Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 28. Jan. 2015 - AN 11 K 14.00032

bei uns veröffentlicht am28.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Beseitigung eines Altöltanks samt Inhalt auf dem Grundstück der Klägerin.

Am ... 2013 erfolgte eine Ortsbegehung durch Mitarbeiter des Landratsamtes ... (Landratsamt) auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... in ..., welches im Eigentum der Klägerin - einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - steht. Hintergrund der Ortsbegehung war ein Hinweis des Marktes ... bezüglich einer unsachgemäßen Lagerung von Altöl. Das Grundstück ist Betriebsgelände des Herrn ..., welcher Ehemann bzw. Vater der Gesellschafterinnen der Klägerin ist. Herr ... ist auch durch Schriftstücke vom 14. Oktober 2010 von den beiden Gesellschafterinnen der Klägerin zur Regelung aller Angelegenheiten für die Klägerin ermächtigt worden. Bei der Ortsbegehung wurde ein stark deformierter Kunststofftank aufgefunden, in dem sich ca. 800 Liter einer zunächst unbekannten Flüssigkeit befanden. Die Mitarbeiter des Landratsamtes gingen hinsichtlich des Inhalts von Altöl oder einem Altölgemisch aus. Dies bestätigte sich später, allerdings wurden neben Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) auch Feststoffe in dem Behälter gefunden. Der Kunststofftank war an der Oberseite auf einer Fläche von ca. 30 cm x 30 cm geöffnet und der Witterung ausgesetzt, was sich an der Ansammlung von Niederschlagswasser im Behälter zeigte. Die an solchen Behältern üblicherweise befestigte Gitterbox, welche Stabilität vor einem Umkippen gewähren soll, fehlte. Anhand einer eindeutigen Verlaufsrinne an dem Behälter konnte festgestellt werden, dass bereits Altöl in unbekannter Menge aus dem Tank ausgetreten sein musste. Auf dem Betriebsgelände ist ein sogenannter Ölabscheider installiert, dessen Funktionsfähigkeit jedoch zunächst nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 setzte das Landratsamt Herrn ... über obigen Sachverhalt in Kenntnis, gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme und forderte ihn auf, den Behälter samt Inhalt bis spätestens zum 6. Dezember 2013 ordnungsgemäß zu entsorgen. Hinsichtlich des genauen Inhalts wird auf die Akten (Seite 3 ff. der Beiakte) Bezug genommen. Dieses Schreiben wurde noch am 2. Dezember 2013 an Herrn ... persönlich übergeben. Bei der Übergabe eröffnete Herr ..., dass er für die Lagerung des Altöls nicht verantwortlich sei. Weiterhin unterband Herr ... handgreiflich die Anfertigung weiterer Lichtbildaufnahmen, die ein Fortbewegen des Kunststofftanks seit der letzten Ortsbegehung dokumentieren sollten.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2013, welches im Wesentlichen mit dem an Herrn ... gerichteten Schreiben identisch ist, wurden auch die Gesellschafterinnen der Klägerin in Vertretung der Klägerin aufgefordert, den Behälter samt Inhalt bis zum 5. Dezember 2013 ordnungsgemäß zu beseitigen. Hinsichtlich des genauen Inhalts wird auf die Akten (Seite 12 ff. der Beiakte) Bezug genommen. Dieses Schreiben erhielt der zu diesem Zeitpunkt noch bevollmächtigte Rechtsanwalt der Klägerin am 3. Dezember 2013.

Im Rahmen einer am 3. Dezember 2013 durchgeführten Besprechung der Mitarbeiter des Landratsames wurde auf die Gefahr eines zumindest teilweisen Brechens des Altöltanks hingewiesen, wenn der Behälter und die darin befindliche Flüssigkeit Frost oder Schneefall ausgesetzt würden. Wettervorhersagen vom 2. Dezember 2013 gaben für den Raum ... im Zeitraum vom 2. Dezember 2013 bis zum 6. Dezember 2013 Temperaturen zwischen - 4° und +4° Celsius als Prognose an. Weiterhin waren spätestens für den 6. Dezember 2013 Regen- und Schneefälle und auch erhöhte Windgeschwindigkeiten mit vereinzelten Sturmböen vorhergesagt. Seitens des Landratsamtes wurde auch prognostiziert, dass der Ölabscheider, dessen Funktionsfähigkeit noch nicht eindeutig belegt war, wohl die Hälfte des Tankinhalts aufnehmen könnte.

Am 6. Dezember 2013 teilte der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Klägerin mit, dass deren Gesellschafterinnen für ihn nicht zu erreichen gewesen seien, und er eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr für möglich halte. Das Schreiben des Landratsamtes vom 3. Dezember 2013 habe er unmittelbar per Post an die Klägerin weiter versandt. Mit Fax vom 6. Dezember 2013 legte der Bevollmächtigte der Klägerin sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Eine noch am gleichen Tag erfolgte Ortsbegehung durch Mitarbeiter des Landratsamtes ergab, dass sich der Behälter weiterhin auf dem Grundstück befand.

Am 6. Dezember 2013 übergaben Mitarbeiter des Landratsamtes Herrn ... als neuem Bevollmächtigten der Klägerin einen Bescheid vom selbigen Tag gegen Empfangsbestätigung. Dieser verweigerte die Annahme, woraufhin die Mitarbeiter des Landratsamtes den Bescheid an die Windschutzscheibe des Kfz des Herrn ... hefteten. Kurze Zeit später nahm Herr ... den Bescheid an sich. In dem Bescheid wurden folgende Anordnungen getroffen:

1. Die (Bezeichnung der Klägerin), vertreten durch ihre Gesellschafterinnen, wird verpflichtet, das auf dem Betriebsgrundstück (genaue Beschreibung) lagernde Altölgebinde (Beschreibung nach Lichtbildanlage) einer ordnungsgemäßen Beseitigung oder Verwertung zuzuführen.

2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides wird angeordnet.

3. Zur Erfüllung der in Nr. 1 festgesetzten Pflicht wird die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen angeordnet. (…)

4. Der Kostenbetrag der Ersatzvornahme wird vorläufig auf 800,- € veranschlagt.

5. Die Kosten des Verfahrens hat die (Bezeichnung der Klägerin) zu tragen.

6. Für diesen Bescheid werden folgende Gebühren erhoben:

a) Für die Anordnung unter Ziffer 1 des Bescheides: 332,40 €

b) Für die Anwendung des Zwangsmittels Ersatzvornahme in Nr. 3: 100,00 €

Das Landratsamt sah nur mittels obiger Anordnungen gewährleistet, dass sich die durch die Wetterprognosen und die Schadhaftigkeit des Behälters bewirkten Gefahren für den Wasserhaushalt und die Bodenbeschaffenheit nicht realisieren. Das Interesse der Klägerin an einer unsachgemäßen Lagerung sowie die wirtschaftlichen Interessen müssten hinter dem Interesse der Allgemeinheit an einem unversehrten Wasserhaushalt zurückstehen. Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung stünde im besonderen öffentlichen Interesse. Diese sei auch deswegen gerechtfertigt, da trotz der Existenz des Ölabscheiders nicht ausgeschlossen werden könne, dass im Fall des Berstens des Öltanks im Zusammenspiel mit den zu erwartenden Niederschlägen Altöl in den Wasserhaushalt gelangt. Zudem befände sich in 3-4 m Entfernung eine unbefestigte Fläche. Im Falle eines schwallartigen Auslaufens sei ebenfalls zu befürchten, dass Altöl in den Wasserhaushalt gelange. Die Auswahl des Adressaten der Anordnung erfolge im Hinblick auf die Dringlichkeit der Angelegenheit und auf die Unaufklärbarkeit einer Handlungsstörereigenschaft des Herrn ... Die Klägerin sei als Grundstückseigentümerin Abfallbesitzerin im Sinne des KrWG und als Zustandsstörerin verantwortlich im abfallrechtlichen Sinne. Die Klägerin ziehe die Vorteile aus der Nutzung des Grundstücks und müsse daher auch die Lasten des Grundstücks tragen. Im Übrigen wird hinsichtlich des Inhalts des Bescheides und insbesondere dessen weiterer Begründung auf den Akteninhalt (Seite 55 ff. der Beiakte) Bezug genommen.

Der Kunststofftank wurde samt Inhalt noch am gleichen Tag durch ein vom LRA beauftragtes Unternehmen geborgen und ordnungsgemäß entsorgt.

Mit Telefax vom 7. Januar 2014 - eingegangen am gleichen Tag - ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen sämtliche in dem Bescheid getroffenen Entscheidungen erheben und beantragte präzisierend in der mündlichen Verhandlung:

Der Bescheid des Landratsamtes vom 6. Dezember 2013 wird mit Ausnahme der in Nr. 2 getroffenen Regelung aufgehoben.

Das Landratsamt habe zu keinem Zeitpunkt vor Erlass des Bescheids und dessen Vollziehung positiv festgestellt, dass es sich bei dem Inhalt des Kunststofftanks tatsächlich um Altöl handele. Die nachträgliche Feststellung könne dieses Defizit nicht beheben. Die Anordnung einer Beseitigungspflicht und des Sofortvollzuges sei unverhältnismäßig, da mildere Mittel hätten in Betracht gezogen werden müssen. So wäre es ausreichend gewesen, die Anbringung einer Gitterbox sowie das Verschließen des Lochs an dem Behälter anzuordnen. Daneben sei auch keine Gefahr im Verzug festzustellen, da das Landratsamt selber festgestellt habe, dass der auf dem Betriebsgrundstück installierte Ölabscheider wohl die Hälfte des Tankinhalts hätte aufnehmen können und ein völliges Auseinanderbrechen des Tanks unwahrscheinlich sei. Auch habe es das Landratsamt unterlassen im Rahmen des Schreibens vom 3. Dezember 2013 bei der Klägerin anzufragen, ob der Ölabscheider ordnungsgemäß gewartet werde und voll funktionstüchtig sei, was diese hätte bejahen können. Schließlich sei das Vorgehen des Landratsamtes auch hinsichtlich der Störerauswahl unverhältnismäßig. Das Landratsamt habe Herrn ... als Handlungsstörer identifiziert und hätte diesen vorrangig vor der Klägerin als Zustandsstörerin in die Pflicht nehmen müssen.

Mit Schreiben vom 31. März 2014 beantragte das Landratsamt als Vertreter des Beklagten:

Die Klage ist abzuweisen.

Die vorläufige Bewertung des Inhalts des Kunststofftanks als Altöl entspreche im Hinblick auf die Sachkunde der dies beurteilenden Mitarbeiter gängiger Praxis. Mildere Mittel der Vorgehensweise seien nicht ersichtlich. Insbesondere das vom Klägervertreter vorgebrachte Versehen des Tanks mit einer Gitterbox und einem Verschluss stelle an sich schon keine ordnungsgemäße Lagerung dar. Die Funktionsfähigkeit des Ölabscheiders sei dem Landratsamt trotz konkreter Anfrage an die Klägerin in einem anderen (nachfolgenden) Verfahren bis heute nicht belegt worden. Auch sei zu berücksichtigen, dass die volumenmäßige Kapazität des Ölabscheiders begrenzt sei und bei einem Zusammenwirken eines Öllecks mit den angekündigten Schnee- bzw. Niederschlagsmengen womöglich nicht ausgereicht hätte. Bei Erreichen der volumenmäßigen Kapazität wäre der Überschuss in die Kanalisation entwichen. Die Störerauswahl erfolgte im Hinblick auf die Dringlichkeit der Angelegenheit. Zwar habe es Anhaltspunkte für die Eigenschaft als Handlungsstörer des Herrn ... gegeben, jedoch sei diesen wegen der Eilbedürftigkeit und des Abstreitens seitens Herrn ... nicht weiter nachgegangen worden.

Wegen der mündlichen Verhandlung vom 28.Januar 2015 wird auf die Sitzungsniederschrift und wegen der weiteren Einzelheiten im Sachverhalt auf die Gerichtsakte und die Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die erhobene Klage ist als Anfechtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet, da die im Bescheid vom 6. Dezember 2013 getroffenen Anordnungen des Landratsamtes rechtmäßig sind und die Klägerin insoweit nicht in ihren eigenen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Klägerin auch weiterhin, trotz des irreversiblen Vollzugs der Beseitigungsanordnung unter Nummer 1 des angefochtenen Bescheides sowie der Ersatzvornahme unter Nummer 3 des angefochtenen Bescheides, materiell durch diese Anordnungen beschwert. Eine Erledigung der Beseitigungsanordnung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG scheidet hier aus. Zwar hat die Beseitigungsanordnung aufgrund des irreversiblen Vollzugs ihre ursprüngliche, rechtliche Wirkung verloren, jedoch verbleibt insofern eine Regelungswirkung, als diese Anordnungen immer noch eine Titelfunktion für die Anforderung der Kosten der Ersatzvornahme hat (BVerwG v. 25.9.2008 - 7 C 5/08 - Rn. 13 = NVwZ 2009, 122).

Eine eventuelle Erledigung der sofortigen Anordnung und Durchführung der Ersatzvornahme unter Nummer 3 des angefochtenen Bescheides steht der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage aufgrund der Vorschrift des Art. 38 Abs. 2 BayVwZVG ebenfalls nicht entgegen.

II.

Die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen sind sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Die Klage ist aus diesem Grund unbegründet.

1) Eine nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vorgeschriebene Anhörung ist erfolgt. Durch Schreiben vom 3. Dezember 2013 wurde der Klägerin durch das Landratsamt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und die beabsichtigte Maßnahme angekündigt. Auch wenn insofern der Klägerin nur 3 Tage für die Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt wurden, bevor das Landratsamt eine Beseitigungsanordnung erließ, so ist dieser Zeitraum angesichts der Tatsache, dass bereits Öl ausgelaufen war, nicht unangemessen kurz.

2) Sämtliche im Bescheid getroffenen Anordnungen sind materiell rechtmäßig.

a) Rechtsgrundlage für den Erlass der Beseitigungsanordnung für den Altöltank sind im konkreten Fall sowohl § 62 KrWG als auch Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayAbfG.

Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes treffen.

Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayAbfG kann die zuständige Behörde ebenfalls die erforderlichen Anordnungen erlassen, die zur Durchsetzung der in Abs. 1 der genannten Vorschrift geregelten Verpflichtung erforderlich sind.

aa) Das Verhältnis der Befugnisnormen des Landesabfallrechts und der Befugnisnormen des KrWG ist höchstrichterlich geklärt. Trotz des grundsätzlich abschließenden Charakters des KrWG (vgl. BVerfG v. 29.3.2000 - 2 BvL 3/96 - Rn. 87 ff. = BVerfGE 102, 99) bestehen gegen landesabfallrechtliche Normen keine Bedenken, soweit sie den Kreis der Abfallentsorgungspflichtigen, welcher im KrWG (vgl. §§ 20 und 17 Abs. 1 KrWG) abschließend geregelt ist, unberührt lassen. Die Normen des Landesabfallrechts sind insofern anwendbar, als es nicht primär um die ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung von Abfall geht, sondern konkrete Gefahren für die Umwelt, die sich zum Beispiel aus der Lagerung/Ablagerung von Abfällen ergeben, bekämpft werden sollen (BVerwG v. 5.11.2012 - 7 B 25/11 - Rn. 10 ff.; BVerwG v. 18.10.1991 - 7 C 2/91 - Rn. 15 f. = BVerwGE 89, 138). Die landesrechtlichen Anforderungen und die bundesrechtlichen Vorgaben des KrWG können dabei aufeinander aufbauen (OVG Koblenz v. 26.1.2012 - 8 A 11081/11 - Rn. 55 ff. = DVBl. 2012, 515).

bb) Zwar spricht hier einiges dafür, dass das Landratsamt mittels der Beseitigungsanordnung primär eine Gefahr für den Wasserhaushalt bekämpfen wollte und insofern Gebrauch von der landesrechtlichen Befugnisnorm gemacht hat, jedoch kann dies hier dahinstehen, da der Tatbestand beider Rechtsgrundlagen erfüllt ist. Entscheidend ist diesbezüglich sowieso nicht, auf welche Vorschrift eine Maßnahme seitens der Ausgangsbehörde gestützt wurde, sondern ob der Tatbestand irgendeiner Rechtsgrundlage, die die angeordnete Rechtsfolge deckt, erfüllt ist. Das gilt auch im Rahmen von Ermessensvorschriften, soweit die getroffenen Ermessenserwägungen auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsgrundlage nicht als ermessensfehlerhaft eingestuft werden können (vgl. BVerwG v. 31.3.2010 - 8 C 12/09 - Rn. 16 = NVwZ-RR 2010, 636 m. w. N.).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die abfallrechtlichen Anordnungen im vorliegenden Fall zur Gefahrenabwehr getroffen wurden. Insofern bemisst sich die Frage des Vorliegens des Tatbestands bei der hier in Frage stehenden Beseitigungsanordnung als sog. Primärmaßnahme aus der ex-ante Sicht (vgl. VGH BW v. 24.1.2012 - 10 S 1476/11 - Rn. 22 ff. = NVwZ-RR 2012, 387; BayVGH v. 17.4.2008 - 10 B 07.210 - Rn. 19; BayVGH v. 15.3.2006 - 8 B 03.3360 - Rn. 20 = BayVBl. 2006, 635). Aus diesem Grund kann das klägerseitige Vorbringen hinsichtlich der bei Erlass der Anordnung unsicheren Tatsachenbasis nicht durchdringen. Hier ist zusätzlich zu beachten, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung auch in der ex-post Betrachtung vorliegen. Inhalt des Altöltanks war aufgrund der gesicherten Erkenntnisse durch die Inhaltsanalyse, die seitens des Landratsamtes nachträglich in Auftrag gegeben wurde, ein Altölgemisch mit einem hohen Anteil an Mineralölkohlenwasserstoffen.

cc) Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 62 KrWG sind erfüllt. Die Abfalleigenschaft des Altölgemisches steht nicht in Frage. Abfälle liegen nach dem subjektiven Abfallbegriff von § 3 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG vor, wenn der Besitzer sich eines Stoffes entledigen will, wobei dieser Wille anzunehmen ist, wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung des Stoffes entfällt, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Eine Zweckbestimmung für das Altölgemisch in diesem Sinne ist nicht erkennbar. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Altölgemisch um gefährliche Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 5 KrWG, § 48 KrWG, § 3 Abs. 1 AVV i. V. m. Abfallschlüssel 13 Abfallverzeichnis. Hierbei kann auch dahinstehen, ob es sich um Abfälle zur Beseitigung oder um Abfälle zur Verwertung handelt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG). In jedem Fall ist die Vermischung von gefährlichen Abfällen mit anderen Abfällen oder anderen Stoffen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 KrWG bzw. § 15 Abs. 3 Satz 2 KrWG zu verhindern. Die Anordnung zur Beseitigung des Altöltanks dient jedenfalls schon rein objektiv auch der Verhinderung einer weitergehenden Vermischung des Altölgemisches etwa mit Niederschlagswasser.

dd) Ebenso sind die Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayAbfG gegeben. Durch das Abstellen des Altöltanks, welcher an der Oberseite geöffnet ist, sowie aufgrund des Fehlens einer Gitterbox als Anfahrschutz ist der Tatbestand einer unzulässigen Lagerung von Abfällen im Sinne des Art. 31 Abs. 1 BayAbfG erfüllt. Die Unzulässigkeit der Lagerung zeigt sich schon daran, dass bereits Altöl in unbekannter Menge aus dem Tank ausgetreten sein musste.

b) Die Beseitigungsanordnung entspricht auch den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung, welche vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. § 114 VwGO). Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch im Hinblick auf die vorgenommene Störerauswahl.

aa) Im Rahmen der durch die abfallrechtlichen Befugnisnormen eingeräumten Ermessensentscheidungen hat die Behörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. BayVGH v. 14.7.2004 - 20 CS 04.1179 - juris; BayVGH v. 27.10.2003 - 20 CS 03.2258 - juris). Dabei hat die Behörde unter den zur Verfügung stehenden Mitteln die konkrete Auswahl nach den Kriterien der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit durchzuführen.

Diese Grundsätze wurden vorliegend eingehalten. Mildere Mittel zur Abwehr der Gefahr im konkreten Fall sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger vorbringt, eine Anordnung zum Verschließen des Altöltanks sei ein milderes Mittel, so ist schon mehr als fraglich, ob dies technisch bei einem Kunststofftank überhaupt möglich ist. Jedenfalls ist insoweit zweifelhaft, ob ein solcher Verschluss ein gleich effektives Mittel darstellt. Ebenso verhält es sich mit der Anbringung einer Gitterbox, da es hier wegen der starken Deformation des Kunststofftanks unklar ist, ob diese überhaupt noch angebracht werden kann. Auf diese Ungewissheiten musste sich das Landratsamt nach maßgeblicher ex ante Perspektive und dem Grundsatz einer effektiven Gefahrenabwehr nicht einlassen.

Die Beseitigungsanordnung stellt sich auch nicht als unangemessen dar. Angesichts der Tatsache, dass bereits Öl in unbekannter Menge ausgelaufen sein muss, steht die Anordnung einer Beseitigung des Altöltanks nicht außer Verhältnis zum Eingriff in das Eigentum der Klägerin.

bb) Im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung ist auch die Frage der konkreten Störerauswahl zu beantworten (Beckmann in: Landmann/Rohmer Umweltrecht KrWG § 62 Rn. 24; v. Komorowski in: Jarass/Petersen KrWG § 62 Rn. 44). Die Störerauswahl ist dabei nach den Kriterien der Effektivität, der Zumutbarkeit, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem Verursacherprinzip vorzunehmen (vgl. BayVGH v. 18.10.2010 - 22 CS 10.439 - Rn. 15 = BayVBl. 2011, 762). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Störerauswahl stets im Hinblick auf die Reichweite der Befugnisnormen und die damit vorgegebene Begrenzung des potentiellen Störerkreises beschränkt ist. Die Störerauswahl im Rahmen der Ermessensentscheidung kann die Inanspruchnahme eines Störers grundsätzlich nicht rechtfertigen, wenn dessen Inanspruchnahme durch den vorgegebenen Adressatenkreis der Befugnisnorm ausgeschlossen ist.

Im Hinblick auf § 62 KrWG ist zu beachten, dass die Norm der Durchsetzung der Pflichten nach dem KrWG dient. Aus diesem Grund kommen Maßnahmen in erster Linie gegen den von diesen Regelungen betroffenen Personenkreis in Betracht (Beckmann in: Landmann/Rohmer Umweltrecht KrWG § 62 Rn. 10). Das sind im Rahmen des KrWG vor allem der Abfallbesitzer und der Abfallerzeuger. Abfallbesitzer ist nach § 3 Abs. 9 KrWG jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Im Unterschied zum zivilrechtlichen Besitzbegriff ist der abfallrechtliche Besitzbegriff nicht von einem Willen zum Besitz abhängig (BVerwG v. 11.2.1983 - 7 C 45/80 - Rn. 12 = BVerwGE 67, 8). Dabei ist auch hinsichtlich von Personengesellschaften wie der Klägerin die Möglichkeit der Qualifikation als Abfallbesitzerin grundsätzlich anerkannt (Dieckmann in: Jarass/Petersen KrWG § 3 Rn. 181).

Auch im Hinblick auf Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayAbfG ist zu beachten, dass diese Befugnis der Durchsetzung der Pflichten nach Art. 31 Abs. 1 BayAbfG dient. Danach ist derjenige richtiger Adressat einer Beseitigungsanordnung, der („wer“) in unzulässiger Weise Abfälle behandelt, lagert oder ablagert. Primäre Funktion dieser Vorschrift ist, einen Handlungsstörer, der nicht gleichzeitig auch Besitzer im Sinne des KrWG ist, in die Pflichtenstellung eines Abfallbesitzers einzuweisen. Insoweit ist die Gültigkeit einer solchen Norm auch in Anbetracht möglicher Kollisionen mit dem KrWG anerkannt (BVerwG v. 30.10.1987 - 7 C 87/86 - Rn. 3 = NVwZ 1988, 1126). Ein Bedürfnis für solch eine Norm besteht vor allem in den Fällen, in denen der ursprüngliche Abfallbesitz aufgegeben wird, ohne dass gleichzeitig neuer Abfallbesitz begründet wird (BVerwG a. a. O.).

Ob darüber hinaus auch eine subsidiäre Störerhaftung nach den allgemeinen, ordnungsrechtlichen Grundsätzen des Polizei- und Sicherheitsrechts im Sinne einer Verhaltens- oder Zustandsstörerverantwortlichkeit möglich ist (Dafür: v. Komorowski in: Jarass/Petersen KrWG § 62 Rn. 12; VG Ansbach v. 8.5.2013 - AN 11 K 12. 01062 - Rn. 36) oder ob diesen Verantwortlichkeiten nur noch für die Auswahl unter mehreren abfallrechtlich Pflichtigen (etwa im Verhältnis des Abfallbesitzers zum Abfallerzeuger) Bedeutung zukommt (so z. B. OVG Bautzen v. 12.6.2013 - 2 M 28/13 - Rn. 19 = NVwZ-RR 2013, 874), muss hier nicht entschieden werden.

Ob im vorliegenden Fall - wie die Beteiligten meinen - überhaupt zwischen einem Zustandsstörer und einem Handlungsstörer unterschieden werden kann, erscheint nämlich höchst fraglich. Hier liegt eine personelle Verflechtung zwischen der Klägerin und Herrn ... vor, die eine Abgrenzung im Sinne einer Zustands- oder Handlungsstörereigenschaft nach Überzeugung des Gerichts unmöglich machen. Herr ... handelt sowohl im eigenen Namen als auch mit umfassender Vertretungsmacht für die Klägerin. Auf dem infrage stehenden Betriebsgelände wurde stets nur Herr ..., jedoch niemals eine der Gesellschafterinnen der Klägerin angetroffen. Zwar mag man in einem zivilrechtlichen Sinne zwischen der Sphäre der Klägerin und der Sphäre des Herrn ... unterscheiden können, in einem sicherheits- oder abfallrechtlichen Sinne jedoch scheint eine Sphärentrennung nicht mehr möglich. Die Verflechtung zwischen der Klägerin und Herrn ... basiert auch nicht nur auf Zufälligkeiten. Das Betriebsgelände, welches im Eigentum der Klägerin steht, wird Herrn ... offensichtlich ohne irgendeine Form von Kontrolle seitens der Gesellschafterinnen der Klägerin überlassen. Das zeigt sich auch daran, dass eine Kontaktaufnahme mit der Klägerin durch das Landratsamt in diesem Verfahren und in den Verfahren über den Nachweis der Funktionsfähigkeit des Ölabscheiders gar nicht oder nur unter größten Schwierigkeiten möglich war.

Nach Überzeugung des Gerichtes stellt sich die Klägerin jedenfalls als Abfallbesitzerin im Sinne des § 3 Abs. 9 KrWG dar. Auch das Landratsamt ging in seinem Bescheid vom 6. Dezember 2013 von der Eigenschaft als Abfallbesitzerin seitens der Klägerin aus. Die Stellung einer Abfallbesitzerin erlangt die Klägerin durch ihr Eigentum an dem Grundstück und der Sachherrschaft an dem Öltank, welche durch Herrn ... als ihrem umfänglich bevollmächtigten Vertreter vermittelt wird. Die Qualifikation als Abfallbesitzerin schließt es wiederum nicht aus, dass die Klägerin gleichzeitig auch Handlungsstörerin im Sinne des allgemeinen Sicherheits- und Polizeirechts ist.

Handlungsstörer kann auch der Eigentümer sein, der sein Grundstück an einen Dritten überlässt, wenn mit der Überlassung gleichzeitig gefährliche Stoffe mit Wissen und unter Duldung des Eigentümers auf das Grundstück gelangen (BayVGH v. 26.7.1991 - 22 CS 90.400 - Rn. 14 = BayVBl. 1992, 274). Hier ist davon auszugehen, dass sich die Gesellschafterinnen der Klägerin mit dem Verhalten des Herrn ... einverstanden erklärt haben.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme eines Abfallbesitzers selbst dann nicht unverhältnismäßig ist, wenn es einen unmittelbaren Verhaltensstörer gibt. Eine andere Sichtweise ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich nur in solchen Fällen denkbar, in denen der Abfallbesitz ohne oder gegen den Willen des Besitzers entstanden ist (vgl. BVerwG vom 11.12.1997 - 7 C 58/96 - Rn. 19 m. w. N. = BVerwGE 106, 43; BVerwG v. 19.1.1989 - 7 C 82/87 - Rn. 11 = NJW 1989, 1295).

Auch im Sinne einer Störerhaftung nach Art. 31 Abs. 1 BayAbfG kann man die Klägerin aufgrund der oben genannten Erwägungen als die die Lagerung vornehmende Person („wer“) ansehen. Dabei sei darauf verwiesen, dass die Rechtsprechung wohl auch bezüglich dieser Vorschrift eine Zustandsstörerhaftung in Betracht zieht (BayVGH v. 18.8.2009 - 20 ZB 09.1651 - Rn. 6; BayVGH v. 13.3.2007 - 23 ZB 06.3299 - Rn. 7).

Abschließend sei noch darauf verwiesen, dass die Inanspruchnahme eines Zustandsstörers jedenfalls dann nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, wenn ein Handlungsstörer gar nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann (OVG Bautzen v. 12.6.2013 - 2 M 28/13 - Rn. 19 = NVwZ-RR 2013, 874; VGH BW v. 18.12.2012 - 10 S 744/12 - Rn. 47 = DVBl. 2013, 594 ff.).

c) Auch die sofortige Anordnung der Ersatzvornahme ohne vorherige Androhung unter Nummer 3 des Bescheids vom 6. Dezember 2013 begegnet keinen Bedenken.

Nach Art. 35 BayVwZVG kann die Behörde die Ersatzvornahme ohne vorausgehende Androhung anwenden, wenn es zur Abwehr einer drohenden Gefahr notwendig ist. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um die Ermächtigung zu einer sogenannten Tatmaßnahme, wie sie etwa Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayAbfG darstellt (vgl. dazu BayVGH v. 13.2.2001 - 20 B 00.1309 - Rn. 17 ff. = NVwZ-RR 2002, 429), sondern um eine Form eines verwaltungsrechtlichen Vollstreckungsverfahrens. Die Norm verzichtet dabei nicht auf das Vorliegen eines vollstreckbaren Grundverwaltungsakts, sondern macht lediglich das Erfordernis einer vorhergehenden Androhung des Zwangsmittels nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG entbehrlich (vgl. BayVGH vom 4.2.2014 - 10 ZB 13.1922 - Rn. 7 = juris; vgl. Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern BayVwZVG Art. 35 I.).

Die Voraussetzungen einer drohenden Gefahr im Sinne dieser Vorschrift lagen vor, da mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ein Schaden am Wasserhaushalt bevorstand. Auch dies fußt darauf, dass bereits Öl in unbekannter Menge aus dem Tank ausgetreten sein musste. Daneben standen erhebliche Niederschläge und Schneefälle, welche den Tank zum Überlaufen hätten bringen können, unmittelbar bevor. Zwar spricht grundsätzlich einiges dafür, der Frage der Funktionstüchtigkeit des Ölabscheiders im Rahmen einer Anhörung hinsichtlich der Entbehrlichkeit der vorherigen Androhung der Ersatzvornahme einige Bedeutung zuzumessen. Vorliegend kommt es darauf jedoch nicht an. Hier war die Klägerin schon nicht zum Empfang des Anhörungsschreibens für ihren damaligen Vertreter erreichbar. Eine entsprechende Erörterung wäre also für das Ergebnis ohne Belang gewesen. Daneben bestand nach Überzeugung des Gerichts die Gefahr eines schwallartigen Überlaufens des Öltanks, was im Zusammenwirken von Niederschlägen und Schneemengen die volumenmäßige Kapazität des Ölabscheiders unabhängig von dessen Funktionsfähigkeit hätte überfordern können.

Auch bezüglich der sofortigen Anordnung der Ersatzvornahme ohne vorausgehende Androhung entspricht das Handeln des Landratsamtes den Grundsätzen pflichtgemäßen Ermessens.

d) Schließlich sind die im Bescheid getroffenen Kostenentscheidungen rechtmäßig. Hierbei sei nochmals darauf hingewiesen, dass eine konkrete Gefahr sowohl aus ex-ante wie auch ex-post Perspektive vorlag. Aus diesem Grund kommt es diesbezüglich auch nicht auf die Unterscheidung zwischen primärer Gefahrenabwehr und sekundärer Kostentragung an (vgl. BayVGH v. 17.4.2008 - 10 B 07.219 - Rn. 16 ff.). Da sich sowohl die Anordnung der Beseitigung des Altöltanks als auch die sofortige Anordnung Ersatzvornahme als rechtmäßig darstellen, kann die Kostentragungspflicht auch nicht im Hinblick auf Art. 16 Abs. 5 KG entfallen. Ein konkretes Vorbringen hinsichtlich der Kostenhöhe von Seiten der Klägerin fehlt.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 17 Überlassungspflichten


(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgu

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfä

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 20 Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger


(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 62 Anordnungen im Einzelfall


Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 15 Grundpflichten der Abfallbeseitigung


(1) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, sind verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Durch die Behandlung von Abfällen sind deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern. Energie o

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 9 Getrennte Sammlung und Behandlung von Abfällen zur Verwertung


(1) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach § 7 Absatz 2 bis 4 und § 8 Absatz 1 erforderlich ist, sind Abfälle getrennt zu sammeln und zu behandeln. (2) Im Rahmen der Behandlung sind unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen gefähr

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 48 Abfallbezeichnung, gefährliche Abfälle


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(1) Die Abfallarten im Abfallverzeichnis, deren Abfallschlüssel mit einem Sternchen (*) versehen sind, sind gefährlich im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. (2) Von als gefährlich eingestuften Abfällen wird angenommen, dass sie eine

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.

(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.

(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:

1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend,
2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend,
3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend,
4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend,
5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend,
6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend,
7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und
8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
Die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Textilabfällen nach Satz 1 Nummer 6 gilt ab dem 1. Januar 2025.

(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.

(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese

1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind,
2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie
3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt Altlastenfreistellung für eine ehemalige Betriebsdeponie.

2

Der VEB ...hütte K. betrieb in der Gemeinde K. seit 1982/83 mit Standortgenehmigung eine Industriemüllkippe, in der im Wesentlichen Formsande, Aschen, Abbruchmassen und Hochofenschlacken aus der nahegelegenen Gießerei verkippt wurden.

3

1990 wurde der VEB in eine Treuhandgesellschaft, die ...hütte K. GmbH, überführt. Die Treuhandgesellschaft betrieb Gießerei und Deponie zunächst weiter, das Deponiegrundstück stand nicht in ihrem Eigentum.

4

Im März 1992 beantragte die ...hütte K. GmbH formlos die Altlastenfreistellung für die Industriemüllkippe. Zudem stellte sie einen Antrag auf Altlastenfreistellung für das Betriebsgelände der Gießerei, einen Formblattantrag reichte sie im Dezember 1992 nach.

5

Im Zeitraum von November 1996 bis Februar 1997 wurde die ...hütte K. GmbH privatisiert, Gießerei und Deponie wurden weiter betrieben. Aufgrund eines Vermögenszuordnungsbescheides wurde die ...hütte K. GmbH im Juli 1999 als Eigentümerin des - neu vermessenen und gebildeten - Deponiegrundstücks (Flurstück-Nr. ...) im Grundbuch eingetragen.

6

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2000 wurden die Altlastenfreistellungsanträge für das Betriebsgelände und die Industriemüllkippe mangels ausreichender Darlegung der altlastenbedingten Investitionshemmnisse abgelehnt. Die ...hütte K. GmbH legte dagegen Widerspruch ein und trug Einzelheiten zu den bereits vorgenommenen und zukünftig geplanten Investitionen vor.

7

Im März 2001 zeigte die ...hütte K. GmbH die Stilllegung der Deponie zum 1. Januar 2002 an. Im August 2001 wurden das operative Geschäft der Deponie und der Gießerei auf die im Oktober 2000 neu gegründete ...hütte GmbH übertragen. Das Eigentum an den Grundstücken, auch dem Deponiegrundstück, verblieb bei der ...hütte K. GmbH, die mit der VEM V. GmbH verschmolzen wurde. Im Wege der Abspaltung ging das Eigentum am Deponiegrundstück dann auf die neu gegründete Klägerin über, die im Dezember 2003 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde.

8

Im Juni 2004 wurde gegenüber der ...hütte GmbH als Deponiebetreiberin der Abschluss der Betriebsdeponie angeordnet.

9

Mit Bescheid vom 14. April 2005 wurde der Widerspruch gegen die Ablehnung der Altlastenfreistellung hinsichtlich der Industriemüllkippe zurückgewiesen, das Altlastenfreistellungsverfahren hinsichtlich des Gießereibetriebsgeländes wurde abgetrennt.

10

Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die von ihm zugelassene Berufung zurückgewiesen. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Die Klägerin habe innerhalb der Antragsfrist des Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 4 Umweltrahmengesetz weder ein Investitionsvorhaben bezeichnet noch das - nicht fristgerecht bezeichnete - Investitionsvorhaben als Rechtsnachfolgerin fortgeführt.

11

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

12

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

13

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Daran fehlt es hier.

14

a) Die Klägerin wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig auf,

ob ein Investitionsvorhaben gegenüber der Freistellungsbehörde in seinen Grundzügen hinreichend konkret bereits innerhalb der Antragsfrist bis 28. März 1992 anzuzeigen ist und welche Mindestangaben ein Investitionsvorhaben ausreichend beschreiben, oder ob es ausreicht, das Investitionsvorhaben bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zu beschreiben.

15

In der Beschwerdebegründung wird schon nicht substantiiert dargelegt, warum dieser Frage über den vorliegenden Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Die aufgeworfene Grundsatzfrage betrifft die Regelung des Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 4 des Umweltrahmengesetzes der DDR vom 29. Juni 1990 (GBl I S. 649) in der Fassung von Art. 12 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl I S. 766, 788), wonach der Freistellungsantrag spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes am 29. März 1991 gestellt werden musste. Die Antragsfrist ist demnach am 28. März 1992, mithin vor fast 20 Jahren abgelaufen. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass sich die von ihr formulierte Frage zum notwendigen Antragsinhalt auch heute noch in einer Vielzahl von Verfahren stellt. Dafür reicht namentlich der bloße Hinweis auf die hohe Zahl der in Sachsen seinerzeit innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Freistellungsanträge nicht aus.

16

Abgesehen davon versteht es sich im Hinblick auf Sinn und Zweck des Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 1 Umweltrahmengesetz, Investitionshemmnisse zu beseitigen und so für einen raschen wirtschaftlichen Anschub in den neuen Bundesländern zu sorgen, von selbst, dass das betreffende Investitionsvorhaben in den Grundzügen bereits innerhalb der Antragsfrist bezeichnet werden musste. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2006 (BVerwG 7 B 42.06 - juris Rn. 8) ausgeführt hat, zeigt die Befristung der Vorschrift, dass damit ein Anreiz für Investoren geschaffen werden sollte, gerade im Anlaufzeitraum nach der Wende Kapital in die neuen Bundesländer einzubringen und damit dort Arbeitsplätze zu schaffen. Zugleich sollte durch die Befristung sichergestellt werden, dass die erforderliche Rechtsangleichung durch die Freistellungsregelung nicht über Gebühr verzögert wird. Mit diesem Regelungszweck wäre es nicht zu vereinbaren, wenn Freistellungsanträge nicht für ein konkretes Investitionsvorhaben, sondern quasi auf Vorrat hätten gestellt werden können. Auch eine fristwahrende Fortsetzung des Freistellungsverfahrens durch einen Rechtsnachfolger kommt daher nur dann in Betracht, wenn dieser das vom ursprünglichen Antragsteller innerhalb der Antragsfrist dargelegte Vorhaben fortführen will. Anderenfalls würde der Rechtsnachfolger besser gestellt als ein Investor, der sich erstmals nach Ablauf der Antragsfrist zu einem Investitionsvorhaben entschließt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2006 - OVG 11 B 3.05 - juris Rn. 21). Ohne Beschreibung des konkreten Investitionsvorhabens zumindest in den Grundzügen noch innerhalb der Antragsfrist könnte aber nicht ausgeschlossen werden, dass das ursprüngliche Investitionsvorhaben nicht nach Ablauf der Frist gegen ein anderes Vorhaben ausgetauscht wird. Damit würde der vorstehend beschriebene Regelungszweck des Art. 1 § 4 Abs. 3 Umweltrahmengesetz verfehlt.

17

Die daran anknüpfende Frage, ob ein geplantes Vorhaben innerhalb der Antragsfrist zumindest in den Grundzügen hinreichend beschrieben worden ist, ist anhand der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen und einer verallgemeinerungsfähigen Klärung nicht zugänglich.

18

b) Auch die weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,

"ob die ein (unterstellt rechtzeitig angezeigtes) Investitionsvorhaben fortführende Rechtsnachfolgerin, die das Altlastenfreistellungsverfahren insoweit unbeanstandet fortführt und als neue Eigentümerin der Altlastengrundstücke auch Altlastensanierungsaufwendungen trägt, als Eigentümer bzw. Erwerber von Anlagen und Grundstücken gem. Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 1 Umweltrahmengesetz anzusehen und als solche grundsätzlich als das Investitionsvorhaben fortführende Rechtsnachfolgerin freistellungsfähig ist, auch wenn der Unternehmenszweck nicht ausschließlich diesem Investitionsvorhaben dient und das Investitionsvorhaben dergestalt durch die Rechtsnachfolgerin fortgesetzt wird, dass diese die Grundstücke, auf denen sich das Betriebsgelände einschließlich Deponie zu dem Investitionsvorhaben erstreckt, nach Antragstellung zum Eigentum erwirbt",

19

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

20

Die Beschwerde formuliert auch insoweit keine Rechtsfrage, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten ließe und deren Bedeutung über den vorliegenden Fall hinausreicht, sondern kleidet lediglich einen konkreten - vom Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellten - Sachverhalt in das Gewand einer Grundsatzfrage. Der Sache nach erschöpft sich das Beschwerdevorbringen auch zu dieser vermeintlichen Grundsatzfrage darin, die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts als fehlerhaft anzugreifen. Das reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus. Abgesehen davon ist aufgrund der nicht mit begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts offensichtlich und räumt auch die Klägerin ein, dass sie die Gießerei einschließlich Deponie zu keinem Zeitpunkt betrieben hat, sondern nur Eigentümerin der Grundstücke (geworden) ist. Es liegt auf der Hand, dass unter diesen Voraussetzungen nicht von einer Fortführung des Investitionsvorhabens durch die Klägerin ausgegangen werden kann.

21

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

22

Die Beschwerde rügt eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung, die sie darin erblicken will, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung auf erkennbar unvollständiger bzw. aktenwidrig festgestellter Tatsachengrundlage getroffen habe. Das Oberverwaltungsgericht habe übersehen, dass der "Gesamtfreistellungsantrag" sich auf die Gießerei und die dazu gehörige Industriemüllkippe bezogen habe.

23

Dieser Vorwurf, der in Wahrheit auf einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zielt, liegt neben der Sache. Wie dem angegriffenen Urteil unschwer entnommen werden kann, hat das Oberverwaltungsgericht zur Kenntnis genommen, dass die ...hütte K. GmbH die Altlastenfreistellung für die streitgegenständliche Industriemüllkippe und das Gießereibetriebsgelände beantragt hat (vgl. UA S. 3 und 4) und seine rechtliche Prüfung auf das - nach seiner Auffassung verfristet beschriebene - Investitionsvorhaben "Fortführung des Gießereibetriebs einschließlich Deponie" bezogen hat (vgl. UA S. 9, vorletzter Absatz, und S. 10, zweiter Absatz).

24

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) und 4.), jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2.), die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer abfallrechtlichen  Beseitigungsanordnung.

2

Die Beigeladene zu 4.) ist Betreiberin einer in A. im Gebiet des beklagten Landkreises gelegenen Kiesgrube, die sich u. a. auf die Grundstücke Flur … Flurstück-Nrn. … und … erstreckt. Mit Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 1988 war ihr die wasserrechtliche Genehmigung zum Kiesabbau unter zahlreichen Nebenbestimmungen erteilt worden. Nach der Nebenbestimmung Nr. 5 waren die Flächen nach erfolgtem Kiesabbau wieder aufzufüllen und für eine landwirtschaftliche Nutzbarkeit zu rekultivieren. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 6 sollte die Auffüllung grundsätzlich nur mit dem vorgefundenen Abraum erfolgen; soweit dieser nicht ausreichte, durfte "nachweislich reiner Erdaushub" verwendet werden. Diese Nebenbestimmung wurde mit Änderungsbescheid vom 4. November 2002 dahin neu gefasst, dass die Kiesgrube grundsätzlich nur mit Bodenaushub aufgefüllt werden darf, der den Vorsorgewerten nach Bodenschutzrecht bzw. – soweit dieses keine Vorsorgewerte festlegt - dem Zuordnungswert Z 0 der LAGA-Richtlinien entspricht; sofern nicht genügend Erdmassen zur Verfügung stehen, die diese Voraussetzungen erfüllen, darf Bodenaushub verwendet werden, dessen Schadstoffgehalt die doppelten Vorsorgewerte bzw. die doppelten Z 0-Werte der LAGA-Richtlinien nicht übersteigt. Die einzuhaltenden Grenzwerte wurden in einer beigefügten Tabelle aufgelistet.  

3

Die Klägerin ist ein als Entsorgungsfachbetrieb für das Lagern von Abfällen nach Abfallschlüssel-Nummer 19 12 09 zertifiziertes Entsorgungsunternehmen mit Sitz in K. Mit Bescheid vom 3. Februar 2003 wurde ihr u. a. die zeitweilige Lagerung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einer Aufnahmekapazität von mehr als 10 Tonnen je Tag und einer Gesamtlagerkapazität von mehr als 100 Tonnen genehmigt; die Gesamtkapazität der Anlage beträgt danach ca. 31.000 Tonnen pro Jahr. Mit Bescheid vom 12. März 1997 in der Fassung eines Änderungsbescheides vom 20. November 2006 wurde der Klägerin die Genehmigung für die Vermittlung von Abfallverbringungen für Dritte gemäß § 50 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG - erteilt.         

4

Nach vorbereitenden Gesprächen sowie Vorlage von Proben und Analysen von Material aus Sandhalden, die die durch den Beigeladenen zu 1.) vertretene Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) jeweils bei eigenen Kunden gezogen und der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, bot die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) mit Schreiben vom 17. September 2007 an, regelmäßig Siebsande aus der mechanischen Sortierung von Baumischabfällen (Abfallschlüssel-Nr. 19 12 09) zu liefern. Sie verwies dabei auf eine bestimmte, kontinuierlich anfallende Qualität der Materialien, die sich aus den zuvor zur Verfügung gestellten Analysen von Proben ergebe und die sie laufend überwachen werde. Wie sich aus den zur Verfügung gestellten Probenanalysen ergeben hatte, wiesen zwei der gezogenen Materialproben zum Teil erhebliche Überschreitungen der nach dem Genehmigungsbescheid vom 4. November 2002 einzuhaltenden Grenzwerte auf. Mit Schreiben vom 28. September 2007 erklärte die Beigeladene zu 4.) gegenüber der Klägerin die Annahme des angebotenen Materials auf ihrer "Deponie A.". Auf Aufforderung der Klägerin sandte sie unter dem 27. November 2007 vergleichbare Annahmeerklärungen über die Klägerin an die Beigeladenen zu 2.) und 3.) sowie an die - im Prozess durch den Beigeladenen zu 1.) als Insolvenzverwalter vertretene - Firma W. Entsorgungs-GmbH. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um Entsorgungs- bzw. Recyclingbetriebe, die die zu liefernden Siebsande ihrerseits von eigenen Kunden erhielten. In einem Schreiben vom 7. September 2007 bestätigte die Beigeladene zu 3.) der Klägerin die Erteilung eines Auftrags zur "Abholung von Mineralien EAK 191209 zu einem Preis von 23,- €/t inkl. Frachtkosten" und setzte hinzu: "Sie sichern uns eine ordnungsgemäße Entsorgung zu". Hierzu bat sie um Übersendung eines Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb. Mit Schreiben vom 10. September 2007 bedankte die Klägerin sich für die Auftragsbestätigung und übersandte das gewünschte Zertifikat.   

5

Zwischen September 2007 und Februar 2008 wurden insgesamt rund 16.261 Tonnen des als Siebsande bezeichneten Materials – z. T. unter Einschaltung von Dritten als Transportunternehmen - in die Kiesgrube verbracht. Die Transporte von Material aus dem Bereich der Beigeladenen zu 2.) und 3.) liefen über den Betriebshof der Klägerin in K., wo die LKW-Ladungen zumindest teilweise verwogen wurden. Die Fa. W. lieferte, nachdem die Klägerin die aus deren Bereich stammenden Materialien zunächst rund 4 Wochen lang selbst von K. aus zur Kiesgrube verbracht hatte, aufgrund einer entsprechenden Absprache mit der Klägerin direkt zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) an. Ein geringer Teil des angelieferten Materials wurde dort oberhalb der Grubenkante gelagert. Der überwiegende Teil wurde nach der Anlieferung per LKW von Angestellten der Beigeladenen zu 4.) über eine Kippkante in die Grube geschoben. In der gleichen Zeit wurde auch Erdaushub über die Kippkante geschoben. Das fragliche Material befindet sich auf den Flurstücken … und … .   

6

Vereinbarungsgemäß stellte die Klägerin der Fa. W. 8,50 €/Tonne, der Beigeladenen zu 2.) 15,- €/Tonne und der Beigeladenen zu 3.) 23,- €/Tonne "incl. Fracht" in Rechnung. Die Beigeladene zu 4.) berechnete der Klägerin für Materiallieferungen von "Siebsand", "Grünschnitt" und "Mineralgemisch" sog. "Kippgebühren" i. H. v. 3,- ("Grünschnitt") bzw. 4,- € je cbm.          

7

Nachdem bei einer Ortsbesichtigung festgestellt worden war, dass in der Kiesgrube Abfälle, die nicht zur Verfüllung verwendet werden durften, abgelagert worden waren, untersagte der Beklagte der Beigeladenen zu 4.) mit Bescheid vom 8. Februar 2008 die weitere Annahme solcher Abfälle sowie die Vornahme von Geländeveränderungen.  

8

Das abgelagerte Material wurde in der Folgezeit mehrfach untersucht:  

9

- Das Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz kam in seinem Prüfbericht vom 26. März 2008 zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Material um ein Gemisch aus geschreddertem Müll mit untergeordnetem Anteil an mineralischer Bauschuttfraktion handele. Schon bei den Eingangsanalysen seien Überschreitungen der Zulassungswerte für PAK und MKW festzustellen. Die nun ermittelten Werte lägen um ein Vielfaches über denen der Eingangsanalytik.

10

- Die von der Beigeladenen zu 4.) beauftragte Dr. T. und Partner GmbH stellte in ihrem Sanierungskonzept vom 27. Februar 2008 in der Fassung einer Ergänzung vom 9. Mai 2008 fest, dass der gemessene CO2-Gehalt gegenüber der Bodenluft deutlich erhöht sei und auf einen aeroben Abbau organischer Substanzen hinweise. Hingegen ließen die gemessenen Methan-Werte eine massive Deponiegasbildung nicht befürchten. Die Gutachter schlugen als Sicherungsmaßnahme eine Abdichtung mittels einer Lehmschürze vor.    

11

- Das vom Beklagten beauftragte Chemisch-Technische Laboratorium H. H. stufte in seinem Untersuchungsbericht vom 7. April 2009 das abgelagerte Material als geschredderte Siedlungsabfälle ein. Neben mineralischen Bestandteilen seien u. a. Styropor, Schaumstoff, Plexiglas und organische Anteile festzustellen. Der darunterliegende Boden unterscheide sich deutlich in der Kornverteilung. Grundwasser sei bis zu einer Tiefe von 14,7 m unter dem Gelände nicht festgestellt worden. Die vom Landesamt ermittelten Schadstoffbelastungen ließen sich unterhalb der Deponiebasis nicht mehr in relevantem Ausmaß feststellen. Eine Schadstoffverlagerung in die Tiefe habe nicht stattgefunden. Allerdings deute die erhöhte Temperatur des Deponats auf einen wasserzehrenden Stoffumsatz hin. Deshalb bestehe gegenwärtig keine Grundwassergefährdung. Es sei aber zu beachten, dass der Wasserverbrauch nur eine begrenzte Dauer habe, so dass weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entfernung der Massen gegeben sei.  

12

In den Jahren 2008/2009 fanden umfangreiche Verhandlungen zwischen den Beteiligten mit dem Ziel des Abschlusses eines Entsorgungsvertrages statt, die aber letztlich ohne Ergebnis blieben.  

13

Nach Scheitern der Verhandlungen gab der Beklagte der Beigeladenen zu 4.) mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 20. Oktober 2009 auf, das Auslaugverhalten des Deponats zu überwachen und die Entfernung der Abfälle zu dulden.  

14

Mit weiterem, hier streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Oktober 2009 verpflichtete der Beklagte die Klägerin, die in der Kiesgrube in A. auf den Grundstücken Flur … Flurstücke … und … abgekippten 16.261 Megagramm (Mg) geschredderte Siedlungsabfälle aus der Kiesgrube zu entfernen. Mit der Entfernung der Abfälle sei spätestens 3 Monate nach Bestandskraft der Verfügung zu beginnen; die Entfernung müsse spätestens 6 Monate nach Bestandskraft abgeschlossen sein. Für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung innerhalb der gesetzten Fristen wurde die Ersatzvornahme angedroht, deren Kosten auf voraussichtlich 1,7 bis 3,5 Mio. € geschätzt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Anordnung sei zum einen § 17 Abs. 1 des Landesabfallwirtschaftsgesetzes – LAbfWG -. Dessen Voraussetzungen lägen vor, denn in der Kiesgrube seien Abfälle rechtswidrig abgekippt worden, bei denen es sich nicht um Bodenaushub gehandelt habe und die zudem die maßgeblichen Schadstoffgrenzwerte nicht eingehalten hätten. Zur Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustands sei die Klägerin verpflichtet, weil die Abfälle von ihr bzw. auf ihre Weisung und für ihre Rechnung in die Kiesgrube geliefert und dort abgekippt worden seien. Zwar komme als weitere Verantwortliche auch die Kiesgrubenbetreiberin in Betracht, doch sei diese im Interesse einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr nicht heranzuziehen, weil sie nicht über eine Entsorgungslogistik wie die Klägerin verfüge und nach den vorliegenden Gutachten auch nicht in der Lage sei, die Abfälle aus der Böschung ohne Inanspruchnahme Dritter aufzunehmen; zudem müsse ernsthaft damit gerechnet werden, dass sie die Entfernungskosten von 1,7 bis 3,5 Mio. € nicht werde tragen können, weil sie zuletzt mit Verlust gearbeitet habe. Rechtsgrundlage der Anordnung sei auch § 93 Abs. 4 des Landeswassergesetzes – LWG -, da die Entfernung der Abfälle nach den Feststellungen des Laboratoriums H. zum Schutz des Grundwassers notwendig sei. Es werde lediglich das Entfernen der Abfälle aus der Kiesgrube angeordnet, was sowohl zur Beseitigung des abfallrechtswidrigen Zustands als auch zur wasserrechtlichen Gefahrenabwehr notwendig, aber auch hinreichend sei. Es bleibe der Klägerin überlassen, wie sie ihrer Entsorgungspflicht nach §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 KrW-/AbfG nachkomme.             

15

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 zurück und führte noch ergänzend aus: § 17 Abs. 1 LAbfWG sei anwendbar, da das Material seine Abfalleigenschaft nicht verloren habe. Die Abfälle befänden sich unvermischt auf dem Kiesgrubengelände, eine Verbindung mit dem Erdboden sei nicht erfolgt. Bei wertender Betrachtung sei die Klägerin Handlungsstörerin. Die Lieferung der Abfälle sei durch sie veranlasst worden. Wie durch die verschiedenen Auftragsbestätigungen belegt werde, habe sich ihre Tätigkeit nicht auf die bloße Herstellung eines Geschäftskontakts zwischen den Beteiligten erschöpft; die Klägerin sei gegenüber ihren Geschäftspartnern nicht als bloße Vermittlerin aufgetreten. Hingegen habe es keinen unmittelbaren geschäftlichen Kontakt zwischen der Beigeladenen zu 4.) und den übrigen Beigeladenen gegeben. Eine Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) scheide wegen des Unmittelbarkeitserfordernisses aus. Die Beseitigungsanordnung sei auch verhältnismäßig, weil der Klägerin nur die Entfernung der Abfälle aufgegeben worden sei.  

16

Die auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 gerichtete Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Koblenz durch Urteil vom 5. April 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 LAbfWG. Die Vorschrift finde Anwendung, weil das zu beseitigende Material dem abfallrechtlichen Regime unterfalle. Bei den abgelagerten Mengen handele es sich um Abfall i. S. v. § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG, der seine Abfalleigenschaft durch die Ablagerung in der Kiesgrube nicht verloren habe. Eine Verwachsung des Haushaltsmülls mit dem Erdboden, die zum Verlust der Abfalleigenschaft hätte führen können, sei nicht erfolgt, wie sich aus den vorliegenden Begutachtungen des Materials ergeben habe.  

17

Bundesrechtliche Vorschriften stünden der Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG nicht entgegen. § 17 LAbfWG sei als Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts und nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung von Abfällen zu verstehen. Während § 17 Abs. 1 LAbfWG der reinen Gefahrenabwehr diene, ziele § 21 KrW-/AbfG auf die Sicherstellung der Erfüllung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten ab. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87/86 – ausgeführt habe, lasse das Bundesrecht landesrechtliche Regelungen zu, mittels derer eine Person zur Begründung von Besitz an Abfällen verpflichtet werde, um sie dann zu entsorgen oder entsorgen zu lassen. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 LAbfWG seien vom Beklagten zu Recht bejaht worden.

18

Die Verfügung leide auch nicht an Ermessensfehlern. Insbesondere sei die Auswahl der Klägerin als Adressatin nicht zu beanstanden. Sie gehöre als Zweckveranlasserin der Ablagerung zum Kreis möglicher Adressaten einer abfallrechtlichen Gefahrenbeseitigungsverfügung. Sie sei als Zweckveranlasserin anzusehen, weil sie mit ihrem Verhalten, insbesondere mit den von ihr abgeschlossenen Verträgen die Abfallentsorgung in Gang gesetzt habe, die sich als rechtswidrig erwiesen habe. Sie sei die alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens gewesen, weil sie allein aufgrund der Vertragslage habe beeinflussen können, welche Ladungen zur Beigeladenen zu 4.) gefahren worden seien. Sämtliche Verträge seien mit ihr geschlossen worden, Verträge zwischen den Beigeladenen habe es nicht gegeben. Darauf, ob sie Besitz an den verfüllten Materialien erlangt habe, komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr gewesen, dass sie aufgrund der abgeschlossenen Verträge das Entsorgungsgeschehen regiert habe bzw. hätte regieren können. Überdies bilde ihr Verhalten selbst nach ihrem eigenen Vorbringen mit der Ablagerung in der Grube eine natürliche Einheit, denn ohne das Angebot des Kontingents, die abgeschlossenen Verträge sowie – teilweise - das Wiegen der Ladungen und die Organisation der Fahrten hätte es keine Ablagerungen in der Kiesgrube gegeben. Entgegen ihrem Vorbringen sei sie nicht nur als Abfallmaklerin aufgetreten. Bei einigen der Lieferungen der in die Kiesgrube verbrachten Abfälle habe sie wegen der Wiege- und Transportvorgänge sogar die Sachherrschaft über die Ladungen erlangt und damit Besitz erworben; eine Maklertätigkeit nach § 50 KrW-/AbfG setze aber Besitzlosigkeit voraus. Zudem habe die Klägerin nicht ausschließlich die Verbringung von Abfällen vermittelt, sondern sich nach dem Wortlaut der Verträge nicht nur zum Transport, sondern zur Entsorgung verpflichtet, was sich auch aus den mit den Beigeladenen zu 2.) und 3.) vereinbarten Preisen ergebe, denen gegenüber sie zudem durch Aushändigung ihres entsprechenden Zertifikats als Entsorger i.S.v. § 16 KrW-/AbfG aufgetreten sei. Im Übrigen würde es an ihrer Einstufung als Zweckveranlasserin nichts ändern, wenn sie tatsächlich nur als Maklerin aufgetreten wäre, denn sie habe gleichwohl den entscheidenden Einfluss auf den Entsorgungsablauf gehabt.

19

Es sei auch nicht ermessensfehlerhaft gewesen, gerade und ausschließlich die Klägerin zur Entfernung der abgelagerten Siedlungsabfälle heranzuziehen. Es habe genügt, eine Auswahl zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 4.) zu treffen. Nach dem das Abfallrecht prägenden Verursacherprinzip brauchten nur diejenigen Personen in den Blick genommen zu werden, die als Handlungsstörer bzw. Verursacher in Betracht kamen. Als Verursacher seien zwar zunächst die Baggerfahrer der Beigeladenen zu 4.) anzusehen; diese hätten jedoch nicht in die Auswahl einbezogen werden müssen, weil sie als Privatpersonen nicht imstande seien, die Entfernung von 16.261 Mg Abfall zu bewerkstelligen. Auch in der Entscheidung, die Klägerin statt der Beigeladenen zu 4.) heranzuziehen, liege kein Ermessensfehlgebrauch. Der Beklagte habe unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr in Betracht ziehen dürfen, dass die Klägerin anders als die Beigeladene zu 4.) ein zertifiziertes Abfallentsorgungsunternehmen sei, das über die notwendige Logistik verfüge, das fragliche Material auszubauen und abzutransportieren. Auch wenn ihre Kapazitäten zur Lagerung und Behandlung der fraglichen Abfälle begrenzt seien, so seien die von ihr angegebenen Kapazitäten jedenfalls größer als die der Beigeladenen zu 4.), die über keinerlei Kapazitäten zur Behandlung oder Lagerung des fraglichen Materials verfüge. Ebenso habe der Beklagte die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Beigeladenen zu 4.) berücksichtigen dürfen. Andererseits habe er auch beachten dürfen, dass die Verantwortlichkeit der übrigen Beteiligten oder sonstiger Firmen ungewiss oder schwer nachzuweisen wäre.  

20

Die Verfügung verstoße schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es sei nicht erkennbar, dass derzeit andere, aus Sicht der Klägerin weniger aufwendige Mittel die Gefahr der Grundwasserverunreinigung ebenso wirksam bannen könnten wie die Beseitigung der abgelagerten Siedlungsabfälle. Die von dem Gutachter Dr. T. vorgeschlagene Abdeckung sei nicht ebenso sicher wie die Abtragung. Überdies werde der Verstoß gegen die abfallrechtliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung nur durch die Beseitigung der Massen ausgeräumt. Der Beklagte brauche diesen Verstoß nicht zu dulden oder sich mit einer weniger sicheren Maßnahme zur Abwehr der für das Grundwasser bestehenden Gefahr zufrieden zu geben.  

21

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen: Das Verwaltungsgericht habe mit § 17 Abs. 1 LAbfWG bereits die falsche Rechtsgrundlage herangezogen. Abfallrecht sei im vorliegenden Fall unanwendbar, weil das streitgegenständliche Material infolge der Verfüllung mit dem Grund und Boden verwachsen sei und dadurch seine Abfalleigenschaft verloren habe. Das Verwaltungsgericht habe des Weiteren verkannt, dass § 17 Abs. 1 LAbfWG keinen Anordnungscharakter habe und somit keine Ermächtigungsgrundlage darstelle. Satz 1 dieser Norm enthalte eine bloße Störerdefinition; auch Satz 2 beinhalte keine Ermächtigungsgrundlage, sondern sei nur eine Zuständigkeitsnorm, die eine Anordnungsbefugnis voraussetze. Als Ermächtigungsgrundlage fungiere auf landesrechtlicher Ebene allein § 28 Abs. 1 LAbfWG, bei dessen Auslegung und Anwendung indessen bundesabfallrechtliche Vorgaben und Einschränkungen zu beachten seien. Diesen Vorrang des Bundesrechts habe das Verwaltungsgericht unbeachtet gelassen. Das spezifische, bundesrechtlich geregelte Pflichtenregime schließe es aus, durch Landesrecht oder dessen Vollzug anstelle der verantwortlichen Abfallerzeuger und –besitzer Dritte zur Entsorgung angefallener Abfälle heranzuziehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe mehrfach entschieden, dass der Kreis der zur Abfallentsorgung Verpflichteten bundesrechtlich abschließend festgelegt werde und durch landesrechtliche Regelungen nicht erweitert werden könne. Soweit das Verwaltungsgericht meine, aus dem Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87/86 – allgemein ableiten zu können, dass das Bundesrecht landesrechtliche Regelungen zulasse, mittels derer eine Person zur Begründung von Besitz an Abfällen verpflichtet werden könne, habe es verkannt, dass der zitierte Beschluss im Lichte der inzwischen geänderten Rechtslage interpretiert werden müsse. Durch das am 7. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sei die bisherige abfallrechtliche Systematik grundlegend geändert worden, indem nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG Erzeuger oder Besitzer von Abfällen vorrangig zur Verwertung von Abfällen und – falls eine Verwertung nicht in Betracht komme - nach § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung von Abfällen verpflichtet seien. Zur Durchsetzung dieser abfallrechtlichen Pflichten enthalte § 21 KrW-/AbfG die Befugnis der zuständigen Behörde, die im Einzelfall erforderlichen Anordnungen zu treffen. Nach der heutigen Rechtslage sei ein schlichter und unbesehener Rückgriff auf eine vermeintliche Störerverantwortlichkeit nach allgemeinem Gefahrenabwehrrecht unzulässig. Zwar bestehe kein absoluter Vorrang des § 21 KrW-/AbfG. Sofern Maßnahmen gerade aus Gründen der ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen ergriffen werden sollen, sei aber das bundesrechtlich geregelte Abfallregime einschließlich der Eingriffsermächtigung des § 21 KrW-/AbfG vorrangig und ausschließlich anwendbar. Nur wenn Anknüpfungspunkt landesordnungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Gebot umweltgerechter Abfallentsorgung, sondern die von bestimmten Sachen ausgehende Gefahr für anderweitig geschützte Rechtsgüter sei, bleibe Raum für eine landesrechtliche Inpflichtnahme. Damit habe sich das Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar auseinandergesetzt. Selbst wenn man unterstelle, dass die angefochtene Verfügung nicht in erster Linie zur Durchsetzung der umweltgerechten Abfallentsorgung, sondern zur Bekämpfung einer von den fraglichen Abfällen ausgehenden Gefahr für den Boden und das Grundwasser im Bereich der Kiesgrube dienen solle, müsse sich das Vorgehen gegen denjenigen richten, der als Handlungs- oder Zustandsstörer für die Abläufe und den Grundstückszustand der Kiesgrube verantwortlich sei. Das sei hier eindeutig die Beigeladene zu 4.) als Betreiberin der Kiesgrube und Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über das Kiesgrubengrundstück, nicht aber die Klägerin, die insofern außenstehende Dritte sei. Zudem ergebe sich aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftrage und diesem hierzu den Besitz übertrage, weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich bleibe. Die Klägerin sei aber weder Erzeugerin noch Besitzerin der fraglichen Abfälle. Als Vermittlerin und Abfallmaklerin sei sie zu keinem Zeitpunkt Besitzerin der an oder in der Kiesgrube abgelagerten Abfälle gewesen. Als außenstehende Dritte unterliege sie nicht dem spezifischen Pflichtenregime des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Sie habe auch während der Verwiegung auf ihrem Gelände und erst recht während des Transports zur Beigeladenen zu 4.) keine Verfügungsgewalt und damit keine Sachherrschaft über firmenfremde Fahrzeuge oder deren Ladung erlangt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ergebe sich auch aus der Übermittlung des Entsorgungsfachbetriebe-Zertifikats anstelle eines "Vermittler-Zertifikats" nicht, dass die Klägerin keine Abfallmaklerin sei. Vielmehr stelle die Vorlage des Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb auch bei Maklergeschäften eine in der Entsorgungswirtschaft anzutreffende Selbstverständlichkeit dar, mit der die Erwartung verbunden werde, dass für die jeweilige Tätigkeit alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Selbst wenn man hilfsweise Abfallbesitz der Klägerin unterstelle, habe sie jedenfalls zum Zeitpunkt des als rechtswidrig gerügten Entsorgungsvorgangs keinen Abfallbesitz mehr gehabt, weil die Verfüllung ausschließlich und unstreitig durch die Beigeladene zu 4.) erfolgt sei.   

22

Das Verwaltungsgericht habe auch die Störereigenschaft der Klägerin zu Unrecht bejaht. Sei wegen der abschließenden bundesrechtlichen Regelung der abfallrechtlichen Verantwortlichkeiten der Rückgriff auf im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht geregelte Verantwortlichkeiten gesperrt, gelte dies insbesondere auch für die vom Verwaltungsgericht angewandte, umstrittene Figur der Zweckveranlassung. Selbst wenn man aber zu Lasten der Klägerin die Anwendung allgemeiner polizei- und ordnungsrechtlicher Verantwortlichkeiten neben den speziellen abfallrechtlichen Vorgaben bejahe, sei die Klägerin keine Zweckveranlasserin. Denn sie habe zu keiner Zeit durch irgendeine von ihr ausgeübte Tätigkeit die Gefahrenschwelle unmittelbar überschritten. Der festgestellte rechtswidrige Zustand sei erst mit der Verfüllung der Materialien durch die Beigeladene zu 4.) eingetreten. Sie sei auch weder nach subjektiven noch nach objektiven Zurechnungskriterien als geschehenssteuernder "Hintermann" zu qualifizieren. Das Verwaltungsgericht stelle nicht klar, auf welche "abgeschlossenen Verträge" es die von ihm angenommene Zweckveranlasserhaftung stützen wolle. Zwischen den Beteiligten sei streitig, zwischen wem und mit welchem Inhalt Vertragsbeziehungen bestehen. Aus ihrer Sicht habe sie die Verfüllung bei der Beigeladenen lediglich vermittelt. Die von der Beigeladenen zu 4.) unmittelbar gegenüber den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) abgegebenen Annahmeerklärungen seien nicht auf Anweisung der Klägerin erfolgt, sondern von den Beigeladenen, insbesondere der Beigeladenen zu 3.) ausdrücklich verlangt worden. Selbst wenn man zu Lasten der Klägerin unterstelle, dass sie Vertragspartnerin der Beigeladenen zu 4.) sei, sei sie nicht als Zweckveranlasserin anzusehen. Sie habe insbesondere den Transport für die Beigeladene zu 3.) zwar vermittelt, indem sie für diese ein Transportunternehmen beauftragt habe; die beauftragten Unternehmen hätten jedoch selbständig agiert und nicht den Weisungen der Klägerin unterlegen. Es bleibe unklar, weshalb durch den Transport zu einem bestimmten Entsorgungsort ausgerechnet durch die Klägerin die Gefahrenschwelle bereits unmittelbar überschritten worden sein solle. Der ordnungsgemäß durchgeführte Transport habe keine Gefahr und erst recht keinen rechtswidrigen Zustand begründet. Dieser sei erst durch die Beigeladene zu 4.) herbeigeführt worden, indem diese das von der Beigeladenen zu 3.) erzeugte Material verfüllt habe. Soweit das Verwaltungsgericht die Klägerin als "alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens" qualifiziere, verkenne es insbesondere die Rolle der Beigeladenen zu 4.), die als Adressatin der wasserrechtlichen Erlaubnis und der darin enthaltenen Nebenbestimmungen für den Betrieb der Kiesgrube sowie als Grundstückseigentümerin und Inhaberin der Sachherrschaft über die Kiesgrube eine entgeltliche unternehmerische Leistung erbracht habe, indem sie nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) die Annahme der Abfälle erklärt und damit über ihre Verfüllungskapazitäten verfügt habe; allein die Beigeladene  zu 4.) habe schließlich die Abfälle über die Kippkante geschoben und somit bewusst und final eingebaut. Auch die Rolle der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) werde vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigt. Als Abfallerzeuger seien sie gemäß den §§ 5 und 11 KrW-/AbfG abfallrechtlich für eine ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich. Wie sich aus § 16 KrW-/AbfG ergebe, bleibe diese Verantwortlichkeit auch im Falle der Beauftragung eines Dritten bestehen. Die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) hätten sich daher im Rahmen der ihnen obliegen-den abfallrechtlichen Pflichten darüber informieren müssen, wo diese Materialien entsorgt werden sollten und ob diese Entsorgung zulässig sei. Selbst wenn sie die Genehmigungslage nicht gekannt haben sollten, stelle diese Unkenntnis einen erheblichen und deshalb zu würdigenden Verursachungsbeitrag für die rechtswidrige Verfüllung dar. Im Übrigen habe die Klägerin weder wissentlich noch willentlich eine Ursache für die genehmigungswidrige Ablagerung gesetzt. Sie habe im Gegenteil der Beigeladenen zu 4.) alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt und diese zur Abstimmung mit den Behörden aufgefordert. Sie habe nach Bestätigung  durch die Beigeladene zu 4.) davon ausgehen dürfen, dass die Verfüllung mit dem bezeichneten Material zulässig gewesen sei. Es stelle ein vertragswidriges, schadenersatzpflichtiges Verhalten dar, wenn die im Auftrag der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) beförderten Abfälle nicht den zu Beginn der Verfüllung getroffenen und mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion – SGD - Nord abgestimmten Bedingungen entsprochen hätten. Danach dränge sich die Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) als geschehensbeherrschender Störerin auf; daneben bestehe eine eindeutige abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1.) bis 3.). Hingegen sei die Inanspruchnahme der Klägerin sachwidrig und verfehlt, weil sich ihr Handeln als rechtmäßig und sozialadäquat darstelle.

23

Unabhängig von der Frage der Störereigenschaft der Klägerin sei die Bewertung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Störerauswahl nicht haltbar. Entgegen dessen Ansicht hätten die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) in die Störerauswahl mit einbezogen werden müssen, weil sie als Abfallerzeuger abfallrechtlich verantwortlich seien und deshalb unmittelbar zu der erfolgten Entsorgung beigetragen hätten. Sie könnten sich nicht darauf zurückziehen, die Genehmigung für die Verfüllung nicht gekannt zu haben. Als Entsorgungsfachbetriebe seien sie im Rahmen ihrer abfallrechtlichen Verantwortung verpflichtet gewesen, sich darüber zu informieren, wo und unter welchen Bedingungen ihre Abfälle entsorgt werden sollten. Ohne ihr Zutun wäre es zu der Entsorgung der Abfälle bei der Beigeladenen zu 4.) nicht gekommen.

24

Das Verwaltungsgericht stütze sich auch zu Unrecht auf die vermeintlich begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Beigeladenen zu 4.). Diese habe im fraglichen Zeitraum aktiv und ungeschmälert am Entsorgungsmarkt teilgenommen und sei somit auch zahlungskräftig gewesen. Der Beklagte habe die lapidare Aussage der Beigeladenen zu 4.), sie sei nicht zahlungskräftig, nicht ausreichend im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht hinterfragt.

25

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweise sich die Beseitigungsverfügung schließlich als unverhältnismäßig. Zunächst führe die von der Beigeladenen zu 4.) eingeräumte Vermischung des Materials mit Bodenaushub dazu, dass die Klägerin eine nicht verhältnismäßige Trennung von Materialien vornehmen bzw. Material mit entsorgen müsse, dessen Entfernung ihr nicht aufgegeben worden sei. Im Übrigen liege eine Gefährdung des Grundwassers, der nur mit einer Auskofferung  begegnet werden könnte, nicht vor, wie sich aus den vorliegenden Gutachten ergebe. Vielmehr führe bereits die vom Gutachter Dr. T. in seinem Sanierungskonzept vorgeschlagene Oberflächenabdeckung dazu, dass ein Lösen von Schadstoffen durch Niederschlagswasser ausgeschlossen werde. Es sei damit eine gegenüber der Entfernung der Materialien mildere Maßnahme möglich und nachgewiesen. Nicht hinreichend gewürdigt habe das Verwaltungsgericht ferner, dass die Klägerin nicht einmal ansatzweise über ausreichende Kapazitäten zur Zwischenlagerung der Abfälle verfüge. Da sie nur eine Kapazität zur Zwischenlagerung für maximal 80 Tonnen pro Tag habe, bedeute die hier in Rede stehende zu entsorgende Abfallmenge von 16.261 Tonnen eine 203,26-fache Überlastung ihrer Zwischenlagerkapazität. Die Verfügung führe daher zu einem eklatant rechtswidrigen Zustand, zumal die genannten Kapazitäten an dem Standort in K. bereits durch das Tagesgeschäft, das die wirtschaftliche Basis der Klägerin bilde, vollkommen ausgelastet seien.

26

Eine Überlagerung ihres Standorts in Befolgung der Verfügung hätte daher für sie straf- und ordnungsrechtliche Konsequenzen.

27

Die Klägerin beantragt,  

28

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2010 nach ihrem in der ersten Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

29

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

31

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint insbesondere, die Anwendung von § 17 Abs. 1 LAbfWG sei nicht zu beanstanden. Die Vorschrift regele lediglich, inwieweit einem Nichtabfallbesitzer aufgrund vorangegangenen Tuns aufgegeben werden könne, an den als Abfall zu beseitigenden Sachen Besitz zu begründen und ihn so in die damit verbundene Pflichtenstellung nach Abfallrecht hineinzuzwingen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien derartige landesrechtliche Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar. Da § 17 LAbfWG keine abfallrechtliche Regelungslücke schließe, bedürfe es auch keiner Neuinterpretation dieser Rechtsprechung. Ob § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG eine Anordnungsbefugnis enthalte oder nur die Zuständigkeit regele, könne offenbleiben, da sich die Anordnungsbefugnis letzterenfalls aus § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG ergebe. Da der Beklagte lediglich die Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube angeordnet habe, sich die Pflichten der Klägerin bezüglich der anschließenden Entsorgung also unmittelbar aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergäben und ggf. durch Anordnungen nach § 21 KrW-/AbfG durchgesetzt werden müssten, sei der Klägerin nichts aufgegeben worden, was ihren aus dem Abfallbesitz folgenden Verpflichtungen zuwiderlaufe.  

32

Das Verwaltungsgericht habe die Klägerin auch zutreffend als Störerin angesehen. Gehe es darum, einem Nichtabfallbesitzer aufgrund vorangegangenen Tuns aufgeben zu können, an den als Abfall zu beseitigenden Sachen Besitz zu begründen, um ihn so in die damit verbundene Pflichtenstellung nach dem KrW-/AbfG hineinzuzwingen, könne nur der allgemeine polizeirechtliche Störerbegriff maßgeblich sein, womit auch der Zweckveranlasser als Störer in Betracht komme. Das Verwaltungsgericht habe die Klägerin zutreffend als alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens angesehen, weil zwischen der Beigeladenen zu 4.) und den übrigen Beigeladenen keinerlei vertragliche Beziehungen bestanden hätten, die Lieferungen auf ihr Kontingent erfolgt seien und sie die Anlieferungen teilweise sogar selbst organisiert habe, es also ohne die Klägerin nie zur illegalen Verfüllung der Kiesgrube mit dem Hausmüll-Bauschutt–Gemisch gekommen wäre. Die Klägerin sei im Übrigen hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Verfüllung keineswegs ahnungslos gewesen, da die Beigeladene zu 4.) ihr den die Verfüllungsbedingungen regelnden Erlaubnisbescheid vom 4. November 2002 bereits im August 2007 übersandt habe. Als Entsorgungsfachbetrieb hätte sie erkennen müssen, dass die Verfüllung aufgrund der vorgelegten Probenanalysen nicht zulässig gewesen sei. Dennoch habe sie die Verfüllung einen Monat später vorgenommen, ohne dass deren Zulässigkeit seitens der SGD Nord bestätigt worden sei.  

33

Auch die Störerauswahl sei vom Verwaltungsgericht zu Recht nicht beanstandet worden. Die Klägerin verkenne, dass mit der Störereigenschaft der Beigeladenen zu 4.) diejenige der Klägerin nicht ausgeschlossen sei, sondern lediglich eine Ermessensentscheidung über die Störerauswahl notwendig werde. Ein Ermessenfehlgebrauch liege nicht vor, weil § 17 LAbfWG eine effektive Gefahrenabwehr bezwecke und es daher nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte sich bei seiner Auswahlentscheidung vor allem von Effektivitätsgesichtspunkten habe leiten lassen. Im Verhältnis der Klägerin zu den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) stelle sich schon die Frage, ob letztere als Vorlieferanten der Klägerin noch als Zweckveranlasser angesehen werden könnten. Jedenfalls sei auch insoweit die Störerauswahl nicht zu beanstanden, weil den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) zwar die chemisch-analytische Zusammensetzung der von ihnen erzeugten Materialien bekannt gewesen sei, nicht jedoch die Verfüllungsbedingungen der wasserrechtlichen Erlaubnis zum Kiesgrubenbetrieb, die jedoch die Klägerin gekannt habe, und weil die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) auch nicht neben der Klägerin auf ein eigenes Verfüllkontingent angeliefert hätten, sondern für die Klägerin auf deren Kontingent.  

34

Das Verwaltungsgericht habe schließlich die Verfügung zu Recht als verhältnismäßig angesehen, weil nur die Entfernung der gutachterlich festgestellten 16.261 Mg Siedlungsabfälle angeordnet worden sei; deren Entfernung sei aber geboten, um einerseits Grundwassergefährdungen sicher auszuschließen und andererseits rechtmäßige Zustände herzustellen.  

35

 Der Beigeladene zu 1.) hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

36

Die Beigeladene zu 2.) stellt keinen Antrag, nimmt aber zur Berufung im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten wie der Beklagte Stellung. Insbesondere ist sie der Auffassung, die Klägerin sei deshalb zumindest Zweckveranlasserin, weil sie die Anlieferer akquiriert und ausgewählt, die Anlieferungen disponiert und über die Art der Anlieferung entschieden habe; sie habe die Anlieferungen stoppen oder bestimmten Erzeugern die Anlieferungen gänzlich verweigern können und sogar die Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte für die Verfüllung der Grube übernommen. Die Klägerin habe auch Abfallbesitz gehabt, da sie unstreitig Wiege- und Transportvorgänge übernommen und damit die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle erlangt habe. Gegenüber der Beigeladenen zu 2.) sei die Klägerin sogar vertraglich zu einer Zwischenlagerung verpflichtet gewesen. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Klägerin Siebsande aus Krefeld zu ihrem Betriebsstandort in K. verbringen sollte, um sie dort umzuschlagen, ggf. mit Siebsanden aus eigener Herstellung oder von anderen Erzeugern zwischenzulagern und anschließend zur Beigeladenen zu 4.) zu transportieren. Dies habe auch zu einer höheren Vergütung der Klägerin durch die Beigeladene zu 2.) geführt.  

37

Die Beigeladene zu 3.) beantragt,

38

die Berufung zurückzuweisen.

39

Sie äußert sich zur Berufung im Kern in gleicher Weise wie die Beigeladene zu 2.). Ergänzend führt sie noch aus, sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Annahmeerklärung der Beigeladenen zu 4.) erhalten, sondern bis zuletzt nicht gewusst, wohin die von ihr der Klägerin zur Entsorgung überlassenen Materialien verbracht worden seien. Entsorgungsverträge hätten allein zwischen ihr und der Klägerin sowie zwischen dieser und der Beigeladenen zu 4.) bestanden. Dies werde dadurch bestätigt, dass alle ihre Materiallieferungen von der Klägerin zunächst zu deren Betriebsgrundstück in K. verbracht worden seien, von wo aus der Weitertransport organisiert worden sei.  

40

Die Beigeladene zu 4.) beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen noch aus, das streitgegenständliche Material habe seine Abfalleigenschaft durch die Verfüllung nicht verloren. Es könne trotz des bereits begonnenen Zersetzungsprozesses nach wie vor optisch vom ursprünglichen, in der Kiesgrube vorhandenen Erdboden unterschieden werden und sei nach den gutachterlichen Feststellungen gerade keine Verbindung mit dem Boden eingegangen. Es sei auch nie in ihrem Sinne gewesen, geschredderten Hausmüll in der Grube abzulagern. Vielmehr sei sie aufgrund der Zusicherungen der Klägerin davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin angelieferten Material um Bodenaushub bzw. diesem gleichzusetzendes Material handele. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Klägerin an sie für die in der Kiesgrube abgekippten Materialien lediglich den üblichen Preis für die Annahme von Bodenaushub gezahlt habe. Im Übrigen tritt sie der Berufung im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten wie der Beklagte entgegen.   

43

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, der Sitzungsniederschrift vom 26. Januar 2012 und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

44

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

45

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die abfallrechtliche Verfügung des Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).  

46

Der Beklagte hat die Verfügung zu Recht auf § 17 Abs. 1 des Landesabfallwirtschaftsgesetzes (LAbfWG) vom 2. April 1998 (GVBl., S. 97) gestützt (I.). Die Verfügung begegnet auch weder im Hinblick auf die Heranziehung der Klägerin als Verantwortliche für die rechtswidrige Abfallablagerung (II.) noch hinsichtlich der Auswahl der Klägerin unter mehreren in Betracht kommenden Verantwortlichen (III.) rechtlichen Bedenken. Schließlich sind Rechtsbedenken unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Verfügung ebenfalls nicht angezeigt (IV.).

47

I. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die angefochtene Verfügung - neben § 93 Abs. 4 des Landeswassergesetzes (LWG) – auf § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage gestützt hat.

48

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterliegen die in der Kiesgrube abgelagerten Materialien mangels Verlusts ihrer Abfalleigenschaft weiterhin dem Abfallrecht (1.). Dabei bildet § 17 Abs. 1 LAbfWG – jedenfalls in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG – eine Befugnisnorm (2.), deren Anwendung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch vorrangiges Bundesrecht ausgeschlossen ist (3.).  

49

1. Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Verlust der Abfalleigenschaft der in der Kiesgrube abgelagerten Materialien verneint, weil diese – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts – infolge ihrer Vermischung mit Erdaushub und einer durch Zersetzung und Zeitablauf bedingten "Verwachsung" ihre Beweglichkeit verloren hätten, ist nicht stichhaltig.  

50

Zwar setzt der Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes – KrW-/AbfG –, an den auch § 17 Abs. 1 LAbfWG anknüpft, die Beweglichkeit der als Abfall einzustufenden Sache oder Sachen voraus (vgl. dazu z.B. Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 26 und 33 ff.). Daran fehlt es bei Grundstücken oder Grundstücksbestandteilen, wobei die Frage, ob und inwieweit dabei auf die zivilrechtlichen Kriterien nach den §§ 93 ff. BGB abzustellen ist, im Einzelnen streitig ist (vgl. dazu Breuer, a.a.O., Rn. 34; Frenz, KrW-/AbfG, 3. Aufl. 2002, § 3, Rn. 14; Müggenborg, NVwZ 1998, 1121, 1122; jeweils m.w.N.). Letztlich ist bei der Frage, ob Sachen dauerhaft fest mit einem Grundstück verbunden sind, auf die Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der stoffbezogenen Entsorgungspflichtigkeit abzustellen (so überzeugend Breuer und Frenz, jeweils a.a.O.). Von einer solchen Betrachtungsweise geht auch die einschlägige verwaltungsgerichtliche Judikatur in den Fällen der Verfüllung von Abfällen in natürlichen oder künstlich angelegten Vertiefungen aus. Danach ist zum Beispiel abgelagerter Sand eine bewegliche Sache, die auch durch Abdeckung nicht zu einem Grundstücksbestandteil wird, soweit und solange er mühelos entfernt werden kann (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 29. März 1994 – 2 EO 18/93 –, NVwZ-RR 1995, 253 und juris, Rn. 37). Gelagerte feste Gegenstände (z.B. Leichtfraktion aus einer Schredderanlage) bleiben auch dann beweglich, wenn sie mit Sand abgedeckt werden, solange sie nicht mit dem Boden vermengt worden sind (vgl. VGH BW, Urteil vom 18. März 1992 – 3 S 2223/91 –, NVwZ-RR 1992, 543 und juris, Rn. 26). Hingegen können Altabfälle, die nicht lediglich abgelagert und überdeckt wurden, sondern aufgrund fortgeschrittener Vermoderung oder Verwachsung mit dem Boden als solche nicht mehr abgrenzbar sind, ihre Abfalleigenschaft verlieren; ein langjähriges Verwachsen mit dem Grundstück lässt Abfälle zu wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks werden; gegebenenfalls liegt dann eine Altlast im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Bundesbodenschutzgesetzes – BBodSchG – vor, so dass dessen Regime eingreift (vgl. zum Ganzen: Breuer, a.a.O., Rn. 35, Frenz, a.a.O., Rn. 15; jeweils m.w.N.). Wurden Stoffe nicht nur lose in einen Steinbruch verfüllt, sondern die Oberfläche nach Abschluss der Verfüllung dem Geländeprofil angepasst, planiert und durch Aussaat bepflanzt, wobei auch der Wille des Grundstückseigentümers auf die Herstellung einer dauerhaften festen Verbindung mit dem Grundstück gerichtet ist, so haben die Stoffe mit dem Abschluss der Verfüllungsmaßnahme ihre Abfalleigenschaft verloren mit der Folge, dass Bodenschutzrecht anzuwenden ist (vgl. VG Gera, Beschluss vom 8. September 2001 – 600-8432-082/00 SOK GRZ – juris, Rn. 27 f.). Ebenso werden Stoffe, die in das Erdreich eingedrungen sind, erst mit der Auskofferung des verseuchten Erdreichs (wieder) zu einer bewegliche Sache und damit zu Abfall (vgl. Breuer, a.a.O., Rn. 35, m.w.N.). Hingegen handelt es sich bei Bodenmassen, die zur Verfüllung in eine künstlich geschaffene Vertiefung eingebracht werden, auch dann noch um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG, wenn sie untrennbar mit Siebresten, Bauschutt und Straßenaufbruchmaterial vermischt sind; die Vermengung mehrerer beweglicher Sachen, bestehend aus an sich unbedenklichem Verfüllmaterial und Abfall, untersteht dem Abfallrecht, sofern für eine "Verwachsung" keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 16. Juli 2009 – 9 L 153/09 –, juris, Rn. 10 und 21 ff.; s.a. Urteil des Senats vom 23. Juni 2010 – 8 A 10139/10.OVG –, juris, Rn. 34).  

51

Hiervon ausgehend spricht nichts für die von der Klägerin nur behauptete, aber nicht näher belegte Vermischung und Verwachsung des abgelagerten Materials in einer Weise, die zum Verlust der Abfalleigenschaft geführt haben könnte. Zunächst hat die bloße Vermischung der abgelagerten geschredderten Siedlungsabfälle mit einer – eher geringfügigen – Menge von über dieselbe Kippkante geschobenem Erdaushub, die die Beigeladene zu 4.) grundsätzlich eingeräumt hat, nicht den Verlust der Abfalleigenschaft zur Folge gehabt: Eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich ändert nichts an der Abfalleigenschaft des entstehenden Gemischs, sondern führt nur dazu, dass auch das beigemischte Material entfernt werden muss (so zutreffend: BayVGH, Beschluss vom 2. April 1993 – 22 CS 93.941 –, BayVBl. 1994, S. 22, 23). Die Klägerin hat auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass eine zum Verlust der Abfalleigenschaft führende "Verwachsung" des Hausmülls mit dem Erdboden nicht eingetreten ist, nicht zu erschüttern vermocht. Unter einer "Verwachsung" dürften biologische Prozesse zu verstehen sein, bei denen Einzelstoffe eine Verbindung eingehen, durch die sie einen nicht mehr oder nur mit verhältnismäßigem Aufwand trennbare "Gesamtmasse" bilden. Von Relevanz für die Frage der Anwendbarkeit von Abfall- oder Bodenschutzrecht ist eine solche Verwachsung ohnehin nur dann, wenn die Stoffe dabei eine Verbindung mit dem (natürlichen) Erdboden eingehen, die sie zu einem wesentlichen Bestandteil des betreffenden Grundstücks machen mit der Folge, dass Bodenschutzrecht Anwendung findet. Für eine derartige Verbindung der abgelagerten Massen mit dem Erdboden ist von der Klägerin nichts vorgetragen worden. Sie kann nach den vorliegenden Gutachten sogar ausgeschlossen werden: Wie sich insbesondere aus dem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten des Chemisch-Technischen Laboratoriums H. H. vom 7. April 2009 (Verwaltungsakte Band IV, Bl. 197 ff.) ergibt, bilden die über die Kippkante geschobenen geschredderten Siedlungsabfälle eine bis maximal 5,5 m dicke "Schicht I", die auf der bis zu 38 m dicken, aus Boden- und Bauschuttablagerungen bestehenden "Schicht II" am östlichen Grubenrand aufliegt. Die Schichten waren im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens im April 2009 in ihrer Mächtigkeit und Zusammensetzung aufgrund von Bohrungen klar unterscheidbar. Überdies handelt es sich auch bei der Schicht II nicht um natürlichen Boden, sondern um ältere, aber wohl unbedenkliche Ablagerungen zur Grubenverfüllung. Soweit im Untersuchungszeitpunkt Zersetzungsprozesse feststellbar waren, betrafen diese nur die Schicht I; ein Zustand der untrennbaren Verbindung beider Schichten aufgrund biologischer Zersetzungsprozesse konnte nicht festgestellt werden, erst recht keine "Verwachsung" der Hausmüllablagerung mit dem bis zu 38 m tiefer liegenden ursprünglichen Kiessandboden (Schicht III). Die Klägerin hat keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sich daran bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 etwas Entscheidendes geändert haben könnte. Vielmehr lassen sich auch der von der Beigeladenen zu 4.) – in Befolgung der an sie gerichteten weiteren Verfügung des Beklagten vom 20. September 2009 – beauftragten Untersuchung der Schadstoffmobilität von Dr. T. und Partner GmbH vom 19. Mai 2010, die im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG zur Gerichtsakte gereicht wurde und der Klägerin bekannt ist, keine Anhaltspunkte für eine Verwachsung der abgelagerten Siedlungsabfälle in einer für die Abgrenzung von Abfall- und Bodenschutzrecht relevanten Weise entnehmen.  

52

2. Soweit die Klägerin weiter rügt, das Verwaltungsgericht habe – wie bereits der Beklagte im Bescheid vom 20. Oktober 2009 - rechtsirrig § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage herangezogen, obwohl § 17 Abs. 1 Satz 1 nur eine Störerdefinition und § 17 Abs. 1 Satz 2 lediglich eine Zuständigkeitsregelung, die eine Anordnungsbefugnis voraussetze, enthielten, vermag dies die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung nicht zu begründen.  

53

Zunächst enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG nicht nur eine Störerdefinition, sondern begründet eine Grundpflicht desjenigen, der rechtswidrig Abfälle entsorgt:

54

Dieser ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verpflichtet (vgl. Reis/Gottschling, Das Abfall- und Bodenschutzrecht in Rheinland-Pfalz, Kommentar zum LAbfWG, § 17, Anm. 1). § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG regelt sodann zwar primär die Zuständigkeit für den Erlass erforderlicher Anordnungen dahingehend, dass, soweit die illegale Abfallentsorgung im Betrieb einer illegalen Anlage besteht, die für die Anlage zuständige Behörde zuständig ist, in allen anderen Fällen, in denen die rechtswidrige Entsorgung ohne derartigen Anlagenbezug ist, die Verwaltung des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (vgl. dazu Reis/Gottschling, a.a.O., Anm. 12); die Zuständigkeitsregelung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ist insoweit als eine "andere Bestimmung" im Sinne von § 27 Abs. 2 LAbfWG anzusehen (so: OVG RP, Beschluss vom 13. Februar 1998 – 8 B 13077/97.OVG –, juris, Rn. 3, zu inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen). Dabei spricht aufgrund der Formulierung in § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG, wonach "die erforderliche Anordnung durch die zuständige Behörde erlassen" wird, bereits vieles dafür, dass Satz 2 über die Zuständigkeitsbestimmung hinaus auch eine Befugnisnorm zum Erlass entsprechender Anordnungen im Einzelfall enthält (so jedenfalls: OVG RP, Beschluss vom 13. Februar 1998, a.a.O., zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung, allerdings i.V.m. § 21 KrW-/AbfG). Sieht man hingegen in § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG nur eine auf anderweitige Befugnisnormen verweisende bzw. deren Existenz voraussetzende Zuständigkeitsregelung, so folgt die Anordnungsbefugnis des Beklagten aber jedenfalls aus der Zusammenschau von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LAbfWG mit § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG: Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße notwendigen Anordnungen (so auch: OVG RP, Urteil vom 23. Juni 2010, a.a.O. und VG Mainz, Beschluss vom 30. März 2009 – 3 L 175/09.MZ –, juris, Rn. 3; im Ergebnis auch: Reis/Gottschling, a.a.O., Anm. 12, a. E.). Letztlich geht auch die Klägerin davon aus, dass jedenfalls § 28 Abs. 1 LAbfWG die erforderliche Eingriffsermächtigung für die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetzes zuständige Behörde enthält. Die danach allenfalls unvollständige Angabe der Ermächtigungsgrundlage im Bescheid vom 20. Oktober 2009 vermag dessen Rechtswidrigkeit nicht zu begründen.

55

3. Der Senat vermag auch der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, das Verwaltungsgericht habe mit der Billigung der Heranziehung von § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage den Vorrang bundesabfallrechtlicher Vorschriften gegenüber dem Landesabfallrecht missachtet und verkannt, dass die im angegriffenen Urteil zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Lichte einer durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz grundlegend geänderten Systematik neu interpretiert werden müsse und danach eine Inanspruchnahme der Klägerin mangels Stellung als Abfallerzeugerin oder –besitzerin ausgeschlossen sei. Nach Überzeugung des Senats steht vielmehr das Bundesrecht einer Anwendung des § 17 Abs. 1 (i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3) LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage für Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr bei rechtswidriger Abfallentsorgung in der hier vorliegenden Fallkonstellation nach wie vor nicht entgegen.

56

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der einschlägigen (älteren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Bundesabfallrecht einer Inanspruchnahme von Personen nach Landesabfallrecht nicht ausnahmslos entgegensteht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zunächst mit Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 45.80 – (BVerwGE 67, 8 und juris, Rn. 9) entschieden, dass der Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten durch die damaligen Regelungen in § 3 Abs. 1, 3 und 4 des Abfallbeseitigungsgesetzes - AbfG – i.d.F. vom 5. Januar 1977 (BGBl. I, S. 41) bundesrechtlich abschließend festgelegt worden sei und nicht durch einen Rückgriff auf landesrechtliche Vorschriften erweitert werden könne; deshalb könne zum Beispiel ein Grundstückseigentümer nicht nach Landesrecht als Zustandsstörer zur Beseitigung auf seinem Grundstück lagernder Abfälle verpflichtet werden. Mit weiterem Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 168.81 – (juris, Rn. 8) hatte das Gericht aber bereits einschränkend ausgeführt, auf landesrechtliches Ordnungsrecht gestützte Maßnahmen gegen Abfallbesitzer seien nicht ausgeschlossen, müssten aber stets die Grenzen respektieren, die durch die Regelung der Beseitigungspflicht in § 3 AbfG gezogen worden seien; Handlungen, die nach § 1 Abs. 2 AbfG zur Abfallbeseitigung gehörten, könnten daher dem Abfallbesitzer nur insoweit aufgegeben werden, als er selbst beseitigungspflichtig sei. Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht sodann in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87.86 – (NVwZ 1988, 1126 und juris, Rn. 3) klarstellend ausgeführt: Da § 3 AbfG (i.d.F. vom 27. August 1986, BGBl. I, S. 1410) den Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten abschließend festlege, könne eine landesabfallrechtliche Vorschrift, nach der derjenige, der in unzulässigerweise Abfälle behandele, lagere oder ablagere zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet sei, nicht so verstanden werden, als ob sie eine von der Pflichtenstellung des Abfallbesitzers unabhängige und neben dieser stehende "Handlungspflicht" des Verursachers begründe. Eine solche Vorschrift regele vielmehr, soweit sie sich an einen Adressatenkreis wende, der nicht zu den Abfallbesitzern gehöre, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Dritter aufgrund vorangegangenen Tuns in die Position eines Abfallbesitzers und die damit verbundene Pflichtenstellung gewissermaßen "hineingezwungen" werden könne, indem ihm – sozusagen als Voraussetzung für die von ihm verlangten Beseitigungsmaßnahmen – aufgegeben werde, an dem Abfall Besitz zu begründen. Für eine solche durch die Vorschriften des Abfallgesetzes nicht ausgeschlossene landesrechtliche Regelung bestehe u.a. in den Fällen ein besonderes Bedürfnis, in denen ein früherer Abfallbesitzer im Zusammenhang mit unzulässigen Maßnahmen der Abfallbeseitigung den Besitz an Abfällen aufgegeben habe, ohne dass neuer Besitz an diesen Sachen begründet worden sei (z.B. Wegwerfen von Abfällen in der Feldflur); § 3 AbfG schließe aber auch eine landesrechtliche Regelung nicht generell aus, durch die jemand aus vorausgegangenem Tun gezwungen werde, an einer als Abfall anzusehenden beweglichen Sache Besitz zu begründen, die sich noch in Besitz eines anderen befinde. Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 82.87 – (NJW 1989, 1295 und juris, Rn. 11) bestätigt, wonach es mit Bundesrecht vereinbar sei, dass das Landesrecht gegenüber dem Verursacher einer unzulässigen Abfallablagerung zu der Anordnung ermächtige, unter Wiederaufnahme des unerlaubt aufgegebenen Besitzes die Überlassungs- oder Beseitigungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 oder Abs. 4 AbfG zu erfüllen. Mit Urteil vom 18. Oktober 1991 – 7 C 2.91 – (BVerwGE 89, 138 und juris, Rn. 15 f.) hat es diese Grundsätze wiederholt und ausgeführt, insbesondere bei Sachverhalten, in denen der in Anspruch Genommene ursprünglich als Besitzer der Abfälle bereits eine abfallrechtliche Pflichtenstellung innegehabt und sich diesen Pflichten unerlaubt entzogen habe, verbiete es § 3 AbfG nicht, den Betreffenden dadurch wieder dem Abfallregime zu unterwerfen, dass ihm die Wiederaufnahme des Abfallbesitzes mit den daraus folgenden Rechtspflichten aufgegeben werde. Ergänzend hat es ausgeführt: Der Vorrang des bundesrechtlich geregelten Abfallregimes bestehe nur, sofern Maßnahmen aus Gründen gerade der ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen ergriffen werden sollten; sei Anknüpfungspunkt des behördlichen Handelns nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Gebot umweltgerechter Entsorgung von Abfällen, sondern die Bekämpfung konkreter Gefahren für anderweitig geschützte Rechtsgüter unabhängig von der Abfalleigenschaft der störenden Sache, so bleibe es bei den für die Abwehr dieser Gefahr maßgebenden rechtlichen Regeln auch dann, wenn die Sachen gleichzeitig – gewissermaßen "zufällig" – Abfälle seien; dann gälten für die behördliche Zuständigkeit, die zu ergreifenden Maßnahmen und für die Verantwortlichkeit für die Gefahrenbeseitigung grundsätzlich die Bestimmungen der jeweils einschlägigen speziellen Ordnungsrechts, gegebenenfalls auch des allgemeinen Polizeirechts.

57

Mit dieser Rechtsprechung steht das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts ersichtlich im Einklang. Denn es versteht § 17 Abs. 1 LAbfWG – in seiner auch von der Klägerin nicht beanstandeten Auslegung dieser landesabfallrechtlichen Vorschrift – als eine Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts und nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Beseitigung oder Verwertung von Abfällen. § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfG erlaubt danach ausschließlich die Anordnung der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands, der durch eine rechtswidrige Abfallentsorgung entstanden ist; dabei ist nicht eine Entsorgung im abfallrechtlichen Sinne, sondern das Sich-Entledigen von Abfallen gemeint. Zur Anordnung der – späteren – ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung ermächtigt die Vorschrift – wie sich aus ihrem sich an den gefahrenabwehrrechtlichen Störerbegriff anknüpfenden Wortlaut ergibt – hingegen nicht. Während § 17 Abs. 1 LAbfWG der reinen Gefahrenabwehr dient, zielt § 21 KrW-/AbfG auf die Sicherstellung der Erfüllung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten ab; in diesem Sinne können Anordnungen nach § 17 Abs. 1 LAbfWG und solche nach § 21 KrW-/AbfG aufeinander aufbauen, indem eine Person zunächst über § 17 LAbfWG in die Rolle des Abfallbesitzers hineingezwungen wird und sie sodann – neben dem Abfallerzeuger – potentieller Adressat einer Verfügung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Entsorgung nach § 21 KrW-/AbfG ist. Die darin zum Ausdruck kommende Abschichtung der Anwendungsbereiche von Landes- und Bundesabfallrecht steht nicht in Widerspruch zu der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Übrigen hat auch der Senat § 17 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG bereits als einschlägige Ermächtigungsgrundlage für ein Einschreiten der unteren Landesabfallbehörde gegen eine rechtswidrige Abfallablagerung angesehen (vgl. das Urteil des Senats vom 23. Juni 2010, a.a.O., Rn. 34).

58

Zwar trifft es zu, dass die genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sämtlich noch auf der Grundlage des Abfallbeseitigungsgesetzes bzw. des Abfallgesetzes – AbfG – ergangen sind. Der Senat teilt jedoch die Auffassung der Klägerin nicht, dass durch das am 7. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eine solche Änderung der Systematik abfallrechtlicher Verantwortlichkeiten bewirkt worden ist, die auf die hier in Rede stehende Heranziehung einer für eine rechtswidrige Abfallentsorgung verantwortlichen Person nach Landesabfallrecht durchschlägt und den Erlass einer Einzelfallanordnung nach den §§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG sperrt:

59

Zwar gab es im Abfallgesetz noch keine Ermächtigungsgrundlage für abfallbehördliche Einzelfallanordnungen, mit der Folge, dass die zuständigen Behörden – soweit nicht spezielles Ordnungsrecht des Bundes als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kam – nur auf landesrechtlicher Grundlage gegen abfallrechtswidrige Zustände einschreiten oder Gefahren, die von Abfällen ausgingen, bekämpfen konnten (vgl. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 3 f.). Mit § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG wurde bundesabfallrechtlich erstmals eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, aufgrund der grundsätzlich alle diejenigen in Anspruch genommen werden können, die durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen Pflichten zu erfüllen haben und diese nicht beachten, wozu in erster Linie die Abfallerzeuger und Abfallbesitzer gehören (vgl. Beckmann/Kersting, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 11). Der Senat vermag indessen keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der Bundesgesetzgeber damit zugleich – in bewusster Abkehr von der seinerzeit vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – Einzelfallanordnungen nach Landesabfallrecht zum Zwecke der Gefahrenabwehr gegen Dritte, die für eine rechtswidrige Abfallablagerung verantwortlich gemacht werden können, ausschließen wollte.

60

So gibt zunächst die Entstehungsgeschichte des § 21 KrW-/AbfG für ein solches Verständnis der Vorschrift nichts her. Die Ermächtigung zu Einzelfallanordnungen war zunächst in Art. 1 § 19 des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen (BT-Drucks. 12/5672 vom 15. September 1993, S. 14) enthalten, der im Wesentlichen dem heutigen § 21 KrW-/AbfG entsprach, jedoch noch den ausdrücklichen Vorbehalt enthielt, dass die "erforderlichen Anordnungen unbeschadet der Bestimmungen der Länder über die Rechts- und Fachaufsicht" getroffen werden können. Zur Begründung des § 19 Abs. 1 führte die Bundesregierung aus, die Vorschrift diene "der Durchsetzung von Pflichten nach dem KrW-/AbfG", wobei nach Abs. 1 insbesondere "Einzelfallanordnungen im Sinne einer Gefahrenabwehr getroffen werden" könnten; dies gelte "insbesondere für die Sicherstellung der Schadlosigkeit von Verwertungsmaßnahmen, die vielfach nur auf den einzelnen Erzeuger oder Besitzer bezogen erreichbar" sei (BT-Drucks. 12/5672, S. 47). Die heutige Fassung des § 21 KrW-/AbfG beruht auf dem Gesetzentwurf des Umweltausschusses (BT-Drucks. 12/7240 vom 13. April 1994), der den genannten Vorbehalt nicht mehr enthielt; der Umweltausschuss führt zur Begründung des von ihm vorgeschlagenen § 21 lediglich noch aus, die in der Vorschrift vorgenommenen Änderungen gegenüber § 19 des Regierungsentwurfs seien nur "klarstellender oder redaktioneller Natur" (BT-Drucks. 12/7284 vom 14. April 1994, S. 19). Aus den Gesetzgebungsmaterialien ist danach nichts dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber mit der Einführung einer bundesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung die bestehenden landesrechtlichen Möglichkeiten einschränken wollte.

61

Aber auch aus dem erkennbaren Sinn und Zweck des § 21 KrW-/AbfG ergibt sich eine solche Sperrwirkung nicht. Wie schon die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung belegt, zielt die Vorschrift darauf ab, die nach diesem Gesetz bestehenden Pflichten durchzusetzen, indem Einzelfallanordnungen im Sinne einer Gefahrenabwehr getroffen werden können, um z.B. die Sicherstellung der Schadlosigkeit von Verwertungsmaßnahmen gegenüber den einzelnen Erzeugern oder Besitzern von Abfällen zu erreichen. Soweit es daher um Verstöße gegen die spezifischen Pflichten nach dem KrW-/AbfG geht, ist § 21 dieses Gesetzes speziell und vorrangig anzuwenden; dabei besteht Einigkeit darüber, dass Anordnungen nach dieser Vorschrift ausschließlich gegen solche Personen in Betracht kommen, die gegen Rechtspflichten verstoßen, welche ihnen durch dieses Gesetz unmittelbar zugewiesen sind. Dazu zählen neben den Abfallerzeugern und –besitzern die Grundstückseigentümer und –besitzer, die privaten Entsorgungsträger und Produktverantwortliche. Hingegen können Anordnungen gegen Personen, die nach dem KrW-/AbfG nicht zur Entsorgung verpflichtet sind und denen das Gesetz auch nicht in anderer Weise konkrete Rechtspflichten auferlegt, nicht auf § 21 gestützt werden (vgl. Weidemann, a.a.O., Rn. 29). § 21 KrW-/AbfG lässt hingegen einen der eigentlichen Abfallentsorgung nach diesem Gesetz (Verwertung oder Beseitigung im Sinne der §§ 3 und 5 des Gesetzes) vorgelagerten Bereich unberührt, in dem es darum geht, Personen, die für eine rechtswidrige Abfallablagerung (mit-)verantwortlich sind, aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen in die Pflicht zu nehmen. In der Kommentarliteratur zum KrW-/AbfG besteht deshalb – soweit ersichtlich – weitgehende Einigkeit dahingehend, dass landesabfallrechtliche Vorschriften, die die zuständige Behörde zu Einzelfallanordnungen ermächtigen, in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich neben § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG anwendbar bleiben (vgl. z.B. Weidemann, a.a.O., Rn. 12; Frenz, a.a.O., § 21, Rn. 2; Beckmann/Kersting, a.a.O., Rn. 11). Da die Erweiterung des bundesabfallrechtlichen Pflichtenprogramms auf den Abfallerzeuger die Möglichkeiten der Behörden nicht einschränken, sondern verbessern sollte, kommt auch unter der Geltung des KrW-/AbfG zum Beispiel ein Vorgehen gegen frühere Abfallbesitzer, die nicht Abfallerzeuger im Sinne von § 3 Abs. 5 dieses Gesetzes sind, nach Landesabfallrecht weiterhin in Betracht (vgl. Weidemann, a.a.O.). Ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber mit der Einführung einer bundesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung die bestehenden landesrechtlichen Möglichkeiten einschränken wollte, so entfaltet das KrW-/AbfG keine Sperrwirkung dahingehend, dass Personen, die weder (frühere) Abfallbesitzer noch Abfallerzeuger sind, aber als Dritte aus vorangegangenem Tun für eine rechtswidrige Abfallentsorgung Verantwortung tragen, nicht landesrechtlich zur Rückgängigmachung illegaler Entsorgungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können. Dementsprechend bleibt die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der zum Beispiel gegen frühere Abfallbesitzer die Wiederbegründung des Abfallbesitzes angeordnet werden kann, auch unter Geltung des KrW-/AbfG anwendbar (so auch Weidemann, a.a.O., Rn. 32). Damit schließt das KrW-/AbfG zugleich auch die Möglichkeit nicht aus, auf der Grundlage einer landesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung einen sonstigen "Nichtabfallbesitzer", der aus vorangegangenem Tun für eine rechtswidrige Abfallentsorgung verantwortlich ist, zum Abfallbesitzer zu machen, um ihn gleichsam in die damit verbundene Pflichtenstellung nach dem KrW-/AbfG "hineinzuzwingen" und ihm sodann - etwa auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG - konkrete Abfallentsorgungspflichten (Verwertung oder Beseitigung im Sinne der §§ 3 und 5 dieses Gesetzes) aufzuerlegen.

62

Diese Zielrichtung wird – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat – auch mit der angefochtenen Verfügung verfolgt. Sie ist nicht darauf gerichtet, die Klägerin als "Nichterzeugerin oder Nichtbesitzerin" von Abfällen deren Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG aufzugeben. Vielmehr knüpft sie an eine der Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG vorgelagerte Tätigkeit, nämlich die Ablagerung in der Kiesgrube, an mit dem Ziel der Entfernung dieser Abfälle aus der Kiesgrube, um sie so einer Zwischenlagerung und späteren ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen, zu der es dann gegebenenfalls weiterer, auf § 21 KrW/AbfG gestützter Verfügungen der hierfür örtlich und sachlich zuständigen Behörde bedarf.

63

Steht demnach das KrW/AbfG einer Anwendung der §§ 17 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage für Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr bei rechtswidriger Abfallentsorgung hier nicht entgegen, so hat das Verwaltungsgericht im Übrigen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG, insbesondere das Vorliegen einer rechtswidrigen Abfallentsorgung im Sinne dieser Vorschrift, zutreffend bejaht. Da die Klägerin diese Feststellungen im Berufungsverfahren nicht angegriffen hat, kann insoweit auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden.

64

II. Es begegnet des Weiteren keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die Klägerin als Verantwortliche für die rechtswidrige Ablagerung geschredderter Siedlungsabfälle in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) angesehen hat.

65

Ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat – davon auszugehen, dass es sich bei § 17 Abs. 1 LAbfWG um eine (bundesrechtlich nicht gesperrte) Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts handelt, so richtet sich die Frage, wer richtiger Adressat einer auf diese Vorschrift gestützten Verfügung ist, nach den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts zur Verantwortlichkeit für die Beseitigung von Gefahren. Die Orientierung am gefahrenabwehrrechtlichen Störerbegriff kommt – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – bereits im Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG zum Ausdruck ("wer rechtswidrig Abfälle entsorgt, ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet"). Zugleich wird aus der Zusammenschau mit § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG, der lediglich zur Anordnung der "Beseitigung des rechtswidrigen Zustands" ermächtigt, deutlich, dass mit dem Begriff der "rechtswidrigen Abfallentsorgung" in Satz 1 nicht eine Abfallentsorgung (im Wege der Verwertung oder Beseitigung von Abfällen) im Sinne von § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG gemeint ist, sondern das schlichte Sich-Entledigen von Abfällen. Dementsprechend ermächtigt § 17 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3) LAbfWG nicht zur Anordnung von Maßnahmen zur Verwertung oder schadlosen Beseitigung von Abfällen im Sinne der §§ 5 und 11 KrW-/AbfG, sondern lediglich zur Rückgängigmachung des in der illegalen Ablagerung von Abfällen liegenden rechtswidrigen Zustandes, indem etwa die Inbesitznahme der Abfälle zum Zwecke der anschließenden Verwertung oder Beseitigung, gegebenenfalls nach Maßgabe auf § 21 KrW-/AbfG gestützter weiterer Verfügungen, angeordnet werden kann. Setzt § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 LAbfWG somit auf einer der Abfallentsorgung durch Verwertung oder Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG vorgelagerten Stufe an, so kommt es auf die Frage, wer zur "Beseitigung des rechtswidrigen Zustands" als Verantwortlicher in die Pflicht genommen werden kann, nicht auf die Stellung als Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer im Sinne des § 3 Abs. 5 und 6 KrW-/AbfG an; entscheidend ist vielmehr allein, ob die betreffende (natürliche oder juristische) Person nach Maßgabe des polizei- und ordnungsrechtlichen Störerbegriffs für das rechtswidrige Sich-Entledigen von Abfällen verantwortlich gemacht werden kann.

66

Nach Maßgabe der danach anzuwendenden polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsätze ist die Klägerin zu Recht als Verantwortliche für die hier unstreitig vorliegende rechtswidrige Abfallablagerung eingestuft worden. Denn sie hat mit der Übernahme der Verantwortung für eine ordnungsgemäße Entsorgung gegenüber ihren Geschäftspartnern sowie mit der verantwortlichen Organisation der Abfalltransporte in die Kiesgrube eine nach polizeirechtlichen Grundsätzen wesentliche Ursache für die rechtswidrige Abfallablagerung gesetzt:  

67

Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist die polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung zu bestimmen; danach ist (Verhaltens-)Störer diejenige Person, die bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles durch ihr Verhalten die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat (vgl. z.B. Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Teil E I., Rn. 77; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, § 9, Rn. 196; Friauf, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, S. 147, Rn. 76; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2007, § 9, Rn. 11 ff.). Dabei liefert die Theorie der unmittelbaren Verursachung selbst keine Maßstäbe für die wertende Betrachtung zur Bestimmung der Gefahrengrenze. Es besteht aber Einigkeit, dass es bei Beteiligung mehrerer Verursacher nicht darauf ankommt, wer zeitlich die letzte Bedingung für den Gefahreneintritt gesetzt hat; im Übrigen besteht auch Übereinstimmung darin, dass derjenige, der nur von einem ihm ausdrücklich eingeräumten oder sonst zustehenden Recht Gebrauch macht und dabei eine Gefahr verursacht, grundsätzlich nicht als Störer in Anspruch genommen werden kann (vgl. Denninger, a.a.O. und Rn. 79, m.w.N.). Anders liegt es in den Fällen des sogenannten Zweckveranlassers: Danach soll derjenige, der – gleichsam als "Hintermann" – das Verhalten des eigentlichen Veranlassers, der eine Gefahr bzw. eine Störung unmittelbar verursacht hat, subjektiv oder objektiv bezweckt hat bzw. derjenige, als Folge von dessen Verhalten sich das Verhalten des unmittelbaren Verursachers zwangsläufig eingestellt hat bzw. dessen Verhalten mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr eine "natürliche Einheit" bildet, als "Zweckveranlasser" ebenfalls Störer sein (zusammenfassend und zugleich kritisch dazu: Denninger, a.a.O., Rn. 80 und Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 27, jeweils m.w.N.; aus der Rechtsprechung: BVerwG, Beschluss vom 12. April 2006 – 7 B 30.06 –, juris, Rn. 4; VGH BW, Urteil vom 22. November 2005 – 10 S 1208/04 –, juris, Rn. 45; OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2007 – 7 A 678/07 –, NVwZ-RR 2008, 12 und juris Rn. 4). Die Rechtsfigur des Zweckveranlassers, auf die auch das Verwaltungsgericht abgestellt hat, ist wegen der Unschärfe der Kriterien der "objektiven Bezweckung", des "zwangsläufigen Sich-Einstellens einer Gefahr" sowie der "natürlichen Einheit" Kritik ausgesetzt (vgl. etwa Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 29; Denninger, a.a.O., Rn. 80). Letztlich besteht aber weitgehende Einigkeit darin, dass das Kriterium der unmittelbaren Verursachung durch Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens zu ergänzen und eine Schadens- und Risikozurechnung aufgrund eines Rechtswidrigkeitsurteils vorzunehmen ist, um im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu bestimmen, welche von mehreren ursächlichen Handlungen (ggf. auch) die Gefahrenschwelle überschritten hat und damit die Polizeipflichtigkeit nach sich zieht (vgl. z.B.: Denninger, a.a.O., Rn. 81; Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 19; Götz, a.a.O., Rn. 198 f.; jeweils m.w.N.). Eine solche wertende Betrachtung unter Berücksichtigung von Rechts- und Pflichtwidrigkeitskriterien nimmt auch die Rechtsprechung vielfach vor (vgl. die Rechtsprechungsbeispiele bei Denninger, a.a.O., Rn. 81, sowie OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2010 – 5 B 1475/10 –, NWVBl. 2011, 108 und juris, Rn. 9).

68

Aufgrund der danach gebotenen wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung von Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Verhalten bei der Anbahnung und Abwicklung ihrer geschäftlichen Beziehungen zur Beigeladenen zu 4.) einerseits und zu den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) andererseits die Gefahrenschwelle überschritten hat und deshalb für die rechtswidrige Abfallablagerung (mit-)verantwortlich ist. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich die Klägerin selbst als bloße Abfallmaklerin im Sinne von § 50 KrW-/AbfG betrachtet hat und ob ihr Verhalten einem branchenüblichen Geschäftsgebaren auch bei der bloßen Vermittlung von Abfallverbringungen im Sinne dieser Vorschrift entsprach. Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin über die bloße Vermittlung einer Abfallentsorgungsmöglichkeit hinaus die ordnungsgemäße Entsorgung des Materials zugesagt hat und für die Geeignetheit des anzuliefernden Materials zur Verfüllung in der Kiesgrube einstehen wollte, den sich daraus ergebenden Kontroll- und Überwachungspflichten aber nicht nachgekommen ist. Dies ist aufgrund der sich aus den Verwaltungsakten ergebenden vertraglichen Beziehungen der Beteiligten und ihrer konkreten Abwicklung zu bejahen:  

69

So haben sich zunächst die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Beigeladenen zu 4.) nicht in der bloßen Vermittlung von Gelegenheiten, durch Dritte Materialien zur Verfüllung der Kiesgrube zu erhalten, erschöpft. Die Geschäftsbeziehungen der Klägerin zur Beigeladenen zu 4.) wurden von der Klägerin angebahnt, nachdem diese – wie ihr Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung des Senats ausgeführt hat – aufgrund einer Marktrecherche darauf aufmerksam geworden war, dass in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) "auch mineralische Produkte angenommen werden". Nach vorherigen wohl telefonischen Kontakten und der Zurverfügungstellung von Materialproben und -analysen hat die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) mit Schreiben vom 17. September 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 27) die regelmäßige Lieferung ("liefern wir") von "Siebsanden aus der mechanischen Sortierung von Baumischabfällen" angeboten. Dabei hat sie auf eine bestimmte, sich aus den zuvor übersandten Probenanalysen ergebende Materialqualität verwiesen und zugesagt, die Materialqualität "laufend überwachen" und in regelmäßigen Abständen durch Vorlage einer Kontrollanalyse belegen zu wollen. Als Anlage zu diesem Schreiben hat sie der Beigeladenen zu 4.) zudem die Kopie eines Zertifikats, das sie als Entsorgungsfachbetrieb auswies, übersandt. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Klägerin der wasserrechtliche Genehmigungsbescheid i.d.F. vom 4. November 2002 mit seinen Nebenbestimmungen, aus denen sich die Qualitätsanforderungen an das zur Verfüllung allein zugelassene Material ("Bodenaushub") und die dabei mindestens einzuhaltenden Schadstoffgrenzwerte ergaben, jedenfalls dem Inhalt nach bekannt war. Dabei kann offenbleiben, ob der Klägerin im August 2007 eine Kopie des Bescheides übermittelt oder ihr zu diesem Zeitpunkt die Verfüllungsbedingungen lediglich durch einen fachkundigen Mitarbeiter der Beigeladenen zu 4.) erläutert worden waren. Als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb konnte sie jedenfalls erkennen, dass es sich bei den ihr von den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) übermittelten Materialproben aus Sandhalden nicht um "Bodenaushub" handelte und zudem die in den Analyseberichten der Labors A-Tec und B ausgewiesenen Schadstoffbelastungen die bei der Kiesgrubenverfüllung einzuhaltenden Grenzwerte zum Teil erheblich überschritten. Soweit die Klägerin – was nicht abschließend geklärt ist – die Beigeladene zu 4.) im August 2007 veranlasst haben will, bei der SGD Nord unter Vorlage einer Materialprobe eine zustimmende fachbehördliche Stellungnahme einzuholen, hat sie jedenfalls eine solche Stellungnahme – die im Übrigen nie erteilt wurde – nicht abgewartet. Stattdessen hat sie, nachdem die Beigeladene zu 4.) mit Schreiben vom 27. September 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 28) ihr gegenüber die "Annahme des oben genannten mineralischen Materials auf unserer Deponie" erklärt und dabei die Vereinbarung, dass die Klägerin "für eine gleichbleibende Materialqualität Sorge tragen und dieses mit regelmäßigen Kontrollanalysen vierteljährlich dokumentieren" werde, bestätigt hatte, diese mit Schreiben vom 26. November 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 25) veranlasst, gegenüber der Firma W. und den Beigeladenen zu 2.) und 3.) Annahmeerklärungen für Lieferungen von Siebsand zu versenden ("wir benötigen für folgende Lieferanten …"). Die daraufhin von der Beigeladenen zu 4.) versandten Annahmeerklärungen wurden von den Empfängern offenbar als eine Art "Unbedenklichkeitsbescheinigung" hinsichtlich der Geeignetheit des zur Verfügung gestellten Materials zur Verfüllung der Kiesgrube aufgefasst. Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) über die Vermittlung von Materiallieferungen zur Kiesgrubenverfüllung hinaus unter Hinweis auf ihre Fachkunde und in Kenntnis der Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Genehmigung eine bestimmte Qualität des gelieferten Materials sowie dessen kontinuierliche Überwachung zugesagt hat, obwohl sie erkennen musste, dass das aus den Betrieben der Firma W. und der Beigeladenen zu 2.) bis 3.) stammende Material von vornherein zur Verfüllung in der Kiesgrube nicht zugelassen war. Schon durch dieses pflichtwidrige Verhalten hat sie die Gefahrgrenze überschritten. Bestätigt wird die über die Stellung einer bloßen Vermittlerin hinausgehende Geschäftsbeteiligung der Klägerin auch dadurch, dass sie von der Beigeladenen zu 4.) kein Vermittlungshonorar erhalten hat, sondern umgekehrt selbst ein Entgelt für die Entgegennahme von Abfalllieferungen zahlen musste (vgl. die von der Beigeladenen zu 4.) an die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 14. September 2007 und dem 22. Februar 2008 gerichteten Rechnungen über "Kippgebühren" für "Materiallieferungen" in Form von "Siebsand, Grünschnitt und Mineralgemisch", Widerspruchsakte, Bl. 29 bis 58).

70

Aber auch die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Firma W. und  den Beigeladenen zu 2.) bis 3.) entsprechen nicht dem Bild einer bloßen Beziehung zwischen einer Abfallmaklerin und Dritten, denen lediglich Abfallverbringungen vermittelt wurden:

71

So hat zunächst die Beigeladene zu 3.) der Klägerin mit Schreiben vom 7. September 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 289) den an letzterer erteilten Auftrag wie folgt bestätigt: "Abholung von Mineralien mit der AVV-Schlüsselnummer 191209 zu einem Preis von 23,00 €/t inklusive Frachtkosten". Zugleich hat die Beigeladene zu 3.) die Erwartung geäußert, dass die Klägerin ihr eine "ordnungsgemäße Entsorgung" zusichern solle, und sie hat in diesem Zusammenhang um die Übersendung einer Zertifizierungsurkunde der Klägerin gebeten. Das daraufhin von der Klägerin an die Beigeladene zu 3.) übersandte Schreiben vom 10. September 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 288) beschränkte sich auf einen Dank für die "Auftragsbestätigung" und die Übersendung einer Kopie des gewünschten Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb.

72

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 294) hat die Klägerin sodann der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. mitgeteilt, "nachdem wir die von Ihnen übernommene Siebsandfraktion seit nunmehr 4 Wochen zu unserem Verwerter geliefert haben, können wir Ihnen die dauerhafte Annahme verbindlich zusagen, da wir keine Qualitätsschwankungen über den vorgenannten Zeitraum feststellen konnten." In der Folgezeit sollte die Anlieferung der Mengen durch die Firma W. direkt zur Beigeladenen zu 4.) erfolgen, die Abrechnung aber weiterhin im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Firma W. durchgeführt werden. Hierzu waren der Klägerin die Wiegebelege zu übermitteln.

73

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 (Verwaltungsakte Band III, Bl. 280) sagte die Klägerin schließlich der Beigeladenen zu 2.) zu, dass die bei dieser anfallenden Siebsande als Mineralgemisch mit der Abfallnummer 191209 zur Beigeladenen zu 4.) verbracht werden könnten. Sodann wurden Preisvereinbarungen für die Lieferung "frei Anlage S." und "ab Station" getroffen.

74

Entsprechend einer von der Klägerin etwa im Schreiben vom 3. Dezember 2007 gegenüber der Beigeladenen zu 2.) zugesagten Annahme der Abfälle "zu unserem Betriebsstandort H.-J.-Straße …, K." wurden jedenfalls die von den Beigeladenen zu 2.) und 3.) angelieferten Materialien nicht von diesen oder in deren Auftrag von Transportunternehmen direkt zur Kiesgrube geliefert, sondern zunächst zum Betriebsstandort der Klägerin gebracht. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang am Betriebsstandort der Klägerin tatsächlich Verwiegungen der LKW-Ladungen stattgefunden haben und ob darüber hinaus Materialien zumindest teilweise auch umgeladen oder mit anderen Anlieferungen vermischt worden sind - was zwischen den Beteiligten streitig ist –, kann offenbleiben. Entscheidend ist, dass die Klägerin aufgrund der Abwicklung eines Großteils der Materialtransporte zur Beigeladenen zu 4.) über ihren Betriebshof Zugriffs- und Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Beschaffenheit und Geeignetheit des Materials zur Kiesgrubenverfüllung hatte, von denen sie aber trotz Zusage einer "ordnungsgemäßen Entsorgung" offenbar keinen Gebrauch gemacht hat.

75

Schließlich belegen die in den Auftragsbestätigungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beigeladenen ausgewiesenen "Preise für Lieferung/Abholung von Abfällen" (zwischen 8,50 €/t und 23,00 €/t inklusive Frachtkosten), dass auch in diesen Geschäftsbeziehungen keine Honorare für die bloße Vermittlung von Abfallverbringungen, sondern Entgelte für Entsorgungsleistungen vereinbart wurden.

76

Aus alledem ergibt sich: Die Klägerin hat nicht lediglich als Abfallmaklerin Abfallverbringungen Dritter zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) vermittelt. Sie ist vielmehr darüber hinaus den anliefernden Firmen für eine ordnungsgemäße Entsorgung der über diese erhaltenen Materialien eingestanden, und sie hat die Abwicklung der Lieferungen weitgehend koordiniert: Im Falle der Beigeladenen zu 2.) und 3.), in dem die Lieferungen über ihren Betriebsstandort in K. als "Drehscheibe" abgewickelt wurden, im Falle der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma, in dem sie zunächst selbst die Transporte übernommen und später die Direktanlieferung zur Kiesgrube veranlasst hat. Aufgrund der eingegangenen vertraglichen  Bindungen und der gegenüber ihren Geschäftspartnern in Anspruch genommenen Fachkunde als Entsorgungsfachbetrieb einerseits, ihrer Kenntnis sowohl der Probenanalysen als auch der nach der Genehmigung vom 4. November 2002 einzuhaltenden Grenzwerte andererseits war die Klägerin verpflichtet, entweder eine abfallrechtskonforme Entsorgung der Materialien sicherzustellen oder aber von der Organisation der Anlieferungen zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) Abstand zu nehmen. Diesen Verpflichtungen ist sie nicht nachgekommen, sondern sie hat die Transporte ohne weitere Untersuchungen der jeweiligen Materialbeschaffenheit "einfach laufen lassen". In der Unterlassung gebotener regelmäßiger Kontrollen des Materials, deren Anlieferung sie organisiert hatte, liegt ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin, das – angesichts der mit Abfallablagerungen stets verbundenen Risiken – die Gefahrenschwelle überschritten hat. Infolge dessen ist es zutreffend, dass der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Klägerin – jedenfalls neben der Beigeladenen zu 4.) – als weitere, nach gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen Verhaltensverantwortliche für die rechtswidrige Abfallentsorgung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG eingestuft haben.  

77

III. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten, ausschließlich die Klägerin zur Entfernung der rechtswidrig abgelagerten Siedlungsabfälle heranzuziehen, nicht zu beanstanden ist.

78

Sowohl die Beschränkung der Adressatenauswahl auf die Klägerin und die Beigeladene zu 4.) (1.) als auch die Entscheidung, statt der Beigeladenen zu 4.) nur die Klägerin zur Entfernung der über 16.000 t Siedlungsabfälle aus der Kiesgrube zu verpflichten (2.), weisen keine Ermessensfehler auf.

79

1. Es begegnet zunächst keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die durch den Beigeladenen zu 1.) vertretene Firma W. sowie die Beigeladenen zu 2.) bis 3.) nicht in seine Störerauswahlentscheidung einbezogen hat.  

80

Mit der Frage, ob neben der Klägerin und der Beigeladenen zu 4.) auch die Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) in die Störerauswahl einzubeziehen waren, hat sich der Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 auseinandergesetzt. Dabei hat er hinsichtlich der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. darauf abgestellt, dass bei dieser zwar das bei Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG für die polizeirechtliche Verantwortlichkeit maßgebliche Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt sei, weil diese selbst Transporte im "Streckengeschäft" unmittelbar zur Kiesgrube durchgeführt habe, ihre Heranziehung aber an der inzwischen eingetretenen Insolvenz scheitere. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 2.) und 3.) hat der Widerspruchsbescheid darauf verwiesen, dass deren Verantwortlichkeit – anders als diejenige der Klägerin – nicht eindeutig gegeben sei, weil die Klägerin im Gegensatz zu den Beigeladenen zu 2.) und 3.) den Genehmigungsbescheid gekannt habe und daher anhand dessen sowie anhand des angegebenen Abfallschlüssels 191209 und der ihr vorliegenden chemischen Analysen hätte prüfen müssen und erkennen können, dass die Siebsande mangels Bodenaushubcharakters und wegen Überschreitung der zulässigen Schadstoffgrenzwerte nicht in der Kiesgrube hätten entsorgt werden dürfen.  

81

Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden. Dabei kann offenbleiben, ob die Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) durch ihr Verhalten ebenfalls bereits die polizeirechtliche Gefahrengrenze überschritten hatten. Zumindest bei der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. liegt dies nahe, weil diese selbst auf Veranlassung der Klägerin Transporte zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) durchgeführt hat. Ob und inwieweit auch den Beigeladenen zu 2.) und 3.) ein pflichtwidriges Verhalten im Hinblick auf ihre abfallrechtliche Verantwortung als Erzeuger oder zwischenzeitliche Besitzer von Abfällen, die unter Zwischenschaltung der Klägerin in der Kiesgrube rechtswidrig abgelagert wurden, anzulasten ist, konnte nach Aktenlage nicht abschließend geklärt werden.  

82

Doch selbst wenn man danach eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit insbesondere der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. und auch der Beigeladenen zu 2.) und 3.) nicht von vornherein ausschließen kann, spricht der im Widerspruchsbescheid mit angesprochene Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr entscheidend für eine vorrangige und alleinige Inanspruchnahme der Klägerin. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass sich die Auswahlentscheidung zwischen mehreren in Betracht kommenden Störern - außer an den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit - insbesondere auch am Gebot der Effektivität der Gefahrenabwehr zu orientieren hat (vgl. z.B. Friauf, a.a.O., S. 161 f., m.w.N.; OVG RP, Urteil vom 16. August 2005 - 8 A 11910/04.OVG -, juris Rn. 20, m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gefahrenabwehr liegt zunächst auf der Hand, dass eine Inanspruchnahme der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. - wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt - wegen deren zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.

83

Für eine mögliche Inanspruchnahme der Beigeladenen zu 2.) und 3.) gilt, dass - wie vom Verwaltungsgericht bereits ausgeführt - die zum Nachweis ihrer eventuellen Mitverantwortlichkeit für die Rechtswidrigkeit der Abfallablagerung erforderlichen, aller Voraussicht nach langwierigen und hinsichtlich der Erfolgsaussichten ungewissen Ermittlungen - etwa zu der Frage, ob gerade das von ihnen angelieferte Material mit Siedlungsabfällen durchsetzt war, ob sie doch die Nebenbestimmungen zur Genehmigung kannten oder sonst Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer Deponierung in der Kiesgrube bzw. Zweifel an der Zusicherung einer ordnungsgemäßen Entsorgung durch die Klägerin haben mussten - mit dem Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr unvereinbar sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass den Beigeladenen zu 2.) und 3.) ohnehin allenfalls eine Mitverantwortung im Umfang der jeweils ihnen zuzuordnenden Abfallmengen angelastet werden könnte (vgl. dazu das den Stand der Ermittlungen zur Herkunft der Abfallmengen wiedergebende Schaubild in Band 3 der Verwaltungsakte, Bl. 252). Demgegenüber trifft die Klägerin eine Gesamtverantwortung für die Ablagerung der 16.261 t Siedlungsabfälle, weil sie - wie oben dargelegt - die Entsorgungsmöglichkeit in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) ermittelt, den Geschäftskontakt zu dieser und zu den anderen Beigeladenen angebahnt, die Verfüllungsbedingungen gekannt, eine ordnungsgemäße Entsorgung und regelmäßige Kontrollen der Qualität des Materials zugesagt, die Transporte sämtlich organisiert und überwiegend über ihren Betriebsstandort abgewickelt hat.

84

2. Es ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass der Beklagte von einer Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) zur Entfernung der 16.261 t Siedlungsabfälle abgesehen und deren Inanspruchnahme auf eine Verpflichtung zur Überwachung des Auslaugverhaltens des Deponats mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 2009 beschränkt hat.

85

Dabei steht außer Zweifel und ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beigeladene zu 4) schon in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der betroffenen Grundstücke und Betreiberin der Kiesgrube Zustandsverantwortliche im Sinne des Polizeirechts ist und ihr darüber hinaus auch eine Verhaltensverantwortlichkeit angelastet werden muss. Dies zum einen kraft Zurechnung des Verhaltens ihrer Mitarbeiter, die als weisungsabhängige Verrichtungsgehilfen die Abfälle über die Kippkante der Kiesgrube geschoben und damit die zeitlich letzte kausale Bedingung für den Eintritt der Gefahr gesetzt haben; zum anderen aber auch deshalb, weil sie sich in Kenntnis der Nebenbestimmungen der ihr erteilten wasserrechtlichen Genehmigung auf das Geschäft mit der Anlieferung erkennbar belasteter Siebsande eingelassen und zudem die Qualität des tatsächlich angelieferten Materials vor dem Einbau offenbar nicht einmal optisch kontrolliert hat (vgl. zur Offensichtlichkeit der Durchsetzung der Ablagerung mit Siedlungsabfällen das Foto in Band 4 der Verwaltungsakte, Bl. 206).

86

Der Beklagte hat - wie aus der Begründung sowohl des Ausgangs- als auch des Widerspruchsbescheids ersichtlich - die Störereigenschaft der Beigeladenen zu 4.) durchaus gewürdigt. Er hat sich aber ermessensfehlerfrei für eine alleinige Inanspruchnahme der Klägerin zur Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube entschieden. Denn eine Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) anstelle der Klägerin ruft im Hinblick auf das Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr Bedenken hervor:

87

Anders als die Klägerin handelt es sich bei der Beigeladenen zu 4.) nicht um einen Entsorgungsfachbetrieb; sie verfügt daher unstreitig nicht über das erforderliche Know-How und die Logistik zur Bergung, zum Transport und zur Zwischenlagerung von Materialien, die im Wesentlichen aus mit Bodenaushub vermischten geschredderten Siedlungsabfällen bestehen. Von der Klägerin ist auch nicht bestritten worden, dass die Beigeladene zu 4.) überhaupt nicht über geeignete Flächen verfügt, auf denen Siedlungsabfälle der bei der Bergung anfallenden Menge abfallrechtlich unbedenklich bis zur endgültigen Entsorgung zwischengelagert werden könnten. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin - im Gegensatz zur Beigeladenen zu 4.) - aufgrund ihrer Erfahrungen in der Entsorgungsbranche über die erforderlichen Geschäftsbeziehungen verfügt, um die geborgenen Siedlungsabfälle einer nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zulässigen endgültigen Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage zuführen zu können. Dies wird im Übrigen durch die von ihr im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG vorgelegten Angebote von Entsorgungsunternehmen bestätigt, die neben dem Aushub und dem Abtransport der Abfälle auch deren Entsorgung umfassen. Schließlich kann im Rahmen einer wertenden Betrachtung der Verursachungsbeitrag der Klägerin gegenüber demjenigen der Beigeladenen zu 4.) aufgrund ihrer Fachkunde als Entsorgungsfachbetrieb, ihrer zentralen Stellung im Entsorgungsgeschehen, ihrer Kontroll- und Einflussmöglichkeiten und der gegenüber ihren Vertragspartnern übernommenen, besonderen Verantwortung keinesfalls als geringer gewichtig angesehen werden.

88

War danach die alleinige Inanspruchnahme der Klägerin im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr angezeigt, so ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte auf deren Heranziehung beschränkt und damit die Klärung einer anteiligen Mithaftung der Beigeladenen zu 4.) sowie eventuell auch der Beigeladenen zu 2.) und 3.) für die Kosten der Entfernung der Siedlungsabfälle einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen diesen Beteiligten überlassen hat.

89

IV. Die der Klägerin aufgegebene Entfernung von 16.261 t Siedlungsabfällen aus der Kiesgrube verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

90

Die Verfügung stößt weder gegen das Übermaßverbot, weil etwa ein zur Zweckerreichung ebenso geeignetes, die Klägerin aber weniger belastendes Mittel gegeben wäre (1.), noch wird der Klägerin eine unverhältnismäßige Trennung von Materialien aufgegeben (2.).; die Inanspruchnahme der Klägerin hat auch keine rechtswidrige Überlastung ihrer Kapazitäten zur Zwischenlagerung des Materials zur Folge (3.).

91

1. Die Klägerin kann gegen die angefochtene Verfügung nicht mit Erfolg einwenden, gegenüber der ihr darin aufgegebenen Entfernung des Materials aus der Kiesgrube sei eine Oberflächenabdeckung des Deponats das mildere und nachweislich ebenso wirksame Mittel, um eine Lösung von Schadstoffen durch Eindringen von Sickerwasser zu verhindern. Soweit sie hierzu auf das Gutachten der Dr. T. und P. GmbH vom 27. Februar 2008 (Bd. 2 der Verwaltungsakte, Bl. 302 ff.) verweist, demzufolge die im Feststoff des Deponats vorgefundenen Schadstoffkonzentrationen nur eine geringe Eluierbarkeit aufweisen und ein Eindringen von Sickerwasser durch eine Oberflächenabdeckung in Form einer Lehmschürze ausgeschlossen werden kann, kann offenbleiben, ob die vorgeschlagene Abdeckung - wie das Verwaltungsgericht gemeint hat - wegen der Gefahr seitlichen Eindringens von Sickerwasser nicht ebenso sicher wie eine Abtragung des Materials wäre. Denn es handelt sich bei einer solcher Oberflächenabdeckung schon deshalb nicht um ein ebenso geeignetes, aber milderes Mittel zur Zweckerreichung, weil sie auf einen anderen Zweck gerichtet wäre, als er mit der streitigen Verfügung zulässigerweise angestrebt wird. Da es sich bei den abgelagerten Materialien - wie dargelegt - nach wie vor um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes handelt, unterfallen sie dem abfallrechtlichen Regime und den sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergebenden Verpflichtungen, primär zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (§ 5 Abs. 2 und 3 KrW-/AbfG), nachrangig zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Diesem Endzweck dient die Verfügung vom 20. Oktober 2009, indem sie auf einer vorgelagerten Stufe die nach gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen für die illegale Abfallablagerung (mit)verantwortliche Klägerin durch Auferlegung der Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube in die Stellung eines Abfallbesitzers "hineinzwingt", um sie den für Abfallbesitzer geltenden Verpflichtungen zu unterwerfen und so letztlich eine abfallrechtskonforme Entsorgung der Abfälle sicherzustellen. Dieser abfallrechtlichen Zielsetzung kann die bloße Oberflächenabdeckung des Deponats von vornherein nicht dienen. Sie wäre daher nur dann eine Alternative, wenn das Material dem bodenschutzrechtlichen Regime unterläge; nur dann würde sich unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten etwa die Frage nach einer Auskofferung oder bloß wasserdichten Abdeckung des schadstoffbelasteten Bodens stellen.

92

Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Abdeckung der Ablagerung im Hinblick auf eine langfristige Abwehr möglicher Gefahren durch Schadstoffverlagerung in die Tiefe für das Grundwasser und den Boden keine ebenso sichere Maßnahme darstellt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Chemisch-Technischen Laboratoriums H. vom 7. April 2009. Danach haben sich aufgrund der seinerzeit durchgeführten Untersuchungen zwar noch keine Hinweise auf eine maßgebliche Schadstoffverlagerung aus dem Deponat in die Basis hinein ergeben, so dass "gegenwärtig" eine Grundwassergefährdung nicht besteht. Da jedoch der Wasserverbrauch durch den organischen Stoffumsatz nur eine begrenzte Dauer habe, sei "weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entfernung der Massen gegeben". Mit anderen Worten: Eine Grundwassergefährdung durch Schadstoffverlagerung aus dem Deponat kann langfristig nur durch dessen Entfernung aus der Kiesgrube ausgeschlossen werden. Diese Feststellungen sind von der Klägerin als solche nicht angegriffen worden. Die Verfügung wäre daher selbst dann, wenn man als alternative Maßnahme zur Gefahrenbeseitigung die im Gutachten der Dr. T. und P. GmbH vorgeschlagene Abdeckung mittels einer Lehmschürze in Betracht zöge, nicht als unverhältnismäßig zu beanstanden, weil der Beklagte im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr auf einer endgültigen Abwendung einer Grundwassergefährdung bestehen durfte.

93

2. Allein der Umstand, dass die deponierten Siedlungsabfälle - wie die Beigeladene zu 4.) eingeräumt hat - in gewissem (eher geringem) Umfang mit Erdaushub vermischt sind, macht die Verfügung, 16.261 t geschredderte Siedlungsabfälle zu entfernen, nicht unverhältnismäßig. Die Verfügung ist nicht dahin zu verstehen, dass die Klägerin gehalten ist, bei dem Ausbau des abgelagerten Deponats eine Trennung der Materialien vorzunehmen und Erdaushub auszusondern. Wie oben ausgeführt, ändert eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich nichts an der Abfalleigenschaft des entstandenen Gemischs und führt nur dazu, dass - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit einer Trennung der Materialien - das beigemischte Material mitentfernt werden muss (so etwa BayVGH, Beschluss vom 2. April 1993, a.a.O.). Letzteres erfordert erkennbar keinen unverhältnismäßigen Aufwand.

94

3. Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin, sie würde durch die auferlegte Verpflichtung, 16.261 t Material aus der Kiesgrube entfernen zu müssen, zu einer 203,26-fachen Überlastung ihrer Zwischenlagerkapazitäten und damit zu einem illegalen Anlagenbetrieb gezwungen, nicht stichhaltig:

95

Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Klägerin eine Zwischenlagerung der aus der Kiesgrube jeweils per Lkw angelieferten Materialien bei kontinuierlicher Weiterbehandlung bzw. Weiterleitung zum Zwecke endgültiger Entsorgung auch unter Aufrechterhaltung ihres laufenden Geschäftsbetriebs von vornherein nicht möglich sein sollte. Sollten sich bei einer Zwischenlagerung auf ihrem eigenen Betriebsgelände Engpässe abzeichnen, ist es ihr nämlich zuzumuten, sich gegen Entgelt Zwischenlagerkapazitäten bei anderen Entsorgungsfachbetrieben einräumen zu lassen. Im Übrigen ergibt sich aber aus den von der Klägerin im Streitwertbeschwerdeverfahren vorgelegten Angeboten von Entsorgungsfirmen, dass sie offenbar über Geschäftskontrakte zu Unternehmen verfügt, die bereit wären, im Rahmen eines "Komplettangebots" den Aushub der Siedlungsabfälle, deren Abtransport und deren endgültige Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage durchzuführen. Demzufolge bedarf es ohnehin nicht zwingend einer Inanspruchnahme von Kapazitäten des Betriebs der Klägerin zur Zwischenlagerung der zu entfernenden Siedlungsabfälle.  

96

V. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2). aufzuerlegen, da diese mangels eigener Antragstellung selbst kein Kostenrisiko eingegangen sind. Hingegen waren der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) und 4.) anzulasten, da diese Beigeladenen Anträge gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen haben.

97

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

98

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

99

B e s c h l u s s

100

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.700.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG; zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 26. Januar 2012 im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG verwiesen).

Tatbestand

1

Der Beklagte hat der Klägerin aufgegeben, das in ihren Spielhallen verwendete Bonus- und Informationssystem stillzulegen und abzubauen. Dagegen wendet sich die Klägerin.

2

Die Klägerin betreibt in W. zwei Spielhallen, für die sie folgendes Bonus- und Informationssystem eingerichtet hat:

3

Der Kunde erhält bei seinem Eintritt in die Spielhalle eine Chipkarte, auf der sein Name, seine Kundennummer und die Kennnummer der Spielhalle eingetragen werden. Diese Chipkarte kann der Spieler in ein auf dem bespielten Geldautomaten stehendes, technisch davon aber völlig getrenntes Zusatzgerät einführen. Der Kunde zahlt bei dem Geldautomaten 20 Cent Einsatz pro Spiel in bar und erhält den Gewinn in bar ausbezahlt. Das Zusatzgerät registriert den Spielvorgang und notiert auf der Karte für jede 20-Cent-Spieleinheit einen Bonuspunkt. Die Bonuspunkte werden unabhängig von Gewinn oder Verlust gutgeschrieben. Jeder Bonuspunkt hat einen Wert von derzeit 0,9 Cent. Die Bonuspunkte können wahlweise beim Zahlen der Getränke an der Theke oder beim Verlassen der Spielothek mit Abgabe der Chipkarte in bar eingelöst werden.

4

Der Beklagte forderte nach Anhörung der Klägerin diese mit Bescheid vom 28. November 2006 auf, das in ihren Spielhallen verwendete Bonus- und Informationssystem bis spätestens 7. Dezember 2006 stillzulegen und bis spätestens 15. Dezember 2006 abzubauen (Nr. 1 und 2). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Stilllegungsanordnung und die Entfernungsanordnung in Nr. 1 und 2 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld von jeweils 1 000 € zur Zahlung angedroht (Nr. 3 und 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß Art. 7 Abs. 2 LStVG könnten die Sicherheitsbehörden erforderliche Maßnahmen treffen, um bevorstehende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren oder Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen. Das verwendete Bonus- und Informationssystem verstoße gegen § 9 Abs. 2 SpielV in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006 (BGBl I S. 280). Danach dürften dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und 33d GewO zugelassene Spielgeräte keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht gestellt und keine Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen gewährt werden. Die bei Einlösung gesammelter Bonuspunkte gewährte Barzahlung stelle eine solche verbotene Zahlung dar.

5

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gab das Verwaltungsgericht der Klage der Klägerin mit Urteil vom 23. Oktober 2007 statt und hob den angefochtenen Bescheid auf. Ihm fehle eine die Maßnahme tragende Rechtsgrundlage. § 9 Abs. 2 SpielV sei nicht als "allumfassende Auffangnorm" des Verbots jedweder Vergünstigung im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb zu verstehen, sondern "gewinnorientiert" formuliert. Gesetzliche Zielrichtung sei, all das zu untersagen, was bei dem Spieler den Eindruck erwecke, er könne seine Gewinnchancen steigern bzw. maximieren. Dies sei bei dem Bonus- und Informationssystem nicht der Fall. Die gewährte Vergünstigung sei nicht "spielbezogen". Die Bonierung beziehe sich weder unmittelbar auf den Anreiz zum Weiterspielen noch sei sie gewinnabhängig. Eine Umdeutung in eine Verbotsverfügung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 8, § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV sei unzulässig.

6

Gegen die Entscheidung hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. § 9 Abs. 2 SpielV sei als Auffangvorschrift anzusehen. Mit § 9 Abs. 2 SpielV sollten sämtliche Zahlungen und Vergünstigungen verboten werden, die neben der Ausgabe von Gewinnen gewährt werden. Auch der Zweck der Norm, die Eindämmung des Spieltriebs, spreche für ein solches Normverständnis.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Oktober 2008 die Berufung zurückgewiesen. Das von der Klägerin betriebene Bonus- und Informationssystem verstoße weder gegen § 9 Abs. 1 noch gegen § 9 Abs. 2 SpielV. Zwar liege in der Heranziehung des § 9 Abs. 1 SpielV keine unzulässige richterliche Umdeutung der Verbotsverfügung. Der Tatbestand der Norm sei aber nicht erfüllt, weil diese nicht jeden Nachlass auf den Einsatz, sondern nur Einsatzermäßigungen "für weitere Spiele" verbiete. Unzulässig seien danach nur Mengen- und Dauerrabatte, die an eine bestimmte Spielzahl oder Spielzeit gekoppelt seien und zum Weiterspielen animierten. Dagegen habe der Verordnungsgeber einen reinen Preisnachlass, wie ihn das Bonussystem gewähre, mit Rücksicht auf die Wettbewerbsfreiheit der Aufsteller nicht verbieten wollen.

8

Das von der Klägerin betriebene Bonus- und Informationssystem sei auch nicht nach § 9 Abs. 2 SpielV verboten. Diese Vorschrift sei auf Nachlässe für den Einsatz und sonstige Einsatzvergünstigungen nicht anwendbar. § 9 Abs. 1 SpielV sei insoweit eine abschließende Sonderregelung und § 9 Abs. 2 SpielV dürfe nicht als eine jegliche finanzielle Vergünstigung erfassende Auffangvorschrift begriffen werden. Systematische und teleologische Gründe sprächen gegen eine derart weitreichende Interpretation. Dem Gesetzgeber sei es um die Unterbindung von Spielanreizen gegangen, die unabhängig vom einzelnen Spiel im Verhältnis vom Aufsteller zum Spieler geschaffen würden. Da die Einsatzrabatte vom einzelnen Spiel abhängig seien, hätten sie nicht im Focus des Verordnungsgebers gestanden. Interpretiere man § 9 Abs. 2 SpielV als umfassende und auch auf Einsatzvergünstigungen anwendbare Auffangnorm, verbliebe dem Einsatzermäßigungsverbot des § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV kein sinnvoller Anwendungsbereich mehr. Der Umstand, dass der Verordnungsgeber gleichzeitig mit der Einführung des § 9 Abs. 2 SpielV den § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV neu gefasst habe, spreche gegen die Annahme, dass er dieser Vorschrift jeden eigenständigen Anwendungsbereich habe nehmen wollen. Die Regelung diene dem Spielerschutz und stelle sicher, dass insbesondere die Gewinn- und Verlustgrenzen des § 13 SpielV nicht umgangen würden. Zweck der Regelung sei es, das bereits bestehende Schutzniveau aufrechtzuerhalten und gegen neuartige Spielanreize zu verteidigen. Es sollten Lücken im bestehenden Schutzsystem geschlossen werden. Hingegen sollte das Schutzniveau nicht grundlegend angehoben werden. Bei dem Bonussystem handele es sich nicht um einen neuartigen, vom Einzelspiel losgelösten und gesteigerten Spielanreiz. Es beinhalte in technischer Hinsicht etwas Neues, während es wirtschaftlich betrachtet ein altbekanntes und bereits nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV zulässiges Rabattsystem darstelle. Da der Spieler weder in gesteigerter Weise zum Weiterspiel angereizt werde, noch die Gewinn- und Verlustgrenzen des § 13 SpielV umgangen würden, widerspreche das Bonussystem nicht dem von § 9 Abs. 2 SpielV beabsichtigten Spielerschutz.

9

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hat der Beklagte die im angegriffenen Urteil zugelassene Revision eingelegt. Er beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Oktober 2008 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung des Antrags trägt er vor, die Novelle des § 9 SpielV 2006 stelle sich als Spielerschutznovelle dar. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 und 2 SpielV sei als einheitliche Gesamtregelung zu lesen. Der Verordnungsgeber habe mit der Erweiterung des § 9 SpielV um einen Absatz 2 gegenwärtigen und künftigen Fehlentwicklungen entgegenwirken wollen, die unerwünschte Spielanreize durch Vergünstigungen neben der Ausgabe von nach der Bauartzulassung zugelassenen Gewinnen schafften. Bei der Auszahlung oder Verrechnung des durch die Bonuspunkte gesammelten Guthabens handele es sich um eine nach § 9 Abs. 2 SpielV unzulässige Zahlung oder sonstige finanzielle Vergünstigung. Die Auslegung des § 9 SpielV durch den Verwaltungsgerichtshof sei mit dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Norm nicht zu vereinbaren. Die Anwendung des § 9 Abs. 2 SpielV scheitere auch nicht daran, dass es sich bei dem Bonussystem um einen Nachlass auf den Einsatz im Sinne des § 9 Abs. 1 SpielV handele. Wirtschaftlich handele es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht um einen üblichen Preisrabatt. Eine direkte Verknüpfung mit dem Preis für jedes Spiel, wie dies bei einem Rabatt üblich sei, bestehe nicht. Allenfalls hänge die Höhe des Guthabens mit dem Einsatz zusammen. Damit handele es sich um eine sonstige spielbezogene Zahlung oder finanzielle Vergünstigung im Sinne des § 9 Abs. 2 SpielV.

11

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie macht geltend, § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV regele abschließend, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Nachlass auf den Einsatz gewährt werden dürfe. Nicht verboten sei ein Nachlass, der unabhängig von der Spieldauer in gleicher Höhe für jedes einzelne Spiel gewährt werde. Die Gewährung eines solchen Nachlasses verstoße auch nicht gegen § 9 Abs. 2 SpielV. Dagegen spreche bereits die Gesetzessystematik. Der Verordnungsgeber habe den früheren § 9 Satz 1 SpielV im neuen § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV im Sinne der bisherigen Rechtsprechung als Verbot der Einsatzermäßigung - nur - für weitere Spiele präzisiert. Der neu eingefügte § 9 Abs. 2 SpielV verbiete dagegen das In-Aussicht-Stellen von sonstigen Gewinnchancen. Er dürfe nicht subsidiär auf Einsatznachlässe angewendet werden, die bereits in § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV speziell geregelt seien. Die dortige differenzierende, Nachlässe nicht ausnahmslos verbietende Regelung sei überflüssig, wenn stets auch § 9 Abs. 2 SpielV eingreife.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Zwar ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die polizeirechtliche Generalklausel herangezogen (1.) und § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV als mögliche Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung geprüft hat (2.). Er hat dessen Anwendbarkeit auch im Ergebnis zutreffend verneint (3.). Seine Auffassung, § 9 Abs. 2 SpielV greife als Verbotsnorm wegen der speziellen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV vorliegend nicht ein, verstößt jedoch gegen Bundesrecht (4.). Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (5.).

14

1. Rechtsgrundlage der Stilllegungs- und Abbauanordnung ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG. Danach kann die Sicherheitsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden. An die Anwendung dieser irrevisiblen Vorschrift durch den Verwaltungsgerichtshof ist das Revisionsgericht gebunden. § 1 GewO steht ihr nicht entgegen. § 1 Abs. 1 GewO gestattet jedermann den Betrieb eines Gewerbes, soweit nicht durch die Gewerbeordnung Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. § 1 GewO gilt aber nur für die Zulassung zum Gewerbebetrieb (Urteil vom 24. Juni 1971 - BVerwG 1 C 39.67 - BVerwGE 38, 209). Ist - wie vorliegend - die Art und Weise der Gewerbeausübung Gegenstand ordnungsbehördlichen Einschreitens, können die landesrechtlichen polizeilichen Generalklauseln herangezogen werden, um mit ihrer Hilfe eine eigenständige Eingriffsgrundlage zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 1. September 1989 - 14 S 2193/87 - GewArch 1990, 403; OVG Münster, Beschluss vom 13. Februar 1997 - 4 A 762/96 - DÖV 1997, 1055). Auch die Möglichkeit einer nachträglichen Auflagenerteilung nach § 33i Abs. 1 Satz 2 GewO schließt eine auf die landesrechtliche polizeiliche Generalklausel gestützte Stilllegungs- und Abbauanordnung nicht aus (Beschluss vom 17. März 1993 - BVerwG 1 B 33.93 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 13).

15

2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die angefochtene Verfügung sowohl im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV als auch auf § 9 Abs. 2 SpielV zu überprüfen ist. Die Überlegung, eine umfassende richterliche Rechtmäßigkeitskontrolle erfordere, den Anwendungsbereich beider Verbotstatbestände im vorliegenden Fall zu überprüfen, steht mit Bundesrecht im Einklang (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (Urteil vom 19. August 1988 - BVerwG 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96 <98>). So liegt der Fall hier. Der Regelungsgehalt der angegriffenen Ordnungsverfügung bliebe im Wesentlichen unverändert, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit mit einem Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV anstelle des von der Behörde herangezogenen § 9 Abs. 2 SpielV begründet würde. Der Austausch beider Normen ließe den Tenor der Grundverfügung, die Verpflichtung zur Stilllegung und zum Abbau des Bonus- und Informationssystems, unberührt. Er erforderte auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Ermessenserwägungen.

17

3. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV das Bonus- und Informationssystem der Klägerin nicht verbietet. Das angegriffene Urteil ordnet den Bonus von 0,9 Cent pro Spiel zwar irrig als "Nachlass auf den Einsatz" im Sinne der Vorschrift ein, erkennt jedoch zutreffend, dass der Bonus jedenfalls nicht "für weitere Spiele" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV gewährt wird.

18

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles dem Spieler für weitere Spiele hinsichtlich der Höhe der Einsätze keine Vergünstigungen, insbesondere keine unentgeltlichen Spiele, Nachlässe des Einsatzes oder auf den Einsatz oder darüber hinausgehende sonstige finanzielle Vergünstigungen gewähren. Diese Vorschrift betrifft den Mittelfluss vom Spieler zum Aufsteller oder Veranstalter. Sie verbietet Vergünstigungen, die die Höhe des Einsatzes für weitere Spiele herabsetzen. Dabei erfasst das Tatbestandsmerkmal des Nachlasses auf den Einsatz nur Ermäßigungen des vom Spieler zu zahlenden Einsatzbetrages, nicht jedoch die teilweise Rückgewähr gezahlter Einsätze oder Gutschriften auf den zunächst in voller Höhe zu zahlenden Einsatz. Solche finanziellen Vergünstigungen unterfallen als Rückflüsse vom Aufsteller oder Veranstalter zum Spieler nicht § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV, sondern sind am Maßstab des § 9 Abs. 2 SpielV zu prüfen.

19

Die gegenteilige Auffassung des angegriffenen Urteils, das eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde legt und den Bonus als Einsatzrabatt versteht, übersieht, dass diese weite, zu § 9 Satz 1 SpielV a.F. entwickelte Tatbestandsauslegung nicht ohne Weiteres auf § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV übertragen werden kann. Die frühere, nicht nach Einsatzermäßigung und Rückfluss von Mitteln differenzierende Regelung des § 9 Satz 1 SpielV a.F. legte eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nahe, nach der auch Einsatzrabatte in Form nachträglicher teilweiser Rückgewähr oder Gutschrift des gezahlten Einsatzes vom Tatbestand erfasst waren. Dies entsprach dem Sinn und Zweck der Regelung, zur Eindämmung der Spielsucht jede Vergünstigung für künftige Spiele zu untersagen, und ergänzte die Verpflichtung des Aufstellers aus § 33c Abs. 1 GewO, Geldgewinnspielgeräte entsprechend der dafür erteilten Bauartzulassung aufzustellen und nicht so zu manipulieren, dass mit einem geringeren Einsatz gespielt werden konnte (Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 6 C 8.05 - Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6).

20

Die hier anzuwendende Neuregelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SpielV verfolgt denselben Regelungszweck und ergänzt ebenfalls das Verbot technischer Manipulation. Sie unterscheidet aber systematisch zwischen finanziellen Vergünstigungen hinsichtlich der Höhe des vom Spieler zu erbringenden Einsatzes einerseits und solchen, die der Aufsteller oder Veranstalter des Spiels dem Spieler zuwendet, andererseits. Der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV beschränkt sich danach auf Ermäßigungen des vom Spieler geschuldeten Einsatzes. Rückflüsse vom Aufsteller oder Veranstalter zum Spieler, die das Zahlen des vollen Einsatzes voraussetzen und daran eine Rückgewähr, Gutschrift oder sonstige finanzielle Vergünstigung knüpfen, werden von § 9 Abs. 2 SpielV erfasst. Er verbietet dem Aufsteller oder Veranstalter, dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über die nach §§ 33c, 33d GewO zugelassenen Spielgeräte und Spiele hinaus sonstige finanzielle Vergünstigungen zu gewähren.

21

Der Einwand der Klägerin, damit bleibe für § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV kein eigenständiger Anwendungsbereich, trifft nicht zu. Zum einen bezieht der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV neben Spielgeräten, für die bereits das aus § 33c Abs. 1 GewO abzuleitende Manipulationsverbot gilt, auch sonstige Spiele ein. Zum anderen ist die Vorschrift nach wie vor für den Betrieb von Spielgeräten relevant, weil sie dem Aufsteller verbietet, den Einsatz für weitere Spiele in anderer Weise als durch Gerätemanipulation zu ermäßigen, etwa, indem Besuchern der Spielhalle ein Zuschuss zum Einsatz für ein künftiges Spiel angeboten wird (vgl. Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 6 C 9.05 - GewArch 2006, 158 zur Zuwendung eines Geldbetrages, der von Bediensteten der Spielhalle in das Gerät einzuwerfen war). Im Übrigen lässt die Formulierung des § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV erkennen, dass der Verordnungsgeber nicht davon ausging, jede Vergünstigungsalternative müsse für jede denkbare Spielvariante realisierbar sein. Vielmehr sollte der nur beispielhaft konkretisierte, zahlreiche Alternativen erfassende, generalklauselartige Tatbestand alle denkbaren, auch erst künftig zu entwickelnden Formen der Einsatzermäßigung für künftige Spiele erfassen.

22

Das von der Klägerin verwendete System stellt keine finanzielle Vergünstigung auf den Spieleinsatz dar, weil der Spieler für jedes Spiel den vollen Spieleinsatz bezahlt und eine teilweise Rückgewähr des Spieleinsatzes vom Aufsteller zum Spieler erst im Nachhinein erfolgt. Der Spieler hat die Wahl, die angesammelten Bonuspunkte als Zahlungsmittel für Getränke zu verwenden oder sich auszahlen zu lassen. Damit unterscheidet sich das Bonussystem der Klägerin wesentlich von der Gewährung eines Nachlasses bzw. Rabattes, der in Beziehung zu dem konkreten jeweiligen Spielvorgang zu sehen ist und unmittelbar zu einer Einsatzvergünstigung führt. Hier handelt es sich um eine Leistung des Aufstellers an den Spieler, die mit dem vom Spieler geleisteten Einsatz nur mittelbar insoweit zusammenhängt, als sich die Höhe des Guthabens auf der Chipkarte nach der Anzahl der getätigten Spiele bestimmt.

23

Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der mit dem Bonussystem gewährte Rabatt beziehe sich nicht auf "weitere Spiele", trifft jedoch im Ergebnis zu.

24

Nicht zu folgen ist allerdings seiner einengenden "finalen" Interpretation des Verbotstatbestandes auf die bisher entschiedenen Fallgruppen des mengen- und des spieldauerabhängigen Rabatts, die sonstige einsatzbezogene Nachlässe für weitere Spiele, etwa die Gewährung nicht in der Software des zugelassenen Geräts angelegter Freispiele, unberücksichtigt lässt. Das Tatbestandsmerkmal "für weitere Spiele" gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV stellt auf den Bezugspunkt der Vergünstigung und auf deren Eignung ab, den Spieler zum Weiterspielen zu motivieren. Ob dies vom Aufsteller beabsichtigt oder aus seiner Sicht nur die Nebenfolge einer auf den Preiswettbewerb zielenden Maßnahme darstellt, ist nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift unerheblich. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der Verordnungsgeber habe mit Rücksicht auf die Wettbewerbsfreiheit einen Preiswettbewerb nicht verhindern wollen, und die daraus abgeleitete einschränkende Auslegung des Verbots einsatzbezogener Vergünstigungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV, sind weder entstehungsgeschichtlich belegt noch grundrechtlich herzuleiten. Die Wettbewerbsfreiheit zwingt nicht zur restriktiven Auslegung des Verbots. Den Aufstellern bleibt es auch bei einer weiten, jede einsatzbezogene Vergünstigung erfassenden Interpretation unbenommen, durch nicht spielbezogene Leistungen in Wettbewerb zueinander zu treten.

25

"Für weitere Spiele" wird eine Vergünstigung nur gewährt, wenn sie den Einsatz für ein dem aktuellen Spiel nachfolgendes, noch nicht begonnenes Spiel ermäßigt, oder wenn sie von der Durchführung mindestens eines Folgespiels abhängt oder nur zu diesem Zweck eingelöst werden kann. Nach dem eindeutigen Wortsinn kann als "weiteres" Spiel nur ein Spiel bezeichnet werden, das auf ein bereits abgeschlossenes oder noch laufendes Spiel folgt. Deshalb stellen auch die Entscheidungen zum sog. PEP-System und Bonus-Dollar-System darauf ab, dass die Vergünstigung während einer Spielfrequenz für die bis zum Ablauf der Stunde noch möglichen, den bisherigen Spielen sich anschließenden "Folgespiele" angekündigt wird (vgl. Urteile vom 23. November 2005 - BVerwG 6 C 8.05 - Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6 und - BVerwG 6 C 9.05 - GewArch 2006, 158). Es genügt nicht, dass die Vergünstigung - wie im Bonus- und Informationssystem der Klägerin - für das jeweils aktuelle Spiel gewährt wird, ohne den Einsatz für Folgespiele zu ermäßigen, von diesen abhängig oder dafür zweckgebunden zu sein.

26

Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Auslegung des Merkmals "für weitere Spiele" bieten weder die Entstehungsgeschichte noch der systematische Zusammenhang der Norm. Ihre Neufassung war den PEP- und Bonus-Dollar-Systemen geschuldet, die eine Rückerstattung von der Durchführung von Folgespielen bis zum Ablauf einer Stunde abhängig machten, also von einem Ausschöpfen des Zeitraums, nach dem § 13 Abs. 1 Nr. 5 SpielV eine Spielpause von mindestens fünf Minuten vorschreibt.

27

4. Das Berufungsgericht hat jedoch § 9 Abs. 2 SpielV zu Unrecht nicht als tragfähiges Verbot für das von der Klägerin an ihren Spielautomaten installierte Bonus- und Informationssystem angesehen. Danach darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und 33d der Gewerbeordnung zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstigen finanziellen Vergünstigungen gewähren.

28

Die bei Einlösung gesammelter Bonuspunkte durch die Klägerin gewährte Rückerstattung von 0,9 Cent pro Punkt stellt eine verbotene, über die zulässige Gewinnausschüttung hinausgehende Zahlung dar, soweit sie in bar erfolgt. Soweit der Spieler die gesammelten Bonuspunkte beim Zahlen von Getränken einsetzen kann, handelt es sich um eine sonstige finanzielle Vergünstigung im Sinne der Verordnung.

29

9 Abs. 2 SpielV bezieht sich auch nicht nur auf Gewinnchancen und gewinnähnliche Vergünstigungen, die spielbezogen sind. Weder dem Wortlaut der Regelung, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck noch ihrem systematischen Verhältnis zu § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV wird eine derart einengende Interpretation gerecht.

30

Schon aus dem Wortlaut folgt, dass das Verbot, dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen "Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen" zu gewähren, als selbstständige Alternative neben dem Verbot steht, dem Spieler sonstige Gewinnchancen in Aussicht zu stellen.

31

Der systematische Vergleich mit § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV bestätigt dies. Anders als § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV, der eine Verknüpfung der dem Spieler gewährten Vergünstigung mit dem Einsatz voraussetzt, stellt § 9 Abs. 2 SpielV gleichrangig neben das Verbot, keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht zu stellen, das Verbot, Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen zu gewähren.

32

Auch die Entstehungsgeschichte stützt die Auslegung des § 9 Abs. 2 SpielV als weit gefasste Verbotsnorm, die neben der Ausgabe von Gewinnen, die über zugelassene Spielgeräte (§ 33c GewO) erfolgen, jeglichen Mittelfluss vom Aufsteller des Spielgerätes oder dem Veranstalter eines anderen Spieles an den Spieler unterbinden will.

33

§ 9 Abs. 2 SpielV wurde mit der Fünften Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 17. Dezember 2005 (BGBl I S. 3495) in die Spielverordnung eingefügt. Während der ursprüngliche Änderungsvorschlag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit lediglich eine Neufassung des § 9 SpielV vorsah, der § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV in der nunmehr gültigen Fassung entspricht, wurde § 9 Abs. 2 SpielV aufgrund eines Antrags des Freistaates Bayern im Gesetzgebungsverfahren in die Spielverordnung aufgenommen und im nachfolgenden Beschluss des Bundesrates übernommen (vgl. BRDrucks 655/05 S. 3; 655/1/05 S. 1 f.; 655/2/05 S. 1 f.). Der Bundesrat hielt eine Ergänzung des damaligen § 9 Satz 1 SpielV für nicht ausreichend, um der Umgehung von Gewinn- und Verlustgrenzen Einhalt zu gebieten. Der neu eingefügte § 9 Abs. 2 SpielV wurde bewusst weit gefasst, um vor allem Jackpots zu verbieten, aber nicht nur diese. Neben dem Verbot, dem Spieler sonstige Gewinnchancen in Aussicht zu stellen, wurde noch eine weitere Tatbestandsalternative aufgenommen, die weite Bereiche der Gewährung von Vergünstigungen durch den Aufsteller bzw. Veranstalter an den Spieler abdecken sollte, um so die Gewinn- und Verlustgrenzen des § 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SpielV umfassend zu sichern. Zu diesem Zweck wurde das Verbot auch nicht auf spielbezogene Vergünstigungen beschränkt, sondern auf alle finanziellen Vergünstigungen im Verhältnis der Aufsteller oder Veranstalter zum Spieler erstreckt (vgl. BRDrucks 655/1/05 S. 5; 655/2/05 S. 3).

34

Dieses weite Verständnis von § 9 Abs. 2 SpielV entspricht auch seinem Sinn und Zweck. Die Regelung dient dem Spielerschutz. Das Verbot gilt unabhängig vom einzelnen Spiel im Verhältnis Aufsteller/Veranstalter zum Spieler. Es betrifft die sog. Jackpots und andere Sonderzahlungen im Hinblick auf die gesteigerten Spielanreize und das damit verbundene Suchtpotenzial. Gleichzeitig dient es der Einhaltung der Gewinn- und Verlustgrenzen des § 13 SpielV, deren Regelung der Verordnungsgeber besondere Bedeutung beigemessen hat (vgl. BRDrucks 655/1/05 S. 5 f.; Hahn, in: Friauf, Gewerbeordnung, Stand: Januar 2010, § 9 Rn. 3; Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Band 2, Stand: Mai 2009, § 9 Rn. 5).

35

Der systematische Zusammenhang des § 9 Abs. 1 Satz 1 und des § 9 Abs. 2 SpielV rechtfertigt keine abweichende Auslegung, sondern zeigt zwei klar zu trennende Anwendungsbereiche. § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielV regelt speziell einsatzbezogene Vergünstigungen, die den Bereich des Mittelflusses vom Spieler zum Aufsteller betreffen. Sie sind - nur - verboten, wenn sie für weitere Spiele gewährt werden. Daneben greift § 9 Abs. 2 SpielV als umfassendes Verbot sonstiger finanzieller Vergünstigungen und Zahlungen neben der Gewinnausgabe bei einem Mittelrückfluss und sonstigen finanziellen Zuwendungen vom Aufsteller oder Veranstalter zum Spieler.

36

5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Sonstige Gründe, aus denen die angegriffene Verordnungsverfügung rechtswidrig sein könnte, sind weder vorgetragen noch erkennbar. Die Anordnung konkretisiert die verordnungsrechtliche Berufsausübungsregelung verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Die Zwangsgeldandrohungen entsprechen den Anforderungen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatzes. Dass sie für jede betroffene Spielhalle gesondert verfügt wurden, macht deutlich, dass schon die Missachtung der Grundverfügung in einer von beiden die Zwangsgeldforderung in voller Höhe auslöst.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Kosten der Ersatzvornahme einer abfallrechtlichen Beseitigungsverfügung.
Der Beklagte hatte ursprünglich mit Bescheid vom 23. April 2002 den Kläger sowie neun Anlieferer von Altholz zu der in Insolvenz gefallenen S-GmbH, die auf mehreren gepachteten Grundstücken des Klägers eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Holzschredder-Anlage betrieb, zur Entsorgung von ca. 8.000 bis 10.000 Tonnen Altholz, das im Rechtssinne als Abfall qualifiziert worden war, gesamtschuldnerisch herangezogen. Vergleichbare Verfügungen wurden später gegen fünf weitere Anlieferer von Altholz erlassen. Jeweils wurde die sofortige Vollziehung der Bescheide angeordnet und die Ersatzvornahme angedroht; dafür wurden voraussichtliche Kosten von etwa 750.000 Euro angesetzt. In dem Bescheid wurde ferner geregelt, dass diese Kosten im Falle einer Ersatzvornahme gesamtschuldnerisch und bezüglich der Anlieferer unter Berücksichtigung bestimmter Tonnen-Beschränkungen anteilig zu tragen seien. Nach Durchführung der Ersatzvornahme wurde der Kläger seitens des Beklagten durch Bescheid vom 30. Oktober 2007 zu Kosten in Höhe von 97.255,21 Euro für die Entsorgung bestimmter Altholzabfälle herangezogen; hinzu kamen bestimmte Auslagen von insgesamt 134,26 Euro und eine Gebühr in Höhe von 2.500,- Euro für erbrachte Aufwendungen durch die Beauftragung eines Dritten zur Durchführung der Ersatzvornahme. Verfügt wurde zudem, dass eventuelle Kostenerstattungen aus dem Insolvenzverfahren der S-GmbH dem Kläger umgehend überwiesen würden.
In der Begründung zur Heranziehung des Klägers für die Kosten der Ersatzvornahme führte der Beklagte an, dass die Inanspruchnahme des zunächst ausgewählten Kostenschuldners, des Insolvenzverwalters über das Vermögen der S-GmbH, voraussichtlich nicht zur (vollständigen) Begleichung der Ersatzvornahmekosten führen werde. Die Entscheidung, wer nun von den sonstigen Pflichtigen – der Kläger und 14 weitere Verantwortliche, die gesamtschuldnerisch zur Entsorgung der Altholzabfälle verpflichtet worden waren – als Kostenschuldner herangezogen werde, liege im pflichtgemäßen behördlichen Ermessen. Leitend für die Heranziehung des Klägers zur Kostentragung seien mehrere Erwägungen gewesen: Zunächst habe der Kläger mit der Verpachtung an die eine Holzschredder-Anlage betreibende S-GmbH bewusst das Risiko übernommen, möglicherweise für die Entsorgung der angesammelten Altholzabfälle aufkommen zu müssen. Sodann habe der Kläger durch Pachteinnahmen von monatlich mehr als 15.000,-- EUR Vorteile und Nutzen aus der Grundstücksverpachtung gezogen; daher erscheine es gerecht und billig, dass der Kläger für Kosten der Gefahrenbeseitigung aufkomme, die unmittelbar mit der vorteilhaften Grundstücksnutzung (Gewinn bringende Verpachtung) zusammenhingen. Außerdem habe der Kläger als Abfallbesitzer eine größere Sachnähe als die anderen in Betracht kommenden Pflichtigen, die allesamt zum Kreis der Holzlieferanten zählten; seine Sachherrschaft habe der Kläger durch Kündigung des Pachtverhältnisses auch ausgeübt. Ferner seien für die Auswahl des Klägers verfahrensökonomische Gründe leitend gewesen, da bei Inanspruchnahme der 14 Anlieferer weitere 14 Kostenbescheide zu erlassen seien, die wegen der zu erwartenden Rechtsbehelfe ebenso viele Klageverfahren nach sich zögen; die Auswahl des Klägers habe nur ein Verfahren zur Folge, und außerdem könne der Kläger nach den Regelungen zur Gesamtschuldnerschaft im Innenverhältnis der Pflichtigen Ausgleich erhalten. Schließlich sei die Inanspruchnahme des Klägers auch verhältnismäßig, denn Zweck der Kostenregelung gemäß § 31 LVwVG sei die Heranziehung der Pflichtigen und nicht die Belastung der Bürger; die Höhe der Kosten sei dem Kläger auf Grund der früheren Pachtvorteile auch zumutbar.
Der Widerspruch des Klägers hatte im Abhilfeverfahren nur bezüglich der Auslagen in Höhe von 3,80 Euro einen sehr geringen Erfolg. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Bescheid vom 14. November 2008 seitens der Widerspruchsbehörde zurückgewiesen: Die Heranziehung des Klägers zum Kostenersatz sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Zunächst sei es legitim, nicht erst einmal den weiteren Ablauf des Insolvenzverfahrens abzuwarten, zumal die am Ende verbleibende Insolvenzmasse wohl nur noch rund die Hälfte der Ersatzvornahmekosten abdecke, so dass weitere Pflichtige in Anspruch zu nehmen seien. Mit Blick auf die im Jahr 2004 abgeschlossene Ersatzvornahme sei wegen einer drohenden Festsetzungsverjährung nach vier Jahren ein Kostenbescheid gegenüber dem Kläger zu erlassen gewesen. Dass nicht auch die Anlieferer zum Kostenersatz herangezogen worden seien, sei verfahrensökonomisch begründet gewesen, da ansonsten 14 Kostenbescheide hätten erlassen werden müssen; zudem sei die gesamtschuldnerische Haftung der Holzanlieferer in der Grundverfügung auf bestimmte Beträge beschränkt worden. Außerdem habe der Kläger als Zustandsstörer und Abfallbesitzer im Vergleich zu den ebenfalls verpflichteten Holzanlieferern die größere Sachnähe gehabt. Ferner habe sich mit der Zustandshaftung eine eigentumsspezifische Gefahr verwirklicht, die eng mit dem wirtschaftlichen Nutzen aus der Verpachtung zusammenhänge, so dass die kostenrechtliche Inanspruchnahme des Klägers, der sich nicht in einer „Opfersituation“ befinde, auch angemessen sei. Schließlich könne der Kläger im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs von den Holzanlieferern und dem Insolvenzverwalter einen Ausgleich fordern. Mit (ergänzendem) Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2010 wurde der – zunächst zurückgestellte – Widerspruch gegen die Gebührenfestsetzung im Kostenbescheid vom 30. Oktober 2007 (Ziff. 4) zurückgewiesen.
Mit seiner gegen die Beseitigungsverfügung vom 23.04.2002 und gegen den Kostenbescheid gerichteten Klage hat der Kläger gerügt, zu Kosten herangezogen zu werden, die er durch sein Verhalten nicht verursacht habe. Außerdem sei es dem Beklagten zuzumuten, den Abschluss des Insolvenzverfahrens abzuwarten, bevor ein Kostenbescheid an den Kläger ergehe. Im Vergleich zu den übrigen Pflichtigen habe er keine größere Sachnähe zum Gegenstand des Abfallbeseitigungsbescheids gehabt; die als Abfallerzeuger verantwortlichen Holzlieferanten hätten den sie betreffenden Anteil an dem Altholz ohne weiteres abholen und einer geordneten Entsorgung zuführen können. Ein Gesamtschuldnerausgleich sei im Abfallrecht nicht vorgesehen. Die Nichtinanspruchnahme der Anlieferer verstoße gegen den Grundsatz der gerechten Lastenverteilung und könne nicht mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand gerechtfertigt werden. Schließlich sei allenfalls die Haftung für einen Teil der Ersatzvornahmekosten gerechtfertigt gewesen; da die übrigen 14 Adressaten der abfallrechtlichen Verfügung zur Entsorgung von über 9.100 Tonnen Altholz verpflichtet worden seien, habe er, der Kläger, bei einer maximalen Lagerung von 10.000 Tonnen Altholz auf dem fraglichen Grundstück höchstens zu knapp 9% der Ersatzvornahmekosten herangezogen werden dürfen.
Der Beklagte hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen auf die Gründe des Kostenbescheids vom 30. Oktober 2007 und des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2008 berufen; Ermessensfehler bei der Auswahl des Kostenschuldners seien nicht erkennbar.
Das Verwaltungsgericht hat unter Klageabweisung im Übrigen der Klage gegen den Kostenbescheid in Gestalt des teilweisen Abhilfebescheids sowie der Widerspruchsbescheide durch Urteil vom 14. Oktober 2010 stattgegeben und die Bescheide aufgehoben. Zwar seien die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung des Klägers erfüllt, er sei jedoch ermessensfehlerhaft als Kostenschuldner in Anspruch genommen worden. Ein wesentliches Argument im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung sei die Annahme gewesen, dass dem Kläger ein Regressanspruch gegen die Lieferanten des Altholzes zustehe; diese Annahme sei indes auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzutreffend, so dass der Kläger den vermeintlichen Regressanspruch nicht erfolgreich durchsetzen könne. Wegen dieser Fehlannahme seien die Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde sachwidrig und fehlerhaft, so dass die Heranziehung des Klägers zu den Ersatzvornahmekosten rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2011 hat der Senat die Berufung des Beklagten zugelassen (– 10 S 354/11 – NVwZ-RR 2011, 751 = VBlBW 2011, 442). Der Beklagte und Berufungskläger rügt, dass das Verwaltungsgericht die umfassenden behördlichen Ermessenserwägungen nicht gewürdigt habe, sondern sich allein auf den eher nachgeordneten Hinweis zum Ausgleich im Innenverhältnis der Pflichtigen gestützt und damit die Ermessensfehlerhaftigkeit der Auswahl des Kostenschuldners zu begründen versucht habe. Wären die tragenden Erwägungen der Auswahlentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008, S. 12) gewürdigt worden, hätte sich die Ermessensentscheidung als rechtsfehlerfrei dargestellt.
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – insoweit zu ändern, als der Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 30. Oktober 2007 in der Gestalt des teilweisen Abhilfebescheids vom 16. Mai 2008 und die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14. November 2008 und vom 8. Februar 2010, soweit diese sich auf die Bescheide vom 30. Oktober 2007 und vom 16. Mai 2008 beziehen, aufgehoben werden, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er schließt sich der Argumentation des Verwaltungsgerichts an. Die behördlich behauptete Möglichkeit des Klägers, im Innenverhältnis der Pflichtigen Ausgleich zu erhalten, sei nicht ein bloßer Hinweis, sondern eine ermessensleitende Erwägung gewesen; diese sei zudem mit den anderen Ermessensgesichtspunkten untrennbar verknüpft. Da der von den Behörden angenommene Innenregress nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte nicht existiere, sei die Auswahl des Klägers als Kostenschuldner ermessensfehlerhaft gewesen.
14 
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte mitgeteilt, dass die insgesamt entstandenen Ersatzvornahmekosten zu seiner eigenen Überraschung nur 97.255,21 Euro betragen haben. Ursächlich dafür, dass die tatsächlich entstandenen Kosten erheblich hinter den prognostizierten Kosten zurückgeblieben seien, seien verschiedene Faktoren gewesen, unter anderem die durch den damaligen Winter bedingte gestiegene Nachfrage nach Ersatzbrennstoff, die zur kostengünstigen Entsorgung des Altholzes geführt habe. Vor diesem Hintergrund sei der „Ausstieg aus dem Ursprungskonzept“ („eins plus vierzehn“) erklärbar und gerechtfertigt. Ursprünglich seien die Großanlieferer zwecks finanzieller Schonung des Klägers „mit ins Boot genommen worden“; die tatsächlich entstandenen Ersatzvornahmekosten von lediglich gut 97.000,-- Euro könnten vom Kläger angesichts der Pachteinnahmen zumutbarerweise getragen werden, zumal andernfalls fünfzehn Verwaltungsprozesse zu erwarten gewesen sein und außerdem offen sei, ob „überall etwas zu holen“ gewesen sei.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
17 
Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren ist das angegriffene Urteil nur, soweit es der Klage gegen den Kostenbescheid des Beklagten stattgegeben hat. Soweit die gegen die abfallrechtliche Beseitigungsanordnung gerichtete Klage erstinstanzlich abgewiesen worden ist, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts in Rechtskraft erwachsen. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich im Ergebnis als richtig. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsgericht einige behördliche Ermessenserwägungen zur Auswahl des Kostenschuldners in der angegriffenen Entscheidung nicht gewürdigt hat (Senat, Beschl. v. 3.5.2011 – 10 S 354/11 – NVwZ-RR 2011, 751 = VBlBW 2011, 442). Die vom Senat im Berufungsverfahren eigenständig zu prüfenden Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde zur Auswahl des Kostenschuldners (vgl. § 128 VwGO) ändern nichts an dem Ergebnis, dass der Kläger unter Verstoß gegen § 40 LVwVfG ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig zur Tragung der Kosten der Ersatzvornahme herangezogen worden ist.
I.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Ersatzvornahme gemäß §§ 31, 25 LVwVG, §§ 6, 8 LVwVGKO lagen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, vor. Kostenschuldner ist der „Pflichtige“ (§ 31 Abs. 2 LVwVG). Sind – wie hier – mehrere Personen durch Verwaltungsakt zur Ausführung einer vertretbaren Handlung verpflichtet worden (vgl. § 25 LVwVG), sind auch mehrere Kostenpflichtige vorhanden. Insoweit ist eine Auswahlentscheidung zu treffen. Dabei handelt es sich im Rechtssinne um eine behördliche Ermessensentscheidung (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, wenn die Vorgaben des § 40 LVwVfG beachtet worden sind; nur innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen. Die Einhaltung der Ermessensdirektiven des § 40 LVwVfG unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle (§ 114 Satz 1 VwGO).
19 
1. Der angefochtene Kostenbescheid (in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheids und der Widerspruchsbescheide) ist wegen eines behördlichen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG). Diese Vorgabe verlangt, dass der Ermessensentscheidung sachgemäße Erwägungen zu Grunde liegen. Lässt sich die Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von unsachgemäßen Gesichtspunkten leiten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor (vgl. Staab, BWVP 1994, 56). Die Feststellung eines derartigen Ermessensfehlers fällt in die gerichtliche Kontrollkompetenz (§ 114 Satz 1 VwGO).
20 
Im vorliegenden Fall stellt das Gebot der gerechten Lastenverteilung die sachgemäße und zugleich zentrale Ermessensdirektive dar (vgl. unten 2.). Diese Vorgabe wird durch den Kostenbescheid verfehlt (vgl. unten 3.). Der Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; folglich ist er gerichtlich aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
2. Im Falle einer sog. Störermehrheit, wie dies hier zutrifft, ist bei der behördlichen Auswahlentscheidung, welcher Störer mit einer Verfügung herangezogen wird, zwischen der primären Ebene und der sekundären Ebene zu unterscheiden; dabei sind die Auswahlkriterien nicht notwendigerweise identisch (Dienelt, NVwZ 1994, 355 f.).
22 
a) Auf der primären Ebene geht es aus einer ex ante-Sicht um die Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die Störerauswahl ist die Effektivität der Gefahrenabwehr; anzustreben ist die schnelle und wirksame Gefahrenbeseitigung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 1.10.1991 – 5 S 1823/90 – NVwZ-RR 1992, 350, 351; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 390). Ein gesetzliches Rangverhältnis zur gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern oder generelle, richterlich entwickelte Regeln hierzu gibt es nach dem baden-württembergischen Landesrecht nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.1992 – 1 S 2727/91 – NVwZ-RR 1994, 52; Senat, Beschl. v. 6.10.1995 – 10 S 1389/95 – VBlBW 1996, 221, 223 = UPR 1996, 196, 197).
23 
Muss sich die Behörde bei der Auswahl unter mehreren Störern in erster Linie von dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr leiten lassen, schließt dies nicht aus, dass daneben auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden; dies kann z. B. die größere Gefahrennähe eines der Störer sein (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354). Die sachgerechte Störerauswahl auf der primären Ebene muss zivilrechtliche Aspekte des internen Ausgleichs zwischen den Störern nicht berücksichtigen; im Einzelfall kommt etwas anderes allenfalls dann in Betracht, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung ihr bekannte und unstreitige Regelungen des internen Ausgleichs völlig unberücksichtigt lässt (Senat, Beschl. v. 29.4.2002 – 10 S 2367/01 – NVwZ 2002, 1260, 1263 = VBlBW 2002, 431, 434; restriktiver BayVGH, Beschl. v. 15.9.2000 – 22 ZS 00.1994 – BayVBl 2001, 149, 150 = NVwZ 2001, 458 = UPR 2001, 271). Andererseits ist die Behörde rechtlich nicht daran gehindert, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem vorrangigen Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr in ihre Erwägungen einzubeziehen. Dadurch kann, wie der Senat bereits früher hervorgehoben hat, angesichts des unbefriedigend gelösten internen (finanziellen) Ausgleichs unter mehreren Störern (dazu unten I. 3. a) von vornherein vermieden werden, dass ein Störer die Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme allein zu tragen hat (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 269 = VBlBW 1996, 351, 354).
24 
Hier war von der Möglichkeit der kumulativen Inanspruchnahme von Handlungs- und Zustandsstörern (Senat, Urt. v. 19.10.1993 – 10 S 2045/91 – NVwZ-RR 1994, 565, 568) behördlicherseits Gebrauch gemacht worden. Die abfallrechtliche Anordnung zur Entsorgung von Altholz und weiteren Abfällen vom Betriebsgelände der insolventen S-GmbH richtete sich gesamtschuldnerisch an den Kläger und (ursprünglich) neun Anlieferer von Altholz als Abfallerzeuger; für diese wurden bestimmte Mengenbeschränkungen nach Gewichtstonnen festgelegt und verfügt, dass anfallende Kosten der Ersatzvornahme gesamtschuldnerisch und anteilig unter Berücksichtigung jener Beschränkungen zu tragen seien. Ausdrücklich hat sich die zuständige Behörde in ihrer Anordnung vom 23. April 2002 bei der Auswahl der Adressaten davon leiten lassen, eine schnelle und effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten.
25 
b) Anders als auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr ist für den Erlass eines Bescheids über die Anforderung von Kosten einer Ersatzvornahme eine ex post-Betrachtung geboten; die Störerauswahl auf der primären Ebene präjudiziert die Auswahl des Kostenschuldners bzw. der Kostenschuldner bei mehreren Kostenpflichtigen nicht (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Unter gleichrangig Verpflichteten, wie dies hier der Fall ist und von dem Beklagten in der abfallrechtlichen Anordnung selbst zum Ausdruck gebracht worden ist, muss die Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen nach dem Gebot der gerechten Lastenverteilung erfolgen, falls keine speziellen Ermessensdirektiven zum Tragen kommen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Diese Vorgabe findet ihre rechtliche Grundlage im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG (Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, RdNr. 508). Die Maxime der Lastengerechtigkeit vermeidet, dass – zumal wenn mehrere Störer auf der primären Ebene zur Gefahrenbeseitigung durch Verwaltungsakt verpflichtet worden waren – ohne hinreichenden sachlichen Grund einem der Verpflichteten allein die Kostenlast auferlegt wird (Garbe, DÖV 1998, 632, 634).
26 
Die Unterscheidung zwischen der ex ante-Sicht auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr und der ex post-Betrachtung auf der sekundären Ebene der Kostentragung ist keine Besonderheit von Gefahrenabwehrmaßnahmen im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme, sondern ein seit geraumer Zeit durchgehendes Strukturprinzip des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts (vgl. Würtenberger/Heckmann, a.a.O, RdNr. 502). So darf die Polizei zwar gegen den Anscheinsstörer zur Gefahrenbeseitigung einschreiten (z. B. durch unmittelbare Ausführung einer Maßnahme), er darf jedoch nicht zur Kostenerstattung für den Polizeieinsatz in Anspruch genommen werden, wenn sich ex post herausstellt, dass er die Anscheinsgefahr nicht veranlasst und zu verantworten hat (OVG Hamburg, Urt. v. 24.9.1985 – Bf VI 3/85 – DVBl 1986, 734, 735 = NJW 1986, 2005, 2006; Finger, DVBl 2007, 798 ff.). Dasselbe gilt beim Gefahrverdacht, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der vermeintliche Verursacher die den Verdacht begründenden Umstände nicht zu verantworten hat (OVG NW, Beschl. v. 14.6.2000 – 5 A 95/00 – NVwZ 2001, 1314 = NWVBl 2001, 142; OVG Berlin, Beschl. v. 28.11.2001 – 1 N 45/00 – NVwZ-RR 2002, 623). Hat er durch die Maßnahme Nachteile erlitten, kann er sogar wie ein Nichtstörer Entschädigung verlangen (BGH, Urt. v. 12.3.1992 – III ZR 128/91 – BGHZ 117, 303 = DVBl 1992, 1158 = NJW 1992, 2639; in Erinnerung gerufen von BGH, Urt. v. 3.3.2011 – III ZR 174/10 – NJW 2011, 3157, 3158). Selbst in Bezug auf den Folgenbeseitigungsanspruch ist die Unterscheidung zwischen Primärebene und Sekundärebene anerkannt; wurde ein Anscheinsstörer gefahrenabwehrrechtlich herangezogen und stellt sich später heraus, dass der Betreffende gar nicht Störer gewesen ist, kann er Folgenbeseitigung verlangen (BayVGH, Urt. v. 26.7.1997 – 22 B 93/271 – DÖV 1996, 82 = NVwZ-RR 1996, 645).
27 
Danach können Ermessenserwägungen, die auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr bei der Störerauswahl tragfähig sind, nicht unbesehen auf der sekundären Ebene bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen zur Geltung gebracht werden. Zwar gibt es im Polizeikostenrecht keine generelle Regel zu einer Haftung pro rata (Schoch, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 2. Kapitel Rn. 175), liegen jedoch keine Art. 3 Abs. 1 GG Stand haltenden Sachgründe vor und kann der Verursachungsanteil mehrerer Störer von der Verwaltung ermittelt werden bzw. ist er sogar bereits festgestellt worden, hat sich das Ermessen bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen an dem jeweiligen Maß der Verantwortlichkeit auszurichten (Garbe, DÖV 1998, 632, 636; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., RdNr. 512).
28 
3. Der Beklagte hat, gemessen an diesen Grundsätzen, die Auswahl des Klägers nicht ermessensfehlerfrei i. S. d. § 40 LVwVfG vorgenommen. Maßgebend für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) sind die Gesichtspunkte, die im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid dargelegt oder sonst aus den Akten ersichtlich sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Dabei kann unentschieden bleiben, ob es schon ermessensfehlerhaft ist, dass vor Erlass des Kostenbescheids der Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht abgewartet worden ist. Ferner kann offen bleiben, ob sich der Kläger – wofür allerdings wenig spricht – in einer „Opfersituation“ befindet. Ausschlaggebend ist, dass das Gebot der gerechten Lastenverteilung nicht die maßgebliche behördliche Ermessensdirektive dargestellt hat.
29 
a) Der gerechten Lastenverteilung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG könnte allerdings schon dadurch möglicherweise Rechnung getragen werden, dass der zur Kostentragung herangezogene Störer von der Behörde auf einen realisierbaren Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Störer verwiesen werden kann (so Garbe, DÖV 1998, 632, 634). In Betracht kommen insoweit Ansprüche analog §§ 683, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) bzw. analog §§ 426, 421 BGB (Gesamtschuldnerausgleich). Es muss nicht abschließend geklärt werden, ob der behördliche Verweis auf eine derartige zivilrechtliche Lösung der Kostentragungsproblematik dem Gebot einer gerechten Lastenverteilung genügen kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, müsste der in Anspruch genommene Kostenpflichtige eine realistische Aussicht darauf haben, von den anderen Störern einen Ausgleich zu erhalten. Davon kann hier jedoch keine Rede sein.
30 
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil (S. 29 bis S. 34) ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger einen Regressanspruch gegen die 14 Anlieferer im Zivilrechtsweg auf Grund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerichtlich schon im Erkenntnisverfahren nicht durchsetzen könnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO). Dass allein diese höchstrichterliche Rechtsprechung in Bezug auf einen vermeintlichen Ausgleichsanspruch entscheidend ist – und nicht etwa bestimmte, von der Rechtsprechung abweichende Stimmen im Schrifttum (vgl. z. B. R. Enders, NVwZ 2005, 381, 384 f.) –, hat der Verwaltungsgerichtshof in einer früheren Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Folglich darf die Verwaltung die maßgebliche zivilrechtliche Judikatur nicht ignorieren (Garbe, DÖV 1998, 632, 635), sondern muss diese Rechtsprechung den Ermessenserwägungen pflichtgemäß zu Grunde legen. Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde haben sich jedoch bei ihren Überlegungen zum Gesamtschuldnerausgleich von jener Rechtsprechung gerade nicht leiten lassen.
31 
Die Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war dem Beklagten auch ohne weiteres möglich. Die Ablehnung des zivilrechtlichen Innenregresses bei einer Störermehrheit, sofern keine abweichenden Spezialbestimmungen (z. B. § 24 Abs. 2 BBodSchG) normiert sind, ist keine neue Aussage des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 – III ZR 295/09 – BGHZ 184, 288 = NVwZ 2010, 789), sondern hat eine mittlerweile mehr als dreißigjährige Tradition (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1981 – III ZR 39/80 – NJW 1981, 2457; danach z. B. BGH, Urt. v. 26.9.2006 – VI ZR 166/05 – NJW 2006, 3628, 3631). Spätestens mit dem erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2007 stand für den Beklagten außerdem fest, dass der behördliche Hinweis auf einen – angeblichen – zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleich keine tragfähige Ermessenserwägung ist. Jedenfalls die Widerspruchsbehörde, auf deren Bescheid es ankommt (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), konnte und musste diese Rechtsprechung berücksichtigen.
32 
b) Die vom Beklagten angeführten Gründe der Verfahrensökonomie stellen keine sachgerechten Ermessenserwägungen dar. Der Verzicht darauf, auch die Anlieferer zum Kostenersatz heranzuziehen, „da ansonsten 14 Kostenbescheide zu erlassen gewesen wären“ (so Widerspruchsbescheid vom 14.11.2008, S. 11), hat mit einer gerechten Lastenverteilung offensichtlich nichts zu tun. Es ist schon zweifelhaft, ob eine Erwägung, die die Erleichterung der Arbeit für die Verwaltung zu Lasten eines Bürgers zum Ziel hat, auf der Primärebene der Gefahrenabwehr den Anforderungen des § 40 LVwVfG an eine dem Zweck entsprechende Ermessensausübung genügen könnte. Auf der Sekundärebene, wo es ex post um eine gerechte Verteilung der Kostenlast geht, ist dies nicht der Fall. Zweck der §§ 31, 25 LVwVG ist es nicht, der zuständigen Behörde die Arbeit zu erleichtern.
33 
Dass in der abfallrechtlichen Anordnung (d. h. der Grundverfügung) die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Anlieferer auf bestimmte Beträge beschränkt worden ist, war eine Entscheidung des Beklagten und kann nicht dem Kläger angelastet werden. In der Sache kann hierin sogar ein Ansatz der Behörden zur Vorbereitung einer gerechten Lastenverteilung gesehen werden. Jedenfalls zwingt die vom Beklagten vorgenommene Haftungsbeschränkung der Abfallerzeuger, die das „Ob“ deren möglicher Kostentragung gar nicht betrifft, nicht zur vorrangigen oder alleinigen Kostenbelastung des Klägers unter allen Störern.
34 
c) Entgegen den Behauptungen des Beklagten hatte der Kläger als Abfallbesitzer kostenrechtlich keine größere „Sachnähe“ zu der Ersatzvornahme, um deren Kostentragung es hier geht, als die Abfallerzeuger (Anlieferer). Der Hinweis sowohl im Kostenbescheid vom 30. Oktober 2007 als auch im Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008 auf § 3 Abs. 4 und Abs. 6 KrW-/AbfG macht deutlich, dass der Beklagte Erwägungen zur Gefahrenabwehr (Primärebene) unbesehen auf die Kostenverteilung (Sekundärebene) überträgt. Auf der Primärebene kann die „Sachnähe“ – auf der Grundlage einer präzisen Analyse der „Nähebeziehungen“ aller Störer zur Gefahrenlage – ein Gesichtspunkt pflichtgemäßen Ermessens für die Störerauswahl sein (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354; Staab, BWVP 1994, 56 und 57). Bei der Verteilung der Kosten einer Ersatzvornahme ist nicht erkennbar, worin die größere „Sachnähe“ des Abfallbesitzers zur Kostentragung bestehen soll, nachdem zuvor etliche Abfallerzeuger mit dem Abfallbesitzer gesamtschuldnerisch (und damit auf der Primärebene gleichrangig) zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet worden waren. Insoweit stellt sich sogar die Frage widersprüchlichen Behördenverhaltens auf der primären Ebene einerseits und auf der sekundären Ebene andererseits.
35 
d) Der Hinweis des Beklagten darauf, dass sich im vorliegenden Fall eine „eigentumsspezifische Gefahr“ zu Lasten des Klägers als Verpächter des Betriebsgrundstücks der S-GmbH verwirklicht habe, ist in der Sache zutreffend. Dies begründet eine Haftung des Klägers sowohl auf der Primärebene als auch auf der Sekundärebene dem Grunde nach. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um das „Ob“ einer Kostentragung, sondern um die gerechte Lastenverteilung unter mehreren behördlich gleichrangig Verpflichteten einer Störermehrheit. Die Verwirklichung einer „eigentumsspezifischen Gefahr“ liefert im Rahmen des Auswahlermessens keinen tragfähigen Gesichtspunkt zur Beantwortung der Frage, wer nach einer eventuellen (ggf. ergebnislosen) Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters wegen der verbleibenden Kosten der Ersatzvornahme als Kostenschuldner ausgewählt werden darf. Der Beklagte hat an keiner Stelle dargelegt, was die grundsätzliche (Mit-)Verantwortlichkeit eines Störers an ermessensgerechten Aspekten zur gerechten Lastenverteilung unter einer Vielzahl von Störern soll bieten können.
36 
e) Ähnliches gilt für den Gesichtspunkt der Konnexität zwischen den Pachteinnahmen des Klägers einerseits und der Übernahme des Entsorgungsrisikos andererseits. Richtig ist, dass § 31 LVwVG auf die Heranziehung der Pflichtigen zielt und eine Belastung der Bürger (Steuerzahler) mit Kosten der Ersatzvornahme (§ 25 LVwVG) zu vermeiden sucht. Dieser Gesetzeszweck wird jedoch durch eine Inpflichtnahme mehrerer Pflichtiger als Kostenschuldner (mindestens) ebenso gut erreicht wie durch die Belastung eines – zuvor als Störer verpflichteten – Kostenschuldners. Dass der Kläger Vorteile und Nutzen aus der Grundstücksverpachtung gezogen hat, mag seine Mithaftung für die Ersatzvornahmekosten begründen. Die Kausalität zwischen vorteilhafter Verpachtung und nachteiliger Verwirklichung des Risikos vermag aber kaum zu erklären, wieso die alleinige Kostenschuldnerschaft des Klägers und die „Schonung“ der 14 Anlieferer, die als Abfallerzeuger und Entsorgungspflichtige ebenfalls Vorteile von der Überlassung ihres Altholzes an die Betreiberin der Holzschredder-Anlage hatten, einer gerechten Lastenverteilung entspricht.
37 
Dies gilt umso mehr, als die pro rata-Haftung der Anlieferer in der abfallrechtlichen Anordnung vom 23. April 2002, bezogen auf 8.163,33 Tonnen Altholz bereits angelegt war. Dies betrifft sowohl den verfügenden Teil als auch die Begründung des Verwaltungsakts. Dort heißt es (S. 8), durch die gleichzeitige Inanspruchnahme auch der großen Abfallerzeuger entsprechend ihrer angelieferten Altholzmengen werde das Insolvenzrisiko eines Entsorgungsfachbetriebes auch nicht ausschließlich auf den Grundstückseigentümer verlagert; selbst wenn dieser zunächst die Entsorgungskosten zu tragen hätte, könne er von den mitverpflichteten Abfallerzeugern anteilig Erstattung seiner Entsorgungsaufwendungen verlangen. Letzteres ist, wie dargelegt, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht richtig. Wichtiger – und im vorliegenden Zusammenhang maßgebend – ist jedoch der Umstand, dass behördlicherseits deutlich dokumentiert worden ist, eine Verlagerung des Insolvenzrisikos der S-GmbH allein auf den Kläger werde nicht angestrebt. Dieser – an sich tragfähige – Gesichtspunkt besteht im Rechtssinne unabhängig von der Höhe der Kosten; denn der Grundsatz der gerechten Lastenverteilung ist de jure keine Maxime, die von der Quantität zu verteilender Lasten abhängt. Sodann (S. 9) wurde der Verzicht auf die Verpflichtung auch der 122 „Kleinanlieferer“ vor allem mit einem „unvertretbaren Verwaltungsaufwand“ begründet und geltend gemacht, dass der Kläger insoweit etwas stärker in die Pflicht genommen werde. Auch diese behördliche Einlassung deutet an keiner Stelle darauf hin, dass der Kläger später – nach Durchführung der Ersatzvornahme – als Kostenschuldner (neben dem Insolvenzverwalter) allein in Anspruch genommen werden sollte.
38 
f) Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten nachgeschobenen Erwägungen zum „Ausstieg aus dem Ursprungskonzept“ vermögen eine ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung im Sinne des § 40 LVwVfG auch im Nachhinein nicht herbeizuführen. Der Senat kann offen lassen, ob es sich dabei um völlig neue Ermessenserwägungen auf Grund einer drastisch geänderten Kostensituation (nur noch gut 97.000,-- Euro an Stelle der prognostizierten weit über 700.000,-- Euro) handelt oder um die nach § 114 Satz 2 VwGO zulässige Ergänzung von Ermessenserwägungen. Denn auch die nachgeschobenen Überlegungen vermögen den Ermessensfehlgebrauch nicht zu „heilen“.
39 
Die Höhe der auf die Störermehrheit zu verteilenden Kosten der Ersatzvornahme hat – von besonders gelagerten Ausnahmekonstellationen abgesehen – grundsätzlich keine Auswirkungen auf die gerechte Verteilung der finanziellen Lasten auf die Störer. Mit dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der alleinigen Inpflichtnahme des Klägers auf der Sekundärebene (vor dem Hintergrund der Pachteinnahmen) macht der Beklagte einen – rechtssystematisch nachgelagerten – Aspekt der Verhältnismäßigkeit der den Kläger individuell treffenden Kostenlast geltend. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch um die vorrangige Frage der gerechten Verteilung von finanziellen Lasten unter mehreren Störern. Zudem ist ein Betrag von über 97.000,-- Euro nicht etwa so gering, dass die im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG zu beantwortende Frage der Lastengerechtigkeit gleichsam „übersprungen“ und sogleich die Frage nach der individuellen Zumutbarkeit für den Kläger gestellt werden könnte.
40 
Unabhängig davon stellt es eine durch keine tatsächlichen Anhaltspunkte gestützte reine Vermutung des Beklagten dar, dass es bei der Verteilung von „nur“ noch gut 97.000,-- Euro auf alle Störer zu fünfzehn Verwaltungsprozessen gekommen wäre. Ebenso rein spekulativ ist der Zweifel daran, „ob überall etwas zu holen“ sei; Fakten, die derartige Mutmaßungen stützen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Ermessensfehlerfreie Erwägungen können derartige Annahmen ohne Faktenbasis nicht darstellen. Im Gegenteil, bei „nur“ noch gut 97.000,-- Euro an entstandenen Ersatzvornahmekosten war es angesichts der erheblich geminderten Kostenlast, gemessen an der Prognose, eher wahrscheinlich, dass die anderen Pflichtigen hinreichend leistungsfähig und -willig waren, und deshalb umso eher angezeigt, dem Gebot der Lastengerechtigkeit zu folgen, wie dies in der Grundverfügung schon angelegt war.
41 
g) Vor diesem Hintergrund gilt Folgendes: Geht es auf der Sekundärebene nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG um die gerechte Lastenverteilung bei einer Störermehrheit, muss eine gewisse Beliebigkeit bei der Beantwortung der Frage, wen es letztlich „trifft“, tunlichst vermieden werden (vgl. dazu auch Garbe, DÖV 1998, 632, 634). Gerät die konkrete Lastentragung aus der Sicht mehrerer an sich Pflichtiger und von der Behörde sogar durch Verwaltungsakt gesamtschuldnerisch Verpflichteter gleichsam zu einem Handeln nach dem Prinzip des mutmaßlich geringsten Aufwands und Widerstands, kann von einer sachgerechten Ermessensbetätigung bei der Auswahl des Kostenschuldners nicht mehr gesprochen werden. Nachdem der Beklagte davon abgesehen hatte, die weiteren 122 Firmen und Einzelpersonen, die weniger als 100 Tonnen Holzabfälle bei der S-GmbH angeliefert hatten, ebenfalls zur Abfallbeseitigung zu verpflichten, sprach kein rechtlicher Gesichtspunkt dagegen, den Kläger und die 14 „Großanlieferer“ zur Kostentragung heranzuziehen, das Maß der jeweiligen Verantwortlichkeit zu ermitteln und die Kostentragung der Schuldner entsprechend einer gerechten Lastenverteilung unter den auf der Primärebene Verpflichteten festzulegen. Dass einem solchen Verfahren „verfahrensökonomische Gründe“ behördlicherseits nicht entgegengehalten werden können, ist bereits dargelegt worden.
II.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 24. Januar 2012
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG auf 99.885,67 EUR festgesetzt. Die Erhöhung gegenüber der anteiligen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf der zusätzlichen Berücksichtigung der in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids vom 30.10.2007 festgesetzten Gebühr in Höhe von 2.500,-- EUR. Von einer Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat ab, da die Erhöhung sich nicht auf die anfallenden Gebühren auswirken würde.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
17 
Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren ist das angegriffene Urteil nur, soweit es der Klage gegen den Kostenbescheid des Beklagten stattgegeben hat. Soweit die gegen die abfallrechtliche Beseitigungsanordnung gerichtete Klage erstinstanzlich abgewiesen worden ist, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts in Rechtskraft erwachsen. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich im Ergebnis als richtig. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsgericht einige behördliche Ermessenserwägungen zur Auswahl des Kostenschuldners in der angegriffenen Entscheidung nicht gewürdigt hat (Senat, Beschl. v. 3.5.2011 – 10 S 354/11 – NVwZ-RR 2011, 751 = VBlBW 2011, 442). Die vom Senat im Berufungsverfahren eigenständig zu prüfenden Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde zur Auswahl des Kostenschuldners (vgl. § 128 VwGO) ändern nichts an dem Ergebnis, dass der Kläger unter Verstoß gegen § 40 LVwVfG ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig zur Tragung der Kosten der Ersatzvornahme herangezogen worden ist.
I.
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Ersatzvornahme gemäß §§ 31, 25 LVwVG, §§ 6, 8 LVwVGKO lagen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, vor. Kostenschuldner ist der „Pflichtige“ (§ 31 Abs. 2 LVwVG). Sind – wie hier – mehrere Personen durch Verwaltungsakt zur Ausführung einer vertretbaren Handlung verpflichtet worden (vgl. § 25 LVwVG), sind auch mehrere Kostenpflichtige vorhanden. Insoweit ist eine Auswahlentscheidung zu treffen. Dabei handelt es sich im Rechtssinne um eine behördliche Ermessensentscheidung (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, wenn die Vorgaben des § 40 LVwVfG beachtet worden sind; nur innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen. Die Einhaltung der Ermessensdirektiven des § 40 LVwVfG unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle (§ 114 Satz 1 VwGO).
19 
1. Der angefochtene Kostenbescheid (in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheids und der Widerspruchsbescheide) ist wegen eines behördlichen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG). Diese Vorgabe verlangt, dass der Ermessensentscheidung sachgemäße Erwägungen zu Grunde liegen. Lässt sich die Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von unsachgemäßen Gesichtspunkten leiten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor (vgl. Staab, BWVP 1994, 56). Die Feststellung eines derartigen Ermessensfehlers fällt in die gerichtliche Kontrollkompetenz (§ 114 Satz 1 VwGO).
20 
Im vorliegenden Fall stellt das Gebot der gerechten Lastenverteilung die sachgemäße und zugleich zentrale Ermessensdirektive dar (vgl. unten 2.). Diese Vorgabe wird durch den Kostenbescheid verfehlt (vgl. unten 3.). Der Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; folglich ist er gerichtlich aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
2. Im Falle einer sog. Störermehrheit, wie dies hier zutrifft, ist bei der behördlichen Auswahlentscheidung, welcher Störer mit einer Verfügung herangezogen wird, zwischen der primären Ebene und der sekundären Ebene zu unterscheiden; dabei sind die Auswahlkriterien nicht notwendigerweise identisch (Dienelt, NVwZ 1994, 355 f.).
22 
a) Auf der primären Ebene geht es aus einer ex ante-Sicht um die Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die Störerauswahl ist die Effektivität der Gefahrenabwehr; anzustreben ist die schnelle und wirksame Gefahrenbeseitigung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 1.10.1991 – 5 S 1823/90 – NVwZ-RR 1992, 350, 351; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 390). Ein gesetzliches Rangverhältnis zur gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern oder generelle, richterlich entwickelte Regeln hierzu gibt es nach dem baden-württembergischen Landesrecht nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.1992 – 1 S 2727/91 – NVwZ-RR 1994, 52; Senat, Beschl. v. 6.10.1995 – 10 S 1389/95 – VBlBW 1996, 221, 223 = UPR 1996, 196, 197).
23 
Muss sich die Behörde bei der Auswahl unter mehreren Störern in erster Linie von dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr leiten lassen, schließt dies nicht aus, dass daneben auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden; dies kann z. B. die größere Gefahrennähe eines der Störer sein (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1995, 281; Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354). Die sachgerechte Störerauswahl auf der primären Ebene muss zivilrechtliche Aspekte des internen Ausgleichs zwischen den Störern nicht berücksichtigen; im Einzelfall kommt etwas anderes allenfalls dann in Betracht, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung ihr bekannte und unstreitige Regelungen des internen Ausgleichs völlig unberücksichtigt lässt (Senat, Beschl. v. 29.4.2002 – 10 S 2367/01 – NVwZ 2002, 1260, 1263 = VBlBW 2002, 431, 434; restriktiver BayVGH, Beschl. v. 15.9.2000 – 22 ZS 00.1994 – BayVBl 2001, 149, 150 = NVwZ 2001, 458 = UPR 2001, 271). Andererseits ist die Behörde rechtlich nicht daran gehindert, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem vorrangigen Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr in ihre Erwägungen einzubeziehen. Dadurch kann, wie der Senat bereits früher hervorgehoben hat, angesichts des unbefriedigend gelösten internen (finanziellen) Ausgleichs unter mehreren Störern (dazu unten I. 3. a) von vornherein vermieden werden, dass ein Störer die Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme allein zu tragen hat (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 269 = VBlBW 1996, 351, 354).
24 
Hier war von der Möglichkeit der kumulativen Inanspruchnahme von Handlungs- und Zustandsstörern (Senat, Urt. v. 19.10.1993 – 10 S 2045/91 – NVwZ-RR 1994, 565, 568) behördlicherseits Gebrauch gemacht worden. Die abfallrechtliche Anordnung zur Entsorgung von Altholz und weiteren Abfällen vom Betriebsgelände der insolventen S-GmbH richtete sich gesamtschuldnerisch an den Kläger und (ursprünglich) neun Anlieferer von Altholz als Abfallerzeuger; für diese wurden bestimmte Mengenbeschränkungen nach Gewichtstonnen festgelegt und verfügt, dass anfallende Kosten der Ersatzvornahme gesamtschuldnerisch und anteilig unter Berücksichtigung jener Beschränkungen zu tragen seien. Ausdrücklich hat sich die zuständige Behörde in ihrer Anordnung vom 23. April 2002 bei der Auswahl der Adressaten davon leiten lassen, eine schnelle und effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten.
25 
b) Anders als auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr ist für den Erlass eines Bescheids über die Anforderung von Kosten einer Ersatzvornahme eine ex post-Betrachtung geboten; die Störerauswahl auf der primären Ebene präjudiziert die Auswahl des Kostenschuldners bzw. der Kostenschuldner bei mehreren Kostenpflichtigen nicht (BayVGH, Urt. v. 1.7.1998 – 22 B 98.198 – BayVBl 1999, 180, 181 = NVwZ-RR 1999, 99, 100). Unter gleichrangig Verpflichteten, wie dies hier der Fall ist und von dem Beklagten in der abfallrechtlichen Anordnung selbst zum Ausdruck gebracht worden ist, muss die Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen nach dem Gebot der gerechten Lastenverteilung erfolgen, falls keine speziellen Ermessensdirektiven zum Tragen kommen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Diese Vorgabe findet ihre rechtliche Grundlage im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG (Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, RdNr. 508). Die Maxime der Lastengerechtigkeit vermeidet, dass – zumal wenn mehrere Störer auf der primären Ebene zur Gefahrenbeseitigung durch Verwaltungsakt verpflichtet worden waren – ohne hinreichenden sachlichen Grund einem der Verpflichteten allein die Kostenlast auferlegt wird (Garbe, DÖV 1998, 632, 634).
26 
Die Unterscheidung zwischen der ex ante-Sicht auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr und der ex post-Betrachtung auf der sekundären Ebene der Kostentragung ist keine Besonderheit von Gefahrenabwehrmaßnahmen im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme, sondern ein seit geraumer Zeit durchgehendes Strukturprinzip des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts (vgl. Würtenberger/Heckmann, a.a.O, RdNr. 502). So darf die Polizei zwar gegen den Anscheinsstörer zur Gefahrenbeseitigung einschreiten (z. B. durch unmittelbare Ausführung einer Maßnahme), er darf jedoch nicht zur Kostenerstattung für den Polizeieinsatz in Anspruch genommen werden, wenn sich ex post herausstellt, dass er die Anscheinsgefahr nicht veranlasst und zu verantworten hat (OVG Hamburg, Urt. v. 24.9.1985 – Bf VI 3/85 – DVBl 1986, 734, 735 = NJW 1986, 2005, 2006; Finger, DVBl 2007, 798 ff.). Dasselbe gilt beim Gefahrverdacht, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der vermeintliche Verursacher die den Verdacht begründenden Umstände nicht zu verantworten hat (OVG NW, Beschl. v. 14.6.2000 – 5 A 95/00 – NVwZ 2001, 1314 = NWVBl 2001, 142; OVG Berlin, Beschl. v. 28.11.2001 – 1 N 45/00 – NVwZ-RR 2002, 623). Hat er durch die Maßnahme Nachteile erlitten, kann er sogar wie ein Nichtstörer Entschädigung verlangen (BGH, Urt. v. 12.3.1992 – III ZR 128/91 – BGHZ 117, 303 = DVBl 1992, 1158 = NJW 1992, 2639; in Erinnerung gerufen von BGH, Urt. v. 3.3.2011 – III ZR 174/10 – NJW 2011, 3157, 3158). Selbst in Bezug auf den Folgenbeseitigungsanspruch ist die Unterscheidung zwischen Primärebene und Sekundärebene anerkannt; wurde ein Anscheinsstörer gefahrenabwehrrechtlich herangezogen und stellt sich später heraus, dass der Betreffende gar nicht Störer gewesen ist, kann er Folgenbeseitigung verlangen (BayVGH, Urt. v. 26.7.1997 – 22 B 93/271 – DÖV 1996, 82 = NVwZ-RR 1996, 645).
27 
Danach können Ermessenserwägungen, die auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr bei der Störerauswahl tragfähig sind, nicht unbesehen auf der sekundären Ebene bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen zur Geltung gebracht werden. Zwar gibt es im Polizeikostenrecht keine generelle Regel zu einer Haftung pro rata (Schoch, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 2. Kapitel Rn. 175), liegen jedoch keine Art. 3 Abs. 1 GG Stand haltenden Sachgründe vor und kann der Verursachungsanteil mehrerer Störer von der Verwaltung ermittelt werden bzw. ist er sogar bereits festgestellt worden, hat sich das Ermessen bei der Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen an dem jeweiligen Maß der Verantwortlichkeit auszurichten (Garbe, DÖV 1998, 632, 636; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., RdNr. 512).
28 
3. Der Beklagte hat, gemessen an diesen Grundsätzen, die Auswahl des Klägers nicht ermessensfehlerfrei i. S. d. § 40 LVwVfG vorgenommen. Maßgebend für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) sind die Gesichtspunkte, die im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid dargelegt oder sonst aus den Akten ersichtlich sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Dabei kann unentschieden bleiben, ob es schon ermessensfehlerhaft ist, dass vor Erlass des Kostenbescheids der Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht abgewartet worden ist. Ferner kann offen bleiben, ob sich der Kläger – wofür allerdings wenig spricht – in einer „Opfersituation“ befindet. Ausschlaggebend ist, dass das Gebot der gerechten Lastenverteilung nicht die maßgebliche behördliche Ermessensdirektive dargestellt hat.
29 
a) Der gerechten Lastenverteilung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG könnte allerdings schon dadurch möglicherweise Rechnung getragen werden, dass der zur Kostentragung herangezogene Störer von der Behörde auf einen realisierbaren Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Störer verwiesen werden kann (so Garbe, DÖV 1998, 632, 634). In Betracht kommen insoweit Ansprüche analog §§ 683, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) bzw. analog §§ 426, 421 BGB (Gesamtschuldnerausgleich). Es muss nicht abschließend geklärt werden, ob der behördliche Verweis auf eine derartige zivilrechtliche Lösung der Kostentragungsproblematik dem Gebot einer gerechten Lastenverteilung genügen kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, müsste der in Anspruch genommene Kostenpflichtige eine realistische Aussicht darauf haben, von den anderen Störern einen Ausgleich zu erhalten. Davon kann hier jedoch keine Rede sein.
30 
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil (S. 29 bis S. 34) ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger einen Regressanspruch gegen die 14 Anlieferer im Zivilrechtsweg auf Grund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerichtlich schon im Erkenntnisverfahren nicht durchsetzen könnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO). Dass allein diese höchstrichterliche Rechtsprechung in Bezug auf einen vermeintlichen Ausgleichsanspruch entscheidend ist – und nicht etwa bestimmte, von der Rechtsprechung abweichende Stimmen im Schrifttum (vgl. z. B. R. Enders, NVwZ 2005, 381, 384 f.) –, hat der Verwaltungsgerichtshof in einer früheren Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2007 – 1 S 1471/07 – VBlBW 2008, 137, 138). Folglich darf die Verwaltung die maßgebliche zivilrechtliche Judikatur nicht ignorieren (Garbe, DÖV 1998, 632, 635), sondern muss diese Rechtsprechung den Ermessenserwägungen pflichtgemäß zu Grunde legen. Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde haben sich jedoch bei ihren Überlegungen zum Gesamtschuldnerausgleich von jener Rechtsprechung gerade nicht leiten lassen.
31 
Die Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war dem Beklagten auch ohne weiteres möglich. Die Ablehnung des zivilrechtlichen Innenregresses bei einer Störermehrheit, sofern keine abweichenden Spezialbestimmungen (z. B. § 24 Abs. 2 BBodSchG) normiert sind, ist keine neue Aussage des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 – III ZR 295/09 – BGHZ 184, 288 = NVwZ 2010, 789), sondern hat eine mittlerweile mehr als dreißigjährige Tradition (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1981 – III ZR 39/80 – NJW 1981, 2457; danach z. B. BGH, Urt. v. 26.9.2006 – VI ZR 166/05 – NJW 2006, 3628, 3631). Spätestens mit dem erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2007 stand für den Beklagten außerdem fest, dass der behördliche Hinweis auf einen – angeblichen – zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleich keine tragfähige Ermessenserwägung ist. Jedenfalls die Widerspruchsbehörde, auf deren Bescheid es ankommt (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), konnte und musste diese Rechtsprechung berücksichtigen.
32 
b) Die vom Beklagten angeführten Gründe der Verfahrensökonomie stellen keine sachgerechten Ermessenserwägungen dar. Der Verzicht darauf, auch die Anlieferer zum Kostenersatz heranzuziehen, „da ansonsten 14 Kostenbescheide zu erlassen gewesen wären“ (so Widerspruchsbescheid vom 14.11.2008, S. 11), hat mit einer gerechten Lastenverteilung offensichtlich nichts zu tun. Es ist schon zweifelhaft, ob eine Erwägung, die die Erleichterung der Arbeit für die Verwaltung zu Lasten eines Bürgers zum Ziel hat, auf der Primärebene der Gefahrenabwehr den Anforderungen des § 40 LVwVfG an eine dem Zweck entsprechende Ermessensausübung genügen könnte. Auf der Sekundärebene, wo es ex post um eine gerechte Verteilung der Kostenlast geht, ist dies nicht der Fall. Zweck der §§ 31, 25 LVwVG ist es nicht, der zuständigen Behörde die Arbeit zu erleichtern.
33 
Dass in der abfallrechtlichen Anordnung (d. h. der Grundverfügung) die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Anlieferer auf bestimmte Beträge beschränkt worden ist, war eine Entscheidung des Beklagten und kann nicht dem Kläger angelastet werden. In der Sache kann hierin sogar ein Ansatz der Behörden zur Vorbereitung einer gerechten Lastenverteilung gesehen werden. Jedenfalls zwingt die vom Beklagten vorgenommene Haftungsbeschränkung der Abfallerzeuger, die das „Ob“ deren möglicher Kostentragung gar nicht betrifft, nicht zur vorrangigen oder alleinigen Kostenbelastung des Klägers unter allen Störern.
34 
c) Entgegen den Behauptungen des Beklagten hatte der Kläger als Abfallbesitzer kostenrechtlich keine größere „Sachnähe“ zu der Ersatzvornahme, um deren Kostentragung es hier geht, als die Abfallerzeuger (Anlieferer). Der Hinweis sowohl im Kostenbescheid vom 30. Oktober 2007 als auch im Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008 auf § 3 Abs. 4 und Abs. 6 KrW-/AbfG macht deutlich, dass der Beklagte Erwägungen zur Gefahrenabwehr (Primärebene) unbesehen auf die Kostenverteilung (Sekundärebene) überträgt. Auf der Primärebene kann die „Sachnähe“ – auf der Grundlage einer präzisen Analyse der „Nähebeziehungen“ aller Störer zur Gefahrenlage – ein Gesichtspunkt pflichtgemäßen Ermessens für die Störerauswahl sein (Senat, Urt. v. 30.4.1996 – 10 S 2163/95 – NVwZ-RR 1997, 267, 270 = VBlBW 1996, 351, 354; Staab, BWVP 1994, 56 und 57). Bei der Verteilung der Kosten einer Ersatzvornahme ist nicht erkennbar, worin die größere „Sachnähe“ des Abfallbesitzers zur Kostentragung bestehen soll, nachdem zuvor etliche Abfallerzeuger mit dem Abfallbesitzer gesamtschuldnerisch (und damit auf der Primärebene gleichrangig) zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet worden waren. Insoweit stellt sich sogar die Frage widersprüchlichen Behördenverhaltens auf der primären Ebene einerseits und auf der sekundären Ebene andererseits.
35 
d) Der Hinweis des Beklagten darauf, dass sich im vorliegenden Fall eine „eigentumsspezifische Gefahr“ zu Lasten des Klägers als Verpächter des Betriebsgrundstücks der S-GmbH verwirklicht habe, ist in der Sache zutreffend. Dies begründet eine Haftung des Klägers sowohl auf der Primärebene als auch auf der Sekundärebene dem Grunde nach. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um das „Ob“ einer Kostentragung, sondern um die gerechte Lastenverteilung unter mehreren behördlich gleichrangig Verpflichteten einer Störermehrheit. Die Verwirklichung einer „eigentumsspezifischen Gefahr“ liefert im Rahmen des Auswahlermessens keinen tragfähigen Gesichtspunkt zur Beantwortung der Frage, wer nach einer eventuellen (ggf. ergebnislosen) Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters wegen der verbleibenden Kosten der Ersatzvornahme als Kostenschuldner ausgewählt werden darf. Der Beklagte hat an keiner Stelle dargelegt, was die grundsätzliche (Mit-)Verantwortlichkeit eines Störers an ermessensgerechten Aspekten zur gerechten Lastenverteilung unter einer Vielzahl von Störern soll bieten können.
36 
e) Ähnliches gilt für den Gesichtspunkt der Konnexität zwischen den Pachteinnahmen des Klägers einerseits und der Übernahme des Entsorgungsrisikos andererseits. Richtig ist, dass § 31 LVwVG auf die Heranziehung der Pflichtigen zielt und eine Belastung der Bürger (Steuerzahler) mit Kosten der Ersatzvornahme (§ 25 LVwVG) zu vermeiden sucht. Dieser Gesetzeszweck wird jedoch durch eine Inpflichtnahme mehrerer Pflichtiger als Kostenschuldner (mindestens) ebenso gut erreicht wie durch die Belastung eines – zuvor als Störer verpflichteten – Kostenschuldners. Dass der Kläger Vorteile und Nutzen aus der Grundstücksverpachtung gezogen hat, mag seine Mithaftung für die Ersatzvornahmekosten begründen. Die Kausalität zwischen vorteilhafter Verpachtung und nachteiliger Verwirklichung des Risikos vermag aber kaum zu erklären, wieso die alleinige Kostenschuldnerschaft des Klägers und die „Schonung“ der 14 Anlieferer, die als Abfallerzeuger und Entsorgungspflichtige ebenfalls Vorteile von der Überlassung ihres Altholzes an die Betreiberin der Holzschredder-Anlage hatten, einer gerechten Lastenverteilung entspricht.
37 
Dies gilt umso mehr, als die pro rata-Haftung der Anlieferer in der abfallrechtlichen Anordnung vom 23. April 2002, bezogen auf 8.163,33 Tonnen Altholz bereits angelegt war. Dies betrifft sowohl den verfügenden Teil als auch die Begründung des Verwaltungsakts. Dort heißt es (S. 8), durch die gleichzeitige Inanspruchnahme auch der großen Abfallerzeuger entsprechend ihrer angelieferten Altholzmengen werde das Insolvenzrisiko eines Entsorgungsfachbetriebes auch nicht ausschließlich auf den Grundstückseigentümer verlagert; selbst wenn dieser zunächst die Entsorgungskosten zu tragen hätte, könne er von den mitverpflichteten Abfallerzeugern anteilig Erstattung seiner Entsorgungsaufwendungen verlangen. Letzteres ist, wie dargelegt, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht richtig. Wichtiger – und im vorliegenden Zusammenhang maßgebend – ist jedoch der Umstand, dass behördlicherseits deutlich dokumentiert worden ist, eine Verlagerung des Insolvenzrisikos der S-GmbH allein auf den Kläger werde nicht angestrebt. Dieser – an sich tragfähige – Gesichtspunkt besteht im Rechtssinne unabhängig von der Höhe der Kosten; denn der Grundsatz der gerechten Lastenverteilung ist de jure keine Maxime, die von der Quantität zu verteilender Lasten abhängt. Sodann (S. 9) wurde der Verzicht auf die Verpflichtung auch der 122 „Kleinanlieferer“ vor allem mit einem „unvertretbaren Verwaltungsaufwand“ begründet und geltend gemacht, dass der Kläger insoweit etwas stärker in die Pflicht genommen werde. Auch diese behördliche Einlassung deutet an keiner Stelle darauf hin, dass der Kläger später – nach Durchführung der Ersatzvornahme – als Kostenschuldner (neben dem Insolvenzverwalter) allein in Anspruch genommen werden sollte.
38 
f) Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten nachgeschobenen Erwägungen zum „Ausstieg aus dem Ursprungskonzept“ vermögen eine ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung im Sinne des § 40 LVwVfG auch im Nachhinein nicht herbeizuführen. Der Senat kann offen lassen, ob es sich dabei um völlig neue Ermessenserwägungen auf Grund einer drastisch geänderten Kostensituation (nur noch gut 97.000,-- Euro an Stelle der prognostizierten weit über 700.000,-- Euro) handelt oder um die nach § 114 Satz 2 VwGO zulässige Ergänzung von Ermessenserwägungen. Denn auch die nachgeschobenen Überlegungen vermögen den Ermessensfehlgebrauch nicht zu „heilen“.
39 
Die Höhe der auf die Störermehrheit zu verteilenden Kosten der Ersatzvornahme hat – von besonders gelagerten Ausnahmekonstellationen abgesehen – grundsätzlich keine Auswirkungen auf die gerechte Verteilung der finanziellen Lasten auf die Störer. Mit dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der alleinigen Inpflichtnahme des Klägers auf der Sekundärebene (vor dem Hintergrund der Pachteinnahmen) macht der Beklagte einen – rechtssystematisch nachgelagerten – Aspekt der Verhältnismäßigkeit der den Kläger individuell treffenden Kostenlast geltend. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch um die vorrangige Frage der gerechten Verteilung von finanziellen Lasten unter mehreren Störern. Zudem ist ein Betrag von über 97.000,-- Euro nicht etwa so gering, dass die im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG zu beantwortende Frage der Lastengerechtigkeit gleichsam „übersprungen“ und sogleich die Frage nach der individuellen Zumutbarkeit für den Kläger gestellt werden könnte.
40 
Unabhängig davon stellt es eine durch keine tatsächlichen Anhaltspunkte gestützte reine Vermutung des Beklagten dar, dass es bei der Verteilung von „nur“ noch gut 97.000,-- Euro auf alle Störer zu fünfzehn Verwaltungsprozessen gekommen wäre. Ebenso rein spekulativ ist der Zweifel daran, „ob überall etwas zu holen“ sei; Fakten, die derartige Mutmaßungen stützen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Ermessensfehlerfreie Erwägungen können derartige Annahmen ohne Faktenbasis nicht darstellen. Im Gegenteil, bei „nur“ noch gut 97.000,-- Euro an entstandenen Ersatzvornahmekosten war es angesichts der erheblich geminderten Kostenlast, gemessen an der Prognose, eher wahrscheinlich, dass die anderen Pflichtigen hinreichend leistungsfähig und -willig waren, und deshalb umso eher angezeigt, dem Gebot der Lastengerechtigkeit zu folgen, wie dies in der Grundverfügung schon angelegt war.
41 
g) Vor diesem Hintergrund gilt Folgendes: Geht es auf der Sekundärebene nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG um die gerechte Lastenverteilung bei einer Störermehrheit, muss eine gewisse Beliebigkeit bei der Beantwortung der Frage, wen es letztlich „trifft“, tunlichst vermieden werden (vgl. dazu auch Garbe, DÖV 1998, 632, 634). Gerät die konkrete Lastentragung aus der Sicht mehrerer an sich Pflichtiger und von der Behörde sogar durch Verwaltungsakt gesamtschuldnerisch Verpflichteter gleichsam zu einem Handeln nach dem Prinzip des mutmaßlich geringsten Aufwands und Widerstands, kann von einer sachgerechten Ermessensbetätigung bei der Auswahl des Kostenschuldners nicht mehr gesprochen werden. Nachdem der Beklagte davon abgesehen hatte, die weiteren 122 Firmen und Einzelpersonen, die weniger als 100 Tonnen Holzabfälle bei der S-GmbH angeliefert hatten, ebenfalls zur Abfallbeseitigung zu verpflichten, sprach kein rechtlicher Gesichtspunkt dagegen, den Kläger und die 14 „Großanlieferer“ zur Kostentragung heranzuziehen, das Maß der jeweiligen Verantwortlichkeit zu ermitteln und die Kostentragung der Schuldner entsprechend einer gerechten Lastenverteilung unter den auf der Primärebene Verpflichteten festzulegen. Dass einem solchen Verfahren „verfahrensökonomische Gründe“ behördlicherseits nicht entgegengehalten werden können, ist bereits dargelegt worden.
II.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 24. Januar 2012
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG auf 99.885,67 EUR festgesetzt. Die Erhöhung gegenüber der anteiligen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf der zusätzlichen Berücksichtigung der in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids vom 30.10.2007 festgesetzten Gebühr in Höhe von 2.500,-- EUR. Von einer Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat ab, da die Erhöhung sich nicht auf die anfallenden Gebühren auswirken würde.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.

(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.

(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.

(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,

1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder
2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.

(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.

(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.

(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle

1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und
2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
Keine Siedlungsabfälle im Sinne des Satzes 1 sind
a)
Abfälle aus Produktion,
b)
Abfälle aus Landwirtschaft,
c)
Abfälle aus Forstwirtschaft,
d)
Abfälle aus Fischerei,
e)
Abfälle aus Abwasseranlagen,
f)
Bau- und Abbruchabfälle und
g)
Altfahrzeuge.

(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,

1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen,
2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren,
3.
die sich nicht biologisch abbauen und
4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
Die gesamte Auslaugbarkeit und der Schadstoffgehalt der Abfälle sowie die Ökotoxizität des Sickerwassers müssen unerheblich sein und dürfen insbesondere nicht die Qualität von Oberflächen- oder Grundwasser gefährden.

(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.

(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende

1.
Garten- und Parkabfälle,
2.
Landschaftspflegeabfälle,
3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und
4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.

(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.

(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.

(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,

1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder
2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).

(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.

(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.

(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.

(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.

(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.

(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.

(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.

(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.

(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.

(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.

(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.

(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.

(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.

(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.

(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.

(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

An die Entsorgung sowie die Überwachung gefährlicher Abfälle sind nach Maßgabe dieses Gesetzes besondere Anforderungen zu stellen. Zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Bezeichnung von Abfällen sowie gefährliche Abfälle zu bestimmen und die Bestimmung gefährlicher Abfälle durch die zuständige Behörde im Einzelfall zuzulassen.

(1) Die Abfallarten im Abfallverzeichnis, deren Abfallschlüssel mit einem Sternchen (*) versehen sind, sind gefährlich im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

(2) Von als gefährlich eingestuften Abfällen wird angenommen, dass sie eine oder mehrere der Eigenschaften aufweisen, die in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3, L 127 vom 26.5.2009, S. 24), die durch die Verordnung (EG) Nr. 1357/2014 (ABl. L 365 vom 19.12.2014, S. 89) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt sind. Für die Einstufung der Abfälle sind die Begriffsbestimmungen in Nummer 1 der Einleitung des Abfallverzeichnisses anzuwenden und die Vorgaben in Nummer 2 der Einleitung des Abfallverzeichnisses einzuhalten.

(3) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall oder aufgrund neuer Erkenntnisse für Abfälle eine von Absatz 1 abweichende Einstufung vornehmen, wenn der Abfallbesitzer nachweist, dass der im Abfallverzeichnis als gefährlich aufgeführte Abfall keine der in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG genannten Eigenschaften (Gefährlichkeitskriterien) aufweist. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall oder aufgrund neuer Erkenntnisse Abfälle als gefährlich einstufen, wenn ein im Abfallverzeichnis als nicht gefährlich aufgeführter Abfall eines oder mehrere der vorgenannten Gefährlichkeitskriterien aufweist. Die Länder haben solche Einstufungen mit allen erforderlichen Informationen, insbesondere den gefährlichen Stoffen, deren Gehalt und deren relevanten Eigenschaften, unverzüglich an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu melden.

(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.

(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.

(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,

1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder
2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.

(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.

(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.

(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle

1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und
2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
Keine Siedlungsabfälle im Sinne des Satzes 1 sind
a)
Abfälle aus Produktion,
b)
Abfälle aus Landwirtschaft,
c)
Abfälle aus Forstwirtschaft,
d)
Abfälle aus Fischerei,
e)
Abfälle aus Abwasseranlagen,
f)
Bau- und Abbruchabfälle und
g)
Altfahrzeuge.

(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,

1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen,
2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren,
3.
die sich nicht biologisch abbauen und
4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
Die gesamte Auslaugbarkeit und der Schadstoffgehalt der Abfälle sowie die Ökotoxizität des Sickerwassers müssen unerheblich sein und dürfen insbesondere nicht die Qualität von Oberflächen- oder Grundwasser gefährden.

(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.

(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende

1.
Garten- und Parkabfälle,
2.
Landschaftspflegeabfälle,
3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und
4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.

(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.

(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.

(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,

1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder
2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).

(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.

(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.

(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.

(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.

(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.

(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.

(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.

(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.

(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.

(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.

(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.

(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.

(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.

(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.

(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.

(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(1) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach § 7 Absatz 2 bis 4 und § 8 Absatz 1 erforderlich ist, sind Abfälle getrennt zu sammeln und zu behandeln.

(2) Im Rahmen der Behandlung sind unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen gefährliche Stoffe, Gemische oder Bestandteile aus den Abfällen zu entfernen und nach den Anforderungen dieses Gesetzes zu verwerten oder zu beseitigen.

(3) Eine getrennte Sammlung von Abfällen ist nicht erforderlich, wenn

1.
die gemeinsame Sammlung der Abfälle deren Potential zur Vorbereitung zur Wiederverwendung, zum Recycling oder zu sonstigen Verwertungsverfahren unter Beachtung der Vorgaben des § 8 Absatz 1 nicht beeinträchtigt und wenn in diesen Verfahren mit einer gemeinsamen Sammlung verschiedener Abfallarten ein Abfallstrom erreicht wird, dessen Qualität mit dem Abfallstrom vergleichbar ist, der mit einer getrennten Sammlung erreicht wird,
2.
die getrennte Sammlung der Abfälle unter Berücksichtigung der von ihrer Bewirtschaftung ausgehenden Umweltauswirkungen den Schutz von Mensch und Umwelt nicht am besten gewährleistet,
3.
die getrennte Sammlung unter Berücksichtigung guter Praxis der Abfallsammlung technisch nicht möglich ist oder
4.
die getrennte Sammlung im Vergleich zur gemeinsamen Sammlung für den Verpflichteten unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde; dabei sind zu berücksichtigen:
a)
die Kosten nachteiliger Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, die mit einer gemeinsamen Sammlung und der nachfolgenden Behandlung der Abfälle verbunden sind,
b)
die Möglichkeit von Effizienzsteigerungen bei der Abfallsammlung und -behandlung und
c)
die Möglichkeit, aus der Vermarktung der getrennt gesammelten Abfälle Erlöse zu erzielen.

(4) Soweit Abfälle zur Vorbereitung zur Wiederverwendung oder zum Recycling getrennt gesammelt worden sind, ist eine energetische Verwertung nur zulässig für die Abfallfraktionen, die bei der nachgelagerten Behandlung der getrennt gesammelten Abfälle angefallen sind, und nur soweit die energetische Verwertung dieser Abfallfraktionen den Schutz von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien am besten oder in gleichwertiger Weise wie die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder das Recycling gewährleistet. § 7 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, sind verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Durch die Behandlung von Abfällen sind deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern. Energie oder Abfälle, die bei der Beseitigung anfallen, sind hochwertig zu nutzen; § 8 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Abfälle sind so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn

1.
die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird,
2.
Tiere oder Pflanzen gefährdet werden,
3.
Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden,
4.
schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden,
5.
die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder
6.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird.

(3) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist, sind Abfälle zur Beseitigung getrennt zu sammeln und zu behandeln. § 9 Absatz 2 und 3 und § 9a gelten entsprechend.

(4) Die Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien darf spätestens ab dem 1. Januar 2035 höchstens 10 Gewichtsprozent des gesamten Siedlungsabfallaufkommens betragen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.

(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.

(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.

(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,

1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder
2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.

(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.

(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.

(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle

1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und
2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
Keine Siedlungsabfälle im Sinne des Satzes 1 sind
a)
Abfälle aus Produktion,
b)
Abfälle aus Landwirtschaft,
c)
Abfälle aus Forstwirtschaft,
d)
Abfälle aus Fischerei,
e)
Abfälle aus Abwasseranlagen,
f)
Bau- und Abbruchabfälle und
g)
Altfahrzeuge.

(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,

1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen,
2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren,
3.
die sich nicht biologisch abbauen und
4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
Die gesamte Auslaugbarkeit und der Schadstoffgehalt der Abfälle sowie die Ökotoxizität des Sickerwassers müssen unerheblich sein und dürfen insbesondere nicht die Qualität von Oberflächen- oder Grundwasser gefährden.

(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.

(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende

1.
Garten- und Parkabfälle,
2.
Landschaftspflegeabfälle,
3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und
4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.

(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.

(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.

(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,

1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder
2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).

(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.

(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.

(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.

(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.

(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.

(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.

(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.

(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.

(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.

(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.

(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.

(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.

(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.

(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.

(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.

(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke der Gemarkung H., Flur A, Flurstücke 245/1 und 864, auf dem die Fa. Produktions- und Handelsgesellschaft (…) mbh (PH(…) GmbH) auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 4 BImSchG vom 24.01.2005 eine Anlage zum Umschlag, zur sonstigen Behandlung und zur zeitweiligen Lagerung von nicht überwachungsbedürftigen Abfällen (Altholz und brennbare Abfälle) betrieb. Nach dem Inhalt der Genehmigung war zur Inbetriebnahme der Anlage zur Erfüllung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt eine Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,00 € zu erbringen.

2

Mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 03.04.2007 verpflichtete sich die PH(…) GmbH gegenüber dem Antragsgegner u.a. dazu, die auf dem Gelände eingelagerten Ersatzbrennstoffe in Etappen von mindestens 700 t pro Monat sowie die dort lagernden Holzabfälle (ca. 5.300 t) in Etappen von mindestens 1.000 t pro Monat sowie Störstoffe (ca. 100 t) bis zum 30.09.2007 vollständig zu beräumen und zu entsorgen.

3

Mit Bescheid vom 26.09.2007 gab der Antragsgegner der PH(...) GmbH auf, die weitere Annahme und Einlagerung, die Behandlung und das Umschlagen von Abfällen ab sofort und bis zum Abschluss der Beräumung einzustellen, alle auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Holzabfälle, hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und Störstoffe bis spätestens 31.12.2007 vollständig zu beräumen und zu entsorgen und die ordnungsgemäße Entsorgung nachzuweisen. Zur Begründung führte er u. a. aus, es seien länger als ein Jahr illegal Abfälle abgelagert worden. Die Lagerung von hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen werde durch den Genehmigungsbescheid nicht abgedeckt.

4

Mit Schreiben vom 24.10.2007 teilte der Antragsgegner der PH(...) GmbH mit, dass im Zeitraum zwischen dem 20.08.2007 und dem 11.09.2007 die Ersatzvornahme zur Beräumung der in der Halle gelagerten Ersatzbrennstoffe vorgenommen worden sei. Es seien 2.032,46 t zum Preis von 243.918,57 € entsorgt worden. Da trotz Inrechnungstellung der voraussichtlichen Kosten in Höhe von 183.464,00 € keine Zahlung erfolgt sei, sei die Bürgschaftsausfallversicherung in Höhe von 180.000,00 € in Anspruch genommen worden. Der Restbetrag sei von der PH(...) GmbH zu übernehmen.

5

Nach der Mitteilung des Amtsgerichts Stendal vom 23.02.2009 wurde die PH(...) GmbH am 18.02.2009 wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 141a FGG von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.

6

Mit Bescheid vom 01.07.2011 gab der Antragsgegner der Antragstellerin u.a. auf, alle auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück befindlichen Abfälle (Abfälle aus dem Anlagenbetrieb der PH(...) GmbH und Abfälle, die nach Betriebseinstellung der PH(...) GmbH illegal durch Dritte auf dem Gelände abgelagert worden sind, außer Bauschutt) spätestens bis zum 31.08.2012 vollständig zu beräumen und unter Beachtung der Festlegungen des KrW-/AbfG zu entsorgen. Zur Begründung gab er an, mit der Löschung der Anlagenbetreiberin im Handelsregister und dem Erlöschen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Standort im Juli 2010 sei ein illegaler Zustand hinsichtlich der Lagerung der Abfälle entstanden. Die Antragstellerin sei beseitigungspflichtig, weil der Abfallbesitz mit der Löschung der Anlagenbetreiberin im Handelsregister auf sie übergegangen sei.

7

Den hiergegen von der Antragstellerin erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2012 zurück. Über die am 04.10.2012 beim Verwaltungsgericht Halle erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 14.01.2012 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Beräumungs- und Entsorgungsanordnung an.

8

Den Antrag der Antragstellerin auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:

9

Der Antragsgegner habe auf die Antragstellerin als Zustandsverantwortliche zurückgreifen dürfen, von der in erster Linie eine effektive Beseitigung der Abfälle zu erwarten sei. Der Handlungsstörer sei (rechtlich) nicht mehr vorhanden oder unbekannt geblieben. Die Antragstellerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie die Situation auf ihrem Grundstück trotz der Verpachtung stets im Auge behalten und die zuständige Behörde stets auf Verstöße bei der Ablagerung der Abfälle hingewiesen habe. Die Inanspruchnahme der Antragstellerin erfolge verschuldensunabhängig. Auch könne sich ein Grundstückseigentümer mit einer Verpachtung nicht seiner Haftung als Zustandsverantwortlicher entledigen; vielmehr trage er ohne Wenn und Aber die Risiken, die sich hier typischerweise daraus ergeben hätten, dass der Pächter auf dem Grundstück der Antragstellerin (vertragswidrig) illegale Abfallablagerungen vorgenommen habe. Ferner sei unerheblich, ob die Behörde gehalten sei, sich vor einem Zugriff auf einen anderen Verantwortlichen als den Handlungsstörer zunächst einer hinterlegten Sicherheit bedienen müsse; denn nach dem Vortrag des Antragsgegners sei diese Sicherheit zwischenzeitlich für Beseitigungs- und Entsorgungsmaßnahmen auf dem hier gegenständlichen Grundstück verbraucht. Auch unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel verstoße die Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht gegen das Übermaßverbot, auch wenn sie über den Verkehrswert des betroffenen Grundstücks hinausgehen sollte und sich „Trittbrettfahrer“ die vorhandene Situation zunutze machen sollten. Die Antragstellerin hätte das Risiko durch das Verlangen eines entsprechend hohen Pachtzinses oder einer eigenen Sicherheit absichern können oder – bei fehlender Durchsetzbarkeit – von der Verpachtung von vorn herein Abstand nehmen und ihr Grundstück sichern müssen. Die Antragstellerin könne auch nicht auf Pflichtverletzungen des Rechtsvorgängers des Antragsgegners verweisen.

II.

10

A. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

11

Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe gebieten die begehrte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Interesse der Antragstellerin, von einer sofortigen Vollziehung der abfallrechtlichen Anordnung bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug, weil die von der Antragstellerin erhobene Klage nach derzeitigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg haben wird. Die angefochtene Verfügung erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig.

12

Ermächtigungsgrundlagen für die streitige Anordnung sind die §§ 15, 62 des im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24.02.2012 (BGBl I 212) – KrWG. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die insoweit erforderlichen Anordnungen treffen.

13

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG dürften erfüllt sein. Die Antragstellerin war sowohl im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung als auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides Abfallbesitzerin im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG und § 3 Abs. 9 KrWG. Danach ist Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Der Begriff des Abfallbesitzes ist öffentlich-rechtlicher Art und stimmt nicht mit dem des BGB überein, so dass es nicht auf einen Besitzbegründungswillen, sondern allein auf die tatsächliche Sachherrschaft ankommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997 – 7 C 58.96 –, BVerwGE 106, 43 [46], RdNr. 10 in Juris). Grundsätzlich vermittelt das Eigentum oder der Besitz an den Grundstücken nach der Verkehrsauffassung gleichzeitig die tatsächliche Gewalt über die darauf befindlichen Gegenstände; anders liegt es nur dann, wenn die Abfälle auf einem Grundstück lagern, das der Allgemeinheit rechtlich und tatsächlich frei zugänglich ist, etwa aufgrund naturschutz- oder waldrechtlicher Betretungsrechte (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997, a.a.O., RdNr. 11 f. in Juris). Bei den auf dem Grundstück der Antragstellerin lagernden Ersatzbrennstoffen, Holzabfällen und Störstoffen dürfte es sich um Abfälle handeln, die nicht verwertet werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG). Gegenteiliges hat auch die Antragstellerin nicht geltend gemacht.

14

2. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners, von der Antragstellerin die vollständige Beseitigung der Abfälle auf ihre Kosten vorzunehmen, dürfte aber ermessensfehlerhaft sein.

15

2.1. Zu Unrecht wendet die Antragstellerin allerdings ein, die Störerauswahl des Antragsgegners sei fehlerhaft, weil er „die Rechtsnachfolge in die Handlungsstörerschaft bestätigt habe“, indem er laut Besprechungsprotokoll vom 24.07.2007 die Betreiberstellung der (...) Restaurierungs GmbH festgestellt habe.

16

Es mag zutreffen, dass vom Grundstückseigentümer die Beseitigung von auf seinem Grundstück lagernden Abfällen nicht gefordert werden kann, solange darauf eine nach dem BImSchG genehmigte Abfallbehandlungsanlage betrieben wird. Ferner mag davon auszugehen sein, dass bei einem Erlöschen der Genehmigung wegen Nichtbetreibens der Anlage über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, wie es der Antragsgegner hier angenommen hat, bzw. nach Stilllegung der Anlage der (letzte) Betreiber der Anlage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG verpflichtet ist, vorhandene Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Im konkreten Fall ist aber nicht ersichtlich, dass nach der Auflösung der Anlagenbetreiberin, der PH(...) GmbH, im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch ein Anlagenbetreiber vorhanden war, auf den der Antragsgegner hätte zurückgreifen können.

17

Anlagenbetreiber ist derjenige, der die Anlage in seinem Namen, auf seine Rechnung und in eigener Verantwortung führt, d.h. derjenige, der unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Gegebenheiten bestimmenden Einfluss auf die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Regelmäßig richtet sich die Möglichkeit des bestimmenden Einflusses nach den privatrechtlichen Verhältnissen an der Anlage, also danach, wer nach den zu Grunde liegenden Verhältnissen weisungsfrei und selbständig entscheiden kann. Eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse orientiert sich daran, wer berechtigt ist, aus der Anlage wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen und wer das wirtschaftliche Risiko trägt (OVG NW, Beschl. v. 27.11.2008 – 8 B 1476/08 –, DVBl 2009, 456 [457]. RdNr. 16 in Juris; vgl. auch BVerwG, Beschl.v. 22.07.2010 – 7 B 12.10 –. NVwZ-RR 2010, 759, RdNr. 15).

18

Allein der Umstand, dass in einem Gesprächsprotokoll vom 26.07.2007 vermerkt wurde, aus Sicht des Antragsgegners sei „momentan“ die (…) Restaurierungs GmbH Betreiber der Anlage, lässt nicht den Schluss zu, dass diese GmbH auch noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung am 01.07.2011 die Anlage betrieb. Auch die Antragstellerin hat keine Tätigkeiten dieses Unternehmens benannt, die auf eine (spätere) Betreibereigenschaft schließen lassen könnten. Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen die Annahme der Antragstellerin, sie sei aufgrund der Einschätzung des Antragsgegners daran gehindert gewesen, einen neuen Pächter für das Betriebsgrundstück als Rechtsnachfolger des Anlagenbetreibers zu binden. Der Antragsgegner hat mit dieser Einschätzung ersichtlich keine Entscheidung darüber getroffen, dass die (...) Restaurierungs GmbH neuer Anlagenbetreiber sei.

19

Nach § 15 KrWG ist zwar neben dem Abfallbesitzer auch der Erzeuger der Abfälle beseitigungspflichtig. Die Antragstellerin legt aber nicht dar, welche Person(en) nach Löschung der GmbH als Erzeuger der Abfälle im Sinne von § 3 Abs. 5 KrWG in Betracht gekommen wären. Im Übrigen ist das Einschreiten gegen den Zustandsstörer, der auch Inhaber der tatsächlichen Gewalt und wirtschaftlich leistungsfähig ist, jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unklar ist, ob und in welchem Umfang die Haftung anderer Personen in Betracht kommt (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 –, DVBl 2013, 594).

20

2.3. Die Antragstellerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, der Antragsgegner sei mitverantwortlich für den rechtswidrigen Zustand, weil er trotz der von ihr gegebenen Hinweise auf die Überbestände und die unzulässigerweise gelagerten Abfallarten ein behördliches Eingreifen gegenüber der PH(...) GmbH abgelehnt habe.

21

Es trifft schon nicht zu, dass der Antragsgegner gegenüber der PH(...) GmbH untätig blieb. Nach dem Hinweis der Antragstellerin vom 10.10.2006, dass der Umfang der erteilten Genehmigung überschritten werde, hörte der Antragsgegner die PH(...) GmbH am 24.10.2006 zu einer beabsichtigten Streichung einer zugelassenen Abfallart und einer Erhöhung der Sicherheitsleistung an, und unter Datum vom 27.02.2007 hörte er sie zum Erlass einer Beräumungsverfügung an. Danach schloss er am 03.04.2007 mit der PH(...) GmbH ein öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Beseitigung und Entsorgung der Ersatzbrennstoffe, Holzabfälle und Störstoffe. Nachdem sich die PH(...) GmbH auch an diesen Vertrag nicht gehalten hatte, erließ der Antragsgegner die Verfügung vom 26.09.2007, mit der er der PH(...) GmbH aufgab, die Behandlung und das Umschlagen von Abfällen ab sofort und bis zum Abschluss der Beräumung einzustellen und alle auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Holzabfälle, hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und Störstoffe zu beseitigen. In der Folgezeit fand offenbar auch eine Ersatzvornahme statt.

22

Selbst wenn dem Antragsgegner ein zögerliches Handeln oder (anfängliche) Untätigkeit vorzuwerfen sein sollte, stünde dies der Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht entgegen. Fehlerhaftes behördliches Handeln oder behördliche Überwachungsdefizite beseitigen weder die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Zustands- oder Verhaltensstörers noch begründen sie eine eigene Störerhaftung der Behörde (VGH BW, Urt. v. 18.12.2012, a.a.O., S. 597, RdNr. 53 in Juris, m.w.N.). Die Störerhaftung steht nicht unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Überwachung durch die Behörde; vielmehr sind der Verursacher eines rechtswidrigen Zustandes und der Eigentümer einer störenden Sache völlig unabhängig von der Frage einer möglichen oder sogar gebotenen Kontrolle durch die zuständigen Behörden verpflichtet, den rechtswidrigen Zustand auf ihre Kosten zu beseitigen (VGH BW, Urt. v. 18.12.2012, a.a.O., S. 597, RdNr. 53 in Juris).

23

2.4. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Antragstellerin, ihre Inanspruchnahme sei deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner zuvor auf die von der PH(...) GmbH erbrachte Sicherheitsleistung hätte zurückgreifen müssen. Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass ein solcher Zugriff hier nach Lage der Dinge schon deshalb nicht in Betracht kam, weil die Sicherheitsleistung für Beseitigungs- und Entsorgungsmaßnahmen auf dem in Rede stehenden Gelände bereits verbraucht war. Unsubstantiiert bleibt der Einwand der Antragstellerin, der Kostenvoranschlag des Antragsgegners vom 15.06.2007 über einen Betrag von ca. 120.000,00 € sei falsch, tatsächlich hätten die Gesamtkosten nur 45.430,00 € betragen. Nach dem Schreiben des Antragsgegners an die PH(...) GmbH vom 24.10.2007 nebst beigefügter Kostenaufstellung betrugen die tatsächlichen Kosten der zwischen dem 20.08.2007 und dem 11.09.2007 durchgeführten Ersatzvornahme zur Beräumung der in der Halle gelagerten Ersatzbrennstoffe 243.918,57 €. Auf frühere Schätzungen kommt es nicht an.

24

2.5. Wie die Antragstellerin aber zu Recht rügt, ist die streitgegenständliche Anordnung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts voraussichtlich deshalb ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil der Antragsgegner die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Grundstückseigentümers nicht hinreichend beachtet hat.

25

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 –, BVerfGE 102, 1 [19 ff.], RdNr. 54 ff.) kann die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers im Ausmaß dessen, was ihm zur Gefahrenabwehr abverlangt werden darf, begrenzt sein. Zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer hierdurch an Kostenbelastungen zugemutet werden darf, kann als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dienen. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Er kann darüber hinaus nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu erhalten. Das Eigentum kann damit für ihn gänzlich seinen Wert und Inhalt verlieren. Mehr als einen Anhaltspunkt stellt der Verkehrswert allerdings unter anderem deshalb nicht dar, weil das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück dessen Verkehrswert möglicherweise überschreitet.

26

Da der Sachverständige Dipl.-Ing. L. D. in seinem Verkehrswertgutachten vom 28.01.2008 einen Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag 14.01.2008 in Höhe von 140.000,00 € ermittelte, die der Antragstellerin für die Beseitigung und Entsorgung der Abfälle entstehenden Kosten nach der Schätzung des Antragsgegners im Ausgangsbescheid ca. 670.000,00 € und der des Landesverwaltungsamts im Widerspruchsbescheid ca. 521.000,00 € betragen, spricht Überwiegendes dafür, dass die Zumutbarkeitsgrenze hier überschritten ist.

27

b) Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten, die von früheren Eigentümern oder Nutzungsberechtigten verursacht worden sind, erworben hat oder wenn er zulässt, dass das Grundstück in einer risikoreichen Weise genutzt wird, zum Beispiel zum Betrieb einer Deponie oder zur Auskiesung mit anschließender Verfüllung. Auch derartige Umstände sind bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Wer ein solches Risiko bewusst eingeht, kann seiner Inanspruchnahme als Zustandsverantwortlicher nicht entgegenhalten, seine Haftung müsse aus Gründen des Eigentumsschutzes begrenzt sein. Denn das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers. Die Zumutbarkeit kann ferner davon beeinflusst werden, ob der Eigentümer Vorteile aus dem Risiko – etwa durch einen reduzierten Kaufpreis oder einen erhöhten Pachtzins – erzielt hat (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000, a.a.O., RdNr. 59 f.).

28

Der Vorinstanz ist zwar darin beizupflichten, dass die Verpachtung des Grundstücks der Antragstellerin zum Betrieb einer Abfallbeseitigungsanlage einen solchen „Risikofall“ darstellt. Die Inkaufnahme des Risikos kann die Antragstellerin nicht mit dem Einwand in Frage stellen, sie habe darauf geachtet, dass der Anlagenbetreiber behördlich die Hinterlegung eines Sicherungsmittels aufgegeben werde und habe davon ausgehen können, dass erforderliche Maßnahmen der Beräumung im Wege einer Ersatzvornahme auch im Insolvenzfall ihrer Pächterin gedeckt sein würden. Zutreffend weist der Antragsgegner darauf hin, dass in einer Genehmigung nur eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann, die sich an der genehmigten Abfallmenge und -art orientiert, Mengenüberschreitungen und die Lagerung nicht zugelassener Abfälle davon hingegen nicht erfasst werden können.

29

c) Das Bundesverfassungsgericht hat in der oben zitierten Entscheidung (a.a.O., RdNr. 62) aber Folgendes klargestellt: Auch in Fällen, in denen eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus an sich zumutbar ist, kann sie nicht auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers bezogen werden. Dem Eigentümer ist nicht zumutbar, unbegrenzt für die Sanierung einzustehen, das heißt auch mit Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Dagegen kann es zumutbar sein, Vermögen zur Sanierung einzusetzen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine funktionale Einheit darstellt, etwa wenn dieses Bestandteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder sonstigen Unternehmens ist. Dies gilt insbesondere für Grundvermögen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine solche Einheit bildet. Aber auch der Zugriff auf dieses sonstige Vermögen darf nur unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen. Wird auf Grund der mit der Sanierung verbundenen Kostenbelastung die Fortführung des Unternehmens oder Betriebs gefährdet, ist bei der Abwägung das in Art. 14 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes zu beachten, weil sich die Belastung für den Betroffenen faktisch wie eine Enteignung ohne angemessene Entschädigung auswirkt. Die völlige oder ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen. Ordnet die Verwaltung Sanierungsmaßnahmen an, so ist damit nach der einfachgesetzlichen Regelung die volle Tragung der Kosten durch den Pflichtigen verbunden. Ist die Kostenbelastung aber wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungs wegen begrenzt, muss die Verwaltung auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden.

30

Fasst man diese Gesichtspunkte zusammen, ist eine Inanspruchnahme des Pflichtigen über den als Orientierungsgrenze geltenden Verkehrswert hinaus nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich (BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 7 C 22.03 –, BVerwGE 122, 75 [84 f.], RdNr. 24). Dies ist auch in den Fällen zu beachten, in denen es – wie hier – nicht unmittelbar um eine Sanierung des Grundstücks (durch Bodenaustausch o. ä.), sondern um seine Beräumung von darauf abgelagerten Abfällen geht; auch durch die Auferlegung einer derartigen Pflicht kann es zu einer unzumutbaren Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers durch die mit der angeordneten Maßnahme verbundene Kostenbelastung kommen (vgl. ThürOVG, Urt. v. 26.03.2012 – 3 KO 843/07 –, Juris, RdNr. 94). Auch wenn nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigende Kostenbelastung zumutbar sein kann, bedeutet dies nicht, dass mangels einer „Opfersituation“ eine Haftungsreduzierung von vornherein ausscheiden würde. Die mit der Verpachtung des Grundstücks zum Zweck des Betreibens einer Abfallbeseitigungsanlage verbundene Risikoübernahme hat demnach nicht etwa zur Folge, dass die erforderliche Abwägung zwischen den schutzwürdigen Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit unterbleiben könnte; vielmehr hat die Verwaltung eine Abwägungsentscheidung nach den dargestellten Maßstäben zu treffen. Zu prüfen ist insbesondere, ob und in welchen Grenzen es dem Grundstückseigentümer zugemutet werden kann, sein sonstiges Vermögen zur Sanierung in Anspruch zu nehmen, oder bis zu welcher Grenze eine Kostenbelastung zulässig ist (ThürOVG, Urt. v. 26.03.2012, a.a.O., RdNr. 96 f.).

31

Die angefochtene Verfügung enthält keine diesen Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung. Der Antragsgegner stellte im Ausgangsbescheid keine Erwägungen hierzu an. Das Landesverwaltungsamt begnügte sich im Widerspruchsbescheid mit der Feststellung, die Antragstellerin habe mit der Verpachtung der Grundstücke an die PH(...) GmbH die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Risiken bewusst in Kauf genommen und im Gegenzug wirtschaftlichen Nutzen in Form von Pachteinnahmen erzielt, so dass die Kostenbelastung zumutbar sei. Die Widerspruchsbehörde befasste sich aber nicht mit der Frage, ob nach den oben dargestellten Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts angesichts der – deutlichen – Überschreitung des Verkehrswerts eine Kostenbegrenzung geboten ist, insbesondere ob die erzielten Pachteinnahmen so hoch waren, dass der Antragstellerin die volle Kostenbelastung zugemutet werden kann. Auch die vom Antragsgegner im Klageverfahren angestellten Erwägungen genügen nicht. Auch er hat im Schriftsatz vom 05.03.2013 auf die Risikoübernahme durch die Antragstellerin unter Hinweis auf einen monatlichen Pachtzins von 3.000,00 € verwiesen. Es ist indes nicht ersichtlich, dass die Pachteinnahmen so hoch waren, dass damit die über den Verkehrswert hinausgehende Kostenbelastung von mindestens etwa 380.000,00 € (annähernd) ausgeglichen werden könnte. Da das Mietverhältnis nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Auszug aus dem Mietvertrag am 01.04.2005 begann und bis zum 31.12.2006 befristet war und nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin wegen der nicht genehmigungskonformen Nutzung des Grundstücks gekündigt bzw. nicht verlängert wurde, dürften die Mieteinnahmen einen Betrag von 63.000,00 € nicht überschritten haben. Auch mit der Erwägung, dass die Antragstellerin seit Beendigung des Pachtverhältnisses keine relevanten Aktivitäten zur ordnungsgemäßen Entsorgung der Abfälle unternommen habe, dürfte sich eine Inanspruchnahme der Klägerin mit der vollen Kostenbelastung nicht rechtfertigen lassen.

32

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.

(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.

(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,

1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder
2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.

(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.

(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.

(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle

1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und
2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
Keine Siedlungsabfälle im Sinne des Satzes 1 sind
a)
Abfälle aus Produktion,
b)
Abfälle aus Landwirtschaft,
c)
Abfälle aus Forstwirtschaft,
d)
Abfälle aus Fischerei,
e)
Abfälle aus Abwasseranlagen,
f)
Bau- und Abbruchabfälle und
g)
Altfahrzeuge.

(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,

1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen,
2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren,
3.
die sich nicht biologisch abbauen und
4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
Die gesamte Auslaugbarkeit und der Schadstoffgehalt der Abfälle sowie die Ökotoxizität des Sickerwassers müssen unerheblich sein und dürfen insbesondere nicht die Qualität von Oberflächen- oder Grundwasser gefährden.

(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.

(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende

1.
Garten- und Parkabfälle,
2.
Landschaftspflegeabfälle,
3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und
4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.

(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.

(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.

(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,

1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder
2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).

(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.

(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.

(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.

(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.

(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.

(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.

(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.

(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.

(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.

(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.

(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.

(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.

(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.

(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.

(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.

(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke der Gemarkung H., Flur A, Flurstücke 245/1 und 864, auf dem die Fa. Produktions- und Handelsgesellschaft (…) mbh (PH(…) GmbH) auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 4 BImSchG vom 24.01.2005 eine Anlage zum Umschlag, zur sonstigen Behandlung und zur zeitweiligen Lagerung von nicht überwachungsbedürftigen Abfällen (Altholz und brennbare Abfälle) betrieb. Nach dem Inhalt der Genehmigung war zur Inbetriebnahme der Anlage zur Erfüllung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt eine Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,00 € zu erbringen.

2

Mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 03.04.2007 verpflichtete sich die PH(…) GmbH gegenüber dem Antragsgegner u.a. dazu, die auf dem Gelände eingelagerten Ersatzbrennstoffe in Etappen von mindestens 700 t pro Monat sowie die dort lagernden Holzabfälle (ca. 5.300 t) in Etappen von mindestens 1.000 t pro Monat sowie Störstoffe (ca. 100 t) bis zum 30.09.2007 vollständig zu beräumen und zu entsorgen.

3

Mit Bescheid vom 26.09.2007 gab der Antragsgegner der PH(...) GmbH auf, die weitere Annahme und Einlagerung, die Behandlung und das Umschlagen von Abfällen ab sofort und bis zum Abschluss der Beräumung einzustellen, alle auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Holzabfälle, hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und Störstoffe bis spätestens 31.12.2007 vollständig zu beräumen und zu entsorgen und die ordnungsgemäße Entsorgung nachzuweisen. Zur Begründung führte er u. a. aus, es seien länger als ein Jahr illegal Abfälle abgelagert worden. Die Lagerung von hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen werde durch den Genehmigungsbescheid nicht abgedeckt.

4

Mit Schreiben vom 24.10.2007 teilte der Antragsgegner der PH(...) GmbH mit, dass im Zeitraum zwischen dem 20.08.2007 und dem 11.09.2007 die Ersatzvornahme zur Beräumung der in der Halle gelagerten Ersatzbrennstoffe vorgenommen worden sei. Es seien 2.032,46 t zum Preis von 243.918,57 € entsorgt worden. Da trotz Inrechnungstellung der voraussichtlichen Kosten in Höhe von 183.464,00 € keine Zahlung erfolgt sei, sei die Bürgschaftsausfallversicherung in Höhe von 180.000,00 € in Anspruch genommen worden. Der Restbetrag sei von der PH(...) GmbH zu übernehmen.

5

Nach der Mitteilung des Amtsgerichts Stendal vom 23.02.2009 wurde die PH(...) GmbH am 18.02.2009 wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 141a FGG von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.

6

Mit Bescheid vom 01.07.2011 gab der Antragsgegner der Antragstellerin u.a. auf, alle auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück befindlichen Abfälle (Abfälle aus dem Anlagenbetrieb der PH(...) GmbH und Abfälle, die nach Betriebseinstellung der PH(...) GmbH illegal durch Dritte auf dem Gelände abgelagert worden sind, außer Bauschutt) spätestens bis zum 31.08.2012 vollständig zu beräumen und unter Beachtung der Festlegungen des KrW-/AbfG zu entsorgen. Zur Begründung gab er an, mit der Löschung der Anlagenbetreiberin im Handelsregister und dem Erlöschen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Standort im Juli 2010 sei ein illegaler Zustand hinsichtlich der Lagerung der Abfälle entstanden. Die Antragstellerin sei beseitigungspflichtig, weil der Abfallbesitz mit der Löschung der Anlagenbetreiberin im Handelsregister auf sie übergegangen sei.

7

Den hiergegen von der Antragstellerin erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2012 zurück. Über die am 04.10.2012 beim Verwaltungsgericht Halle erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 14.01.2012 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Beräumungs- und Entsorgungsanordnung an.

8

Den Antrag der Antragstellerin auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:

9

Der Antragsgegner habe auf die Antragstellerin als Zustandsverantwortliche zurückgreifen dürfen, von der in erster Linie eine effektive Beseitigung der Abfälle zu erwarten sei. Der Handlungsstörer sei (rechtlich) nicht mehr vorhanden oder unbekannt geblieben. Die Antragstellerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie die Situation auf ihrem Grundstück trotz der Verpachtung stets im Auge behalten und die zuständige Behörde stets auf Verstöße bei der Ablagerung der Abfälle hingewiesen habe. Die Inanspruchnahme der Antragstellerin erfolge verschuldensunabhängig. Auch könne sich ein Grundstückseigentümer mit einer Verpachtung nicht seiner Haftung als Zustandsverantwortlicher entledigen; vielmehr trage er ohne Wenn und Aber die Risiken, die sich hier typischerweise daraus ergeben hätten, dass der Pächter auf dem Grundstück der Antragstellerin (vertragswidrig) illegale Abfallablagerungen vorgenommen habe. Ferner sei unerheblich, ob die Behörde gehalten sei, sich vor einem Zugriff auf einen anderen Verantwortlichen als den Handlungsstörer zunächst einer hinterlegten Sicherheit bedienen müsse; denn nach dem Vortrag des Antragsgegners sei diese Sicherheit zwischenzeitlich für Beseitigungs- und Entsorgungsmaßnahmen auf dem hier gegenständlichen Grundstück verbraucht. Auch unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel verstoße die Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht gegen das Übermaßverbot, auch wenn sie über den Verkehrswert des betroffenen Grundstücks hinausgehen sollte und sich „Trittbrettfahrer“ die vorhandene Situation zunutze machen sollten. Die Antragstellerin hätte das Risiko durch das Verlangen eines entsprechend hohen Pachtzinses oder einer eigenen Sicherheit absichern können oder – bei fehlender Durchsetzbarkeit – von der Verpachtung von vorn herein Abstand nehmen und ihr Grundstück sichern müssen. Die Antragstellerin könne auch nicht auf Pflichtverletzungen des Rechtsvorgängers des Antragsgegners verweisen.

II.

10

A. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

11

Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe gebieten die begehrte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Interesse der Antragstellerin, von einer sofortigen Vollziehung der abfallrechtlichen Anordnung bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug, weil die von der Antragstellerin erhobene Klage nach derzeitigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg haben wird. Die angefochtene Verfügung erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig.

12

Ermächtigungsgrundlagen für die streitige Anordnung sind die §§ 15, 62 des im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24.02.2012 (BGBl I 212) – KrWG. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die insoweit erforderlichen Anordnungen treffen.

13

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG dürften erfüllt sein. Die Antragstellerin war sowohl im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung als auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides Abfallbesitzerin im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG und § 3 Abs. 9 KrWG. Danach ist Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Der Begriff des Abfallbesitzes ist öffentlich-rechtlicher Art und stimmt nicht mit dem des BGB überein, so dass es nicht auf einen Besitzbegründungswillen, sondern allein auf die tatsächliche Sachherrschaft ankommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997 – 7 C 58.96 –, BVerwGE 106, 43 [46], RdNr. 10 in Juris). Grundsätzlich vermittelt das Eigentum oder der Besitz an den Grundstücken nach der Verkehrsauffassung gleichzeitig die tatsächliche Gewalt über die darauf befindlichen Gegenstände; anders liegt es nur dann, wenn die Abfälle auf einem Grundstück lagern, das der Allgemeinheit rechtlich und tatsächlich frei zugänglich ist, etwa aufgrund naturschutz- oder waldrechtlicher Betretungsrechte (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997, a.a.O., RdNr. 11 f. in Juris). Bei den auf dem Grundstück der Antragstellerin lagernden Ersatzbrennstoffen, Holzabfällen und Störstoffen dürfte es sich um Abfälle handeln, die nicht verwertet werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG). Gegenteiliges hat auch die Antragstellerin nicht geltend gemacht.

14

2. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners, von der Antragstellerin die vollständige Beseitigung der Abfälle auf ihre Kosten vorzunehmen, dürfte aber ermessensfehlerhaft sein.

15

2.1. Zu Unrecht wendet die Antragstellerin allerdings ein, die Störerauswahl des Antragsgegners sei fehlerhaft, weil er „die Rechtsnachfolge in die Handlungsstörerschaft bestätigt habe“, indem er laut Besprechungsprotokoll vom 24.07.2007 die Betreiberstellung der (...) Restaurierungs GmbH festgestellt habe.

16

Es mag zutreffen, dass vom Grundstückseigentümer die Beseitigung von auf seinem Grundstück lagernden Abfällen nicht gefordert werden kann, solange darauf eine nach dem BImSchG genehmigte Abfallbehandlungsanlage betrieben wird. Ferner mag davon auszugehen sein, dass bei einem Erlöschen der Genehmigung wegen Nichtbetreibens der Anlage über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, wie es der Antragsgegner hier angenommen hat, bzw. nach Stilllegung der Anlage der (letzte) Betreiber der Anlage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG verpflichtet ist, vorhandene Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Im konkreten Fall ist aber nicht ersichtlich, dass nach der Auflösung der Anlagenbetreiberin, der PH(...) GmbH, im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch ein Anlagenbetreiber vorhanden war, auf den der Antragsgegner hätte zurückgreifen können.

17

Anlagenbetreiber ist derjenige, der die Anlage in seinem Namen, auf seine Rechnung und in eigener Verantwortung führt, d.h. derjenige, der unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Gegebenheiten bestimmenden Einfluss auf die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Regelmäßig richtet sich die Möglichkeit des bestimmenden Einflusses nach den privatrechtlichen Verhältnissen an der Anlage, also danach, wer nach den zu Grunde liegenden Verhältnissen weisungsfrei und selbständig entscheiden kann. Eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse orientiert sich daran, wer berechtigt ist, aus der Anlage wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen und wer das wirtschaftliche Risiko trägt (OVG NW, Beschl. v. 27.11.2008 – 8 B 1476/08 –, DVBl 2009, 456 [457]. RdNr. 16 in Juris; vgl. auch BVerwG, Beschl.v. 22.07.2010 – 7 B 12.10 –. NVwZ-RR 2010, 759, RdNr. 15).

18

Allein der Umstand, dass in einem Gesprächsprotokoll vom 26.07.2007 vermerkt wurde, aus Sicht des Antragsgegners sei „momentan“ die (…) Restaurierungs GmbH Betreiber der Anlage, lässt nicht den Schluss zu, dass diese GmbH auch noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung am 01.07.2011 die Anlage betrieb. Auch die Antragstellerin hat keine Tätigkeiten dieses Unternehmens benannt, die auf eine (spätere) Betreibereigenschaft schließen lassen könnten. Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen die Annahme der Antragstellerin, sie sei aufgrund der Einschätzung des Antragsgegners daran gehindert gewesen, einen neuen Pächter für das Betriebsgrundstück als Rechtsnachfolger des Anlagenbetreibers zu binden. Der Antragsgegner hat mit dieser Einschätzung ersichtlich keine Entscheidung darüber getroffen, dass die (...) Restaurierungs GmbH neuer Anlagenbetreiber sei.

19

Nach § 15 KrWG ist zwar neben dem Abfallbesitzer auch der Erzeuger der Abfälle beseitigungspflichtig. Die Antragstellerin legt aber nicht dar, welche Person(en) nach Löschung der GmbH als Erzeuger der Abfälle im Sinne von § 3 Abs. 5 KrWG in Betracht gekommen wären. Im Übrigen ist das Einschreiten gegen den Zustandsstörer, der auch Inhaber der tatsächlichen Gewalt und wirtschaftlich leistungsfähig ist, jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unklar ist, ob und in welchem Umfang die Haftung anderer Personen in Betracht kommt (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 –, DVBl 2013, 594).

20

2.3. Die Antragstellerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, der Antragsgegner sei mitverantwortlich für den rechtswidrigen Zustand, weil er trotz der von ihr gegebenen Hinweise auf die Überbestände und die unzulässigerweise gelagerten Abfallarten ein behördliches Eingreifen gegenüber der PH(...) GmbH abgelehnt habe.

21

Es trifft schon nicht zu, dass der Antragsgegner gegenüber der PH(...) GmbH untätig blieb. Nach dem Hinweis der Antragstellerin vom 10.10.2006, dass der Umfang der erteilten Genehmigung überschritten werde, hörte der Antragsgegner die PH(...) GmbH am 24.10.2006 zu einer beabsichtigten Streichung einer zugelassenen Abfallart und einer Erhöhung der Sicherheitsleistung an, und unter Datum vom 27.02.2007 hörte er sie zum Erlass einer Beräumungsverfügung an. Danach schloss er am 03.04.2007 mit der PH(...) GmbH ein öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Beseitigung und Entsorgung der Ersatzbrennstoffe, Holzabfälle und Störstoffe. Nachdem sich die PH(...) GmbH auch an diesen Vertrag nicht gehalten hatte, erließ der Antragsgegner die Verfügung vom 26.09.2007, mit der er der PH(...) GmbH aufgab, die Behandlung und das Umschlagen von Abfällen ab sofort und bis zum Abschluss der Beräumung einzustellen und alle auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Holzabfälle, hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und Störstoffe zu beseitigen. In der Folgezeit fand offenbar auch eine Ersatzvornahme statt.

22

Selbst wenn dem Antragsgegner ein zögerliches Handeln oder (anfängliche) Untätigkeit vorzuwerfen sein sollte, stünde dies der Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht entgegen. Fehlerhaftes behördliches Handeln oder behördliche Überwachungsdefizite beseitigen weder die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Zustands- oder Verhaltensstörers noch begründen sie eine eigene Störerhaftung der Behörde (VGH BW, Urt. v. 18.12.2012, a.a.O., S. 597, RdNr. 53 in Juris, m.w.N.). Die Störerhaftung steht nicht unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Überwachung durch die Behörde; vielmehr sind der Verursacher eines rechtswidrigen Zustandes und der Eigentümer einer störenden Sache völlig unabhängig von der Frage einer möglichen oder sogar gebotenen Kontrolle durch die zuständigen Behörden verpflichtet, den rechtswidrigen Zustand auf ihre Kosten zu beseitigen (VGH BW, Urt. v. 18.12.2012, a.a.O., S. 597, RdNr. 53 in Juris).

23

2.4. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Antragstellerin, ihre Inanspruchnahme sei deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner zuvor auf die von der PH(...) GmbH erbrachte Sicherheitsleistung hätte zurückgreifen müssen. Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass ein solcher Zugriff hier nach Lage der Dinge schon deshalb nicht in Betracht kam, weil die Sicherheitsleistung für Beseitigungs- und Entsorgungsmaßnahmen auf dem in Rede stehenden Gelände bereits verbraucht war. Unsubstantiiert bleibt der Einwand der Antragstellerin, der Kostenvoranschlag des Antragsgegners vom 15.06.2007 über einen Betrag von ca. 120.000,00 € sei falsch, tatsächlich hätten die Gesamtkosten nur 45.430,00 € betragen. Nach dem Schreiben des Antragsgegners an die PH(...) GmbH vom 24.10.2007 nebst beigefügter Kostenaufstellung betrugen die tatsächlichen Kosten der zwischen dem 20.08.2007 und dem 11.09.2007 durchgeführten Ersatzvornahme zur Beräumung der in der Halle gelagerten Ersatzbrennstoffe 243.918,57 €. Auf frühere Schätzungen kommt es nicht an.

24

2.5. Wie die Antragstellerin aber zu Recht rügt, ist die streitgegenständliche Anordnung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts voraussichtlich deshalb ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil der Antragsgegner die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Grundstückseigentümers nicht hinreichend beachtet hat.

25

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 –, BVerfGE 102, 1 [19 ff.], RdNr. 54 ff.) kann die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers im Ausmaß dessen, was ihm zur Gefahrenabwehr abverlangt werden darf, begrenzt sein. Zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer hierdurch an Kostenbelastungen zugemutet werden darf, kann als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dienen. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Er kann darüber hinaus nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu erhalten. Das Eigentum kann damit für ihn gänzlich seinen Wert und Inhalt verlieren. Mehr als einen Anhaltspunkt stellt der Verkehrswert allerdings unter anderem deshalb nicht dar, weil das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück dessen Verkehrswert möglicherweise überschreitet.

26

Da der Sachverständige Dipl.-Ing. L. D. in seinem Verkehrswertgutachten vom 28.01.2008 einen Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag 14.01.2008 in Höhe von 140.000,00 € ermittelte, die der Antragstellerin für die Beseitigung und Entsorgung der Abfälle entstehenden Kosten nach der Schätzung des Antragsgegners im Ausgangsbescheid ca. 670.000,00 € und der des Landesverwaltungsamts im Widerspruchsbescheid ca. 521.000,00 € betragen, spricht Überwiegendes dafür, dass die Zumutbarkeitsgrenze hier überschritten ist.

27

b) Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten, die von früheren Eigentümern oder Nutzungsberechtigten verursacht worden sind, erworben hat oder wenn er zulässt, dass das Grundstück in einer risikoreichen Weise genutzt wird, zum Beispiel zum Betrieb einer Deponie oder zur Auskiesung mit anschließender Verfüllung. Auch derartige Umstände sind bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Wer ein solches Risiko bewusst eingeht, kann seiner Inanspruchnahme als Zustandsverantwortlicher nicht entgegenhalten, seine Haftung müsse aus Gründen des Eigentumsschutzes begrenzt sein. Denn das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers. Die Zumutbarkeit kann ferner davon beeinflusst werden, ob der Eigentümer Vorteile aus dem Risiko – etwa durch einen reduzierten Kaufpreis oder einen erhöhten Pachtzins – erzielt hat (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000, a.a.O., RdNr. 59 f.).

28

Der Vorinstanz ist zwar darin beizupflichten, dass die Verpachtung des Grundstücks der Antragstellerin zum Betrieb einer Abfallbeseitigungsanlage einen solchen „Risikofall“ darstellt. Die Inkaufnahme des Risikos kann die Antragstellerin nicht mit dem Einwand in Frage stellen, sie habe darauf geachtet, dass der Anlagenbetreiber behördlich die Hinterlegung eines Sicherungsmittels aufgegeben werde und habe davon ausgehen können, dass erforderliche Maßnahmen der Beräumung im Wege einer Ersatzvornahme auch im Insolvenzfall ihrer Pächterin gedeckt sein würden. Zutreffend weist der Antragsgegner darauf hin, dass in einer Genehmigung nur eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann, die sich an der genehmigten Abfallmenge und -art orientiert, Mengenüberschreitungen und die Lagerung nicht zugelassener Abfälle davon hingegen nicht erfasst werden können.

29

c) Das Bundesverfassungsgericht hat in der oben zitierten Entscheidung (a.a.O., RdNr. 62) aber Folgendes klargestellt: Auch in Fällen, in denen eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus an sich zumutbar ist, kann sie nicht auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers bezogen werden. Dem Eigentümer ist nicht zumutbar, unbegrenzt für die Sanierung einzustehen, das heißt auch mit Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Dagegen kann es zumutbar sein, Vermögen zur Sanierung einzusetzen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine funktionale Einheit darstellt, etwa wenn dieses Bestandteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder sonstigen Unternehmens ist. Dies gilt insbesondere für Grundvermögen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine solche Einheit bildet. Aber auch der Zugriff auf dieses sonstige Vermögen darf nur unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen. Wird auf Grund der mit der Sanierung verbundenen Kostenbelastung die Fortführung des Unternehmens oder Betriebs gefährdet, ist bei der Abwägung das in Art. 14 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes zu beachten, weil sich die Belastung für den Betroffenen faktisch wie eine Enteignung ohne angemessene Entschädigung auswirkt. Die völlige oder ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen. Ordnet die Verwaltung Sanierungsmaßnahmen an, so ist damit nach der einfachgesetzlichen Regelung die volle Tragung der Kosten durch den Pflichtigen verbunden. Ist die Kostenbelastung aber wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungs wegen begrenzt, muss die Verwaltung auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden.

30

Fasst man diese Gesichtspunkte zusammen, ist eine Inanspruchnahme des Pflichtigen über den als Orientierungsgrenze geltenden Verkehrswert hinaus nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich (BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 7 C 22.03 –, BVerwGE 122, 75 [84 f.], RdNr. 24). Dies ist auch in den Fällen zu beachten, in denen es – wie hier – nicht unmittelbar um eine Sanierung des Grundstücks (durch Bodenaustausch o. ä.), sondern um seine Beräumung von darauf abgelagerten Abfällen geht; auch durch die Auferlegung einer derartigen Pflicht kann es zu einer unzumutbaren Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers durch die mit der angeordneten Maßnahme verbundene Kostenbelastung kommen (vgl. ThürOVG, Urt. v. 26.03.2012 – 3 KO 843/07 –, Juris, RdNr. 94). Auch wenn nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigende Kostenbelastung zumutbar sein kann, bedeutet dies nicht, dass mangels einer „Opfersituation“ eine Haftungsreduzierung von vornherein ausscheiden würde. Die mit der Verpachtung des Grundstücks zum Zweck des Betreibens einer Abfallbeseitigungsanlage verbundene Risikoübernahme hat demnach nicht etwa zur Folge, dass die erforderliche Abwägung zwischen den schutzwürdigen Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit unterbleiben könnte; vielmehr hat die Verwaltung eine Abwägungsentscheidung nach den dargestellten Maßstäben zu treffen. Zu prüfen ist insbesondere, ob und in welchen Grenzen es dem Grundstückseigentümer zugemutet werden kann, sein sonstiges Vermögen zur Sanierung in Anspruch zu nehmen, oder bis zu welcher Grenze eine Kostenbelastung zulässig ist (ThürOVG, Urt. v. 26.03.2012, a.a.O., RdNr. 96 f.).

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Die angefochtene Verfügung enthält keine diesen Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung. Der Antragsgegner stellte im Ausgangsbescheid keine Erwägungen hierzu an. Das Landesverwaltungsamt begnügte sich im Widerspruchsbescheid mit der Feststellung, die Antragstellerin habe mit der Verpachtung der Grundstücke an die PH(...) GmbH die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Risiken bewusst in Kauf genommen und im Gegenzug wirtschaftlichen Nutzen in Form von Pachteinnahmen erzielt, so dass die Kostenbelastung zumutbar sei. Die Widerspruchsbehörde befasste sich aber nicht mit der Frage, ob nach den oben dargestellten Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts angesichts der – deutlichen – Überschreitung des Verkehrswerts eine Kostenbegrenzung geboten ist, insbesondere ob die erzielten Pachteinnahmen so hoch waren, dass der Antragstellerin die volle Kostenbelastung zugemutet werden kann. Auch die vom Antragsgegner im Klageverfahren angestellten Erwägungen genügen nicht. Auch er hat im Schriftsatz vom 05.03.2013 auf die Risikoübernahme durch die Antragstellerin unter Hinweis auf einen monatlichen Pachtzins von 3.000,00 € verwiesen. Es ist indes nicht ersichtlich, dass die Pachteinnahmen so hoch waren, dass damit die über den Verkehrswert hinausgehende Kostenbelastung von mindestens etwa 380.000,00 € (annähernd) ausgeglichen werden könnte. Da das Mietverhältnis nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Auszug aus dem Mietvertrag am 01.04.2005 begann und bis zum 31.12.2006 befristet war und nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin wegen der nicht genehmigungskonformen Nutzung des Grundstücks gekündigt bzw. nicht verlängert wurde, dürften die Mieteinnahmen einen Betrag von 63.000,00 € nicht überschritten haben. Auch mit der Erwägung, dass die Antragstellerin seit Beendigung des Pachtverhältnisses keine relevanten Aktivitäten zur ordnungsgemäßen Entsorgung der Abfälle unternommen habe, dürfte sich eine Inanspruchnahme der Klägerin mit der vollen Kostenbelastung nicht rechtfertigen lassen.

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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


Tenor

I.

Dem Kläger wird für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Leopold M. Thum, Prinzregentenplatz 21, 81675 München, beigeordnet.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 32.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Dem Kläger ist auf seinen Antrag hin für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und sein Prozessbevollmächtigter beizuordnen. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S. 3533]) liegen vor. Der Kläger hat durch seine am 11. November 2013 vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO) mit beigefügten Belegen nachgewiesen, dass er die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. In einem höheren Rechtszug ist gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder - wie hier - Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Da sich die Beteiligten nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO vor dem Verwaltungsgerichtshof durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen, wird dem Kläger nach § 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 1 ZPO sein Prozessbevollmächtigter als zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet.

2. Der gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sich die Beklagte gegen die durch das Verwaltungsgericht erfolgte Aufhebung ihres Bescheids vom 14. Juni 2011 in den Ziff. II. - IV. (Anordnung der Ersatzvornahme bezüglich der in Ziff. I. des Bescheids angeordneten Fällung von Bäumen, Festlegung des Zeitraums der Baumfällung durch ein Fachunternehmen, vorläufige Veranschlagung der Kosten der Ersatzvornahme auf 32.000,- Euro) wendet, hat in der Sache keinen Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Voraussetzungen für die beantragte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wären nur erfüllt, wenn die Beklagte im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO im hier allein streitigen Umfang stattgegeben, weil die im Bescheid der Beklagten angeordnete und im Zeitraum vom 14. bis 18. Juni 2011 durchgeführte Ersatzvornahme mangels Vorliegens eines wirksamen Grundverwaltungsakts (Grundverfügung) zu Beginn der Vollstreckungsmaßnahme am 14. Juni 2011 rechtswidrig sei und der Kläger durch die entsprechenden Anordnungen in Ziff. II. - IV. daher in seinen Rechten verletzt werde. Ein wirksamer Grundverwaltungsakt - die Anordnung der Fällung von Bäumen - habe nämlich erst mit der Zustellung des streitbefangenen Bescheids vom 14. Juni 2011 an den Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 16. Juni 2011 vorgelegen. Fehle wie hier zu Beginn der Vollstreckungsmaßnahme eine wirksame Grundverfügung, erfolge die Ersatzvornahme insgesamt rechtswidrig; eine „Heilung“ der Ersatzvornahme durch einen erst nach dem Beginn der Vollstreckung bekannt gegebenen Grundverwaltungsakt sei nicht möglich.

Die Beklagte rügt insoweit, das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Abwehr der von ihm mit zutreffender Begründung bejahten Gefahr der umsturzgefährdeten Bäume für die Häuser der Unterlieger sowie für Leben und Gesundheit der darauf befindlichen Personen ein sofortiges Handeln der Beklagten geboten habe. Die Beklagte habe deshalb ohne vorausgehende Bekanntgabe des Grundverwaltungsaktes diesen durch Ausübung von Verwaltungszwang vollziehen dürfen. Die dafür erforderliche Eingriffsbefugnis verleihe ihr die vom Verwaltungsgericht nicht erwähnte Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 3 LStVG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung hätten vorgelegen. Bei der durchgeführten Baumfällung handle es sich um eine Anordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, die zur Abwehr der nach dieser Bestimmung geschützten Rechtsgüter geboten gewesen sei. Die vorherige Bekanntgabe dieser Anordnung an den Kläger hätte auch keinen Erfolg im Sinne von Art. 7 Abs. 3 LStVG versprochen. Der Kläger sei aufgrund seiner fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit offensichtlich nicht in der Lage gewesen, eine Fachfirma für die unstreitig dringend erforderlichen Baumfällarbeiten zu finden. Demgemäß sei der Kläger von der Geschäftsleiterin der Beklagten auch am 10. Juni 2011 darüber informiert worden, dass die Gemeinde die erforderlichen Fällungsmaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme selbst durchführen werde. Die Beklagte habe somit nach Art. 7 Abs. 3 LStVG für die sofortige Gefahrenabwehr Sorge tragen dürfen.

Diese Einwände können aber ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht begründen. Denn die Beklagte verkennt sowohl den Regelungsgehalt ihres Bescheids vom 14. Juni 2011 und demgemäß den Streitgegenstand der Anfechtungsklage des Klägers als auch die Rechtsnatur einer Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 LStVG.

Während Art. 7 Abs. 2 LStVG die allgemeine Befugnis oder Ermächtigung der Sicherheitsbehörde enthält, zur Erfüllung ihrer Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr von Gefahren und durch Unterbindung und Beseitigung von Störungen aufrechtzuerhalten (Art. 6 LStVG), Anordnungen für den Einzelfall (d. h. regelmäßig Ge- oder Verbote in Form eines Verwaltungsakts im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) zu treffen, ermöglicht Art. 7 Abs. 3 LStVG der Sicherheitsbehörde unter den dort genannten besonderen Voraussetzungen die Gefahrenabwehr durch unmittelbaren Zugriff ohne vorausgehende Anordnung (vgl. Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz, Kommentar, Stand: Juli 2013, Art. 7 Rn. 131). Anordnungen für den Einzelfall nach Art. 7 Abs. 2 LStVG, denen der Pflichtige (Adressat) nicht nachkommt, können gemäß Art. 18 Abs. 1 VwZVG nur mit den (Zwangs-)Mitteln des Verwaltungszwangs (s. Art. 29 ff. VwZVG) vollstreckt werden. Ein Rückgriff auf Art. 7 Abs. 3 LStVG ist insoweit schon nach dem Regelungssystem der sicherheitsrechtlichen Eingriffsbefugnisse in Art. 7 Abs. 2 und 3 LStVG nicht zulässig, da Art. 7 Abs. 3 LStVG den unmittelbaren Zugriff (sog. Tatmaßnahme) nur dann erlaubt, wenn eine (mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzende) Anordnung nach Abs. 2 nicht möglich, nicht zulässig oder nicht erfolgversprechend ist.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 14. Juni 2011 gegenüber dem Kläger die Fällung bestimmter Bäume auf dem Grundstück Fl.Nr. 151, Gemarkung F.-W., verfügt (Ziff. I.), gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieses Gebots (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) im öffentlichen Interesse angeordnet (Ziff. VII) und damit die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG geschaffen sowie als Maßnahme des Verwaltungszwangs (zur Vollstreckung des Fällungsgebots) die Ersatzvornahme ohne vorausgehende Androhung nach Art. 35 VwZVG gewählt und angewandt hat. Dies ergibt sich eindeutig sowohl aus dem Tenor als auch den Gründen des vom Kläger angefochtenen Bescheids der Beklagten vom 14. Juni 2011. Eine Tatmaßnahme durch unmittelbaren Zugriff (unmittelbare Ausführung) gegenüber dem Betroffenen nach Art. 7 Abs. 3 LStVG, die gleichsam den (sofortigen) Vollzug in sich trägt und bei der sich demgemäß die Frage der Durchsetzung bzw. Vollstreckung mit Mitteln des Verwaltungszwangs schon gar nicht stellen kann, hat die Beklagte gegenüber dem Kläger unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 3 LStVG tatsächlich vorgelegen haben, nicht getroffen.

Streitgegenstand der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO), über die das Verwaltungsgericht entschieden hat, ist die Behauptung des Klägers, der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2011 mit den darin enthaltenen Verfügungen bzw. Anordnungen sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten (s. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 3 m. w. N.). Entgegen dem Zulassungsvorbringen der Beklagten musste sich das Erstgericht daher nicht mit der Eingriffsbefugnis des Art. 7 Abs. 3 LStVG und deren Voraussetzungen auseinandersetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache bezüglich der im Rechtsmittelverfahren nicht mehr streitbefangenen sicherheitsbehördlichen Grundverfügung und den vorläufig veranschlagten Kosten der Ersatzvornahme einheitlich auf 32.000,- Euro bemisst.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insgesamt rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.