angenommen werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, wann das Kündigungsschreiben vom 6. Oktober 2010 der Klägerin zugegangen ist. Das gleiche gilt mit Blick auf die Anforderungen des § 102 Abs. 1 BetrVG.

53

III. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird Feststellungen zur Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB und zur Korrektheit der Betriebsratsanhörung nachzuholen haben. Falls es darauf ankommt, wird es die materielle Rechtfertigung der fristlosen Kündigung nach Maßgabe von § 626 Abs. 1 BGB erneut prüfen müssen. Dafür gibt der Senat folgende Hinweise:

54

1. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, kommt als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB in Frage. Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer „Stempeluhr“ ebenso wie für das vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Mitarbeiter vertrauen können. Dies gilt erst recht, wenn diese nicht an feste Arbeitszeiten gebunden sind. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer entsprechende Formulare vorsätzlich falsch aus, liegt darin in aller Regel ein schwerer Vertrauensmissbrauch. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren, und er hierbei vorsätzlich falsche Angaben macht (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 14). Darauf, ob dem Arbeitgeber durch das Verhalten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist oder das Verhalten des Arbeitnehmers auf andere - nicht wirtschaftliche - Vorteile ausgerichtet war, kommt es grundsätzlich nicht an.

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2. Ein die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigender Grund kann auch darin liegen, dass der Arbeitnehmer für einen Kollegen Kontrolleinrichtungen betätigt und dadurch den Arbeitgeber über dessen Anwesenheit am Arbeitsplatz täuscht (23. Januar 1963 - 2 AZR 278/62 - BAGE 14, 42).

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3. Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin ihre Arbeitspflichten erheblich verletzt. Sie hat bewusst und willentlich über die tatsächliche Arbeitszeit ihres Ehemanns getäuscht und zu diesem Zweck falsche Anwesenheitszeiten dokumentiert.

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4. Das Landesarbeitsgericht, dem insoweit ein Beurteilungsspielraum zukommt, wird auf dieser Grundlage zu prüfen und zu bewerten haben, ob in dem Verhalten der Klägerin auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der beiderseitigen Interessen ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gesehen werden kann. Die dafür relevanten Umstände sind noch nicht festgestellt. Insbesondere ist nicht erkennbar, was es mit der vom Landesarbeitsgericht angenommenen besonderen Belastungssituation des - seinerzeit gesundheitlich möglicherweise angeschlagenen - Ehemanns der Klägerin im Einzelnen auf sich hat und inwieweit diese Situation zu deren Fehlverhalten beigetragen hat.

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IV. Der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt das Berufungsurteil auch insoweit, wie das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten hinsichtlich der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 6. Oktober 2010 zurückgewiesen hat. Die Entscheidung über den betreffenden Kündigungsschutzantrag der Klägerin hängt davon ab, ob sich die fristlose Kündigung im Rahmen der erneuten Sachprüfung als unwirksam erweist. Sollte das Landesarbeitsgericht zu diesem Ergebnis gelangen, wird es berücksichtigen müssen, dass seine Begründung das bisherige Ergebnis nicht trägt. Es durfte seine Annahme, die ordentliche Kündigung vom 6. Oktober 2010 sei sozial ungerechtfertigt, nicht darauf stützen, das Verhalten des Ehemanns der Klägerin sei nicht gemäß § 263 StGB strafbar gewesen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.