Bußgeld: Kommunen können Fütterungsverbot von Tauben und Wasservögeln anordnen

bei uns veröffentlicht am05.02.2013

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren-OLG Koblenz vom 02.11.12-Az:1 SsBs 105/12
Kommunen sind grundsätzlich berechtigt, in ihrem Gebiet ein Fütterungsverbot von frei lebenden Tieren wie Tauben oder Wasservögeln anzuordnen, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren (z.B. Verschmutzung durch Exkremente).

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einer Bußgeldsache hin. Betroffen waren zwei Bürger, die sich nicht an das Verbot gehalten und Schwäne am Moselufer und im Stadtpark gefüttert hatten. Die Stadt setzte daraufhin Bußgelder von 300 bzw. 500 EUR fest.

Der 1. Strafsenat - Senat für Bußgeldsachen - des OLG wies zunächst darauf hin, dass die Gefahrenabwehrverordnung wirksam sei. Sie beruhe auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung und sei auch verhältnismäßig. Die Verbandsgemeinde sei berechtigt, durch eine solche Verordnung bestimmte Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Hier sei insbesondere der Umstand in den Blick genommen worden, dass Wasservögel an den Menschen gewöhnt würden und vermehrt öffentliche Wege und Plätze betreten würden, um Futter zu verlangen. Dies könne zu nicht unerheblichen Verschmutzungen von Gehwegen, Straßen und Gebäuden durch Exkremente sowie letztlich zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum führen. Dennoch hat der Senat das Urteil aufgehoben. Es sei nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht ersichtlich gewesen, dass die Verstöße tatsächlich auf öffentlichen Straßen oder in öffentlichen Anlagen erfolgt sind. Dies müsse im Rahmen einer neuen Verhandlung geklärt werden. Zudem wies der Senat darauf hin, dass unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und der Beweggründe der Betroffenen die Höhe der Geldbuße unangemessen hoch sein könnte. Die Betroffenen seien ehrenamtlich engagiert im Bereich der Schwanenpflege und des Schwanenschutzes. Es könnte auch eine Einstellung des Verfahrens in Betracht gezogen werden (OLG Koblenz, 2 SsBs 114/11 und 1 SsBs 105/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Koblenz Beschluss vom 02.11.2012 (Az: 1 SsBs 105/12)

Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Cochem vom 29. Mai 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerden, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Cochem zurückverwiesen.


Gründe:

Mit Bußgeldbescheid vom 10. November 2011 hat die Verbandsgemeindeverwaltung ... [Z] gegen den Betroffenen ... [A] wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Nr. 9, 6 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung der Verbandsgemeinde... [Z] vom 22. Januar 2011 (im Folgenden: GVO) eine Geldbuße von 300 € festgesetzt.

Mit Bußgeldbescheiden vom 22. September 2011 und 20. Januar 2012 hat die Verbandsgemeindeverwaltung ... [Z] gegen den Betroffenen ... [B] wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Nr. 9, 6 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 4 der GVO Geldbußen von 300 € bzw. 500 € festgesetzt.

Das Amtsgericht hat die drei Bußgeldverfahren durch Beschluss vom 23. April 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Durch Urteil vom 29. Mai 2012 hat es den Betroffenen ... [A] in einem Fall und den Betroffenen ... [B] in zwei Fällen des vorsätzlichen Verstoßes gegen die GVO für schuldig befunden und den Betroffenen ... [A] zu einer Geldbuße von 300 € sowie den Betroffenen ... [B] zu zwei Geldbußen in Höhe von 300 € und 500 € verurteilt.

In den Feststellungen des Urteils ist ausgeführt, dass sich die Betroffenen seit vielen Jahren im Bereich der Schwanenpflege und des Schwanenschutzes, insbesondere im Bereich der Stadt ... [Z] und deren Anlagen an der Mosel engagieren. Weiter heißt es, dass gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 (Anmerkung des Senats: richtig § 2 Abs. 1 Nr. 9) der Gefahrenabwehrordnung der Verbandsgemeindeverwaltung... [Z] vom 18. Januar 2011, in Kraft getreten am 22. Januar 2011, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen, verboten wurde auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen Tauben und Wasservögel (z. B. Enten und Schwäne) auch auf Gewässern oder an deren Ufern zu füttern.

Zu den Taten der Betroffenen stellt das Amtsgericht fest:

„Beide Betroffene hielten sich jedoch nicht an dieses Fütterungsverbot von Wasservögeln (insbesondere Schwänen) und fütterten weiterhin die Schwäne am Moselufer und in den angrenzenden Anlagen der Stadt ... [Z].

Der Betroffene ... [B] fütterte so am 09.09.2011 gegen 14.20 Uhr in ... [Z] an der Fähranlegestelle Schwäne mit Brot und Brötchenkrümel, welche er zuvor aus seinen Fahrradtaschen entnommen hatte.

Der Betroffene ... [A] fütterte vergleichbar am 20.09.2011 gegen 11.33 Uhr in ... [Z] in den Moselanlagen - Mündungsbereich des ... [Y]baches - in einem nicht unerheblichen Maße Wasservögel. Er schüttete aus einem Futtersack Nahrungsmittel - insbesondere Brotreste und Maiskörner - aus.

Am 25.10.2011 gegen 14.45 Uhr fütterte der Betroffene ... [B] in den Moselanlagen der Stadt ... [Z] - gegenüber der Kreisverwaltung ... [Z] - auf einer Wiese erneut Schwäne. Er brachte Brotreste und Maiskörner auf der Wiese auf.“

Gegen dieses Urteil haben die Betroffenen form- und fristgerecht Rechtsbeschwerden eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerden als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Die Rechtsbeschwerden haben mit der Sachrüge einen vorläufigen Erfolg.

Die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Fütterungsverbot von Wasservögeln gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 9 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 9 der GVO der Verbandsgemeinde... [Z] hält einer Überprüfung nicht stand, da die amtsgerichtlichen Feststellungen zu den Tatorten unzureichend sind.

Der Senat hat allerdings keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit der GVO der Verbandsgemeinde ... [Z]. Auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 19. Oktober 2012 wird Bezug genommen. Der Senat schließt sich im Übrigen den hier entsprechend geltenden Ausführungen des 2. Strafsenats im Beschluss vom 2. Mai 2012 (2 SsBs 114/11) zu der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ... [X] hinsichtlich des Taubenfütterungsverbotes an. In dem Beschluss ist ausgeführt:

„Die in Rede stehenden Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ... [X] sind wirksam. Die Taubenfütterungsverbotsverordnung beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung (§ 43 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 10. November 1993 (nachfolgend: POG)) und hält sich in deren Rahmen. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot, das zur Nichtigkeit der Verordnung führen würde, liegt nicht vor.

Das Fütterungsverbot für verwilderte Tauben verstößt nicht gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Landesverfassung Rheinland-Pfalz). Dieses wird nur innerhalb der Schranken der Gesetze, zu denen auch auf gesetzlicher Grundlage erlassene Rechtsverordnungen zählen, gewährleistet. Soweit der unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung nicht beeinträchtigt ist, muss daher jedermann als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes erfolgen und den Wesensgehalt des Grundrechts nicht antasten. Zwar schützt die allgemeine Handlungsfreiheit auch die Tierliebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und damit auch das Füttern von Tauben auf Straßen und in Anlagen. Letzteres gehört jedoch nicht zum absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Bei der gebotenen Güter- und Interessenabwägung ist es gerechtfertigt, dem Schutz der Bürger vor Belästigung durch Verunreinigungen oder Schäden am Eigentum den Vorrang vor dem Interesse des Tierliebhabers zu geben.

Das Verbot erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Eine zunehmende Vermehrung von Tauben führt zu nicht hinnehmbaren starken Verschmutzungen der Gehwege, Straßen und Gebäude bis hin zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum. Schließlich fallen jedenfalls Reinigungskosten an, damit die durch Taubenkot verunstalteten Gebäude wieder ästhetischen Anforderungen genügen und so auch ihren wirtschaftlichen Wert behalten. Das Fütterungsverbot stellt deshalb die geringst mögliche Beeinträchtigung der Taubenliebhaber dar.

Auch das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Schutzbereich des Grundrechts ist berührt, wenn eine ernste sittliche, das heißt an den Kategorien von „gut“ und „böse“ orientierte Entscheidung in Rede steht, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte. Im Hinblick auf das beharrlich anhaltende Füttern von Tauben trotz Sanktionierung mit teils empfindlichen Geldbußen in der Vergangenheit kann der Senat nicht ausschließen, dass für die Betroffene eine Situation gegeben ist, die sie aus ihrem Verständnis des Tierschutzes zu diesem Handeln veranlasst. Die von Art. 4 Abs. 1 GG erfasste Gewissensfreiheit umfasst dabei nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote und Verbote des Gewissens zu handeln. Zwar unterliegt das Grundrecht der Gewissensfreiheit keinem Gesetzesvorbehalt, es gilt aber dennoch nicht uneingeschränkt, sondern findet seine Schranken durch die hier tangierten Grundrechte aus Art. 2 und 14 GG. Der Betroffenen ist es daher unbenommen, sich auf sonst zulässige Art und Weise für den Tierschutz zu engagieren.

Das Verbot der Taubenfütterung steht ferner auch mit Art. 20a GG in Einklang. Nach der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung dieser Norm schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es handelt sich bei der Regelung in Art. 20a GG jedoch um eine bloße Staatszielbestimmung. Eine Verletzung eigener Rechte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Regelung in Art. 20a GG scheidet deshalb aus. Dass auch nach Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz die Gemeinden befugt sind, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen entsprechende Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen, die auch ein Taubenfütterungsverbot zum Inhalt haben, ist überdies inzwischen hinreichend geklärt.

Schließlich erfüllt das Taubenfütterungsverbot auch nicht die Strafnormen der Tierquälerei nach § 17 Nr. 2b und der Tiertötung nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz. Voraussetzung dafür wäre, dass man Tieren „ohne vernünftigen Grund“ (§ 1 Satz 2 TierSchG) Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt eine Verpflichtung gibt, wild lebende Tiere zu füttern, weil es „auf der Hand liegt, dass dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit ein höherer Rang zukommt als dem Tierschutz und dass deshalb die Abwehr von Gefahren, die der menschlichen Gesundheit von bestimmten Tieren drohen, ein vernünftiger Grund für Maßnahmen sein kann, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden bei diesen Tieren verbunden sind“. Eine (insoweit ausreichende) abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt. Auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall kann verzichtet werden, da grundsätzlich davon auszugehen ist, das durch das Auftreten einer großen Anzahl wild lebender Tauben auch eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung eintritt.“

Der Gültigkeit des § 2 Abs. 1 Nr. 9 der kommunalen GVO steht höherrangiges Bundes- oder Landesrecht, insbesondere die Regelung im Bundeswasserstraßengesetz nicht entgegen. Allgemeines Ordnungsrecht unterliegt landesrechtlicher Normgebungskompetenz. Die GVO durfte, abgeleitet aus dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz, die Abwehr allgemeiner Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung an der Mosel als Bundeswasserstraße im Rahmen ihres örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereiches regeln. Nach § 24 Abs. 1 WaStrG haben die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (nur) die Aufgabe, zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten (Strompolizei). Die Abwehr von Gefahren für die Schifffahrt auf der Mosel zu regeln, „maßt“ sich die Verbandsgemeinde nicht an. Auf den Inhalt von - im Übrigen im Urteil nicht mitgeteilten - Nutzungsverträgen der Stadt oder der Verbandsgemeinde ... [Z] mit dem Bund dürfte es daher nicht ankommen.

Das angefochtene Urteil ist jedoch bezüglich der Tatortbeschreibungen insoweit lückenhaft, als den Feststellungen nicht entnommen werden kann, dass die Verstöße gegen das Fütterungsverbot auf öffentlichen Straßen oder öffentlichen Anlagen nach § 6 Abs. 1 der GVO im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 1 der GVO begangen wurden. Im Urteil werden nur die Schlussfolgerungen, dass die „maßgeblichen Flächen“ der GVO unterliegen, mitgeteilt. Die Orte, an denen das Futter ausgelegt wurde, können in den Urteilsgründen hinreichend beschrieben werden. Auch durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf in den Akten befindliche Abbildungen gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden, könnten die Tatortbeschreibungen ergänzt werden.

Für die erneute Hauptverhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

Gemäß § 17 Abs. 3 OWiG ist Grundlage für die Bemessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, den der Täter trifft. Daraus ist abzuleiten, dass hiermit der individuelle (Schuld-)Vorwurf gemeint ist. Wenn vom Amtsgericht das ehrenamtliche Engagement der Betroffenen im Bereich der Schwanenpflege und des Schwanenschutzes besonders herausgestellt wird und dies als verständliche Beweggründe auch bei der Höhe des Bußgeldes Berücksichtigung findet, so könnten die verhängten Geldbußen - auch angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen - angesichts eines ersten Verstoßes gegen die GVO unangemessen hoch sein. Dem Übermaßverbot könnte auch durch sachgerechte Anwendung des § 47 OWiG genügt werden.

Gesetze

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20a


Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 17 Höhe der Geldbuße


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Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 47 Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten


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Tierschutzgesetz - TierSchG | § 1


Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Grundstücksverkehrsordnung - GrdstVV | § 1 Geltungsbereich, Genehmigungsanspruch


(1) In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages bezeichneten Gebiet bedürfen die in den nachfolgenden Bestimmungen bezeichneten Rechtsgeschäfte einer Grundstücksverkehrsgenehmigung. Die Genehmigung kann auch vor Abschluß der Rechtsgeschäfte erteilt we

Grundstücksverkehrsordnung - GrdstVV | § 2 Erfordernis der Genehmigung


(1) Einer Genehmigung bedürfen 1. die Auflassung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber,2. die Bestellung und Übertragung eines Erbbaurechts und der schuldrechtliche Vertrag hierüber.Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 24 Strompolizei


(1) Die Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes haben die Aufgabe, zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten (Strompol

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Für Streitigkeiten über die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung oder die Aussetzung des Verfahrens nach diesem Gesetz ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über das Vorverfahren finden auch auf

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Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 5. Oktober 2011 wird auf deren Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1

Mit Bußgeldbescheid vom 29. September 2010 hat die Stadtverwaltung ...[X] gegen die Betroffene wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8 der Gefahrenabwehrverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Stadt...[X] vom 16. Dezember 2009 (nachfolgend: Gefahrenabwehrverordnung) eine Geldbuße von 2.500 € festgesetzt.

2

Danach ist es verboten, auf öffentlichen Straßen oder Anlagen Lebens– oder Futtermittel (Körner, Brot usw.), die dazu geeignet sind, von freilebenden Tieren, wie Vögel, Fische, Ungeziefer und Ratten als Futter aufgenommen zu werden, auszulegen oder auszustreuen.

3

Auf den Einspruch der Betroffenen hat das Amtsgericht St. Goar sie am 5. Oktober 2011 wegen „vorsätzlicher Ordnungswidrigkeit – Auslegen oder Ausstreuen von Lebens- und Futtermitteln auf öffentlichen Straßen oder in öffentlichen Anlagen“ gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung zu einer Geldbuße von 800 € verurteilt.

4

Gegen dieses Urteil hat die Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ihre Freisprechung begehrt. Der Generalstaatsanwalt hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

5

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1.

6

Die Verfahrensrügen der Betroffenen dringen nicht durch.

a)

7

Ohne Erfolg bleibt die Rüge der nicht erfolgten Bescheidung eines Hilfsbeweisantrages. Der Verteidiger der Betroffenen hat in seinem Plädoyer für den Fall, dass das Gericht davon ausgeht, es handele sich bei den Gleisen um eine öffentliche Straße, Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme beantragt. Zwar hat die Tatrichterin diesen Hilfsbeweisantrag in den Urteilsgründen nicht beschieden. Auf diesem Fehler beruht das Urteil jedoch nicht. Ein zulässiger Beweisantrag setzt das unbedingte oder – wie hier – das an eine Bedingung geknüpfte Verlangen voraus, Beweis über eine bestimmte Tatsache durch den Gebrauch eines bestimmten Beweismittels zu erheben (Meyer-Goßner, § 54. Aufl. § 244 Rdnr. 18 m.w.N.). Bei der Frage, ob die Gleise unter den Begriff der öffentlichen Straße im Sinne der Gefahrenabwehrverordnung fallen, handelt es sich jedoch nicht um eine Tatsache, sondern um eine durch das erkennende Gericht auf Grund der getroffenen Feststellungen zu beurteilende Rechtsfrage. Der Hilfsbeweisantrag war daher bereits unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Auf der Nichtbescheidung eines unzulässigen Hilfsbeweisantrages kann das Urteil jedoch nicht beruhen.

b)

8

Auch die Rüge, die Bußgeldrichterin habe die richterliche Hinweispflicht gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 Abs. 1 StPO verletzt, indem sie die Betroffene entgegen dem Bußgeldbescheid wegen vorsätzlicher Begehungsweise verurteilt hat, ohne zuvor auf die geänderte Schuldform hingewiesen zu haben, verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.

9

Sie ist bereits unzulässig, weil sie nicht den Formerfordernissen gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Danach muss der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend macht, die den Mangel begründenden Tatsachen angeben. Dies hat ohne Bezugnahmen oder Verweisungen so vollständig und genau zu geschehen, dass das Rechtsbeschwerdegericht ohne Rückgriff auf den Akteninhalt oder beigefügte Anlagen allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGHSt 3, 213, 214; Meyer-Goßner, StPO, a.a.O., § 344 Rdnr. 21 m.w.N.). Zwar teilt die Rechtsbeschwerdeführerin zutreffend mit, dass der ursprüngliche Bußgeldbescheid der Stadt ...[X] von fahrlässiger Begehungsweise ausgegangen ist. Eine vollständige Mitteilung des Inhalts des Bußgeldbescheids war entbehrlich, da der Senat hiervon als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen Kenntnis zu nehmen hat (BGH StV 2002, 588). Die Rechtsbeschwerde legt unter Verweis auf das Hauptverhandlungsprotokoll auch ausreichend dar, dass der wegen der Verschärfung der Schuldform erforderlich gewesene Hinweis (vgl. dazu: KK-Senge, OWiG, 3. Aufl., § 71 Rdnr. 6; Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 71 Rdnr. 50) in der Hauptverhandlung nicht erteilt wurde. Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO, deren Fehlen von der negativen Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO erfasst wird und somit durch dessen Fehlen in der Sitzungsniederschrift belegt ist. Zur ordnungsgemäßen Ausführung einer auf die Verletzung des § 265 StPO gestützten Rüge gehört jedoch die Darlegung, dass der Betroffene auf die Möglichkeit der Schuldformverschärfung auch nicht vor der Hauptverhandlung, insbesondere nicht im Rahmen der Ladungsverfügung, hingewiesen worden ist (BGHSt 2, 304; Meyer-Goßner, a.a.O., § 265 Rdnr. 32, OLG Koblenz, Beschluss 2 Ss 293/00 v. 21.08.2000). Daran fehlt es hier. Die Rüge ist daher nicht ordnungsgemäß erhoben.

2.

10

Auch die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung der Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung.

a)

11

Die in Rede stehenden Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] sind wirksam. Die Taubenfütterungsverbotsverordnung beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung (§ 43 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 10. November 1993 (nachfolgend: POG)) und hält sich in deren Rahmen. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot, das zur Nichtigkeit der Verordnung führen würde, liegt nicht vor.

12

Das Fütterungsverbot für verwilderte Tauben verstößt nicht gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Landesverfassung Rheinland-Pfalz). Dieses wird nur innerhalb der Schranken der Gesetze, zu denen auch auf gesetzlicher Grundlage erlassene Rechtsverordnungen zählen, gewährleistet. Soweit der unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung nicht beeinträchtigt ist, muss daher jedermann als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes erfolgen und den Wesensgehalt des Grundrechts nicht antasten. Zwar schützt die allgemeine Handlungsfreiheit auch die Tierliebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und damit auch das Füttern von Tauben auf Straßen und in Anlagen. Letzteres gehört jedoch nicht zum absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Bei der gebotenen Güter- und Interessenabwägung ist es gerechtfertigt, dem Schutz der Bürger vor Belästigung durch Verunreinigungen oder Schäden am Eigentum den Vorrang vor dem Interesse des Tierliebhabers zu geben (HessVGH, Beschluss 8 A 396/10 v. 01.09.2011 – juris - ; BayVerfG BayVBl. 2005, 172; OLG Hamm Beschluss 2 Ss OWi 836/06 v. 22.02.2007; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 23.05.1980, 2 BvR 854/79 - Juris -).

13

Das Verbot erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Eine zunehmende Vermehrung von Tauben führt zu nicht hinnehmbaren starken Verschmutzungen der Gehwege, Straßen und Gebäude bis hin zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum (vgl. OLG Hamm a.a.O.; HessVGH a.a.O.; BayVerfG a.a.O.; VGH BW, Beschluss 1 S 261/05 v. 27.09.2005 – alle Juris -). Schließlich fallen jedenfalls Reinigungskosten an, damit die durch Taubenkot verunstalteten Gebäude wieder ästhetischen Anforderungen genügen und so auch ihren wirtschaftlichen Wert behalten (VGH BW, a.a.O.). Das Fütterungsverbot stellt deshalb die geringst mögliche Beeinträchtigung der Taubenliebhaber dar.

14

Auch das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Schutzbereich des Grundrechts ist berührt, wenn eine ernste sittliche, das heißt an den Kategorien von „gut“ und „böse“ orientierte Entscheidung in Rede steht, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (BVerfGE, Beschluss vom 21.12.1960, 1 BvL 21/60 - Juris -). Im Hinblick auf das beharrlich anhaltende Füttern von Tauben trotz Sanktionierung mit teils empfindlichen Geldbußen in der Vergangenheit kann der Senat nicht ausschließen, dass für die Betroffene eine Situation gegeben ist, die sie aus ihrem Verständnis des Tierschutzes zu diesem Handeln veranlasst. Die von Art. 4 Abs. 1 GG erfasste Gewissensfreiheit umfasst dabei nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote und Verbote des Gewissens zu handeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.05.2007, 2 BvR 475/02 - Juris -). Zwar unterliegt das Grundrecht der Gewissensfreiheit keinem Gesetzesvorbehalt, es gilt aber dennoch nicht uneingeschränkt, sondern findet seine Schranken durch die hier tangierten Grundrechte aus Art. 2 und 14 GG. Der Betroffenen ist es daher unbenommen, sich auf sonst zulässige Art und Weise für den Tierschutz zu engagieren.

15

Das Verbot der Taubenfütterung steht ferner auch mit Art. 20a GG in Einklang. Nach der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung dieser Norm schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es handelt sich bei der Regelung in Art. 20a GG jedoch um eine bloße Staatszielbestimmung. Eine Verletzung eigener Rechte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Regelung in Art. 20a GG scheidet deshalb aus. Dass auch nach Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz die Gemeinden befugt sind, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen entsprechende Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen, die auch ein Taubenfütterungsverbot zum Inhalt haben, ist überdies inzwischen hinreichend geklärt (VGH BW, a.a.O.; BayVerfGH NuR 2005, 388 f.; OLG Saarbrücken VRS 106, 389, 392, OLG Hamm a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil v. 04.05.2011, Az. 18 K 1622/11, - Juris -; VG Ansbach, Urteil v. 14.07.2011, Az. AN 5 K 10.01853 – juris -).

16

Schließlich erfüllt das Taubenfütterungsverbot auch nicht die Strafnormen der Tierquälerei nach § 17 Nr. 2b und der Tiertötung nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz. Voraussetzung dafür wäre, dass man Tieren „ohne vernünftigen Grund“ (§ 1 Satz 2 TierSchG) Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt eine Verpflichtung gibt, wild lebende Tiere zu füttern, weil es „auf der Hand liegt, dass dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit ein höherer Rang zukommt als dem Tierschutz und dass deshalb die Abwehr von Gefahren, die der menschlichen Gesundheit von bestimmten Tieren drohen, ein vernünftiger Grund für Maßnahmen sein kann, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden bei diesen Tieren verbunden sind“ (BVerwG, Beschluss 3 BN 1/97 v. 24.10.1997 - Juris -). Eine (insoweit ausreichende) abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (BVerwG a.a.O.). Auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall kann verzichtet werden, da grundsätzlich davon auszugehen ist, das durch das Auftreten einer großen Anzahl wild lebender Tauben auch eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung eintritt.

17

Die hier angewendeten Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] erweisen sich daher als wirksam.

b)

18

Das Amtsgericht hat auch im vorliegenden Einzelfall ohne Rechtsfehler einen Verstoß gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung bejaht.

19

Bei dem hier in Rede stehenden Gleisbett, welches nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Amtsgerichts stillgelegt und tatsächlich öffentlich zugänglich ist, handelt es sich um eine „öffentliche Straße“ im Sinne der Gefahrenabwehrverordnung. Nach der in § 1 der Gefahrenabwehrverordnung enthaltenen Begriffsbestimmung sind öffentliche Straßen Wege und Plätze sowie alle für den Straßenverkehr oder einzelne Arten des Straßenverkehrs bestimmte Flächen sowie Flächen, die tatsächlich öffentlich zugänglich sind. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift fallen demzufolge auch Flächen in den Schutzbereich der Verordnung, die nicht dem Straßenverkehr zuzuordnen, sondern lediglich - und ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - öffentlich zugänglich sind.

20

Die Einbeziehung dieser Flächen begegnet keinen Bedenken. Nach § 43 Abs. 1 POG, auf die sich die vorliegende Gefahrenabwehrverordnung gründet, können die allgemeinen Ordnungsbehörden zur Abwehr von (abstrakten) Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Gebote und Verbote erlassen, die für eine unbestimmte Zahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Verordnung daher nicht die „öffentlichen Straßen oder Anlagen“, sondern die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auf öffentlichen Straßen und Anlagen“. Die Ermächtigungsgrundlage erlaubt daher auch die Regelung von Vorgängen durch Verordnung, die außerhalb der Straße im eigentlichen Sinne – sei es auch von privaten Flächen oder Grundstücken ausgehend – die Sicherheit auf öffentlichen Straßen unmittelbar gefährden. Dass dies auch Ziel der hier in Rede stehenden Gefahrenabwehrverordnung ist, wird durch die präzisierende Begriffsbestimmung der „öffentlichen Straße“ in § 1 Abs. 2 der Verordnung deutlich, wonach zur „öffentlichen Straße“ auch Dämme, Gräben, Böschungen, Uferbereiche gehören.

21

Ausgehend hiervon unterfällt das stillgelegte Gleisbett als tatsächlich öffentlich zugängliche Fläche dem Oberbegriff der öffentlichen Straße. Es grenzt nach den Feststellungen des Amtsgerichts unmittelbar an einen Parkplatz an, der neben der Straße liegt. An dessen öffentlicher Zugänglichkeit ändert auch der Umstand nichts, dass es durch eine Bahnkante von maximal einem Meter von der Parkfläche getrennt ist. Dass durch das Ausstreuen von Futter auf dem Gleisbett auch eine unmittelbare Beeinträchtigung der öffentlichen Straße infolge Verschmutzung durch hierdurch angelockte Tauben entsteht, liegt offen auf der Hand.

22

Ob der Schutzbereich der Gefahrenabwehrverordnung auch den Schienenverkehr erfasst, kann dahinstehen. Soweit die Rechtsbeschwerde behauptet, es handele sich bei dem Gleisbett um eine im Betrieb befindliche Gleisanlage, trägt sie urteilsfremde Tatsachen vor, die mit den vom Tatgericht getroffenen Feststellungen im Widerspruch stehen und damit im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich sind.

23

Auch der Schuldspruch wegen vorsätzlichen Handelns wird von den Urteilsfeststellungen getragen. Nähere Ausführungen zur subjektiven Tatseite enthält das Urteil zwar nicht. Sie sind vorliegend jedoch entbehrlich, da nach dem festgestellten Sach-verhalt nur vorsätzliches Handeln in Betracht kommt. Vorsätzlich handelt, wer die Umstände des gesetzlichen Tatbestandes erfasst hat (Fischer, a.a.O, § 16 Rdnr. 3 m.w.N.) Nicht erforderlich ist daher, dass der Täter die abstrakten Tatbestandsmerkmale der Verbotsnorm in seinem Bewusstsein reflektieren muss. Es genügt vielmehr, dass er einen Wirklichkeitsvorgang mit konkreten Umständen realisiert hat, der der Gesetzesbeschreibung entspricht (Fischer, a.a.O.). Ausgehend hiervon handelte die Betroffene ohne Zweifel vorsätzlich. Nach den Urteilsfeststellungen ist sie in den letzten fünf Jahren vielfach wegen unerlaubten Ausstreuens von Futtermitteln in Erscheinung getreten, weshalb gegen sie Geldbußen bis zu 700 € festgesetzt wurden. Hinzu kommt, dass sie als Einwohnerin der Gemeinde ...[X] ortskundig ist. Mangels Einfriedung des in Rede stehenden Geländes sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass der Betroffenen die tatsächliche Zugänglichkeit der Bahngleise entgangen sein könnte. Ihr erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren erhobener Einwand, sie habe nicht gewusst, dass es sich bei der Örtlichkeit um eine „öffentliche Straße handelt“, erweist sich als ein für den Vorsatz unbeachtlicher Subsumtionsirrtum, der als Verbotsirrtum nach § 17 StGB zu behandeln ist und nur im Falle seiner Unvermeidbarkeit schuldhaftes Handeln entfallen ließe. Da sich jedoch weder aus der Einlassung der Betroffenen noch im Übrigen Anhaltspunkte hierfür ergeben haben, waren nähere Feststellungen hierzu nicht veranlasst.

c)

24

Auch die Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch unterliegen keinen Bedenken. Insbesondere hat die Tatrichterin in Anbetracht der Höhe der verhängten Geldbuße von über 250 € die dann notwendigen näheren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen getroffen (vgl. hierzu OLG Koblenz, Beschluss 1 Ss 283/02 v. 20.01.2003). Die Ausführungen zur Bemessung der Geldbuße belegen, dass diese bei der Festsetzung der Höhe Berücksichtigung fanden. Auch im Übrigen lassen die Zumessungserwägungen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen.

III.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG, 473 Abs.1 Satz 1 StPO.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Cochem vom 29. Mai 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerden, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Cochem zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Mit Bußgeldbescheid vom 10. November 2011 hat die Verbandsgemeindeverwaltung ...[Z] gegen den Betroffenen ...[A] wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Nr. 9, 6 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung der Verbandsgemeinde...[Z] vom 22. Januar 2011 (im Folgenden: GVO) eine Geldbuße von 300 € festgesetzt.

2

Mit Bußgeldbescheiden vom 22. September 2011 und 20. Januar 2012 hat die Verbandsgemeindeverwaltung ...[Z] gegen den Betroffenen ...[B] wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Nr. 9, 6 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 4 der GVO Geldbußen von 300 € bzw. 500 € festgesetzt.

3

Das Amtsgericht hat die drei Bußgeldverfahren durch Beschluss vom 23. April 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

4

Durch Urteil vom 29. Mai 2012 hat es den Betroffenen ...[A] in einem Fall und den Betroffenen ...[B] in zwei Fällen des vorsätzlichen Verstoßes gegen die GVO für schuldig befunden und den Betroffenen ...[A] zu einer Geldbuße von 300 € sowie den Betroffenen ...[B] zu zwei Geldbußen in Höhe von 300 € und 500 € verurteilt.

5

In den Feststellungen des Urteils ist ausgeführt, dass sich die Betroffenen seit vielen Jahren im Bereich der Schwanenpflege und des Schwanenschutzes, insbesondere im Bereich der Stadt ...[Z] und deren Anlagen an der Mosel engagieren. Weiter heißt es, dass gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 (Anmerkung des Senats: richtig § 2 Abs. 1 Nr. 9) der Gefahrenabwehrordnung der Verbandsgemeindeverwaltung...[Z] vom 18. Januar 2011, in Kraft getreten am 22. Januar 2011, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen, verboten wurde auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen Tauben und Wasservögel (z.B. Enten und Schwäne) auch auf Gewässern oder an deren Ufern zu füttern.

6

Zu den Taten der Betroffenen stellt das Amtsgericht fest:

7

„Beide Betroffene hielten sich jedoch nicht an dieses Fütterungsverbot von Wasservögeln (insbesondere Schwänen) und fütterten weiterhin die Schwäne am Moselufer und in den angrenzenden Anlagen der Stadt ...[Z].

8

Der Betroffene ...[B] fütterte so am 09.09.2011 gegen 14.20 Uhr in ...[Z] an der Fähranlegestelle Schwäne mit Brot und Brötchenkrümel, welche er zuvor aus seinen Fahrradtaschen entnommen hatte.

9

Der Betroffene ...[A] fütterte vergleichbar am 20.09.2011 gegen 11.33 Uhr in ...[Z] in den Moselanlagen – Mündungsbereich des …[Y] Baches – in einem nicht unerheblichen Maße Wasservögel. Er schüttete aus einem Futtersack Nahrungsmittel - insbesondere Brotreste und Maiskörner – aus.

10

Am 25.10.2011 gegen 14.45 Uhr fütterte der Betroffene ...[B] in den Moselanlagen der Stadt ...[Z] – gegenüber der Kreisverwaltung ...[Z] – auf einer Wiese erneut Schwäne. Er brachte Brotreste und Maiskörner auf der Wiese auf.“

11

Gegen dieses Urteil haben die Betroffenen form- und fristgerecht Rechtsbeschwerden eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerden als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

12

Die Rechtsbeschwerden haben mit der Sachrüge einen vorläufigen Erfolg.

13

Die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Fütterungsverbot von Wasservögeln gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 9 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 9 der GVO der Verbandsgemeinde...[Z] hält einer Überprüfung nicht stand, da die amtsgerichtlichen Feststellungen zu den Tatorten unzureichend sind.

14

1. Der Senat hat allerdings keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit der GVO der Verbandsgemeinde ...[Z]. Auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 19. Oktober 2012 wird Bezug genommen. Der Senat schließt sich im Übrigen den hier entsprechend geltenden Ausführungen des 2. Strafsenats im Beschluss vom 2. Mai 2012 (2 SsBs 114/11) zu der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] hinsichtlich des Taubenfütterungsverbotes an. In dem Beschluss ist ausgeführt:

15

„Die in Rede stehenden Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] sind wirksam. Die Taubenfütterungsverbotsverordnung beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung (§ 43 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 10. November 1993 (nachfolgend: POG)) und hält sich in deren Rahmen. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot, das zur Nichtigkeit der Verordnung führen würde, liegt nicht vor.

16

Das Fütterungsverbot für verwilderte Tauben verstößt nicht gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Landesverfassung Rheinland-Pfalz). Dieses wird nur innerhalb der Schranken der Gesetze, zu denen auch auf gesetzlicher Grundlage erlassene Rechtsverordnungen zählen, gewährleistet. Soweit der unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung nicht beeinträchtigt ist, muss daher jedermann als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes erfolgen und den Wesensgehalt des Grundrechts nicht antasten. Zwar schützt die allgemeine Handlungsfreiheit auch die Tierliebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und damit auch das Füttern von Tauben auf Straßen und in Anlagen. Letzteres gehört jedoch nicht zum absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Bei der gebotenen Güter- und Interessenabwägung ist es gerechtfertigt, dem Schutz der Bürger vor Belästigung durch Verunreinigungen oder Schäden am Eigentum den Vorrang vor dem Interesse des Tierliebhabers zu geben (HessVGH, Beschluss 8 A 396/10 v. 01.09.2011 – juris - ; BayVerfG BayVBl. 2005, 172; OLG Hamm Beschluss 2 Ss OWi 836/06 v. 22.02.2007; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 23.05.1980, 2 BvR 854/79 - Juris -).

17

Das Verbot erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Eine zunehmende Vermehrung von Tauben führt zu nicht hinnehmbaren starken Verschmutzungen der Gehwege, Straßen und Gebäude bis hin zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum (vgl. OLG Hamm a.a.O.; HessVGH a.a.O.; BayVerfG a.a.O.; VGH BW, Beschluss 1 S 261/05 v. 27.09.2005 – alle Juris -). Schließlich fallen jedenfalls Reinigungskosten an, damit die durch Taubenkot verunstalteten Gebäude wieder ästhetischen Anforderungen genügen und so auch ihren wirtschaftlichen Wert behalten (VGH BW, a.a.O.). Das Fütterungsverbot stellt deshalb die geringst mögliche Beeinträchtigung der Taubenliebhaber dar.

18

Auch das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Schutzbereich des Grundrechts ist berührt, wenn eine ernste sittliche, das heißt an den Kategorien von „gut“ und „böse“ orientierte Entscheidung in Rede steht, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (BVerfGE, Beschluss vom 21.12.1960, 1 BvL 21/60 - Juris -). Im Hinblick auf das beharrlich anhaltende Füttern von Tauben trotz Sanktionierung mit teils empfindlichen Geldbußen in der Vergangenheit kann der Senat nicht ausschließen, dass für die Betroffene eine Situation gegeben ist, die sie aus ihrem Verständnis des Tierschutzes zu diesem Handeln veranlasst. Die von Art. 4 Abs. 1 GG erfasste Gewissensfreiheit umfasst dabei nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote und Verbote des Gewissens zu handeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.05.2007, 2 BvR 475/02 - Juris -). Zwar unterliegt das Grundrecht der Gewissensfreiheit keinem Gesetzesvorbehalt, es gilt aber dennoch nicht uneingeschränkt, sondern findet seine Schranken durch die hier tangierten Grundrechte aus Art. 2 und 14 GG. Der Betroffenen ist es daher unbenommen, sich auf sonst zulässige Art und Weise für den Tierschutz zu engagieren.

19

Das Verbot der Taubenfütterung steht ferner auch mit Art. 20a GG in Einklang. Nach der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung dieser Norm schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es handelt sich bei der Regelung in Art. 20a GG jedoch um eine bloße Staatszielbestimmung. Eine Verletzung eigener Rechte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Regelung in Art. 20a GG scheidet deshalb aus. Dass auch nach Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz die Gemeinden befugt sind, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen entsprechende Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen, die auch ein Taubenfütterungsverbot zum Inhalt haben, ist überdies inzwischen hinreichend geklärt (VGH BW, a.a.O.; BayVerfGH NuR 2005, 388 f.; OLG Saarbrücken VRS 106, 389, 392, OLG Hamm a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil v. 04.05.2011, Az. 18 K 1622/11, - Juris -; VG Ansbach, Urteil v. 14.07.2011, Az. AN 5 K 10.01853 – juris -).

20

Schließlich erfüllt das Taubenfütterungsverbot auch nicht die Strafnormen der Tierquälerei nach § 17 Nr. 2b und der Tiertötung nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz. Voraussetzung dafür wäre, dass man Tieren „ohne vernünftigen Grund“ (§ 1 Satz 2 TierSchG) Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt eine Verpflichtung gibt, wild lebende Tiere zu füttern, weil es „auf der Hand liegt, dass dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit ein höherer Rang zukommt als dem Tierschutz und dass deshalb die Abwehr von Gefahren, die der menschlichen Gesundheit von bestimmten Tieren drohen, ein vernünftiger Grund für Maßnahmen sein kann, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden bei diesen Tieren verbunden sind“ (BVerwG, Beschluss 3 BN 1/97 v. 24.10.1997 - Juris -). Eine (insoweit ausreichende) abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (BVerwG a.a.O.). Auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall kann verzichtet werden, da grundsätzlich davon auszugehen ist, das durch das Auftreten einer großen Anzahl wild lebender Tauben auch eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung eintritt.“

21

2. Der Gültigkeit des § 2 Abs. 1 Nr. 9 der kommunalen GVO steht höherrangiges Bundes- oder Landesrecht, insbesondere die Regelung im Bundeswasserstraßengesetz nicht entgegen. Allgemeines Ordnungsrecht unterliegt landesrechtlicher Normgebungskompetenz (vgl. zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr im Bereich des Straßenverkehrs-, des Immissionsschutz- und des Tierschutzrechts: BGH NJW 1991, 162; OLG Düsseldorf VRS 82, 58; OLG Hamm NStZ 1988, 321). Die GVO durfte, abgeleitet aus dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz, die Abwehr allgemeiner Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung an der Mosel als Bundeswasserstraße im Rahmen ihres örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereiches regeln. Nach § 24 Abs. 1 WaStrG haben die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (nur) die Aufgabe, zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten (Strompolizei). Die Abwehr von Gefahren für die Schifffahrt auf der Mosel zu regeln, „maßt“ sich die Verbandsgemeinde nicht an. Auf den Inhalt von – im Übrigen im Urteil nicht mitgeteilten – Nutzungsverträgen der Stadt oder der Verbandsgemeinde ...[Z] mit dem Bund dürfte es daher nicht ankommen.

22

3. Das angefochtene Urteil ist jedoch bezüglich der Tatortbeschreibungen insoweit lückenhaft, als den Feststellungen nicht entnommen werden kann, dass die Verstöße gegen das Fütterungsverbot auf öffentlichen Straßen oder öffentlichen Anlagen nach § 6 Abs. 1 der GVO im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 1 der GVO begangen wurden. Im Urteil werden nur die Schlussfolgerungen, dass die „maßgeblichen Flächen“ der GVO unterliegen, mitgeteilt. Die Orte, an denen das Futter ausgelegt wurde, können in den Urteilsgründen hinreichend beschrieben werden. Auch durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf in den Akten befindliche Abbildungen gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden, könnten die Tatortbeschreibungen ergänzt werden (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 267 Rdn. 8-10).

23

4. Für die erneute Hauptverhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

24

Gemäß § 17 Abs. 3 OWiG ist Grundlage für die Bemessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, den der Täter trifft. Daraus ist abzuleiten, dass hiermit der individuelle (Schuld-)Vorwurf gemeint ist (Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 17 Rdn. 17). Wenn vom Amtsgericht das ehrenamtliche Engagement der Betroffenen im Bereich der Schwanenpflege und des Schwanenschutzes besonders herausgestellt wird und dies als verständliche Beweggründe auch bei der Höhe des Bußgeldes Berücksichtigung findet, so könnten die verhängten Geldbußen – auch angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen – angesichts eines ersten Verstoßes gegen die GVO unangemessen hoch sein. Dem Übermaßverbot könnte auch durch sachgerechte Anwendung des § 47 OWiG genügt werden (BGH NJW 1991, 162).

(1) Einer Genehmigung bedürfen

1.
die Auflassung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber,
2.
die Bestellung und Übertragung eines Erbbaurechts und der schuldrechtliche Vertrag hierüber.
Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn
1.
der Rechtserwerb des Veräußerers aufgrund einer nach dem 28. September 1990 erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung nach diesem Gesetzes auch in seiner vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung oder der Grundstücksverkehrsverordnung oder aufgrund einer Investitionsbescheinigung, einer Entscheidung nach § 3a des Vermögensgesetzes, eines Investitionsvorrangbescheides oder nach dieser Nummer in das Grundbuch eingetragen worden ist, sofern nicht ein Vertrag nach § 3c des Vermögensgesetzes vorliegt, oder wenn das Eigentum nach einer Feststellung nach § 13 Abs. 2 des Investitionsvorranggesetzes nicht zurückzuübertragen ist oder
2.
der Rechtserwerb des Veräußerers aufgrund einer Entscheidung nach § 31 Abs. 5 Satz 3 oder § 33 Abs. 4 des Vermögensgesetzes in das Grundbuch eingetragen worden ist oder
3.
der Veräußerer selbst seit dem 29. Januar 1933 ununterbrochen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war oder zu diesem Zeitpunkt ein Dritter, von dem der Veräußerer das Eigentum im Wege der Erbfolge erlangt hat, im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war oder
4.
das Rechtsgeschäft auf die Eintragung einer Vormerkung gerichtet ist,
5.
der Rechtserwerb des Veräußerers nach dem 2. Oktober 1990 durch Zuschlagsbeschluß in der Zwangsversteigerung erfolgt und in das Grundbuch eingetragen worden ist oder
6.
im Zeitpunkt der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Rechtserwerbs oder im Zeitpunkt der Eintragung des Rechtserwerbs kein Anmeldevermerk gemäß § 30b Absatz 1 des Vermögensgesetzes im Grundbuch eingetragen ist.
Satz 2 Nr. 1 bis 6 gilt für die Bestellung oder Übertragung eines Erbbaurechts entsprechend. Die Genehmigung des schuldrechtlichen Vertrages erfaßt auch das zu seiner Ausführung erforderliche dingliche Rechtsgeschäft; die Genehmigung des dinglichen Rechtsgeschäfts erfaßt auch den zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrag. Wird die Genehmigung für mehrere Grundstücke beantragt, kann die Genehmigung aber nicht für alle erteilt werden, so ist die Genehmigung auf die einzelnen Grundstücke zu beschränken, für die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 vorliegen, auch wenn die fraglichen Rechtsgeschäfte in einer Urkunde zusammengefaßt sind.

(2) Das Grundbuchamt darf auf Grund eines nach Absatz 1 genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts eine Eintragung in das Grundbuch erst vornehmen, wenn der Genehmigungsbescheid vorgelegt ist. Es darf nicht mehr eintragen, wenn die zuständige Behörde mitgeteilt hat, daß gegen den Genehmigungsbescheid ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist und dieser aufschiebende Wirkung hat. Die zuständige Behörde hat dem Grundbuchamt die Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs sowie das Entfallen der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mitzuteilen. Der Mitteilung durch die Behörde im Sinne dieses Absatzes steht es gleich, wenn das Grundbuchamt auf anderem Wege durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde Kenntnis erlangt. Ist die Genehmigung vor dem 3. Oktober 1990 erteilt worden, so kann das Grundbuchamt vor der Eintragung die Vorlage einer Bestätigung der zuständigen Behörde über die Wirksamkeit der Genehmigung verlangen, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß die Genehmigung infolge der Einlegung eines Rechtsbehelfs nach Satz 2 oder aus sonstigen Gründen nicht wirksam ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 5. Oktober 2011 wird auf deren Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1

Mit Bußgeldbescheid vom 29. September 2010 hat die Stadtverwaltung ...[X] gegen die Betroffene wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8 der Gefahrenabwehrverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Stadt...[X] vom 16. Dezember 2009 (nachfolgend: Gefahrenabwehrverordnung) eine Geldbuße von 2.500 € festgesetzt.

2

Danach ist es verboten, auf öffentlichen Straßen oder Anlagen Lebens– oder Futtermittel (Körner, Brot usw.), die dazu geeignet sind, von freilebenden Tieren, wie Vögel, Fische, Ungeziefer und Ratten als Futter aufgenommen zu werden, auszulegen oder auszustreuen.

3

Auf den Einspruch der Betroffenen hat das Amtsgericht St. Goar sie am 5. Oktober 2011 wegen „vorsätzlicher Ordnungswidrigkeit – Auslegen oder Ausstreuen von Lebens- und Futtermitteln auf öffentlichen Straßen oder in öffentlichen Anlagen“ gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung zu einer Geldbuße von 800 € verurteilt.

4

Gegen dieses Urteil hat die Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ihre Freisprechung begehrt. Der Generalstaatsanwalt hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

5

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1.

6

Die Verfahrensrügen der Betroffenen dringen nicht durch.

a)

7

Ohne Erfolg bleibt die Rüge der nicht erfolgten Bescheidung eines Hilfsbeweisantrages. Der Verteidiger der Betroffenen hat in seinem Plädoyer für den Fall, dass das Gericht davon ausgeht, es handele sich bei den Gleisen um eine öffentliche Straße, Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme beantragt. Zwar hat die Tatrichterin diesen Hilfsbeweisantrag in den Urteilsgründen nicht beschieden. Auf diesem Fehler beruht das Urteil jedoch nicht. Ein zulässiger Beweisantrag setzt das unbedingte oder – wie hier – das an eine Bedingung geknüpfte Verlangen voraus, Beweis über eine bestimmte Tatsache durch den Gebrauch eines bestimmten Beweismittels zu erheben (Meyer-Goßner, § 54. Aufl. § 244 Rdnr. 18 m.w.N.). Bei der Frage, ob die Gleise unter den Begriff der öffentlichen Straße im Sinne der Gefahrenabwehrverordnung fallen, handelt es sich jedoch nicht um eine Tatsache, sondern um eine durch das erkennende Gericht auf Grund der getroffenen Feststellungen zu beurteilende Rechtsfrage. Der Hilfsbeweisantrag war daher bereits unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Auf der Nichtbescheidung eines unzulässigen Hilfsbeweisantrages kann das Urteil jedoch nicht beruhen.

b)

8

Auch die Rüge, die Bußgeldrichterin habe die richterliche Hinweispflicht gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 Abs. 1 StPO verletzt, indem sie die Betroffene entgegen dem Bußgeldbescheid wegen vorsätzlicher Begehungsweise verurteilt hat, ohne zuvor auf die geänderte Schuldform hingewiesen zu haben, verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.

9

Sie ist bereits unzulässig, weil sie nicht den Formerfordernissen gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Danach muss der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend macht, die den Mangel begründenden Tatsachen angeben. Dies hat ohne Bezugnahmen oder Verweisungen so vollständig und genau zu geschehen, dass das Rechtsbeschwerdegericht ohne Rückgriff auf den Akteninhalt oder beigefügte Anlagen allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGHSt 3, 213, 214; Meyer-Goßner, StPO, a.a.O., § 344 Rdnr. 21 m.w.N.). Zwar teilt die Rechtsbeschwerdeführerin zutreffend mit, dass der ursprüngliche Bußgeldbescheid der Stadt ...[X] von fahrlässiger Begehungsweise ausgegangen ist. Eine vollständige Mitteilung des Inhalts des Bußgeldbescheids war entbehrlich, da der Senat hiervon als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen Kenntnis zu nehmen hat (BGH StV 2002, 588). Die Rechtsbeschwerde legt unter Verweis auf das Hauptverhandlungsprotokoll auch ausreichend dar, dass der wegen der Verschärfung der Schuldform erforderlich gewesene Hinweis (vgl. dazu: KK-Senge, OWiG, 3. Aufl., § 71 Rdnr. 6; Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 71 Rdnr. 50) in der Hauptverhandlung nicht erteilt wurde. Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO, deren Fehlen von der negativen Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO erfasst wird und somit durch dessen Fehlen in der Sitzungsniederschrift belegt ist. Zur ordnungsgemäßen Ausführung einer auf die Verletzung des § 265 StPO gestützten Rüge gehört jedoch die Darlegung, dass der Betroffene auf die Möglichkeit der Schuldformverschärfung auch nicht vor der Hauptverhandlung, insbesondere nicht im Rahmen der Ladungsverfügung, hingewiesen worden ist (BGHSt 2, 304; Meyer-Goßner, a.a.O., § 265 Rdnr. 32, OLG Koblenz, Beschluss 2 Ss 293/00 v. 21.08.2000). Daran fehlt es hier. Die Rüge ist daher nicht ordnungsgemäß erhoben.

2.

10

Auch die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung der Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung.

a)

11

Die in Rede stehenden Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] sind wirksam. Die Taubenfütterungsverbotsverordnung beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung (§ 43 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 10. November 1993 (nachfolgend: POG)) und hält sich in deren Rahmen. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot, das zur Nichtigkeit der Verordnung führen würde, liegt nicht vor.

12

Das Fütterungsverbot für verwilderte Tauben verstößt nicht gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Landesverfassung Rheinland-Pfalz). Dieses wird nur innerhalb der Schranken der Gesetze, zu denen auch auf gesetzlicher Grundlage erlassene Rechtsverordnungen zählen, gewährleistet. Soweit der unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung nicht beeinträchtigt ist, muss daher jedermann als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes erfolgen und den Wesensgehalt des Grundrechts nicht antasten. Zwar schützt die allgemeine Handlungsfreiheit auch die Tierliebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und damit auch das Füttern von Tauben auf Straßen und in Anlagen. Letzteres gehört jedoch nicht zum absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Bei der gebotenen Güter- und Interessenabwägung ist es gerechtfertigt, dem Schutz der Bürger vor Belästigung durch Verunreinigungen oder Schäden am Eigentum den Vorrang vor dem Interesse des Tierliebhabers zu geben (HessVGH, Beschluss 8 A 396/10 v. 01.09.2011 – juris - ; BayVerfG BayVBl. 2005, 172; OLG Hamm Beschluss 2 Ss OWi 836/06 v. 22.02.2007; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 23.05.1980, 2 BvR 854/79 - Juris -).

13

Das Verbot erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Eine zunehmende Vermehrung von Tauben führt zu nicht hinnehmbaren starken Verschmutzungen der Gehwege, Straßen und Gebäude bis hin zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum (vgl. OLG Hamm a.a.O.; HessVGH a.a.O.; BayVerfG a.a.O.; VGH BW, Beschluss 1 S 261/05 v. 27.09.2005 – alle Juris -). Schließlich fallen jedenfalls Reinigungskosten an, damit die durch Taubenkot verunstalteten Gebäude wieder ästhetischen Anforderungen genügen und so auch ihren wirtschaftlichen Wert behalten (VGH BW, a.a.O.). Das Fütterungsverbot stellt deshalb die geringst mögliche Beeinträchtigung der Taubenliebhaber dar.

14

Auch das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Schutzbereich des Grundrechts ist berührt, wenn eine ernste sittliche, das heißt an den Kategorien von „gut“ und „böse“ orientierte Entscheidung in Rede steht, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (BVerfGE, Beschluss vom 21.12.1960, 1 BvL 21/60 - Juris -). Im Hinblick auf das beharrlich anhaltende Füttern von Tauben trotz Sanktionierung mit teils empfindlichen Geldbußen in der Vergangenheit kann der Senat nicht ausschließen, dass für die Betroffene eine Situation gegeben ist, die sie aus ihrem Verständnis des Tierschutzes zu diesem Handeln veranlasst. Die von Art. 4 Abs. 1 GG erfasste Gewissensfreiheit umfasst dabei nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote und Verbote des Gewissens zu handeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.05.2007, 2 BvR 475/02 - Juris -). Zwar unterliegt das Grundrecht der Gewissensfreiheit keinem Gesetzesvorbehalt, es gilt aber dennoch nicht uneingeschränkt, sondern findet seine Schranken durch die hier tangierten Grundrechte aus Art. 2 und 14 GG. Der Betroffenen ist es daher unbenommen, sich auf sonst zulässige Art und Weise für den Tierschutz zu engagieren.

15

Das Verbot der Taubenfütterung steht ferner auch mit Art. 20a GG in Einklang. Nach der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung dieser Norm schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es handelt sich bei der Regelung in Art. 20a GG jedoch um eine bloße Staatszielbestimmung. Eine Verletzung eigener Rechte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Regelung in Art. 20a GG scheidet deshalb aus. Dass auch nach Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz die Gemeinden befugt sind, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen entsprechende Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen, die auch ein Taubenfütterungsverbot zum Inhalt haben, ist überdies inzwischen hinreichend geklärt (VGH BW, a.a.O.; BayVerfGH NuR 2005, 388 f.; OLG Saarbrücken VRS 106, 389, 392, OLG Hamm a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil v. 04.05.2011, Az. 18 K 1622/11, - Juris -; VG Ansbach, Urteil v. 14.07.2011, Az. AN 5 K 10.01853 – juris -).

16

Schließlich erfüllt das Taubenfütterungsverbot auch nicht die Strafnormen der Tierquälerei nach § 17 Nr. 2b und der Tiertötung nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz. Voraussetzung dafür wäre, dass man Tieren „ohne vernünftigen Grund“ (§ 1 Satz 2 TierSchG) Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt eine Verpflichtung gibt, wild lebende Tiere zu füttern, weil es „auf der Hand liegt, dass dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit ein höherer Rang zukommt als dem Tierschutz und dass deshalb die Abwehr von Gefahren, die der menschlichen Gesundheit von bestimmten Tieren drohen, ein vernünftiger Grund für Maßnahmen sein kann, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden bei diesen Tieren verbunden sind“ (BVerwG, Beschluss 3 BN 1/97 v. 24.10.1997 - Juris -). Eine (insoweit ausreichende) abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (BVerwG a.a.O.). Auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall kann verzichtet werden, da grundsätzlich davon auszugehen ist, das durch das Auftreten einer großen Anzahl wild lebender Tauben auch eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung eintritt.

17

Die hier angewendeten Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] erweisen sich daher als wirksam.

b)

18

Das Amtsgericht hat auch im vorliegenden Einzelfall ohne Rechtsfehler einen Verstoß gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung bejaht.

19

Bei dem hier in Rede stehenden Gleisbett, welches nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Amtsgerichts stillgelegt und tatsächlich öffentlich zugänglich ist, handelt es sich um eine „öffentliche Straße“ im Sinne der Gefahrenabwehrverordnung. Nach der in § 1 der Gefahrenabwehrverordnung enthaltenen Begriffsbestimmung sind öffentliche Straßen Wege und Plätze sowie alle für den Straßenverkehr oder einzelne Arten des Straßenverkehrs bestimmte Flächen sowie Flächen, die tatsächlich öffentlich zugänglich sind. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift fallen demzufolge auch Flächen in den Schutzbereich der Verordnung, die nicht dem Straßenverkehr zuzuordnen, sondern lediglich - und ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - öffentlich zugänglich sind.

20

Die Einbeziehung dieser Flächen begegnet keinen Bedenken. Nach § 43 Abs. 1 POG, auf die sich die vorliegende Gefahrenabwehrverordnung gründet, können die allgemeinen Ordnungsbehörden zur Abwehr von (abstrakten) Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Gebote und Verbote erlassen, die für eine unbestimmte Zahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Verordnung daher nicht die „öffentlichen Straßen oder Anlagen“, sondern die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auf öffentlichen Straßen und Anlagen“. Die Ermächtigungsgrundlage erlaubt daher auch die Regelung von Vorgängen durch Verordnung, die außerhalb der Straße im eigentlichen Sinne – sei es auch von privaten Flächen oder Grundstücken ausgehend – die Sicherheit auf öffentlichen Straßen unmittelbar gefährden. Dass dies auch Ziel der hier in Rede stehenden Gefahrenabwehrverordnung ist, wird durch die präzisierende Begriffsbestimmung der „öffentlichen Straße“ in § 1 Abs. 2 der Verordnung deutlich, wonach zur „öffentlichen Straße“ auch Dämme, Gräben, Böschungen, Uferbereiche gehören.

21

Ausgehend hiervon unterfällt das stillgelegte Gleisbett als tatsächlich öffentlich zugängliche Fläche dem Oberbegriff der öffentlichen Straße. Es grenzt nach den Feststellungen des Amtsgerichts unmittelbar an einen Parkplatz an, der neben der Straße liegt. An dessen öffentlicher Zugänglichkeit ändert auch der Umstand nichts, dass es durch eine Bahnkante von maximal einem Meter von der Parkfläche getrennt ist. Dass durch das Ausstreuen von Futter auf dem Gleisbett auch eine unmittelbare Beeinträchtigung der öffentlichen Straße infolge Verschmutzung durch hierdurch angelockte Tauben entsteht, liegt offen auf der Hand.

22

Ob der Schutzbereich der Gefahrenabwehrverordnung auch den Schienenverkehr erfasst, kann dahinstehen. Soweit die Rechtsbeschwerde behauptet, es handele sich bei dem Gleisbett um eine im Betrieb befindliche Gleisanlage, trägt sie urteilsfremde Tatsachen vor, die mit den vom Tatgericht getroffenen Feststellungen im Widerspruch stehen und damit im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich sind.

23

Auch der Schuldspruch wegen vorsätzlichen Handelns wird von den Urteilsfeststellungen getragen. Nähere Ausführungen zur subjektiven Tatseite enthält das Urteil zwar nicht. Sie sind vorliegend jedoch entbehrlich, da nach dem festgestellten Sach-verhalt nur vorsätzliches Handeln in Betracht kommt. Vorsätzlich handelt, wer die Umstände des gesetzlichen Tatbestandes erfasst hat (Fischer, a.a.O, § 16 Rdnr. 3 m.w.N.) Nicht erforderlich ist daher, dass der Täter die abstrakten Tatbestandsmerkmale der Verbotsnorm in seinem Bewusstsein reflektieren muss. Es genügt vielmehr, dass er einen Wirklichkeitsvorgang mit konkreten Umständen realisiert hat, der der Gesetzesbeschreibung entspricht (Fischer, a.a.O.). Ausgehend hiervon handelte die Betroffene ohne Zweifel vorsätzlich. Nach den Urteilsfeststellungen ist sie in den letzten fünf Jahren vielfach wegen unerlaubten Ausstreuens von Futtermitteln in Erscheinung getreten, weshalb gegen sie Geldbußen bis zu 700 € festgesetzt wurden. Hinzu kommt, dass sie als Einwohnerin der Gemeinde ...[X] ortskundig ist. Mangels Einfriedung des in Rede stehenden Geländes sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass der Betroffenen die tatsächliche Zugänglichkeit der Bahngleise entgangen sein könnte. Ihr erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren erhobener Einwand, sie habe nicht gewusst, dass es sich bei der Örtlichkeit um eine „öffentliche Straße handelt“, erweist sich als ein für den Vorsatz unbeachtlicher Subsumtionsirrtum, der als Verbotsirrtum nach § 17 StGB zu behandeln ist und nur im Falle seiner Unvermeidbarkeit schuldhaftes Handeln entfallen ließe. Da sich jedoch weder aus der Einlassung der Betroffenen noch im Übrigen Anhaltspunkte hierfür ergeben haben, waren nähere Feststellungen hierzu nicht veranlasst.

c)

24

Auch die Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch unterliegen keinen Bedenken. Insbesondere hat die Tatrichterin in Anbetracht der Höhe der verhängten Geldbuße von über 250 € die dann notwendigen näheren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen getroffen (vgl. hierzu OLG Koblenz, Beschluss 1 Ss 283/02 v. 20.01.2003). Die Ausführungen zur Bemessung der Geldbuße belegen, dass diese bei der Festsetzung der Höhe Berücksichtigung fanden. Auch im Übrigen lassen die Zumessungserwägungen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen.

III.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG, 473 Abs.1 Satz 1 StPO.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

(1) Die Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes haben die Aufgabe, zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Bundeswasserstraßen in einem für die Schifffahrt erforderlichen Zustand zu erhalten (Strompolizei).

(2) Zur strompolizeilichen Überwachung der Bundeswasserstraßen dürfen Beauftragte der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Grundstücke, Anlagen und Einrichtungen sowie Wasserfahrzeuge betreten. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(3) Die Hafenaufsicht (Hafenpolizei) bleibt unberührt.

Für Streitigkeiten über die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung oder die Aussetzung des Verfahrens nach diesem Gesetz ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über das Vorverfahren finden auch auf schwebende Beschwerdeverfahren Anwendung. Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Stelle, die für die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung zuständig ist, ihren Hauptsitz hat. Eine Entscheidung nach diesem Gesetz kann nicht wegen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen über die Zuständigkeit angefochten werden.

(1) In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages bezeichneten Gebiet bedürfen die in den nachfolgenden Bestimmungen bezeichneten Rechtsgeschäfte einer Grundstücksverkehrsgenehmigung. Die Genehmigung kann auch vor Abschluß der Rechtsgeschäfte erteilt werden; eine solche Genehmigung bleibt nur wirksam, wenn das im voraus genehmigte Rechtsgeschäft binnen zwei Jahren nach der Ausstellung der Genehmigung abgeschlossen wird.

(2) Die Grundstücksverkehrsgenehmigung ist auf Antrag jeder der an dem genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäft beteiligten Personen zu erteilen, wenn

1.
bei dem Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen oder Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist, für das Grundstück in der Ausschlußfrist des § 30a des Vermögensgesetzes ein Antrag auf Rückübertragung nach § 30 Abs. 1 des Vermögensgesetzes oder eine Mitteilung über einen solchen Antrag nicht eingegangen oder ein solcher Antrag bestandskräftig abgelehnt oder zurückgenommen worden ist oder
2.
der Anmelder zustimmt oder
3.
die Veräußerung nach § 3c des Vermögensgesetzes erfolgt;
sie ist im übrigen zu versagen. Die Grundstücksverkehrsgenehmigung kann auch erteilt werden, wenn der Antrag nach § 30 Abs. 1 des Vermögensgesetzes offensichtlich unbegründet erscheint, insbesondere weil Restitutionsansprüche angemeldet sind, die auf Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage beruhen, oder weil Grundstücke im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau verwendet wurden. Stimmt der Anmelder gemäß Satz 1 Nr. 2 zu, so ist auf seinen Antrag in dem Verfahren nach dem Vermögensgesetz festzustellen, ob er ohne die Durchführung des genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts rückübertragungsberechtigt gewesen wäre.

(3) Bei der Prüfung gemäß Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bleiben Anträge außer Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 11 gegeben sind.

(4) Kann die Genehmigung nicht erteilt werden, so setzt die zuständige Behörde das Verfahren bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über den Antrag nach § 30 Abs. 1 des Vermögensgesetzes aus. Auf Antrag eines Beteiligten ergeht hierüber ein gesonderter Bescheid. Ein Vorgehen nach dem Investitionsvorranggesetz oder § 7 des Vermögenszuordnungsgesetzes sowie für diesen Fall getroffene Vereinbarungen der Beteiligten bleiben unberührt.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro.

(2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

(1) Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen.

(2) Ist das Verfahren bei Gericht anhängig und hält dieses eine Ahndung nicht für geboten, so kann es das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in jeder Lage einstellen. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn durch den Bußgeldbescheid eine Geldbuße bis zu einhundert Euro verhängt worden ist und die Staatsanwaltschaft erklärt hat, sie nehme an der Hauptverhandlung nicht teil. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(3) Die Einstellung des Verfahrens darf nicht von der Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung oder sonstige Stelle abhängig gemacht oder damit in Zusammenhang gebracht werden.