Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 11. Jan. 2016 - 2 Sa 892/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.04.2015 – 17 Ca 8276/14 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer 24 Monate überschreitenden Befristung aufgrund tarifvertraglicher Verlängerungs-möglichkeit nach § 14 Abs. 2 Tz BfG. Diese ist davon abhängig, ob § 2 Nr. 4 Mantelrahmentarifvertrag vom 30. August 2011 für Sicherheitsdienstleistungen (MRTV) im Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung kommt. § 2 Nr. 4 MRTV sieht eine Befristungsmöglichkeit von bis zu 30 Monaten bei insgesamt zwei Verlängerungen vor.
3Die Klägerin ist Mitglied von ver.di, die Beklagte Mitglied im Bundesverband des Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe NRW. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe NRW und der ver.di Landesbezirk NRW schlossen am 8. Dezember 2005 einen Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW (MTV NRW). Dieser wurde durch Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 5. April 2013 für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 wieder in Kraft gesetzt. Dieser Tarifvertrag enthält keine Ausweitung der gesetzlichen Befristungsmöglichkeiten nach § 14 Abs. 2 TzBfG.
4Die Klägerin war zunächst seit dem 1. September 2012 bei der Beklagten befristet bis zum 30. September 2013 und danach auf Grund der angegriffenen Befristung bis zum 30. September 2014 befristet beschäftigt. Sie verdiente durchschnittlich 950 EUR brutto im Monat. In beiden schriftlichen Verträgen war “soweit nichts anderes geregelt ist“ auf die „Bestimmungen des Manteltarifvertrags… für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW und BRD in ihrer jeweils aktuellen Fassung“ verwiesen worden.
5Die Klägerin meint, die sachgrundlose Befristung sei unwirksam, da der MRTV nicht wirksam in Bezug genommen sei. Jedenfalls sei dies mangels Transparenz der arbeitsvertraglichen Formulierung nicht erkennbar.
6Die Klägerin hat beantragt,
71. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung vom 22.07.2013 zum 30.09.2014 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 30.09.2014 hinaus unbefristet fortbesteht,
82. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, sie als Mitarbeiterin für Pforten-, Empfangs- und Turmdienst zu beschäftigen bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits.
9Die Beklagte hat beantragt
10die Klage abzuweisen.
11Sie vertritt die Ansicht, dass der MRTV auf das Arbeitsverhältnis sowohl aufgrund Verweisung im Arbeitsvertrag als auch aufgrund Tarifbindung der Parteien unmittelbar Anwendung findet. Danach sei die Befristung zulässig.
12Das Arbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfang zugesprochen. Es hat dies damit begründet, dass der MTV NRW als spezieller Tarifvertrag den MRTV verdränge. Es könne nicht durch Auslegung festgestellt werden, dass der MTV NRW lediglich ein ergänzender Tarifvertrag zum MRTV sei.
13Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung
14Sie beantragt,
15das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.04.2015 - Az. 17 Ca 8276/14 - zu ändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
16Die Klägerin beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Beide Parteien vertiefen ihre Rechtsstandpunkte zur Anwendbarkeit des MRTV im Arbeitsverhältnis der Parteien.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist begründet. Im Arbeitsverhältnis der Parteien ist § 2 Nr. 4 MRTV anwendbar. Dieser ist nicht durch den MTV NRW als speziellerem Tarifvertrag verdrängt worden. Danach ist die mit Vertrag vom 22.07.2013 vereinbarte Befristung bis zum 30.09.2014 zulässig, da sie erst die erste Verlängerung des am 01.09.2012 begonnenen befristeten Vertrages ist und insgesamt die zulässige Befristungszeit von 30 Monaten nicht überschritten wurde.
21Das Verhältnis der beiden durch beiderseitige Zugehörigkeit zu den tarifvertragsschließenden Parteien grundsätzlich anwendbaren Tarifverträge kann durch Auslegung festgestellt werden. Danach gelten beide Tarifverträge nebeneinander im Arbeitsverhältnis. Der MRTV wird nicht durch den MTV NRW verdrängt.
22Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 21. März 2001 - 10 AZR 41/00 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 75 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 43).
23Aus der Wortlautauslegung ergeben sich bereits Hinweise darauf, dass der MTV NRW lediglich eine Ergänzung des MRTV darstellt und diesen nicht als speziellerer Tarifvertrag vollständig verdrängt. Zunächst haben die Tarifvertragsparteien bei der Anmeldung des Tarifvertrag zum Tarifregister des Landesarbeitsgerichts Hamm dem eingereichten Tarifvertrag eine Dokumentenbezeichnung beigefügt, die wie folgt lautet und beim Ausdruck aus dem Tarifregister mit angegeben wird: „NRW MTV-Ergänzung zu MRTV vom 8.12.2005.doc“.
24Zwar mag diese Dokumentenbezeichnung aus dem internen Gebrauch der Tarifvertragsparteien für sich alleine nicht ausreichend sein, um das Verhältnis der Tarifverträge zueinander zu klären, jedoch ist auch die Überschrift der beiden Tarifverträge zur Auslegung heranzuziehen. So handelt es sich bei dem Bundestarifvertrag um einen Mantelrahmentarifvertrag, also einen Tarifvertrag der den Rahmen für die landesspezifischen Manteltarifverträge darstellen soll. Dementsprechend hat der MTV NRW, der „nur“ als Manteltarifvertrag bezeichnet ist, die Bedeutung, dass er innerhalb des durch den MRTV vorgegebenen Rahmens weitere Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Bedingungen regelt.
25Soweit in anderen Bundesländern landesspezifische Manteltarifverträge mit ähnlichem Inhalt wie in NRW abgeschlossen wurden, wurden diese Tarifverträge auch in der Überschrift jeweils als „Ergänzungstarifvertrag“ bezeichnet. Diese Bezeichnung bringt zwar deutlicher als die in Nordrhein-Westfalen gewählte Bezeichnung zum Ausdruck, dass der landesspezifische Tarifvertrag den Bundestarifvertrag nicht verdrängen sondern insgesamt nur ergänzend soll. Die in Nordrhein-Westfalen gewählte Bezeichnung lässt aber ebenfalls die Auslegung zu, dass es sich bei dem MTV NRW nicht um einen den MRTV verdrängenden und ersetzenden weiteren Mantelrahmentarifvertrag handelt, sondern um einen Manteltarifvertrag der den Rahmen des MRTV ausfüllt und ergänzt.
26Ein weiterer Hinweis für diese Auslegung ergibt sich auch aus der Tarifhistorie. Der Vorgängertarifvertrag des MRTV vom 30.08.2011, der am 30.08.2005 abgeschlossen wurde, enthält in § 18 die Regelung, dass er sämtliche Manteltarifverträge der Bundesländer in den Regelungsbereichen außer Kraft setzt, die in diesem Tarifvertrag geregelt sind. Nur sofern in dem MRTV vom 30.08.2005 ausdrücklich auf länderspezifischen Regelungen verwiesen wird, bleiben diese partiell weiterhin in Kraft. Zusätzlich bleiben nach § 18 MRTV 2005 die in den länderspezifischen Manteltarifverträgen geregelten Regelungsbereiche in Kraft, für die der MRTV 2005 keine Regelung trifft. Unmittelbar nach Abschluss dieses Tarifvertrages, also der Beseitigung aller dem MRTV entgegenstehenden landestariflichen Regelungen wurde im Land Nordrhein-Westfalen der hier anwendbare MTV vom 08.12.2005 abgeschlossen. Damit war klar, dass für landesspezifische Regelungen nur noch die Regelungsbereiche verbleiben sollten, die im MRTV keine Regelung gefunden haben. Es ist fernliegend, anzunehmen, dass sich die Landestarifvertragsparteien NRW gerade hierüber hinwegsetzen wollten und im Dezember 2005 einen vollständig den MRTV verdrängenden Tarifvertrag schließen wollten.
27Tatsächlich haben die Tarifvertragsparteien sich auch entsprechend diesem Verständnis des Verhältnisses der Tarifverträge zueinander verhalten. Die Tarifverträge haben einen sich ergänzenden Inhalt, der bis auf wenige Ausnahmen jeweils nicht im anderen Tarifvertrag geregelt ist.
28So findet sich in § 2 MRTV eine umfassende Regelung zu Begründung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Kündigungsfrist und Befristung. Unter § 2 Z. 3.2 findet sich dabei der Hinweis im MRTV, dass ab dem sechsten Jahr des Beschäftigungsverhältnisses die Kündigungsfristen gemäß den länderspezifischen Tarifverträgen gelten. Hätten die Tarifvertragsparteien das vollständige Verdrängen des MRTV durch danach abgeschlossene Landesmanteltarifverträge gewollt, so wäre ein solcher Hinweis völlig überflüssig. Denn nach der im erstinstanzlichen Urteil wiedergegebenen Regel werden weniger spezielle Tarifverträge durch speziellere Tarifverträge auch dann vollständig verdrängt, wenn in den spezielleren Tarifverträgen überhaupt keine Regelung der entsprechenden Themenbereiche enthalten ist. Einer Öffnungsklausel hätte es nicht bedurft.
29Soweit in § 7 Abs. 1 MTV NRW ein Hinweis auf die im MRTV geregelten Kündigungsfristen enthalten ist, widerspricht dies nicht der gefundenen Auslegung, denn im Hinblick auf die tarifunterworfenen Arbeitnehmer erscheint es sinnvoll, unter einer tarifvertraglichen Überschrift „Kündigungsfristen“ einen Hinweis darauf zu erteilen, wie ein Arbeitnehmer sich vollständigen Überblick über die gesamte in seinem Arbeitsverhältnis geltende Kündigungs-fristenregelung verschafft.
30Die in § 3 MRTV enthaltenen Begriffsbestimmungen finden sich in MTV NRW nicht, ebenso fehlt es an den allgemeinen Bestimmungen aus § 4 MRTV, den Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung aus § 5 MRTV und den dezidierten Regelungen zur Arbeitszeit aus § 6 MRTV. Auch hier zeigt sich wieder, dass die Tarifvertragsparteien keinesfalls von einer vollständigen Verdrängung des MRTV in allen Bereichen ausgegangen sind, soweit in einzelnen Bundesländern länderspezifische Manteltarifverträge abgeschlossen werden sollten. Vielmehr enthält § 6 Z. 2 MRTV erneut eine eingeschränkte Öffnungsklausel für länderspezifische Regelungen, die nicht erforderlich gewesen wäre, wenn jedwede länderspezifische Regelung nach dem Spezialitätsprinzip den MRTV sowieso hätte verdrängen sollen.
31Auch die Regelungen aus § 7 bis § 16 MRTV haben im MTV NRW keinerlei Entsprechung. § 18 MRTV regelt zum Urlaubsanspruch allgemeine Rahmenbedingungen während § 5 MTV NRW diese Rahmenbedingungen durch die Festlegung der Anzahl der Urlaubstage ergänzt.
32Demgegenüber enthält der MTV NRW in § 2 die durch Öffnungsklausel in § 6 MRTV erst eröffnete Regelungsmöglichkeit zur Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten. § 3 MTV NRW regelt Lohnzuschläge, die nicht im MRTV geregelt sind. § 4 MTV NRW regelt eine Fahrgelderstattung, die nicht im MRTV geregelt ist. § 5 MTV NRW regelt die Urlaubsansprüche, die nicht im MRTV geregelt sind. § 6 MTV NRW regelt eine Hinterbliebenenhilfe, die keine Entsprechung im MRTV hat. § 7 MTV NRW regelt, wie oben bereits dargestellt, die durch die Öffnungsklausel landesspezifisch regelbare Kündigungsfrist nach Ablauf von fünf Jahren und verweist der Vollständigkeit halber auf die zuvor geltenden Kündigungsfristen aus § 2 MRTV. § 8 MTV NRW regelt eine Besitzstandwahrung. § 10 MTV NRW regelt den Anwendungsbereich dieses länderspezifischen Tarifvertrages.
33Lediglich § 9 MTV NRW und § 17 MRTV sind wortgleich in beiden Tarifverträgen enthalten. Nach Ansicht der Kammer führt dies aber nicht dazu, annehmen zu können, die Tarifvertragsparteien seien davon ausgegangen, dass der MRTV durch den MTV NRW vollständig verdrängt wird. Vielmehr kann die zusätzliche Aufnahme der wortgleichen Ausschlussfrist damit erklärt werden, dass im MTV NRW neue eigene Ansprüche geschaffen werden, für die der Vollständigkeit halber und wegen der Bedeutung der Ausschlussfrist für die tarifunterworfenen Arbeitnehmer die Regelung wiederholt wird, um ein möglichst richtiges und umfassendes Bild der im Arbeitsvertrag geltenden Regelungen zu schaffen.
34Aus dem ganz überwiegend nicht übereinstimmenden Inhalt der beiden Tarifverträge ist deshalb zu schließen, dass der MTV NRW keine verdrängende sondern lediglich ergänzende Funktion gegenüber dem MRTV haben sollte.
35Damit findet der MRTV kraft Verbandszugehörigkeit beider Parteien im Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Befristung ist gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig.
36Zudem würde nach Ansicht der Kammer die Befristung auch durch die arbeitsvertragliche Inbezugnahme des MRTV zulässig sein.
37Die arbeitsvertragliche Regelung, dass auf das Arbeitsverhältnis die im Land Nordrhein-Westfalen aber auch die bundesweit im Sicherheitsgewerbe geltenden Tarifverträge Anwendung finden sollen, ergibt sich eindeutig und ausreichend klar aus der gewählten Formulierung. Diese ist auch nicht überraschend, da einschlägige Tarifverträge regelmäßig im Arbeitsvertrag vereinbart werden.
38Zudem stellt die im MRTV enthaltene Regelung zur Befristung von Arbeitsverhältnissen auch keine einseitige Benachteiligung der Arbeitnehmerin dar. Denn unabhängig davon, ob eine verlängerte Befristungsmöglichkeit ohne Sachgrund deshalb für einen Arbeitnehmer günstiger sein kann, weil andernfalls sein Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber nach Ablauf von 24 Monaten nicht fortgesetzt würde, enthält die Gesamtschau der Befristungsregelung im MRTV jedenfalls keine benachteiligende Regelung. Vielmehr finden sich in der tariflichen Regelung auch Komponenten, die eindeutig für Arbeitnehmer günstiger als die gesetzliche Regelung sind, nämlich die Verpflichtung, die erste Befristung mindestens zwölf Monate dauern zu lassen und die eingeschränkte Möglichkeit insgesamt nur drei befristete Arbeitsverträge abschließen zu können, während die gesetzliche Regelung hier von vier Einzelverträgen und einer beliebigen Dauer ausgeht. Die Bewertung der Gesamtregelung ergibt damit nicht, dass durch das Eingreifen der tarifvertraglichen Regelung die arbeitsvertragliche Stellung der Arbeitnehmerin verschlechtert würde.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO
40Die Revision wurde für die Klägerin zugelassen, da das Verhältnis des MTV NRW zum MRTV jedenfalls für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Land Nordrhein-Westfalen von allgemeiner Bedeutung ist.
41R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
42Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin
43R E V I S I O N
44eingelegt werden.
45Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
46Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
47Bundesarbeitsgericht
48Hugo-Preuß-Platz 1
4999084 Erfurt
50Fax: 0361 2636 2000
51eingelegt werden.
52Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
53Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
54- 55
1. Rechtsanwälte,
- 56
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 57
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
59Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
60Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
61* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung vom 22. Juli 2013 zum 30. September 2014 seine Beendigung gefunden hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Mitarbeiterin für Pforten-, Empfangs- und Turmdienst zu beschäftigen bis zur Rechtskraft der Entscheidung.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Streitwert des Urteils 3.800,00 Euro.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer 24 Monate überschreitenden Befristung aufgrund tarifvertraglicher Verlängerungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 3, 4 TzBfG iVm. § 2 Nr. 4 Mantelrahmentarifvertrag vom 30. August 2011 für Sicherheitsdienstleistungen (MRTV). § 2 Nr. 4 MRTV sieht eine Befristungsmöglichkeit von bis zu 30 Monaten bei zwei Verlängerungen vor.
3Die Klägerin ist Mitglied von ver.di, die Beklagte Mitglied im Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe NRW. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe NRW und ver.di Landesbezirk NRW schlossen am 8. Dezember 2005 einen Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW (MTV NRW). Dieser wurde durch Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 5. April 2013 für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 wieder in Kraft gesetzt. Er enthält Regelungen zu Kündigungsfristen - bei denen er auch auf den MRTV verweist, indes nicht zu Befristungsmöglichkeiten.
4Die Klägerin war zunächst seit dem 1. September 2012 bei der Beklagten befristet bis zum 30. September 2013 und danach bis zum 30. September 2014 befristet beschäftigt. Sie verdiente durchschnittlich 950,00 Euro brutto im Monat. In beiden schriftlichen Verträgen war „soweit nichts anderes geregelt ist“ auf die „Bestimmungen des Manteltarifvertrags … für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW und BRD in ihrer jeweils aktuellen Fassung“ verwiesen worden.
5Die Klägerin meint - in ihrer rechtzeitigen Klage, die sachgrundlose Befristung sei unwirksam, auf den MRTV sei nicht wirksam Bezug genommen. Im Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW (MTV NRW) sei keine Verlängerung der Befristung vorgesehen. Die Bezugnahme erfasse mangels Transparenz nicht den MRTV.
6Die Klägerin beantragt
71. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung vom 22. Juli 2013 zum 30. September 2014 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 30.09.2014 hinaus unbefristet fortbesteht;
82. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, sie als Mitarbeiterin für Pforten-, Empfangs- und Turmdienst zu beschäftigen bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte meint, die Befristung sei nach § 2 Nr. 4 MRTV zulässig, da sie nicht die Dauer von 30 Monaten überschreite. Der Verweis im Arbeitsvertrag sei auch ausreichend transparent.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage ist begründet.
14I. Der Antrag zu 1. ist begründet. Die Befristung im Verlängerungsvertrag vom 23. Juli 2013 zum 30. September 2014 ist mangels Sachgrunds und wegen des Überschreitens der Befristungsdauer von zwei Jahren unwirksam, § 14 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Die Beklagte kann sich nicht auf die verlängerte Befristungsmöglichkeit nach § 2 Nr. 4 MRTV iVm. § 14 Abs. 2 Satz 3, 4 TzBfG berufen.
151. Die Anforderungen des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG sind nicht erfüllt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beidseitiger Tarifbindung der MTV NRW Anwendung. Er wurde am 5. April 2013 durch eine Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien mit Wirkung zum 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 wieder in Kraft gesetzt. Der MTV NRW enthält keine Regelung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG. Er ist auch nicht dahin auszulegen, dass daneben der MRTV und seine Befristungsregelung in § 2 Nr. 4 - maximal 30 Monate ohne Sachgrund - Anwendung findet.
16a) Ein Tarifvertrag auf Landesebene, der von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurde, verdrängt einen Tarifvertrag auf Bundesebene infolge einer Tarifkonkurrenz nach dem Spezialitätsprinzip (vgl. allgemein BAG 19. November 2014, 4 AZR 761/12 - Rn. 33; 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - BAGE 125, 314). Vorrangig ist derjenige Tarifvertrag anwendbar, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der dort tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird. Der regionale Tarifvertrag geht dem Bundespitzentarif in seinem Regelungsbereich vor (BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 576/05 -; 28. Juni 2001 - 6 AZR 114/00 - BAGE 98, 175; Kempen NZA 2003, 415, 416; Melms/Kentner NZA 2014, 127). Eine Mischung von Arbeitsbedingungen zweier Tarifverträge zerstört den von den Tarifvertragsparteien gefundenen Kompromiss (Konzen RdA 1978, 146; Kraft RdA 1992, 165). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Tarifverträge direkt widersprechen, oder ob der eine etwas regelt, was nicht Gegenstand des anderen ist (Löwisch/Rieble 3. Aufl. § 4 TVG Rn. 275).
17b) MTV NRW und MRTV stehen in Tarifkonkurrenz: Sie sind vom Bundesverband Sicherheitswirtschaft und ver.di sowie den entsprechenden Landesgruppen abgeschlossen worden. Beide Tarifverträge enthalten als Manteltarifverträge Regelungen über den Bestand und die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Tarifverträge finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beidseitiger Tarifbindung normativ Anwendung, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Der MTV NRW geht als räumlich in NRW einschlägige Regelung und damit als speziellerer Tarifvertrag dem MRTV auf Bundesebene vor. Eine Anwendung des § 2 Nr. 4 MRTV scheidet damit aus.
18c) Der MTV NRW enthält auch keine Bezugnahme auf die Befristungsregeln des MRTV oder ließe eine entsprechende Auslegung zu. Er verweist vielmehr an einer Stelle konkret auf die Regelungen des MRTV, nämlich in § 7 MTV NRW auf die Kündigungsfristen des MRTV. Sonstige - auch allgemeine - Bezugnahmen fehlen. Damit ist eine Auslegung ausgeschlossen, um Regelungen des MRTV ergänzend heranzuziehen.
19d) Die Anwendung von tariflich erweiterten Befristungsregeln, die über den Rahmen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG hinausgehen, bedürfen - auch wegen der besonderen Bedeutung der Befristungskontrolle vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG - einer ausdrücklichen und besonderen Regelung. Für die Normunterworfenen muss klar sein, ob eine tarifliche Regelung die Erweiterung von Befristungsmöglichkeiten zulässt (vgl. APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 407).
202. Auch § 14 Abs. 2 Satz 4 TzBfG eröffnet hier keine weitergehende Befristungsmöglichkeit. Aus der möglichen arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den MRTV ergibt sich diese nicht.
21a) Kommt ein Tarifvertrag kraft normativer Wirkung zur Anwendung, kann eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf „einen Manteltarifvertrag“ nicht auch als Bezugnahme auf einen - im Wege der Spezialität - verdrängten (Mantel-)Tarifvertrag ausgelegt werden. Dies bedürfte - die Zulässigkeit einer solchen Abrede bei fehlendem ausdrücklichen Willen der Tarifvertragsparteien vorausgesetzt - besonderer Anhaltspunkte, die hier indes fehlen. Hinzukommt, dass dies wohl nur im Rahmen der Günstigkeit zulässig wäre, § 4 Abs. 3 TVG. Denn der normativ geltende speziellere Tarifvertrag kann nicht durch Bezugnahmen auf ungünstigere - grundsätzlich anwendbare, aber im Wege der Tarifkonkurrenz verdrängte - Regelungen ergänzt werden. Dies ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien. Eine Erweiterung der Befristungsmöglichkeit auf 30 Monate ist gegenüber der gesetzlichen Begrenzung auf 24 Monate eine Verschlechterung, da sie die Aussichten auf eine unbefristete Beschäftigung schmälert.
22b) Eine solche Bezugnahme dürfte auch wegen der Systematik des § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 TzBfG ausscheiden. Im Bereich der Tarifbindung geht § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG vor. Das belegt auch § 14 Abs. 2 Satz 4 TzBfG, der eine Bezugnahme nur „im räumlichen Geltungsbereich“ des Tarifvertrags zulässt und die fehlende Tarifbindung voraussetzt(vgl. APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 409). Beides wäre hier wegen der Bindung der Parteien an den MTV NRW und wegen der Verdrängung des MRTV nicht der Fall. Es kann damit dahinstehen, wie die Bezugnahme auszulegen ist und ob sie hinreichend transparent ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
233. Die Kammer war nicht daran gehindert, die auf das Arbeitsverhältnis normativ einwirkenden Tarifverträge zu ermitteln. Die Gerichte haben, sobald erkennbar ist, dass ein Tarifvertrag infolge Tarifgebundenheit für ein Arbeitsverhältnis gelten könnte, den maßgebenden Tarifvertrag gem. § 293 ZPO zu ermitteln(Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 15. Aufl. § 203 Rn. 21). Die Parteien streiten hier über eine Bezugnahmeklausel auf die erörterten Tarifverträge. Aufgrund der Informationen im Handelsregister über den Geschäftsgegenstand der Beklagten und die Vertretung der Klägerin durch den DGB war für die Kammer ausreichend erkennbar, dass die maßgeblichen Tarifverträge auch infolge Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis gelten konnten. Zur Tarifbindung haben sich die Parteien zudem in der mündlichen Verhandlung erklärt.
24II. Über eine allgemeine Feststellungsklage für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die Befristung hinaus hatte die Kammer nicht zu entscheiden. Der letzte Halbsatz im Antrag zu 1. „… sondern über den 30.09.2014 hinaus unbefristet fortbesteht“ stellt nur einen floskelhaften, unselbständigen Annex zum Entfristungsantrag dar (vgl. BAG 15. März 2001 - 2 AZR 141/00 - zu B II 2 der Gründe; zuletzt 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 39, BAGE 146, 161).
25III. Der Weiterbeschäftigungsanspruch steht der Klägerin nach ihrem Obsiegen bis zum rechtskräftigen Abschluss der Entfristungsklage zu ihren vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu, § 611 Abs. 1, § 242 BGB iVm. Arbeitsvertrag. Die Beklagte hat keine Einwände gegen die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin geltend gemacht, so dass das Beschäftigungsinteresse der Klägerin überwiegt (vgl. grundlegend BAG 15. März 1989 - 7 AZR 264/88 - zu IV der Gründe).
26IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der Urteilsstreitwert - § 61 Abs. 1 ArbGG - entspricht dem Quartalsverdienst und einem weiteren Gehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag, §§ 3, 5 ZPO.
27RECHTSMITTELBELEHRUNG
28Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
30Landesarbeitsgericht Köln
31Blumenthalstraße 33
3250670 Köln
33Fax: 0221-7740 356
34eingegangen sein.
35Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elek-tronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
36Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
37Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
38- 39
1. Rechtsanwälte,
- 40
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 41
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
43* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, - 2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, - 3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, - 4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt, - 5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt, - 6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, - 7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder - 8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung vom 22. Juli 2013 zum 30. September 2014 seine Beendigung gefunden hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Mitarbeiterin für Pforten-, Empfangs- und Turmdienst zu beschäftigen bis zur Rechtskraft der Entscheidung.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Streitwert des Urteils 3.800,00 Euro.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer 24 Monate überschreitenden Befristung aufgrund tarifvertraglicher Verlängerungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 3, 4 TzBfG iVm. § 2 Nr. 4 Mantelrahmentarifvertrag vom 30. August 2011 für Sicherheitsdienstleistungen (MRTV). § 2 Nr. 4 MRTV sieht eine Befristungsmöglichkeit von bis zu 30 Monaten bei zwei Verlängerungen vor.
3Die Klägerin ist Mitglied von ver.di, die Beklagte Mitglied im Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe NRW. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe NRW und ver.di Landesbezirk NRW schlossen am 8. Dezember 2005 einen Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW (MTV NRW). Dieser wurde durch Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 5. April 2013 für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 wieder in Kraft gesetzt. Er enthält Regelungen zu Kündigungsfristen - bei denen er auch auf den MRTV verweist, indes nicht zu Befristungsmöglichkeiten.
4Die Klägerin war zunächst seit dem 1. September 2012 bei der Beklagten befristet bis zum 30. September 2013 und danach bis zum 30. September 2014 befristet beschäftigt. Sie verdiente durchschnittlich 950,00 Euro brutto im Monat. In beiden schriftlichen Verträgen war „soweit nichts anderes geregelt ist“ auf die „Bestimmungen des Manteltarifvertrags … für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW und BRD in ihrer jeweils aktuellen Fassung“ verwiesen worden.
5Die Klägerin meint - in ihrer rechtzeitigen Klage, die sachgrundlose Befristung sei unwirksam, auf den MRTV sei nicht wirksam Bezug genommen. Im Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW (MTV NRW) sei keine Verlängerung der Befristung vorgesehen. Die Bezugnahme erfasse mangels Transparenz nicht den MRTV.
6Die Klägerin beantragt
71. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung vom 22. Juli 2013 zum 30. September 2014 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 30.09.2014 hinaus unbefristet fortbesteht;
82. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, sie als Mitarbeiterin für Pforten-, Empfangs- und Turmdienst zu beschäftigen bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte meint, die Befristung sei nach § 2 Nr. 4 MRTV zulässig, da sie nicht die Dauer von 30 Monaten überschreite. Der Verweis im Arbeitsvertrag sei auch ausreichend transparent.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage ist begründet.
14I. Der Antrag zu 1. ist begründet. Die Befristung im Verlängerungsvertrag vom 23. Juli 2013 zum 30. September 2014 ist mangels Sachgrunds und wegen des Überschreitens der Befristungsdauer von zwei Jahren unwirksam, § 14 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Die Beklagte kann sich nicht auf die verlängerte Befristungsmöglichkeit nach § 2 Nr. 4 MRTV iVm. § 14 Abs. 2 Satz 3, 4 TzBfG berufen.
151. Die Anforderungen des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG sind nicht erfüllt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beidseitiger Tarifbindung der MTV NRW Anwendung. Er wurde am 5. April 2013 durch eine Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien mit Wirkung zum 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 wieder in Kraft gesetzt. Der MTV NRW enthält keine Regelung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG. Er ist auch nicht dahin auszulegen, dass daneben der MRTV und seine Befristungsregelung in § 2 Nr. 4 - maximal 30 Monate ohne Sachgrund - Anwendung findet.
16a) Ein Tarifvertrag auf Landesebene, der von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurde, verdrängt einen Tarifvertrag auf Bundesebene infolge einer Tarifkonkurrenz nach dem Spezialitätsprinzip (vgl. allgemein BAG 19. November 2014, 4 AZR 761/12 - Rn. 33; 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - BAGE 125, 314). Vorrangig ist derjenige Tarifvertrag anwendbar, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der dort tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird. Der regionale Tarifvertrag geht dem Bundespitzentarif in seinem Regelungsbereich vor (BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 576/05 -; 28. Juni 2001 - 6 AZR 114/00 - BAGE 98, 175; Kempen NZA 2003, 415, 416; Melms/Kentner NZA 2014, 127). Eine Mischung von Arbeitsbedingungen zweier Tarifverträge zerstört den von den Tarifvertragsparteien gefundenen Kompromiss (Konzen RdA 1978, 146; Kraft RdA 1992, 165). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Tarifverträge direkt widersprechen, oder ob der eine etwas regelt, was nicht Gegenstand des anderen ist (Löwisch/Rieble 3. Aufl. § 4 TVG Rn. 275).
17b) MTV NRW und MRTV stehen in Tarifkonkurrenz: Sie sind vom Bundesverband Sicherheitswirtschaft und ver.di sowie den entsprechenden Landesgruppen abgeschlossen worden. Beide Tarifverträge enthalten als Manteltarifverträge Regelungen über den Bestand und die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Tarifverträge finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beidseitiger Tarifbindung normativ Anwendung, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Der MTV NRW geht als räumlich in NRW einschlägige Regelung und damit als speziellerer Tarifvertrag dem MRTV auf Bundesebene vor. Eine Anwendung des § 2 Nr. 4 MRTV scheidet damit aus.
18c) Der MTV NRW enthält auch keine Bezugnahme auf die Befristungsregeln des MRTV oder ließe eine entsprechende Auslegung zu. Er verweist vielmehr an einer Stelle konkret auf die Regelungen des MRTV, nämlich in § 7 MTV NRW auf die Kündigungsfristen des MRTV. Sonstige - auch allgemeine - Bezugnahmen fehlen. Damit ist eine Auslegung ausgeschlossen, um Regelungen des MRTV ergänzend heranzuziehen.
19d) Die Anwendung von tariflich erweiterten Befristungsregeln, die über den Rahmen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG hinausgehen, bedürfen - auch wegen der besonderen Bedeutung der Befristungskontrolle vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG - einer ausdrücklichen und besonderen Regelung. Für die Normunterworfenen muss klar sein, ob eine tarifliche Regelung die Erweiterung von Befristungsmöglichkeiten zulässt (vgl. APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 407).
202. Auch § 14 Abs. 2 Satz 4 TzBfG eröffnet hier keine weitergehende Befristungsmöglichkeit. Aus der möglichen arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den MRTV ergibt sich diese nicht.
21a) Kommt ein Tarifvertrag kraft normativer Wirkung zur Anwendung, kann eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf „einen Manteltarifvertrag“ nicht auch als Bezugnahme auf einen - im Wege der Spezialität - verdrängten (Mantel-)Tarifvertrag ausgelegt werden. Dies bedürfte - die Zulässigkeit einer solchen Abrede bei fehlendem ausdrücklichen Willen der Tarifvertragsparteien vorausgesetzt - besonderer Anhaltspunkte, die hier indes fehlen. Hinzukommt, dass dies wohl nur im Rahmen der Günstigkeit zulässig wäre, § 4 Abs. 3 TVG. Denn der normativ geltende speziellere Tarifvertrag kann nicht durch Bezugnahmen auf ungünstigere - grundsätzlich anwendbare, aber im Wege der Tarifkonkurrenz verdrängte - Regelungen ergänzt werden. Dies ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien. Eine Erweiterung der Befristungsmöglichkeit auf 30 Monate ist gegenüber der gesetzlichen Begrenzung auf 24 Monate eine Verschlechterung, da sie die Aussichten auf eine unbefristete Beschäftigung schmälert.
22b) Eine solche Bezugnahme dürfte auch wegen der Systematik des § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 TzBfG ausscheiden. Im Bereich der Tarifbindung geht § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG vor. Das belegt auch § 14 Abs. 2 Satz 4 TzBfG, der eine Bezugnahme nur „im räumlichen Geltungsbereich“ des Tarifvertrags zulässt und die fehlende Tarifbindung voraussetzt(vgl. APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 409). Beides wäre hier wegen der Bindung der Parteien an den MTV NRW und wegen der Verdrängung des MRTV nicht der Fall. Es kann damit dahinstehen, wie die Bezugnahme auszulegen ist und ob sie hinreichend transparent ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
233. Die Kammer war nicht daran gehindert, die auf das Arbeitsverhältnis normativ einwirkenden Tarifverträge zu ermitteln. Die Gerichte haben, sobald erkennbar ist, dass ein Tarifvertrag infolge Tarifgebundenheit für ein Arbeitsverhältnis gelten könnte, den maßgebenden Tarifvertrag gem. § 293 ZPO zu ermitteln(Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 15. Aufl. § 203 Rn. 21). Die Parteien streiten hier über eine Bezugnahmeklausel auf die erörterten Tarifverträge. Aufgrund der Informationen im Handelsregister über den Geschäftsgegenstand der Beklagten und die Vertretung der Klägerin durch den DGB war für die Kammer ausreichend erkennbar, dass die maßgeblichen Tarifverträge auch infolge Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis gelten konnten. Zur Tarifbindung haben sich die Parteien zudem in der mündlichen Verhandlung erklärt.
24II. Über eine allgemeine Feststellungsklage für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die Befristung hinaus hatte die Kammer nicht zu entscheiden. Der letzte Halbsatz im Antrag zu 1. „… sondern über den 30.09.2014 hinaus unbefristet fortbesteht“ stellt nur einen floskelhaften, unselbständigen Annex zum Entfristungsantrag dar (vgl. BAG 15. März 2001 - 2 AZR 141/00 - zu B II 2 der Gründe; zuletzt 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 39, BAGE 146, 161).
25III. Der Weiterbeschäftigungsanspruch steht der Klägerin nach ihrem Obsiegen bis zum rechtskräftigen Abschluss der Entfristungsklage zu ihren vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu, § 611 Abs. 1, § 242 BGB iVm. Arbeitsvertrag. Die Beklagte hat keine Einwände gegen die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin geltend gemacht, so dass das Beschäftigungsinteresse der Klägerin überwiegt (vgl. grundlegend BAG 15. März 1989 - 7 AZR 264/88 - zu IV der Gründe).
26IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der Urteilsstreitwert - § 61 Abs. 1 ArbGG - entspricht dem Quartalsverdienst und einem weiteren Gehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag, §§ 3, 5 ZPO.
27RECHTSMITTELBELEHRUNG
28Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
30Landesarbeitsgericht Köln
31Blumenthalstraße 33
3250670 Köln
33Fax: 0221-7740 356
34eingegangen sein.
35Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elek-tronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
36Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
37Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
38- 39
1. Rechtsanwälte,
- 40
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 41
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
43* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, - 2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, - 3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, - 4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt, - 5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt, - 6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, - 7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder - 8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.