Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09

bei uns veröffentlicht am16.06.2010

Tenor

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2009 - 4 K 597/09 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der im Jahr 1999 erteilten Approbation als Psychologischer Psychotherapeut.
Durch Urteil des Amtsgerichts S... vom 23.07.2008 ist er wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung wurde zugrunde gelegt, dass der Kläger bei fünf Patientinnen im Rahmen von Entspannungs- bzw. Hypnosebehandlungen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet habe. Diesen Sachverhalt hatte der Kläger im Strafprozess, nach anfänglichem Bestreiten, vollumfänglich eingeräumt und auf Rechtsmittel verzichtet. Mit Bescheid vom 19.01.2009 widerrief das Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium Stuttgart daraufhin die dem Kläger erteilte Approbation, weil sich aus den abgeurteilten Taten die Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs ergebe. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 01.10.2009 ab.
II. Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet, weil die mit dem Antrag dargelegten Gründe weder die in Anspruch genommene grundsätzliche Bedeutung oder besondere Schwierigkeit der Rechtssache noch die behaupteten ernstlichen Zweifel an der angegriffenen Entscheidung aufzeigen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Durchführung eines Berufungsverfahrens rechtfertigen, sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 [83]; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10.09.2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, 3642). Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen des Klägers nicht.
a) Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16.06.1998 (BGBl. I S. 1311; zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.12.2007, BGBl. I S. 2686 - PsychThG -) ist die Approbation zu widerrufen, wenn sich ein Psychotherapeut nachträglich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Dies verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das bei Würdigung aller Umstände die weitere Berufsausübung untragbar erscheinen lässt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.01.2003 - 3 B 149/02 -; Senatsbeschluss vom 28.07.2003 - 9 S 1138/03 -; Bay. VGH, Beschluss vom 27.11.2009 - 21 ZB 09.1589 -). Wiederholte sexuelle Übergriffe gegen ihm anvertraute Patientinnen erfüllen diese Voraussetzungen grundsätzlich, weil entsprechende Straftaten im unmittelbaren Therapeuten-Patienten-Verhältnis die zur Ausübung der Psychotherapie erforderliche Vertrauensbasis zerstören und der Widerruf auch zum Schutz von künftigen Patientinnen geboten scheint. Hiergegen wendet sich auch der Zulassungsantrag nicht.
b) Entgegen der vom Kläger vorgetragenen Auffassung hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung auch zu Recht die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafurteil zu Grunde gelegt und auf eigene Sachverhaltsermittlungen verzichtet.
aa) Insoweit erscheint bereits fraglich, ob die Verwaltungsbehörde und das Verwaltungsgericht nicht sogar gehalten waren, von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts auszugehen. Denn das Urteil des Amtsgerichts S... vom 23.07.2008 ist rechtskräftig und bindet die Parteien damit auch in Verfahren, die nicht denselben Streitgegenstand betreffen. Sinn des Rechtsinstituts der materiellen Rechtskraft ist es gerade, zu verhindern, dass eine bereits entschiedene Frage erneut zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.05.1994 - 9 C 501/93 -, BVerwGE 96, 24 [25]). Das ansonsten bestehende Risiko widersprechender Entscheidungen in derselben Sache wird durch die Präjudizwirkung gebannt. Rechtskräftige Entscheidungen binden die Beteiligten deshalb auch in den Fällen, in denen die entschiedene Frage vorgreiflich für einen anderen Rechtsstreit ist.
Allerdings entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, diese Rechtskraftwirkungen auf den im Entscheidungssatz enthaltenen Rechtsfolgenausspruch über den Streitgegenstand zu begrenzen. Tatsächliche Feststellungen, selbst wenn diese für den Subsumtionsschluss zwingend und die Entscheidung tragend waren, nehmen damit an den Rechtskraftwirkungen nicht teil. Vielmehr sei die sachliche Reichweite der Rechtskraftwirkung in § 121 VwGO „bewusst eng auf die Entscheidung über den Streitgegenstand begrenzt“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09.2001 - 1 C 4/01 -, BVerwGE 115, 111 [116]). Soweit Anknüpfungspunkt also nicht bereits die Verurteilung selbst ist (wie etwa in § 53 AufenthG), sondern das ihr zugrunde liegende Tatsachengeschehen, findet eine Rechtskrafterstreckung nicht statt.
Für die hier maßgeblichen Wirkungen eines Strafurteils gilt dies indes nicht in gleicher Weise. Denn der Tatbegriff des § 264 StPO bezieht sich auf den geschichtlichen Vorgang, der zeitlich und sachverhaltlich durch Anklage und Eröffnungsbeschluss begrenzt wird (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 16.03.2006 - 2 BvR 111/06 -, BVerfGK 7, 417). Dementsprechend tritt Strafklageverbrauch hinsichtlich des dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten historischen Lebensvorgangs ein, selbst wenn dabei relevante Einzelhandlungen unentdeckt geblieben sind (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 05.03.2009 - 3 StR 566/08 -, NStZ 2009, 705; Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 264 Rn. 9 m.w.N.). Im Strafprozess greift die materielle Rechtskraft daher in weit stärkerem Maße auf das Sachverhaltsgeschehen aus. Ihr kommt gerade auch die Funktion zu, nachträgliche Sachverhaltsermittlungen auszuschließen (vgl. etwa Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 52 B I.2). Demgemäß erscheint es naheliegend, die Bindungswirkung jedenfalls insoweit auf die den Tenorausspruch tragenden Sachverhaltsfeststellungen zu erstrecken, als die Täterschaft für die abgeurteilten Straftaten in Rede steht. Nur so kann verhindert werden, dass die prozessuale Tat in einem weiteren Verfahren einer erneuten Sachprüfung zugeführt wird. Genau dies geschieht aber, wenn die abgeurteilten Taten selbst im Rahmen des Widerrufsverfahrens in Frage gestellt werden.
10 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem im Strafprozess Angeklagten umfassende Verteidigungsmöglichkeiten, der Amtsaufklärungsgrundsatz und die Unschuldsvermutung zu Gute kommen. Wenn also selbst unter diesen Verfahrensbedingungen ein den Schuldspruch tragender Sachverhalt festgestellt werden kann, so ist nicht ersichtlich, warum diese Tatsachengrundlage nicht auch im Rahmen einer Verwaltungs(gerichts)entscheidung herangezogen werden sollte. Insoweit passt auch die vom Bundesverwaltungsgericht für die restriktive Rechtskraftwirkung im Verwaltungsprozess gegebene Begründung nicht, weil es die Gefahr unvorhergesehener Rechtskraftbindungen im Falle eines Strafurteils so nicht gibt. Auch die als Abhilfe angedachte Möglichkeit der „Zwischenfeststellung“, auf die für die Bedürfnisse der Rechtskrafterstreckung verwiesen wird (vgl. etwa Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl. 1993, § 153 III.2), ist im Strafprozess nicht gegeben. Umgekehrt bleibt dem Verurteilten aber die Möglichkeit der Wiederaufnahme nach § 359 StPO, sodass auch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen nicht irrevisibel sind. Für den in der Praxis häufigen Anwendungsfall der Fahrerlaubnisentziehung, der angesichts der auch den Strafgerichten in § 69 StGB zugesprochenen Befugnis einer Konfliktregelung bedarf, ergibt sich deshalb unmittelbar aus § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG, dass der Fahrerlaubnisinhaber den in einem rechtskräftigen Strafurteil festgestellten Sachverhalt auch im verwaltungsbehördlichen Entziehungsverfahren gegen sich gelten lassen muss (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 3 StVG Rn. 26; Lütkes (Hrsg.), Straßenverkehr, Band 1, Stand: März 2010, § 3 StVG Rn. 90).
11 
bb) Für den vorliegenden Fall bedarf dies indes keiner Vertiefung. Denn unbeschadet einer etwaigen Bindungswirkung besteht jedenfalls die Möglichkeit, in einem Verwaltungsrechtsstreit auf die Feststellungen des Strafgerichts zurückzugreifen, wenn nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellung gegeben sind. Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen von Approbations-Widerrufen die in einem rechtskräftigen Strafurteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen zur Grundlage einer Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2003 - 3 B 10/03 -; Urteil vom 26.09.2002 - 3 C 37/01 -, NJW 2003, 913).
12 
Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der zur Begründung der Unwürdigkeit des Klägers herangezogenen Tatsachenfeststellungen aus dem Urteil des Amtsgerichts S... vom 23.07.2008 sind indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Verurteilung möglicherweise eine Verfahrensabsprache vorausging, nach welcher der Kläger ein Geständnis abgelegt und - nachdem die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war - auf Rechtsmittel verzichtet hat. Denn auch im Falle einer derartigen Verfahrensabsprache wird das Strafverfahren mit einem „normalen“, vollgültigen Urteil abgeschlossen. Anders als im Zivilprozess steht der Verfahrensgegenstand nicht zur Disposition der Beteiligten, sodass ein Strafgericht gemäß § 244 Abs. 2 StPO zur Erforschung der Wahrheit und damit zu weiterer Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn es Zweifel an der Richtigkeit des abgegebenen Geständnisses hegt. Auch die Verfahrensabsprache entbindet das Gericht daher nicht von der tatsächlichen und rechtlichen Prüfung. Zwar mag ein nach einer Verfahrensabsprache ergangenes Urteil möglicherweise nicht das Maß an Ergebnissicherheit bieten, wie eine auf vollständiger Beweisaufnahme beruhende Entscheidung. Auch eine Verfahrensabsprache ändert indes nichts an dem Umstand, dass der Prozess in einem ordentlichen Verfahren und mit „normalem“ Strafurteil abgeschlossen wird. Wenn daher selbst die im summarischen Verfahren des Strafbefehls getroffenen Feststellungen zur verwaltungsgerichtlichen Beurteilung der Zuverlässigkeit herangezogen werden können, so gilt dies für ein nach einer Verfahrensabsprache ergangenes Strafurteil erst recht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 06.03.2003 - 3 B 10/03 -). Der vom Kläger erklärte Rechtsmittelverzicht ändert hieran nichts. Er ist nicht geeignet, ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles zu belegen (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 13.12.1994 - 1 C 31/92 -, BVerwGE 97, 245 [249]).
13 
Im Übrigen sprechen auch die vor der Polizei abgegebenen Aussagen der betroffenen Patientinnen dafür, dass das vom Kläger vor dem Strafgericht abgegebene Geständnis und damit die im Strafurteil getroffenen Tatsachenfeststellungen zutreffend sind. Anhaltspunkte dafür, dass und warum sich die fünf vom Kläger behandelten Frauen zu einer gemeinsamen Falschaussage abgesprochen haben könnten, sind nicht ersichtlich.
14 
c) Aus der Tatsache, dass das berufsgerichtliche Verfahren vor der Landespsychotherapeutenkammer noch nicht abgeschlossen ist, folgt nichts anderes. Vielmehr ist das Verfahren der Berufsgerichtsbarkeit nach §§ 42, 41 Abs. 1 der Verordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des berufsgerichtlichen Verfahrens nach dem Kammergesetz vom 27.07.1955 (GBl. S. 177; zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.10.2008, GBl. S. 343, 365) bis zum Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens auszusetzen. Ob und in welcher Weise Strafurteil und Verwaltungsgerichtsentscheidungen im berufsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen sind, ist für den vorliegenden Rechtsstreit daher unerheblich.
15 
d) Die angegriffene Entscheidung erweist sich schließlich auch nicht deshalb als fehlerhaft, weil die Gefahrenlage durch die Rückgabe der Genehmigung für „Übende Verfahren“ - bei deren Ausübung es zu einem Teil der abgeurteilten Taten kam - bereits beseitigt wäre und sich der Widerruf der Approbation daher als unverhältnismäßig erwiese. Vielmehr hat der Kläger durch den sexuellen Missbrauch der ihm für eine Heilbehandlung anvertrauten Patientinnen in einer Weise gegen elementare Berufspflichten verstoßen, die ihn für den „vertrauensgeprägten“ Beruf des Psychotherapeuten als untragbar erscheinen lässt.
16 
Ebenso wenig kommt die vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren angedachte Möglichkeit einer Beschränkung des Widerrufs auf die Behandlung weiblicher Patientinnen in Betracht. Die für eine Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten erforderliche Zuverlässigkeit kann nicht nach Patientengruppen getrennt beurteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 - 3 C 22/09 -), sie bezieht sich vielmehr auf die Persönlichkeit des Approbationsinhabers.
17 
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache auf, wenn angesichts des Vorbringens im Zulassungsantrag nicht ohne weiteres geklärt werden kann, ob die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig ist, und die Komplexität des Verfahrens daher die Festlegung des Rechtsmittelgerichts bereits im Zulassungsverfahren untunlich erscheinen lässt und die Durchführung eines Berufungsverfahrens gebietet (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 19.09.2000 - 9 S 1607/00 -; Bay. VGH, Beschluss vom 27.11.2009 - 21 ZB 09.1589 -; dazu auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -).
18 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil bereits im Rahmen des Zulassungsverfahren – auch und gerade unter Würdigung des Zulassungsvorbringens - sicher beurteilt werden kann, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis richtig entschieden hat und hierfür nicht erst ein Berufungsverfahren, etwa zur Beantwortung schwieriger oder neuer Rechtsfragen, erforderlich wäre (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.01.1998 - 7 S 3117/97 -; OVG NRW, Beschluss vom 06.07.2007 - 19 A 4728/06 -).
19 
3. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO weist eine Rechtssache auf, wenn es für ihre Entscheidung im erstrebten Berufungsverfahren maßgeblich auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805; BVerwG, Beschluss vom 24.07.2008 - 9 B 41/07 -, NJW 2008, 3588).
20 
Derartig grundsätzlicher Klärungsbedarf ergibt sich hier schon deshalb nicht, weil die (sinngemäß) aufgeworfenen Fragen bereits hinreichend geklärt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.2007 - 3 B 39/07 -). Es liegt auf der Hand und bedarf nicht erst der Durchführung eines Berufungsverfahrens, dass im Rahmen von Approbations-Widerrufen die in einem rechtskräftigen Strafurteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen grundsätzlich auch dann zur Grundlage einer Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen, wenn der Verurteilte auf Rechtsmittel verzichtet hat.
21 
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
22 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
23 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).
24 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 3 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorsc

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 359 Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten


Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;2. wenn der Ze

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - 3 StR 566/08

bei uns veröffentlicht am 05.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 566/08 vom 5. März 2009 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesan

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Apr. 2010 - 3 C 22/09

bei uns veröffentlicht am 28.04.2010

Tatbestand 1 Der 1954 geborene Kläger erhielt im Oktober 1986 die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine logo

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 01. Okt. 2009 - 4 K 597/09

bei uns veröffentlicht am 01.10.2009

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der 1946 geborene Kläger wehrt sich gegen den Widerruf der ihm mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.01.1999 erteilte
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Juni 2010 - 9 S 2530/09.

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 08. Mai 2012 - 1 K 1302/11.TR

bei uns veröffentlicht am 08.05.2012

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abw

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Feb. 2012 - 9 S 2793/10

bei uns veröffentlicht am 29.02.2012

Tenor Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. Oktober 2010 - 3 K 898/08 - wird abgelehnt.Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.Der Streitwert des Zulassungsverfah

Referenzen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der 1946 geborene Kläger wehrt sich gegen den Widerruf der ihm mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.01.1999 erteilten Approbation als Psychologischer Psychotherapeut.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts S. vom 23.07.2008 - 1 Ls 41 Js 30495/07 - wurde der Kläger wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Der Verurteilung wurde zugrunde gelegt, dass der Kläger bei fünf Patientinnen im Rahmen von Entspannungs- bzw. Atemübungen diesen Patientinnen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet hatte und zweimal im Rahmen einer Hypnosebehandlung, bei der die Patientin jedoch nicht in einen hypnotischen Zustand geraten war, deren Brüste einmal über und einmal unter ihrem BH betastet hatte.
Mit Schreiben vom 13.10.2008 teilte das Landesgesundheitsamt dem Kläger mit, dass der Widerruf seiner Approbation gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsvchThG erwogen werde, da wegen dieses Fehlverhaltens eine Unwürdigkeit zur Ausübung seines Berufes anzunehmen sei. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Entzug der Kassenzulassung führte der Kläger zunächst am 24.11.2008 im Wesentlichen aus, eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, nachdem er seit dem letzten Vorfall von Januar 2007 bis Oktober 2008 beanstandungsfrei praktiziere und die Therapieanteile bei hypnosuggestiven Verfahren und Atementspannung, die Berührungen beinhalteten, nicht mehr durchführe. Der Beklagte hätte deshalb prüfen müssen, ob als milderes Mittel eine solche Einschränkung oder ein solches Verbot in Betracht komme oder ihm die Möglichkeit, Männer zu behandeln, offen gelassen werde. Ferner fehle es an einer Interessenabwägung, bei der zu berücksichtigen sei, dass seine Frau in der Praxis mitarbeite, der Sohn aufgrund eines Verkehrsunfalls ständiger Hilfe und finanzieller Unterstützung bedürfe und die studierende Tochter ebenfalls unterhalten werden müsse. Ebenso führte er unter dem 30.12.2008 aus, es bestehe keine Bindung an das strafgerichtliche Urteil. Dieses beruhe auf einem Deal. Nachdem der Kläger die Vorwürfe zunächst bestritten habe, habe ihm in einer Pause sein Verteidiger erklärt, dass eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung drohe, wenn er weiter bestreite, worauf er sich letztlich auf die entsprechende Vereinbarung eingelassen habe. Er habe sich auf den Rat seines Anwalts, der aus der strafgerichtlichen Situation heraus vernünftig gewesen sein könne, eingelassen, ohne die sich daraus ergebenden Folgen berufsrechtlicher Art zu übersehen. Die strafrechtlichen Feststellungen seien nicht zutreffend. Sie fänden auch keine ausreichende Grundlage in den Aussagen der Zeuginnen. Es sei nicht zu Missbrauch gekommen, sondern es lägen Fehlwahrnehmungen vor.
Mit Bescheid vom 19.01.2009 widerrief das Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium Stuttgart die dem Kläger am 04.01.1999 durch das Regierungspräsidium Stuttgart erteilte Approbation als Psychologischer Psychotherapeut (Ziffer 1 der Verfügung) und ordnete an, dass die Approbationsurkunde dem Regierungspräsidium Stuttgart nach Rechtskraft dieses Bescheides in Verwahrung zu geben sei (Ziffer 2). Zur Begründung führte es aus, nach § 3 Abs. 2 PsychThG sei die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 wegfalle. Somit dürfe sich ein Psychologischer Psychotherapeut nicht eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes ergebe. Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Arzt - und damit auch ein Psychologischer Psychotherapeut als Angehöriger eines anderen akademischen Heilberufs - unwürdig, der wegen seines Verhaltens in der Vergangenheit nicht mehr das zur Ausübung seines Berufes unabdingbar erforderliche Ansehen und Vertrauen genieße und dadurch seinen Berufsstand schwer belastet habe (vgl. BVerwG, NJW 1999, 3425). Zu seinen Berufspflichten im weiteren Sinne gehöre es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 27, 184, 186), alles zu unterlassen, was das Ansehen des Berufsstandes gefährde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein zu einer Gefängnisstrafe verurteilter Arzt (also auch ein Psychologischer Psychotherapeut) in aller Regel als unwürdig zur Ausübung seines Berufes anzusehen (BVerfGE 32, 307, 314). In seinem Urteil vom 28.07.2003 (NJW 2003, 3647) habe der VGH Baden-Württemberg bestätigt, dass die Unwürdigkeit bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten vorliege, das die weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lasse. Der Begriff „Unwürdigkeit“ sei demzufolge daran gebunden, ob ein bestimmtes Verhalten mit dem gesamten Berufsbild und den Vorstellungen in Einklang gebracht werden könne, die ein durchschnittlicher objektiver Betrachter von einem Angehörigen des Berufsstands habe. Dabei seien, wenn wie vorliegend berufliche Fehlhandlungen vorlägen, geringere Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Unwürdigkeit zu stellen als bei sonstigen außerberuflichen Verstößen. Eine solche Unwürdigkeit sei vorliegend gegeben. Der Kläger sei rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden. Danach sei er während der Behandlung hinter die auf einem Stuhl sitzenden Patienten getreten und habe diese aus sexuellen Motiven an den Brüsten betastet. Dabei sei er sich als erfahrener Therapeut bewusst gewesen, dass solche Handlungen nicht nur therapiewidrig seien, sondern auch nur deshalb ohne Widerstand durch die geschädigten Patientinnen geduldet worden seien, weil sie sich in einem Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis in der konkreten Therapiesituation befunden hätten. Ihm sei klar gewesen, dass er ohne Ausnutzen der Behandlungssituation die sexuellen Handlungen nicht hätte derart vornehmen können. Um der Verwirklichung seiner sexuellen Bedürfnisse willen habe er gerade dieses besondere Verhältnis der angewandten therapeutischen Übungen oder Behandlungen ausgenutzt, um die Zeuginnen an den Brüsten berühren zu können. Das Vertrauen der seine Hilfe als Therapeut suchenden Patientinnen sei ihm dabei zupass gekommen. Nach der Rechtsprechung sei das erkennende Gericht an die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung gebunden und nicht verpflichtet, den Sachverhalt erneut aufzugreifen und zu bewerten (BVerwG, B. v. 16.10.1986, NJW 1987, 1501; OVG Lüneburg, B. v. 02.03.2007, NVwZ-RR 2007, 396); dies gelte auch für die Verwaltungsbehörde. Aus berufsrechtlicher Sicht sei das schwerwiegende Fehlverhalten als unwürdige Berufsausübung zu beurteilen. Einem Psychologischen Psychotherapeuten, der das in ihn gesetzte Vertrauen mehrerer Patientinnen zur Befriedigung seiner eigenen sexuellen Bedürfnisse missbraucht und sich - wie im Strafurteil dargelegt - an ihnen vergangen habe, seien die inneren Werte und die erforderliche Haltung abzusprechen, die von einem Angehörigen seines Berufs erwartet werden müssten. Von einem Psychologischen Psychotherapeuten sei gerade in diesem Bereich zu erwarten, dass er sich äußerste Integrität und Zurückhaltung auferlege. Tue er das nicht, zerstöre er das für die Ausübung seines Berufes in besonders hohem Maß erforderliche Vertrauen seiner Patienten und füge dem Berufsstand insgesamt großen Schaden zu. Er genieße in der Öffentlichkeit nicht mehr das zur Ausübung seines Berufs gerade im Bereich der sexuellen Integrität erforderliche Ansehen. Die Unwürdigkeit stelle allein auf ein Verhalten in der Vergangenheit ab und bedürfe keiner Prognoseentscheidung in Bezug auf eine künftige ordnungsgemäße Erfüllung der Berufspflichten (BVerwG, NJW 2003, 3647); VGH Baden-Württemberg, B. v. 28.07.2003, NJW 2003, 3447, Bayr. VGH, B. v. 25.10.05, 21 ZB 04.794). Damit sei unbeachtlich, dass seit dem Begehen der letzten Tat zwei Jahre vergangen seien und er seinen Beruf habe weiter ausüben können. Durch sein Verhalten seien sein und das Ansehen seines Berufsstands auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Bei der Allgemeinheit und erst recht bei den Patienten stieße es auf Unverständnis, wenn er bei derart schwerwiegenden Pflichtverletzungen seinen Beruf trotz der rechtskräftigen Verurteilung ununterbrochen weiter ausüben könnte. Ein Ermessen stehe der Behörde nicht zu. Der Bescheid wurde dem Kläger am 22.01.2009 zugestellt.
Der Kläger hat am 18.02.2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
Zur Begründung seiner Klage nimmt er Bezug auf seine Ausführungen gegenüber dem Sozialgericht Stuttgart im Schriftsatz vom 12.01.2009, worin er dasselbe wie im Anhörungsverfahren vorträgt. In der mündlichen Verhandlung trägt er ergänzend vor, es sei zu berücksichtigen, dass im berufsgerichtlichen Verfahren, das ausgesetzt worden sei, eine Nachtragsanklage auf ihn zukommen könne.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.01.2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtene Verfügung und trägt ergänzend vor, ein Abweichen von den strafgerichtlichen Feststellungen komme nur unter besonderen Umständen in Betracht, wenn z.B. Wiederaufnahmegründe vorlägen, die maßgeblichen Feststellungen des Strafgerichts erkennbar auf einem Irrtum beruhten oder die Approbationsbehörde ausnahmsweise in der Lage sei, eine für ihre Entscheidung erhebliche strittige Tatsache besser als das Strafgericht aufzuklären. Der Kläger habe sich nach seinen eigenen Angaben auf einen Deal eingelassen und in diesem Rahmen die Anklagevorwürfe voll bestätigt, so dass sein Geständnis eine erforderliche Beweiserhebung ersetzt habe. Selbst wenn er jetzt sein Geständnis widerrufe, um die berufsrechtlichen Folgen abzumildern, sei nicht erkennbar, dass er im Strafverfahren ein falsches Geständnis abgelegt habe, so dass eine Beweiserhebung nicht erforderlich sei. Der Kläger habe trotz seiner geäußerten Zweifel an der Richtigkeit des Strafurteils auch keinen Rechtsbehelf eingelegt, so dass er den Sachverhalt gegen sich gelten lassen müsse.
12 
Die Akten des Beklagten sowie die Strafakten liegen dem Gericht vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf deren Inhalt ebenso wie auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
14 
Der Widerruf der Approbation findet seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz - PsychThG). Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 wegfällt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG ist eine Approbation u. a. zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt.
15 
Zu Recht hat der Beklagte den Kläger als unwürdig beurteilt.
16 
Eine Unwürdigkeit (des Arztes) liegt vor, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Diese Definition knüpft die Feststellung der Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen. Sie verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Arztes, das bei Würdigung aller Umstände eine weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt. Entscheidend ist hierbei, dass das Verhalten für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. V. 28.01.2003, - 3 B 149/02 -, ). Diese für den Beruf des Arztes entwickelten Kriterien zur Bestimmung des Begriffs der Unwürdigkeit sind in vollem Umfang auf den Beruf des Psychotherapeuten zu übertragen, da auch dieser im Bereich der Heilkunde tätig ist.
17 
Das Verhalten des Klägers, das der strafgerichtlichen Verurteilung durch das Amtsgericht S. zugrunde liegt, stellt ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten dar. Nach dessen Feststellungen hat der Kläger in fünf Fällen im Rahmen von Entspannungs- bzw. Atemübungen seinen Patientinnen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet sowie zweimal im Rahmen einer Hypnosebehandlung, bei der die Patientin jedoch nicht in einen hypnotischen Zustand geraten war, deren Brüste einmal über und einmal unter ihrem BH betastet. Diese Feststellungen legt das Verwaltungsgericht auch seiner Entscheidung zugrunde. Nachdem selbst die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben, gilt dies erst Recht für ein auf der Grundlage einer Hauptverhandlung ergangenes Strafurteil (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2003, 3 B 10/03 -, und Urt. v. 26.09.2002 - 3 C 37.01, NJW 2003, 913).
18 
Den vom Kläger gegen das Strafurteil erhobenen Einwendungen lassen sich keine gewichtigen Anhaltspunkte entnehmen, dass die hierin getroffenen Feststellungen unrichtig sein könnten. Zunächst ist festzustellen, dass die Verurteilung nicht allein aus den vom Kläger im Detail angegriffenen Aussagen der Zeuginnen beruht, sondern dass zunächst sein Verteidiger in der Hauptverhandlung erklärt hat, dass der Angeklagte, d.h. der Kläger, die Taten in der Anklageschrift vollumfänglich einräume und der Kläger selbst angegeben hat, dass diese Erklärung seines Anwalts auch in seinem Namen erfolgt sei, er sie als richtig bestätige und sie als seine Einlassung gelten lasse. Er hat nicht nur auf Frage des Gerichts noch erklärt, er wisse nicht, wie er sich habe so fehlverhalten können, sondern darüber hinaus noch im Termin auf Rechtsmittel verzichtet (vgl. Protokoll der Hauptverhandlung v. 23.07.2008). Soweit der Kläger darauf hinweist, es habe sich hierbei um einen Deal gehandelt, so vermag dies die Richtigkeit der Feststellungen nicht infrage zu stellen. Auch wenn ein sog. Deal vorliegt, besagt dieser Umstand nicht, dass der Kläger ein falsches Geständnis abgelegt hat, sondern er bedeutet lediglich, dass der betroffene Angeklagte im Gegenzug für ein Geständnis, das weitere Ermittlungen überflüssig macht oder den geschädigten Zeuginnen ein erneutes Auftreten vor Gericht erspart, ein milderes Urteil erhält, d.h. er andernfalls eine höhere Strafe hätte erwarten können. Aufgrund dessen hat das Gericht keine Veranlassung, der Kritik des Klägers an der Beweiswürdigung des Strafrichters anhand aus dem Zusammenhang gerissener Äußerungen der Zeuginnen im Vorfeld, deren Glaubwürdigkeit er infrage stellen möchte, nachzugehen und diese selbst zu vernehmen. Das ist vor dem Hintergrund, dass der Strafrichter keine geringeren Erkenntnismöglichkeiten als das Verwaltungsgericht und er darüber hinaus den Vorteil einer zeitnäheren Feststellung hatte, nicht geboten. Darüber hinaus ist auch kein Grund für eine (im Strafprozess nicht erhobene) Wiederaufnahmeklage gemäß § 359 StPO erkennbar. Soweit der Kläger darauf verweist, dass im berufsgerichtlichen Verfahren ggf. eine Nachtragsanklage erhoben werden soll, in der zusätzliche Vorwürfe gegen ihn erhoben werden, ist dieser Vortrag von vornherein nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen aufzuwerfen.
19 
Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass der Kläger unwürdig zur Ausübung seines Berufs ist. Denn das gezeigte Verhalten, das sich nicht nur über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren hingezogen und auf mehrere Patientinnen bezogen hat, sondern sich gerade im besonders schutzbedürftigen Bereich des direkten Verhältnisses zwischen Therapeut und Patientin manifestiert hat, stellt eine schwerwiegende Verfehlung dar, die eine weitere Berufsausübung untragbar erscheinen lässt.
20 
Soweit der Kläger darauf hinweist, es sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er sich in der letzten Zeit nichts mehr habe zuschulden kommen lassen, so dass nicht mit der Begehung weiterer Straftaten zu rechnen sei, räumt dieser Gesichtspunkt seine Unwürdigkeit zur Ausübung seines Berufs nicht aus. Davon abgesehen, dass es eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte, dass er sich nicht wieder zu Lasten seiner Patientinnen strafbar gemacht hat, ist der Widerruf der Approbation nicht auf den Grund der Unzuverlässigkeit gestützt worden, der eine negative Prognose voraussetzt, sondern auf die Tatsache, dass der Kläger sich als unwürdig im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG erwiesen hat.
21 
Die Entscheidung erweist sich auch im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit nicht als unverhältnismäßig, sondern sie ist durch die überragende Bedeutung des Schutzes des Ansehens seiner Berufsgruppe im Interesse eines funktionierenden Therapeut-Patienten-Verhältnisses gerechtfertigt. Auch das fortgeschrittene Lebensalter des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung, denn hinsichtlich beruflich gebotener Verhaltensweisen kann es keinen Unterschied hinsichtlich des Vorwurfes der Unwürdigkeit geben. Nachdem eine Approbation weder teilbar noch einschränkbar ist, kommt auch deren teilweiser Widerruf nicht in Betracht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.07.2003, NJW 2003, 3647).
22 
Da somit bereits die strafrechtlich geahndeten Übergriffe des Klägers gegenüber seinen Patientinnen die Feststellung der Unwürdigkeit tragen, erweist sich der Widerruf der Approbation als rechtmäßig, ohne dass abzuklären ist, inwieweit weitere Vorwürfe, die eventuell Gegenstand einer Nachtragsanklage im berufsgerichtlichen Verfahren sind, oder inwieweit Verstöße gegen berufsrechtliche Verhaltensregeln festgestellt werden können. Ein Ermessen ist der Behörde nicht eingeräumt, es handelt sich um eine gebundene Entscheidung.
23 
Die weitere Anordnung, die Approbationsurkunde zurückzugeben, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 LVwVfG, wonach die zuständige Behörde eine Urkunde zurückfordern kann, die auf einem Verwaltungsakt beruht, der unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder dessen Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, dass sichergestellt wird, dass behördliche Urkunden, die eine nicht bzw. eine nicht mehr bestehende Befugnis dokumentieren, keine Verwendung mehr finden. Ermessensfehler sind nicht erkennbar.
24 
Die Klage ist somit abzuweisen.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
14 
Der Widerruf der Approbation findet seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz - PsychThG). Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 wegfällt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG ist eine Approbation u. a. zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt.
15 
Zu Recht hat der Beklagte den Kläger als unwürdig beurteilt.
16 
Eine Unwürdigkeit (des Arztes) liegt vor, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Diese Definition knüpft die Feststellung der Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen. Sie verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Arztes, das bei Würdigung aller Umstände eine weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt. Entscheidend ist hierbei, dass das Verhalten für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. V. 28.01.2003, - 3 B 149/02 -, ). Diese für den Beruf des Arztes entwickelten Kriterien zur Bestimmung des Begriffs der Unwürdigkeit sind in vollem Umfang auf den Beruf des Psychotherapeuten zu übertragen, da auch dieser im Bereich der Heilkunde tätig ist.
17 
Das Verhalten des Klägers, das der strafgerichtlichen Verurteilung durch das Amtsgericht S. zugrunde liegt, stellt ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten dar. Nach dessen Feststellungen hat der Kläger in fünf Fällen im Rahmen von Entspannungs- bzw. Atemübungen seinen Patientinnen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet sowie zweimal im Rahmen einer Hypnosebehandlung, bei der die Patientin jedoch nicht in einen hypnotischen Zustand geraten war, deren Brüste einmal über und einmal unter ihrem BH betastet. Diese Feststellungen legt das Verwaltungsgericht auch seiner Entscheidung zugrunde. Nachdem selbst die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben, gilt dies erst Recht für ein auf der Grundlage einer Hauptverhandlung ergangenes Strafurteil (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2003, 3 B 10/03 -, und Urt. v. 26.09.2002 - 3 C 37.01, NJW 2003, 913).
18 
Den vom Kläger gegen das Strafurteil erhobenen Einwendungen lassen sich keine gewichtigen Anhaltspunkte entnehmen, dass die hierin getroffenen Feststellungen unrichtig sein könnten. Zunächst ist festzustellen, dass die Verurteilung nicht allein aus den vom Kläger im Detail angegriffenen Aussagen der Zeuginnen beruht, sondern dass zunächst sein Verteidiger in der Hauptverhandlung erklärt hat, dass der Angeklagte, d.h. der Kläger, die Taten in der Anklageschrift vollumfänglich einräume und der Kläger selbst angegeben hat, dass diese Erklärung seines Anwalts auch in seinem Namen erfolgt sei, er sie als richtig bestätige und sie als seine Einlassung gelten lasse. Er hat nicht nur auf Frage des Gerichts noch erklärt, er wisse nicht, wie er sich habe so fehlverhalten können, sondern darüber hinaus noch im Termin auf Rechtsmittel verzichtet (vgl. Protokoll der Hauptverhandlung v. 23.07.2008). Soweit der Kläger darauf hinweist, es habe sich hierbei um einen Deal gehandelt, so vermag dies die Richtigkeit der Feststellungen nicht infrage zu stellen. Auch wenn ein sog. Deal vorliegt, besagt dieser Umstand nicht, dass der Kläger ein falsches Geständnis abgelegt hat, sondern er bedeutet lediglich, dass der betroffene Angeklagte im Gegenzug für ein Geständnis, das weitere Ermittlungen überflüssig macht oder den geschädigten Zeuginnen ein erneutes Auftreten vor Gericht erspart, ein milderes Urteil erhält, d.h. er andernfalls eine höhere Strafe hätte erwarten können. Aufgrund dessen hat das Gericht keine Veranlassung, der Kritik des Klägers an der Beweiswürdigung des Strafrichters anhand aus dem Zusammenhang gerissener Äußerungen der Zeuginnen im Vorfeld, deren Glaubwürdigkeit er infrage stellen möchte, nachzugehen und diese selbst zu vernehmen. Das ist vor dem Hintergrund, dass der Strafrichter keine geringeren Erkenntnismöglichkeiten als das Verwaltungsgericht und er darüber hinaus den Vorteil einer zeitnäheren Feststellung hatte, nicht geboten. Darüber hinaus ist auch kein Grund für eine (im Strafprozess nicht erhobene) Wiederaufnahmeklage gemäß § 359 StPO erkennbar. Soweit der Kläger darauf verweist, dass im berufsgerichtlichen Verfahren ggf. eine Nachtragsanklage erhoben werden soll, in der zusätzliche Vorwürfe gegen ihn erhoben werden, ist dieser Vortrag von vornherein nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen aufzuwerfen.
19 
Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass der Kläger unwürdig zur Ausübung seines Berufs ist. Denn das gezeigte Verhalten, das sich nicht nur über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren hingezogen und auf mehrere Patientinnen bezogen hat, sondern sich gerade im besonders schutzbedürftigen Bereich des direkten Verhältnisses zwischen Therapeut und Patientin manifestiert hat, stellt eine schwerwiegende Verfehlung dar, die eine weitere Berufsausübung untragbar erscheinen lässt.
20 
Soweit der Kläger darauf hinweist, es sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er sich in der letzten Zeit nichts mehr habe zuschulden kommen lassen, so dass nicht mit der Begehung weiterer Straftaten zu rechnen sei, räumt dieser Gesichtspunkt seine Unwürdigkeit zur Ausübung seines Berufs nicht aus. Davon abgesehen, dass es eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte, dass er sich nicht wieder zu Lasten seiner Patientinnen strafbar gemacht hat, ist der Widerruf der Approbation nicht auf den Grund der Unzuverlässigkeit gestützt worden, der eine negative Prognose voraussetzt, sondern auf die Tatsache, dass der Kläger sich als unwürdig im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG erwiesen hat.
21 
Die Entscheidung erweist sich auch im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit nicht als unverhältnismäßig, sondern sie ist durch die überragende Bedeutung des Schutzes des Ansehens seiner Berufsgruppe im Interesse eines funktionierenden Therapeut-Patienten-Verhältnisses gerechtfertigt. Auch das fortgeschrittene Lebensalter des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung, denn hinsichtlich beruflich gebotener Verhaltensweisen kann es keinen Unterschied hinsichtlich des Vorwurfes der Unwürdigkeit geben. Nachdem eine Approbation weder teilbar noch einschränkbar ist, kommt auch deren teilweiser Widerruf nicht in Betracht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.07.2003, NJW 2003, 3647).
22 
Da somit bereits die strafrechtlich geahndeten Übergriffe des Klägers gegenüber seinen Patientinnen die Feststellung der Unwürdigkeit tragen, erweist sich der Widerruf der Approbation als rechtmäßig, ohne dass abzuklären ist, inwieweit weitere Vorwürfe, die eventuell Gegenstand einer Nachtragsanklage im berufsgerichtlichen Verfahren sind, oder inwieweit Verstöße gegen berufsrechtliche Verhaltensregeln festgestellt werden können. Ein Ermessen ist der Behörde nicht eingeräumt, es handelt sich um eine gebundene Entscheidung.
23 
Die weitere Anordnung, die Approbationsurkunde zurückzugeben, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 LVwVfG, wonach die zuständige Behörde eine Urkunde zurückfordern kann, die auf einem Verwaltungsakt beruht, der unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder dessen Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, dass sichergestellt wird, dass behördliche Urkunden, die eine nicht bzw. eine nicht mehr bestehende Befugnis dokumentieren, keine Verwendung mehr finden. Ermessensfehler sind nicht erkennbar.
24 
Die Klage ist somit abzuweisen.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 566/08
vom
5. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. März 2009 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 354 Abs. 1, § 206 a Abs. 1 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird Urteil des Landgerichts Kiel vom 22. September 2008 mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung einer mit Strafbefehl des Amtsgerichts Kiel vom 31. Oktober 2007 verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, da die Strafklage durch den genannten Strafbefehl verbraucht ist und somit ein Verfahrenshindernis besteht.
2
1. a) Mit Strafbefehl vom 31. Oktober 2007 erkannte das Amtsgericht Kiel gegen den Angeklagten wegen fahrlässigen Führens eines Fahrzeugs unter dem Einfluss berauschender Mittel gemäß § 316 Abs. 1, 2 StGB auf eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 €; daneben wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für deren Wiedererteilung angeordnet. Nach den Feststellungen des Strafbefehls befuhr der Angeklagte am 22. Juni 2007 gegen 17.45 Uhr mit seinem PKW die Kaiserstraße in Kiel. Er schwankte beim Aussteigen aus dem PKW und konnte nur mittels eines Ausfallschritts einen Sturz verhindern. Verbale Auskünfte fielen verwaschen und "stolpernd" aus. Die ihm um 18.38 Uhr entnommene Blutprobe enthielt aufgrund vorangegangenen Betäubungsmittelkonsums Kokainabbauprodukte.
3
b) Mit Anklageschrift vom 21. Februar 2008 wurde dem Angeklagten im hiesigen Verfahren vorgeworfen, in Kiel am 21. Juni 2007 und danach mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben und dabei einen Gegenstand mit sich geführt zu haben, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt gewesen sei. Danach erhielt der Angeklagte am 21. Juni 2007 ca. 100 Gramm Heroin zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Anlässlich einer Überprüfung am 22. Juni 2007 gegen 17.45 Uhr in der Kaiserstraße in Kiel wurden in seinem Besitz noch insgesamt 81,44 Gramm Heroin sowie ein Klappmesser mit zwei Klingen aufgefunden und sichergestellt.
4
c) Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierte der Angeklagte am 21. und 22. Juni 2007 regelmäßig Kokain. Am Mittag des 22. Juni 2007 traf er sich mit einem Rauschgiftdealer und erhielt von diesem knapp 100 Gramm Heroin sowie ein Streckmittel. Der Angeklagte führte ein Filetiermesser mit zwei Klingen mit sich. Er fuhr zu der Wohnung seiner Bekannten W. und J. und überließ zumindest W. aus Freundschaft einen Teil des Heroins. W. bedeutete dem Angeklagten, dass er das restliche Rauschgift keinesfalls bei sich in der Wohnung lagern bzw. ansonsten übernehmen wolle. Notgedrungen nahm der Angeklagte deshalb die restlichen 81,44 Gramm Heroin wieder an sich, verließ gegen 17.00 Uhr die Wohnung und begab sich zu seinem PKW. Auf eine entsprechende Bitte des J. nahm er diesen ein kurzes Stück mit. Der Angeklagte konnte sich beim Führen des Fahrzeugs kaum noch wach halten und fiel zwei Polizeibeamten auf. Diese überprüften ihn gegen 17.45 Uhr in der Kaiserstraße in Kiel; dabei fanden sie das in seiner Hose mitgeführte Heroin sowie das Klappmesser.
5
d) Das Landgericht hat ausgeführt, die Rechtskraft des amtsgerichtlichen Strafbefehls stehe der Bestrafung des Angeklagten im hiesigen Verfahren nicht entgegen. Das Verfolgungshindernis des Strafklageverbrauchs liege nicht vor; es handele sich nicht um dieselbe Tat im materiellen oder prozessualen Sinne. Zwischen dem Fahren unter dem Einfluss berauschender Mittel nach § 316 StGB und dem Sichverschaffen bzw. der Abgabe von Betäubungsmitteln bestehe keine Tateinheit i. S. d. § 52 StGB. Die Betäubungsmitteldelikte seien schon vollendet gewesen, als der Angeklagte das Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe. Der weiter gegebene unerlaubte Besitz der Betäubungsmittel sei subsidiär und habe deshalb keine eigenständige Bedeutung. Die beiden Taten seien auch prozessual selbstständig, weil ein erkennbarer Beziehungs- und Bedingungszusammenhang nicht gegeben sei. Der Angeklagte habe das Rauschgift nur gelegentlich der "Trunkenheitsfahrt" weiter mit sich geführt.
6
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Kiel betrifft dieselbe Tat wie das vorliegende Verfahren; durch ihn ist deshalb Strafklageverbrauch hinsichtlich des Tatgeschehens eingetreten, das Gegenstand des landgerichtlichen Urteils ist. Der Angeklagte darf somit nach Art. 103 Abs. 3 GG wegen der von ihm begangenen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.
7
Der Begriff der Tat i. S. d. Art. 103 Abs. 3 GG richtet sich nach der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 264 StPO (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 8) und ist somit als der geschichtliche sowie damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte Vorgang zu verstehen, auf welchen Anklage und Er- öffnungsbeschluss hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Der materiellrechtliche und der prozessuale Tatbegriff stehen indes nicht völlig beziehungslos nebeneinander. Vielmehr stellt ein durch den Rechtsbegriff der Tateinheit zusammengefasster Sachverhalt in der Regel auch verfahrensrechtlich eine einheitliche prozessuale Tat dar. Umgekehrt bilden mehrere im Sinne von § 53 StGB sachlichrechtlich selbstständige Handlungen grundsätzlich nur dann eine einheitliche prozessuale Tat, wenn die einzelnen Handlungen nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern wegen der ihnen zu Grunde liegenden Vorkommnisse unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung auch innerlich derart miteinander verknüpft sind, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann und ihre getrennte Würdigung und Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde (vgl. BVerfG, Beschl. vom 16. März 2006 - 2 BvR 111/06; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 25, 45). Hieraus folgt:
8
Die vom Angeklagten begangene Trunkenheitsfahrt (§ 316 Abs. 1, 2 StGB) und der von ihm gleichzeitig verwirklichte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) stehen - zumindest - im Verhältnis prozessualer Tatidentität im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO. Allerdings besteht zwischen diesen Delikten dann keine verfahrensrechtliche Identität, wenn das Mitsichführen der Betäubungsmittel in keinem inneren Beziehungsbzw. Bedingungszusammenhang mit dem Fahrvorgang steht (vgl. BGH NStZ 2004, 694, 695 zu § 24 a Abs. 2 StVG mit Anm. Bohnen). Anders liegt dies aber, wenn die Fahrt gerade dem Transport der Drogen dient, also etwa den Zweck verfolgt, sie an einen sicheren Ort zu bringen. So war es hier: Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts aufgrund der Weigerung des W. gezwungen, das Rauschgift aus der Wohnung fortzuschaffen und an einen anderen Ort zu verbringen. Die Fahrt mit dem PKW diente deshalb primär dem Transport der Betäubungsmittel. Der somit gegebene innere Beziehungszusammenhang zwischen dem Führen des Kraftfahrzeugs und dem Besitz des Heroins wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass der Angeklagte sich aus Gefälligkeit bereit erklärte, zunächst den J. zu einem bestimmten Ort in Kiel mitzunehmen. Hauptsächlicher Zweck der Fahrt war vielmehr weiterhin das Verbringen des Rauschgifts weg von der Wohnung hin zu einem vermeintlich sicheren Ort.
9
Ob darüber hinaus in einem derartigen Fall zwischen der Trunkenheitsfahrt und dem Betäubungsmittelbesitz nicht auch materiellrechtlich eine natürliche Handlungseinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) gegeben ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Denn da die Aburteilung wegen der Trunkenheitsfahrt die Strafklage für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbraucht hat, darf der Angeklagte auch nicht mehr wegen der Delikte bestraft werden, die nur mit diesem Verbrechen sachlichrechtlich in Tateinheit stehen und deshalb prozessual eine Tat bilden. Dies ist für das bewaffnete Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie die Abgabe eines - den Grenzwert der nicht geringen Menge nicht erreichenden - Teils dieser Betäubungsmittel jedoch der Fall; denn diese beiden Straftaten werden durch den Betäubungsmittelbesitz in nicht geringer Menge, der als Verbrechen (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) nicht als Auffangtatbestand im Wege der Subsidiarität hinter das Vergehen der Abgabe einer "geringen Menge" (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) aus der Gesamtmenge zurücktritt, zur Tateinheit verbunden (s. demgegenüber BGHSt 42, 162, 165 f.: keine Verknüpfung von Betäubungsmitteleinfuhr in nicht geringer Menge - § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG - und Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG - durch den Betäubungsmit- telbesitz in nicht geringer Menge, da dieser als subsidiär hinter die beiden anderen Verbrechenstatbestände zurücktritt). Dies hat im Ergebnis auch das Landgericht nicht verkannt, das zutreffend Tateinheit zwischen dem bewaffneten Sichverschaffen der Betäubungsmittel und der Abgabe von Betäubungsmitteln angenommen hat.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Tatbestand

1

Der 1954 geborene Kläger erhielt im Oktober 1986 die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine logopädische Praxis. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn wegen des Verdachts, im Mai 2003 ein damals fünfjähriges Mädchen in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben, ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Erhebung der Anklage stellte die Staatsanwaltschaft ein weiteres gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren nach § 154 StGB ein. Es betraf den Verdacht, im Jahr 2001 eine damals 28jährige, am Down-Syndrom leidende Patientin in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben. Mit Urteil vom 7. Januar 2004 verurteilte das Amtsgericht den Kläger wegen des Vorfalls vom Mai 2003 nach § 176 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und verbot ihm für die Dauer von drei Jahren, Kinder und Jugendliche weiblichen Geschlechts unter 16 Jahren als Logopäde zu behandeln.

2

Der Beklagte widerrief, gestützt auf § 3 Abs. 2 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden (LogopG), mit Bescheid vom 3. Juni 2004 die Erlaubnis des Klägers zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Der Kläger habe sich durch den sexuellen Missbrauch einer minderjährigen Patientin eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem die Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs folge. Er habe das ihm entgegengebrachte Vertrauen in verwerflicher Weise missbraucht und die ihm als Logopäden obliegenden Pflichten schwerwiegend verletzt. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.

3

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerruf der Berufserlaubnis erhobene Klage mit Urteil vom 16. Mai 2006 abgewiesen.

4

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 20. Mai 2009 teilweise geändert und den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde aufgehoben, soweit er die Behandlung männlicher Patienten erfasst. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr die Gewähr dafür biete, seine Berufspflichten künftig zuverlässig zu erfüllen. Dabei könne offenbleiben, ob auch der Vorfall aus dem Jahr 2001 in die Beurteilung einzubeziehen sei. Schon durch die Tat vom Mai 2003 habe der Kläger sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs ergebe. Der Ausschluss unzuverlässiger Personen von der Berufsausübung diene der Abwehr von Gefahren. Wegen der besonderen Tätigkeit in Einzelsitzungen und weil der Patientenkreis eines Logopäden hauptsächlich aus Kindern und Jugendlichen bestehe, müsse erwartet werden, dass der Kläger sich im sexuellen Bereich jederzeit in der Gewalt habe. Sei dies nicht der Fall und komme es zu sexuellen Entgleisungen, begründe dies die Unzuverlässigkeit. Dass es sich bei dem Geschehen nach den Angaben des Klägers um einen einmaligen und unerklärbaren Vorfall gehandelt habe, ändere daran nichts. Auch ein einmaliges Fehlverhalten könne nach den Umständen die Prognose rechtfertigen, der Betreffende werde seine beruflichen Pflichten in Zukunft nicht zuverlässig erfüllen.

5

Der uneingeschränkte Widerruf der Berufserlaubnis sei aber mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar; er verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Niemand dürfe nach einer begangenen Straftat lebenslang von der gewählten Berufstätigkeit ausgeschlossen werden. Im Fall des Klägers sei ein Schutz der Patienten bereits dadurch zu erreichen, dass ihm als weniger belastende Maßnahme nur die Behandlung weiblicher Patienten untersagt werde. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten könne bei der auf den Kläger als Ersttäter bezogenen Prognose hinsichtlich der Rückfallgefahr differenziert werden. In Bezug auf Frauen und Mädchen bestehe ein Rückfallrisiko; hingegen habe der Sachverständige eine erhöhte Wahrscheinlichkeit homopädophiler oder homosexueller Handlungen verneint. Demnach reiche eine Beschränkung des Widerrufs auf die Behandlung weiblicher Patienten aus. Dem stehe nicht entgegen, dass die ärztliche Approbation nicht teilbar sei und auch nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden könne. Entscheidend sei allein die Erforderlichkeit des Widerrufs zum ausreichenden Rechtsgüterschutz. Zudem gebe es im Berufsrecht der Logopäden anders als nach der Bundesärzteordnung kein Nebeneinander von Approbation und Berufserlaubnis, so dass eine differenzierende Betrachtung der Geltungsbereiche bei der Berechtigung für die Heilkundeausübung nicht möglich sei. Ähnlich den auf bestimmte Patientengruppen beschränkten Berufen, etwa Altenpfleger, Kinderkrankenpfleger oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, müsse eine Beschränkung der Logopäden-Erlaubnis unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglich sein. Da bei der Erteilung der Erlaubnis eine Beschränkung der Tätigkeit auf bestimmte Patientengruppen durch Auflage nach § 36 VwVfG zulässig erscheine, könne und müsse gegebenenfalls auch der Widerruf der Berufserlaubnis entsprechend beschränkt werden. Eine noch weitere Differenzierung nach Alter oder Art der Erkrankung der Patientinnen sei allerdings nicht angezeigt, weil auch der Sachverständige sich hierzu nicht in der Lage gesehen habe; eine zu starke Zersplitterung der Erlaubnis sei außerdem nicht zweckmäßig.

6

Mit der Revision rügte der Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit eine gebundene Entscheidung sei. Verwaltung und Gerichte könnten sich der Bindung an Recht und Gesetz nicht unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entziehen. Weil der Gesetzgeber den Widerruf als zwingende Rechtsfolge der Tatbestandserfüllung angeordnet habe, stehe kraft Gesetzes auch die Verhältnismäßigkeit dieser Rechtsfolge fest. Hätte das Berufungsgericht § 3 Abs. 2 LogopG für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG gehalten, hätte es das Verfahren aussetzen und die Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen. Hierzu habe indes kein Anlass bestanden, weil der Widerruf der Berufserlaubnis bei Unzuverlässigkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei. Es gehe nicht darum, den Kläger für immer von logopädischen Behandlungen fernzuhalten. Einer späteren Neuerteilung stehe nichts im Wege, sofern der Kläger dann die Erteilungsvoraussetzungen wieder erfülle. Die Berufserlaubnis eines Logopäden sei allerdings ebenso wie die ärztliche Approbation nicht teilbar, sondern könne nur insgesamt erteilt und widerrufen werden. Soweit andere Heilhilfsberufe auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt seien, handele es sich um eigenständige Berufe mit einer eigenen Berufsausbildung. Der Beruf oder die Ausbildung zum Jungen- und Männerlogopäden existiere aber nicht.

7

Der Kläger tritt der Revision entgegen. Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine grundrechtskonforme Auslegung im Sinne der Möglichkeit eines Teilwiderrufs gebiete. Die Unteilbarkeit einer Approbation stehe dem nicht entgegen. Ärzte unterlägen der Berufsgerichtsbarkeit der Landesärztekammern. Ein unangemessenes Verhalten könne durch abgestufte Sanktionen beantwortet werden. Im Unterschied zum Widerruf der Erlaubnis des Klägers komme ein Entzug der Approbation nur als letztes Mittel innerhalb eines umfangreichen Kataloges von Sanktionen in Betracht. Die Logopäden-Erlaubnis entspreche der in der Bundesärzteordnung geregelten Berufserlaubnis, die für eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des Arztberufs erteilt werden könne. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit komme es im Übrigen nicht auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an; vielmehr müsse auch berücksichtigt werden, dass er seinen Beruf seit Mai 2003 beanstandungsfrei ausübe.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der mit den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, als die Behandlung männlicher Patienten in Rede steht. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts verstößt gegen § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG.

9

Die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde setzt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG voraus, dass der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, ist die Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 2 LogopG zu widerrufen.

10

1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass Unzuverlässigkeit im Sinne der Ermächtigungsgrundlage vorliegt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Logopäde werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt. Dem Begriff der Unzuverlässigkeit wohnt ein prognostisches Element inne. Es geht um die Beantwortung der Frage, ob der Logopäde nach den gesamten Umständen des Falles willens oder in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Maßgeblich für die Prognose der Zuverlässigkeit ist die jeweilige Situation des Logopäden im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens sowie sein vor allem durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Ausschlaggebend für die Prognose der Zuverlässigkeit ist somit die Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Logopäden und seiner Lebensumstände auf der Grundlage der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens. Insoweit gilt hier nichts anderes als im Berufsrecht der Ärzte und Angehörigen sonstiger Heil- und Heilhilfsberufe (s. dazu Beschluss vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 3 B 38.93 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 5; Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - BVerwGE 105, 214 <220> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 96 S. 36 m.w.N.; Beschluss vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 10).

11

Danach hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Zuverlässigkeit mit Recht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger auch noch nach dem Widerruf der Berufserlaubnis als Logopäde tätig gewesen ist, ohne dass es zu weiteren Beanstandungen gekommen ist. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist durch das materielle Recht vorgegeben. Der Widerruf der Berufserlaubnis ist ein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezogener rechtsgestaltender Verwaltungsakt (Beschluss vom 22. Juli 1982 - BVerwG 3 B 36.82 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 4 S. 3). Vor allem aber sieht das materielle Recht ein eigenständiges Wiedererteilungsverfahren vor, in dem alle nachträglichen Umstände Berücksichtigung finden (vgl. nur Beschluss vom 4. August 1993 - BVerwG 3 B 5.93 - Buchholz 418.20 Allg. Apothekenrecht Nr. 28 S. 28 f.). Ein solches Verfahren ist in dem Berufsrecht der Logopäden zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt sich aber ohne Weiteres aus dem Umstand, dass bei Wiedervorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf erneute Zuerkennung der Erlaubnis besteht. Der Abschluss des behördlichen Widerrufverfahrens bewirkt eine Zäsur, durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstände einem späteren Wiedererteilungsverfahren zugewiesen wird. Diese Trennung gilt auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Die von dem Kläger demgegenüber angeführte Rechtsprechung betrifft die Rechtslage bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die von der besonderen Wirkung einer solchen Behördenentscheidung und vor allem von hier nicht maßgeblichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Aufenthaltsrecht geprägt ist (vgl. Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 = Buchholz 402.242 § 55 AufenthG Nr. 7).

12

2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass die berufsrechtliche Zuverlässigkeit eines Logopäden nach dem Geschlecht der Patienten aufgeteilt werden und ein Widerruf der Berufserlaubnis deshalb nur teilweise rechtmäßig sein könne. Diese Annahme verstößt gegen das durch das Gesetz über den Beruf des Logopäden und die entsprechende Ausbildungsordnung vorgegebene Berufsbild.

13

a) Der Gesetzgeber ist im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG befugt, neue Berufsbilder zu fixieren und dabei den Umfang der beruflichen Tätigkeit in bestimmter Weise festzuschreiben (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 3 C 4.08 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 8 ; ferner BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE 78, 179 <192>). Durch die Fixierung des Berufsbilds wird notwendigerweise auch der Rahmen bestimmt, auf den sich die berufsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen beziehen. Insoweit gilt für die Zuverlässigkeit nichts anders als für andere Zugangsvoraussetzungen, etwa die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten oder die körperliche Eignung. Sie müssen in einem Maße vorhanden sein, das den Anforderungen des gesetzlichen Berufsbilds entspricht und sie ausfüllt. Das gilt für den Berufszugang durch Erteilung der Erlaubnis wie für deren Widerruf. Da eine Erteilung der Erlaubnis ausscheidet, wenn der Antragsteller keine Gewähr dafür bietet, seine Berufspflichten - und zwar alle - zuverlässig zu erfüllen, steht es spiegelbildlich einem Widerruf nicht entgegen, dass er einem Teil seiner Berufspflichten nach wie vor zuverlässig nachkommt. In diesem Sinne ist die berufsrechtliche Zuverlässigkeit unteilbar.

14

Eine andere Beurteilung wäre nur dann angebracht, wenn das vom Gesetzgeber umschriebene Berufsbild seinerseits nicht von einem im gemeinen Wohl liegenden Zweck getragen wäre, der geeignet ist, die grundrechtsbeschränkenden Rechtsfolgen zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber darf nicht ohne Weiteres Berufstätigkeiten zu einem einheitlichen Berufsbild zusammenfassen, wenn sachliche Gründe für eine Aufteilung in verschiedene Berufe sprechen, sei es, dass solche Gründe bereits ursprünglich bestanden haben, sei es, dass sich nach dem Inkrafttreten des Berufsgesetzes eigenständige Teilberufe herausgebildet haben, die eine aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Anpassungspflicht des Gesetzgebers begründen. Dafür ist bezogen auf die in Rede stehende Unterscheidung nach dem Geschlecht des Patienten bei der Behandlung von Sprachstörungen indes nichts ersichtlich. Auch der Kläger behauptet nicht, dass damit ein aus Sachgegebenheiten der Logopädie folgender Grund für eine Differenzierung bezeichnet ist, etwa weil bei männlichen Patienten andersartige Störungen oder Behandlungsmethoden in Betracht kämen als bei weiblichen. Deshalb greift auch der Hinweis auf die Teilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis nicht. Die Zuerkennung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis ist nur möglich, soweit sich auf dem Gebiet der Heilkunde ein eigenständiges und abgrenzbares Berufsbild herausgebildet hat (s. dazu zuletzt Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - NVwZ-RR 2010, 111 <113>). Entsprechendes gilt für den Umstand, dass andere Heilhilfsberufe eine Beschränkung auf bestimmte Patientengruppen vorsehen. Soweit etwa die Berufsbilder des Altenpflegers, des Kinderkrankenpflegers oder des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Behandlung auf Patienten bestimmter Altersgruppen beschränken, liegen dem jeweils aus der Art der Erkrankungen, den Bedürfnissen der Patienten oder den Therapieformen resultierende Besonderheiten zugrunde, die zu einem eigenständigen Berufsbild mit einer eigenen Berufsausbildung geführt haben.

15

b) Eine Beschränkbarkeit des Berufsbilds zur Überwindung persönlicher Eignungshindernisse lässt sich ebenso wenig aus einem Vergleich mit dem ärztlichen Berufsrecht herleiten, das neben der Approbation eine beschränkbare Berufserlaubnis vorsieht (§ 2 Abs. 1 und 2 BÄO). Das Berufsrecht der Logopäden kennt neben der uneingeschränkten Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung Logopäde (§ 1 Abs. 1 LogopG) keine mindere Form der Erlaubnis, die eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Berufsausübung betrifft. Im Übrigen ist auch die Beschränkbarkeit der ärztlichen Berufserlaubnis kein Mittel zur Überwindung von Zuverlässigkeitsmängeln; sie setzt nicht anders als die Approbation die Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs voraus (§ 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO). Über Auflagen oder sonstige Nebenbestimmungen könnte eine Berufserlaubnis als Logopäde gleichfalls nicht auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt werden, weil dadurch die mit der Hauptregelung zugesprochene unbeschränkte Erlaubnis teilweise wieder aufgehoben würde. Zu einer solchen Modifikation berechtigt § 36 Abs. 1 VwVfG nicht.

16

c) Angesichts der strikten Rechtsfolge des § 3 Abs. 2 LogopG muss dem mit dem Widerruf bewirkten Eingriff in die Berufsfreiheit bereits bei der Auslegung des Begriffs der Unzuverlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden, um das Übermaßverbot zu wahren (vgl. Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 3 C 37.01 - NJW 2003, 913 <914>). Der Widerruf ist im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn der mit der Maßnahme bezweckten Abwehr von Gefahren für das Gemeinwohl ein Gewicht zukommt, das in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs steht. Das setzt voraus, dass der Betreffende wesentliche Berufspflichten missachtet hat und die anzustellende Prognose eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er auch künftig seine Berufspflichten nicht beachten wird. Liegen diese Voraussetzungen für die Bejahung der Unzuverlässigkeit vor, so ergibt sich die Verhältnismäßigkeit des Widerrufs aus der vom Gesetzgeber selbst mit § 3 Abs. 2 LogopG getroffenen Wertung, dass in einem solchen Fall der Widerruf der unteilbaren Erlaubnis das erforderliche und angemessene Mittel ist, um die damit verbundenen Gefahren von der Bevölkerung abzuwenden. Andernfalls muss der Widerruf unterbleiben. Der Hinweis des Klägers, dass das Berufsrecht der Logopäden anders als das ärztliche Berufsrecht für Fehlverhalten unterhalb der Schwelle der Unzuverlässigkeit kein abgestuftes Sanktionssystem bereithalte, führt deshalb nicht weiter. Dieser Umstand begründet keine Unverhältnismäßigkeit der Widerrufsregelung, sondern führt lediglich dazu, dass auf derartiges Fehlverhalten eines Logopäden nicht mit den Mitteln des Berufsrechts reagiert werden kann. Bei diesem Verständnis kann § 3 Abs. 2 LogopG mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht in Konflikt geraten.

17

3. Der Kläger ist unzuverlässig zur Ausübung des Berufs des Logopäden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, deren Richtigkeit er nicht in Abrede stellt, hat er im Mai 2003 ein fünfjähriges Mädchen, das ihm von den Eltern für eine Heilbehandlung anvertraut war, in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre, zumal von Kindern, zählt zu den wesentlichen Berufspflichten eines Logopäden; die sorgfältige und gewissenhafte Heilbehandlung der Patienten bildet den Kern seiner beruflichen Verantwortung. Der Kläger hat in diesen Punkten gegenüber dem betroffenen Kind vollständig versagt. Hinzu treten die weiteren Umstände der Tat, die das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, namentlich das geringe Alter des Kindes, die Ausnutzung seiner Schutzlosigkeit und des Vertrauens der Eltern in eine ordnungsgemäße Heilbehandlung ihres Kindes.

18

Eine neuerliche Verletzung der Berufspflichten gegenüber Patienten ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen, sondern mit der im Sachverständigengutachten beschriebenen Wahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung des dieser Art von Prognosen unvermeidbar anhaftenden gewissen Maßes an Unsicherheit anzunehmen. Die entsprechenden Feststellungen sind, soweit sie jedenfalls eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf weibliche Patienten betreffen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und vom Kläger nicht mit Gegenrügen angegriffen worden. Sein in den Vorinstanzen erhobener Einwand, dass es sich um eine unerklärliche Einzeltat handele, die nicht auf einer krankhaften Veranlagung oder Störung beruhe, weshalb von ihm kein anderes Risiko ausgehe als von jedem anderen Menschen, geht an den Annahmen des Berufungsgerichts vorbei. Es hat ebenso wie der Sachverständige, auf dessen Gutachten es sich bezieht, nicht unberücksichtigt gelassen, dass bei dem Kläger weder eine homopädophile noch überhaupt eine sexuelle Deviation festgestellt worden ist, und sich deshalb auf allgemeine statistische Erfahrungen zur Rückfallwahrscheinlichkeit und auf die konkreten Lebensumstände des Klägers gestützt, wobei es zu dessen Gunsten noch unterstellt hat, dass die Tat vom Mai 2003 tatsächlich eine Ersttat war. Dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Rückfallraten nur für Ersttäter mit einer festgestellten krankhaften Veranlagung Geltung beanspruchen, ist weder ersichtlich noch vom Kläger behauptet worden. Wollte man aus dem Umstand, dass bei dem Kläger in keiner Richtung krankhafte sexuelle Veranlagungen festgestellt worden sind, überhaupt eine Folgerung ziehen, dann allenfalls diejenige, dass in einem solchen Fall allein das Fehlen (auch) einer homopädophilen Veranlagung an sich kein Grund sein kann, in Bezug auf männliche Patienten auf ein geringeres Rückfallrisiko zu schließen als in Bezug auf weibliche. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, weil die Annahmen des Berufungsgerichts, der Kläger stelle jedenfalls für weibliche Patienten auch künftig eine Gefahr dar, nicht zu beanstanden sind.

19

Neben den Aspekt der Vermeidung konkreter Gefahren durch künftige Pflichtverletzungen des Klägers tritt, wenn auch nicht mit ausschlaggebendem Gewicht, so doch zusätzlich, der weitergreifende berufsrechtliche Aspekt des Schutzes des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität der Personen, denen die staatliche Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde verliehen ist. Eine fortdauernde Berufstätigkeit von Logopäden, die ihre Pflichten gegenüber ihren Patienten gröblich verletzt haben, ist geeignet, das für jede Heilbehandlung notwendige Vertrauen der Patienten in die Zuverlässigkeit der Berufsangehörigen über die Person des Klägers hinaus zu beeinträchtigen.

20

4. Unter diesen Umständen ist ein Widerruf der Berufserlaubnis kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre der Patienten dient ebenso wie die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Durchführung der Heilbehandlung dem Schutz besonders gewichtiger Individualrechtsgüter. Die mit dem Widerruf bezweckte Abwendung von Gefahren für diese Rechtsgüter steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den allerdings einschneidenden Folgen, die der Widerruf für den Kläger zeitigt. Angesichts der Gefahren, die von ihm ausgehen, ist es nicht unzumutbar, ihn von dem Beruf des Logopäden fernzuhalten. Dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für einen Teil der Patienten keine oder nur eine geringere Gefahr bedeutet, kann daran nichts ändern. Solange er keine Gewähr dafür bietet, dass er wesentliche Pflichten, die der Beruf des Logopäden mit sich bringt, künftig zuverlässig erfüllt, ist der Schluss auf seine Unzuverlässigkeit gerechtfertigt. Davon muss ausgegangen werden, wenn zu besorgen ist, dass er nicht alle Patienten gleich welchen Geschlechts mit derselben Zuverlässigkeit behandelt, sondern für jeden weiblichen Patienten, der sich in seine Behandlung begibt, ein Risiko darstellt.

21

Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird außerdem dadurch Rechnung getragen, dass das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag auf Wiedererteilung der Erlaubnis zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - a.a.O. S. 222 bzw. S. 38; Beschluss vom 14. April 1998 - BVerwG 3 B 95.97 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100; s. auch BVerfG, Beschluss vom 4. April 1984 - 1 BvR 1287/83 - BVerfGE 66, 337 <358>). Der Kläger muss nicht länger von der Berufsausübung ausgeschlossen bleiben, als es die den Widerruf tragenden Gründe erfordern. Wenn er die Zuverlässigkeit wiedererlangt hat, ist er unter den Voraussetzungen des § 2 LogopG auf seinen Antrag hin erneut zuzulassen.

22

5. Dem Widerruf der Berufserlaubnis steht schließlich nicht entgegen, dass das Amtsgericht gegen den Kläger wegen der Tat vom Mai 2003 ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat. Der Beklagte ist nicht an die diesbezügliche Beurteilung durch das Amtsgericht gebunden; insbesondere findet § 35 Abs. 3 GewO keine Anwendung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 8 GewO; s. dazu Urteil vom 14. Februar 1963 - BVerwG 1 C 98.62 - BVerwGE 15, 282 <285> = Buchholz 418.01 Zahnheilkunde Nr. 5 S. 13). Er darf allerdings in den Fällen, in denen das Strafgericht im Rahmen einer Maßregel zur Frage der weiteren Berufsausübung bereits Stellung genommen hat, nur tätig werden, soweit der Zweck im Strafverfahren noch nicht erreicht worden und im Sinne eines "Überhangs" tatübergreifender Aspekte noch zusätzlich eine berufsrechtliche Reaktion erforderlich ist (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 286 ff. bzw. S. 14 ff.; Beschlüsse vom 25. Februar 1969 - BVerwG 1 B 26.68 - BVerwGE 31, 307 <312 f.> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 7 S. 19 und vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 9). Dafür kommt es maßgeblich darauf an, ob das Strafgericht im Rahmen der Prüfung des Berufsverbots den Sachverhalt unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt, alle bedeutsamen Aspekte bereits geprüft und damit die maßgeblichen berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 287 bzw. S. 15).

23

Das ist hier nicht der Fall. Das Amtsgericht hat in dem Strafurteil zwar auch eine Gefahrenprognose angestellt, soweit es den Umfang des Berufsverbots auf weibliche Patienten unter 16 Jahren beschränkt hat. Es hat diese Prognose aber entsprechend dem Charakter des Berufsverbots nach § 70 StGB als tatbezogene Maßregel der Besserung und Sicherung allein darauf gestützt, dass nach den Umständen der konkreten Tat nur eine Gefährdung dieses Personenkreises zu besorgen sei. Die berufsrechtliche Entscheidung knüpft demgegenüber daran an, dass unter tatübergreifenden Aspekten die Zuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs (insgesamt) entfällt, wenn der Betreffende auch nur für einen Teil seiner Patienten eine Gefahr bedeutet. Die Gefahrenprognose der Widerrufsentscheidung wird zudem, anders als das vom Strafgericht im Januar 2004 ausgesprochene beschränkte Berufsverbot, nicht allein von dem Umstand getragen, dass der Kläger ein Kind sexuell missbraucht hat, sondern von einer umfassenden Würdigung seiner konkreten Lebensumstände und einer auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bezogenen Abwägung der für und gegen die Annahme einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungstat sprechenden Aspekte, wie sie in dem Gutachten des Sachverständigen im Einzelnen angeführt sind, auf das sich das Berufungsgericht gestützt hat. Soweit es die zeitliche Befristung des Berufsverbots betrifft, hat das Strafgericht überhaupt keine Gefahrenprognose angestellt. Die Begrenzung der Maßregel auf einen Zeitraum von drei Jahren beruhte nicht auf der Erwartung, von dem Kläger werde danach keine Gefahr mehr ausgehen, sondern auf der Erwägung, ein dreijähriges Berufsverbot sei der Schwere der Tat angemessen. Damit war der Beklagte an einer umfassenden Beurteilung des Verhaltens des Klägers unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gehindert.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.