Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. Nov. 2009 - 2 S 434/07

published on 12/11/2009 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. Nov. 2009 - 2 S 434/07
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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. Dezember 2006 - 2 K 1247/05 - wird nach Maßgabe des geänderten Klageantrags zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, die Betreiberin des Flughafens ..., wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Abwasserbeitrag.
Die Klägerin ist u. a. Eigentümerin des 5.162 qm großen Grundstücks Flst.-Nr. ... auf der Gemarkung der Beklagten. Das Grundstück war früher Teil eines größeren Grundstücks Flst.-Nr. ... mit ca. 150.000 m², das von den amerikanischen Streitkräften militärisch genutzt wurde. Das Grundstück war damals mit einem Verwaltungs- und Mannschaftsgebäude, einem Hangar und verschiedenen Nebeneinrichtungen bebaut.
Mit Schreiben vom 17.05.1988 forderte die Beklagte von den amerikanischen Streitkräften - Direktor of Engineering & Housing, Greater Stuttgart Military Community - auf der Grundlage ihrer Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 12.12.1993 für das Verwaltungs- und Unterkunftsgebäude im militärischen Teil des Flughafens einen Abwasserbeitrag in Höhe von insgesamt 124.772,-- DM an. Mit weiterem Schreiben vom 24.05.1988 - gerichtet an das Bundesvermögensamt Stuttgart - erläuterte die Beklagte, dass mit Schreiben vom 17.05.1988 für das genannte Verwaltungs- und Unterkunftsgebäude ein Abwasserbeitrag auf der Basis einer Baumasse von 18.626 m³, einer überbauten Grundstücksfläche von 3.012 m², von zwei Vollgeschossen und einer Geschossflächenzahl von 0,8 angefordert und bezahlt worden sei.
Das streitbefangene Grundstück befindet sich heute im Areal des sog. „Frachtzentrums Süd“ des Flughafens ... das zusammen mit einer Reihe weiterer Grundstücke Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.09.1999/10.11.2000 war. Der Planfeststellungsbeschluss setzt für den das Grundstück erfassenden Bereich ein Sondergebiet für flughafenbezogene Nutzungen, Luftfahrtbetriebe, Flugbetriebsflächen, Fracht, Dienstleistung und Parkierung, eine Grundflächenzahl von 1,0 sowie eine Baumassenzahl von 9,0 fest. Nach der Umnutzung ist der Westflügel des ehemaligen Mannschaftsgebäudes erhalten geblieben und in die Neubauten des Frachtzentrums Süd integriert worden; die beiden anderen Flügel des ehemaligen Mannschaftsgebäudes sind abgerissen und durch Neubauten ersetzt worden.
Der Flughafen ... verfügte bereits vor der Umnutzung der ehemals militärisch genutzten Flächen auf der Flughafensüdseite über ein Entwässerungssystem, das die auf dem Rollfeld, den Rollwegen und der Start- und Landebahn anfallenden Enteisungsabwässer sammelte und der Kläranlage der Stadt Stuttgart zuleitete. Die Errichtung dieses Entwässerungssystems vereinbarten u. a. die Klägerin, die Beklagte und die Stadt Stuttgart mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 17.08.1993. Im Zuge dieser Vereinbarung errichtete die Klägerin auf eigene Kosten auf ihrem Areal ein eigenes Entwässerungssystem mit einem mehrere Kilometer langen Zuleitungskanal zum Klärwerk der Stadt Stuttgart und sie beteiligte sich auch an den Kosten der durch die Behandlung der Enteisungsabwässer notwendigen Ertüchtigung des Klärwerks.
Nach Umnutzung der Flughafensüdseite und der damit verbundenen Verlagerung des bis dahin auf der Flughafennordseite angesiedelten Frachtbereichs nach Süden erfolgt die Entsorgung des gesamten Oberflächenwassers der Flughafensüdseite auf der Basis des Planfeststellungsbeschlusses vom 20.09.1999/ 10.11.2000 in die Kläranlage der Stadt Stuttgart. Nach dem Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsantrag vom 29.06.1998 ist für die Oberflächenentwässerung der Flughafensüdseite die Ausnutzung der vorhandenen Reserven des Gesamtentwässerungssystems des Flughafens vorgesehen. Dafür wird das Oberflächenwasser im Sommerbetrieb über verschiedene Regenrückhaltebecken bzw. Regenklärbecken gesammelt und gepuffert einem Vorfluter zugeleitet. Im Winterbetrieb kann dieses - dann mit glykolhaltigen Enteisungsmitteln versetzte - Oberflächenwasser nicht direkt in den Vorfluter eingeleitet werden, sondern wird über das Flughafenentwässerungssystem zusammen mit den Abflüssen von der Start- und Landeplan und den Rollbahnen einem besonderen Speicherbauwerk zugeführt und anschließend zur Weiterbehandlung der Kläranlage der Stadt Stuttgart zugeleitet.
Im Hinblick auf die dargestellte Entsorgung des kompletten Oberflächenwassers in der Kläranlage Stuttgart sieht die hier einschlägige Abwassersatzung der Beklagten vom 16.06.2003 getrennte Abwasserbeitragssätze für Grundstücke, die nur über die Möglichkeit verfügen, Schmutzwasser einzuleiten, vor (§ 32 Abs. 2 der Satzung).
Mit Bescheiden vom 14.01.2004 zog die Beklagte die Klägerin für das streitgegenständliche Grundstück Flst.-Nr. ... im Wege der Nachveranlagung wegen erhöhter baulicher Ausnutzbarkeit zu einem Abwasserbeitrag (Schmutzwasserbeitrag) für Kanalisation und Klärwerk in Höhe von 68.063,20 EUR heran. Den dagegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch vom 29.01.2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 zurück.
Die Klägerin hat am 12.04.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, den Abwasserbeitragsbescheid vom 14.01.2007 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 aufzuheben, und zur Begründung geltend gemacht: Die vorgenommene Nachveranlagung verstoße gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung, weil bereits die als Beitragsbescheid zu wertende „Rechnung“ vom 17.05.1988, die gegenüber den amerikanischen Streitkräften ergangen sei, einer Nacherhebung entgegenstehe. Darüber hinaus führe die mit Planfeststellungsbeschluss zugelassene Erhöhung des Nutzungsmaßes für das streitgegenständliche Grundstück nicht dazu, dass diesem Grundstück ein beitragsrechtlich relevanter weiterer Vorteil zuteil würde.
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Ein relevanter Vorteil im Beitragsrecht für leitungsgebundene Anlagen liege nach allgemeiner Auffassung darin, dass für die angeschlossenen oder anschließbaren Grundstücke ein Gebrauchsvorteil durch die Anschlussmöglichkeit entstehe, weil die anschließbaren Grundstücke das anfallende Abwasser beseitigen und sich mit Frischwasser versorgen könnten. Durch diese Anschlussmöglichkeit steige die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks, was wiederum den Gebrauchswert des Grundstücks steigere. Bei dem Problem der Quantifizierbarkeit dieses wirtschaftlichen Vorteils behelfe sich das Beitragsrecht damit, dass ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werde, mit dessen Hilfe in Relation zum Ausmaß der wahrscheinlichen (also erfahrungsgemäß zu erwartenden) Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung der Vorteil abgegriffen werden solle. Die üblichen (auch in der Abwassersatzung der Beklagten enthaltenen) Beitragsmaßstäbe stellten danach grundstücksbezogene Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe dar, die durch Bezugnahme auf Art und Maß der zulässigen baulichen Nutzung die - unterstellte - Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks mit zunehmender Intensität der baulichen Nutzbarkeit und folglich zunehmender Intensität der Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung zu erfassen versuchten. Vor diesem rechtlichen Hintergrund sei aber der dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab gedanklich zugrunde liegende Zusammenhang zwischen der Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks und der Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung im hier zu beurteilenden Fall nicht gegeben. Denn nach Aufsiedelung der Flughafensüdseite mit dem Frachtzentrum der Klägerin werde die öffentliche Einrichtung der Beklagten in wesentlich geringerem Ausmaß in Anspruch genommen als dies vor der Umnutzung der ehemals militärisch genutzten Flächen der Fall gewesen sei. Schon im Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsantrag werde festgehalten, dass die Einleitungsmengen für das häusliche Abwasser unterhalb der Werte liegen würden, die von den US-Streitkräften an die Ortskanalisation der Beklagten übergeben worden seien. Danach würden statt 20,9 l/sec. zu Zeiten der militärischen Nutzung des Geländes seit Aufsiedelung des Frachtzentrums nur noch 12 l/sec. häusliches Abwasser in den Entwässerungsanlagen der Beklagten entsorgt. Schon diese Sondersituation, die durch die eindeutige Nutzungsfestlegung im Planfeststellungsbeschluss hervorgerufen werde, führe dazu, dass der Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht anwendbar sei.
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Darüber hinaus verfüge die Klägerin nicht über eine vollwertige Anschlussmöglichkeit ihrer Grundstücke an die Schmutzwasserentwässerung der Beklagten. Das Oberflächenwasser, das auf dem Areal der Klägerin (auch auf dem Vorfeld vor dem Frachtzentrum Süd und damit auf Gemarkung der Beklagten) anfalle, werde im Winter mit Enteisungsmitteln versetzt, die gewährleisteten, dass die Rollflächen und Vorfelder und die Flugzeuge selbst nicht vereisen könnten. Werde aber das Oberflächenwasser in dieser Form mit Enteisungsmitteln versetzt, so unterfalle es dem Abwasserbegriff nach § 45 a Abs. 3 WG, gelte also als Schmutzwasser im Sinne der Satzung der Beklagten. Da die Beklagte technisch nicht in der Lage wäre, das anfallende Enteisungsabwasser in ihren eigenen Anlagen zu behandeln und zu reinigen, würde dieses Enteisungsabwasser in der Kläranlage der Stadt Stuttgart entsorgt. Die Klägerin habe sich zur Sicherstellung der schadlosen Beseitigung dieses Abwassers auch an den Investitionskosten für den Ausbau dieses Klärwerks beteiligt und vom Flughafen dorthin eine Leitung gebaut. Deshalb löse allein die Möglichkeit, die anfallenden geringen Mengen häuslichen Abwassers der Flughafensüdseite in die Anlagen der Beklagten abzuleiten, nicht den vollen beitragsrechtlich relevanten Vorteil aus. Die höhere Intensität der baulichen Nutzung der Flughafensüdseite habe mithin keine Auswirkungen auf die öffentliche Einrichtung der Beklagten. Der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der auch hier auf das Maß der baulichen Nutzungsmöglichkeit abhebe, werde aufgrund der Atypik (erheblich größere bauliche Ausnutzung des Grundstücks und damit einhergehend geringere Benutzung der öffentlichen Einrichtung) dem vorliegenden Fall nicht gerecht. Er lasse sich auch nicht durch Verweis auf die „Typengerechtigkeit“ des Beitragsmaßstabs rechtfertigen. Es liege keine in diesem Sinne vernachlässigungsfähige „Atypik“ mehr vor, da das Flughafengelände 6,4 % der Gesamtbemessungsfläche auf der Gemarkung der Beklagten ausmache. Nach alledem sei der Bescheid rechtswidrig, weil die Satzung keinen Maßstab für die atypische Situation der Flughafengrundstücke vorsehe.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat erwidert: Der beitragsrechtliche Vorteil bestehe in der Wertsteigerung eines Grundstücks, die sich aus der Anschlussmöglichkeit und der daraus resultierenden Bebaubarkeit ergebe. Ein Grundstück mit hoher baulicher Nutzbarkeit habe daher grundsätzlich auch dann einen hohen Vorteil von der Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Einrichtung, wenn die intensive bauliche Nutzbarkeit nicht mit einem entsprechend hohen Bedarf hinsichtlich der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung einhergehe. Die hier zu Beiträgen herangezogenen Grundstücke besäßen wegen der aufgrund der leitungsmäßigen Erschließung bestehenden baulichen Nutzungsmöglichkeiten zweifellos einen erheblichen wirtschaftlichen Wert. Dieser Wert bestehe unabhängig davon, ob für die Flughafennutzung im Vergleich zum Maß der Nutzbarkeit viel oder wenig Wasser benötigt werde bzw. viel oder wenig Abwasser anfalle. Daran vermöge auch der Umstand, dass auf den betreffenden Grundstücken planungsrechtlich keine andere Nutzungsart zulässig sei, nichts zu ändern.
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Die Behauptung der Klägerin, die vermeintlichen Besonderheiten des Falles dürften wegen des hohen Anteils der Flughafenflächen an der Gesamtbemessungsfläche der Globalberechnung nicht mehr unter dem Aspekt der Typengerechtigkeit vernachlässigt werden, überzeuge schon bereits deshalb nicht, weil der Anteil der Flughafenfläche an der Gesamtfläche (6,4 %) unter der nach ständiger Rechtsprechung anerkannten Typisierungsgrenze von 10 % liege.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehe für die Schmutzwasserbeseitigung auch eine vollwertige Anschlussmöglichkeit. Denn das im Winter anfallende Enteisungsabwasser sei nicht als Schmutzwasser, sondern als Niederschlagswasser zu qualifizieren. Selbst wenn das Enteisungsabwasser aber als Schmutzwasser anzusehen wäre, führe dies nicht zwangsläufig zu einem in der städtischen Abwassersatzung nicht berücksichtigten beitragsrechtlichen Mindervorteil. Die Satzung sehe zwar lediglich für diejenigen Grundstücke einen geringeren Beitragssatz vor, von denen nur Schmutzwasser eingeleitet werden dürfe und differenziere nicht danach, ob das gesamte Schmutzwasser oder nur eine Teilmenge eingeleitet werden könne. Im vorliegenden Fall sei aber zu beachten, dass das Enteisungsabwasser des Flughafens unbestritten derart stark verschmutzt sei, dass es von der Beklagten nicht ohne eine (mit erheblichen Mehrkosten verbundene) Erweiterung ihrer Abwasserbeseitigungsanlagen hätte behandelt und gereinigt werden können. Für solche Fälle sehe die Satzung in § 7 die Möglichkeit eines Ausschlusses von der Abwasserbeseitigung oder eine Möglichkeit zum Abschluss einer Mehrkostenvereinbarung vor, durch die der Grundstückseigentümer die für den Bau und Betrieb der öffentlichen Abwasseranlagen entstehenden Mehrkosten übernehme. Solche Mehrkostenvereinbarungen ließen das Beitragsschuldverhältnis aber unberührt. Dies bedeute, dass die vereinbarte Erstattung der Mehrkosten zusätzlich zum satzungsmäßigen Beitrag zu leisten wäre. Dadurch werde ersichtlich, dass der „normale“ Schmutzwasserbeitrag nur für den von der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung gebotenen „normalen“ Vorteil erhoben werde. Dies entspreche im vorliegenden Fall der Möglichkeit, das auf dem Flughafengelände anfallende häusliche Abwasser einzuleiten.
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Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 12.12.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt: Die Klägerin wende erfolglos ein, dass eine Nachveranlagung ausnahmsweise wegen eines fehlenden tatsächlichen Vorteils ausgeschlossen sei. Der Planfeststellungsbeschluss lege nicht fest, dass höhere Abwassermengen durch die dort vorgesehene Bebauung gegenüber dem vorigen Zustand nicht zugelassen würden. Im Übrigen sei die tatsächlich eingeleitete Abwassermenge für die Bemessung des beitragsrechtlichen Vorteils - im vorliegenden Falle des erhöhten nachveranlagten Vorteils - unerheblich. Vielmehr komme es nur auf die sich im Regelfall auf den Verkehrswert eines Grundstücks auswirkende erhöhte bauliche Nutzbarkeit an. Diese liege bei der deutlichen Erhöhung der Geschossflächenzahl von zuvor 0,8 auf jetzt 2,57 offensichtlich vor.
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Der Klägerin sei auch nicht darin zu folgen, dass die durch den Planfeststellungsbeschluss genau festgelegte Bebauung einen geringeren Vorteil biete als die durch einen Bebauungsplan ermöglichte bauliche Nutzung. Zwar sei die Klägerin an die im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten (eingeschränkten) Nutzungsmöglichkeiten gebunden. Dies liege in der Natur der Sache. Der Planfeststellungsbeschluss setze gerade eine maßgeschneiderte Nutzung entsprechend den Anträgen und Bedürfnissen der Klägerin fest. Dies gelte gerade auch für die auf dem streitgegenständlichen Grundstück festgesetzte Baumassenzahl. Zudem sei mit der Planfeststellung allenfalls die Nutzungsart, nicht jedoch das Nutzungsmaß in einer Weise eingeschränkt, die einen erhöhten Vorteil in Frage stellen könne.
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Die weitere Einwendung der Klägerin, ihr Vorteil sei auch dadurch eingeschränkt, dass sie lediglich häusliches Schmutzwasser und kein Oberflächenwasser - insbesondere kein Enteisungsabwasser - einleiten dürfe, sei ebenfalls unbegründet. Zum Einen falle auf dem streitgegenständlichen Grundstück kein Enteisungsabwasser des Flughafens an, und die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, dass sie Grundstücke, auf denen Enteisungsabwasser - egal ob man es als Schmutz- oder Oberflächenwasser ansehe - anfalle, nicht zum Abwasserbeitrag veranlage. Zum Anderen sei der fehlenden Einleitungsmöglichkeit von Oberflächenwasser bereits durch die Veranlagung lediglich zum entsprechenden Teilbeitrag für Schmutzwasser Rechnung getragen worden.
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Soweit die Klägerin meine, die Satzungsregelungen zum Beitragsmaßstab seien grundsätzlich auf sie nicht anwendbar, da sie der Atypik der Flughafenfälle mit der genau durch einen Planfeststellungsbeschluss festgelegten Nutzung nicht Rechnung tragen würden, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Selbst wenn man insoweit einen „Mindervorteil“ annehmen würde, dürfe dieser beitragsrechtlich unberücksichtigt bleiben, wenn nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem abgerechneten Typ entsprächen. Dabei sei maßgeblich für die Bestimmung der genannten Grenze nicht der Flächenanteil der eingeschränkt bevorteilten Grundstücke, sondern deren Anzahl. Im vorliegenden Fall betrage die Gesamtfläche des Flughafengeländes an der Gemeindefläche darüber hinaus auch nach den Angaben der Klägerin lediglich 6,4 %. Der Prozentsatz der Anzahl der betroffenen Grundstücke liege noch deutlich darunter.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Die gängigen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe des Abgabenrechts knüpften stets an eine Angebotsplanung an. Gleich, ob ein Grundstück nach § 34 BauGB baulich genutzt werden dürfe oder eine bauliche Nutzung durch Bebauungsplan zugelassen sei, ermöglichten diese Formen des Planungsrechts immer eine gewisse Bandbreite von Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks. Diese Bandbreite führe gleichzeitig dazu, dass den ver- und entsorgungspflichtigen Kommunen auferlegt werde, auch für diese gesamte planungsrechtlich zugelassene Bandbreite Erschließungsleistungen vorzuhalten. Deshalb werde dem Beitragsmaßstab gedanklich stets die Nutzungsmöglichkeit zugrunde gelegt, die die umfangreichste Inanspruchnahmemöglichkeit umfasse. Dieser Regelfall sowohl einer Angebotsplanung als auch eines vorgehaltenen Erschließungsangebots, der dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab „zulässige Geschossfläche“ gedanklich zugrunde liege, sei im hier zu beurteilenden Fall aber gerade nicht gegeben. Es sei hier nicht eine bestimmte Bandbreite von Nutzungen zulässig, sondern ausschließlich die Nutzung, die im Planfeststellungsbeschluss genau beschrieben sei. Die Beklagte müsse deshalb ein Erschließungsangebot nicht allgemein vorhalten, das etwa geeignet sei, im Gewerbegebiet sowohl eine Schreinerei als auch einen abwasserintensiven Betrieb (beispielsweise Konservenfabrik) zu erschließen.
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Hinzu komme bei der hier zu beurteilenden Sonderkonstellation, dass die Erhöhung des Nutzungsmaßes auf der Flughafensüdseite gegenüber der vorher bestehenden militärischen Nutzung gerade nicht zu einer Erhöhung der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung geführt habe. Der von der Beklagten gewählte Beitragsmaßstab der zulässigen Geschossfläche sei folglich offensichtlich ungeeignet, um eine planfestgestellte Fläche wie die hier im Streit stehende vorteilsgerecht zu veranlagen, weil sich aus dem konkreten Planfeststellungsbeschluss ohne weiteres entnehmen lasse, dass die mit der Planfeststellung verbundene Erhöhung des Nutzungsmaßes gerade nicht mit einer Erhöhung der Inanspruchnahme der Kapazität der öffentlichen Einrichtungen verbunden sein dürfe. Für die Flächen der Flughafensüdseite insgesamt bestehe keine Korrelation zwischen baulicher Ausnutzbarkeit und Erschließungsangebot durch die Kommune, die üblicherweise im Rahmen von Wahrscheinlichkeitsmaßstäben Grundlage für die Beitragserhebung sei.
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Auch die Voraussetzungen für eine, durch das Kommunalabgabengesetz 1996 zugelassene, grundstücksbezogene Nachveranlagung seien nicht erfüllt. Im Falle der Nachveranlagung liege der Beitragserhebung die Überlegung zugrunde, dass die Kommune in diesen Fällen ein Erschließungsangebot mache, das erst geeignet sei, die Eigentümer der Grundstücke in die Lage zu versetzen, dieses erhöhte Nutzungsmaß realisieren zu können. Daran fehle es hier. Die Klägerin habe sich einen erhöhten Vorteil für ihre Grundstücke vielmehr selbst dadurch schaffen müssen, dass sie ihr Entwässerungssystem auf eigene Kosten ausgebaut und ertüchtigt habe. Der Beklagten dagegen sei für die Aufsiedelung der Flughafensüdseite kein zusätzlicher Aufwand entstanden. Dies werde nach den Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses auch nicht in Zukunft der Fall sein.
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Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht auch angenommen, die Frage des Enteisungsabwassers könne hier außer Betracht gelassen werden, weil auf dem streitgegenständlichen Grundstück kein Enteisungsabwasser abgeleitet werde und die Beklagte insgesamt nur einen Schmutzwasserbeitrag erhebe. Die Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses erfassten das Gesamtareal. Anders als bei einer aus dem Baugesetzbuch bekannten Angebotsplanung beschränke die Planfeststellung die Dispositionsfreiheit der Grundstückseigentümer im Bereich des planfestgestellten Areals. Aufgrund dieser Besonderheiten planfestgestellter Flächen sei es nicht sachgerecht, ein einzelnes Grundstück willkürlich herauszugreifen und die beitragsrechtliche Beurteilung dieses Grundstück völlig losgelöst davon vorzunehmen, dass das Grundstück Gegenstand einer Gesamtregelung im Rahmen der Planfeststellung sei und insoweit erheblichen und gegenüber dem Planungsrecht nach dem Baugesetzbuch sehr viel weitergehenden Einschränkungen unterliege. Die Gesamtnutzung des planfestgestellten Areals basiere auf einer grundsätzlichen Trennung zwischen Schmutz- und Niederschlagswasser und überdies darauf, dass nicht das gesamte Schmutzwasser, sondern nur das häusliche Abwasser in die öffentliche Einrichtung der Beklagten abgeleitet werden könne. Vor diesem Hintergrund sei eine einheitliche Betrachtung dahingehend vorzunehmen, dass auch dem hier streitgegenständlichen Grundstück keine vollwertige Schmutzwasserentsorgung geboten werde, weil nur „häusliche Abwässer“ abgeleitet werden könnten.
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Hilfsweise werde im Berufungsverfahren im Wege der Klageerweiterung der Erlass des Abgabeanspruchs nach § 227 AO geltend gemacht. Die Klageänderung sei im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. Sowohl bei der Anfechtungsklage gegen die Beitragserhebung als auch bei der Verpflichtungsklage auf Erlass gehe es im Kern darum, ob hier eine atypische Fallkonstellation gegeben sei, die entweder zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Abgabenbescheids oder (hilfsweise) zu dessen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit führe. Die Atypik ergebe sich daraus, dass die Klägerin nicht nur bezüglich der Nutzung ihrer Grundstücke durch den Planfeststellungsbeschluss beschränkt sei, sondern auch bezüglich der Ver- und Entsorgung dieser Grundstücke. Dieses Ver- und Entsorgungskonzept basiere ausdrücklich auf der von der Beklagten akzeptierten Prämisse, dass durch die Aufsiedelung der Grundstücke der Flughafensüdseite eine über das bisherige Maß hinausgehende Inanspruchnahme der Anlagen der Beklagten nicht erfolgen dürfe. Zudem habe die Beklagte durch ihre Beteiligung an dem Vertrag über die Ableitung und Behandlung des Enteisungsabwassers ausdrücklich akzeptiert, dass die Klägerin auf der Basis eigener erheblicher Investitionen für eine Erweiterung des Klärwerks der Stadt Stuttgart dafür Sorge getragen habe, dass das Enteisungsabwasser insgesamt nicht in die Anlagen der Beklagten eingeleitet werde. Dadurch habe sich die Beklagte insoweit ihrer Entsorgungspflicht für das im Winterhalbjahr anfallende Schmutzwasser (Enteisungsabwasser) des Flughafens entledigt.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.12.2006 - 2 K 1247/05 - zu ändern und den Abwasserbeitragsbescheid der Beklagten vom 14.01.2004 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 aufzuheben,
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hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 23.04.2007 auf ihren Erlassantrag den streitigen Beitrag zu erlassen.
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Die Beklagte beantragt,
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nach Maßgabe des geänderten Klageantrags die Berufung zurückzuweisen.
29 
Da der beitragsrechtliche Vorteil in der Wertsteigerung eines Grundstücks bestehe, die sich aus der Anschlussmöglichkeit und der daraus resultierenden Bebaubarkeit ergebe, komme es bei der Beitragsbemessung nicht auf den Umfang des potenziellen Wasserbedarfs bzw. Abwasseranfalls an. Konsequenterweise komme es bei einer grundstücksbezogenen Nachveranlagung nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 KAG 1996 lediglich auf eine Erhöhung der zulässigen baulichen Nutzung an. Eine einengende Auslegung dahingehend, dass zusätzlich eine Erhöhung der möglichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu verlangen sei, sei angesichts des beitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs nicht geboten.
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Entgegen dem Vortrag der Klägerin bestünden auch keine Einleitungsbeschränkungen dergestalt, dass die Ver- und Entsorgungseinrichtungen der Beklagten nicht in höherem Maße in Anspruch genommen werden dürften als vor der Erhöhung der baulichen Nutzung. Auf Seite 72 des Erläuterungsberichts zum Planfeststellungsbericht werde zwar in diesem Zusammenhang angenommen, dass die Abwassermengen unterhalb der Werte liegen würden, die früher von den US-Streitkräften der Ortskanalisation übergeben worden seien. Dabei handele es sich aber nicht um eine Einleitungsbeschränkung, sondern lediglich um eine Prognose, die belegen solle, dass die Planung voraussichtlich keinen weiteren Bedarf an äußeren Erschließungsmaßnahmen durch die Beklagte auslösen werde. Auf Seite 73 des Erläuterungsberichts werde ausdrücklich betont, dass eine verbindliche Mengenermittlung für das häusliche Abwasser nicht möglich sei.
31 
Die Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Entsorgung des Abwassers stünden der Nachveranlagung ebenfalls nicht entgegen. Die Aufwendungen für die Beseitigung des anfallenden Niederschlagswassers seien bereits deshalb ohne Bedeutung, weil das streitgegenständliche Grundstück nur zu einem (weiteren) Schmutzwasserbeitrag herangezogen und somit nicht mit Kosten der öffentlichen Niederschlagswasserbeseitigung belastet worden sei. Die Aufwendungen für die Beseitigung des im Winter anfallenden Enteisungsabwassers seien - unabhängig von der rechtlichen Einordnung - ebenfalls unbeachtlich, da die Enteisungsabwasserproblematik beitragsrechtlich irrelevant sei und das im vorliegenden Fall veranlagte Grundstück ohnehin nicht tangiere.
32 
In die Klageerweiterung hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags werde ausdrücklich eingewilligt. Eine sachliche Unbilligkeit liege hier jedoch nicht vor. In Fällen, wie dem hier zu beurteilenden, in denen eine Erhöhung der baulichen Nutzungsmöglichkeit nicht zu einer entsprechenden Erhöhung des Bedarfs der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung führe, liege keine vom Gesetzgeber nicht in Kauf genommene unbillige Härte vor. Der beitragsrechtliche Vorteil orientiere sich - wie dargelegt - nicht am Maß der potenziellen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, sondern an der Wertsteigerung des Grundstücks, die sich aus der Anschlussmöglichkeit und der daraus resultierenden Bebaubarkeit ergebe. Da der Wert eines Grundstücks nicht vom Umfang eines potenziellen Wasserbedarfs bzw. Abwasseranfalls abhänge, könne es für die aus der Anschlussmöglichkeit resultierende Wertsteigerung und somit für den beitragsrechtlichen Vorteil des Grundstücks ebenfalls nicht auf diesen Aspekt ankommen. Ein baulich bzw. gewerblich intensiv nutzbares Grundstück erfahre somit aus der Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgungs- bzw. Abwasserbeseitigungseinrichtung auch dann einen adäquaten beitragsrechtlichen Vorteil, wenn mit der baulichen bzw. gewerblichen Nutzungsmöglichkeit kein entsprechend hoher Bedarf an Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung einhergehe. Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn die öffentliche Einrichtung von der Kapazität her nicht geeignet wäre, eine für die zulässige bauliche Nutzung ausreichende Erschließung zu gewährleisten oder wenn angesichts der planungsrechtlich vorgegebenen Nutzung kein Bedarf an Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bestünde. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor.
33 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
34 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.01.2004, mit dem die Klägerin zu einem Schmutzwasserbeitrag herangezogen wurde, und der Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; unten I.). Die im Wege der Klageänderung erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Erlass der Beitragsforderung bleibt ebenfalls erfolglos; sie ist zwar zulässig, aber unbegründet (unten II.).
I.
35 
Die Beklagte stützt den angefochtenen Beitragsbescheid, mit dem das streitgegenständliche Grundstück im Hinblick auf eine erhöhte bauliche Nutzbarkeit nachveranlagt wurde, zu Recht auf § 10 Abs. 4 Satz 1 des hier noch anzuwendenden Kommunalabgabengesetzes vom 28.05.1996, GBl. S. 481 (im Folgenden: KAG 1996) und ihre Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 16.06.2003 i.d.F. vom 15.12.2003 (im Folgenden: AbwS). Von Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke eine Beitragspflicht bereits entstanden ist, können Beiträge erhoben werden, soweit sich die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erhöht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996). Daran anknüpfend hat die Beklagte ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie von dieser gesetzlichen Ermächtigung zur grundstücksbezogenen Nachveranlagung Gebrauch gemacht hat (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Bad.-Württ., Stand September 2009, § 29 RdNr. 2.3). § 31 Abs. 2 Nr. 3 AbwS sieht u.a. vor, dass eine weitere Beitragspflicht entsteht, soweit bei Grundstücken, für die eine Beitragspflicht bereits entstanden ist bzw. durch Bescheid begründet worden ist, die bis zum 29.02.1996 zulässige Geschossflächenzahl oder Geschossfläche bzw. genehmigte höhere Geschossflächen überschritten oder eine größere Geschossflächenzahl oder Geschossfläche allgemein zugelassen wird bzw. zugelassen wurde.
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1. Dass die Verlagerung des ursprünglich auf der Flughafennordseite angesiedelten Frachtbereichs nach Süden und die damit verbundene „Aufsiedelung“ der Flughafensüdseite, wie sie mit Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.09.1999/10.11.2000 zugelassen wurde, zu einer für die Nachveranlagung erforderlichen Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit geführt hat, steht außer Streit.
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2. Auch wenn § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 und die sich daran anschließende satzungsrechtliche Grundlage in § 31 Abs. 2 Nr. 3 AbwS die verbesserte Vorteilslage nicht ausdrücklich als Nachveranlagungstatbestandsmerkmal nennen, gilt auch für Beitragsnachveranlagungen der Grundsatz des § 10 Abs. 1 KAG 1996, wonach Beiträge generell vorteilsbezogen zu bemessen sind. § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 enthält deshalb das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass sich nicht nur die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erhöhen muss, sondern dass sich dadurch auch die Vorteilslage verbessert. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Erhöhung des Nutzungsmaßes für das streitgegenständliche Grundstück führe nicht dazu, dass diesem Grundstück ein erhöhter Vorteil zuteil würde; da die Satzung der Beklagten der Atypik der flughafenbezogenen Nutzung des Geländes nicht gerecht werde und hierfür keinen eigenständigen Maßstab vorsehe, sei sie insoweit unvollständig und damit nichtig. Dem kann nicht gefolgt werden.
38 
a) Anschlussbeiträge (und damit auch Beiträge im Wege der Nacherhebung) können nur von denjenigen Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihrer Grundstücke an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 KAG 1996; § 20 Abs. 1 Satz 2 KAG 2005). Der die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigende Vorteil besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks einhergeht. Der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks hängt wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit ab. Baulich nutzbar ist ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehört (vgl. auch § 3 Abs. 1, § 33 Abs. 3 LBO). Der Vorteil, der einem Eigentümer durch die Möglichkeit des Anschlusses bzw. durch einen tatsächlich hergestellten Anschluss seines Grundstücks an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung geboten wird, besteht dementsprechend in der Gewährleistung der Bebaubarkeit des Grundstücks (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.2009 - 2 S 709/09 - juris; Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 - juris; Urteil vom 19.10.2006 - 2 S 705/04 - VBlBW 2007, 311).
39 
Danach sind Verteilungsmaßstäbe, die auf das Maß der zulässigen Grundstücksnutzung abheben, vorteilsgerechte Maßstäbe, weil der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks - und damit der beitragsrechtliche Vorteil - im Wesentlichen von dem Maß der zulässigen baulichen Nutzung abhängt (BVerwG, Urteil vom 25.08.1982 - 8 C 54.91 - NVwZ 1983, 289; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.12.1985 - 2 S 2689/83 - VBlBW 1986, 142). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Urteil vom 11.12.1986 - 2 S 3160/84 -) zwingt das Vorteilsprinzip den Ortsgesetzgeber ferner grundsätzlich nicht, in der Abwasserbeitragssatzung einen sog. Artzuschlag für gewerblich oder industriell genutzte oder nutzbare Grundstücke vorzusehen (a.A. OVG Münster, Urteil vom 24.10.1995 - 15 A 890/90 - NWVBl. 1996, 232). Denn es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach gewerblich oder industriell nutzbare Grundstücke typischerweise die kommunale Kanalisation stärker beanspruchen als etwa im Falle von Wohnnutzung. Nur dann, wenn an die Kapazität und Qualität einer Kläranlage wegen gewerblicher oder industrieller Abwässer besonders hohe Anforderungen gestellt werden, kann sich die Notwendigkeit einer Differenzierung des Beitragssatzes auch nach der Art der baulichen Nutzung ergeben. In diesen Fällen besteht der Vorteil, den die Eigentümer von Gewerbe- und Industriegrundstücken durch den Anschluss ihrer Grundstücke haben, nicht nur in der Abnahme von Abwässern der üblichen Beschaffenheit und Menge, sondern in der Abnahme und Klärung von stark verschmutzten oder von besonders großen Abwassermengen (vgl. auch Gössl/Reif, aaO, § 31 RdNr. 2.1.3.6). Danach ist die Aufnahme eines Artzuschlags in der Beitragssatzung in Anlehnung an die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte „Typisierungsgrenze“ dann notwendig, wenn ohne eine Artzuschlagsregelung für gewerblich oder industriell genutzte bzw. nutzbare Grundstücke der durch sie verursachte beitragsfähige Mehraufwand eine Mehrbelastung der anderen beitragspflichtigen Grundstücke von mehr als 10 v.H. zur Folge hätte (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.11.1999 - 2 S 3022/89 - Juris).
40 
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung liegt den Regelungen über die Verteilung der Anlagekosten (auch) der Gedanke zugrunde, dass sich die Quantifizierung des Vorteils und damit die Bestimmung der Höhe des Vorteils danach auszurichten hat, in welchem Umfang - bei typisierender Betrachtungsweise - erfahrungsgemäß die öffentliche Einrichtung von den einzelnen Grundstücken jeweils benutzt werden wird (vgl. dazu die Nachweise der Rechtsprechung bei Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 8 RdNr. 276). Die Verteilungsmaßstäbe können allerdings die Relation zwischen dem Umfang der wahrscheinlichen (erfahrungsgemäß zu erwartenden) Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage und den den jeweiligen Grundstücken zukommenden Vorteilen nur grob und unscharf abbilden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung wird sich mit der Erhöhung des Maßes der baulichen Nutzung im Regelfall auch der Umfang der zu erwartenden Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erhöhen. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass innerhalb der einzelnen Nutzungsarten - und insbesondere innerhalb verschiedener gewerblicher oder industrieller Nutzungen - erhebliche Unterschiede bei der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung auftreten können. Insbesondere bei Gewerbe- oder Industriebetrieben, bei denen Abwassermengen aus Produktionsprozessen anfallen, liegt eine Inanspruchnahme in unterschiedlichem Umfang auf der Hand. Da eine Abbildung der zu erwartenden Inanspruchnahme bezogen auf jede einzelne Nutzungsart oder gar innerhalb einer Nutzungsart mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht geleistet werden kann, können die entsprechend größeren Vorteile etwa der Grundstücke, bei denen Abwassermengen aus Produktionsprozessen anfallen, im Rahmen einer zulässigen Typisierung vernachlässigt werden. Dieser - zugegeben - grobe Maßstab für die Quantifizierung des Vorteils bedarf nur dann einer Korrektur, wenn ausnahmsweise die Art der baulichen Nutzung (etwa eine besonders wasserintensive industrielle Produktion) zu einem Umfang der erfahrungsgemäß zu erwartenden Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung führt, der - entsprechend den dargelegten Grundsätzen - zu der Einführung eines Artzuschlags nötigt.
41 
b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen liegen im hier zu beurteilenden Fall keine Besonderheiten vor, die für das streitgegenständliche Grundstück die Verbesserung der Vorteilssituation in Frage stellen könnten.
42 
aa) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, dass die Erhöhung des Nutzungsmaßes auf der Flughafensüdseite gegenüber der vorher bestehenden militärischen Nutzung durch die amerikanischen Streitkräfte gerade nicht zu einer Erhöhung der Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten geführt habe. Dem Verteilungsmaßstab liegt - wie dargelegt - grundsätzlich die Annahme zugrunde, dass Grundstücke, die ein vergleichbares Maß an baulicher Nutzbarkeit aufweisen, auch in etwa in vergleichbarem Umfang die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage in Anspruch nehmen. Erfahrungsgemäß ist also die zu erwartende Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage durch das Grundstück der Klägerin vergleichbar mit dem Umfang der Inanspruchnahme durch ein Grundstück mit einer gleichen Geschossflächenzahl. Im Hinblick darauf, dass der Verteilungsmaßstab aus den genannten Gründen der Praktikabilität die Entwässerungsverhältnisse der einzelnen Grundstücke nur grob abbilden kann, kann eine Atypik und damit ein Mindervorteil nur dann angenommen werden, wenn zu erwarten ist, dass vom zu beurteilenden Grundstück aus die Kanalisation in signifikant geringerem Umfang in Anspruch genommen wird. Ist etwa im Hinblick auf eine besonders starke Beanspruchung der Kläranlage durch industrielle Abwässer ein Artzuschlag angezeigt, so könnte man umgekehrt bei besonders geringer Beanspruchung der Abwasserbeseitigungseinrichtung an einen Abschlag im Falle einer besonders atypischen Nutzung eines Grundstücks denken.
43 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass vom Frachtzentrum der Klägerin im Vergleich zu einem Gebäude mit Wohnnutzung oder mit gewerblicher Nutzung, das das gleiche Nutzungsmaß aufweist, in wesentlich geringerem Umfang Schmutzwasser - hier häusliches Abwasser - der Abwasserbeseitigungsanlage zugeleitet wird. Dies wird im Übrigen auch von der Klägerin nicht substantiiert behauptet. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang insbesondere keine Umstände vorgetragen, die im Hinblick auf die Nutzung ihrer Gebäude als Frachtzentrum auf ein im Vergleich mit anderen Frachtgebäuden atypisch geringen Anfall an Abwasser schließen lassen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte durfte die Beklagte deshalb davon ausgehen, dass die vom Grundstück der Klägerin aus eingeleiteten Abwassermengen in Form von häuslichem Abwasser sich durchaus im Rahmen des - für ein vergleichbar bebautes Grundstück - Üblichen halten. Danach ist die Veranlagung des klägerischen Grundstücks nach dem Maßstab der zulässigen Geschossflächen im Vergleich mit den übrigen Grundstücken im Satzungsgebiet vorteilsgerecht.
44 
Es kann - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht darauf ankommen, ob seit Aufsiedelung der Flughafensüdseite nur noch 12 l/sec. häusliches Abwasser anstatt 20,9 l/sec. zu Zeiten der militärischen Nutzung des Geländes in den Entwässerungsanlagen der Beklagten zu entsorgen sind. Ob eine Beitragserhebung für ein bestimmtes Grundstück im Gebiet einer Abwasserbeseitigungseinrichtung vorteilsgerecht ist, kann nur im Vergleich mit den übrigen Grundstücken des Gebiets, auf die die Gesamtkosten der Einrichtung zu verteilen sind, und niemals bezogen auf das einzelne Grundstück beurteilt werden. Auch ist die konkrete Abwassermenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der Abwasserbeseitigungseinrichtung zugeleitet wird, als Maßstab für die Beitragserhebung mangels Praktikabilität von vornherein ungeeignet. Der Gemeinde müsste die erforderliche Datenbasis nicht nur bezüglich des Flughafengeländes, sondern auch bezüglich aller anderen Grundstücke im Satzungsgebiet zur Verfügung stehen. Der Umfang, in dem die amerikanischen Streitkräfte die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage der Beklagten in Anspruch genommen haben, ist nach alledem für die Beurteilung der Vorteilssituation des klägerischen Grundstücks unerheblich. Es kann damit auch offenbleiben, ob die ursprüngliche Beitragsveranlagung im Jahre 1988 die damalige Art der baulichen Nutzung des Grundstücks durch die amerikanischen Streitkräfte überhaupt vorteilsgerecht berücksichtigt hat.
45 
bb) Zu Unrecht leitet die Klägerin einen Mindervorteil für das streitgegenständliche Grundstück ferner aus dem Umstand ab, dass die bauliche Nutzung des Flughafengeländes durch Planfeststellungsbeschluss konkret festgeschrieben ist, während beim Regelfall einer durch Bebauungsplan zugelassenen baulichen Nutzung eine gewisse Bandbreite von Nutzungsmöglichkeiten für die Grundstücke eröffnet ist. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, bei einer durch Bebauungsplan zugelassenen Bebauung müsse die Kommune - um die gesamte Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks abzudecken - auch Erschließungsleistungen für die gesamte Bandbreite von Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks und damit auch für die umfangreichste Inanspruchnahmemöglichkeit vorhalten. Mit dieser Argumentation verkennt die Klägerin, dass die Art der baulichen Nutzung - abgesehen von den Fällen eines Artzuschlags - für die Bemessung des beitragsrechtlichen Vorteils unerheblich ist. Die Notwendigkeit, den Beitragssatz nach der Art der baulichen Nutzung zu differenzieren, besteht deshalb nicht, weil - wie bereits dargelegt - eine unterschiedliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch einerseits Wohnnutzung und andererseits gewerbliche Nutzung - aber auch innerhalb der verschiedenen gewerblichen oder industriellen Nutzungen - bei generalisierender Betrachtungsweise nicht feststellbar ist. Dem Beitragsmaßstab liegt damit - entgegen der Auffassung der Klägerin - gerade der Gedanke zugrunde, dass für die gesamte Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten - unabhängig davon, ob sie im Wege eines Planfeststellungsbeschlusses oder im Wege eines Bebauungsplanes zugelassen werden - in etwa die gleichen bzw. vergleichbare Erschließungsleistungen vorgehalten werden.
46 
cc) Unerheblich ist auch der Einwand der Klägerin, die Erhöhung des Nutzungsmaßes der Flughafensüdseite habe nicht zu einem entsprechend höheren Erschließungsaufwand für die Beklagte bzw. zur Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus der öffentlichen Einrichtung geführt. § 10 KAG 1996 (heute § 20 Abs. 1 Satz 1 und § 31 Abs. 1 Satz 1 KAG) verpflichtet die Gemeinden, die beitragsfähigen Kosten ihrer öffentlichen Einrichtungen auf die angeschlossenen und anschließbaren Grundstücke nach einem Maßstab abzuwälzen, der sich an dem durch die Anschlussmöglichkeit bzw. den Anschluss gebotenen Vorteil orientiert. Damit hat der Landesgesetzgeber im Interesse der Beitragsgerechtigkeit, aber auch einer praktikablen Beitragserhebung eine Kostenverteilung nach dem sogenannten Verursacherprinzip grundsätzlich ausgeschlossen; damit ist eine Kostenverteilung, die sich nicht an der baulichen Nutzbarkeit der Grundstücke, sondern an dem durch das jeweilige Grundstück verursachten Erschließungsaufwand orientiert, ausgeschlossen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.10.1990 - 2 S 2098/89 - VBlBW 1991, 263). Der Gesetzgeber hat dabei in Kauf genommen, dass beispielsweise gelände- oder standortbedingte Mehrkosten der öffentlichen Einrichtung nicht von den die Mehrkosten auslösenden Grundstückseigentümern, sondern von allen Grundstückseigentümern nach Maßgabe eines vorteilsgerechten Maßstabs getragen werden. Vor diesem Hintergrund spielt es dann aber auch keine Rolle, ob die Aufsiedelung der Flughafensüdseite mit den Kapazitäten der öffentlichen Einrichtung der Beklagten abgedeckt werden kann oder ob in diesem Zusammenhang ein weiterer Ausbau der Einrichtung und damit verbundene Mehrkosten entstehen.
47 
dd) Zu Unrecht rügt die Klägerin ferner, dass dem streitgegenständlichen Grundstück keine vollwertige Schmutzwasserentsorgung geboten werde, weil das auf dem Flughafenareal im Winterhalbjahr anfallende (stark verschmutzte) Enteisungsabwasser nicht abgeleitet werden könne, sondern lediglich die „häuslichen Abwässer“.
48 
Die Satzung der Beklagten differenziert zwischen Grundstücken mit der Möglichkeit, Schmutz- und Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten (Vollanschlussmöglichkeit) und Grundstücken mit der Möglichkeit, nur Schmutzwasser in die öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten (Teilanschlussmöglichkeit); für Grundstücke mit Vollanschlussmöglichkeit und Grundstücke mit Teilanschlussmöglichkeit sieht § 32 AbwS jeweils einen unterschiedlichen Beitragssatz für den öffentlichen Abwasserkanal und den Klärbereich vor. Danach hat die Beklagte das streitgegenständliche Grundstück zutreffend nur zu einem Teilbeitrag für die Möglichkeit, Schmutzwasser in die öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten, veranlagt, weil das Niederschlagswasser des Flughafengeländes insgesamt nicht von der Beklagten entsorgt wird.
49 
Der Teilbeitrag für das streitgegenständliche Grundstück ist bereits deshalb gerechtfertigt, weil das häusliche Abwasser und damit unstreitig Schmutzwasser, abgeleitet wird. Die Situation des Grundstücks unterscheidet sich damit nicht von der Situation eines Grundstücks, das etwa mit einem Büro- oder Wohngebäude bebaut ist und das ebenfalls lediglich Schmutzwasser in Form von häuslichem Abwasser der Einrichtung der Beklagten zuführt. Grundstücke, von denen lediglich Schmutzwasser in Form von häuslichem Abwasser abgeleitet wird, stellen damit den „Normalfall“ dar und können deshalb entsprechend ihrem Maß der baulichen Nutzung zum „normalen“ Teilbeitrag für Schmutzwasser herangezogen werden.
50 
Ein Mindervorteil für das Grundstück der Klägerin kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass auf dem Grundstück kein Abwasser aus Produktionsprozessen anfällt. Gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke, bei denen stark verschmutzte oder unverhältnismäßig hohe Abwassermengen aus Produktionsprozessen anfallen, müssen unter den genannten Voraussetzungen durch einen Artzuschlag mit höheren Abwasserbeiträgen belastet werden. Liegen dagegen die Voraussetzungen eines Artzuschlags bei einem gewerblich oder industriell genutzten Grundstück noch nicht vor, so sind die entsprechend größeren Vorteile dieser Grundstücke, die ihnen durch die Möglichkeit eröffnet ist, auch Abwasser aus Produktionsprozessen zu entsorgen, wie dargelegt unter Typisierungsgesichtspunkten hinzunehmen und damit zu vernachlässigen. Umgekehrt führt aber das Nichteinleiten von Abwasser aus Produktionsprozessen nicht zu einem Mindervorteil.
51 
Eine atypische Vorteilssituation kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit, das auf der Flughafensüdseite anfallende Enteisungsabwasser in der Einrichtung der Beklagten zu entsorgen, angenommen werden. Selbst wenn man mit der Klägerin das Enteisungsabwasser nicht als Niederschlags-, sondern als Schmutzwasser im Sinne von § 32 AbwS qualifizieren würde, würde es - jedenfalls bezogen auf das hier zu beurteilende Grundstück - an einem Mindervorteil bereits deshalb fehlen, weil auf diesem Grundstück unstreitig Enteisungsabwasser nicht anfällt und folglich das gesamte Schmutzwasser des Grundstücks auch tatsächlich entsorgt werden kann.
52 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Klägerin, es müsse nicht jedes einzelne Grundstück der Flughafensüdseite für sich genommen, sondern das Gesamtareal beitragsrechtlich beurteilt werden. Im Beitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz ist ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht nach dem Bundesbaugesetz aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom Grundstücksbegriff im grundbuchrechtlichen Sinne auszugehen. Ein Abweichen von diesem Buchgrundstücksbegriff und ein Abstellen auf den Begriff der wirtschaftlichen Grundstückseinheit, für den maßgebend ist, ob zusammenhängende Flächen - unabhängig von ihrer katastermäßigen Einheit - ein wirtschaftliches Ganzes bilden und demselben Eigentümer gehören, rechtfertigt sich nur dann ausnahmsweise, wenn es nach Inhalt und Sinn des Beitragsrechts gröblich unangemessen wäre, am Buchgrundstücksbegriff festzuhalten (allgemeine Meinung, vgl. Driehaus, aaO, § 8 RdNrn. 392, 394; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.06.1989 - 2 S 2202/87 -). Ein nach Inhalt und Sinn gröblich unangemessenes Ergebnis bei Anwendung des Buchgrundstücksbegriffs tritt danach nur dann ein, wenn sie dazu führt, dass ein mangels hinreichender Größe allein nicht nutzbares Grundstück, das aus diesem Grunde einem Unland ohne Gebrauchswert gleichkommt, bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands völlig unberücksichtigt bleiben muss, obwohl es zusammen mit einem oder mehreren angrenzenden Grundstücken des gleichen Eigentümers angemessen genutzt werden kann. Infolgedessen ist kein Raum für ein Abweichen vom Buchgrundstücksbegriff, wenn das Grundstück - wie hier - bereits selbständig angemessen bebaubar und damit nutzbar ist.
53 
Unabhängig davon ist das Festhalten am Buchgrundstücksbegriff hier auch deshalb nicht gröblich unangemessen, weil die „Rollbahngrundstücke“ des Flughafens, die das im Winterhalbjahr anfallende stark verschmutzte Enteisungsabwasser der Kläranlage in Stuttgart und nicht der Anlage der Beklagten zuführen, von der Beklagten überhaupt nicht zu einem Beitrag veranlagt wurden. Wenn die Beklagte aber bereits große Flächen des Gesamtareals Flughafen im Hinblick auf einen fehlenden Vorteil von der Veranlagung ausgenommen hat, besteht von vornherein kein Anlass, die gesamten Flächen des Flughafens beitragsrechtlich als ein wirtschaftliches Ganzes anzusehen.
54 
ee) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zur Begründung einer atypischen Vorteilssituation ferner auf das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12.07.2007 (Az. 5 B 565/05). Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat sinngemäß entschieden, dass Grundstücke, die auf der Grundlage eines Entwässerungskonzepts die gesamten anfallenden Abwässer in eigenen Behandlungsanlagen entsorgen und damit vom Einzugsbereich der öffentlichen Einrichtung ausgenommen sind, von dieser keinen beitragsrelevanten Vorteil erfahren und deshalb nicht auf der Flächenseite der Globalberechnung berücksichtigt werden müssen. Die von der Beklagten veranlagten Grundstücke der Flughafensüdseite sind aber gerade nicht vom Einzugsbereich der öffentlichen Einrichtung der Beklagten ausgenommen, sondern hinsichtlich der Beseitigung des Schmutzwassers tatsächlich angeschlossen. Nur für diesen Vorteil werden die Grundstücke auch veranlagt.
55 
ff) Schließlich kann ein Mindervorteil für die Grundstücke der Klägerin auch nicht damit begründet werden, dass ihr für die innere und äußere Erschließung des Flughafengeländes und in diesem Zusammenhang insbesondere für die Entsorgung des Enteisungsabwassers in der Kläranlage Stuttgart erhebliche Aufwendungen entstanden sind. Dass die Kosten für die innere Erschließung des Flughafengeländes von der Klägerin und nicht von der Allgemeinheit zu tragen sind, versteht sich von selbst und bedarf keiner weiteren Begründung. Auch die Kosten für die Entsorgung des Enteisungsabwassers in der Kläranlage Stuttgart sind für die Bemessung des Beitrags für das streitgegenständliche Grundstück rechtlich unerheblich. Auf diesem Grundstück fällt ebenso wie auf den anderen Grundstücken, die mit dem Frachtzentrum des Flughafens bebaut sind, kein zu entsorgendes Enteisungsabwasser an. Dass nicht das Gesamtareal der Flughafensüdseite, sondern jedes einzelne Grundstück für sich genommen beitragsrechtlich zu beurteilen ist, hat der Senat bereits dargelegt und erläutert.
56 
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht auch der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung im Wege der Nachveranlagung nicht entgegen. Der Grundsatz der Einmaligkeit bedeutet, dass derselbe Vorteil nicht mehrmals beitragspflichtig gemacht werden kann. Wenn sich aber die Verhältnisse bei dem Grundstück, für das bereits eine Beitragspflicht entstanden ist, derart ändern, dass dem Grundstückseigentümer aus der öffentlichen Einrichtung zusätzliche Vorteile entstehen, können diese neuen Vorteile - wenn sich die Gemeinde wie hier eine Nachveranlagung der Grundstücke durch eine zulässige satzungsrechtliche Regelung vorbehalten hat - zum Anlass genommen werden, um das Grundstück zu einem weiteren Beitrag zu veranlagen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.06.1989, aaO). Durch die Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks sind der Klägerin aber - wie unter 2. dargelegt - auch zusätzliche Vorteile zugeflossen.
57 
4. Auch die Höhe des geltend gemachten Beitrags hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang für das streitgegenständliche Grundstück, das eine Grundstücksfläche von 5.162 m² aufweist, zutreffend eine Erhöhung der Geschossflächenzahl von 0,8 (bei der erstmaligen Beitragsveranlagung) auf 2,57 angenommen. Im Einzelnen:
58 
Das Maß der baulichen Nutzung wird gemäß § 16 BauNVO bestimmt durch die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl, die Baumassenzahl, die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen. Vor diesem Hintergrund sieht § 25 Satz 1 AbwS als Beitragsmaßstab für den Abwasserbeitrag die zulässige Geschossfläche vor. Diese ergibt sich durch Vervielfachung der Grundstücksfläche mit der Geschossflächenzahl. Für die Beurteilung der baulichen Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks zum Zeitpunkt der erstmaligen Veranlagung hat sich die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von folgenden Überlegungen leiten lassen: Die Erstveranlagung erfolgte durch das Schreiben der Beklagten vom 17.05.1988, mit dem von den amerikanischen Streitkräften für das damalige Grundstück Flst.-Nr. ... ein Abwasserbeitrag angefordert wurde. Da im Beitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom Grundstücksbegriff im grundbuchrechtlichen Sinne auszugehen ist, erfasst die damalige Beitragserhebung das Gesamtgrundstück Flst.-Nr. ... und damit automatisch auch die Teilfläche, die das nunmehr streitige Grundstück Flst.-Nr. ... bildet. Der Beitragserhebung im Jahre 1988 lag, wie sich aus dem an das Bundesvermögensamt gerichteten Erläuterungsschreiben der Beklagten vom 24.05.1988 ergibt, die Annahme von zwei Vollgeschossen und eine Geschossflächenzahl von 0,8 zugrunde. Dementsprechend hat die Beklagte für die ursprüngliche Beitragsveranlagung als Maßstab eine Geschossfläche von 4.130 m² zugrunde gelegt, die sich aus einer „hypothetischen“ Grundstücksfläche von 5.162 m² (entsprechend der heutigen Fläche des Grundstücks Flst.-Nr. ...) multipliziert mit der Geschossflächenzahl von 0,8 errechnet. Substantiierte Einwendungen gegen den für die Nachveranlagung maßgeblichen Ausgangswert hat die Klägerin nicht erhoben, sie sind für das Gericht im Übrigen auch nicht ersichtlich.
59 
Auch den Umfang, in dem sich die bauliche Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks nunmehr erhöht hat, hat die Beklagte zutreffend ermittelt. Auszugehen ist von den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.09.1999/10.11.2000, wonach für das Grundstück u.a. eine Baumassenzahl von 9,0 festgesetzt wird. Für den Fall der Festsetzung einer Baumassenzahl anstatt der Geschossfläche sieht § 27 Abs. 2 AbwS vor, dass sich die Geschossflächenzahl aus der Teilung der Baumassenzahl durch 3,5 ergibt; dabei werden Bruchzahlen auf zwei Stellen hinter dem Komma bis einschließlich 0,0050 abgerundet und solche über 0,0050 aufgerundet (§ 27 Abs. 2 Satz 2 AbwS). Dementsprechend ergibt sich auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses eine Geschossflächenzahl von 2,57 und daraus folgend bei gleichbleibender Grundstücksfläche eine Geschossfläche von 13.266 m². Als Maßstab für die Nacherhebung errechnet sich danach eine Geschossfläche von 9.136 m² (Endwert von 13.266 m² abzüglich Anfangswert von 4.130 m²), die die Beklagte mit ihrem Beitragssatz für eine Teilanschlussmöglichkeit (hier: Einleitung des Schmutz-, aber nicht des Niederschlagswassers) nach § 32 Abs. 2 AbwS multipliziert hat. Auch gegen die Berechnung des der Nachveranlagung zugrunde gelegten erhöhten Nutzungsmaßes hat die Klägerin substantiierte Einwendungen nicht erhoben.
60 
5. Soweit die Klägerin darüber hinaus pauschal auf ihr Vorbringen in erster Instanz verweist und dies zum Gegenstand des Berufungsverfahrens macht, nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 130b Satz 2 VwGO).
II.
61 
Das Verpflichtungsbegehren auf Erlass der Beitragsforderung bleibt ebenfalls erfolglos.
62 
1. Über diesen erstmals mit Schriftsatz vom 22.09.2006 im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag ist - nach Abweisung des Hauptantrags als unbegründet - ebenfalls zu entscheiden. Dieser weitere Antrag ist als nachträgliche objektive Klagehäufung anzusehen und deshalb als Klageänderung in Gestalt der Klageerweiterung nach §§ 44, 91 VwGO zu behandeln, die nach § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch in der Berufungsinstanz grundsätzlich möglich ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 91 RdNr. 21). Die Zulässigkeit der Klageänderung ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Einwilligung der Beklagten nach § 91 Abs. 1 1. Alt. VwGO. Schließlich ist die geänderte bzw. erweiterte Klage auch zulässig (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 - BVerwGE 61, 45). Insbesondere fehlt es nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die Klage auf Erlass eines Beitrags nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, so dass gemäß § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zuständig ist. Durch die Möglichkeit einer Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13.03.1996 - 6 B 16.96 - Buchholz 310 § 130 VwGO Nr. 15). Schließlich steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht entgegen, dass bezüglich des Erlassantrags das durch § 68 VwGO grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren nicht durchgeführt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hält in ständiger Rechtsprechung aus Gründen der Prozessökonomie und in Einklang mit dem Regelungszweck des § 68 VwGO über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ein Vorverfahren regelmäßig für entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Entscheidend ist dabei, ob dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder sich sein Zweck ohnehin nicht mehr erreichen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2.93 - BVerwGE 95, 321). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn dem Zweck des Vorverfahrens ist dadurch genügt worden, dass sich die Beklagte als zuständige Widerspruchsbehörde auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt hat.
63 
2. Die Klage auf Erlass der Beitragsforderung ist aber unbegründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Beitragserlass aus Gründen der sachlichen Unbilligkeit nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO oder § 227 AO liegen nicht vor.
64 
Sachliche Billigkeitsgründe sind nach Auffassung der Rechtsprechung dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Dass dabei nicht das (in der Regel ohnehin nicht zuverlässig bekannte) subjektive Wollen der am Gesetzgebungsprozess beteiligten Personen, sondern der im Gesetz objektivierte Wille des Gesetzgebers als Institution gemeint ist, versteht sich. Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass dagegen nicht rechtfertigen, sondern sind allenfalls durch eine Gesetzeskorrektur zu beheben (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.12.1994 - 2 BvR 89/91 - NVwZ 1995, 989; Loose in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Kommentar, § 227 Rdnr. 40; Rüsken in: Klein, Abgabenordnung, aaO, § 163 RdNrn. 32 und 33). Hiervon ausgehend ist die Einziehung eines Anspruchs aus einem Abgabenschuldverhältnis aus sachlichen Gründen insbesondere dann unbillig, wenn dies dem Gebot der Gleichheit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen würde. Dies ist hier bereits deshalb nicht der Fall, weil für das streitgegenständliche Grundstück eine atypische Vorteilssituation nicht angenommen werden kann und deshalb eine - im Vergleich zum satzungsrechtlichen „Normalfall“ - nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht vorliegt; insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen unter I., 2. b) verwiesen werden.
65 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
66 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
67 
Beschluss vom 12. November 2009
68 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 68.063,20 EUR festgesetzt.
69 
Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch ist bei der Festsetzung des Streitwerts nicht gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen, da beide Ansprüche denselben Gegenstand betreffen und somit nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend ist. Die Frage, ob ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen ist, erfordert eine wirtschaftliche Betrachtung. Eine Zusammenrechnung hat grundsätzlich nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Haupt- und Hilfsantrag eine „wirtschaftliche Werthäufung“ entsteht (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 06.10.2004 - IV ZR 287/03 - NJW-RR 2005, 506 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil eine gleichzeitige Zuerkennung des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung des Beitragsbescheids und des mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruchs auf Erlass des Beitrags nicht in Betracht kommt. Hinter beiden Anträgen steht das gleiche wirtschaftliche Interesse, nämlich der Wunsch der Klägerin, den von der Beklagten geforderten Beitrag letztendlich nicht bezahlen zu müssen.
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
34 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.01.2004, mit dem die Klägerin zu einem Schmutzwasserbeitrag herangezogen wurde, und der Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; unten I.). Die im Wege der Klageänderung erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Erlass der Beitragsforderung bleibt ebenfalls erfolglos; sie ist zwar zulässig, aber unbegründet (unten II.).
I.
35 
Die Beklagte stützt den angefochtenen Beitragsbescheid, mit dem das streitgegenständliche Grundstück im Hinblick auf eine erhöhte bauliche Nutzbarkeit nachveranlagt wurde, zu Recht auf § 10 Abs. 4 Satz 1 des hier noch anzuwendenden Kommunalabgabengesetzes vom 28.05.1996, GBl. S. 481 (im Folgenden: KAG 1996) und ihre Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 16.06.2003 i.d.F. vom 15.12.2003 (im Folgenden: AbwS). Von Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke eine Beitragspflicht bereits entstanden ist, können Beiträge erhoben werden, soweit sich die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erhöht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996). Daran anknüpfend hat die Beklagte ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie von dieser gesetzlichen Ermächtigung zur grundstücksbezogenen Nachveranlagung Gebrauch gemacht hat (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Bad.-Württ., Stand September 2009, § 29 RdNr. 2.3). § 31 Abs. 2 Nr. 3 AbwS sieht u.a. vor, dass eine weitere Beitragspflicht entsteht, soweit bei Grundstücken, für die eine Beitragspflicht bereits entstanden ist bzw. durch Bescheid begründet worden ist, die bis zum 29.02.1996 zulässige Geschossflächenzahl oder Geschossfläche bzw. genehmigte höhere Geschossflächen überschritten oder eine größere Geschossflächenzahl oder Geschossfläche allgemein zugelassen wird bzw. zugelassen wurde.
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1. Dass die Verlagerung des ursprünglich auf der Flughafennordseite angesiedelten Frachtbereichs nach Süden und die damit verbundene „Aufsiedelung“ der Flughafensüdseite, wie sie mit Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.09.1999/10.11.2000 zugelassen wurde, zu einer für die Nachveranlagung erforderlichen Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit geführt hat, steht außer Streit.
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2. Auch wenn § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 und die sich daran anschließende satzungsrechtliche Grundlage in § 31 Abs. 2 Nr. 3 AbwS die verbesserte Vorteilslage nicht ausdrücklich als Nachveranlagungstatbestandsmerkmal nennen, gilt auch für Beitragsnachveranlagungen der Grundsatz des § 10 Abs. 1 KAG 1996, wonach Beiträge generell vorteilsbezogen zu bemessen sind. § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 enthält deshalb das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass sich nicht nur die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erhöhen muss, sondern dass sich dadurch auch die Vorteilslage verbessert. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Erhöhung des Nutzungsmaßes für das streitgegenständliche Grundstück führe nicht dazu, dass diesem Grundstück ein erhöhter Vorteil zuteil würde; da die Satzung der Beklagten der Atypik der flughafenbezogenen Nutzung des Geländes nicht gerecht werde und hierfür keinen eigenständigen Maßstab vorsehe, sei sie insoweit unvollständig und damit nichtig. Dem kann nicht gefolgt werden.
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a) Anschlussbeiträge (und damit auch Beiträge im Wege der Nacherhebung) können nur von denjenigen Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihrer Grundstücke an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 KAG 1996; § 20 Abs. 1 Satz 2 KAG 2005). Der die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigende Vorteil besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks einhergeht. Der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks hängt wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit ab. Baulich nutzbar ist ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehört (vgl. auch § 3 Abs. 1, § 33 Abs. 3 LBO). Der Vorteil, der einem Eigentümer durch die Möglichkeit des Anschlusses bzw. durch einen tatsächlich hergestellten Anschluss seines Grundstücks an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung geboten wird, besteht dementsprechend in der Gewährleistung der Bebaubarkeit des Grundstücks (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.2009 - 2 S 709/09 - juris; Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 - juris; Urteil vom 19.10.2006 - 2 S 705/04 - VBlBW 2007, 311).
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Danach sind Verteilungsmaßstäbe, die auf das Maß der zulässigen Grundstücksnutzung abheben, vorteilsgerechte Maßstäbe, weil der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks - und damit der beitragsrechtliche Vorteil - im Wesentlichen von dem Maß der zulässigen baulichen Nutzung abhängt (BVerwG, Urteil vom 25.08.1982 - 8 C 54.91 - NVwZ 1983, 289; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.12.1985 - 2 S 2689/83 - VBlBW 1986, 142). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Urteil vom 11.12.1986 - 2 S 3160/84 -) zwingt das Vorteilsprinzip den Ortsgesetzgeber ferner grundsätzlich nicht, in der Abwasserbeitragssatzung einen sog. Artzuschlag für gewerblich oder industriell genutzte oder nutzbare Grundstücke vorzusehen (a.A. OVG Münster, Urteil vom 24.10.1995 - 15 A 890/90 - NWVBl. 1996, 232). Denn es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach gewerblich oder industriell nutzbare Grundstücke typischerweise die kommunale Kanalisation stärker beanspruchen als etwa im Falle von Wohnnutzung. Nur dann, wenn an die Kapazität und Qualität einer Kläranlage wegen gewerblicher oder industrieller Abwässer besonders hohe Anforderungen gestellt werden, kann sich die Notwendigkeit einer Differenzierung des Beitragssatzes auch nach der Art der baulichen Nutzung ergeben. In diesen Fällen besteht der Vorteil, den die Eigentümer von Gewerbe- und Industriegrundstücken durch den Anschluss ihrer Grundstücke haben, nicht nur in der Abnahme von Abwässern der üblichen Beschaffenheit und Menge, sondern in der Abnahme und Klärung von stark verschmutzten oder von besonders großen Abwassermengen (vgl. auch Gössl/Reif, aaO, § 31 RdNr. 2.1.3.6). Danach ist die Aufnahme eines Artzuschlags in der Beitragssatzung in Anlehnung an die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte „Typisierungsgrenze“ dann notwendig, wenn ohne eine Artzuschlagsregelung für gewerblich oder industriell genutzte bzw. nutzbare Grundstücke der durch sie verursachte beitragsfähige Mehraufwand eine Mehrbelastung der anderen beitragspflichtigen Grundstücke von mehr als 10 v.H. zur Folge hätte (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.11.1999 - 2 S 3022/89 - Juris).
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Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung liegt den Regelungen über die Verteilung der Anlagekosten (auch) der Gedanke zugrunde, dass sich die Quantifizierung des Vorteils und damit die Bestimmung der Höhe des Vorteils danach auszurichten hat, in welchem Umfang - bei typisierender Betrachtungsweise - erfahrungsgemäß die öffentliche Einrichtung von den einzelnen Grundstücken jeweils benutzt werden wird (vgl. dazu die Nachweise der Rechtsprechung bei Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 8 RdNr. 276). Die Verteilungsmaßstäbe können allerdings die Relation zwischen dem Umfang der wahrscheinlichen (erfahrungsgemäß zu erwartenden) Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage und den den jeweiligen Grundstücken zukommenden Vorteilen nur grob und unscharf abbilden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung wird sich mit der Erhöhung des Maßes der baulichen Nutzung im Regelfall auch der Umfang der zu erwartenden Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erhöhen. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass innerhalb der einzelnen Nutzungsarten - und insbesondere innerhalb verschiedener gewerblicher oder industrieller Nutzungen - erhebliche Unterschiede bei der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung auftreten können. Insbesondere bei Gewerbe- oder Industriebetrieben, bei denen Abwassermengen aus Produktionsprozessen anfallen, liegt eine Inanspruchnahme in unterschiedlichem Umfang auf der Hand. Da eine Abbildung der zu erwartenden Inanspruchnahme bezogen auf jede einzelne Nutzungsart oder gar innerhalb einer Nutzungsart mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht geleistet werden kann, können die entsprechend größeren Vorteile etwa der Grundstücke, bei denen Abwassermengen aus Produktionsprozessen anfallen, im Rahmen einer zulässigen Typisierung vernachlässigt werden. Dieser - zugegeben - grobe Maßstab für die Quantifizierung des Vorteils bedarf nur dann einer Korrektur, wenn ausnahmsweise die Art der baulichen Nutzung (etwa eine besonders wasserintensive industrielle Produktion) zu einem Umfang der erfahrungsgemäß zu erwartenden Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung führt, der - entsprechend den dargelegten Grundsätzen - zu der Einführung eines Artzuschlags nötigt.
41 
b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen liegen im hier zu beurteilenden Fall keine Besonderheiten vor, die für das streitgegenständliche Grundstück die Verbesserung der Vorteilssituation in Frage stellen könnten.
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aa) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, dass die Erhöhung des Nutzungsmaßes auf der Flughafensüdseite gegenüber der vorher bestehenden militärischen Nutzung durch die amerikanischen Streitkräfte gerade nicht zu einer Erhöhung der Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten geführt habe. Dem Verteilungsmaßstab liegt - wie dargelegt - grundsätzlich die Annahme zugrunde, dass Grundstücke, die ein vergleichbares Maß an baulicher Nutzbarkeit aufweisen, auch in etwa in vergleichbarem Umfang die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage in Anspruch nehmen. Erfahrungsgemäß ist also die zu erwartende Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage durch das Grundstück der Klägerin vergleichbar mit dem Umfang der Inanspruchnahme durch ein Grundstück mit einer gleichen Geschossflächenzahl. Im Hinblick darauf, dass der Verteilungsmaßstab aus den genannten Gründen der Praktikabilität die Entwässerungsverhältnisse der einzelnen Grundstücke nur grob abbilden kann, kann eine Atypik und damit ein Mindervorteil nur dann angenommen werden, wenn zu erwarten ist, dass vom zu beurteilenden Grundstück aus die Kanalisation in signifikant geringerem Umfang in Anspruch genommen wird. Ist etwa im Hinblick auf eine besonders starke Beanspruchung der Kläranlage durch industrielle Abwässer ein Artzuschlag angezeigt, so könnte man umgekehrt bei besonders geringer Beanspruchung der Abwasserbeseitigungseinrichtung an einen Abschlag im Falle einer besonders atypischen Nutzung eines Grundstücks denken.
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Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass vom Frachtzentrum der Klägerin im Vergleich zu einem Gebäude mit Wohnnutzung oder mit gewerblicher Nutzung, das das gleiche Nutzungsmaß aufweist, in wesentlich geringerem Umfang Schmutzwasser - hier häusliches Abwasser - der Abwasserbeseitigungsanlage zugeleitet wird. Dies wird im Übrigen auch von der Klägerin nicht substantiiert behauptet. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang insbesondere keine Umstände vorgetragen, die im Hinblick auf die Nutzung ihrer Gebäude als Frachtzentrum auf ein im Vergleich mit anderen Frachtgebäuden atypisch geringen Anfall an Abwasser schließen lassen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte durfte die Beklagte deshalb davon ausgehen, dass die vom Grundstück der Klägerin aus eingeleiteten Abwassermengen in Form von häuslichem Abwasser sich durchaus im Rahmen des - für ein vergleichbar bebautes Grundstück - Üblichen halten. Danach ist die Veranlagung des klägerischen Grundstücks nach dem Maßstab der zulässigen Geschossflächen im Vergleich mit den übrigen Grundstücken im Satzungsgebiet vorteilsgerecht.
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Es kann - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht darauf ankommen, ob seit Aufsiedelung der Flughafensüdseite nur noch 12 l/sec. häusliches Abwasser anstatt 20,9 l/sec. zu Zeiten der militärischen Nutzung des Geländes in den Entwässerungsanlagen der Beklagten zu entsorgen sind. Ob eine Beitragserhebung für ein bestimmtes Grundstück im Gebiet einer Abwasserbeseitigungseinrichtung vorteilsgerecht ist, kann nur im Vergleich mit den übrigen Grundstücken des Gebiets, auf die die Gesamtkosten der Einrichtung zu verteilen sind, und niemals bezogen auf das einzelne Grundstück beurteilt werden. Auch ist die konkrete Abwassermenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der Abwasserbeseitigungseinrichtung zugeleitet wird, als Maßstab für die Beitragserhebung mangels Praktikabilität von vornherein ungeeignet. Der Gemeinde müsste die erforderliche Datenbasis nicht nur bezüglich des Flughafengeländes, sondern auch bezüglich aller anderen Grundstücke im Satzungsgebiet zur Verfügung stehen. Der Umfang, in dem die amerikanischen Streitkräfte die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage der Beklagten in Anspruch genommen haben, ist nach alledem für die Beurteilung der Vorteilssituation des klägerischen Grundstücks unerheblich. Es kann damit auch offenbleiben, ob die ursprüngliche Beitragsveranlagung im Jahre 1988 die damalige Art der baulichen Nutzung des Grundstücks durch die amerikanischen Streitkräfte überhaupt vorteilsgerecht berücksichtigt hat.
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bb) Zu Unrecht leitet die Klägerin einen Mindervorteil für das streitgegenständliche Grundstück ferner aus dem Umstand ab, dass die bauliche Nutzung des Flughafengeländes durch Planfeststellungsbeschluss konkret festgeschrieben ist, während beim Regelfall einer durch Bebauungsplan zugelassenen baulichen Nutzung eine gewisse Bandbreite von Nutzungsmöglichkeiten für die Grundstücke eröffnet ist. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, bei einer durch Bebauungsplan zugelassenen Bebauung müsse die Kommune - um die gesamte Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks abzudecken - auch Erschließungsleistungen für die gesamte Bandbreite von Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks und damit auch für die umfangreichste Inanspruchnahmemöglichkeit vorhalten. Mit dieser Argumentation verkennt die Klägerin, dass die Art der baulichen Nutzung - abgesehen von den Fällen eines Artzuschlags - für die Bemessung des beitragsrechtlichen Vorteils unerheblich ist. Die Notwendigkeit, den Beitragssatz nach der Art der baulichen Nutzung zu differenzieren, besteht deshalb nicht, weil - wie bereits dargelegt - eine unterschiedliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch einerseits Wohnnutzung und andererseits gewerbliche Nutzung - aber auch innerhalb der verschiedenen gewerblichen oder industriellen Nutzungen - bei generalisierender Betrachtungsweise nicht feststellbar ist. Dem Beitragsmaßstab liegt damit - entgegen der Auffassung der Klägerin - gerade der Gedanke zugrunde, dass für die gesamte Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten - unabhängig davon, ob sie im Wege eines Planfeststellungsbeschlusses oder im Wege eines Bebauungsplanes zugelassen werden - in etwa die gleichen bzw. vergleichbare Erschließungsleistungen vorgehalten werden.
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cc) Unerheblich ist auch der Einwand der Klägerin, die Erhöhung des Nutzungsmaßes der Flughafensüdseite habe nicht zu einem entsprechend höheren Erschließungsaufwand für die Beklagte bzw. zur Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus der öffentlichen Einrichtung geführt. § 10 KAG 1996 (heute § 20 Abs. 1 Satz 1 und § 31 Abs. 1 Satz 1 KAG) verpflichtet die Gemeinden, die beitragsfähigen Kosten ihrer öffentlichen Einrichtungen auf die angeschlossenen und anschließbaren Grundstücke nach einem Maßstab abzuwälzen, der sich an dem durch die Anschlussmöglichkeit bzw. den Anschluss gebotenen Vorteil orientiert. Damit hat der Landesgesetzgeber im Interesse der Beitragsgerechtigkeit, aber auch einer praktikablen Beitragserhebung eine Kostenverteilung nach dem sogenannten Verursacherprinzip grundsätzlich ausgeschlossen; damit ist eine Kostenverteilung, die sich nicht an der baulichen Nutzbarkeit der Grundstücke, sondern an dem durch das jeweilige Grundstück verursachten Erschließungsaufwand orientiert, ausgeschlossen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.10.1990 - 2 S 2098/89 - VBlBW 1991, 263). Der Gesetzgeber hat dabei in Kauf genommen, dass beispielsweise gelände- oder standortbedingte Mehrkosten der öffentlichen Einrichtung nicht von den die Mehrkosten auslösenden Grundstückseigentümern, sondern von allen Grundstückseigentümern nach Maßgabe eines vorteilsgerechten Maßstabs getragen werden. Vor diesem Hintergrund spielt es dann aber auch keine Rolle, ob die Aufsiedelung der Flughafensüdseite mit den Kapazitäten der öffentlichen Einrichtung der Beklagten abgedeckt werden kann oder ob in diesem Zusammenhang ein weiterer Ausbau der Einrichtung und damit verbundene Mehrkosten entstehen.
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dd) Zu Unrecht rügt die Klägerin ferner, dass dem streitgegenständlichen Grundstück keine vollwertige Schmutzwasserentsorgung geboten werde, weil das auf dem Flughafenareal im Winterhalbjahr anfallende (stark verschmutzte) Enteisungsabwasser nicht abgeleitet werden könne, sondern lediglich die „häuslichen Abwässer“.
48 
Die Satzung der Beklagten differenziert zwischen Grundstücken mit der Möglichkeit, Schmutz- und Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten (Vollanschlussmöglichkeit) und Grundstücken mit der Möglichkeit, nur Schmutzwasser in die öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten (Teilanschlussmöglichkeit); für Grundstücke mit Vollanschlussmöglichkeit und Grundstücke mit Teilanschlussmöglichkeit sieht § 32 AbwS jeweils einen unterschiedlichen Beitragssatz für den öffentlichen Abwasserkanal und den Klärbereich vor. Danach hat die Beklagte das streitgegenständliche Grundstück zutreffend nur zu einem Teilbeitrag für die Möglichkeit, Schmutzwasser in die öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten, veranlagt, weil das Niederschlagswasser des Flughafengeländes insgesamt nicht von der Beklagten entsorgt wird.
49 
Der Teilbeitrag für das streitgegenständliche Grundstück ist bereits deshalb gerechtfertigt, weil das häusliche Abwasser und damit unstreitig Schmutzwasser, abgeleitet wird. Die Situation des Grundstücks unterscheidet sich damit nicht von der Situation eines Grundstücks, das etwa mit einem Büro- oder Wohngebäude bebaut ist und das ebenfalls lediglich Schmutzwasser in Form von häuslichem Abwasser der Einrichtung der Beklagten zuführt. Grundstücke, von denen lediglich Schmutzwasser in Form von häuslichem Abwasser abgeleitet wird, stellen damit den „Normalfall“ dar und können deshalb entsprechend ihrem Maß der baulichen Nutzung zum „normalen“ Teilbeitrag für Schmutzwasser herangezogen werden.
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Ein Mindervorteil für das Grundstück der Klägerin kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass auf dem Grundstück kein Abwasser aus Produktionsprozessen anfällt. Gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke, bei denen stark verschmutzte oder unverhältnismäßig hohe Abwassermengen aus Produktionsprozessen anfallen, müssen unter den genannten Voraussetzungen durch einen Artzuschlag mit höheren Abwasserbeiträgen belastet werden. Liegen dagegen die Voraussetzungen eines Artzuschlags bei einem gewerblich oder industriell genutzten Grundstück noch nicht vor, so sind die entsprechend größeren Vorteile dieser Grundstücke, die ihnen durch die Möglichkeit eröffnet ist, auch Abwasser aus Produktionsprozessen zu entsorgen, wie dargelegt unter Typisierungsgesichtspunkten hinzunehmen und damit zu vernachlässigen. Umgekehrt führt aber das Nichteinleiten von Abwasser aus Produktionsprozessen nicht zu einem Mindervorteil.
51 
Eine atypische Vorteilssituation kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit, das auf der Flughafensüdseite anfallende Enteisungsabwasser in der Einrichtung der Beklagten zu entsorgen, angenommen werden. Selbst wenn man mit der Klägerin das Enteisungsabwasser nicht als Niederschlags-, sondern als Schmutzwasser im Sinne von § 32 AbwS qualifizieren würde, würde es - jedenfalls bezogen auf das hier zu beurteilende Grundstück - an einem Mindervorteil bereits deshalb fehlen, weil auf diesem Grundstück unstreitig Enteisungsabwasser nicht anfällt und folglich das gesamte Schmutzwasser des Grundstücks auch tatsächlich entsorgt werden kann.
52 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Klägerin, es müsse nicht jedes einzelne Grundstück der Flughafensüdseite für sich genommen, sondern das Gesamtareal beitragsrechtlich beurteilt werden. Im Beitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz ist ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht nach dem Bundesbaugesetz aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom Grundstücksbegriff im grundbuchrechtlichen Sinne auszugehen. Ein Abweichen von diesem Buchgrundstücksbegriff und ein Abstellen auf den Begriff der wirtschaftlichen Grundstückseinheit, für den maßgebend ist, ob zusammenhängende Flächen - unabhängig von ihrer katastermäßigen Einheit - ein wirtschaftliches Ganzes bilden und demselben Eigentümer gehören, rechtfertigt sich nur dann ausnahmsweise, wenn es nach Inhalt und Sinn des Beitragsrechts gröblich unangemessen wäre, am Buchgrundstücksbegriff festzuhalten (allgemeine Meinung, vgl. Driehaus, aaO, § 8 RdNrn. 392, 394; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.06.1989 - 2 S 2202/87 -). Ein nach Inhalt und Sinn gröblich unangemessenes Ergebnis bei Anwendung des Buchgrundstücksbegriffs tritt danach nur dann ein, wenn sie dazu führt, dass ein mangels hinreichender Größe allein nicht nutzbares Grundstück, das aus diesem Grunde einem Unland ohne Gebrauchswert gleichkommt, bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands völlig unberücksichtigt bleiben muss, obwohl es zusammen mit einem oder mehreren angrenzenden Grundstücken des gleichen Eigentümers angemessen genutzt werden kann. Infolgedessen ist kein Raum für ein Abweichen vom Buchgrundstücksbegriff, wenn das Grundstück - wie hier - bereits selbständig angemessen bebaubar und damit nutzbar ist.
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Unabhängig davon ist das Festhalten am Buchgrundstücksbegriff hier auch deshalb nicht gröblich unangemessen, weil die „Rollbahngrundstücke“ des Flughafens, die das im Winterhalbjahr anfallende stark verschmutzte Enteisungsabwasser der Kläranlage in Stuttgart und nicht der Anlage der Beklagten zuführen, von der Beklagten überhaupt nicht zu einem Beitrag veranlagt wurden. Wenn die Beklagte aber bereits große Flächen des Gesamtareals Flughafen im Hinblick auf einen fehlenden Vorteil von der Veranlagung ausgenommen hat, besteht von vornherein kein Anlass, die gesamten Flächen des Flughafens beitragsrechtlich als ein wirtschaftliches Ganzes anzusehen.
54 
ee) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zur Begründung einer atypischen Vorteilssituation ferner auf das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12.07.2007 (Az. 5 B 565/05). Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat sinngemäß entschieden, dass Grundstücke, die auf der Grundlage eines Entwässerungskonzepts die gesamten anfallenden Abwässer in eigenen Behandlungsanlagen entsorgen und damit vom Einzugsbereich der öffentlichen Einrichtung ausgenommen sind, von dieser keinen beitragsrelevanten Vorteil erfahren und deshalb nicht auf der Flächenseite der Globalberechnung berücksichtigt werden müssen. Die von der Beklagten veranlagten Grundstücke der Flughafensüdseite sind aber gerade nicht vom Einzugsbereich der öffentlichen Einrichtung der Beklagten ausgenommen, sondern hinsichtlich der Beseitigung des Schmutzwassers tatsächlich angeschlossen. Nur für diesen Vorteil werden die Grundstücke auch veranlagt.
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ff) Schließlich kann ein Mindervorteil für die Grundstücke der Klägerin auch nicht damit begründet werden, dass ihr für die innere und äußere Erschließung des Flughafengeländes und in diesem Zusammenhang insbesondere für die Entsorgung des Enteisungsabwassers in der Kläranlage Stuttgart erhebliche Aufwendungen entstanden sind. Dass die Kosten für die innere Erschließung des Flughafengeländes von der Klägerin und nicht von der Allgemeinheit zu tragen sind, versteht sich von selbst und bedarf keiner weiteren Begründung. Auch die Kosten für die Entsorgung des Enteisungsabwassers in der Kläranlage Stuttgart sind für die Bemessung des Beitrags für das streitgegenständliche Grundstück rechtlich unerheblich. Auf diesem Grundstück fällt ebenso wie auf den anderen Grundstücken, die mit dem Frachtzentrum des Flughafens bebaut sind, kein zu entsorgendes Enteisungsabwasser an. Dass nicht das Gesamtareal der Flughafensüdseite, sondern jedes einzelne Grundstück für sich genommen beitragsrechtlich zu beurteilen ist, hat der Senat bereits dargelegt und erläutert.
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3. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht auch der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung im Wege der Nachveranlagung nicht entgegen. Der Grundsatz der Einmaligkeit bedeutet, dass derselbe Vorteil nicht mehrmals beitragspflichtig gemacht werden kann. Wenn sich aber die Verhältnisse bei dem Grundstück, für das bereits eine Beitragspflicht entstanden ist, derart ändern, dass dem Grundstückseigentümer aus der öffentlichen Einrichtung zusätzliche Vorteile entstehen, können diese neuen Vorteile - wenn sich die Gemeinde wie hier eine Nachveranlagung der Grundstücke durch eine zulässige satzungsrechtliche Regelung vorbehalten hat - zum Anlass genommen werden, um das Grundstück zu einem weiteren Beitrag zu veranlagen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.06.1989, aaO). Durch die Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks sind der Klägerin aber - wie unter 2. dargelegt - auch zusätzliche Vorteile zugeflossen.
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4. Auch die Höhe des geltend gemachten Beitrags hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang für das streitgegenständliche Grundstück, das eine Grundstücksfläche von 5.162 m² aufweist, zutreffend eine Erhöhung der Geschossflächenzahl von 0,8 (bei der erstmaligen Beitragsveranlagung) auf 2,57 angenommen. Im Einzelnen:
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Das Maß der baulichen Nutzung wird gemäß § 16 BauNVO bestimmt durch die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl, die Baumassenzahl, die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen. Vor diesem Hintergrund sieht § 25 Satz 1 AbwS als Beitragsmaßstab für den Abwasserbeitrag die zulässige Geschossfläche vor. Diese ergibt sich durch Vervielfachung der Grundstücksfläche mit der Geschossflächenzahl. Für die Beurteilung der baulichen Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks zum Zeitpunkt der erstmaligen Veranlagung hat sich die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von folgenden Überlegungen leiten lassen: Die Erstveranlagung erfolgte durch das Schreiben der Beklagten vom 17.05.1988, mit dem von den amerikanischen Streitkräften für das damalige Grundstück Flst.-Nr. ... ein Abwasserbeitrag angefordert wurde. Da im Beitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom Grundstücksbegriff im grundbuchrechtlichen Sinne auszugehen ist, erfasst die damalige Beitragserhebung das Gesamtgrundstück Flst.-Nr. ... und damit automatisch auch die Teilfläche, die das nunmehr streitige Grundstück Flst.-Nr. ... bildet. Der Beitragserhebung im Jahre 1988 lag, wie sich aus dem an das Bundesvermögensamt gerichteten Erläuterungsschreiben der Beklagten vom 24.05.1988 ergibt, die Annahme von zwei Vollgeschossen und eine Geschossflächenzahl von 0,8 zugrunde. Dementsprechend hat die Beklagte für die ursprüngliche Beitragsveranlagung als Maßstab eine Geschossfläche von 4.130 m² zugrunde gelegt, die sich aus einer „hypothetischen“ Grundstücksfläche von 5.162 m² (entsprechend der heutigen Fläche des Grundstücks Flst.-Nr. ...) multipliziert mit der Geschossflächenzahl von 0,8 errechnet. Substantiierte Einwendungen gegen den für die Nachveranlagung maßgeblichen Ausgangswert hat die Klägerin nicht erhoben, sie sind für das Gericht im Übrigen auch nicht ersichtlich.
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Auch den Umfang, in dem sich die bauliche Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks nunmehr erhöht hat, hat die Beklagte zutreffend ermittelt. Auszugehen ist von den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.09.1999/10.11.2000, wonach für das Grundstück u.a. eine Baumassenzahl von 9,0 festgesetzt wird. Für den Fall der Festsetzung einer Baumassenzahl anstatt der Geschossfläche sieht § 27 Abs. 2 AbwS vor, dass sich die Geschossflächenzahl aus der Teilung der Baumassenzahl durch 3,5 ergibt; dabei werden Bruchzahlen auf zwei Stellen hinter dem Komma bis einschließlich 0,0050 abgerundet und solche über 0,0050 aufgerundet (§ 27 Abs. 2 Satz 2 AbwS). Dementsprechend ergibt sich auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses eine Geschossflächenzahl von 2,57 und daraus folgend bei gleichbleibender Grundstücksfläche eine Geschossfläche von 13.266 m². Als Maßstab für die Nacherhebung errechnet sich danach eine Geschossfläche von 9.136 m² (Endwert von 13.266 m² abzüglich Anfangswert von 4.130 m²), die die Beklagte mit ihrem Beitragssatz für eine Teilanschlussmöglichkeit (hier: Einleitung des Schmutz-, aber nicht des Niederschlagswassers) nach § 32 Abs. 2 AbwS multipliziert hat. Auch gegen die Berechnung des der Nachveranlagung zugrunde gelegten erhöhten Nutzungsmaßes hat die Klägerin substantiierte Einwendungen nicht erhoben.
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5. Soweit die Klägerin darüber hinaus pauschal auf ihr Vorbringen in erster Instanz verweist und dies zum Gegenstand des Berufungsverfahrens macht, nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 130b Satz 2 VwGO).
II.
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Das Verpflichtungsbegehren auf Erlass der Beitragsforderung bleibt ebenfalls erfolglos.
62 
1. Über diesen erstmals mit Schriftsatz vom 22.09.2006 im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag ist - nach Abweisung des Hauptantrags als unbegründet - ebenfalls zu entscheiden. Dieser weitere Antrag ist als nachträgliche objektive Klagehäufung anzusehen und deshalb als Klageänderung in Gestalt der Klageerweiterung nach §§ 44, 91 VwGO zu behandeln, die nach § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch in der Berufungsinstanz grundsätzlich möglich ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 91 RdNr. 21). Die Zulässigkeit der Klageänderung ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Einwilligung der Beklagten nach § 91 Abs. 1 1. Alt. VwGO. Schließlich ist die geänderte bzw. erweiterte Klage auch zulässig (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 - BVerwGE 61, 45). Insbesondere fehlt es nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die Klage auf Erlass eines Beitrags nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, so dass gemäß § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zuständig ist. Durch die Möglichkeit einer Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13.03.1996 - 6 B 16.96 - Buchholz 310 § 130 VwGO Nr. 15). Schließlich steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht entgegen, dass bezüglich des Erlassantrags das durch § 68 VwGO grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren nicht durchgeführt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hält in ständiger Rechtsprechung aus Gründen der Prozessökonomie und in Einklang mit dem Regelungszweck des § 68 VwGO über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ein Vorverfahren regelmäßig für entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Entscheidend ist dabei, ob dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder sich sein Zweck ohnehin nicht mehr erreichen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2.93 - BVerwGE 95, 321). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn dem Zweck des Vorverfahrens ist dadurch genügt worden, dass sich die Beklagte als zuständige Widerspruchsbehörde auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt hat.
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2. Die Klage auf Erlass der Beitragsforderung ist aber unbegründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Beitragserlass aus Gründen der sachlichen Unbilligkeit nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO oder § 227 AO liegen nicht vor.
64 
Sachliche Billigkeitsgründe sind nach Auffassung der Rechtsprechung dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Dass dabei nicht das (in der Regel ohnehin nicht zuverlässig bekannte) subjektive Wollen der am Gesetzgebungsprozess beteiligten Personen, sondern der im Gesetz objektivierte Wille des Gesetzgebers als Institution gemeint ist, versteht sich. Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass dagegen nicht rechtfertigen, sondern sind allenfalls durch eine Gesetzeskorrektur zu beheben (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.12.1994 - 2 BvR 89/91 - NVwZ 1995, 989; Loose in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Kommentar, § 227 Rdnr. 40; Rüsken in: Klein, Abgabenordnung, aaO, § 163 RdNrn. 32 und 33). Hiervon ausgehend ist die Einziehung eines Anspruchs aus einem Abgabenschuldverhältnis aus sachlichen Gründen insbesondere dann unbillig, wenn dies dem Gebot der Gleichheit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen würde. Dies ist hier bereits deshalb nicht der Fall, weil für das streitgegenständliche Grundstück eine atypische Vorteilssituation nicht angenommen werden kann und deshalb eine - im Vergleich zum satzungsrechtlichen „Normalfall“ - nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht vorliegt; insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen unter I., 2. b) verwiesen werden.
65 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
66 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
67 
Beschluss vom 12. November 2009
68 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 68.063,20 EUR festgesetzt.
69 
Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch ist bei der Festsetzung des Streitwerts nicht gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen, da beide Ansprüche denselben Gegenstand betreffen und somit nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend ist. Die Frage, ob ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen ist, erfordert eine wirtschaftliche Betrachtung. Eine Zusammenrechnung hat grundsätzlich nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Haupt- und Hilfsantrag eine „wirtschaftliche Werthäufung“ entsteht (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 06.10.2004 - IV ZR 287/03 - NJW-RR 2005, 506 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil eine gleichzeitige Zuerkennung des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung des Beitragsbescheids und des mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruchs auf Erlass des Beitrags nicht in Betracht kommt. Hinter beiden Anträgen steht das gleiche wirtschaftliche Interesse, nämlich der Wunsch der Klägerin, den von der Beklagten geforderten Beitrag letztendlich nicht bezahlen zu müssen.
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 06/10/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 287/03 vom 6. Oktober 2004 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Rich
published on 07/09/2009 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Februar 2009 - 2 K 2798/08 - wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
published on 03/05/2007 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2006 - 2 K 1296/06 - wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesa
published on 19/10/2006 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. November 2003 - 6 K 2006/01 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufi
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published on 21/08/2018 00:00

Tatbestand 1 Die Antragsteller, die Eigentümer von Grundstücken im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin sind, wenden sich gegen eine Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung eines allgemeinen Herstellungsbeitrages sowie eines sog. besonderen Herstel
published on 26/03/2012 00:00

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. Dezember 2010 - 2 K 296/10 - geändert. Der Abwasserbeitragsbescheid der Beklagten vom 25.11.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 22.01.2010 werden au
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Annotations

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.

(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung

1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse,
3.
der Zahl der Vollgeschosse,
4.
der Höhe baulicher Anlagen.

(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen

1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.

(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.

(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen

1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes,
1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes,
2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes),
3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt,
3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer,
3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt,
4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden,
6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich,
7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen,
8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen,
9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen,
10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes,
11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9,
12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt,
12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz,
14.
Zulassungen von
a)
Rahmenbetriebsplänen,
b)
Hauptbetriebsplänen,
c)
Sonderbetriebsplänen und
d)
Abschlussbetriebsplänen
sowie Grundabtretungsbeschlüsse, jeweils im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, und
15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
Satz 1 gilt auch für Streitigkeiten über Genehmigungen, die anstelle einer Planfeststellung erteilt werden, sowie für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, auch soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Länder können durch Gesetz vorschreiben, daß über Streitigkeiten, die Besitzeinweisungen in den Fällen des Satzes 1 betreffen, das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug entscheidet.

(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.

(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.

(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung

1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse,
3.
der Zahl der Vollgeschosse,
4.
der Höhe baulicher Anlagen.

(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen

1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.

(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.

(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen

1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes,
1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes,
2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes),
3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt,
3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer,
3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt,
4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden,
6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich,
7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen,
8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen,
9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen,
10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes,
11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9,
12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt,
12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz,
14.
Zulassungen von
a)
Rahmenbetriebsplänen,
b)
Hauptbetriebsplänen,
c)
Sonderbetriebsplänen und
d)
Abschlussbetriebsplänen
sowie Grundabtretungsbeschlüsse, jeweils im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, und
15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
Satz 1 gilt auch für Streitigkeiten über Genehmigungen, die anstelle einer Planfeststellung erteilt werden, sowie für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, auch soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Länder können durch Gesetz vorschreiben, daß über Streitigkeiten, die Besitzeinweisungen in den Fällen des Satzes 1 betreffen, das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug entscheidet.

(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.

(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.