Insolvenz im EU-Ausland: Dauer des Aufenthalts nach der 183-Tage-Regelung gemäß Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich
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Bei der Berechnung der Dauer des Aufenthalts nach der 183-Tage-Regelung gemäß Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich sind nur solche Tage zu berücksichtigen, an denen sich der Arbeitnehmer tatsächlich („physisch“) im Tätigkeitsstaat aufgehalten hat. Soweit der von der deutschen und der französischen Finanzverwaltung getroffenen Verständigungsvereinbarung vom 16. Februar 2006 (s. BMF-Schreiben vom 3. April 2006, BStBl I 2006, 304) Abweichendes zu entnehmen sein sollte, bindet dies die Rechtsprechung nicht.
Gründe
Streitig ist die Berechnung der Dauer des Aufenthalts nach der sog. 183-Tage-Klausel gemäß Art. 13 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343), zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001–DBA-Frankreich– in den Streitjahren 2001 und 2002.
Der verheiratete Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein französischer Staatsangehöriger, hatte in den Streitjahren seinen einzigen Wohnsitz in Frankreich (im sog. Grenzgebiet Frankreichs gemäß Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich in Verbindung mit dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen –BMF– vom 1. Juli 1985, BStBl I 1985, 310). Er war für seinen in Frankreich ansässigen Arbeitgeber, der im Inland weder eine Betriebsstätte noch eine feste Einrichtung hat, als Monteur auch in Deutschland tätig (2001: an 166 Werktagen; 2002: an 157 Werktagen). Dazu pendelte er täglich zwischen seinem Wohnsitz und der jeweiligen Einsatzstelle in Deutschland, die sich an mehr als 45 Tagen im jeweiligen Jahr außerhalb des sog. Grenzgebiets von Deutschland (i.S. von Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich in Verbindung mit dem BMF-Schreiben vom 11. Juni 1996, BStBl I 1996, 645) befand. Der Kläger arbeitete von Montag bis Freitag; am Wochenende hielt er sich nicht im Inland auf. Die Besteuerung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erfolgte ohne Abzug einer deutschen Lohnsteuer in Frankreich.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) zog den Kläger unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich zur Einkommensteuer heran: Der Kläger habe sich länger als 183 Tage im Inland aufgehalten. Denn nach einer zwischen Deutschland und Frankreich getroffenen Verständigungsvereinbarung würden „bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer ... Sonn- und Feiertage, Urlaubs- und Krankheitstage und kurze Unterbrechungen im Zusammenhang mit Reisen in den Heimatstaat oder in dritte Länder als Tage des Aufenthalts im Beschäftigungsland mitgezählt, soweit sie im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse anfallen und unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen sie stattfinden, nicht als Beendigung des vorübergehenden Aufenthalts angesehen werden können“ (BMF-Schreiben vom 20. Februar 1980, BStBl I 1980, 88, später abgelöst durch die Vereinbarung vom 16. Februar 2006, s. BMF-Schreiben vom 3. April 2006, BStBl I 2006, 304). Daher sei mit dem Beginn einer mehrtägigen Tätigkeit an dem gleichen Einsatzort jeweils ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt in Deutschland i.S. von Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich begründet worden. Dieser Aufenthalt habe nicht durch die tägliche Rückkehr nach Frankreich, sondern erst mit dem Abschluss der Tätigkeit an diesem Einsatzort geendet, so dass auch die zwischen dem Einsatzbeginn und dem Einsatzende liegenden Wochenenden und Feiertage mit zu berücksichtigen seien, und zwar unabhängig davon, ob sich der Kläger tatsächlich im Inland aufgehalten habe. Der Kläger habe sich nach dieser Zählweise im Jahr 2001 an 192 Tagen und im Jahr 2002 an 185 Tagen im Inland aufgehalten. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg (Finanzgericht –FG– Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 12. Januar 2011 2 K 73/07, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2011, 1246).
Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zutreffend darauf erkannt, dass der vom Kläger in den Streitjahren erzielte Arbeitslohn, der auf eine Tätigkeit in Deutschland entfällt, in Deutschland nicht zu besteuern ist.
Der nach der Maßgabe des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a DBA-Frankreich in Frankreich ansässige Kläger war in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, da er – ohne einen inländischen Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO) oder einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 9 AO im Inland zu haben – mit seiner in Deutschland ausgeübten Tätigkeit als Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat. Dies folgt aus den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) und ist unter den Beteiligten nicht in Streit.
Die Ausübung des hiernach bestehenden inländischen Besteuerungsrechts für die Einkünfte, die aus der Tätigkeit des Klägers in Deutschland herrühren, war aber abweichend von der Grundregel des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich durch Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich ausgeschlossen; die Einkünfte unterliegen ausschließlich einer Besteuerung in Frankreich.
Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorbehaltlich der Vorschriften „der nachstehenden Absätze“ nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird. Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich sieht in der ab dem 1. Januar 1990 geltenden Fassung des Zusatzabkommens vom 28. September 1989 „ungeachtet des Absatzes 1“ eine Besteuerung „nur“ im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers vor, wenn sich der Empfänger im jeweiligen Steuerjahr im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufgehalten hat (Nr. 1), sein Arbeitgeber nicht im Inland ansässig war (Nr. 2) und die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat getragen wurden (Nr. 3). Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich sieht wiederum „abweichend von den Absätzen 1 ... und 4“ eine Besteuerung sog. Grenzgänger unter bestimmten Voraussetzungen nur im Ansässigkeitsstaat vor.
Die Voraussetzungen für die Sonderregelung für Grenzgänger des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich sind nicht erfüllt. Denn der Kläger war in Deutschland auch außerhalb des in Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich umschriebenen deutschen Grenzgebiets (s. dazu BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 645) tätig; dabei überschritt der zeitliche Umfang dieser Tätigkeit die in einer Verständigungsvereinbarung der Vertragsstaaten angeführte Anzahl der „unschädlichen“ 45 Tage im jeweiligen Jahr. Auch insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Es unterliegt ebenfalls keinem Streit der Beteiligten, dass die in Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 und 3 DBA-Frankreich angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Arbeitgeber des Klägers war in Frankreich ansässig und unterhielt in Deutschland weder eine Betriebsstätte noch eine feste Einrichtung. Das FG hat darüber hinaus ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich der Kläger i.S. des Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des jeweiligen Steuerjahrs aufgehalten hat. Zur Berechnung der Dauer des inländischen Aufenthalts war insoweit nur auf Tage zurückzugreifen, an denen sich der Kläger tatsächlich in Deutschland aufgehalten hat.
Der Anwendung des Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich steht zunächst nicht entgegen, dass der Kläger nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG arbeitstäglich an seinen Wohnsitz in Frankreich zurückgekehrt ist. Auch wenn ein Aufenthalt in Deutschland arbeitstäglich gesehen nur ein stundenweiser ist, ist dieser von einer solchen Regelung erfasst.
Das Abkommen enthält keine Definition des Tatbestandsmerkmals „sich aufhalten“. Eine verbindliche Festlegung lässt sich auch dem nationalen Steuerrecht, das über Art. 2 Abs. 2 DBA-Frankreich herangezogen werden kann, nicht entnehmen. Jedenfalls ist, wie der Senat schon im Zusammenhang mit einer vergleichbaren Vorschrift im Senatsurteil in BFHE 181, 158, BStBl II 1997, 15 entschieden hat, § 9 AO nicht maßgebend, da der Zusammenhang eine andere Auslegung erfordert. Denn § 9 AO definiert den gewöhnlichen Aufenthalt als Anknüpfungsmerkmal für die unbeschränkte Steuerpflicht. Dagegen liegen Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich Vereinfachungs- und Praktikabilitätserwägungen zugrunde. Das strikte Arbeitsortprinzip des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich wird durch Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich u.a. bei vorübergehenden Arbeitseinsätzen in dem anderen Vertragsstaat aufgegeben, weil die steuerliche Erfassung der Einkünfte für den anderen Vertragsstaat schwierig ist und das Steueraufkommen häufig in keinem Verhältnis zu dem mutmaßlichen Verwaltungsaufwand steht.
Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich nahm in seiner Ursprungsfassung darauf Bezug, dass „dieser Arbeitnehmer sich vorübergehend, zusammen nicht länger als 183 Tage im Lauf eines Kalenderjahres in dem anderen Staat aufhält“. In der Fassung des Zusatzabkommens in BGBl II 1990, 771, BStBl I 1990, 414 ist Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich an die Formulierung der 183-Tage-Regelung des Art. 15 Abs. 2 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) aus dem Jahr 1977 –OECD-MustAbk– angenähert worden. Der Wortlaut des OECD-MustAbK wurde dadurch in dem hier in Rede stehenden Passus („sich im anderen Staat ... aufhält“) ohne Änderungen übernommen. Das spricht dafür, dass die Vertragsstaaten auch das dortige Abkommensverständnis übernommen haben, welches auf der Grundlage der englischsprachigen Fassung des Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 OECD-MustAbk („the recipient is present in the other state“) bzw. der französischsprachigen Fassung („le bénéficiare séjourne dans l'autre Etat“) dahin geht, die Zählung nach den Tagen physischer Anwesenheit vorzunehmen. Dieses Verständnis erschließt sich auch aus Nr. 5 des Kommentars zum OECD-MustAbK zu Art. 15, die in zeitlicher Nähe zum Abschluss des deutsch-französischen Zusatzabkommens (am 23. Juli 1992) in den Kommentar eingefügt wurde. Es entspricht zugleich dem Regelungszweck, ähnlich dem Betriebsstättenprinzip einer gewissen „Verwurzelung im Quellenstaat“ Ausdruck zu geben. Jedenfalls im Grundsatz besteht über diese Auslegung des Art. 15 Abs. 2 OECD-MustAbk kein Streit.
Entgegen der Auffassung der Revision gilt für das Verständnis des Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich nichts Abweichendes. Insbesondere kann der beschriebenen Auslegung nicht die Verständigungsvereinbarung in BStBl I 1980, 88 bzw. in BStBl I 2006, 304 entgegengehalten werden. Zum einen ist ungewiss, ob sich dieser Vereinbarung eine abweichende Zählweise entnehmen lässt; zum anderen ist sie als Verwaltungsanweisung nicht geeignet, positives Recht in verbindlicher Weise zu verändern.
Zwar ist es – worauf die Revision zutreffend hinweist – nicht ausgeschlossen, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in einer Verständigungsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen. In Einklang damit stehen die Grundsätze zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 –WÜRV– (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757) – und damit nach Inkrafttreten des DBA-Frankreich –: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen Zusammenhang sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. Damit können ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame Übung der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein, das aber immer nur insofern, als sie sich aus dem Wortlaut des Abkommens ableiten lassen. Der Abkommenswortlaut stellt in abschließender Weise die „Grenzmarke“ für das „richtige“ Abkommensverständnis dar. An dieser Grenze scheitert im Streitfall die vom FA verfochtene Zuordnung der im zeitlichen Zusammenhang mit den einzelnen Arbeitseinsätzen des Klägers stehenden Samstage, Sonntage, Feiertage und Urlaubstage ohne tatsächliche Anwesenheit in Deutschland zur 183-Tage-Regelung auch dann, wenn man sie – wie das FA annimmt – auf das BMF-Schreiben in BStBl I 1980, 88 bzw. in BStBl I 2006, 304 stützen könnte. Denn der Wortlaut des Abkommens verweist ausdrücklich auf einen „Aufenthalt“ im Tätigkeitsstaat. Dem wird eine – vom FA der Verständigungsvereinbarung entnommene – Zählung allein nach der (projektbezogenen) Zeitdauer des konkreten Arbeitseinsatzes des Arbeitnehmers, die zugleich Grundlage für die Annahme eines „vorübergehenden Aufenthalts“ des Arbeitnehmers im Tätigkeitsstaat sein soll, nicht gerecht. Den vom Kläger formulierten Zweifeln, ob die Verständigungsvereinbarung im Sinne der Revision zu interpretieren ist und daher im Streitfall zu einer abweichenden Zählweise führt, da es hier wegen seiner arbeitstäglichen Rückkehr nicht um in der Zuordnung als Aufenthaltstage unterschiedlich zu wertende Urlaubs-/Wochenendtage als kurze Unterbrechungen eines vorübergehenden Aufenthalts geht muss daher nicht weiter nachgegangen werden.
Im Übrigen verweist der Senat zu der Rechtsfrage des Rangverhältnisses zwischen einer Verständigungsvereinbarung und der Abkommensregelung –um Wiederholungen zu vermeiden– auf seine Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08. Die vom BMF zwischenzeitlich erlassene Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik vom 20. Dezember 2010 –KonsVerFRAV– (BGBl I 2010, 2138, BStBl I 2011, 104) führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage; dies folgt –unbeschadet grundsätzlicher Einwände bereits aus der Eingrenzung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Verordnung auf Besteuerungssachverhalte seit dem 1. Januar 2010 (§ 8 KonsVerFRAV).
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Tatbestand
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I. Streitig ist die Berechnung der Dauer des Aufenthalts nach der sog. 183-Tage-Klausel gemäß Art. 13 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343), zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) --DBA-Frankreich-- in den Streitjahren 2001 und 2002.
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Der verheiratete Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein französischer Staatsangehöriger, hatte in den Streitjahren seinen einzigen Wohnsitz in Frankreich (im sog. Grenzgebiet Frankreichs gemäß Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich in Verbindung mit dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 1. Juli 1985, BStBl I 1985, 310). Er war für seinen in Frankreich ansässigen Arbeitgeber, der im Inland weder eine Betriebsstätte noch eine feste Einrichtung hat, als Monteur auch in Deutschland tätig (2001: an 166 Werktagen; 2002: an 157 Werktagen). Dazu pendelte er täglich zwischen seinem Wohnsitz und der jeweiligen Einsatzstelle in Deutschland, die sich an mehr als 45 Tagen im jeweiligen Jahr außerhalb des sog. Grenzgebiets von Deutschland (i.S. von Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich in Verbindung mit dem BMF-Schreiben vom 11. Juni 1996, BStBl I 1996, 645) befand. Der Kläger arbeitete von Montag bis Freitag; am Wochenende hielt er sich nicht im Inland auf. Die Besteuerung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erfolgte ohne Abzug einer deutschen Lohnsteuer in Frankreich.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zog den Kläger unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich zur Einkommensteuer heran: Der Kläger habe sich länger als 183 Tage im Inland aufgehalten. Denn nach einer zwischen Deutschland und Frankreich getroffenen Verständigungsvereinbarung würden "bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer ... Sonn- und Feiertage, Urlaubs- und Krankheitstage und kurze Unterbrechungen im Zusammenhang mit Reisen in den Heimatstaat oder in dritte Länder als Tage des Aufenthalts im Beschäftigungsland mitgezählt, soweit sie im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse anfallen und unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen sie stattfinden, nicht als Beendigung des vorübergehenden Aufenthalts angesehen werden können" (BMF-Schreiben vom 20. Februar 1980, BStBl I 1980, 88, später abgelöst durch die Vereinbarung vom 16. Februar 2006, s. BMF-Schreiben vom 3. April 2006, BStBl I 2006, 304). Daher sei mit dem Beginn einer mehrtägigen Tätigkeit an dem gleichen Einsatzort jeweils ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt in Deutschland i.S. von Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich begründet worden. Dieser Aufenthalt habe nicht durch die tägliche Rückkehr nach Frankreich, sondern erst mit dem Abschluss der Tätigkeit an diesem Einsatzort geendet, so dass auch die zwischen dem Einsatzbeginn und dem Einsatzende liegenden Wochenenden und Feiertage mit zu berücksichtigen seien, und zwar unabhängig davon, ob sich der Kläger tatsächlich im Inland aufgehalten habe. Der Kläger habe sich nach dieser Zählweise im Jahr 2001 an 192 Tagen und im Jahr 2002 an 185 Tagen im Inland aufgehalten. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 12. Januar 2011 2 K 73/07, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1246).
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Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend darauf erkannt, dass der vom Kläger in den Streitjahren erzielte Arbeitslohn, der auf eine Tätigkeit in Deutschland entfällt, in Deutschland nicht zu besteuern ist.
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1. Der nach der Maßgabe des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a DBA-Frankreich in Frankreich ansässige Kläger war in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, da er --ohne einen inländischen Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO) oder einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 9 AO im Inland zu haben-- mit seiner in Deutschland ausgeübten Tätigkeit als Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat. Dies folgt aus den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) und ist unter den Beteiligten nicht in Streit.
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2. Die Ausübung des hiernach bestehenden inländischen Besteuerungsrechts für die Einkünfte, die aus der Tätigkeit des Klägers in Deutschland herrühren, war aber abweichend von der Grundregel des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich durch Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich ausgeschlossen; die Einkünfte unterliegen ausschließlich einer Besteuerung in Frankreich.
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a) Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorbehaltlich der Vorschriften "der nachstehenden Absätze" nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird. Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich sieht in der ab dem 1. Januar 1990 geltenden Fassung des Zusatzabkommens vom 28. September 1989 (BGBl II 1990, 771, BStBl I 1990, 414) "ungeachtet des Absatzes 1" eine Besteuerung "nur" im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers vor, wenn sich der Empfänger im jeweiligen Steuerjahr im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufgehalten hat (Nr. 1), sein Arbeitgeber nicht im Inland ansässig war (Nr. 2) und die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat getragen wurden (Nr. 3). Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich sieht wiederum "abweichend von den Absätzen 1 ... und 4" eine Besteuerung sog. Grenzgänger unter bestimmten Voraussetzungen nur im Ansässigkeitsstaat vor.
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b) Die Voraussetzungen für die Sonderregelung für Grenzgänger des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich sind nicht erfüllt. Denn der Kläger war in Deutschland auch außerhalb des in Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich umschriebenen deutschen Grenzgebiets (s. dazu BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 645) tätig; dabei überschritt der zeitliche Umfang dieser Tätigkeit die in einer Verständigungsvereinbarung der Vertragsstaaten (BMF-Schreiben in BStBl I 1980, 88; später BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 304) angeführte Anzahl der "unschädlichen" 45 Tage im jeweiligen Jahr (zur Rechtmäßigkeit des Rückgriffs auf die Verständigungsvereinbarungen zwischen den Vertragsparteien in dieser Frage s. Senatsurteile vom 11. November 2009 I R 84/08, BFHE 227, 410, BStBl II 2010, 390; vom 17. März 2010 I R 69/08, BFH/NV 2010, 1634). Auch insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
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c) Es unterliegt ebenfalls keinem Streit der Beteiligten, dass die in Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 und 3 DBA-Frankreich angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Arbeitgeber des Klägers war in Frankreich ansässig und unterhielt in Deutschland weder eine Betriebsstätte noch eine feste Einrichtung. Das FG hat darüber hinaus ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich der Kläger i.S. des Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des jeweiligen Steuerjahrs aufgehalten hat. Zur Berechnung der Dauer des inländischen Aufenthalts war insoweit nur auf Tage zurückzugreifen, an denen sich der Kläger tatsächlich in Deutschland aufgehalten hat.
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aa) Der Anwendung des Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich steht zunächst nicht entgegen, dass der Kläger nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG arbeitstäglich an seinen Wohnsitz in Frankreich zurückgekehrt ist. Auch wenn ein Aufenthalt in Deutschland arbeitstäglich gesehen nur ein stundenweiser ist, ist dieser von einer solchen Regelung erfasst (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 I R 4/96, BFHE 181, 158, BStBl II 1997, 15; s.a. BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532 Rz 40; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rz 16.431, m.w.N.).
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bb) Das Abkommen enthält keine Definition des Tatbestandsmerkmals "sich aufhalten". Eine verbindliche Festlegung lässt sich auch dem nationalen Steuerrecht, das über Art. 2 Abs. 2 DBA-Frankreich herangezogen werden kann, nicht entnehmen. Jedenfalls ist, wie der Senat schon im Zusammenhang mit einer vergleichbaren Vorschrift im Senatsurteil in BFHE 181, 158, BStBl II 1997, 15 entschieden hat, § 9 AO nicht maßgebend, da der Zusammenhang eine andere Auslegung erfordert. Denn § 9 AO definiert den gewöhnlichen Aufenthalt als Anknüpfungsmerkmal für die unbeschränkte Steuerpflicht. Dagegen liegen Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich Vereinfachungs- und Praktikabilitätserwägungen zugrunde. Das strikte Arbeitsortprinzip des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich wird durch Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich u.a. bei vorübergehenden Arbeitseinsätzen in dem anderen Vertragsstaat aufgegeben, weil die steuerliche Erfassung der Einkünfte für den anderen Vertragsstaat schwierig ist und das Steueraufkommen häufig in keinem Verhältnis zu dem mutmaßlichen Verwaltungsaufwand steht (Senatsurteil in BFHE 181, 158, BStBl II 1997, 15 - zur sog. 183-Tage-Regelung im DBA-Niederlande; ebenso z.B. Kamphaus/Büscher in Strunk/ Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 15 OECD-MA Rz 130 f.; Schaumburg, a.a.O., Rz 16.430).
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cc) Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich nahm in seiner Ursprungsfassung darauf Bezug, dass "dieser Arbeitnehmer sich vorübergehend, zusammen nicht länger als 183 Tage im Lauf eines Kalenderjahres in dem anderen Staat aufhält". In der Fassung des Zusatzabkommens in BGBl II 1990, 771, BStBl I 1990, 414 ist Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich an die Formulierung der 183-Tage-Regelung des Art. 15 Abs. 2 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) aus dem Jahr 1977 --OECD-MustAbk-- angenähert worden. Der Wortlaut des OECD-MustAbK wurde dadurch in dem hier in Rede stehenden Passus ("sich im anderen Staat ... aufhält") ohne Änderungen übernommen. Das spricht dafür, dass die Vertragsstaaten auch das dortige Abkommensverständnis übernommen haben, welches auf der Grundlage der englischsprachigen Fassung des Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 OECD-MustAbk ("the recipient is present in the other state") bzw. der französischsprachigen Fassung ("le bénéficiare séjourne dans l'autre Etat") dahin geht, die Zählung nach den Tagen physischer Anwesenheit vorzunehmen. Dieses Verständnis erschließt sich auch aus Nr. 5 des Kommentars zum OECD-MustAbK zu Art. 15, die in zeitlicher Nähe zum Abschluss des deutsch-französischen Zusatzabkommens (am 23. Juli 1992) in den Kommentar eingefügt wurde. Es entspricht zugleich dem Regelungszweck, ähnlich dem Betriebsstättenprinzip einer gewissen "Verwurzelung im Quellenstaat" Ausdruck zu geben (Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rz S 280, 289). Jedenfalls im Grundsatz besteht über diese Auslegung des Art. 15 Abs. 2 OECD-MustAbk kein Streit (Senatsurteile in BFHE 181, 158, BStBl II 1997, 15; vom 19. März 1997 I R 37/96, BFH/NV 1997, 666; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 15 MA Rz 99; Vogelgesang in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 15 OECD-MA Rz 5; Lechner/Muszynska in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/ Staringer [Hrsg.], Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 2003, S. 164 f.; s.a. BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 532 Rz 37). Und auf dieser Grundlage wären auch Samstage, Sonntage, Feiertage und Urlaubstage (bei einem zeitlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit) in die Zählung einzubeziehen, vorausgesetzt, sie werden tatsächlich im Tätigkeitsstaat verbracht (allg. Auffassung, vgl. z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 532 Rz 38 f.; Lechner/Muszynska, a.a.O., S. 165 ff.; Kamphaus/Büscher in Strunk/Kaminski/Köhler, a.a.O., Art. 15 OECD-MA Rz 138 f.; Kempermann in Wassermeyer/ Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 52; ablehnend Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 15 Rz 39).
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dd) Entgegen der Auffassung der Revision (vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 532 Rz 41) gilt für das Verständnis des Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA-Frankreich nichts Abweichendes. Insbesondere kann der beschriebenen Auslegung nicht die Verständigungsvereinbarung in BStBl I 1980, 88 bzw. in BStBl I 2006, 304 entgegengehalten werden. Zum einen ist ungewiss, ob sich dieser Vereinbarung eine abweichende Zählweise entnehmen lässt; zum anderen ist sie als Verwaltungsanweisung nicht geeignet, positives Recht in verbindlicher Weise zu verändern.
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aaa) Zwar ist es --worauf die Revision zutreffend hinweist-- nicht ausgeschlossen, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in einer Verständigungsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen (Grundsatz der Entscheidungsharmonie; vgl. Senatsurteil vom 2. September 2009 I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394). In Einklang damit stehen die Grundsätze zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 --WÜRV-- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757) --und damit nach Inkrafttreten des DBA-Frankreich--: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen Zusammenhang sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. Damit können ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame Übung der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein, das aber immer nur insofern, als sie sich aus dem Wortlaut des Abkommens ableiten lassen. Der Abkommenswortlaut stellt in abschließender Weise die "Grenzmarke" für das "richtige" Abkommensverständnis dar (Senatsurteil in BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394).
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An dieser Grenze scheitert im Streitfall die vom FA verfochtene Zuordnung der im zeitlichen Zusammenhang mit den einzelnen Arbeitseinsätzen des Klägers stehenden Samstage, Sonntage, Feiertage und Urlaubstage ohne tatsächliche Anwesenheit in Deutschland zur 183-Tage-Regelung auch dann, wenn man sie --wie das FA annimmt-- auf das BMF-Schreiben in BStBl I 1980, 88 bzw. in BStBl I 2006, 304 stützen könnte. Denn der Wortlaut des Abkommens verweist ausdrücklich auf einen "Aufenthalt" im Tätigkeitsstaat. Dem wird eine --vom FA der Verständigungsvereinbarung entnommene-- Zählung allein nach der (projektbezogenen) Zeitdauer des konkreten Arbeitseinsatzes des Arbeitnehmers, die zugleich Grundlage für die Annahme eines "vorübergehenden Aufenthalts" des Arbeitnehmers im Tätigkeitsstaat sein soll, nicht gerecht. Den vom Kläger formulierten Zweifeln, ob die Verständigungsvereinbarung im Sinne der Revision zu interpretieren ist und daher im Streitfall zu einer abweichenden Zählweise führt, da es hier wegen seiner arbeitstäglichen Rückkehr nicht um in der Zuordnung als Aufenthaltstage unterschiedlich zu wertende Urlaubs-/Wochenendtage als kurze Unterbrechungen eines vorübergehenden Aufenthalts geht (FG Köln, Urteil vom 28. November 1983 VIII 169/80 E, EFG 1984, 460; s.a. Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 13 Frankreich Rz 49; Vogelgesang in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 13 DBA-Frankreich Rz 19; Kessler/Sinz/Achilles-Pujol, DBA-Kommentar Deutschland/Frankreich, 2007, Art. 13 Anm. B.IV.), muss daher nicht weiter nachgegangen werden.
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bbb) Im Übrigen verweist der Senat zu der Rechtsfrage des Rangverhältnisses zwischen einer Verständigungsvereinbarung und der Abkommensregelung --um Wiederholungen zu vermeiden-- auf seine Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08 (BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387), vom 11. November 2009 I R 84/08 (BFHE 227, 410, BStBl II 2010, 390) und vom 11. November 2009 I R 15/09 (BFHE 227, 419, BStBl II 2010, 602). Die vom BMF zwischenzeitlich erlassene Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik vom 20. Dezember 2010 --KonsVerFRAV-- (BGBl I 2010, 2138, BStBl I 2011, 104) führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage; dies folgt --unbeschadet grundsätzlicher Einwände (vgl. z.B. Lehner, Internationales Steuerrecht 2011, 733; Drüen, Internationale Wirtschaftsbriefe 2011, 360, m.w.N.)-- bereits aus der Eingrenzung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Verordnung auf Besteuerungssachverhalte seit dem 1. Januar 2010 (§ 8 KonsVerFRAV).
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 jeweils vom 28. September 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2007 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
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in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil
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an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort - a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden, - b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder - c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
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am Festlandsockel, soweit dort - a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder - b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.
(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die
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im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und - 2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.
(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.
(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.
Diese Verordnung ist erstmals auf Besteuerungssachverhalte seit dem 1. Januar 2010 anzuwenden.