Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Jan. 2012 - 10 S 1476/11
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Urteil einreichenVerwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Jan. 2012 - 10 S 1476/11 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 - 2 K 3366/08 - wird zugelassen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
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Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2006 - 6 K 2949/04 - geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2001 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juni 2004 werden aufgehoben, soweit der Kläger zu einem Kostenersatz von mehr als 1717,94 EUR herangezogen worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger trägt 6/7 der Kosten des Berufungsverfahrens und 8/9 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, die Beklagte trägt 1/7 der Kosten des Berufungsverfahrens und 1/9 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt vom beklagten Land den Ausgleich von Schäden, die anlässlich eines Polizeieinsatzes an einem ihm zuvor entwendeten Pkw entstanden sind.
- 2
- Kläger Der ist selbständiger Autohändler. In der Nacht vom 18. zum 19. Oktober 2006 wurden bei einem Einbruch in seine Geschäftsräume ein Autoschlüssel und der dazu gehörige Pkw VW Touran entwendet. Das Fahrzeug wurde in die Niederlande verbracht und dort mit niederländischen Kennzeichen versehen. Im November 2006 reisten der Täter und ein weiterer Mittäter mit dem Fahrzeug in die Bundesrepublik ein und begingen mehrere Einbruchdieb- stähle. Am 8. November 2006 wurden sie bei einem Einbruchdiebstahl auf dem Gelände eines Autohauses entdeckt. Die Polizei nahm mit mehreren Streifenwagen unter der Inanspruchnahme von Sonderrechten die Verfolgung auf und versuchte, die flüchtenden Täter durch Errichtung einer Straßensperre zum Anhalten zu bewegen. Nachdem dies zweimal misslungen war, brachten die Polizeibeamten das von den Tätern benutzte Fahrzeug durch kontrolliertes Rammen zum Anhalten. Erst anschließend wurde festgestellt, dass es sich bei dem Fluchtfahrzeug um das gestohlene Fahrzeug des Klägers handelte.
- 3
- An dem Fahrzeug entstand durch die Aktion der Polizeibeamten - unter Einschluss aufgewendeter Gutachterkosten von 976,94 € - ein Schaden von 12.741,64 €. Aus dem sichergestellten Vermögen der Täter erhielt der Kläger 6.650 €. Der weitergehende Schaden von 6.091,64 €, der bei den Tätern nicht einbringlich ist, ist Gegenstand der Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die Täter gerichteten Schadensersatzansprüche erhobenen Klage. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klage weiter.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht verneint einen Entschädigungsanspruch nach § 80 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) in der Fassung vom 19. Juni 2005 (Nds. GVBl. S. 9), weil der Kläger von der Polizei, die präventiv tätig geworden sei, um eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer abzuwenden, nicht gezielt als Nichtverantwortlicher in Anspruch genommen worden sei. Die Regelung beziehe sich nicht auf Schäden, die einem Unbeteiligten als unbeabsichtigte Nebenfolge des polizeilichen Handelns entstanden seien.
- 6
- Ein Entschädigungsanspruch nach den daneben anwendbaren Grundsätzen zum enteignenden Eingriff stehe dem Kläger gleichfalls nicht zu. Denn ihm sei trotz der beträchtlichen Substanzverletzung am Fahrzeug kein Sonderopfer auferlegt worden, das die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreite. Hierbei könne nicht außer Betracht bleiben, dass der Kläger durch den substanzverletzenden Eingriff die Sachherrschaft über das Fahrzeug, das seinem Zugriff gänzlich entzogen gewesen sei, erst wiedererlangt habe. Eine solche - im vergleichbaren Fall der Vorteilsausgleichung anerkannte - normative Beurteilung des Schadens sei auch hier angebracht.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
- 8
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG ein Schaden "infolge einer rechtmäßigen Inanspruchnahme nach § 8" entstanden sein muss. § 8 Nds. SOG, der mit "Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen" überschrieben ist, sieht vor, dass die Verwaltungsbehörden und die Polizei unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen gegen andere Personen als die nach §§ 6 oder 7 Verantwortlichen richten kön- nen. Bei diesen handelt es sich um Verhaltens- und Zustandsstörer, die im Hinblick auf ihre Verantwortlichkeit ihre polizeiliche Inanspruchnahme ohne eine Entschädigung hinnehmen müssen (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1966 - III ZR 109/64, BGHZ 45, 23, 25).
- 9
- Die Bestimmungen der §§ 6 bis 8 Nds. SOG gehen davon aus, dass wegen einer Gefahr Maßnahmen gegen eine (verantwortliche oder nichtverantwortliche ) Person zu richten sind. Das waren in der vorliegenden Situation die Täter, die nach § 6 Nds. SOG als Verhaltensstörer von der Polizei in Anspruch genommen wurden. Dass die Polizei, worauf die Revision entscheidend abstellen will, durch kontrolliertes Rammen, also gezielt, auf das Fahrzeug des Klägers eingewirkt hat, bedeutet nicht, dass sie den Kläger nach § 7 Nds. SOG als Zustandsstörer oder nach § 8 Abs. 1 Nds. SOG als nichtverantwortliche Person in Anspruch genommen hätte. Von dem Zustand des Fahrzeugs ging keine Gefahr aus, sondern nur von seiner konkreten Verwendung als Fluchtmittel durch die Täter, deren Inanspruchnahme im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Nds. SOG möglich war. Im Übrigen ist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 Nds. SOG eine Inanspruchnahme des Eigentümers einer Sache als Zustandsstörer ausgeschlossen, wenn - wie hier - die tatsächliche Gewalt ohne seinen Willen durch eine andere Person ausgeübt wird.
- 10
- 2. Allerdings hat der Senat zu § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW, der ähnlich wie § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG formuliert ist, entschieden, es liege auch dann eine Inanspruchnahme nach § 19 OBG NRW - also wie bei § 8 Nds. SOG die einer nicht verantwortlichen Person - vor, wenn sich bei der Inanspruchnahme des Eigentümers einer Sache als Zustandsstörer oder einer Person als Handlungsstörer nachträglich herausstelle, dass die zu beseitigende Gefahr in Wirklichkeit nicht bestanden habe (vgl. Urteile vom 12. März 1992 - III ZR 128/91, BGHZ 117, 303, 307 f; vom 23. Juni 1994 - III ZR 54/93, BGHZ 126, 279, 283 f; zu § 59 Abs. 1 Nr. 1 ASOG Bln vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 1996 - III ZR 133/95, NJW 1996, 3151, 3152). Dabei hat er es im Sinne eines gerechten Interessenausgleichs für erforderlich angesehen, wenn ein Einschreiten der Ordnungsbehörde bereits aufgrund eines durch Tatsachen begründeten Verdachts oder Anscheins einer Gefahr hingenommen werden müsse, die Entschädigungsvorschrift des § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW entsprechend weit zu verstehen und den wegen der Anscheinsgefahr in Anspruch genommenen Betroffenen wie einen Nichtstörer zu entschädigen, wenn sich entgegen der Annahme beim Eingriff nachträglich herausstelle, dass die Gefahr in Wirklichkeit nicht bestanden habe.
- 11
- 3. Von der vorerwähnten Konstellation, in der der Geschädigte als Störer in Anspruch genommen wurde, unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall dadurch, dass der Kläger - abgesehen davon, dass er durch das Verhalten der Polizei an seinem Fahrzeug einen Schaden erlitten hat - im Sinne des Polizeirechts unbeteiligter Dritter gewesen ist. Denn er ist weder Verhaltens- noch Zustandsstörer noch hat ihn die Polizei als Nichtverantwortlichen unter den besonderen , engeren Eingriffsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nds. SOG in Anspruch genommen.
- 12
- Einige Polizeigesetze der Länder sehen ausdrücklich einen Entschädigungs - oder Ausgleichsanspruch vor, wenn ein unbeteiligter Dritter durch eine rechtmäßige Maßnahme der Ordnungsbehörde oder der Polizei einen Schaden erleidet (vgl. Art. 70 Abs. 2 BayPAG, § 59 Abs. 1 Nr. 2 ASOG Bln, § 73 SOG M-V, § 222 LVwG SH; vgl. auch § 51 Abs. 2 Nr. 2 BPolG). Dabei sind diese Ansprüche im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet.
- 13
- Fehlt es - wie hier in § 80 Nds. SOG - an einer ausdrücklichen Regelung, folgt hieraus nicht, dass ein unbeteiligter Geschädigter die nachteiligen Auswirkungen einer rechtmäßigen Maßnahme entschädigungslos hinnehmen müsste. Die Regelungen in den Polizeigesetzen der Länder gehen auf den aus § 75 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten entwickelten und von § 70 Preuß. PVG aufgenommenen Aufopferungsgedanken zurück, dass bei rechtmäßigen beeinträchtigenden Eingriffen der Staatsgewalt, die für den Betroffenen mit einem Sonderopfer verbunden sind, ein Entschädigungsanspruch gegen den Staat gegeben ist (vgl. eingehend hierzu Drews/Wacke/ Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 649 ff; Rachor in: Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, L 32, 40; Schenke, Polizei - und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 691; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 15 Rn. 4 ff; 27; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht , 7. Aufl. 2009, Rn. 468). Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten, dass ein solcher Anspruch aus enteignendem Eingriff - anders als es der Senat für das Verhältnis eines Anspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff zum Ersatzanspruch wegen rechtswidrigen Verhaltens einer Ordnungsbehörde (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 1978 - III ZR 9/77, BGHZ 72, 273, 276 f; vom 12. Oktober 1978 - III ZR 162/76, NJW 1979, 34, 36) oder zum Staatshaftungsanspruch aus § 1 StHG-DDR (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Dezember 1995 - III ZR 190/94, NVwZ-RR 1997, 204, 205) entschieden hat - nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil Entschädigungsansprüche wegen rechtmäßiger polizeilicher Maßnahmen in § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG abschließend geregelt wären (so aber Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 831 zu § 80 Abs. 1 Satz 1 NGefAG; OLG Hamm, NJW 1988, 1096 zu § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW; OLG Koblenz, NZV 1997, 180 zu § 68 POG RP). Dagegen spricht schon § 80 Abs. 3 Nds. SOG. Umstritten ist lediglich, ob ein solcher Entschädigungsanspruch eines unbeteiligten Dritten seine Grundlage in einer erweiternden An- wendung der für Nichtstörer geltenden Vorschriften, hier des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG, findet (so Drews/Wacke/Vogel/Martens, aaO S. 666 f zu § 45 des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes; im Ergebnis wohl auch Schenke aaO Rn. 691; ohne Präferenz Götz aaO Rn. 27) oder auf die Anwendung der allgemeinen Aufopferungsgrundsätze zu stützen ist (so Rachor aaO Rn. L 40). Der Senat hält das letztere für vorzugswürdig. Zwar wird die "Sonderopfersituation" eines Nichtstörers und eines unbeteiligten Dritten vielfach vergleichbar sein. Es besteht jedoch ein grundlegender Unterschied in der Vorgehensweise der Polizei, ob sie im Sinn des § 8 Nds. SOG eine nicht verantwortliche Person zur Beseitigung einer Gefahr heranzieht oder ob jemand betroffen wird, der außerhalb dieser durch die Polizei wahrnehmbaren Zusammenhänge steht.
- 14
- 4. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe durch das gezielte Rammen seines Fahrzeugs kein unzumutbares Sonderopfer erlitten, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.
- 15
- Bereits durch den Diebstahl war ohne Zutun der Polizei eine Situation entstanden, in der das Eigentumsrecht des Klägers erheblich beeinträchtigt war. Es war in Frage gestellt, ob der Kläger jemals wieder in den Besitz des Fahrzeugs gelangen würde. Darüber hinaus bestand auch die gesteigerte Gefahr , dass der Dieb oder ein sonstiger unberechtigter Fahrer das Fahrzeug ohne jede Rücksichtnahme auf die Belange des Eigentümers gebrauchen würde (vgl. insoweit auch OLG Hamm aaO). Diese Gefahr hatte sich bereits vor dem Rammen des Fahrzeugs verwirklicht, da der Täter ein rücksichtsloses, nicht nur Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer, sondern auch das Eigentum des Klägers gefährdendes Fahrverhalten an den Tag gelegt und so das Rammen (als ultima ratio) herausgefordert hatte.
- 16
- gezielte Das Rammen hatte zwar eine erhebliche Beschädigung des Fahrzeugs zur Folge. Zugleich aber wurde hierdurch erreicht, dass der Kläger sein Eigentum - wenn auch im Wert gemindert - zurückerlangte und seine gegen den Dieb bestehenden deliktischen Ansprüche geltend machen und teilweise auch realisieren konnte.
- 17
- Angesichts dieser Gesamtumstände ist die Verneinung eines Entschädigungsanspruchs aus enteignendem Eingriff durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden.
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 05.08.2009 - 5 O 648/09 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 30.06.2010 - 3 U 86/09 -
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Die Kosten der nach § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1, §§ 12, 13, 14 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 angeordneten Maßnahmen tragen die zur Durchführung Verpflichteten. Bestätigen im Fall des § 9 Abs. 2 Satz 1 die Untersuchungen den Verdacht nicht oder liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 vor, sind den zur Untersuchung Herangezogenen die Kosten zu erstatten, wenn sie die den Verdacht begründenden Umstände nicht zu vertreten haben. In den Fällen des § 14 Satz 1 Nr. 2 und 3 trägt derjenige die Kosten, von dem die Erstellung eines Sanierungsplans hätte verlangt werden können.
(2) Mehrere Verpflichtete haben unabhängig von ihrer Heranziehung untereinander einen Ausgleichsanspruch. Soweit nichts anderes vereinbart wird, hängt die Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des zu leistenden Ausgleichs davon ab, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist; § 426 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung. Der Ausgleichsanspruch verjährt in drei Jahren; die §§ 438, 548 und 606 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nicht anzuwenden. Die Verjährung beginnt nach der Beitreibung der Kosten, wenn eine Behörde Maßnahmen selbst ausführt, im übrigen nach der Beendigung der Maßnahmen durch den Verpflichteten zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verpflichtete von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Der Ausgleichsanspruch verjährt ohne Rücksicht auf diese Kenntnis dreißig Jahre nach der Beendigung der Maßnahmen. Für Streitigkeiten steht der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 12. März 2008 teilweise abgeändert und die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 zu tragen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Erstattung von Kosten für die Beseitigung von Reststoffen, die sich auf dem Grundstück des Beklagten zu 1 befanden, das die Beklagte zu 2 zuvor vom Beklagten zu 1 gemietet hatte und das der Zwangsverwaltung mit dem Kläger als Zwangsverwalter unterlag.
- 2
- Die Beklagte zu 2 hatte auf dem vom Beklagten zu 1 gemieteten Grundstück eine Abfallrecyclinganlage betrieben. Der Kläger beendete das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 2. Beide Parteien schlossen einen Vergleich, nach dem das Grundstück von der Beklagten zu 2 Ende August 2006 geräumt herausgegeben werden musste.
- 3
- Da der Kläger das Grundstück bereits ab 1. September 2006 an eine neue Mieterin vermietet hatte und eine vollständige Räumung seitens der Beklagten zu 2 nicht erfolgt war, ließ er am 7. September 2006 das Grundstück zwangsräumen. Auch danach waren auf dem Grundstück noch Reststoffe verblieben. Im Oktober 2006 wies das Staatliche Umweltamt S. den Kläger darauf hin, dass die Lagerung von ca. 400 t (700 m3) nicht verwertbarer Abfälle auf dem Grundstück, die als Hinterlassenschaft von der zwangsgeräumten Beklagten zu 2 verblieben seien, nicht zulässig sei. Deshalb forderte das staatliche Umweltamt den Kläger auf, unverzüglich zu veranlassen, dass diese Abfälle von dem Grundstück entfernt und ordnungsgemäß entsorgt werden.
- 4
- Mit der Beseitigung dieser Abfälle beauftragte der Kläger die neue Mieterin , die ihm für ihre Leistungen die Klagesumme einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer in Höhe von 100.955,60 € in Rechnung stellte. Nachdem der Kläger einen entsprechenden Vorschuss von dem die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreibenden Gläubiger angefordert und erhalten hatte, zahlte der Kläger den Rechnungsbetrag, dessen Erstattung er von den Beklagten zu 1 und 2 verlangt.
- 5
- Die Klage hat gegen die Beklagten zu 1 und 2 vor dem Landgericht Erfolg gehabt. Die gegen die Beklagte zu 3 - eine frühere Mieterin - erhobene Klage ist abgewiesen worden. Die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 hat keinen Erfolg gehabt.
- 6
- Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten zu 1 und 2 ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht (ThürVBl. 2009, 126) hat die gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend gemachten Zahlungsansprüche für begründet erachtet und als Anspruchsgrundlage dafür § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG herangezogen. Sowohl der Kläger als auch beide Beklagten seien Verpflichtete nach dem Bundes -Bodenschutzgesetz. Die von der Beklagten zu 2 betriebene Abfallbeseitigungsanlage habe eine Altlast dargestellt. Die vom Beklagten zu 2 hinterlassenen Abfälle seien nach § 7 BBodSchG zu beseitigen gewesen. Die Beweisaufnahme habe im Übrigen ergeben, dass 460 t Abfall - wie abgerechnet - entsorgt worden seien. Die Entsorgungskosten seien auch üblich und angemessen und dem Kläger stehe auch die in den Rechnungen enthaltene Mehrwertsteuer zu.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 10
- 1. Revision der Beklagten zu 2
- 11
- Die Revision der Beklagten zu 2 ist begründet und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist.
- 12
- a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG zur Zahlung des Klagebetrages verpflichtet, trifft nicht zu. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG haben mehrere Verpflichtete untereinander unabhängig von ihrer Heranziehung einen Ausgleichsanspruch, der sich mangels anderweitiger Vereinbarung danach bemisst, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde.
- 13
- Im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu 2 nicht Verpflichtete im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG.
- 14
- aa) Eine Verpflichtung zur Gefahrenabwehr ergibt sich für die Beklagte zu 2 nicht aus § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG. Danach hat der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast den Boden und Altlasten sowie durch die schädlichen Bodenveränderungen oder durch Altlasten verursachte Verunreinigung von Gewässern zu sanieren, so dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
- 15
- (1) Im vorliegenden Fall kann aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass eine schädliche Bodenveränderung verursacht wurde. Nach § 2 Abs. 3 BBodSchG sind schädliche Bodenveränderungen im Sinne des Gesetzes Beeinträchtigungen der Bodenfunktion , die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Eine physikalische, chemische oder biologische Veränderung der Beschaffenheit des Bodens muss jedoch bereits eingetreten sein (BT-Drucks. 13/6701, S. 19; Versteyl in: Sondermann/Versteyl, BBodSchG, 2. Aufl., § 4 Rn. 77; Bickel, BBodSchG, 4. Aufl., § 2 Rn. 12). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lagerten zwar Abfälle auf dem Grundstück und es bestand die Gefahr, dass durch den Einfluss der Witterung mit Polyoxymethylen verunreinigter Staub in den Boden hätte gelangen können. Das Berufungsgericht stellt damit jedoch nur die Gefahr von Bodenveränderungen fest, nicht jedoch, dass solche bereits eingetreten sind, was jedoch Voraussetzung für eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2 unter dem Blickwinkel der Verursachung einer schädlichen Bodenveränderung ist.
- 16
- (2) Eine Verpflichtung des Beklagten zu 2 als Verursacher einer Altlast scheidet ebenfalls aus, da aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts die Voraussetzungen einer Altlast nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG nicht vorliegen.
- 17
- (a) Eine Altlast nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 1. Alternative BBodSchG kommt nicht in Betracht, weil hier keine stillgelegte Abfallbeseitigungsanlage vorliegt. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass auch eine Abfallverwertungsanlage , wie sie hier betrieben wurde, zu den Abfallbeseitigungsanlagen im Sinne des Gesetzes gehört (vgl. Sondermann/Hejma in: Versteyl/Sondermann aaO, § 2 Rn. 60). Stillgelegt im Sinne des Gesetzes ist jedoch eine solche Anlage frühestens mit der Beendigung aller Stilllegungsmaßnahmen (vgl. Sondermann /Hejma aaO Rn. 61; Sanden in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 2 Rn. 74). Da vorliegend die Abfallverwertungsanlage nach wie vor betrieben wurde, wenn auch durch den neuen Mieter, so war die Anlage damit nicht stillgelegt und stellte auch keine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 1. Alternative BBodSchG dar.
- 18
- (b) Eine Altlast liegt aber auch nicht nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 2. Alternative BBodSchG vor. Bei dem Grundstück des Beklagten zu 1 handelte es sich nicht um ein sonstiges Grundstück, auf dem Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden waren.
- 19
- Voraussetzung ist auch insoweit, dass es sich nicht um ein Grundstück einer noch im Betrieb befindlichen Abfallbeseitigungsanlage handelt (vgl. BTDrucks. 13/6701 S. 30; Bickel, aaO § 2 Rn 26; Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht , 2001, Rn. 210). Im vorliegenden Fall lagerten die Reststoffe der Beklagten zu 2 auf dem Betriebsgelände der Abfallverwertungsanlage und nicht außerhalb. Gegenteiliges ist weder vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt worden. Da die Anlage durch den neuen Mieter weiterbetrieben wurde und noch nicht stillgelegt worden war, handelt es sich bei den Ablagerungen nicht um solche auf einem sonstigen Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 2. Alternative BBodSchG.
- 20
- Unerheblich ist insoweit, ob die neue Mieterin die Abfallbeseitigung in der Anlage umgestellt hatte und ob es sich bei den beseitigten Reststoffen um solche handelte, die ausschließlich im Rahmen der Betriebsabläufe der Vormieterin entstanden sein konnten oder nur für Zwecke der Vormieterin benötigt wur- den. Der Betrieb einer Anlage gilt nur dann als stillgelegt, wenn die Produktion völlig eingestellt wird; kein Fall der Stilllegung liegt dagegen vor, wenn nach einer Produktionsänderung lediglich in einer neuen Variante produziert wird. Im Falle einer weiteren Fortführung kommt eine Stilllegung nur dann in Betracht, wenn sich der Betrieb als ein aliud darstellt (vgl. Sanden aaO § 2 Rn. 74; Kothe VerwArch 1997, 456, 459). Solches ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Parteien vorgetragen worden.
- 21
- (3) Eine Altlast kann auch nicht nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG in Form eines Altstandortes bejaht werden. Ein Altstandort liegt nach der Vorschrift bei Grundstücken stillgelegter Anlagen oder bei sonstigen Grundstücken vor, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist. Insoweit scheiden ebenfalls Grundstücke aus, die - wie hier - zu noch im Betrieb befindlichen Anlagen gehören (BT-Drucks. 13/6701 S. 30; Bickel aaO § 2 Rn. 29).
- 22
- bb) Die Beklagte zu 2 ist auch nicht Verpflichtete im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG, weil sie vorsorgepflichtig nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG war. Die entgegenstehende Annahme des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
- 23
- Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG ist die Vorschrift im vorliegenden Fall nicht auf die Beklagte zu 2 anzuwenden. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nur dann Anwendung, wenn die Vorschriften des Bundes -Immissionsschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen unter Berücksichtigung von Absatz 3 des § 3 BBodSchG Einwirkungen auf den Boden nicht regeln.
- 24
- Eine die Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes verdrängende Spezialregelung ist hier § 5 Abs. 1 BImSchG. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist im vorliegenden Fall erfüllt.
- 25
- (1) Die Errichtung und der Betrieb der vorliegenden Abfallverwertungsanlage bedurfte der Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG. Dies wird von den Beklagten unwidersprochen vorgetragen und ergibt sich im Übrigen auch aus dem (Anhörungs-)Schreiben des Umweltamts S. vom 23. Oktober 2006, in dem auf den Genehmigungsbescheid für die Anlage Bezug genommen wird.
- 26
- (2) Die vom Berufungsgericht festgestellten Gefahren - der Eintrag von Schadstoffen in den Boden durch Witterungseinflüsse und insbesondere Regen - werden auch von der Sache her von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Die Schutzpflicht bezieht sich auch im gewissen Umfang auf schädliche Umwelteinwirkungen in der Zukunft und dient damit auch der vorbeugenden Gefah- renabwehr (vgl. BVerwGE 119, 329, 332 f; Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 5 Rn. 14).
- 27
- (3) Bodenveränderungen, deren Eintritt das Berufungsgericht für die Zukunft als möglich angesehen hat, stellen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar, soweit sie durch Immissionen verursacht werden. Die Voraussetzung einer Immission ist dabei erfüllt, wenn die Schadstoffe durch ablaufendes Niederschlagswasser in den Boden eingetragen werden und dort die schädliche Bodenveränderung herbeiführen (vgl. Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht [Stand: Mai 2003] § 5 BImSchG Rn. 75; Kotulla, BImSchG [Stand: November 2004] § 5 Rn. 48). Von einer derartigen Gefahrenlage ist das Berufungsgericht ausgegangen.
- 28
- (4) Räumlich wird die Umwelteinwirkung auf den Boden im Einwirkungsbereich der Anlage von § 5 Abs. 1 BImSchG erfasst (vgl. Dietlein aaO Rn. 74). Eine darüber hinaus gehende Umweltbeeinträchtigung ist weder vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt worden.
- 29
- cc) Eine Verpflichtung der Beklagten im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 BBodSchG. § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG steht auch der Anwendung dieser Vorschrift entgegen. Die Vorschrift entspricht dem Vorsorgegebot aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG (vgl. Versteyl aaO § 4 Rn. 7; Dombert in: Landmann/Rohmer aaO [Stand: März 2001] § 4 BBodSchG Rn. 4).
- 30
- b) Der geltend gemachte Anspruch des Klägers kann auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG gestützt werden.
- 31
- Eine solche analoge Anwendung wird in der Literatur vor allem dann für möglich gehalten, wenn die Inanspruchnahme des ordnungsrechtlichen Störers wegen § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG nicht auf die Vorschriften des BundesBodenschutzgesetzes gestützt werden kann, sondern insbesondere auf § 5 Abs. 1 BImSchG (vgl. Wagner ZfIR 2003, 841, 843).
- 32
- Eine solche analoge Anwendung scheidet jedoch aus. Bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG schließt die Anwendung des gesamten Bundes-Bodenschutzgesetzes und damit auch dessen § 24 ausdrücklich aus. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des öffentlichen Rechts gibt, wonach ein Ausgleich zwischen mehreren Störern im Sinne des Ordnungsrechts stattzufinden hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - NJW 1981, 2457, 2458; BGHZ 158, 354, 360). Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 24 Abs. 2 BBodSchG auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reagiert, wonach gesetzliche Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Störern nicht auf eine analoge Anwendung des § 426 BGB gestützt werden können (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - NJW 1981, 2457, 2458; BGHZ 158, 354, 360; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - VI ZR 166/05 - NJW 2006, 3628, 3631 m.w.N.; siehe auch Kobes NVwZ 1998, 786, 796). Dass der Gesetzgeber selbst davon ausging, mit § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG nur eine auf den Anwendungsbereich des BundesBodenschutzgesetzes beschränkte Sonderregelung geschaffen zu haben, zeigt auch der Umstand, dass er in § 9 Abs. 2 des (auf den vorliegenden Sachverhalt noch nicht anwendbaren) Umweltschadensgesetzes (USchadG) vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 666) eine eigenständige Ausgleichsregelung für erforderlich gehalten hat. Die Begründung zum Entwurf des Umweltschadensgesetzes lässt erkennen, dass dem Gesetzgeber zwar die Vorschrift des § 24 Abs. 2 BBodSchG vor Augen gestanden hat, er aber gleichwohl einen Regelungsbedarf gesehen und diesen nicht etwa deshalb in Frage gestellt hat, weil eine - unmittelbare oder entsprechende - Anwendung des § 24 BBodSchG in Betracht komme (vgl. BT-Drucks. 16/3806 S. 26 f). In diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, dass das Umweltschadensgesetz, was Anwendungsbereich und Regelungszweck angeht, dem Bundes-Bodenschutzgesetz jedenfalls nicht ferner steht als das Bundes-Immissionsschutzgesetz.
- 33
- c) Ob dem Kläger aus anderen Gründen der geltend gemachte Anspruch zustehen kann, hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig nicht geprüft. Da hierzu weitere Feststellungen zu treffen sind, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich.
- 34
- Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird insbesondere ein Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280, 281, 546 BGB in Betracht zu ziehen sein. Die der Beklagten zu 2 obliegende Pflicht, das Betriebsgrundstück nach dem Ende des Mietverhältnisses zu räumen, umfasste auch die Verpflichtung, etwaige noch auf dem Grundstück befindliche Reststoffe zu beseitigen. Ob dieser Anspruch scheitert, weil nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien die nach § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Fristsetzung zur Erfüllung der Leistung durch den Kläger nicht erfolgt ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Eine solche Fristsetzung wäre nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen , wenn die Beklagte zu 2 die Erfüllung ihrer Räumungspflicht ernsthaft und endgültig verweigert hätte. An eine solche Weigerung sind zwar im Allgemeinen strenge Anforderungen zu stellen, die nur erfüllt sind, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Verpflichtungen nicht nachkommen , und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich durch eine Aufforderung zur Leistung umstimmen ließe (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2008 - V ZR 31/08 - NJW 2009, 1813, 1816 Rn. 29 m.w.N.). Bei Mietverhältnissen nimmt der Bundesgerichtshof jedoch eine derartige ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung bereits dann an, wenn der Mieter ohne die Vornahme der geschuldeten Instandsetzung auszieht und auch keine Anstalten für die Vorbereitung oder Ausführung der erforderlichen Maßnahmen getroffen hat (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 1997 - XII ZR 281/95 - NJW 1998, 1303, 1304; vom 10. Juli 1991 - XII ZR 105/90 - NJW 1991, 2416, 2417; BGHZ 49, 56, 59 f jeweils für die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach Mietvertragsende ). Die Parteien haben im weiteren Verfahren Gelegenheit, zu diesem Punkt ergänzend vorzutragen.
- 35
- Das Berufungsgericht wird sich im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch mit den weiteren Rügen der Beklagten zu 2 zur Schadenshöhe auseinanderzusetzen haben, auf die näher einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
- 36
- 2. Revision des Beklagten zu 1
- 37
- Die Revision des Beklagten zu 1 ist ebenfalls begründet.
- 38
- a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, auch gegen den Beklagten zu 1 bestehe ein Anspruch der Klägerin in Höhe der Klageforderung nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG, halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 39
- Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen keine Verurteilung des Beklagten zu 1 nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG in seiner Eigenschaft als Eigentümer des mit einer nach den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigten Anlage bebauten Betriebsgrundstücks. Insoweit gilt das oben zu 1 a Gesagte entsprechend. Ergänzend ist zu bemerken, dass der sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG ergebende Vorrang der Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit Blick auf den Beklagten zu 1 auch nicht deshalb in Frage gestellt ist, weil § 5 Abs. 1 BImSchG nur Pflichten für den Anlagenbetreiber und nicht für den davon personenverschiedenen Eigentümer begründet (vgl. Jarass, aaO § 5 Rn. 10). Ein Rückgriff auf das BundesBodenschutzgesetz hinsichtlich der in § 7 Satz 1 BBodSchG zusätzlich genannten Adressaten wie den Grundstückseigentümer kommt nicht in Betracht (vgl. Bickel, aaO § 3 Rn. 18; Schäling, Grenzen der Sanierungsverantwortlichkeit nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, 2008, S. 80, 82; a.A. Nicklas LKV 2000, 376, 379). Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber nur hinsichtlich bestimmter Adressaten den Vorrang des Bundes-Immissionsschutzgesetzes begründen und im Übrigen eine parallele Anwendung des Bundes-Bodenschutzgesetzes und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ermöglichen wollte. Vielmehr sollten anlagebezogene Anforderungen und die Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen einheitlich im BundesImmissionsschutzgesetz geregelt sein (BT-Drucks. 13/6701, S. 33).
- 40
- b) Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar.
- 42
- (1) Eine Verpflichtung des Beklagten zu 1 zur Abfallbeseitigung ergab sich nicht aus dem Bundes-Bodenschutzgesetz, da insoweit die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes - wie ausgeführt - vorrangig sind.
- 43
- (2) Eine Verpflichtung zur Beseitigung ergab sich auch nicht aus § 5 Abs. 1 BImSchG, da sich insoweit nur Pflichten für den Anlagenbetreiber ergeben , nicht jedoch für den davon personenverschiedenen Eigentümer.
- 44
- (3) Der Kläger hat auch keine Verpflichtung des Beklagten zu 1 im Hinblick auf die Gefahrenabwehr nach dem allgemeinen Ordnungsrecht erfüllt.
- 45
- (a) Eine Verpflichtung des Beklagten zu 1 nach § 10 Abs. 1, 3 ThürOGB scheidet aus. Der Vortrag des Klägers hierzu erschöpft sich in dem Verweis auf die gesellschaftsrechtliche Stellung des Beklagten zu 1 als Gesellschafter und zugleich Vorstand der Beklagten zu 2 und ist nicht hinreichend, um eine persönliche Inanspruchnahme des Beklagten zu 1 als Verursacher einer ordnungsrechtlichen Gefahr im Sinne des § 10 ThürOBG zu begründen.
- 46
- Ebenso (b) wenig kommt eine Inanspruchnahme des Beklagten zu 1 gemäß § 11 ThürOBG in Betracht. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift sind die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten, sofern die Gefahr von einer Sache ausgeht. Gemäß § 11 Abs. 2 ThürOBG können die Maßnahmen auch gegen den Eigentümer gerichtet werden , es sei denn, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt übt diese ohne den Willen des Eigentümers aus.
- 47
- Im vorliegenden Fall übt der Kläger als Zwangsverwalter die tatsächliche Gewalt ohne den Willen des Beklagten zu 1 aus. Diesem ist gemäß § 148 Abs. 2 ZVG die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks entzogen. Er kommt deshalb als Zustandsstörer während der laufenden Zwangsverwaltung grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl., S. 78; Rühle/Suhr, Polizei- und Ordnungsbehördengesetz RheinlandPfalz , 2000, S. 92; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 327 f, Duesmann, Die Verantwortlichkeit für schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, S. 77 f).
- 48
- Ob dies deshalb in Frage zu stellen ist, weil möglicherweise dem Beklagten zu 1 mittels einer Duldungsverfügung gegen den Kläger als Zwangsverwalter eine Einwirkung auf sein Grundstück, von dem die Gefahr ausging, hätte aufgegeben werden können (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 23. Mai 2006 - W 4 K 05.592 - juris Rn. 28 ff für einen besonders gelagerten Einzelfall), kann hier dahinstehen. Solange nicht erkennbar ist, dass die Ordnungsbehörde selbst diesen Weg einschlagen will oder auch nur für gangbar hält, kann derjenige, der tatsächlich in Anspruch genommen wird oder dessen Inanspruchnahme ins Auge gefasst wird, sich unter dem Blickwinkel einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht darauf berufen, dass er eine fremde Verpflichtung durch die Beseitigung der die Gefahr erfüllt hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 – NJW 1981, 2457, 2458). Im vorliegenden Fall hat das Staatliche Umweltamt mit seinem Schreiben vom 23. Oktober 2006 den Kläger angehört und dessen Inanspruchnahme zur Entsorgung der Reststoffe in Aussicht gestellt. Der Anhörung ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde beabsichtigte, mit einer Duldungsverfügung gegen den Kläger vorzugehen und dann den Beklagten zu 1 als Eigentümer in Anspruch zu nehmen. Es verbleibt deshalb dabei, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beseitigung der Reststoffe keine Verpflichtung des Beklagten zu 1 erfüllt hat, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den Kläger nicht in Betracht kommt.
- 49
- bb) Mangels Befreiung des Beklagten zu 1 von einer Verpflichtung im Hinblick auf die Entsorgung der Reststoffe scheiden auch Ansprüche des Klägers gegen ihn aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.
- 50
- c) Hinsichtlich der Revision des Beklagten zu 1 kann der Senat selbst entscheiden, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 12.03.2008 - 3 O 209/07 -
OLG Jena, Entscheidung vom 22.10.2008 - 7 U 316/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 26.726,40 € in Anspruch, die ihr für die Entsorgung von Altreifenmaterial entstanden sind. Die Klägerin ist Leasingnehmerin eines Grundstücks, das sie an die Firma G. E. untervermietet und dieser im Sommer 2002 zum Betrieb einer Altautoreifenrecyclinganlage überlassen hatte. Auf dem Grundstück sammelten sich in der Folgezeit ca. 550 Tonnen Altreifen und geschredderte Reifenreste, die verschiedene Unternehmen dort anlieferten. Ein Teil davon, nämlich von der Firma L. gelieferte 319,39 Tonnen, stammt nach dem bestrittenen Vortrag der Klägerin von der Beklagten. Die Beklagte hatte im Sommer 2002 größere Mengen geschredderte Altreifenreste zur Entsorgung an die Firma R. S. weitergegeben, welche sich hierzu der Firma L. bediente, die ihrer- seits die Altreifen an die Firma G. E. lieferte. In der Folgezeit kündigte die Klägerin ihrer Untermieterin wegen Zahlungsverzugs. Diese kam ihrer Pflicht zur Räumung des Grundstücks jedoch nicht nach. Das Landratsamt E. forderte deshalb die Klägerin mit Bescheid vom 30. Juni 2003 auf, das Reifenmaterial ordnungsgemäß zu entsorgen. Die Klägerin beauftragte hiermit ihrerseits die Firma L., welche die Altreifenreste gegen Zahlung des Klagebetrags entsorgte.
- 2
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die entsorgten Reifenteile von der Beklagten stammten, da ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht gegeben sei.
- 4
- Soweit auf das Einbringen der Reifenteile auf das Grundstück abgestellt werde, sei ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Besitzstörung jedenfalls deshalb zu verneinen, weil diese Handlung nicht von der Beklagten, sondern von selbständigen Entsorgungsunternehmen vorgenommen worden sei. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten, müsse deshalb abgelehnt werden, weil die Klägerin nicht in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen gewesen sei. In den Schutzbereich seien diejenigen nicht einbezogen, die ihrerseits selbst verkehrssicherungspflichtig seien und hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht sozusagen auf einer Stufe stünden. Dies gelte zunächst für die di- rekt an der "Entsorgungskette" beteiligten Firmen R. S., L. und G. E. Aber auch die Klägerin als Vermieterin der G. E. werde vom Schutzbereich nicht erfasst. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, da es an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehle. Ein deliktischer Anspruch könne schließlich nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 10 Abs. 4 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) vom 6. Oktober 1994 - BGBl. I 2705 - hergeleitet werden, da keines der dort genannten Rechtsgüter betroffen gewesen sei.
- 5
- Ein auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter Anspruch der Klägerin komme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte im Innenverhältnis zur Klägerin dieser gegenüber verpflichtet gewesen sei, die Altreifenteile zu entfernen. Eine solche Verpflichtung der Beklagten könne aber entgegen einer Entscheidung des OLG Dresden (VersR 1995, 836) nicht dem § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB entnommen werden. Zivilrechtlich sei die Beklagte nicht als Störerin anzusehen. Darauf, ob die Beklagte nach dem polizeirechtlichen Störerbegriff verantwortlich gemacht werden könne, komme es nicht an. Der zivilrechtliche Störer dürfe mit dem polizeirechtlichen nicht gleichgesetzt werden.
II.
- 6
- Die hiergegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
- 7
- 1. Die Beklagte hat nicht nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts der Klägerin zum mittelbaren Besitz an dem vermieteten Grundstück Schadensersatz dafür zu leisten, dass sie Reifenteile zur Entsorgung an die Firma R. S. weitergegeben hat, die sie über die Firma L. der Mieterin G. E. der Klägerin überlassen hat.
- 8
- a) R. S. und L. waren selbstständige Entsorgungsunternehmen und mangels Weisungsgebundenheit keine Verrichtungsgehilfen der beklagten Abfallerzeugerin. Das Verhalten dieser Firmen ist der Beklagten daher nicht über § 831 BGB zurechenbar (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - VersR 1976, 62, 64; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194, 195 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96; Wilmowsky, NuR 1991, 253, 257), so dass sich insoweit die Frage eines Auswahl- und Überwachungsverschuldens der beauftragten Firma R. S. nicht stellt.
- 9
- b) Das Berufungsgericht hat auch im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten verneint.
- 10
- aa) Zwar hat ein Produzent von Industrieabfällen, die ohne besondere Vorkehrungen eine Quelle von Umweltgefahren sind, die allgemeine Verkehrssicherungspflicht , im Rahmen des Zumutbaren und Verkehrsüblichen das Erforderliche zu tun, damit sich diese (potentiellen) Gefahren nicht zum Schaden Dritter auswirken können. Dabei nehmen die Anforderungen an die Sorgfalt bei Lagerung und Vernichtung mit der Gefährlichkeit der Abfallstoffe zu (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO; OLG Hamm, VersR 1988, 804 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 10. Mai 1988 - VI ZR 236/87; OLG Stuttgart, VersR 1991, 1375, 1376 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 54/90; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95).
- 11
- bb) Der Abfallproduzent muss die Entsorgung nicht stets selbst übernehmen. Nach ständiger Rechtsprechung können Verkehrssicherungspflichten delegiert werden. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich, während sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich (allein) Verantwortlichen auf Auswahl- und Überwachungspflichten verengt. Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei wiederum eine erhöhte Gefährlichkeit ebenso wie ein verringerter Einfluss des Produzenten auf den mit der Entsorgung bzw. Verwertung beauftragten Unternehmer aufgrund dessen Selbstständigkeit zu einer gesteigerten Sorgfaltspflicht des Delegierenden führt (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1982 - VI ZR 129/81 - VersR 1983, 152; vom 12. März 1985 - VI ZR 215/83 - VersR 1985, 666, 667 und vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 - VersR 1989, 526 m.w.N.; vgl. auch BGH, BGHZ 142, 227, 233). Der Beaufsichtigung eines Fachunternehmens sind allerdings durch das Erfordernis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sowie durch die Selbstständigkeit und Weisungsunabhängigkeit des Beauftragten Grenzen gesetzt. Eine Kontrolle auf Schritt und Tritt kann nicht verlangt werden (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO; vom 12. März 1985 - VI ZR 215/83 - aaO; vom 30. September 1986 - VI ZR 247/85 - RuS 1987, 130, 131). Diese Grundsätze - von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist - gelten auch, wenn der Abfallerzeuger ein selbstständiges Unternehmen mit der Entsorgung beauftragt. Ihn treffen dann abgestufte Auswahl- und Überwachungspflichten , die nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sind und umso strenger werden, je gefährlicher die Abfälle für die Umwelt sind und je geringer die Gewähr ist, dass das eingeschaltete Unternehmen die erforderlichen Sicherheitsvorschriften beachtet (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO, 64 f.; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 f. mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; Wilmowsky aaO; vgl. auch OLG Frankfurt, NJW 1974, 285, 286). Dass der Beauftragte im Besitz der erforderlichen abfallrechtlichen Genehmigungen ist, ist Voraussetzung für eine entlastende Pflichtendelegation, kann den Abfallerzeuger aber entgegen einer gelegentlich vertretenen Ansicht (vgl. Dombert, PHI 1992, 42, 45 f.; Ekrutt, NJW 1976, 885 f.; ähnlich Klingelhöfer , VersR 2002, 530, 538; Wilmowsky, NuR 1991, aaO; a.A. Birn, NJW 1976, 1880 f.; vgl. auch OLG Hamm, VersR 1988, 804 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 10. Mai 1988 - VI ZR 236/87) nicht ohne weitere Umstände entlasten (vgl. auch Senat, Urteil vom 31. Mai 1994 - VI ZR 233/93 - VersR 1994, 996, 997 m.w.N.). Eines näheren Eingehens auf diese Frage bedarf es hier jedoch aus den nachfolgenden Erwägungen nicht.
- 12
- cc) Ob die Beklagte mit Beauftragung der Firma R. S. und bei der nicht näher festgestellten weiteren Abwicklung des Geschäfts ihren Auswahl- und Überwachungspflichten nachgekommen ist, durfte das Berufungsgericht zu Recht unbeantwortet lassen. Diese Verkehrssicherungspflichten hatten nach den besonderen Umständen des Streitfalls nämlich nicht den (Schutz-) Zweck, die Klägerin vor denjenigen Schäden zu bewahren, deren Ausgleich sie nun verlangt (zur Eingrenzung von Verkehrssicherungspflichten über den Schutzzweck vgl. Senat, Urteil vom 27. Januar 1987 - VI ZR 114/86 - NJW 1987, 2671, 2672; Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 823 Rdn. 28).
- 13
- (1) Es ist bereits fraglich, ob der bei der Klägerin entstandene Schaden seiner Art nach vom Schutzzweck der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht erfasst ist. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht eines Produzenten von Industrieabfällen soll verhindern, dass sich Umweltgefahren zum Schaden Dritter auswirken (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO, 64). Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendun- gen haben ihre Ursache darin, dass ihre Untermieterin ihrer Räumungspflicht nicht nachgekommen ist. Räumungskosten wären deshalb auch dann angefallen , wenn G. E. keinen Abfall, sondern Wirtschaftsgüter gelagert hätte. Damit haben sich nicht die von den geschredderten Altreifen ausgehenden Umweltgefahren verwirklicht, sondern das allgemeine Risiko eines Vermieters, dass der Mieter die ihm überlassene Sache nicht in ordnungsgemäßem Zustand zurückgibt und seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt (vgl. OLG Düsseldorf , RuS 1997, 194 f. mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96). In derartigen Fällen wird es deshalb regelmäßig an einem inneren Zusammenhang des Schadens mit der vom Abfallerzeuger geschaffenen Gefahrenlage fehlen.
- 14
- (2) Jedenfalls umfasst der persönliche Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten nicht die Klägerin.
- 15
- (a) Bereits die Firma R. S. war nicht in diesen Schutzbereich einbezogen, soweit ihr als Entsorger die gefahrlose Beseitigung des Abfalls übertragen wurde (vgl. Senat, Urteil vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83 - VersR 1985, 243, 244 zur Streupflicht). Der Entsorger ist selbst Teil der Gefahr, für die der Abfallerzeuger in gewissem Umfang verantwortlich bleibt; er wird nicht selbst geschützt.
- 16
- (b) Ob sich dieser Ausschluss aus dem Schutzbereich unter dem Aspekt der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht stets bei weiteren Entsorgern innerhalb der "Entsorgungskette" fortsetzt, kann offen bleiben. Die Klägerin wird vom Schutzzweck der Verkehrssicherungspflicht bereits deshalb nicht erfasst, weil sie sich der Umweltgefahr freiwillig ausgesetzt hat.
- 17
- Sie hat ihrer Untermieterin das Grundstück zum Betrieb einer Altautoreifenrecyclinganlage zur Nutzung überlassen. Dies setzt das vorübergehende Lagern von Altreifen zwingend voraus. Die Klägerin hat also die von den geschredderten Altreifen ausgehenden Umweltgefahren aus wirtschaftlichem Eigeninteresse freiwillig in Kauf genommen und sich dadurch selbst außerhalb des Schutzbereichs der dem Abfallerzeuger für den Abfall obliegenden Verkehrssicherungspflicht gestellt. Mit dieser Eröffnung einer Gefahrenquelle ist sie nicht mehr ein Dritter, den der Abfallerzeuger durch besondere Vorkehrungen vor den erkennbaren Umweltgefahren des Abfalls schützen muss (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194 f. mit Nichtannhmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96; vgl. ferner OLG Hamm, VersR 2002, 1298; OLG Stuttgart, TranspR 1998, 488, 489 f.). An diesem Einverständnis der Klägerin, das den Schutz vor den Umweltgefahren der Altreifenteile ausschließt, hat sich nichts dadurch geändert, dass durch die Zahlungsunfähigkeit des Untermieters oder etwa vorhandener Unzulänglichkeiten in der Handhabung des Recyclinggeschäfts die Altreifen nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft und - wie die Revision meint - vertrags- und vorschriftswidrig gelagert wurden. Darin hat sich lediglich eine wirtschaftliche Gefahr verwirklicht, der typischerweise jeder Vermieter eines Industriegrundstücks ausgesetzt ist (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194, 195 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96). Die Verkehrssicherungspflicht des Abfallerzeugers schützt nicht das Vertrauen eines Vermieters in die fachliche Eignung bzw. in die fortdauernde wirtschaftliche Gesundheit und Existenz des in der Entsorgungsbranche tätigen Vertragspartners und damit letztlich in die ordnungsgemäße Erfüllung der eingegangenen vertraglichen Pflichten.
- 18
- 2. An denselben Erwägungen zum Schutzzweck scheitert auch ein Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 10 Abs. 4 KrW /AbfG. Der Streitfall gibt daher keine Veranlassung zu prüfen, ob und bejahendenfalls zum Schutz welcher Rechtsgüter § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG überhaupt als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen werden kann (verneinend Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl., § 10 Rdn. 32 a.E.; Geigel /Freymann, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 15 Rdn. 5; a.A. noch zu § 2 AbfG OLG Hamm, VersR 1991, 676, 677; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194, 195 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96; Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823 Rdn. G 43).
- 19
- 3. Der Hauptangriff der Revision, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin jedenfalls gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Beseitigung der Reifenteile verpflichtet gewesen sei, bleibt gleichfalls ohne Erfolg. Der Umstand, dass die Klägerin mit der Räumung des Grundstücks nicht nur dessen erneute wirtschaftliche Nutzung nach dem Scheitern des Mietverhältnisses ermöglichte, sondern als sogenannte Zustandsstörerin auch einer abfallrechtlichen Anordnung des Landratsamtes E. nachkam, begründet auch dann keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung, wenn die Beklagte als Verhaltensstörerin von der Ordnungsbehörde gleichfalls hätte zur Räumung verpflichtet werden können.
- 20
- a) Soweit die Revision eine Verpflichtung der Beklagten zur Räumung des Grundstücks aus § 1004 BGB herleiten will (vgl. insoweit BGH, BGHZ 110, 313, 315; 142, 227, 237; Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - VersR 2005, 839 m.w.N.; Frenz, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 3. Aufl., § 3 Rdn. 106; vgl. auch Bamberger/Fritzsche, BGB, § 1004 Rdn. 76; Münch- KommBGB/Seiler, 4. Aufl., § 677 Rdn. 34), ist bereits fraglich, ob der Anwendungsbereich dieser Vorschrift überhaupt eröffnet ist. Die Klägerin ist nicht Eigentümerin des Grundstücks, sondern lediglich Leasingnehmerin. Soweit sich die Klägerin auf Besitzverletzung beruft, ist eine Anwendbarkeit des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verneinen. Insoweit verschafft jedoch § 862 BGB dem Besitzer einen vergleichbaren Schutz wie § 1004 BGB dem Eigentümer (vgl. BGH, BGHZ 147, 45, 50; MünchKommBGB/Joost, aaO, § 862 Rdn. 1; MünchKommBGB /Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 5; Staudinger/Bund, BGB, Neubearbeitung 2000, § 862 Rdn. 1; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2006, § 1004 Rdn. 87) und geht insbesondere von einem nahezu identischen Störerbegriff aus (MünchKommBGB/Joost, aaO, § 862 Rdn. 9; Staudinger/Bund, aaO, § 858 Rdn. 14).
- 21
- b) Es ist - entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht zu entscheiden , ob die Beklagte hinsichtlich der Lagerung von Altreifen auf dem Grundstück zivilrechtlich als Störerin angesehen werden kann. Im vorliegenden Fall scheidet eine etwaige Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung der Störung durch den Reifenabfall jedenfalls im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 254 BGB aus (vgl. BGH, BGHZ 110, 313, 317; 131, 95, 101; Urteil vom 21. Oktober 1994 - V ZR 12/94 - NJW 1995, 395, 396; OLG Dresden, VersR 1995, 836, 837; Bamberger/Fritzsche, aaO, § 1004 Rdn. 68; MünchKommBGB /Oetker, aaO, § 254 Rdn. 25; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 254 Rdn. 28 sowie die zahlreichen Nachweise bei Staudinger /Gursky, aaO, Rdn. 157, selbst a.A.).
- 22
- Ebensowenig wie der Beseitigungsanspruch aus §§ 862, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an ein schuldhaftes Verhalten des Störers anknüpft, setzt die Mitverantwortlichkeit des Gestörten im Sinne des § 254 BGB einen Schuldvorwurf voraus (vgl. BGH, BGHZ 110, 313, 317 m.w.N.). Es genügt vielmehr, dass er die Störung selbst ermöglicht und im Verhältnis der Parteien die entscheidende Ursache gesetzt hat. Das trifft hier zu. Die Klägerin hat die vorübergehende Verbringung von geschredderten Altreifenteilen auf das Grundstück durch dessen Vermietung zum Betrieb einer Altautoreifenrecyclinganlage erst ermöglicht. Damit hat sie im Verhältnis der Parteien eine entscheidende Ursache für ihre späteren Aufwendungen gesetzt. Die spätere Entwicklung, die durch die Kündigung des Untermietverhältnisses veranlasst wurde, hat nicht die Beklagte, sondern die Untermieterin der Klägerin zu verantworten. Die Verletzung mietvertraglicher Pflichten der Untermieterin liegt - wie bereits im Zusammenhang mit der Prüfung einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Abfallerzeugers ausgeführt - nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten. Darin liegt auch der wesentliche Unterschied zu dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des OLG Dresden (VersR 1995, 836) zugrunde lag. Die dortige Klägerin war lediglich Lagerhalterin und nicht Entsorgerin (aaO 837) und der Abfall, dessen Entsorgungskosten sie ersetzt verlangte, war bei ihr nicht als Abfall, sondern als Farben und Lacke/Gefahrgüter für eine bestimmte Vertragszeit eingelagert worden. Im hier zu entscheidenden Streitfall hat die Klägerin dagegen die (eingetretene ) Gefahr, mit den Entsorgungskosten für die Reifenteile belastet zu werden, dadurch ermöglicht, dass sie die Nutzung des Grundstücks für eine Altreifenrecyclinganlage selbst eröffnet hat.
- 23
- 4. Schließlich scheiden auch sonstige Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus.
- 24
- a) Ein allgemeiner zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch des in Anspruch genommenen Störers gegen andere Pflichtige entsprechend § 426 BGB wird von der Rechtsprechung und Teilen der Literatur wegen fehlender Vergleichbarkeit der Sachverhalte zu Recht abgelehnt (BGH, BGHZ 98, 235, 239 f.; 110, 313, 318; Urteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - VersR 1981, 980, 982; OLG Düsseldorf, NVwZ 1989, 993, 997; OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 850, 851 mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 24. April 1996 - XII ZR 203/94; LG Trier, UPR 1994, 118; Bockwoldt, Rechtmäßigkeit und Kostentragungspflicht polizeilichen Handelns, 2003, S. 220 ff., 225; Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht, 1995, S. 258 ff., 262; Frenz, aaO, § 3 Rdn. 105; Knoche, Altlasten und Haftung, 2001, S. 104 ff., 110; Jochum, NVwZ 2003, 526, 529; Johlen, DStR 1994, 1897, 1900; Papier, NVwZ 1986, 256, 263; Schwachheim, NVwZ 1988, 225 ff., 227; Schwerdtner, NVwZ 1992, 141, 143; a.A. Haller, ZUR 1996, 21, 25 f.; Haibt/Rinne, ZIP 1997, 2113, 2115 f.; Kloepfer/Thull, DVBl. 1989, 1121, 1125 f.; Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, 1049 ff.; Leinemann, VersR 1992, 25, 28 ff.; Raeschke-Kessler, DVBl. 1992, 683, 690; Seibert, DÖV 1983, 964 ff., 974; Stickelbrock, AcP 197, 456, 503 f.).
- 25
- b) Es besteht auch kein Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 683 Satz 2, 679, 670 BGB oder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.
- 26
- aa) Wird von mehreren polizeirechtlichen Störern nur einer in Anspruch genommen, kann er im Allgemeinen einen Aufwendungsersatzanspruch gegen weitere - nicht in Anspruch genommene - Störer nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen. Mit der Beseitigung der Störung besorgt er regelmäßig nur ein eigenes und nicht zugleich auch ein Geschäft des anderen Störers (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - aaO, 981 f.; OLG Düsseldorf, NVwZ 1989, 993, 997; OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 850 mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 24. April 1996 - XII ZR 203/94; Bamberger /Fritzsche, aaO, Rdn. 76; zustimmend mit teils abweichender Begründung Frenz, aaO, § 3 Rdn. 106; Hoeft, aaO, S. 257; Knoche, aaO, S. 111 f.; Staudinger/Wittmann, BGB, 13. Bearbeitung, Vorbem. zu §§ 677 ff. Rdn. 37; Haller, ZUR 1996, 21, 25; Johlen, DStR 1994, 1897, 1901; Kloepfer/Thull, DVBl. 1989, 1121, 1123 f.; Papier, NVwZ 1986, 256, 263).
- 27
- Ein Anspruch aus § 683 Satz 2 BGB könnte allerdings dann zu bejahen sein, wenn die Klägerin zugleich auch ein fremdes Geschäft geführt, nämlich eine Verpflichtung der Beklagten erfüllt hätte (vgl. BGH, BGHZ 98, 235, 240). Dass sie durch die Beseitigung der geschredderten Altreifen der ihr gegenüber ergangenen Polizeiverfügung nachkam, steht der Annahme einer Fremdgeschäftsführung nicht entgegen (vgl. BGH, BGHZ 110, 313, 314 f.). Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Geschäftsführung i.S. des § 677 BGB möglich ist, wenn der Handelnde vornehmlich zur Wahrnehmung eigener Belange und nur nebenbei im Interesse eines Anderen tätig wird. Insbesondere hindert der Umstand, dass der Geschäftsführer einer eigenen öffentlichrechtlichen Pflicht nachkommt, nicht die Annahme, dass er damit zugleich das privatrechtliche Geschäft eines Dritten besorgt (vgl. BGH, BGHZ 40, 28, 30; 63, 167, 169 f.; 65, 354, 357 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 f.; MünchKommBGB/Seiler, 4. Aufl., § 677 Rdn. 9 m.w.N.; Staudinger/Wittmann, aaO, Rdn. 23).
- 28
- bb) Hat die Klägerin mit der Räumung des Grundstücks zugleich eine Verpflichtung der Beklagten erfüllt, kommt daneben ein Ausgleichsanspruch nach § 812 BGB in Betracht (vgl. BGH, BGHZ 142, 227, 237, 238 f.; Urteile vom 21. Oktober 1994 - V ZR 12/94 - NJW 1995, 395, 396; vom 1. Dezember 1995 - V ZR 9/94 - VersR 1996, 759, 760 m.w.N.; vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - aaO; MünchKommBGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 90; ablehnend Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 159, beide m.w.N.).
- 29
- cc) Einer Anwendung der §§ 683 Satz 2, 812 BGB steht jedoch entgegen , dass hier - wie bereits zu Ziff. 3 ausgeführt - kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Beseitigung der Störung bestand. Die Klägerin hat mit der Beseitigung der Altreifenteile weder ein Geschäft der Beklagten geführt noch eine Verpflichtung der Beklagten erfüllt, sondern lediglich die ihr auferlegte Verwaltungsanordnung befolgt. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
LG Landau, Entscheidung vom 22.07.2004 - 2 O 83/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 11.07.2005 - 7 U 131/04 -
(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist
- 1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, - 2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2006 - 6 K 2949/04 - geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2001 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juni 2004 werden aufgehoben, soweit der Kläger zu einem Kostenersatz von mehr als 1717,94 EUR herangezogen worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger trägt 6/7 der Kosten des Berufungsverfahrens und 8/9 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, die Beklagte trägt 1/7 der Kosten des Berufungsverfahrens und 1/9 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt vom beklagten Land den Ausgleich von Schäden, die anlässlich eines Polizeieinsatzes an einem ihm zuvor entwendeten Pkw entstanden sind.
- 2
- Kläger Der ist selbständiger Autohändler. In der Nacht vom 18. zum 19. Oktober 2006 wurden bei einem Einbruch in seine Geschäftsräume ein Autoschlüssel und der dazu gehörige Pkw VW Touran entwendet. Das Fahrzeug wurde in die Niederlande verbracht und dort mit niederländischen Kennzeichen versehen. Im November 2006 reisten der Täter und ein weiterer Mittäter mit dem Fahrzeug in die Bundesrepublik ein und begingen mehrere Einbruchdieb- stähle. Am 8. November 2006 wurden sie bei einem Einbruchdiebstahl auf dem Gelände eines Autohauses entdeckt. Die Polizei nahm mit mehreren Streifenwagen unter der Inanspruchnahme von Sonderrechten die Verfolgung auf und versuchte, die flüchtenden Täter durch Errichtung einer Straßensperre zum Anhalten zu bewegen. Nachdem dies zweimal misslungen war, brachten die Polizeibeamten das von den Tätern benutzte Fahrzeug durch kontrolliertes Rammen zum Anhalten. Erst anschließend wurde festgestellt, dass es sich bei dem Fluchtfahrzeug um das gestohlene Fahrzeug des Klägers handelte.
- 3
- An dem Fahrzeug entstand durch die Aktion der Polizeibeamten - unter Einschluss aufgewendeter Gutachterkosten von 976,94 € - ein Schaden von 12.741,64 €. Aus dem sichergestellten Vermögen der Täter erhielt der Kläger 6.650 €. Der weitergehende Schaden von 6.091,64 €, der bei den Tätern nicht einbringlich ist, ist Gegenstand der Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die Täter gerichteten Schadensersatzansprüche erhobenen Klage. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klage weiter.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht verneint einen Entschädigungsanspruch nach § 80 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) in der Fassung vom 19. Juni 2005 (Nds. GVBl. S. 9), weil der Kläger von der Polizei, die präventiv tätig geworden sei, um eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer abzuwenden, nicht gezielt als Nichtverantwortlicher in Anspruch genommen worden sei. Die Regelung beziehe sich nicht auf Schäden, die einem Unbeteiligten als unbeabsichtigte Nebenfolge des polizeilichen Handelns entstanden seien.
- 6
- Ein Entschädigungsanspruch nach den daneben anwendbaren Grundsätzen zum enteignenden Eingriff stehe dem Kläger gleichfalls nicht zu. Denn ihm sei trotz der beträchtlichen Substanzverletzung am Fahrzeug kein Sonderopfer auferlegt worden, das die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreite. Hierbei könne nicht außer Betracht bleiben, dass der Kläger durch den substanzverletzenden Eingriff die Sachherrschaft über das Fahrzeug, das seinem Zugriff gänzlich entzogen gewesen sei, erst wiedererlangt habe. Eine solche - im vergleichbaren Fall der Vorteilsausgleichung anerkannte - normative Beurteilung des Schadens sei auch hier angebracht.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
- 8
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG ein Schaden "infolge einer rechtmäßigen Inanspruchnahme nach § 8" entstanden sein muss. § 8 Nds. SOG, der mit "Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen" überschrieben ist, sieht vor, dass die Verwaltungsbehörden und die Polizei unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen gegen andere Personen als die nach §§ 6 oder 7 Verantwortlichen richten kön- nen. Bei diesen handelt es sich um Verhaltens- und Zustandsstörer, die im Hinblick auf ihre Verantwortlichkeit ihre polizeiliche Inanspruchnahme ohne eine Entschädigung hinnehmen müssen (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1966 - III ZR 109/64, BGHZ 45, 23, 25).
- 9
- Die Bestimmungen der §§ 6 bis 8 Nds. SOG gehen davon aus, dass wegen einer Gefahr Maßnahmen gegen eine (verantwortliche oder nichtverantwortliche ) Person zu richten sind. Das waren in der vorliegenden Situation die Täter, die nach § 6 Nds. SOG als Verhaltensstörer von der Polizei in Anspruch genommen wurden. Dass die Polizei, worauf die Revision entscheidend abstellen will, durch kontrolliertes Rammen, also gezielt, auf das Fahrzeug des Klägers eingewirkt hat, bedeutet nicht, dass sie den Kläger nach § 7 Nds. SOG als Zustandsstörer oder nach § 8 Abs. 1 Nds. SOG als nichtverantwortliche Person in Anspruch genommen hätte. Von dem Zustand des Fahrzeugs ging keine Gefahr aus, sondern nur von seiner konkreten Verwendung als Fluchtmittel durch die Täter, deren Inanspruchnahme im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Nds. SOG möglich war. Im Übrigen ist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 Nds. SOG eine Inanspruchnahme des Eigentümers einer Sache als Zustandsstörer ausgeschlossen, wenn - wie hier - die tatsächliche Gewalt ohne seinen Willen durch eine andere Person ausgeübt wird.
- 10
- 2. Allerdings hat der Senat zu § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW, der ähnlich wie § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG formuliert ist, entschieden, es liege auch dann eine Inanspruchnahme nach § 19 OBG NRW - also wie bei § 8 Nds. SOG die einer nicht verantwortlichen Person - vor, wenn sich bei der Inanspruchnahme des Eigentümers einer Sache als Zustandsstörer oder einer Person als Handlungsstörer nachträglich herausstelle, dass die zu beseitigende Gefahr in Wirklichkeit nicht bestanden habe (vgl. Urteile vom 12. März 1992 - III ZR 128/91, BGHZ 117, 303, 307 f; vom 23. Juni 1994 - III ZR 54/93, BGHZ 126, 279, 283 f; zu § 59 Abs. 1 Nr. 1 ASOG Bln vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 1996 - III ZR 133/95, NJW 1996, 3151, 3152). Dabei hat er es im Sinne eines gerechten Interessenausgleichs für erforderlich angesehen, wenn ein Einschreiten der Ordnungsbehörde bereits aufgrund eines durch Tatsachen begründeten Verdachts oder Anscheins einer Gefahr hingenommen werden müsse, die Entschädigungsvorschrift des § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW entsprechend weit zu verstehen und den wegen der Anscheinsgefahr in Anspruch genommenen Betroffenen wie einen Nichtstörer zu entschädigen, wenn sich entgegen der Annahme beim Eingriff nachträglich herausstelle, dass die Gefahr in Wirklichkeit nicht bestanden habe.
- 11
- 3. Von der vorerwähnten Konstellation, in der der Geschädigte als Störer in Anspruch genommen wurde, unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall dadurch, dass der Kläger - abgesehen davon, dass er durch das Verhalten der Polizei an seinem Fahrzeug einen Schaden erlitten hat - im Sinne des Polizeirechts unbeteiligter Dritter gewesen ist. Denn er ist weder Verhaltens- noch Zustandsstörer noch hat ihn die Polizei als Nichtverantwortlichen unter den besonderen , engeren Eingriffsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nds. SOG in Anspruch genommen.
- 12
- Einige Polizeigesetze der Länder sehen ausdrücklich einen Entschädigungs - oder Ausgleichsanspruch vor, wenn ein unbeteiligter Dritter durch eine rechtmäßige Maßnahme der Ordnungsbehörde oder der Polizei einen Schaden erleidet (vgl. Art. 70 Abs. 2 BayPAG, § 59 Abs. 1 Nr. 2 ASOG Bln, § 73 SOG M-V, § 222 LVwG SH; vgl. auch § 51 Abs. 2 Nr. 2 BPolG). Dabei sind diese Ansprüche im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet.
- 13
- Fehlt es - wie hier in § 80 Nds. SOG - an einer ausdrücklichen Regelung, folgt hieraus nicht, dass ein unbeteiligter Geschädigter die nachteiligen Auswirkungen einer rechtmäßigen Maßnahme entschädigungslos hinnehmen müsste. Die Regelungen in den Polizeigesetzen der Länder gehen auf den aus § 75 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten entwickelten und von § 70 Preuß. PVG aufgenommenen Aufopferungsgedanken zurück, dass bei rechtmäßigen beeinträchtigenden Eingriffen der Staatsgewalt, die für den Betroffenen mit einem Sonderopfer verbunden sind, ein Entschädigungsanspruch gegen den Staat gegeben ist (vgl. eingehend hierzu Drews/Wacke/ Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 649 ff; Rachor in: Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, L 32, 40; Schenke, Polizei - und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 691; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 15 Rn. 4 ff; 27; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht , 7. Aufl. 2009, Rn. 468). Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten, dass ein solcher Anspruch aus enteignendem Eingriff - anders als es der Senat für das Verhältnis eines Anspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff zum Ersatzanspruch wegen rechtswidrigen Verhaltens einer Ordnungsbehörde (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 1978 - III ZR 9/77, BGHZ 72, 273, 276 f; vom 12. Oktober 1978 - III ZR 162/76, NJW 1979, 34, 36) oder zum Staatshaftungsanspruch aus § 1 StHG-DDR (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Dezember 1995 - III ZR 190/94, NVwZ-RR 1997, 204, 205) entschieden hat - nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil Entschädigungsansprüche wegen rechtmäßiger polizeilicher Maßnahmen in § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG abschließend geregelt wären (so aber Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 831 zu § 80 Abs. 1 Satz 1 NGefAG; OLG Hamm, NJW 1988, 1096 zu § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW; OLG Koblenz, NZV 1997, 180 zu § 68 POG RP). Dagegen spricht schon § 80 Abs. 3 Nds. SOG. Umstritten ist lediglich, ob ein solcher Entschädigungsanspruch eines unbeteiligten Dritten seine Grundlage in einer erweiternden An- wendung der für Nichtstörer geltenden Vorschriften, hier des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG, findet (so Drews/Wacke/Vogel/Martens, aaO S. 666 f zu § 45 des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes; im Ergebnis wohl auch Schenke aaO Rn. 691; ohne Präferenz Götz aaO Rn. 27) oder auf die Anwendung der allgemeinen Aufopferungsgrundsätze zu stützen ist (so Rachor aaO Rn. L 40). Der Senat hält das letztere für vorzugswürdig. Zwar wird die "Sonderopfersituation" eines Nichtstörers und eines unbeteiligten Dritten vielfach vergleichbar sein. Es besteht jedoch ein grundlegender Unterschied in der Vorgehensweise der Polizei, ob sie im Sinn des § 8 Nds. SOG eine nicht verantwortliche Person zur Beseitigung einer Gefahr heranzieht oder ob jemand betroffen wird, der außerhalb dieser durch die Polizei wahrnehmbaren Zusammenhänge steht.
- 14
- 4. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe durch das gezielte Rammen seines Fahrzeugs kein unzumutbares Sonderopfer erlitten, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.
- 15
- Bereits durch den Diebstahl war ohne Zutun der Polizei eine Situation entstanden, in der das Eigentumsrecht des Klägers erheblich beeinträchtigt war. Es war in Frage gestellt, ob der Kläger jemals wieder in den Besitz des Fahrzeugs gelangen würde. Darüber hinaus bestand auch die gesteigerte Gefahr , dass der Dieb oder ein sonstiger unberechtigter Fahrer das Fahrzeug ohne jede Rücksichtnahme auf die Belange des Eigentümers gebrauchen würde (vgl. insoweit auch OLG Hamm aaO). Diese Gefahr hatte sich bereits vor dem Rammen des Fahrzeugs verwirklicht, da der Täter ein rücksichtsloses, nicht nur Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer, sondern auch das Eigentum des Klägers gefährdendes Fahrverhalten an den Tag gelegt und so das Rammen (als ultima ratio) herausgefordert hatte.
- 16
- gezielte Das Rammen hatte zwar eine erhebliche Beschädigung des Fahrzeugs zur Folge. Zugleich aber wurde hierdurch erreicht, dass der Kläger sein Eigentum - wenn auch im Wert gemindert - zurückerlangte und seine gegen den Dieb bestehenden deliktischen Ansprüche geltend machen und teilweise auch realisieren konnte.
- 17
- Angesichts dieser Gesamtumstände ist die Verneinung eines Entschädigungsanspruchs aus enteignendem Eingriff durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden.
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 05.08.2009 - 5 O 648/09 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 30.06.2010 - 3 U 86/09 -
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Die Kosten der nach § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1, §§ 12, 13, 14 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 angeordneten Maßnahmen tragen die zur Durchführung Verpflichteten. Bestätigen im Fall des § 9 Abs. 2 Satz 1 die Untersuchungen den Verdacht nicht oder liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 vor, sind den zur Untersuchung Herangezogenen die Kosten zu erstatten, wenn sie die den Verdacht begründenden Umstände nicht zu vertreten haben. In den Fällen des § 14 Satz 1 Nr. 2 und 3 trägt derjenige die Kosten, von dem die Erstellung eines Sanierungsplans hätte verlangt werden können.
(2) Mehrere Verpflichtete haben unabhängig von ihrer Heranziehung untereinander einen Ausgleichsanspruch. Soweit nichts anderes vereinbart wird, hängt die Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des zu leistenden Ausgleichs davon ab, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist; § 426 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung. Der Ausgleichsanspruch verjährt in drei Jahren; die §§ 438, 548 und 606 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nicht anzuwenden. Die Verjährung beginnt nach der Beitreibung der Kosten, wenn eine Behörde Maßnahmen selbst ausführt, im übrigen nach der Beendigung der Maßnahmen durch den Verpflichteten zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verpflichtete von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Der Ausgleichsanspruch verjährt ohne Rücksicht auf diese Kenntnis dreißig Jahre nach der Beendigung der Maßnahmen. Für Streitigkeiten steht der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 12. März 2008 teilweise abgeändert und die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 zu tragen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Erstattung von Kosten für die Beseitigung von Reststoffen, die sich auf dem Grundstück des Beklagten zu 1 befanden, das die Beklagte zu 2 zuvor vom Beklagten zu 1 gemietet hatte und das der Zwangsverwaltung mit dem Kläger als Zwangsverwalter unterlag.
- 2
- Die Beklagte zu 2 hatte auf dem vom Beklagten zu 1 gemieteten Grundstück eine Abfallrecyclinganlage betrieben. Der Kläger beendete das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 2. Beide Parteien schlossen einen Vergleich, nach dem das Grundstück von der Beklagten zu 2 Ende August 2006 geräumt herausgegeben werden musste.
- 3
- Da der Kläger das Grundstück bereits ab 1. September 2006 an eine neue Mieterin vermietet hatte und eine vollständige Räumung seitens der Beklagten zu 2 nicht erfolgt war, ließ er am 7. September 2006 das Grundstück zwangsräumen. Auch danach waren auf dem Grundstück noch Reststoffe verblieben. Im Oktober 2006 wies das Staatliche Umweltamt S. den Kläger darauf hin, dass die Lagerung von ca. 400 t (700 m3) nicht verwertbarer Abfälle auf dem Grundstück, die als Hinterlassenschaft von der zwangsgeräumten Beklagten zu 2 verblieben seien, nicht zulässig sei. Deshalb forderte das staatliche Umweltamt den Kläger auf, unverzüglich zu veranlassen, dass diese Abfälle von dem Grundstück entfernt und ordnungsgemäß entsorgt werden.
- 4
- Mit der Beseitigung dieser Abfälle beauftragte der Kläger die neue Mieterin , die ihm für ihre Leistungen die Klagesumme einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer in Höhe von 100.955,60 € in Rechnung stellte. Nachdem der Kläger einen entsprechenden Vorschuss von dem die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreibenden Gläubiger angefordert und erhalten hatte, zahlte der Kläger den Rechnungsbetrag, dessen Erstattung er von den Beklagten zu 1 und 2 verlangt.
- 5
- Die Klage hat gegen die Beklagten zu 1 und 2 vor dem Landgericht Erfolg gehabt. Die gegen die Beklagte zu 3 - eine frühere Mieterin - erhobene Klage ist abgewiesen worden. Die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 hat keinen Erfolg gehabt.
- 6
- Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten zu 1 und 2 ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht (ThürVBl. 2009, 126) hat die gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend gemachten Zahlungsansprüche für begründet erachtet und als Anspruchsgrundlage dafür § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG herangezogen. Sowohl der Kläger als auch beide Beklagten seien Verpflichtete nach dem Bundes -Bodenschutzgesetz. Die von der Beklagten zu 2 betriebene Abfallbeseitigungsanlage habe eine Altlast dargestellt. Die vom Beklagten zu 2 hinterlassenen Abfälle seien nach § 7 BBodSchG zu beseitigen gewesen. Die Beweisaufnahme habe im Übrigen ergeben, dass 460 t Abfall - wie abgerechnet - entsorgt worden seien. Die Entsorgungskosten seien auch üblich und angemessen und dem Kläger stehe auch die in den Rechnungen enthaltene Mehrwertsteuer zu.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 10
- 1. Revision der Beklagten zu 2
- 11
- Die Revision der Beklagten zu 2 ist begründet und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist.
- 12
- a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG zur Zahlung des Klagebetrages verpflichtet, trifft nicht zu. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG haben mehrere Verpflichtete untereinander unabhängig von ihrer Heranziehung einen Ausgleichsanspruch, der sich mangels anderweitiger Vereinbarung danach bemisst, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde.
- 13
- Im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu 2 nicht Verpflichtete im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG.
- 14
- aa) Eine Verpflichtung zur Gefahrenabwehr ergibt sich für die Beklagte zu 2 nicht aus § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG. Danach hat der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast den Boden und Altlasten sowie durch die schädlichen Bodenveränderungen oder durch Altlasten verursachte Verunreinigung von Gewässern zu sanieren, so dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
- 15
- (1) Im vorliegenden Fall kann aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass eine schädliche Bodenveränderung verursacht wurde. Nach § 2 Abs. 3 BBodSchG sind schädliche Bodenveränderungen im Sinne des Gesetzes Beeinträchtigungen der Bodenfunktion , die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Eine physikalische, chemische oder biologische Veränderung der Beschaffenheit des Bodens muss jedoch bereits eingetreten sein (BT-Drucks. 13/6701, S. 19; Versteyl in: Sondermann/Versteyl, BBodSchG, 2. Aufl., § 4 Rn. 77; Bickel, BBodSchG, 4. Aufl., § 2 Rn. 12). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lagerten zwar Abfälle auf dem Grundstück und es bestand die Gefahr, dass durch den Einfluss der Witterung mit Polyoxymethylen verunreinigter Staub in den Boden hätte gelangen können. Das Berufungsgericht stellt damit jedoch nur die Gefahr von Bodenveränderungen fest, nicht jedoch, dass solche bereits eingetreten sind, was jedoch Voraussetzung für eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2 unter dem Blickwinkel der Verursachung einer schädlichen Bodenveränderung ist.
- 16
- (2) Eine Verpflichtung des Beklagten zu 2 als Verursacher einer Altlast scheidet ebenfalls aus, da aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts die Voraussetzungen einer Altlast nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG nicht vorliegen.
- 17
- (a) Eine Altlast nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 1. Alternative BBodSchG kommt nicht in Betracht, weil hier keine stillgelegte Abfallbeseitigungsanlage vorliegt. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass auch eine Abfallverwertungsanlage , wie sie hier betrieben wurde, zu den Abfallbeseitigungsanlagen im Sinne des Gesetzes gehört (vgl. Sondermann/Hejma in: Versteyl/Sondermann aaO, § 2 Rn. 60). Stillgelegt im Sinne des Gesetzes ist jedoch eine solche Anlage frühestens mit der Beendigung aller Stilllegungsmaßnahmen (vgl. Sondermann /Hejma aaO Rn. 61; Sanden in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 2 Rn. 74). Da vorliegend die Abfallverwertungsanlage nach wie vor betrieben wurde, wenn auch durch den neuen Mieter, so war die Anlage damit nicht stillgelegt und stellte auch keine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 1. Alternative BBodSchG dar.
- 18
- (b) Eine Altlast liegt aber auch nicht nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 2. Alternative BBodSchG vor. Bei dem Grundstück des Beklagten zu 1 handelte es sich nicht um ein sonstiges Grundstück, auf dem Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden waren.
- 19
- Voraussetzung ist auch insoweit, dass es sich nicht um ein Grundstück einer noch im Betrieb befindlichen Abfallbeseitigungsanlage handelt (vgl. BTDrucks. 13/6701 S. 30; Bickel, aaO § 2 Rn 26; Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht , 2001, Rn. 210). Im vorliegenden Fall lagerten die Reststoffe der Beklagten zu 2 auf dem Betriebsgelände der Abfallverwertungsanlage und nicht außerhalb. Gegenteiliges ist weder vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt worden. Da die Anlage durch den neuen Mieter weiterbetrieben wurde und noch nicht stillgelegt worden war, handelt es sich bei den Ablagerungen nicht um solche auf einem sonstigen Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 2. Alternative BBodSchG.
- 20
- Unerheblich ist insoweit, ob die neue Mieterin die Abfallbeseitigung in der Anlage umgestellt hatte und ob es sich bei den beseitigten Reststoffen um solche handelte, die ausschließlich im Rahmen der Betriebsabläufe der Vormieterin entstanden sein konnten oder nur für Zwecke der Vormieterin benötigt wur- den. Der Betrieb einer Anlage gilt nur dann als stillgelegt, wenn die Produktion völlig eingestellt wird; kein Fall der Stilllegung liegt dagegen vor, wenn nach einer Produktionsänderung lediglich in einer neuen Variante produziert wird. Im Falle einer weiteren Fortführung kommt eine Stilllegung nur dann in Betracht, wenn sich der Betrieb als ein aliud darstellt (vgl. Sanden aaO § 2 Rn. 74; Kothe VerwArch 1997, 456, 459). Solches ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Parteien vorgetragen worden.
- 21
- (3) Eine Altlast kann auch nicht nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG in Form eines Altstandortes bejaht werden. Ein Altstandort liegt nach der Vorschrift bei Grundstücken stillgelegter Anlagen oder bei sonstigen Grundstücken vor, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist. Insoweit scheiden ebenfalls Grundstücke aus, die - wie hier - zu noch im Betrieb befindlichen Anlagen gehören (BT-Drucks. 13/6701 S. 30; Bickel aaO § 2 Rn. 29).
- 22
- bb) Die Beklagte zu 2 ist auch nicht Verpflichtete im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG, weil sie vorsorgepflichtig nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG war. Die entgegenstehende Annahme des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
- 23
- Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG ist die Vorschrift im vorliegenden Fall nicht auf die Beklagte zu 2 anzuwenden. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nur dann Anwendung, wenn die Vorschriften des Bundes -Immissionsschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen unter Berücksichtigung von Absatz 3 des § 3 BBodSchG Einwirkungen auf den Boden nicht regeln.
- 24
- Eine die Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes verdrängende Spezialregelung ist hier § 5 Abs. 1 BImSchG. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist im vorliegenden Fall erfüllt.
- 25
- (1) Die Errichtung und der Betrieb der vorliegenden Abfallverwertungsanlage bedurfte der Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG. Dies wird von den Beklagten unwidersprochen vorgetragen und ergibt sich im Übrigen auch aus dem (Anhörungs-)Schreiben des Umweltamts S. vom 23. Oktober 2006, in dem auf den Genehmigungsbescheid für die Anlage Bezug genommen wird.
- 26
- (2) Die vom Berufungsgericht festgestellten Gefahren - der Eintrag von Schadstoffen in den Boden durch Witterungseinflüsse und insbesondere Regen - werden auch von der Sache her von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Die Schutzpflicht bezieht sich auch im gewissen Umfang auf schädliche Umwelteinwirkungen in der Zukunft und dient damit auch der vorbeugenden Gefah- renabwehr (vgl. BVerwGE 119, 329, 332 f; Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 5 Rn. 14).
- 27
- (3) Bodenveränderungen, deren Eintritt das Berufungsgericht für die Zukunft als möglich angesehen hat, stellen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar, soweit sie durch Immissionen verursacht werden. Die Voraussetzung einer Immission ist dabei erfüllt, wenn die Schadstoffe durch ablaufendes Niederschlagswasser in den Boden eingetragen werden und dort die schädliche Bodenveränderung herbeiführen (vgl. Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht [Stand: Mai 2003] § 5 BImSchG Rn. 75; Kotulla, BImSchG [Stand: November 2004] § 5 Rn. 48). Von einer derartigen Gefahrenlage ist das Berufungsgericht ausgegangen.
- 28
- (4) Räumlich wird die Umwelteinwirkung auf den Boden im Einwirkungsbereich der Anlage von § 5 Abs. 1 BImSchG erfasst (vgl. Dietlein aaO Rn. 74). Eine darüber hinaus gehende Umweltbeeinträchtigung ist weder vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt worden.
- 29
- cc) Eine Verpflichtung der Beklagten im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 BBodSchG. § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG steht auch der Anwendung dieser Vorschrift entgegen. Die Vorschrift entspricht dem Vorsorgegebot aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG (vgl. Versteyl aaO § 4 Rn. 7; Dombert in: Landmann/Rohmer aaO [Stand: März 2001] § 4 BBodSchG Rn. 4).
- 30
- b) Der geltend gemachte Anspruch des Klägers kann auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG gestützt werden.
- 31
- Eine solche analoge Anwendung wird in der Literatur vor allem dann für möglich gehalten, wenn die Inanspruchnahme des ordnungsrechtlichen Störers wegen § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG nicht auf die Vorschriften des BundesBodenschutzgesetzes gestützt werden kann, sondern insbesondere auf § 5 Abs. 1 BImSchG (vgl. Wagner ZfIR 2003, 841, 843).
- 32
- Eine solche analoge Anwendung scheidet jedoch aus. Bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG schließt die Anwendung des gesamten Bundes-Bodenschutzgesetzes und damit auch dessen § 24 ausdrücklich aus. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des öffentlichen Rechts gibt, wonach ein Ausgleich zwischen mehreren Störern im Sinne des Ordnungsrechts stattzufinden hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - NJW 1981, 2457, 2458; BGHZ 158, 354, 360). Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 24 Abs. 2 BBodSchG auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reagiert, wonach gesetzliche Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Störern nicht auf eine analoge Anwendung des § 426 BGB gestützt werden können (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - NJW 1981, 2457, 2458; BGHZ 158, 354, 360; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - VI ZR 166/05 - NJW 2006, 3628, 3631 m.w.N.; siehe auch Kobes NVwZ 1998, 786, 796). Dass der Gesetzgeber selbst davon ausging, mit § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG nur eine auf den Anwendungsbereich des BundesBodenschutzgesetzes beschränkte Sonderregelung geschaffen zu haben, zeigt auch der Umstand, dass er in § 9 Abs. 2 des (auf den vorliegenden Sachverhalt noch nicht anwendbaren) Umweltschadensgesetzes (USchadG) vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 666) eine eigenständige Ausgleichsregelung für erforderlich gehalten hat. Die Begründung zum Entwurf des Umweltschadensgesetzes lässt erkennen, dass dem Gesetzgeber zwar die Vorschrift des § 24 Abs. 2 BBodSchG vor Augen gestanden hat, er aber gleichwohl einen Regelungsbedarf gesehen und diesen nicht etwa deshalb in Frage gestellt hat, weil eine - unmittelbare oder entsprechende - Anwendung des § 24 BBodSchG in Betracht komme (vgl. BT-Drucks. 16/3806 S. 26 f). In diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, dass das Umweltschadensgesetz, was Anwendungsbereich und Regelungszweck angeht, dem Bundes-Bodenschutzgesetz jedenfalls nicht ferner steht als das Bundes-Immissionsschutzgesetz.
- 33
- c) Ob dem Kläger aus anderen Gründen der geltend gemachte Anspruch zustehen kann, hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig nicht geprüft. Da hierzu weitere Feststellungen zu treffen sind, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich.
- 34
- Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird insbesondere ein Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280, 281, 546 BGB in Betracht zu ziehen sein. Die der Beklagten zu 2 obliegende Pflicht, das Betriebsgrundstück nach dem Ende des Mietverhältnisses zu räumen, umfasste auch die Verpflichtung, etwaige noch auf dem Grundstück befindliche Reststoffe zu beseitigen. Ob dieser Anspruch scheitert, weil nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien die nach § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Fristsetzung zur Erfüllung der Leistung durch den Kläger nicht erfolgt ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Eine solche Fristsetzung wäre nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen , wenn die Beklagte zu 2 die Erfüllung ihrer Räumungspflicht ernsthaft und endgültig verweigert hätte. An eine solche Weigerung sind zwar im Allgemeinen strenge Anforderungen zu stellen, die nur erfüllt sind, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Verpflichtungen nicht nachkommen , und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich durch eine Aufforderung zur Leistung umstimmen ließe (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2008 - V ZR 31/08 - NJW 2009, 1813, 1816 Rn. 29 m.w.N.). Bei Mietverhältnissen nimmt der Bundesgerichtshof jedoch eine derartige ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung bereits dann an, wenn der Mieter ohne die Vornahme der geschuldeten Instandsetzung auszieht und auch keine Anstalten für die Vorbereitung oder Ausführung der erforderlichen Maßnahmen getroffen hat (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 1997 - XII ZR 281/95 - NJW 1998, 1303, 1304; vom 10. Juli 1991 - XII ZR 105/90 - NJW 1991, 2416, 2417; BGHZ 49, 56, 59 f jeweils für die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach Mietvertragsende ). Die Parteien haben im weiteren Verfahren Gelegenheit, zu diesem Punkt ergänzend vorzutragen.
- 35
- Das Berufungsgericht wird sich im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch mit den weiteren Rügen der Beklagten zu 2 zur Schadenshöhe auseinanderzusetzen haben, auf die näher einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
- 36
- 2. Revision des Beklagten zu 1
- 37
- Die Revision des Beklagten zu 1 ist ebenfalls begründet.
- 38
- a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, auch gegen den Beklagten zu 1 bestehe ein Anspruch der Klägerin in Höhe der Klageforderung nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG, halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 39
- Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen keine Verurteilung des Beklagten zu 1 nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG in seiner Eigenschaft als Eigentümer des mit einer nach den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigten Anlage bebauten Betriebsgrundstücks. Insoweit gilt das oben zu 1 a Gesagte entsprechend. Ergänzend ist zu bemerken, dass der sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG ergebende Vorrang der Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit Blick auf den Beklagten zu 1 auch nicht deshalb in Frage gestellt ist, weil § 5 Abs. 1 BImSchG nur Pflichten für den Anlagenbetreiber und nicht für den davon personenverschiedenen Eigentümer begründet (vgl. Jarass, aaO § 5 Rn. 10). Ein Rückgriff auf das BundesBodenschutzgesetz hinsichtlich der in § 7 Satz 1 BBodSchG zusätzlich genannten Adressaten wie den Grundstückseigentümer kommt nicht in Betracht (vgl. Bickel, aaO § 3 Rn. 18; Schäling, Grenzen der Sanierungsverantwortlichkeit nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, 2008, S. 80, 82; a.A. Nicklas LKV 2000, 376, 379). Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber nur hinsichtlich bestimmter Adressaten den Vorrang des Bundes-Immissionsschutzgesetzes begründen und im Übrigen eine parallele Anwendung des Bundes-Bodenschutzgesetzes und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ermöglichen wollte. Vielmehr sollten anlagebezogene Anforderungen und die Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen einheitlich im BundesImmissionsschutzgesetz geregelt sein (BT-Drucks. 13/6701, S. 33).
- 40
- b) Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar.
- 42
- (1) Eine Verpflichtung des Beklagten zu 1 zur Abfallbeseitigung ergab sich nicht aus dem Bundes-Bodenschutzgesetz, da insoweit die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes - wie ausgeführt - vorrangig sind.
- 43
- (2) Eine Verpflichtung zur Beseitigung ergab sich auch nicht aus § 5 Abs. 1 BImSchG, da sich insoweit nur Pflichten für den Anlagenbetreiber ergeben , nicht jedoch für den davon personenverschiedenen Eigentümer.
- 44
- (3) Der Kläger hat auch keine Verpflichtung des Beklagten zu 1 im Hinblick auf die Gefahrenabwehr nach dem allgemeinen Ordnungsrecht erfüllt.
- 45
- (a) Eine Verpflichtung des Beklagten zu 1 nach § 10 Abs. 1, 3 ThürOGB scheidet aus. Der Vortrag des Klägers hierzu erschöpft sich in dem Verweis auf die gesellschaftsrechtliche Stellung des Beklagten zu 1 als Gesellschafter und zugleich Vorstand der Beklagten zu 2 und ist nicht hinreichend, um eine persönliche Inanspruchnahme des Beklagten zu 1 als Verursacher einer ordnungsrechtlichen Gefahr im Sinne des § 10 ThürOBG zu begründen.
- 46
- Ebenso (b) wenig kommt eine Inanspruchnahme des Beklagten zu 1 gemäß § 11 ThürOBG in Betracht. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift sind die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten, sofern die Gefahr von einer Sache ausgeht. Gemäß § 11 Abs. 2 ThürOBG können die Maßnahmen auch gegen den Eigentümer gerichtet werden , es sei denn, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt übt diese ohne den Willen des Eigentümers aus.
- 47
- Im vorliegenden Fall übt der Kläger als Zwangsverwalter die tatsächliche Gewalt ohne den Willen des Beklagten zu 1 aus. Diesem ist gemäß § 148 Abs. 2 ZVG die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks entzogen. Er kommt deshalb als Zustandsstörer während der laufenden Zwangsverwaltung grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl., S. 78; Rühle/Suhr, Polizei- und Ordnungsbehördengesetz RheinlandPfalz , 2000, S. 92; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 327 f, Duesmann, Die Verantwortlichkeit für schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, S. 77 f).
- 48
- Ob dies deshalb in Frage zu stellen ist, weil möglicherweise dem Beklagten zu 1 mittels einer Duldungsverfügung gegen den Kläger als Zwangsverwalter eine Einwirkung auf sein Grundstück, von dem die Gefahr ausging, hätte aufgegeben werden können (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 23. Mai 2006 - W 4 K 05.592 - juris Rn. 28 ff für einen besonders gelagerten Einzelfall), kann hier dahinstehen. Solange nicht erkennbar ist, dass die Ordnungsbehörde selbst diesen Weg einschlagen will oder auch nur für gangbar hält, kann derjenige, der tatsächlich in Anspruch genommen wird oder dessen Inanspruchnahme ins Auge gefasst wird, sich unter dem Blickwinkel einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht darauf berufen, dass er eine fremde Verpflichtung durch die Beseitigung der die Gefahr erfüllt hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 – NJW 1981, 2457, 2458). Im vorliegenden Fall hat das Staatliche Umweltamt mit seinem Schreiben vom 23. Oktober 2006 den Kläger angehört und dessen Inanspruchnahme zur Entsorgung der Reststoffe in Aussicht gestellt. Der Anhörung ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde beabsichtigte, mit einer Duldungsverfügung gegen den Kläger vorzugehen und dann den Beklagten zu 1 als Eigentümer in Anspruch zu nehmen. Es verbleibt deshalb dabei, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beseitigung der Reststoffe keine Verpflichtung des Beklagten zu 1 erfüllt hat, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den Kläger nicht in Betracht kommt.
- 49
- bb) Mangels Befreiung des Beklagten zu 1 von einer Verpflichtung im Hinblick auf die Entsorgung der Reststoffe scheiden auch Ansprüche des Klägers gegen ihn aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.
- 50
- c) Hinsichtlich der Revision des Beklagten zu 1 kann der Senat selbst entscheiden, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 12.03.2008 - 3 O 209/07 -
OLG Jena, Entscheidung vom 22.10.2008 - 7 U 316/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 26.726,40 € in Anspruch, die ihr für die Entsorgung von Altreifenmaterial entstanden sind. Die Klägerin ist Leasingnehmerin eines Grundstücks, das sie an die Firma G. E. untervermietet und dieser im Sommer 2002 zum Betrieb einer Altautoreifenrecyclinganlage überlassen hatte. Auf dem Grundstück sammelten sich in der Folgezeit ca. 550 Tonnen Altreifen und geschredderte Reifenreste, die verschiedene Unternehmen dort anlieferten. Ein Teil davon, nämlich von der Firma L. gelieferte 319,39 Tonnen, stammt nach dem bestrittenen Vortrag der Klägerin von der Beklagten. Die Beklagte hatte im Sommer 2002 größere Mengen geschredderte Altreifenreste zur Entsorgung an die Firma R. S. weitergegeben, welche sich hierzu der Firma L. bediente, die ihrer- seits die Altreifen an die Firma G. E. lieferte. In der Folgezeit kündigte die Klägerin ihrer Untermieterin wegen Zahlungsverzugs. Diese kam ihrer Pflicht zur Räumung des Grundstücks jedoch nicht nach. Das Landratsamt E. forderte deshalb die Klägerin mit Bescheid vom 30. Juni 2003 auf, das Reifenmaterial ordnungsgemäß zu entsorgen. Die Klägerin beauftragte hiermit ihrerseits die Firma L., welche die Altreifenreste gegen Zahlung des Klagebetrags entsorgte.
- 2
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die entsorgten Reifenteile von der Beklagten stammten, da ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht gegeben sei.
- 4
- Soweit auf das Einbringen der Reifenteile auf das Grundstück abgestellt werde, sei ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Besitzstörung jedenfalls deshalb zu verneinen, weil diese Handlung nicht von der Beklagten, sondern von selbständigen Entsorgungsunternehmen vorgenommen worden sei. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten, müsse deshalb abgelehnt werden, weil die Klägerin nicht in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen gewesen sei. In den Schutzbereich seien diejenigen nicht einbezogen, die ihrerseits selbst verkehrssicherungspflichtig seien und hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht sozusagen auf einer Stufe stünden. Dies gelte zunächst für die di- rekt an der "Entsorgungskette" beteiligten Firmen R. S., L. und G. E. Aber auch die Klägerin als Vermieterin der G. E. werde vom Schutzbereich nicht erfasst. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, da es an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehle. Ein deliktischer Anspruch könne schließlich nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 10 Abs. 4 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) vom 6. Oktober 1994 - BGBl. I 2705 - hergeleitet werden, da keines der dort genannten Rechtsgüter betroffen gewesen sei.
- 5
- Ein auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter Anspruch der Klägerin komme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte im Innenverhältnis zur Klägerin dieser gegenüber verpflichtet gewesen sei, die Altreifenteile zu entfernen. Eine solche Verpflichtung der Beklagten könne aber entgegen einer Entscheidung des OLG Dresden (VersR 1995, 836) nicht dem § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB entnommen werden. Zivilrechtlich sei die Beklagte nicht als Störerin anzusehen. Darauf, ob die Beklagte nach dem polizeirechtlichen Störerbegriff verantwortlich gemacht werden könne, komme es nicht an. Der zivilrechtliche Störer dürfe mit dem polizeirechtlichen nicht gleichgesetzt werden.
II.
- 6
- Die hiergegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
- 7
- 1. Die Beklagte hat nicht nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts der Klägerin zum mittelbaren Besitz an dem vermieteten Grundstück Schadensersatz dafür zu leisten, dass sie Reifenteile zur Entsorgung an die Firma R. S. weitergegeben hat, die sie über die Firma L. der Mieterin G. E. der Klägerin überlassen hat.
- 8
- a) R. S. und L. waren selbstständige Entsorgungsunternehmen und mangels Weisungsgebundenheit keine Verrichtungsgehilfen der beklagten Abfallerzeugerin. Das Verhalten dieser Firmen ist der Beklagten daher nicht über § 831 BGB zurechenbar (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - VersR 1976, 62, 64; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194, 195 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96; Wilmowsky, NuR 1991, 253, 257), so dass sich insoweit die Frage eines Auswahl- und Überwachungsverschuldens der beauftragten Firma R. S. nicht stellt.
- 9
- b) Das Berufungsgericht hat auch im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten verneint.
- 10
- aa) Zwar hat ein Produzent von Industrieabfällen, die ohne besondere Vorkehrungen eine Quelle von Umweltgefahren sind, die allgemeine Verkehrssicherungspflicht , im Rahmen des Zumutbaren und Verkehrsüblichen das Erforderliche zu tun, damit sich diese (potentiellen) Gefahren nicht zum Schaden Dritter auswirken können. Dabei nehmen die Anforderungen an die Sorgfalt bei Lagerung und Vernichtung mit der Gefährlichkeit der Abfallstoffe zu (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO; OLG Hamm, VersR 1988, 804 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 10. Mai 1988 - VI ZR 236/87; OLG Stuttgart, VersR 1991, 1375, 1376 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 54/90; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95).
- 11
- bb) Der Abfallproduzent muss die Entsorgung nicht stets selbst übernehmen. Nach ständiger Rechtsprechung können Verkehrssicherungspflichten delegiert werden. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich, während sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich (allein) Verantwortlichen auf Auswahl- und Überwachungspflichten verengt. Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei wiederum eine erhöhte Gefährlichkeit ebenso wie ein verringerter Einfluss des Produzenten auf den mit der Entsorgung bzw. Verwertung beauftragten Unternehmer aufgrund dessen Selbstständigkeit zu einer gesteigerten Sorgfaltspflicht des Delegierenden führt (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1982 - VI ZR 129/81 - VersR 1983, 152; vom 12. März 1985 - VI ZR 215/83 - VersR 1985, 666, 667 und vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 - VersR 1989, 526 m.w.N.; vgl. auch BGH, BGHZ 142, 227, 233). Der Beaufsichtigung eines Fachunternehmens sind allerdings durch das Erfordernis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sowie durch die Selbstständigkeit und Weisungsunabhängigkeit des Beauftragten Grenzen gesetzt. Eine Kontrolle auf Schritt und Tritt kann nicht verlangt werden (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO; vom 12. März 1985 - VI ZR 215/83 - aaO; vom 30. September 1986 - VI ZR 247/85 - RuS 1987, 130, 131). Diese Grundsätze - von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist - gelten auch, wenn der Abfallerzeuger ein selbstständiges Unternehmen mit der Entsorgung beauftragt. Ihn treffen dann abgestufte Auswahl- und Überwachungspflichten , die nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sind und umso strenger werden, je gefährlicher die Abfälle für die Umwelt sind und je geringer die Gewähr ist, dass das eingeschaltete Unternehmen die erforderlichen Sicherheitsvorschriften beachtet (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO, 64 f.; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 f. mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; Wilmowsky aaO; vgl. auch OLG Frankfurt, NJW 1974, 285, 286). Dass der Beauftragte im Besitz der erforderlichen abfallrechtlichen Genehmigungen ist, ist Voraussetzung für eine entlastende Pflichtendelegation, kann den Abfallerzeuger aber entgegen einer gelegentlich vertretenen Ansicht (vgl. Dombert, PHI 1992, 42, 45 f.; Ekrutt, NJW 1976, 885 f.; ähnlich Klingelhöfer , VersR 2002, 530, 538; Wilmowsky, NuR 1991, aaO; a.A. Birn, NJW 1976, 1880 f.; vgl. auch OLG Hamm, VersR 1988, 804 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 10. Mai 1988 - VI ZR 236/87) nicht ohne weitere Umstände entlasten (vgl. auch Senat, Urteil vom 31. Mai 1994 - VI ZR 233/93 - VersR 1994, 996, 997 m.w.N.). Eines näheren Eingehens auf diese Frage bedarf es hier jedoch aus den nachfolgenden Erwägungen nicht.
- 12
- cc) Ob die Beklagte mit Beauftragung der Firma R. S. und bei der nicht näher festgestellten weiteren Abwicklung des Geschäfts ihren Auswahl- und Überwachungspflichten nachgekommen ist, durfte das Berufungsgericht zu Recht unbeantwortet lassen. Diese Verkehrssicherungspflichten hatten nach den besonderen Umständen des Streitfalls nämlich nicht den (Schutz-) Zweck, die Klägerin vor denjenigen Schäden zu bewahren, deren Ausgleich sie nun verlangt (zur Eingrenzung von Verkehrssicherungspflichten über den Schutzzweck vgl. Senat, Urteil vom 27. Januar 1987 - VI ZR 114/86 - NJW 1987, 2671, 2672; Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 823 Rdn. 28).
- 13
- (1) Es ist bereits fraglich, ob der bei der Klägerin entstandene Schaden seiner Art nach vom Schutzzweck der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht erfasst ist. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht eines Produzenten von Industrieabfällen soll verhindern, dass sich Umweltgefahren zum Schaden Dritter auswirken (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1975 - VI ZR 43/74 - aaO, 64). Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendun- gen haben ihre Ursache darin, dass ihre Untermieterin ihrer Räumungspflicht nicht nachgekommen ist. Räumungskosten wären deshalb auch dann angefallen , wenn G. E. keinen Abfall, sondern Wirtschaftsgüter gelagert hätte. Damit haben sich nicht die von den geschredderten Altreifen ausgehenden Umweltgefahren verwirklicht, sondern das allgemeine Risiko eines Vermieters, dass der Mieter die ihm überlassene Sache nicht in ordnungsgemäßem Zustand zurückgibt und seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt (vgl. OLG Düsseldorf , RuS 1997, 194 f. mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96). In derartigen Fällen wird es deshalb regelmäßig an einem inneren Zusammenhang des Schadens mit der vom Abfallerzeuger geschaffenen Gefahrenlage fehlen.
- 14
- (2) Jedenfalls umfasst der persönliche Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten nicht die Klägerin.
- 15
- (a) Bereits die Firma R. S. war nicht in diesen Schutzbereich einbezogen, soweit ihr als Entsorger die gefahrlose Beseitigung des Abfalls übertragen wurde (vgl. Senat, Urteil vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83 - VersR 1985, 243, 244 zur Streupflicht). Der Entsorger ist selbst Teil der Gefahr, für die der Abfallerzeuger in gewissem Umfang verantwortlich bleibt; er wird nicht selbst geschützt.
- 16
- (b) Ob sich dieser Ausschluss aus dem Schutzbereich unter dem Aspekt der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht stets bei weiteren Entsorgern innerhalb der "Entsorgungskette" fortsetzt, kann offen bleiben. Die Klägerin wird vom Schutzzweck der Verkehrssicherungspflicht bereits deshalb nicht erfasst, weil sie sich der Umweltgefahr freiwillig ausgesetzt hat.
- 17
- Sie hat ihrer Untermieterin das Grundstück zum Betrieb einer Altautoreifenrecyclinganlage zur Nutzung überlassen. Dies setzt das vorübergehende Lagern von Altreifen zwingend voraus. Die Klägerin hat also die von den geschredderten Altreifen ausgehenden Umweltgefahren aus wirtschaftlichem Eigeninteresse freiwillig in Kauf genommen und sich dadurch selbst außerhalb des Schutzbereichs der dem Abfallerzeuger für den Abfall obliegenden Verkehrssicherungspflicht gestellt. Mit dieser Eröffnung einer Gefahrenquelle ist sie nicht mehr ein Dritter, den der Abfallerzeuger durch besondere Vorkehrungen vor den erkennbaren Umweltgefahren des Abfalls schützen muss (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194 f. mit Nichtannhmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96; vgl. ferner OLG Hamm, VersR 2002, 1298; OLG Stuttgart, TranspR 1998, 488, 489 f.). An diesem Einverständnis der Klägerin, das den Schutz vor den Umweltgefahren der Altreifenteile ausschließt, hat sich nichts dadurch geändert, dass durch die Zahlungsunfähigkeit des Untermieters oder etwa vorhandener Unzulänglichkeiten in der Handhabung des Recyclinggeschäfts die Altreifen nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft und - wie die Revision meint - vertrags- und vorschriftswidrig gelagert wurden. Darin hat sich lediglich eine wirtschaftliche Gefahr verwirklicht, der typischerweise jeder Vermieter eines Industriegrundstücks ausgesetzt ist (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194, 195 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96). Die Verkehrssicherungspflicht des Abfallerzeugers schützt nicht das Vertrauen eines Vermieters in die fachliche Eignung bzw. in die fortdauernde wirtschaftliche Gesundheit und Existenz des in der Entsorgungsbranche tätigen Vertragspartners und damit letztlich in die ordnungsgemäße Erfüllung der eingegangenen vertraglichen Pflichten.
- 18
- 2. An denselben Erwägungen zum Schutzzweck scheitert auch ein Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 10 Abs. 4 KrW /AbfG. Der Streitfall gibt daher keine Veranlassung zu prüfen, ob und bejahendenfalls zum Schutz welcher Rechtsgüter § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG überhaupt als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen werden kann (verneinend Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl., § 10 Rdn. 32 a.E.; Geigel /Freymann, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 15 Rdn. 5; a.A. noch zu § 2 AbfG OLG Hamm, VersR 1991, 676, 677; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1363, 1364 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. März 1996 - VI ZR 272/95; dasselbe RuS 1997, 194, 195 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 19. November 1996 - VI ZR 136/96; Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823 Rdn. G 43).
- 19
- 3. Der Hauptangriff der Revision, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin jedenfalls gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Beseitigung der Reifenteile verpflichtet gewesen sei, bleibt gleichfalls ohne Erfolg. Der Umstand, dass die Klägerin mit der Räumung des Grundstücks nicht nur dessen erneute wirtschaftliche Nutzung nach dem Scheitern des Mietverhältnisses ermöglichte, sondern als sogenannte Zustandsstörerin auch einer abfallrechtlichen Anordnung des Landratsamtes E. nachkam, begründet auch dann keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung, wenn die Beklagte als Verhaltensstörerin von der Ordnungsbehörde gleichfalls hätte zur Räumung verpflichtet werden können.
- 20
- a) Soweit die Revision eine Verpflichtung der Beklagten zur Räumung des Grundstücks aus § 1004 BGB herleiten will (vgl. insoweit BGH, BGHZ 110, 313, 315; 142, 227, 237; Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - VersR 2005, 839 m.w.N.; Frenz, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 3. Aufl., § 3 Rdn. 106; vgl. auch Bamberger/Fritzsche, BGB, § 1004 Rdn. 76; Münch- KommBGB/Seiler, 4. Aufl., § 677 Rdn. 34), ist bereits fraglich, ob der Anwendungsbereich dieser Vorschrift überhaupt eröffnet ist. Die Klägerin ist nicht Eigentümerin des Grundstücks, sondern lediglich Leasingnehmerin. Soweit sich die Klägerin auf Besitzverletzung beruft, ist eine Anwendbarkeit des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verneinen. Insoweit verschafft jedoch § 862 BGB dem Besitzer einen vergleichbaren Schutz wie § 1004 BGB dem Eigentümer (vgl. BGH, BGHZ 147, 45, 50; MünchKommBGB/Joost, aaO, § 862 Rdn. 1; MünchKommBGB /Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 5; Staudinger/Bund, BGB, Neubearbeitung 2000, § 862 Rdn. 1; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2006, § 1004 Rdn. 87) und geht insbesondere von einem nahezu identischen Störerbegriff aus (MünchKommBGB/Joost, aaO, § 862 Rdn. 9; Staudinger/Bund, aaO, § 858 Rdn. 14).
- 21
- b) Es ist - entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht zu entscheiden , ob die Beklagte hinsichtlich der Lagerung von Altreifen auf dem Grundstück zivilrechtlich als Störerin angesehen werden kann. Im vorliegenden Fall scheidet eine etwaige Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung der Störung durch den Reifenabfall jedenfalls im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 254 BGB aus (vgl. BGH, BGHZ 110, 313, 317; 131, 95, 101; Urteil vom 21. Oktober 1994 - V ZR 12/94 - NJW 1995, 395, 396; OLG Dresden, VersR 1995, 836, 837; Bamberger/Fritzsche, aaO, § 1004 Rdn. 68; MünchKommBGB /Oetker, aaO, § 254 Rdn. 25; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 254 Rdn. 28 sowie die zahlreichen Nachweise bei Staudinger /Gursky, aaO, Rdn. 157, selbst a.A.).
- 22
- Ebensowenig wie der Beseitigungsanspruch aus §§ 862, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an ein schuldhaftes Verhalten des Störers anknüpft, setzt die Mitverantwortlichkeit des Gestörten im Sinne des § 254 BGB einen Schuldvorwurf voraus (vgl. BGH, BGHZ 110, 313, 317 m.w.N.). Es genügt vielmehr, dass er die Störung selbst ermöglicht und im Verhältnis der Parteien die entscheidende Ursache gesetzt hat. Das trifft hier zu. Die Klägerin hat die vorübergehende Verbringung von geschredderten Altreifenteilen auf das Grundstück durch dessen Vermietung zum Betrieb einer Altautoreifenrecyclinganlage erst ermöglicht. Damit hat sie im Verhältnis der Parteien eine entscheidende Ursache für ihre späteren Aufwendungen gesetzt. Die spätere Entwicklung, die durch die Kündigung des Untermietverhältnisses veranlasst wurde, hat nicht die Beklagte, sondern die Untermieterin der Klägerin zu verantworten. Die Verletzung mietvertraglicher Pflichten der Untermieterin liegt - wie bereits im Zusammenhang mit der Prüfung einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Abfallerzeugers ausgeführt - nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten. Darin liegt auch der wesentliche Unterschied zu dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des OLG Dresden (VersR 1995, 836) zugrunde lag. Die dortige Klägerin war lediglich Lagerhalterin und nicht Entsorgerin (aaO 837) und der Abfall, dessen Entsorgungskosten sie ersetzt verlangte, war bei ihr nicht als Abfall, sondern als Farben und Lacke/Gefahrgüter für eine bestimmte Vertragszeit eingelagert worden. Im hier zu entscheidenden Streitfall hat die Klägerin dagegen die (eingetretene ) Gefahr, mit den Entsorgungskosten für die Reifenteile belastet zu werden, dadurch ermöglicht, dass sie die Nutzung des Grundstücks für eine Altreifenrecyclinganlage selbst eröffnet hat.
- 23
- 4. Schließlich scheiden auch sonstige Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus.
- 24
- a) Ein allgemeiner zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch des in Anspruch genommenen Störers gegen andere Pflichtige entsprechend § 426 BGB wird von der Rechtsprechung und Teilen der Literatur wegen fehlender Vergleichbarkeit der Sachverhalte zu Recht abgelehnt (BGH, BGHZ 98, 235, 239 f.; 110, 313, 318; Urteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - VersR 1981, 980, 982; OLG Düsseldorf, NVwZ 1989, 993, 997; OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 850, 851 mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 24. April 1996 - XII ZR 203/94; LG Trier, UPR 1994, 118; Bockwoldt, Rechtmäßigkeit und Kostentragungspflicht polizeilichen Handelns, 2003, S. 220 ff., 225; Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht, 1995, S. 258 ff., 262; Frenz, aaO, § 3 Rdn. 105; Knoche, Altlasten und Haftung, 2001, S. 104 ff., 110; Jochum, NVwZ 2003, 526, 529; Johlen, DStR 1994, 1897, 1900; Papier, NVwZ 1986, 256, 263; Schwachheim, NVwZ 1988, 225 ff., 227; Schwerdtner, NVwZ 1992, 141, 143; a.A. Haller, ZUR 1996, 21, 25 f.; Haibt/Rinne, ZIP 1997, 2113, 2115 f.; Kloepfer/Thull, DVBl. 1989, 1121, 1125 f.; Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, 1049 ff.; Leinemann, VersR 1992, 25, 28 ff.; Raeschke-Kessler, DVBl. 1992, 683, 690; Seibert, DÖV 1983, 964 ff., 974; Stickelbrock, AcP 197, 456, 503 f.).
- 25
- b) Es besteht auch kein Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 683 Satz 2, 679, 670 BGB oder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.
- 26
- aa) Wird von mehreren polizeirechtlichen Störern nur einer in Anspruch genommen, kann er im Allgemeinen einen Aufwendungsersatzanspruch gegen weitere - nicht in Anspruch genommene - Störer nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen. Mit der Beseitigung der Störung besorgt er regelmäßig nur ein eigenes und nicht zugleich auch ein Geschäft des anderen Störers (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1981 - III ZR 39/80 - aaO, 981 f.; OLG Düsseldorf, NVwZ 1989, 993, 997; OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 850 mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 24. April 1996 - XII ZR 203/94; Bamberger /Fritzsche, aaO, Rdn. 76; zustimmend mit teils abweichender Begründung Frenz, aaO, § 3 Rdn. 106; Hoeft, aaO, S. 257; Knoche, aaO, S. 111 f.; Staudinger/Wittmann, BGB, 13. Bearbeitung, Vorbem. zu §§ 677 ff. Rdn. 37; Haller, ZUR 1996, 21, 25; Johlen, DStR 1994, 1897, 1901; Kloepfer/Thull, DVBl. 1989, 1121, 1123 f.; Papier, NVwZ 1986, 256, 263).
- 27
- Ein Anspruch aus § 683 Satz 2 BGB könnte allerdings dann zu bejahen sein, wenn die Klägerin zugleich auch ein fremdes Geschäft geführt, nämlich eine Verpflichtung der Beklagten erfüllt hätte (vgl. BGH, BGHZ 98, 235, 240). Dass sie durch die Beseitigung der geschredderten Altreifen der ihr gegenüber ergangenen Polizeiverfügung nachkam, steht der Annahme einer Fremdgeschäftsführung nicht entgegen (vgl. BGH, BGHZ 110, 313, 314 f.). Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Geschäftsführung i.S. des § 677 BGB möglich ist, wenn der Handelnde vornehmlich zur Wahrnehmung eigener Belange und nur nebenbei im Interesse eines Anderen tätig wird. Insbesondere hindert der Umstand, dass der Geschäftsführer einer eigenen öffentlichrechtlichen Pflicht nachkommt, nicht die Annahme, dass er damit zugleich das privatrechtliche Geschäft eines Dritten besorgt (vgl. BGH, BGHZ 40, 28, 30; 63, 167, 169 f.; 65, 354, 357 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 f.; MünchKommBGB/Seiler, 4. Aufl., § 677 Rdn. 9 m.w.N.; Staudinger/Wittmann, aaO, Rdn. 23).
- 28
- bb) Hat die Klägerin mit der Räumung des Grundstücks zugleich eine Verpflichtung der Beklagten erfüllt, kommt daneben ein Ausgleichsanspruch nach § 812 BGB in Betracht (vgl. BGH, BGHZ 142, 227, 237, 238 f.; Urteile vom 21. Oktober 1994 - V ZR 12/94 - NJW 1995, 395, 396; vom 1. Dezember 1995 - V ZR 9/94 - VersR 1996, 759, 760 m.w.N.; vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - aaO; MünchKommBGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 90; ablehnend Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 159, beide m.w.N.).
- 29
- cc) Einer Anwendung der §§ 683 Satz 2, 812 BGB steht jedoch entgegen , dass hier - wie bereits zu Ziff. 3 ausgeführt - kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Beseitigung der Störung bestand. Die Klägerin hat mit der Beseitigung der Altreifenteile weder ein Geschäft der Beklagten geführt noch eine Verpflichtung der Beklagten erfüllt, sondern lediglich die ihr auferlegte Verwaltungsanordnung befolgt. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
LG Landau, Entscheidung vom 22.07.2004 - 2 O 83/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 11.07.2005 - 7 U 131/04 -
(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist
- 1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, - 2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.