Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 09. März 2006 - A 11 K 11112/04

bei uns veröffentlicht am09.03.2006

Tenor

Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27.11.2003 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten, die dieser selbst trägt.

Tatbestand

 
Die Klägerin stellte am 23.10.2002 beim Bundesgrenzschutzamt Flughafen Frankfurt/Main ein Schutzersuchen, als sie wegen des Versuchs, mit einem gefälschten portugiesischen Reisepass nach Kanada auszureisen, vernommen wurde. Dabei gab sie an, als am 22.11.1962 in Teheran geborene Iranerin mittels Schleuser auf dem Landweg in die Türkei gekommen und nach einem Aufenthalt von zwei Wochen in Istanbul von dort vor etwa einer Woche mit einem iranischen Reisepass nach Frankfurt geflogen zu sein. Dies habe ihr Onkel ermöglicht, nachdem ihr Ehemann ein intimes Verhältnis zwischen ihr und einem anderen Mann herausbekommen und sie mit dem Tode bedroht habe.
Zu ihrem auf 15.11.2002 datierten Asylantrag machte sie nach der Niederschrift über die Anhörung durch das Bundesamt am 27.11.2002 im Wesentlichen folgende Angaben: Nach ihrer ersten Ehe, aus der ein beim Vater lebendes Kind hervorgegangen sei, habe sie im Jahr 2000 einen Kollegen aus dem Finanzministerium geheiratet. Wegen Kinderlosigkeit dieser Ehe habe es Streit gegeben, und nachdem sie ein gynäkologisches Attest besorgt habe, sei ihr Ehemann gewalttätig geworden, habe ihr das Nasenbein gebrochen, das Telefonieren unterbunden, sie schließlich zu Hause eingesperrt und Frauen mitgebracht, mit denen er dann geschlafen habe. Nach einem Selbstmordversuch habe sie wöchentlich ihre Eltern besuchen dürfen und unterwegs einen Mann kennen gelernt, mit dem sie sich zwei- bis dreimal getroffen habe. Als sie mit diesem einmal auf dem Weg zu ihrer Mutter zusammen gewesen sei, habe dies ein Mitarbeiter ihres Ehemannes beobachtet, was sie bemerkt habe. Ihr Ehemann habe dann bei ihren Eltern angerufen und mit Steinigung gedroht, worauf sie zu ihrem Onkel in Teheran gegangen sei, der sie zu seiner Schwägerin gebracht und die Ausreise am 29.9.2002 sowie den Flug am 16.10.2002 organisiert habe. Der iranische Bekannte sei inhaftiert und ausgepeitscht worden, was sie von dessen Freund telefonisch erfahren habe, und für sie wäre eine Rückkehr der sichere Tod.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 27.11.2003 den Asylantrag unter Verneinung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG sowie unter Androhung der Abschiebung in den Iran ab. Zur Begründung ist ausgeführt, selbst bei ehebrecherischen Handlungen drohe wegen strenger Beweisanforderungen keine Bestrafung, die auch nicht an asylerhebliche Merkmals anknüpfe. Gemäß Zustellungsurkunde der Deutschen Post vom 1.12.2003 wurde der Bescheid mit der im Januar 2003 mitgeteilten Anschrift der Klägerin (...) bei der hierfür bestimmten Stelle (...) niedergelegt und die Mitteilung darüber in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben. Nach Abschlussmitteilung an das Regierungspräsidium Stuttgart forderte dieses die Klägerin mit Bescheid vom 10.3.2004, der gemäß Zustellungsurkunde vom 13.3.2004 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wurde, zu Mitwirkungshandlungen nach § 15 AsylVfG auf. Die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin bat mit Telefax vom 23.3.2004 samt Vollmacht vom 17.3.2004 das Bundesamt um Übersendung des Bescheids vom 27.11.2003 und suchte am 29.3.2004 um Rechtsschutz wegen des Bescheids vom 10.3.2004 nach (A 11 K 11113/04 und 11114/04).
Ebenfalls am 29.3.2004 hat die Klägerin zum vorliegenden Verfahren Klage erhoben sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ausgeführt, sie sei nicht im Besitz des Bescheids vom 27.11.2003 und habe keine Nachricht davon erhalten, obwohl sie den - jedermann zugänglichen, einzigen - Briefkasten der Sammelunterkunft seit ihrer Verlegung von Karlsruhe täglich kontrolliert habe. Hierzu hat die Stadt ... mitgeteilt, dass bei der Unterkunft zwei Briefkästen angebracht seien und die Hausbewohner Schlüssel dafür bekämen, aber auch von oben die Post entnehmen könnten.
Die Klägerin trägt schriftsätzlich unter Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor: Einer der beiden Briefkästen habe allein einer großen türkischen Familie gehört, und für den anderen habe nicht jeder Bewohner einen Schlüssel, aber jeder Zugang zum Inhalt gehabt, weshalb nachweisbar viele Briefe verloren gegangen seien und sie wiederholt bei Bewohnern wegen ihres Bescheids nachgefragt habe. Ihre beim Bundesamt protokollierten Angaben seien, bedingt durch ihre psychische Verfassung und Verständigungsprobleme, unvollständig und dahin zu berichtigen, dass sie im Iran beim Ministerium für Handel und Wirtschaft tätig gewesen sei, zwei- bis dreimal außerehelichen Geschlechtsverkehr gehabt habe und von dem Kollegen ihres Ehemannes gesehen worden sei, als sie mit ihrem Freund dessen Haus verlassen habe. Frauen seien im Iran Menschen zweiter Klasse, bereits wegen des Verdachts außerehelicher Beziehungen Opfer strafloser Selbstjustiz durch Ehemänner und männliche Verwandte und wegen familiärer Repressionen besonders selbstmordgefährdet. Auch sie selbst habe sich von den traumatischen Erlebnissen nicht erholt und am 29.3.2004 einen weiteren Selbstmordversuch unternommen, sei psychisch krank und auch deshalb bei einer Rückkehr in Lebensgefahr. Inzwischen habe sie eine enge Beziehung mit einem in den Niederlanden lebenden Freund ihres Cousins, könne ihn aber nicht heiraten und habe eine Schwangerschaft abbrechen lassen. Ihre und ihres Freundes Verwandte und Freunde auch im Iran wüssten davon, und eine Strafverfolgung wegen Ehebruchs sei auch ohne Einhaltung der strengen Beweisanforderungen wahrscheinlich. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf eingehendes Befragen nähere Angaben zur Briefkastensituation der Unterkunft in ... sowie zu ihrer Flucht und den Gründen ihrer Furcht vor einer Rückkehr in den Iran gemacht. Wegen der Einzelheiten ihres wird auf die Anlagen zum Sitzungsprotokoll sowie die Schriftsätze vom 25.6.2004, 16. und 26.9.2005, 7.10. und 10.11.2005 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1, hilfsweise Abs. 2 bis 7 AufenthG festzustellen,
hilfsweise,
gemäß schriftlich vorgelegtem Beweisantrag vom 7.3.2006 über die im Iran zu befürchtenden Folgen ihrer nichtehelichen Beziehungen Sachverständigengutachten einzuholen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
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Dem Gericht liegen einschlägige Kopien der Akten des Bundesamts und der Stadt ... vor; beigezogen sind die Gerichts- und Behördenakten zu A 11 K 11113/04 und 11114/04.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Klage, über die das Gericht im allseitigen Einverständnis durch den Berichterstatter und trotz Ausbleibens Beteiligter in der mündlichen Verhandlung entscheiden kann (§§ 87a Abs. 2 und 3, 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, insbesondere nicht nach § 74 Abs. 1 AsylVfG verspätet.
15 
Möglicherweise ist bereits die Zustellung (§ 3 VwZG, §§ 177 ff ZPO, § 10 AsylVfG) fehlerhaft. Die vorgenommene Ersatzzustellung durch Niederlegung nach § 181 ZPO (vgl. § 10 Abs. 5 AsylVfG) setzt voraus, dass die Zustellung nach §§ 178, 180 ZPO nicht ausführbar ist. Hiernach konnte das Schriftstück auch nicht „in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist“ (§ 180 S. 1 ZPO). Im Gegensatz dazu ist jedoch einige Monate nach dem Bescheid des Bundesamts der des Regierungspräsidiums durch Einlegen in den gemeinschaftlichen Briefkasten gemäß § 180 ZPO zugestellt worden, was allerdings in Ermangelung eines eigenen Briefkastens der Klägerin eher fehlerhaft war (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 25. Aufl. 2005, RdNr. 3 zu § 180; Baumbach-Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, RdNr. 5 f zu § 180). Andererseits dürfte es kaum dem Sinn des Gesetzes entsprochen haben, die nach § 181 ZPO „in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise“ abzugebende Mitteilung über die Niederlegung des Bescheids des Bundesamts in eben den gemeinschaftlichen Briefkasten einzulegen, der für eine Zustellung nach § 180 ZPO zu unsicher war, auch wenn dies der Wortlaut zu erlauben scheint (vgl. Zöller-Stöber a.a.O. RdNr. 4 zu § 181). Dass die Mitteilung auf andere Weise abgegeben oder, wie hilfsweise vorgesehen, an der Tür der Gemeinschaftseinrichtung angeheftet wurde, ist aber nicht auf der Zustellungsurkunde vermerkt. Indessen kann dahinstehen, ob die Zustellung aus diesen Gründen oder auch deshalb fehlerhaft ist, weil die Niederlegungsstelle nicht bezeichnet, sondern nur eine Adresse vermerkt wurde, unter der allerdings telefonischen Ermittlungen des Gerichts zufolge ein Laden und eine Postagentur zu finden sei:
16 
Jedenfalls ist der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Klagefrist gehindert war (§ 60 Abs. 1 und 2 VwGO), sofern diese am 1.12.2003 zu laufen begonnen hat. Sie hat durch ihr eidesstattlich versichertes Vorbringen glaubhaft gemacht, dass sie die Mitteilung über die Niederlegung des Bescheids und deshalb auch diesen nicht erhalten hat. Die Stadt ... hat bestätigt, dass alle Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft auf die eingegangene Post zugreifen konnten. Unter solchen Umständen ist es ohne weiteres aus mancherlei Gründen möglich, dass die Mitteilung nicht zum Adressaten gelangt, und auch nicht damit zu rechnen, dass eine Zustellung auf diese Weise erfolgt. Die Klägerin hat die Zahl von etwa 30 Bewohnern außer der türkischen Großfamilie angegeben, für die häufig die Post entnommen und irgendwo hingelegt worden sei, und auf zahlreiche Werbeschriften hingewiesen, mit denen auch die Mitteilung weggeworfen worden sein könnte. Zudem ist es plausibel, dass sie erst durch den Bescheid vom 10.3.2004 aufgeschreckt Anlass zum Tätigwerden sah und nicht etwa auf eine erhaltene Mitteilung über den lange erwarteten Bescheid des Bundesamts grundlos untätig blieb. Schließlich ist die Klage mit Wiedereinsetzungsantrag und Vortrag der Hinderungsgründe schon eingegangen, bevor die dafür vorgeschriebene Frist mit Erhalt des Bescheids vom 27.11.2003 begonnen hätte (§ 60 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klage ist auch schon mit den Hauptanträgen begründet. Der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Beklagte ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Die Voraussetzungen der Asylberechtigung bzw. drohender Gefahr für Leben oder Freiheit wegen Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung liegen zum maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor (Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AuslG, vgl. §§ 13 Abs. 2, 31 Abs. 2, 77 Abs. 1 AsylVfG). Das Gericht hat sich davon überzeugt (§ 108 VwGO), dass der Klägerin nach den gesamten Umständen die Rückkehr in den Heimatstaat nicht zugemutet werden kann, weil die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus politischen Gründen beachtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.11.1991, BVerwGE 89, 162).
19 
Nach ihren in der mündlichen Verhandlung stimmig gewordenen, glaubhaften Schilderungen ist die Klägerin geflohen, weil ihrem Ehemann die Kontaktaufnahme mit einem anderen Mann bekannt wurde, läuft aber außerdem bei ihrer Rückkehr Gefahr, als verheiratete Frau unzumutbaren und sogar lebensbedrohlichen Verhältnissen in oder außerhalb ihrer Ehe ausgesetzt zu sein. Für ihre damalige Situation im Iran sind folgende Erkenntnisse bedeutsam:
20 
Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 29.8.2005: „Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können nach Einschätzung des Auswärtigen Amts nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. ... Der Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss ... Die Einrichtung der Khol-Scheidung, d.h. Selbstloskauf der Frau aus der Ehe (Art. 1146 ZGB), sowie der Wegfall der Unterhaltspflicht des Mannes bei Verletzung der Ehepflicht der Frau (Art. 1108 ZGB) führt in häufigen Fällen zu Gewalt des scheidungswilligen Mannes in der Ehe, um seine Frau zur Stellung des Scheidungsantrags zu zwingen und dadurch seine Unterhaltspflichten und die Rückzahlung der Brautgabe zu umgehen.“
21 
Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 20.1.2004: „Das neue Scheidungsgesetz vom Dezember 2002 gibt Frauen das Recht, aufgrund von zwölf Punkten eine Scheidung einreichen zu können, darunter eheliche Gewalt (z.B. belegt durch ein Arztzeugnis), Drogenabhängigkeit oder Schulden des Ehemannes. Ein Scheidungsverfahren ist sehr kostenintensiv und kann bis zu fünf Jahren dauern. Wenn Frauen die Scheidung einreichen, werden sie oft gezwungen, auf dem Betrag zu verzichten, den ein Mann seiner von ihm finanziell abhängigen Frau bei einer Scheidung zahlen muss. Dadurch fehlt das Startkapital in die Unabhängigkeit. ... Häusliche Gewalt ist häufig und reicht von Schlägen über Vergewaltigungen und Entstellung des Körpers durch Säureverätzungen bis hin zu Ermordungen, so genannten Ehrentötungen. ... Gemäß islamischem Gesetz wird nicht gegen männliche Mörder vorgegangen. Hunderte von Mädchen verlassen jährlich aufgrund der familiären Zwänge ihr Zuhause, wodurch sie Gefahr laufen, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhandel zu werden. Viele Frauen wählen den Freitod als Flucht vor familiärer Repression ... Frauen haben kaum Möglichkeiten, rechtlich gegen einen gewalttätigen Ehemann vorzugehen. Wenn eine Frau sich nicht scheiden lassen möchte, dann wird sie von der Polizei oder einem Gericht zu ihrem Ehemann zurück geschickt. Frauenhäuser sind selten und garantieren keine umfassende Sicherheit.“
22 
Deutsches Orient-Institut v. 24.8.2005 an VG Neustadt: Eine verheiratete Frau würde mit Steinigung bestraft werden, wenn sie mit einem anderen Mann schliefe und ihre Verfehlung zugäbe. Ihr Ehemann würde sie, wenn nicht umbringen, so doch - mindestens - verstoßen, so dass sie als gesellschaftlich und sozial Geächtete ihr Dasein fristen müsste.
23 
Deutsches Orient-Institut v. 27.2.2003 an VG Darmstadt: „Nach § 637 des islamischen StGB steht auf eine ungesetzliche Beziehung oder eine sittenlose Tat eines Mannes und einer Frau außer Unzucht, wie etwa Bettgemeinschaft oder Küssen, eine Strafe bis zu 99 Peitschenhieben. ... Eine solche Bestrafung kann in einer Sitzung rein praktisch gar nicht durchgeführt werden, da die Delinquenten nach einigen Schlägen ohnmächtig werden, da ihnen die Haut buchstäblich vom Leib geschlagen wird, obwohl Frauen im Sitzen und bekleidet ausgepeitscht werden müssen.“
24 
Behjat Moaali, Rechtsgutachten v. August 2001: „Die Zahl der zum Tode Verurteilten und Hingerichteten lässt Zweifel bezüglich der Freiwilligkeit der Geständnisse aufkommen. ... Es ist eine Tatsache, dass diejenigen, die auf dem Polizeirevier bezüglich dieser Angelegenheit verhört werden, zu ihrem Geständnis mittels Prügel oder anderer Maßnahmen, z.B. falscher Versprechungen, gezwungen werden, besonders wenn die Beschuldigung von einer einflussreichen Stelle erfolgte. ... Dass der Ehegatte über ausreichend gute Beziehung verfügt, hat eine Auswirkung bei dem Verfahren. ... Seiner Aussage wird eine stärkere Glaubwürdigkeit beigemessen, sie erhält dadurch eine höhere Gewichtung bei der Einleitung eines Strafverfahrens und der Urteilsfindung. Sein Einfluss könnte sich auch inoffiziell auf die Urteilsfindung und Vollstreckung des Urteils auswirken.“
25 
Das Vorbringen der Klägerin fügt sich in diese Gefahrenlage ein und macht ihre Gefährdung nach den konkreten Umständen einschließlich des zeitlichen Ablaufs der Ereignisse plausibel: Ihr Ehemann sei als Angehöriger des Geheimdienstes (Informationsministerium) im Ministerium für Handel und Wirtschaft, verfüge über Macht und eine Waffe und hätte unter allen Umständen zu verhindern gewusst, dass sie sich von ihm hätte scheiden lassen. Nachdem er bereits geschieden gewesen sei, wäre in diesem Fall seine Zeugungsunfähigkeit offenkundig geworden und seine Ehre als Mann zerstört gewesen. Deshalb sei er völlig außer sich geraten, als sie ihm die Bescheinigung über ihre Zeugungsfähigkeit gezeigt habe, habe seither nicht mehr mit ihr geschlafen, sie zur Aufgabe ihrer Arbeitsstelle genötigt und sie als Gefangene gehalten, die er aus jedem beliebigen Anlass geschlagen habe, und sei es nur wenn sie bei seinen Exzessen ihre Miene verzogen habe. Er belästige immer noch ihre Eltern, weil er nicht wisse, wo sie sich aufhalte, und sie telefoniere nicht mit ihnen aus Sorge, sie würden auf seine Veranlassung abgehört. Sein Einfluss habe auch dazu beigetragen, dass ihr damaliger Freund noch am Tag ihrer Entdeckung zusammengeschlagen und abgeführt worden sei; man habe ihn zum Geständnis gezwungen und gedroht auch sie noch zu erwischen. Dass sich die in psychiatrischer Behandlung befindliche Klägerin immer wieder einbilde, ihr Ehemann habe sie hier ausfindig gemacht und stelle ihr nach, spricht zusätzlich für die real empfundene Gefahr. Insgesamt waren ihre Angaben auch auf zahlreiche Fragen überzeugend und spiegelten tatsächlich Erlebtes wider. Insbesondere leuchtet ein, dass auch beim Bundesamt von - in der Niederschrift nicht erwähntem - außerehelichem Geschlechtsverkehr bei den Treffen mit dem jungen Mann die Rede war (was der nicht mit dem Anhörenden identische entscheidende Bedienstete offen gelassen hat), nachdem sie schon zuvor beim Bundesgrenzschutz von einem intimen Verhältnis gesprochen hatte.
26 
Hiernach befand sich die Klägerin schon ungeachtet der im Iran aufgenommenen Beziehung in einer ausweglosen Lage, der sie sich nur durch Flucht ins Ausland entziehen konnte. Diese Situation erfüllt die Voraussetzungen einer Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, nämlich verheirateter Frauen, die nach dem herrschenden Staats- und Gesellschaftssystem des Iran ihren Ehemännern letztlich schutzlos ausgeliefert sein können (ebenso Urt. eines Kammerkollegen v. 23.1.2006 - A 11 K 13008/04 -). Die Behandlung der Frauen als Menschen zweiter Klasse (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 29.8.2005 zur geschlechtsspezifischen Menschenrechtslage S. 30 ff) verwirklicht sich aber auch in den Folgen eines Ehebruchs oder eines dahingehenden Verdachts, wiewohl insoweit weder die Strafdrohungen differenzieren noch auch die männlichen Liebhaber vor nichtstaatlichen Reaktionen, insbesondere vor Privatjustiz der Ehemänner geschützt sind. Dies gilt nämlich der höheren männlichen Ehre, der auch die Ehrbarkeit der Ehefrauen zu dienen hat, während die Ehemänner entsprechende Reaktionen auf ihren Ehebruch kaum zu befürchten haben. Die Verfolgung knüpft somit nicht an die eheliche Untreue schlechthin an, sondern an die der Frau, die mit diesem „Geschlechtsmalus“ sehr wohl aus einer staatlichen Friedensordnung ausgegrenzt wird (vgl. VG Berlin, Urt. v. 23.4.2001, InfAuslR 2002, 160; wegen hauptsächlicher Verfolgung der Frauen auch VG Karlsruhe, Urt. v.9.5.2005 - A 6 K 10636/04 - Informationsverbund Asyl; a.A. VG Saarland, Urteil v. 21.09.2005 - 5 K 2/05.A und VG Würzburg, Urt. v. 9.10.2002 - W 7 K 02.30595 -, ebenda, VG Münster, Urt. v. 10.12.02 - 5 K 3970/98.A - und VG Bremen Urt. v. 2.4.1998 - 3 AK 2749/97 -, juris). Auf eine weitergehende politische Verfolgungsgefahr infolge „unmoralischen Verhaltens“ (vgl. dazu Urt. eines Kammerkollegen v. 9.3.2005 - A 11 K 10516/03 -) nach der Ausreise kommt es nicht mehr an.
27 
Die Bewertung als Verfolgung, die an ein asylerhebliches Merkmal anknüpft, gilt auch für Art. 16a Abs. 1 GG und folgt nicht erst aus § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, wonach eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Denn der im Asylgrundrecht zugrunde gelegte politische Charakter der Verfolgung ist mit dem des Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) - GFK - und auch dem des § 51 Abs. 1 AuslG deckungsgleich (stRspr des BVerwG, vgl. Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42 m.w.N.). Der nunmehr an die Stelle des § 51 Abs. 1 AuslG getretene § 60 Abs. 1 AufenthG dient ausdrücklich der Anwendung der GFK und entspricht teilweise der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 (Amtsblatt der Europäischen Union L 304/12) - Qualifikationsrichtlinie -, die bis 10.10.2006 umzusetzen ist und schon jetzt bewirkt, dass sich die Gerichte bei der Auslegung des nationalen Rechts von ihr leiten lassen können (vgl. VGH Baden-Württ., Beschl. v. 12.5.2005 - A 3 S 358/05 - m.w.N.). Nach der Qualifikationsrichtlinie setzt die Flüchtlingseigenschaft (Art. 13) voraus, dass eine von Akteuren im Sinne des Art. 6 (wie § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG) ausgehende, nicht durch Akteure im Sinne des Art. 7 oder durch internen Schutz nach Art. 8 (vgl. § 60 Abs. 1 S. 4 a.E. AufenthG) abzuwendende gravierende Verfolgungshandlung (Art. 9) an die Merkmale nach Art. 10 (Art. 1 A Nr. 2, Art. 33 Nr. 1 GFK, § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG) anknüpft und kein Erlöschens- oder Ausschlussgrund nach Art. 11 und 12 vorliegt. Für die Annahme einer bestimmten sozialen Gruppe können geschlechterspezifische Aspekte berücksichtigt werden, reichen aber - anders als nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG - allein noch nicht aus (Art. 10 Abs. 1 d Qualifikationsrichtlinie). Insbesondere der soziale Begriff des Geschlechts (gender) kann Frauen vor einem gesellschaftlichen Hintergrund, in dem ihnen bestimmte Rollen und Identitäten zugewiesen sind, einer bestimmten sozialen Gruppe zugehörig machen (vgl. Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung Teil 1, § 19 RdNr. 69-79). Wegweisend und typisch für die Zuordnung ist dabei die Entscheidung „Islam and Shah“ der britischen Lordrichter, die folgende auch im vorliegenden Fall zutreffende Charakteristika hervorhoben: weibliches Geschlecht, Verdacht des Ehebruchs und ungeschützte Position bei institutionalisierter Diskriminierung von Frauen durch Polizei, Gerichte und das gesamte Rechtssystem des Staates (Nachweise bei Marx a.a.O. RdNr. 75-78; vgl. auch schon Gebauer, Asylrechtliche Anerkennung frauenspezifischer Verfolgung, ZAR 1988, 120 m.w.N.).
28 
Die begehrte Anerkennung als Asylberechtigte ist nicht ausgeschlossen, weil die Klägerin auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist wäre (Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a Abs. 1 Abs. 2 mit Anlage I AsylVfG). Denn das Gericht ist von der Einreise auf dem Luftweg ebenfalls überzeugt, nachdem schon die vorausgegangene Fluchtgeschichte glaubhaft und der Versuch einer Weiterreise mit dem Flugzeug und einem gefälschten Pass erwiesen ist, also auch die dafür erforderlichen Geldmittel vom Onkel aufzubringen waren.
29 
Ist hiernach das Bundesamt zur Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte und zur Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG verpflichtet, so sind entgegen seiner Auffassung die Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG, jetzt Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, nicht zu verneinen (§ 31 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AsylVfG). Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben, weil die Klägerin nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden darf (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG und entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.

Gründe

 
14 
Die Klage, über die das Gericht im allseitigen Einverständnis durch den Berichterstatter und trotz Ausbleibens Beteiligter in der mündlichen Verhandlung entscheiden kann (§§ 87a Abs. 2 und 3, 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, insbesondere nicht nach § 74 Abs. 1 AsylVfG verspätet.
15 
Möglicherweise ist bereits die Zustellung (§ 3 VwZG, §§ 177 ff ZPO, § 10 AsylVfG) fehlerhaft. Die vorgenommene Ersatzzustellung durch Niederlegung nach § 181 ZPO (vgl. § 10 Abs. 5 AsylVfG) setzt voraus, dass die Zustellung nach §§ 178, 180 ZPO nicht ausführbar ist. Hiernach konnte das Schriftstück auch nicht „in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist“ (§ 180 S. 1 ZPO). Im Gegensatz dazu ist jedoch einige Monate nach dem Bescheid des Bundesamts der des Regierungspräsidiums durch Einlegen in den gemeinschaftlichen Briefkasten gemäß § 180 ZPO zugestellt worden, was allerdings in Ermangelung eines eigenen Briefkastens der Klägerin eher fehlerhaft war (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 25. Aufl. 2005, RdNr. 3 zu § 180; Baumbach-Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, RdNr. 5 f zu § 180). Andererseits dürfte es kaum dem Sinn des Gesetzes entsprochen haben, die nach § 181 ZPO „in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise“ abzugebende Mitteilung über die Niederlegung des Bescheids des Bundesamts in eben den gemeinschaftlichen Briefkasten einzulegen, der für eine Zustellung nach § 180 ZPO zu unsicher war, auch wenn dies der Wortlaut zu erlauben scheint (vgl. Zöller-Stöber a.a.O. RdNr. 4 zu § 181). Dass die Mitteilung auf andere Weise abgegeben oder, wie hilfsweise vorgesehen, an der Tür der Gemeinschaftseinrichtung angeheftet wurde, ist aber nicht auf der Zustellungsurkunde vermerkt. Indessen kann dahinstehen, ob die Zustellung aus diesen Gründen oder auch deshalb fehlerhaft ist, weil die Niederlegungsstelle nicht bezeichnet, sondern nur eine Adresse vermerkt wurde, unter der allerdings telefonischen Ermittlungen des Gerichts zufolge ein Laden und eine Postagentur zu finden sei:
16 
Jedenfalls ist der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Klagefrist gehindert war (§ 60 Abs. 1 und 2 VwGO), sofern diese am 1.12.2003 zu laufen begonnen hat. Sie hat durch ihr eidesstattlich versichertes Vorbringen glaubhaft gemacht, dass sie die Mitteilung über die Niederlegung des Bescheids und deshalb auch diesen nicht erhalten hat. Die Stadt ... hat bestätigt, dass alle Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft auf die eingegangene Post zugreifen konnten. Unter solchen Umständen ist es ohne weiteres aus mancherlei Gründen möglich, dass die Mitteilung nicht zum Adressaten gelangt, und auch nicht damit zu rechnen, dass eine Zustellung auf diese Weise erfolgt. Die Klägerin hat die Zahl von etwa 30 Bewohnern außer der türkischen Großfamilie angegeben, für die häufig die Post entnommen und irgendwo hingelegt worden sei, und auf zahlreiche Werbeschriften hingewiesen, mit denen auch die Mitteilung weggeworfen worden sein könnte. Zudem ist es plausibel, dass sie erst durch den Bescheid vom 10.3.2004 aufgeschreckt Anlass zum Tätigwerden sah und nicht etwa auf eine erhaltene Mitteilung über den lange erwarteten Bescheid des Bundesamts grundlos untätig blieb. Schließlich ist die Klage mit Wiedereinsetzungsantrag und Vortrag der Hinderungsgründe schon eingegangen, bevor die dafür vorgeschriebene Frist mit Erhalt des Bescheids vom 27.11.2003 begonnen hätte (§ 60 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klage ist auch schon mit den Hauptanträgen begründet. Der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Beklagte ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Die Voraussetzungen der Asylberechtigung bzw. drohender Gefahr für Leben oder Freiheit wegen Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung liegen zum maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor (Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AuslG, vgl. §§ 13 Abs. 2, 31 Abs. 2, 77 Abs. 1 AsylVfG). Das Gericht hat sich davon überzeugt (§ 108 VwGO), dass der Klägerin nach den gesamten Umständen die Rückkehr in den Heimatstaat nicht zugemutet werden kann, weil die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus politischen Gründen beachtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.11.1991, BVerwGE 89, 162).
19 
Nach ihren in der mündlichen Verhandlung stimmig gewordenen, glaubhaften Schilderungen ist die Klägerin geflohen, weil ihrem Ehemann die Kontaktaufnahme mit einem anderen Mann bekannt wurde, läuft aber außerdem bei ihrer Rückkehr Gefahr, als verheiratete Frau unzumutbaren und sogar lebensbedrohlichen Verhältnissen in oder außerhalb ihrer Ehe ausgesetzt zu sein. Für ihre damalige Situation im Iran sind folgende Erkenntnisse bedeutsam:
20 
Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 29.8.2005: „Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können nach Einschätzung des Auswärtigen Amts nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. ... Der Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss ... Die Einrichtung der Khol-Scheidung, d.h. Selbstloskauf der Frau aus der Ehe (Art. 1146 ZGB), sowie der Wegfall der Unterhaltspflicht des Mannes bei Verletzung der Ehepflicht der Frau (Art. 1108 ZGB) führt in häufigen Fällen zu Gewalt des scheidungswilligen Mannes in der Ehe, um seine Frau zur Stellung des Scheidungsantrags zu zwingen und dadurch seine Unterhaltspflichten und die Rückzahlung der Brautgabe zu umgehen.“
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Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 20.1.2004: „Das neue Scheidungsgesetz vom Dezember 2002 gibt Frauen das Recht, aufgrund von zwölf Punkten eine Scheidung einreichen zu können, darunter eheliche Gewalt (z.B. belegt durch ein Arztzeugnis), Drogenabhängigkeit oder Schulden des Ehemannes. Ein Scheidungsverfahren ist sehr kostenintensiv und kann bis zu fünf Jahren dauern. Wenn Frauen die Scheidung einreichen, werden sie oft gezwungen, auf dem Betrag zu verzichten, den ein Mann seiner von ihm finanziell abhängigen Frau bei einer Scheidung zahlen muss. Dadurch fehlt das Startkapital in die Unabhängigkeit. ... Häusliche Gewalt ist häufig und reicht von Schlägen über Vergewaltigungen und Entstellung des Körpers durch Säureverätzungen bis hin zu Ermordungen, so genannten Ehrentötungen. ... Gemäß islamischem Gesetz wird nicht gegen männliche Mörder vorgegangen. Hunderte von Mädchen verlassen jährlich aufgrund der familiären Zwänge ihr Zuhause, wodurch sie Gefahr laufen, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhandel zu werden. Viele Frauen wählen den Freitod als Flucht vor familiärer Repression ... Frauen haben kaum Möglichkeiten, rechtlich gegen einen gewalttätigen Ehemann vorzugehen. Wenn eine Frau sich nicht scheiden lassen möchte, dann wird sie von der Polizei oder einem Gericht zu ihrem Ehemann zurück geschickt. Frauenhäuser sind selten und garantieren keine umfassende Sicherheit.“
22 
Deutsches Orient-Institut v. 24.8.2005 an VG Neustadt: Eine verheiratete Frau würde mit Steinigung bestraft werden, wenn sie mit einem anderen Mann schliefe und ihre Verfehlung zugäbe. Ihr Ehemann würde sie, wenn nicht umbringen, so doch - mindestens - verstoßen, so dass sie als gesellschaftlich und sozial Geächtete ihr Dasein fristen müsste.
23 
Deutsches Orient-Institut v. 27.2.2003 an VG Darmstadt: „Nach § 637 des islamischen StGB steht auf eine ungesetzliche Beziehung oder eine sittenlose Tat eines Mannes und einer Frau außer Unzucht, wie etwa Bettgemeinschaft oder Küssen, eine Strafe bis zu 99 Peitschenhieben. ... Eine solche Bestrafung kann in einer Sitzung rein praktisch gar nicht durchgeführt werden, da die Delinquenten nach einigen Schlägen ohnmächtig werden, da ihnen die Haut buchstäblich vom Leib geschlagen wird, obwohl Frauen im Sitzen und bekleidet ausgepeitscht werden müssen.“
24 
Behjat Moaali, Rechtsgutachten v. August 2001: „Die Zahl der zum Tode Verurteilten und Hingerichteten lässt Zweifel bezüglich der Freiwilligkeit der Geständnisse aufkommen. ... Es ist eine Tatsache, dass diejenigen, die auf dem Polizeirevier bezüglich dieser Angelegenheit verhört werden, zu ihrem Geständnis mittels Prügel oder anderer Maßnahmen, z.B. falscher Versprechungen, gezwungen werden, besonders wenn die Beschuldigung von einer einflussreichen Stelle erfolgte. ... Dass der Ehegatte über ausreichend gute Beziehung verfügt, hat eine Auswirkung bei dem Verfahren. ... Seiner Aussage wird eine stärkere Glaubwürdigkeit beigemessen, sie erhält dadurch eine höhere Gewichtung bei der Einleitung eines Strafverfahrens und der Urteilsfindung. Sein Einfluss könnte sich auch inoffiziell auf die Urteilsfindung und Vollstreckung des Urteils auswirken.“
25 
Das Vorbringen der Klägerin fügt sich in diese Gefahrenlage ein und macht ihre Gefährdung nach den konkreten Umständen einschließlich des zeitlichen Ablaufs der Ereignisse plausibel: Ihr Ehemann sei als Angehöriger des Geheimdienstes (Informationsministerium) im Ministerium für Handel und Wirtschaft, verfüge über Macht und eine Waffe und hätte unter allen Umständen zu verhindern gewusst, dass sie sich von ihm hätte scheiden lassen. Nachdem er bereits geschieden gewesen sei, wäre in diesem Fall seine Zeugungsunfähigkeit offenkundig geworden und seine Ehre als Mann zerstört gewesen. Deshalb sei er völlig außer sich geraten, als sie ihm die Bescheinigung über ihre Zeugungsfähigkeit gezeigt habe, habe seither nicht mehr mit ihr geschlafen, sie zur Aufgabe ihrer Arbeitsstelle genötigt und sie als Gefangene gehalten, die er aus jedem beliebigen Anlass geschlagen habe, und sei es nur wenn sie bei seinen Exzessen ihre Miene verzogen habe. Er belästige immer noch ihre Eltern, weil er nicht wisse, wo sie sich aufhalte, und sie telefoniere nicht mit ihnen aus Sorge, sie würden auf seine Veranlassung abgehört. Sein Einfluss habe auch dazu beigetragen, dass ihr damaliger Freund noch am Tag ihrer Entdeckung zusammengeschlagen und abgeführt worden sei; man habe ihn zum Geständnis gezwungen und gedroht auch sie noch zu erwischen. Dass sich die in psychiatrischer Behandlung befindliche Klägerin immer wieder einbilde, ihr Ehemann habe sie hier ausfindig gemacht und stelle ihr nach, spricht zusätzlich für die real empfundene Gefahr. Insgesamt waren ihre Angaben auch auf zahlreiche Fragen überzeugend und spiegelten tatsächlich Erlebtes wider. Insbesondere leuchtet ein, dass auch beim Bundesamt von - in der Niederschrift nicht erwähntem - außerehelichem Geschlechtsverkehr bei den Treffen mit dem jungen Mann die Rede war (was der nicht mit dem Anhörenden identische entscheidende Bedienstete offen gelassen hat), nachdem sie schon zuvor beim Bundesgrenzschutz von einem intimen Verhältnis gesprochen hatte.
26 
Hiernach befand sich die Klägerin schon ungeachtet der im Iran aufgenommenen Beziehung in einer ausweglosen Lage, der sie sich nur durch Flucht ins Ausland entziehen konnte. Diese Situation erfüllt die Voraussetzungen einer Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, nämlich verheirateter Frauen, die nach dem herrschenden Staats- und Gesellschaftssystem des Iran ihren Ehemännern letztlich schutzlos ausgeliefert sein können (ebenso Urt. eines Kammerkollegen v. 23.1.2006 - A 11 K 13008/04 -). Die Behandlung der Frauen als Menschen zweiter Klasse (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 29.8.2005 zur geschlechtsspezifischen Menschenrechtslage S. 30 ff) verwirklicht sich aber auch in den Folgen eines Ehebruchs oder eines dahingehenden Verdachts, wiewohl insoweit weder die Strafdrohungen differenzieren noch auch die männlichen Liebhaber vor nichtstaatlichen Reaktionen, insbesondere vor Privatjustiz der Ehemänner geschützt sind. Dies gilt nämlich der höheren männlichen Ehre, der auch die Ehrbarkeit der Ehefrauen zu dienen hat, während die Ehemänner entsprechende Reaktionen auf ihren Ehebruch kaum zu befürchten haben. Die Verfolgung knüpft somit nicht an die eheliche Untreue schlechthin an, sondern an die der Frau, die mit diesem „Geschlechtsmalus“ sehr wohl aus einer staatlichen Friedensordnung ausgegrenzt wird (vgl. VG Berlin, Urt. v. 23.4.2001, InfAuslR 2002, 160; wegen hauptsächlicher Verfolgung der Frauen auch VG Karlsruhe, Urt. v.9.5.2005 - A 6 K 10636/04 - Informationsverbund Asyl; a.A. VG Saarland, Urteil v. 21.09.2005 - 5 K 2/05.A und VG Würzburg, Urt. v. 9.10.2002 - W 7 K 02.30595 -, ebenda, VG Münster, Urt. v. 10.12.02 - 5 K 3970/98.A - und VG Bremen Urt. v. 2.4.1998 - 3 AK 2749/97 -, juris). Auf eine weitergehende politische Verfolgungsgefahr infolge „unmoralischen Verhaltens“ (vgl. dazu Urt. eines Kammerkollegen v. 9.3.2005 - A 11 K 10516/03 -) nach der Ausreise kommt es nicht mehr an.
27 
Die Bewertung als Verfolgung, die an ein asylerhebliches Merkmal anknüpft, gilt auch für Art. 16a Abs. 1 GG und folgt nicht erst aus § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, wonach eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Denn der im Asylgrundrecht zugrunde gelegte politische Charakter der Verfolgung ist mit dem des Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) - GFK - und auch dem des § 51 Abs. 1 AuslG deckungsgleich (stRspr des BVerwG, vgl. Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42 m.w.N.). Der nunmehr an die Stelle des § 51 Abs. 1 AuslG getretene § 60 Abs. 1 AufenthG dient ausdrücklich der Anwendung der GFK und entspricht teilweise der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 (Amtsblatt der Europäischen Union L 304/12) - Qualifikationsrichtlinie -, die bis 10.10.2006 umzusetzen ist und schon jetzt bewirkt, dass sich die Gerichte bei der Auslegung des nationalen Rechts von ihr leiten lassen können (vgl. VGH Baden-Württ., Beschl. v. 12.5.2005 - A 3 S 358/05 - m.w.N.). Nach der Qualifikationsrichtlinie setzt die Flüchtlingseigenschaft (Art. 13) voraus, dass eine von Akteuren im Sinne des Art. 6 (wie § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG) ausgehende, nicht durch Akteure im Sinne des Art. 7 oder durch internen Schutz nach Art. 8 (vgl. § 60 Abs. 1 S. 4 a.E. AufenthG) abzuwendende gravierende Verfolgungshandlung (Art. 9) an die Merkmale nach Art. 10 (Art. 1 A Nr. 2, Art. 33 Nr. 1 GFK, § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG) anknüpft und kein Erlöschens- oder Ausschlussgrund nach Art. 11 und 12 vorliegt. Für die Annahme einer bestimmten sozialen Gruppe können geschlechterspezifische Aspekte berücksichtigt werden, reichen aber - anders als nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG - allein noch nicht aus (Art. 10 Abs. 1 d Qualifikationsrichtlinie). Insbesondere der soziale Begriff des Geschlechts (gender) kann Frauen vor einem gesellschaftlichen Hintergrund, in dem ihnen bestimmte Rollen und Identitäten zugewiesen sind, einer bestimmten sozialen Gruppe zugehörig machen (vgl. Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung Teil 1, § 19 RdNr. 69-79). Wegweisend und typisch für die Zuordnung ist dabei die Entscheidung „Islam and Shah“ der britischen Lordrichter, die folgende auch im vorliegenden Fall zutreffende Charakteristika hervorhoben: weibliches Geschlecht, Verdacht des Ehebruchs und ungeschützte Position bei institutionalisierter Diskriminierung von Frauen durch Polizei, Gerichte und das gesamte Rechtssystem des Staates (Nachweise bei Marx a.a.O. RdNr. 75-78; vgl. auch schon Gebauer, Asylrechtliche Anerkennung frauenspezifischer Verfolgung, ZAR 1988, 120 m.w.N.).
28 
Die begehrte Anerkennung als Asylberechtigte ist nicht ausgeschlossen, weil die Klägerin auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist wäre (Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a Abs. 1 Abs. 2 mit Anlage I AsylVfG). Denn das Gericht ist von der Einreise auf dem Luftweg ebenfalls überzeugt, nachdem schon die vorausgegangene Fluchtgeschichte glaubhaft und der Versuch einer Weiterreise mit dem Flugzeug und einem gefälschten Pass erwiesen ist, also auch die dafür erforderlichen Geldmittel vom Onkel aufzubringen waren.
29 
Ist hiernach das Bundesamt zur Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte und zur Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG verpflichtet, so sind entgegen seiner Auffassung die Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG, jetzt Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, nicht zu verneinen (§ 31 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AsylVfG). Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben, weil die Klägerin nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden darf (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG und entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 09. März 2006 - A 11 K 11112/04 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 178 Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen


(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden1.in der Wohnung einem erwachsenen Familienang

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde


(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde. (2) Für di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 177 Ort der Zustellung


Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 181 Ersatzzustellung durch Niederlegung


(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausfüh

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Jan. 2006 - A 11 K 13008/04

bei uns veröffentlicht am 23.01.2006

Tenor Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 27.08.2004 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 12. Mai 2005 - A 3 S 358/05

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Tenor Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Februar 2005 - A 6 K 10687/03 - zuzulassen, wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 09. März 2005 - A 11 K 10516/03

bei uns veröffentlicht am 09.03.2005

Tenor Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 02.08.2001 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerinnen als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass in ihrer Person mit Blick au
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 09. März 2006 - A 11 K 11112/04.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 14. Feb. 2014 - 1 A 1139/13.A

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Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. März 2013 – 23 K 6544/10.A – wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 27.08.2004 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je die Hälfte.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie reiste am 16.02.2004 in das Bundesgebiet ein. Zur Begründung des am 26.02.2004 gestellten Asylantrags trug sie bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe am 09.03.2004 vor, im Alter von achtzehn Jahren habe sie das Abitur abgelegt. Die Aufnahmeprüfung für die Universität habe sie mit achtzehn Jahren bestanden. Ihre Eltern seien sehr religiös eingestellt. Ihr Vater habe nicht erlaubt, dass sie ein Studium beginne. Deshalb habe sie sich zunächst zu Hause aufgehalten und Sport betrieben. Sie sei Schwimmerin und Handballerin. Im Schwimmen habe sie einige nationale Wettbewerbe gewonnen. Sie habe als Trainerin für Handball und für Schwimmen gearbeitet und dadurch Geld verdient. Erst vier Jahre nach ihrem Abitur habe sie ein Studium aufnehmen dürfen. An der Freien Universität in Ghazwin habe sie Englisch studiert. Seit vielen Jahren kenne sie A. R. D.. Sie hätten heiraten wollen. Ihre Eltern hätten dies jedoch abgelehnt. Nachdem A. R. den Iran verlassen habe, sei sie innerhalb eines Monats gegen ihren Willen verheiratet worden. Gegen ihren Willen sei sie an die Hochzeitstafel gesetzt und mit dem Freund ihres Vaters, S. L., verheiratet worden. Dies sei am 02.05.1382 (24.07.2003) geschehen. S. sei ca. 50 Jahre alt und Beamter des Ettelaat-Ministeriums gewesen. S. sei von seinem Naturell her ein sehr aggressiver Typ. Die ganze Ehe sei eine Qual für sie, eine reine Vergewaltigung gewesen. Von S. sei sie ständig geschlagen worden. Vor ca. fünf Monaten sei sie wegen eines Magenrisses und Blutungen zwei Wochen lang in stationärer Behandlung gewesen. Auch dieser Magenriss sei von Schlägen verursacht worden. Anfang Herbst 2003 habe sie einen Antrag auf Scheidung gestellt. Der Richter habe ihren Antrag jedoch abgelehnt. Sie sei dann vor ihrem Ehemann geflüchtet und habe Zuflucht bei einer Freundin gefunden. Ihrer Mutter habe sie ihren Aufenthaltsort mitgeteilt. Gegen ihren Willen habe ihre Mutter sie jedoch verraten. Mit Gewalt sei sie deshalb zu ihrem Ehemann zurückgebracht worden. Sie habe dann Depressionen bekommen und sei im Herbst 1381 fünfzehn Tage lang in einer psychiatrischen Klinik in Sor Hessar (Teheran Ost) gewesen. Dort sei sie von der Mutter von A. R. besucht worden. Diese habe ihr versprochen, ihr zu helfen. In der Folgezeit habe sie versucht, sich mit ihrem Ehemann zu arrangieren und sein Vertrauen zu bekommen, um ein Duplikat ihres Personalausweises zu erhalten. Die Mutter von A. R. habe ihr mit Geld und später der Vermittlung eines Schleppers geholfen. Mittels eines Duplikats ihres Personalausweises habe sie am 23.10.1382 A. R. in Form einer Stellvertretertrauung geheiratet. A. R. habe seine Mutter beauftragt, für ihn habe eine offizielle Vollmacht zur Durchführung der Eheschließung vorgelegen. Nach der Eheschließung mit A. R. habe sie sich sechs Tage in Teheran bei einer Freundin versteckt aufgehalten. Von ihrer zweiten Eheschließung wisse niemand. Mit Hilfe eines Fluchthelfers sei sie dann nach Orumiyeh mit einem Reisebus gefahren. Des Nachts sei sie mit einem Esel über die Grenze in die Türkei gelangt. Dort habe sie eine Woche lang krank im Bett gelegen. Mit dem Bus sei sie dann nach Istanbul gefahren, wo sie sich drei Wochen lang aufgehalten habe. Am 16.02.2004 sei sie mit dem Flugzeug nach Deutschland geflogen.
Mit Bescheid vom 27.08.2004 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag ab und verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG hinsichtlich des Iran vorliegen.
Am 16.09.2004 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
Ziffer 1 und 2 des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheids.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin vorgetragen, im Jahre 1996 habe sie das Abitur abgelegt. Da ihre Familie sehr religiös sei, sei ihr zunächst verwehrt worden, zu studieren. Erst vier Jahre nach dem Abitur habe sie schließlich von ihrem Vater die Erlaubnis erhalten, ein Universitätsstudium zu beginnen. In den vier Jahren bis zum Beginn des Studiums habe sie sich vorwiegend mit Sport beschäftigt. Sie habe Volleyball gespielt und sei geschwommen. In diesen Sportarten habe sie auch die Trainerausbildung. Drei Jahre lang habe sie danach an der Universität Englisch studiert. Nach ihrer Verheiratung sei ihr verboten worden, das Studium fortzuführen. Deshalb habe sie keinen Universitätsabschluss. Den Iran habe sie verlassen, da sie von ihrem Ehemann, mit dem sie gegen ihren Willen verheiratet worden sei, geschlagen, gefoltert und vergewaltigt worden sei. Ihr Ehemann sei sehr grob, unmenschlich gewesen und habe sie regelmäßig bedroht. Er habe von ihr ständig Zärtlichkeiten verlangt, außerdem sei er sehr religiös gewesen. Ihr Ehemann sei ein Freund ihres Vaters und genauso religiös und ideologisch eingestellt wie ihr Vater. Ihr Vater habe ihr gedroht, er werde sie umbringen, falls sie seinen Freund nicht heirate. Die einzige Hoffnung bei der Heirat sei für sie gewesen, dass sie nunmehr weniger Repressalien zu erleiden habe als in ihrer eigenen Familie. Als ihr wirklicher Freund A. R. den Iran verlassen habe, sei ihr Vater auf die Idee gekommen, sie zu verheiraten. Ein großes Hochzeitsfest habe es nicht gegeben. Ein Geistlicher sei nach Hause gekommen. Dort sei die Eheschließung vollzogen worden. Nach der Eheschließung habe es lediglich ein Essen gegeben. Danach habe sie zu ihrem Ehemann ziehen müssen. Dieser habe ständig Zärtlichkeiten von ihr verlangt, die sie nicht habe geben können. Dann habe es Streit gegeben, in dessen Verlauf er sie geschlagen habe. Ihr Versuch, sich scheiden zu lassen, habe keinen Erfolg gehabt. Sie habe sich schriftlich an das Familiengericht gewandt. Dort sei ihr jedoch erklärt worden, dass ihr Vorbringen kein Scheidungsgrund sei, seitdem habe sie nichts mehr von der Angelegenheit gehört. Ihr Ehemann habe gewusst, dass sie sich von ihm trennen lassen wolle. Da eine Scheidung ausgeschlossen gewesen sei, sei sie zu einer Freundin geflüchtet. Von dort aus habe sie ihre Mutter benachrichtigt, dass sie sich bei einer Freundin aufhalte. Ihre Mutter sei mit ihrem Ehemann zusammen bei der Freundin erschienen. Sie sei gezwungen worden, in die Ehewohnung zurückzukehren. Dort habe ihr Ehemann sie schwer geschlagen und ihr eine Pistole an die Schläfe gehalten und sie mit dem Tod bedroht. Auf Grund der vielen Misshandlungen durch ihren Ehemann habe sie Magenblutungen erhalten und sei deshalb ca. zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Außerdem sei sie depressiv geworden. Als sie realisiert habe, dass sie keine Chance auf Trennung von ihrem Ehemann habe, habe sie ihrem Ehemann mehr Vertrauen geschenkt und seine Befehle akzeptiert. Die Mutter von A. R. habe ihr anlässlich eines Besuchs im Krankenhaus den Rat gegeben, nett zu ihrem Ehemann zu sein. Dieses Entgegenkommen habe sie ca. einen Monat aufgebracht. Während dieser Zeit sei sie in den Besitz eines Duplikats ihres Personalausweises gelangt. Die Mutter von A. R. habe dieses Duplikat vom Registeramt erhalten. Am 23.10.1382 habe sie A. R. bei einem Notar in Teheran geheiratet. Die Mutter von A. R. habe die Eheschließungsmodalitäten zuvor erledigt. Da ihr Ehemann bei der Arbeit gewesen sei, habe sie keine Probleme gehabt, die Wohnung zu verlassen. Außer der Mutter von A. R. habe niemand Kenntnis davon, dass sie ihren Freund geheiratet habe. Nach der Heirat habe sie sich sechs Tage lang bei einer anderen Freundin versteckt. Mit Hilfe eines von der Mutter von A. R. engagierten Schleppers sei sie von Teheran nach Orumiyeh geflüchtet. Von Deutschland aus habe sie keine Kontakte in den Iran.
10 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
11 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
12 
Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch, als Asylberechtigte anerkannt zu werden (§ 113 Abs. 5 VwGO).
13 
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Asylbewerber hat bei einer Einreise auf dem Luftweg seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg vom Herkunftsland nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Ist der Asylbewerber nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere, hat er an der Grenze bzw. bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Die Klägerin konnte im vorliegenden Verfahren keinerlei Flugunterlagen - weder Flugschein noch Bordkarte oder Gepäckschein - vorlegen. Auch wenn die Vorlage von Flugunterlagen für die Überzeugungsgewissheit über die Einreise ohne Kontakt zu einem sicheren Drittstaat nicht zwingend ist, kommt ihr doch als Beweisanzeichen zentrale Bedeutung zu. Zwar macht die Klägerin geltend, der Schlepper habe die Rückgabe des gefälschten Reisepasses und der sonstigen Flugunterlagen von ihr verlangt. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht erklären, weshalb die Klägerin nach dem Passieren der Passkontrolle, also gleichsam unter den Augen der deutschen Grenzbehörden, zu ihrem Nachteil Beweismittel aus der Hand gegeben noch warum sie sich nicht wenigstens ohne Papiere unverzüglich bei der Grenzbehörde im Flughafen gemeldet und dort um den begehrten asylrechtlichen Schutz nachgesucht hat. Denn nach der Ankunft in Deutschland kann von einer Zwangssituation der Klägerin gegenüber dem Schlepper jedenfalls hinsichtlich der Flugunterlagen nicht mehr gesprochen werden. Die Klägerin hat deshalb das Gericht nicht davon überzeugen können, dass sie auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist.
14 
Der Grundrechtsausschluss nach Art. 16 a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26 a Abs. 1 AsylVfG steht aber einer Berufung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht entgegen, wenn die Abschiebung des Asylbewerbers nicht in den sicheren Drittstaat, sondern - wie im vorliegenden Fall - in den Herkunftsstaat erfolgen soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.07.1996, NVwZ-Beilage 1997, 10; GK-AsylVfG, § 26 a Rdnr. 23).
15 
Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
16 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Ausländer, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
17 
In § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG wird im Unterschied zum bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention) Bezug genommen. Die Vorschrift führt nunmehr eine Anpassung des deutschen Rechts an die internationale Staatenpraxis bei der Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 herbei (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Für die Auslegung des § 60 Abs. 1 AufenthG ist deshalb der Flüchtlingsbegriff nach Art. 1 Genfer Konvention maßgebend. Da nach § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG die Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen kann, ist die von der bisherigen Zurechnungslehre (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997, BVerwGE 104, 254) geforderte grundsätzliche Schutzfähigkeit des Staates ("mittelbare staatliche Verfolgung") nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG unmaßgeblich (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005, NVwZ 2005, 725; VG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2005 - A 10 K 10587/04 - = Asylmagazin 3/2005, 20; VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 - 18 K 7155/01.A - = Asylmagazin 11/2005, 22 und Urt. v. 17.06.2005 - 18 K 5407/01.A - Juris -). Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard erfordert einen effektiven Schutz vor Verfolgung, und zwar unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugeordnet werden kann oder nicht. Damit geht der Begriff der Verfolgung in § 60 Abs. 1 AufenthG über den Verfolgungsbegriff in Art. 16 a GG hinaus, so dass die vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42) für § 51 Abs. 1 AuslG proklamierte Identität zwischen dem Begriff "politische Verfolgung" und den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Bereich des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr gilt.
18 
Nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG können Organisationen ohne Gebietsgewalt, Gruppen oder auch Einzelpersonen sein, von denen eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ausgeht. Mit § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG wurde Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 ff.) - Qualifikationsrichtlinie - in nationales deutsches Recht umgesetzt (vgl. Duchrow, ZAR 2004, 339; VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005 aaO). Weder das Aufenthaltsgesetz noch die Qualifikationsrichtlinie enthalten eine nähere Bestimmung des Begriffs des nichtstaatlichen Akteurs. Aus der Gegenüberstellung von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c mit lit. b AufenthG folgt aber, dass nichtstaatliche Akteure keinen Organisationsgrad aufweisen, wie er für Parteien oder Organisationen üblich ist, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen. Für eine Bejahung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG ist nicht erforderlich, dass die Verfolgung von Gruppen ausgeht, die dem Staat oder den Parteien oder Organisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG ähnlich sind (a. A. VG Regensburg, Urt. v. 17.01.2005 - RO 3 K 04.30596 - = Asylmagazin 10/2005, 24; VG Sigmaringen, Urt. v. 05.04.2005 - A 3 K 12111/03 -). Ansonsten wäre § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG überflüssig. Denn entsprechende Sachverhalte fallen unter § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG, da sie dem unbestimmten Begriff der Organisationen zugeordnet werden können (ebenso VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 aaO, und Urt. v. 17.06.2005 aaO). Nichtstaatliche Akteure können somit auch Einzelpersonen sein.
19 
Nach § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bereits dann vorliegen, wenn die Verfolgung allein an das Geschlecht anknüpft. Zwar wird nach Art. 10 Abs. 1 d der Qualifikationsrichtlinie allein der Hinweis auf das Geschlecht bei einer geltend gemachten Verfolgung nicht als zureichend für die Darlegung des Verfolgungsgrunds angesehen. Dies hat jedoch keine einschränkende Auslegung des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG zur Folge, da die Qualifikationsrichtlinie lediglich Mindeststandards festlegt und dem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt ist, diese Mindeststandards zu überschreiten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 - 3 UE 3457/04.A - Juris = Asylmagazin 6/2005, 35). Von geschlechtsspezifischer Verfolgung sind danach insbesondere betroffen Frauen, die geschlechtsbezogener Diskriminierung entweder von Seiten staatlicher Stellen oder von Seiten Privater ausgesetzt sind, wenn der Staat sie nicht ausreichend schützen kann oder will, zudem Frauen, die Verfolgung befürchten, weil sie kulturelle oder religiöse Normen übertreten haben oder sich diesen nicht beugen wollen sowie Frauen, die Verfolgung auf Grund der Aktivitäten oder der Ansichten von Familienangehörigen befürchten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 aaO).
20 
In Anwendung dieser Grundsätze liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vor. Sie hat den Iran wegen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG verlassen und bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ist sie vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher.
21 
Die Klägerin hat das Verfolgungsgeschehen im Iran ohne Strukturbrüche, mit vielen Details und sehr anschaulich geschildert. Ihre Angaben waren ohne wesentliche Widersprüche und erfolgten, ohne zu zögern. Dabei wirkte sie in der mündlichen Verhandlung inhaltlich sicher und vermochte auf Zwischenfragen des Gerichts spontan und überzeugend zu antworten. Das Gericht hatte an keiner Stelle der mündlichen Verhandlung den Eindruck, die Klägerin versuche eine Geschichte zu erzählen, die sie selbst nicht erlebt hat. Auch das Bundesamt hat das Vorbringen der Klägerin als schlüssig und lebensnah eingestuft und einen Anspruch der Klägerin nach § 60 Abs. 1 AufenthG lediglich aus Rechtsgründen verneint. Für das Gericht steht deshalb fest, dass die Klägerin gegen ihren Willen mit dem Freund ihres Vaters verheiratet und während dieser Ehe von ihrem Ehemann regelmäßig vergewaltigt und brutal misshandelt wurde. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Scheidung hatte keinen Erfolg. Mit Hilfe der Mutter ihres eigentlichen Freundes A. R. konnte die Klägerin aus dem Iran flüchten, nachdem sie zuvor in Form einer Stellvertretertrauung A. R. vor einem Notar im Iran geheiratet hat.
22 
Bei der von der Klägerin erlittenen ehelichen Gewalt durch den ihr aufgezwungenen Ehemann handelt es sich zwar nicht um staatliche Verfolgung, gemäß § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG sind Verfolgungsmaßnahmen jedoch auch von nichtstaatlichen Akteuren relevant, soweit der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen einschließlich internationaler Organisationen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Diese Voraussetzungen sind zu bejahen. Die Klägerin hatte weder die Möglichkeit, sich von dem ihr aufgezwungenen Ehemann scheiden zu lassen noch konnte sie mit Schutzgewährung durch den iranischen Staat im Hinblick auf die ständige massive eheliche Gewalt rechnen. Nach der Auskunftslage (vgl. AA, Lagebericht v. 29.08.2005; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Reformen und Repression - vom 20.01.2004) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familienrecht, Zivilrecht und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. So hat der Ehemann das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss; eine Frau kann hingegen lediglich bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemannes eine Aufhebung der Ehe durch das Gericht verlangen. Wenn eine Frau sich scheiden lassen möchte, dann wird sie von der Polizei oder einem Gericht zu ihrem Ehemann zurückgeschickt. Frauen haben auch keine Möglichkeiten, rechtlich gegen einen gewalttätigen Ehemann vorzugehen. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (aaO) können sie bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Bei dieser Auskunftslage ist die von einem Ehemann im Iran verübte eheliche Gewalt nicht verboten und die von Männern gegen ihre Frauen verübten Misshandlungen werden von der Regierung weiter geduldet.
23 
Die gegen die Klägerin verübte eheliche Gewalt betraf sie in einem verfolgungserheblichen Merkmal im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG, nämlich dem für sie unverfügbaren Merkmal des weiblichen Geschlechts. Die im Iran erlittene Verfolgung war nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin auch mit schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen verbunden.
24 
Für die Klägerin besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG. Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass die Möglichkeit eines regionalen Ausweichens innerhalb des Iran regelmäßig ausscheidet (vgl. Lagebericht v. 29.08.2005). Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres ehelichen oder familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, würde sie Gefahr laufen, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe aaO).
25 
Die Klägerin wäre bei einer Rückkehr in den Iran nicht mit hinreichender Sicherheit vor einer erneuten Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufentG sicher. Zwar erscheint ausgeschlossen, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in den Iran einer Strafverfolgung wegen Ehebruchs infolge der mittlerweile eingegangenen Beziehung zu A. R. ausgesetzt wäre. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hat von dieser weiteren Eheschließung - außer der Mutter von A. R. - niemand im Iran Kenntnis erlangt. Die Klägerin ist bei einer Rückkehr in den Iran jedoch nicht nur vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher, ihr droht vielmehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch den ihr aufgezwungenen Ehemann in Anknüpfung an das Vorfluchtgeschehen eine erneute, an ihr Geschlecht anknüpfende Verfolgung.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
11 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
12 
Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch, als Asylberechtigte anerkannt zu werden (§ 113 Abs. 5 VwGO).
13 
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Asylbewerber hat bei einer Einreise auf dem Luftweg seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg vom Herkunftsland nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Ist der Asylbewerber nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere, hat er an der Grenze bzw. bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Die Klägerin konnte im vorliegenden Verfahren keinerlei Flugunterlagen - weder Flugschein noch Bordkarte oder Gepäckschein - vorlegen. Auch wenn die Vorlage von Flugunterlagen für die Überzeugungsgewissheit über die Einreise ohne Kontakt zu einem sicheren Drittstaat nicht zwingend ist, kommt ihr doch als Beweisanzeichen zentrale Bedeutung zu. Zwar macht die Klägerin geltend, der Schlepper habe die Rückgabe des gefälschten Reisepasses und der sonstigen Flugunterlagen von ihr verlangt. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht erklären, weshalb die Klägerin nach dem Passieren der Passkontrolle, also gleichsam unter den Augen der deutschen Grenzbehörden, zu ihrem Nachteil Beweismittel aus der Hand gegeben noch warum sie sich nicht wenigstens ohne Papiere unverzüglich bei der Grenzbehörde im Flughafen gemeldet und dort um den begehrten asylrechtlichen Schutz nachgesucht hat. Denn nach der Ankunft in Deutschland kann von einer Zwangssituation der Klägerin gegenüber dem Schlepper jedenfalls hinsichtlich der Flugunterlagen nicht mehr gesprochen werden. Die Klägerin hat deshalb das Gericht nicht davon überzeugen können, dass sie auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist.
14 
Der Grundrechtsausschluss nach Art. 16 a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26 a Abs. 1 AsylVfG steht aber einer Berufung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht entgegen, wenn die Abschiebung des Asylbewerbers nicht in den sicheren Drittstaat, sondern - wie im vorliegenden Fall - in den Herkunftsstaat erfolgen soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.07.1996, NVwZ-Beilage 1997, 10; GK-AsylVfG, § 26 a Rdnr. 23).
15 
Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
16 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Ausländer, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
17 
In § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG wird im Unterschied zum bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention) Bezug genommen. Die Vorschrift führt nunmehr eine Anpassung des deutschen Rechts an die internationale Staatenpraxis bei der Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 herbei (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Für die Auslegung des § 60 Abs. 1 AufenthG ist deshalb der Flüchtlingsbegriff nach Art. 1 Genfer Konvention maßgebend. Da nach § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG die Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen kann, ist die von der bisherigen Zurechnungslehre (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997, BVerwGE 104, 254) geforderte grundsätzliche Schutzfähigkeit des Staates ("mittelbare staatliche Verfolgung") nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG unmaßgeblich (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005, NVwZ 2005, 725; VG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2005 - A 10 K 10587/04 - = Asylmagazin 3/2005, 20; VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 - 18 K 7155/01.A - = Asylmagazin 11/2005, 22 und Urt. v. 17.06.2005 - 18 K 5407/01.A - Juris -). Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard erfordert einen effektiven Schutz vor Verfolgung, und zwar unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugeordnet werden kann oder nicht. Damit geht der Begriff der Verfolgung in § 60 Abs. 1 AufenthG über den Verfolgungsbegriff in Art. 16 a GG hinaus, so dass die vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42) für § 51 Abs. 1 AuslG proklamierte Identität zwischen dem Begriff "politische Verfolgung" und den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Bereich des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr gilt.
18 
Nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG können Organisationen ohne Gebietsgewalt, Gruppen oder auch Einzelpersonen sein, von denen eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ausgeht. Mit § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG wurde Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 ff.) - Qualifikationsrichtlinie - in nationales deutsches Recht umgesetzt (vgl. Duchrow, ZAR 2004, 339; VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005 aaO). Weder das Aufenthaltsgesetz noch die Qualifikationsrichtlinie enthalten eine nähere Bestimmung des Begriffs des nichtstaatlichen Akteurs. Aus der Gegenüberstellung von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c mit lit. b AufenthG folgt aber, dass nichtstaatliche Akteure keinen Organisationsgrad aufweisen, wie er für Parteien oder Organisationen üblich ist, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen. Für eine Bejahung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG ist nicht erforderlich, dass die Verfolgung von Gruppen ausgeht, die dem Staat oder den Parteien oder Organisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG ähnlich sind (a. A. VG Regensburg, Urt. v. 17.01.2005 - RO 3 K 04.30596 - = Asylmagazin 10/2005, 24; VG Sigmaringen, Urt. v. 05.04.2005 - A 3 K 12111/03 -). Ansonsten wäre § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG überflüssig. Denn entsprechende Sachverhalte fallen unter § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG, da sie dem unbestimmten Begriff der Organisationen zugeordnet werden können (ebenso VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 aaO, und Urt. v. 17.06.2005 aaO). Nichtstaatliche Akteure können somit auch Einzelpersonen sein.
19 
Nach § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bereits dann vorliegen, wenn die Verfolgung allein an das Geschlecht anknüpft. Zwar wird nach Art. 10 Abs. 1 d der Qualifikationsrichtlinie allein der Hinweis auf das Geschlecht bei einer geltend gemachten Verfolgung nicht als zureichend für die Darlegung des Verfolgungsgrunds angesehen. Dies hat jedoch keine einschränkende Auslegung des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG zur Folge, da die Qualifikationsrichtlinie lediglich Mindeststandards festlegt und dem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt ist, diese Mindeststandards zu überschreiten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 - 3 UE 3457/04.A - Juris = Asylmagazin 6/2005, 35). Von geschlechtsspezifischer Verfolgung sind danach insbesondere betroffen Frauen, die geschlechtsbezogener Diskriminierung entweder von Seiten staatlicher Stellen oder von Seiten Privater ausgesetzt sind, wenn der Staat sie nicht ausreichend schützen kann oder will, zudem Frauen, die Verfolgung befürchten, weil sie kulturelle oder religiöse Normen übertreten haben oder sich diesen nicht beugen wollen sowie Frauen, die Verfolgung auf Grund der Aktivitäten oder der Ansichten von Familienangehörigen befürchten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 aaO).
20 
In Anwendung dieser Grundsätze liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vor. Sie hat den Iran wegen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG verlassen und bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ist sie vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher.
21 
Die Klägerin hat das Verfolgungsgeschehen im Iran ohne Strukturbrüche, mit vielen Details und sehr anschaulich geschildert. Ihre Angaben waren ohne wesentliche Widersprüche und erfolgten, ohne zu zögern. Dabei wirkte sie in der mündlichen Verhandlung inhaltlich sicher und vermochte auf Zwischenfragen des Gerichts spontan und überzeugend zu antworten. Das Gericht hatte an keiner Stelle der mündlichen Verhandlung den Eindruck, die Klägerin versuche eine Geschichte zu erzählen, die sie selbst nicht erlebt hat. Auch das Bundesamt hat das Vorbringen der Klägerin als schlüssig und lebensnah eingestuft und einen Anspruch der Klägerin nach § 60 Abs. 1 AufenthG lediglich aus Rechtsgründen verneint. Für das Gericht steht deshalb fest, dass die Klägerin gegen ihren Willen mit dem Freund ihres Vaters verheiratet und während dieser Ehe von ihrem Ehemann regelmäßig vergewaltigt und brutal misshandelt wurde. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Scheidung hatte keinen Erfolg. Mit Hilfe der Mutter ihres eigentlichen Freundes A. R. konnte die Klägerin aus dem Iran flüchten, nachdem sie zuvor in Form einer Stellvertretertrauung A. R. vor einem Notar im Iran geheiratet hat.
22 
Bei der von der Klägerin erlittenen ehelichen Gewalt durch den ihr aufgezwungenen Ehemann handelt es sich zwar nicht um staatliche Verfolgung, gemäß § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG sind Verfolgungsmaßnahmen jedoch auch von nichtstaatlichen Akteuren relevant, soweit der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen einschließlich internationaler Organisationen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Diese Voraussetzungen sind zu bejahen. Die Klägerin hatte weder die Möglichkeit, sich von dem ihr aufgezwungenen Ehemann scheiden zu lassen noch konnte sie mit Schutzgewährung durch den iranischen Staat im Hinblick auf die ständige massive eheliche Gewalt rechnen. Nach der Auskunftslage (vgl. AA, Lagebericht v. 29.08.2005; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Reformen und Repression - vom 20.01.2004) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familienrecht, Zivilrecht und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. So hat der Ehemann das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss; eine Frau kann hingegen lediglich bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemannes eine Aufhebung der Ehe durch das Gericht verlangen. Wenn eine Frau sich scheiden lassen möchte, dann wird sie von der Polizei oder einem Gericht zu ihrem Ehemann zurückgeschickt. Frauen haben auch keine Möglichkeiten, rechtlich gegen einen gewalttätigen Ehemann vorzugehen. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (aaO) können sie bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Bei dieser Auskunftslage ist die von einem Ehemann im Iran verübte eheliche Gewalt nicht verboten und die von Männern gegen ihre Frauen verübten Misshandlungen werden von der Regierung weiter geduldet.
23 
Die gegen die Klägerin verübte eheliche Gewalt betraf sie in einem verfolgungserheblichen Merkmal im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG, nämlich dem für sie unverfügbaren Merkmal des weiblichen Geschlechts. Die im Iran erlittene Verfolgung war nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin auch mit schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen verbunden.
24 
Für die Klägerin besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG. Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass die Möglichkeit eines regionalen Ausweichens innerhalb des Iran regelmäßig ausscheidet (vgl. Lagebericht v. 29.08.2005). Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres ehelichen oder familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, würde sie Gefahr laufen, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe aaO).
25 
Die Klägerin wäre bei einer Rückkehr in den Iran nicht mit hinreichender Sicherheit vor einer erneuten Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufentG sicher. Zwar erscheint ausgeschlossen, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in den Iran einer Strafverfolgung wegen Ehebruchs infolge der mittlerweile eingegangenen Beziehung zu A. R. ausgesetzt wäre. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hat von dieser weiteren Eheschließung - außer der Mutter von A. R. - niemand im Iran Kenntnis erlangt. Die Klägerin ist bei einer Rückkehr in den Iran jedoch nicht nur vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher, ihr droht vielmehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch den ihr aufgezwungenen Ehemann in Anknüpfung an das Vorfluchtgeschehen eine erneute, an ihr Geschlecht anknüpfende Verfolgung.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 02.08.2001 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerinnen als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass in ihrer Person mit Blick auf den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.

Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten, die dieser selbst trägt.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen - eine 1967 geborene Mutter und ihre 1988 und 1994 geborenen Töchter aus dem Iran - meldeten sich am 06.09.2000 in der Landesaufnahmestelle Karlsruhe und beantragten Asyl. Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 09.10.2000 gab die Klägerin Ziff. 1 an, sie hätten den Iran am 20.08.2000 auf dem Luftweg über den Flughafen Teheran in Richtung Türkei verlassen und seien von dort aus mit Hilfe eines gefälschten Reisepasses am 05.09.2000 wiederum auf dem Luftweg nach Deutschland gekommen. Ihr Asylbegehren stützte sie hierbei im Wesentlichen darauf, dass sie im Iran festgenommen worden sei, da sie in ihrem Haus heimlich illegalen Tanzunterricht erteilt hätte. Im Rahmen der nachfolgenden Hausdurchsuchung sei eine Video-Kassette beschlagnahmt worden. Man habe sie daraufhin beschuldigt, Ehebruch begangen zu haben, da zwar sie, nicht aber der männliche Partner - ihr Ehemann - darauf erkennbar gewesen sei. Nachdem sie mit Hilfe einer hohen Geldzahlung habe kurzfristig freikommen können, habe sie mit ihren Töchtern umgehend den Iran verlassen. Wegen der einzelnen Angaben wird auf die vom Bundesamt gefertigte Niederschrift über die Anhörung verwiesen.
Der Ehemann und Vater der Klägerinnen stellte unter dem 09.01.2001 in Köln einen Asylantrag. Er bestätigte dort wesentliche Angaben der Klägerin Ziff. 1. Dessen Asylverfahren endete am 26.08.2002 rechtskräftig negativ.
Mit Bescheid vom 03.02.2003, zugestellt am 12.02.2003, lehnte die Beklagte den Asylantrag der Klägerinnen unter Verneinung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG sowie unter Androhung der Abschiebung in den Iran ab. Zur Begründung ist unter Anderem ausgeführt, der Vortrag sei unschlüssig. Im Übrigen beinhalte das dargelegte Strafverfahren keine politische Verfolgung.
Gegen diesen Bescheid haben die Klägerinnen rechtzeitig Klage erhoben. Zur Begründung beziehen sie sich zunächst auf ihr Vorbringen gegenüber dem Bundesamt. Entgegen dessen Annahme sei der Vortrag insgesamt wahrheitsgemäß. In der konkreten Situation der iranischen Gesellschaft sei hierdurch auch von politischer Verfolgung auszugehen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin Ziffer 1 u.a. an, als sie aus dem Iran ausgereist sei, habe sie noch kein förmliches Ausreiseverbot gehabt, d. h. sie sei noch nicht auf der "schwarzen Liste" gestanden. Nachdem sie damals, vermutlich von Nachbarn, angezeigt worden sei, weil es bei ihr illegalen Tanzunterricht im Haus gegeben habe, seien zunächst nur die Pasdaran gekommen. Eine solche Sache allein sei noch kein großes Vergehen und deshalb gebe es im Rahmen eines solchen Vorwurfes noch kein Ausreiseverbot. Allerdings sei im Rahmen dessen dann eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden, wo dann die betreffende Video-Kassette aufgefunden worden sei. Da habe auf einmal der Vorwurf gelautet, sie habe Ehebruch begangen und das ganze sei Teil einer pornographischen Filmproduktion. Für so einen Vorwurf könne es dann durchaus ein Ausreiseverbot geben. Nachdem sie dann vorübergehend inhaftiert und vernommen worden sei, hätte die Akte eigentlich zur Staatsanwaltschaft abgegeben werden sollen. Das dann folgende Ausreiseverbot selbst werde dann von der obersten Generalstaatsanwaltschaft verfügt. Gerade so weit sei ihr Fall aber damals noch nicht gewesen. Bei der Hausdurchsuchung selbst hätten sich die Sicherheitskräfte auch auf andere Sachen konzentriert. Sie seien damals zunächst auch nur wegen der illegalen Tanzkurse zu ihr in die Wohnung gekommen. Aus diesem Grund sei etwa auch ihr Reisepass bei der Hausdurchsuchung wohl nicht sichergestellt worden. Das ganze habe sich erst später, im Rahmen der Verhöre vor dem Komitee, wesentlich verschärft. Und nun laute in der Akte der Vorwurf, sie habe Ehebruch begangen und es gebe hierfür auch ein Beweismittel. Dass dies so in den Akten stehe, wisse sie von dem Freund ihres Vaters, der über Beziehungen habe Einblick nehmen können.
Auf Frage des Gerichts zur Rolle ihres inzwischen geschiedenen Ehemannes im Rahmen der Untersuchung gab die Klägerin Ziffer 1 weiter an, sie habe ihrem Ex-Mann gerade wegen seinem Verhalten insoweit heftige Vorwürfe gemacht, als sie in Deutschland zusammengetroffen seien. Sie habe ihn gefragt, warum er ihr nicht beigestanden und sie "rausgehauen" habe. Der sei aber ein Feigling.
Auf die Frage des Gerichts, ob sie sich vorstellen könne, dass ihr Ehemann mit der betreffenden Video-Kassette vielleicht doch eine pornographische Filmproduktion im Sinne gehabt habe, äußerte die Klägerin Ziffer 1 heftig, nein, das sei ausgeschlossen. Sie hätten das nur für sich gemacht. Sie seien beide total betrunken gewesen. Die Videokamera sei auf einem Stativ aufgebaut gewesen und habe sich nicht bewegt. Es sei daher auch die ganze Zeit nur von einer Seite gefilmt worden. Sie selbst habe immer mal wieder in Richtung der Kamera geschaut. Sie sei daher auf dem Film auch zu erkennen. Ihr Mann habe aber seinen Kopf nicht gedreht. Sie meine aber, wenn er sich bei den Sicherheitskräften gestellt hätte, dann hätte man ihn anhand des Körperbaues vielleicht durchaus identifizieren können und den Beweis antreten, dass es ihr Ehemann gewesen sei und eben kein Ehebruch. Er sei aber ein Feigling und habe sich nicht gestellt. Ihr Mann sei im Iran Opium-Konsument gewesen. Deshalb sei er auch zu feige gewesen, zum Komitee zu kommen. Er habe einfach Angst gehabt.
Auf Frage des Gerichts zu den unterschiedlichen Sicherheitskräften gab die Klägerin Ziffer 1 weiter an, neben den regulären Ordnungskräften gebe es noch das Komitee für die ideologische Zensur. Und diese Leute seien es gewesen, die die Hausdurchsuchung durchgeführt hätten. Wenn man im Iran vom "Komitee" spreche, dann meine man immer Leute dieser Organisation. Im Rahmen der Verfolgung unislamischer Umtriebe würde das Komitee auch Untersuchungshaft anordnen, eine Untersuchungsakte anlegen und dazu auch die Verhöre durchführen. Anschließend würden diese dann die Akte an die Staatsanwaltschaft oder aber direkt an das Gericht abgeben. Letzteres wisse sie im Einzelnen nicht so genau. Über ihre Akte wisse sie durch einen engen Freund der Familie Bescheid. Dieser habe Verbindungen, weil er selbst bei den Sepah Pasdaran gearbeitet habe. Er habe ihr aber gleich gesagt, er habe überhaupt nur Einfluss auf der Ebene des Komitees. Wäre die Sache schon weiter gegangen zur Staatsanwaltschaft oder zum Gericht, hätte er nichts für sie tun können. Auf der Ebene des Komitees habe er sich aber einschalten können und diese zu einem 48-stündigen Aufschub überreden können. Es seien dafür auch 6 Millionen bezahlt worden. Das sei aber keine offizielle Kaution gewesen. Es sei ganz klar gewesen, dass diese Zahlung unter der Hand erfolgt sei. Wäre die Sache weitergegangen, wäre es normalerweise zum Gericht gekommen. Welches Gericht zuständig gewesen wäre, das wisse sie nicht. Bei den Verhören sei ihr immer nur gesagt worden, die Sache gehe zu Gericht. Es wären aber sicher islamische Richter, also Mullahs, gewesen. Wegen der Formulierung in der Akte, es gehe um Ehebruch und es gebe einen Beweis, fürchte sie, es hätte auf ein Todesurteil durch Steinigung hinauslaufen können. Soweit es im Bundesamts-Protokoll heiße, sie habe geäußert, sie hätte von ihrem Vater gehört, für so etwas gebe es eine Steinigung, sei dies in dieser Form falsch. Im Iran wisse man, dass es dafür die Todesstrafe durch Steinigung geben könne. Wenn sie nun zurückkehren müsste in den Iran, so sei das Problem nach wie vor vorhanden. Weil ihr Mann sich damals den Sicherheitskräften nicht offenbart habe, seien die sich nach wie vor sicher, dass sie dieses Delikt begangen habe. Aus Sicht der Sicherheitskräfte spreche wohl auch ihre Flucht ins Ausland dafür.
Ergänzend trug der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerinnen vor, die von der Klägerin Ziffer 1 geschilderte Verfolgung, die zur Flucht aus dem Iran geführt habe, müsse als religiöse Verfolgung aufgefasst werden. Die von islamischen Richtern, also Mullahs, abzuurteilenden Straftaten seien als Verfolgung religiös zu verstehen und damit eine politische Verfolgung. Jedenfalls ergebe sich dies nunmehr aus § 60 Abs. 1 AufenthG.
10 
Die Klägerinnen beantragen (nunmehr),
11 
den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 03.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass in ihrer Person in Bezug auf den Iran ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Der beteiligte Bundesbeauftragte hat sich nicht geäußert.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verfahrensakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten; die Beklagte ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu verpflichten (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
17 
1. Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Danach ist in Anknüpfung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer asylberechtigt, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war (Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 1, 27 AsylVfG).
18 
Von einer politischen Verfolgung kann dabei nur gesprochen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die oben genannten asylerheblichen Merkmale gezielte Rechtsverletzungen von solcher Intensität zugefügt werden, dass sie in ihren Wirkungen für den Einzelnen ausgrenzenden Charakter haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315 m.w.N.). Ein vereinzeltes schlechtes Erlebnis etwa mit staatlichen Sicherheitskräften genügt daher noch nicht, um von (politischer) Verfolgung zu sprechen. Da das Asylrecht auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl aufbaut (BVerfG, Beschl. v. 23.11.1986, BVerfGE 74, 51), kann von einer solchen Verfolgung nur gesprochen werden, wenn der Einzelne aus begründeter Furcht vor einer für ihn ausweglosen Lage nunmehr sein Land verlässt und im Ausland Schutz und Zuflucht sucht (BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991, BVerfGE 83, 216).
19 
Ob eine gemessen an diesen Vorgaben gegebene Verfolgung politisch ist, ist entscheidend nach den dem staatlichen Zugriff zugrundeliegenden Motiven zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, DVBl. 1985, 956 m.w.N.). Dabei kommt es auf die objektiv erkennbare Gerichtetheit der Verfolgungsmaßnahmen an und nicht auf die subjektiven Verfolgungsmotive des Verfolgers (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, a.a.0.), und ebenfalls nicht auf eventuell vorhandene politische Motive des Verfolgten.
20 
Bedient sich der Verfolgerstaat scheinbar "neutraler" Instrumente, wie der Anwendung allgemeiner Straftatbestände, Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen, so stellt sich die Frage des Vorliegens einer politischen Verfolgung insoweit in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Anwendung von Strafrechtsnormen nur vorgeschoben sein, um den Einzelnen in Wahrheit in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal, wie etwa Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu oppositionellen Kreisen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen. Anhaltspunkte hierfür können etwa Berichte über unfaire Verfahren, erpresste Geständnisse und allgemein belegte vergleichbare Fälle sein, in denen mit Mitteln des Strafprozesses gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Ist solches zu konstatieren, schlägt im Übrigen die Annahme fehl, es sei dem hiervon Betroffenen zuzumuten, sich einem Strafverfahren zu stellen und seine Unschuld zu beweisen.
21 
Daneben kann politische Verfolgung in der Anwendung von Strafrechtsnormen verborgen sein, wenn die konkrete Norm selbst unmittelbarer Ausdruck der herrschenden Staatsdoktrin ist und sich eine konkrete Straftat dann aus Sicht der Machthaber nicht in einem Verstoß gegen die rechtmäßige Ordnung erschöpft, vielmehr der "Täter" dadurch im Einzelfall zum Ausdruck bringt, dass er den Machthabern, ihrer Ideologie und den Fundamenten ihrer Macht ablehnend gegenübersteht und gerade deshalb in Anknüpfung an das asylerhebliche Merkmal der sozialen Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt und streng bestraft wird. Anhaltspunkte hierfür sind zum einen ein völlig unangemessenes Verhältnis von Tat und Rechtsfolge wie schwere Haft- und Körperstrafen oder die Todesstrafe für vergleichsweise einfache soziale Ordnungsverstöße (vgl. etwa die Zuchthaus- bzw. Todesstrafe nach §§ 1 und 2 der VO über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 01.09.1939, RGBl. I, S. 1683, für das "Hören von Feindsendern"). Aber auch die "dogmatische Einbettung" einer Strafvorschrift vermag insoweit Hinweise zu geben, ob über die Ahndung des Verstoßes hinaus gerade die Ausgrenzung des Täters maßgeblich mitbedacht ist ("Volksschädling", "Verderbensstifter" o.ä.). Schließlich kann eine Rolle spielen, in welchem Maße ein Hinausstrahlen in die Öffentlichkeit in der tatsächlichen Anwendung einer Strafrechtsnorm strafbegründend oder -erhöhend wirkt. Werden etwa Straftaten gegen die "göttliche Ordnung" im häuslichen Bereich praktisch überhaupt nicht verfolgt, obwohl streng genommen auch hierdurch die "göttliche Ordnung" verletzt wird, sondern erst dann, wenn sie öffentlich wahrnehmbar sind, so spricht einiges dafür, dass in Wahrheit die Verletzung der Staatsdoktrin geahndet werden soll und das sich hieraus ableitbare Auflehnen i.S. einer Vorstufe zu oppositioneller Tätigkeit. Allerdings kommt es insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
22 
Eine begründete Furcht vor einer derartigen politischen Verfolgung im Heimatstaat ist dann zu bejahen, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben, bzw. dorthin zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, a.a.0. und Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Allgemeine Ängste oder unbestimmte Befürchtungen müssen danach außer Betracht bleiben. Eine Furcht kann nur dann als begründete Furcht angesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles auch ein besonnener Betroffener eine derart ausweglose Lage erkennen müsste, die ihn - unter Berücksichtigung des oben skizzierten Kausalzusammenhangs - zum Verlassen seines Landes veranlasst. Hat der Asylbewerber am eigenen Leib schon politische Verfolgung erlitten, so ist eine solche begründete Furcht schon dann anzunehmen - und ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren - wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es dürfen mithin keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer abermals einsetzenden Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen und sich eine Wiederholungsverfolgung ohne ernstliche Zweifel an der Sicherheit des Asylbewerbers nicht ausschließen lässt (BVerfGE 54, 341; 70, 169). Dieser bereits eingetretenen politischen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich, wenn nach den Umständen des Falles festgestellt werden kann, dass die fluchtauslösende ausweglose Lage durch die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung eingetreten ist. In diesem Fall ist asylrechtlicher Schutz zu gewähren, wenn ein Wiedereintreten dieser unmittelbar drohenden Gefahr bei Rückkehr ins Heimatland nicht ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
23 
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass allgemeine Unfreiheit im Heimatland, Bedrückungen und Perspektivlosigkeit, mögen sie auch "gute Gründe" für ein Verlassen des Heimatlandes sein, nicht zur Gewährung von Asyl als politisch Verfolgter führen können.
24 
Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter setzt zudem voraus, dass das Gericht mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit einen Sachverhalt feststellen kann, aus dem sich dann in rechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Betreffende politisch verfolgt wird. Der Asylbewerber selbst muss dabei an der Tatsachenfeststellung mitwirken, insbesondere selbst alles vortragen, auf das er seine Verfolgungsfurcht begründet. Dieser Vortrag muss in schlüssiger Form und unter Angabe genauer Einzelheiten erfolgen und einen in sich stimmigen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. v. 24.03.1987, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 40; Beschl. v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 m.w.N.). Dabei wird allerdings dem notwendigerweise sachtypischen Beweisnotstand eines Asylbewerbers insoweit Rechnung getragen, als das Gericht grundsätzlich keinen vollen Beweis verlangen darf, sondern die Überzeugung vom Vorliegen des vorgetragenen Sachverhalts auch aus der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Asylbewerbers gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Bei der richterlichen Überzeugungsbildung ist dabei zu berücksichtigen, dass einzelne Angaben vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturkreise gesehen werden müssen, durch die notwendigen Dolmetscherübersetzungen sich Fehler einschleichen können und, was das Heranziehen von Auskünften u. Ä.. über das Heimatland betrifft, diese stets kritisch auf ihren wirklichen Aussagegehalt hin überprüft werden müssen.
25 
2. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist von einer beachtlichen Gefahr auszugehen, dass die Klägerin Ziff. 1 bei Rückkehr in den Iran in absehbarer Zeit mit solchen asylerheblichen Maßnahmen rechnen muss.
26 
a) Das Gericht hält das Vorbringen der Klägerin Ziff. 1 - anders als die Beklagte - zunächst einmal für glaubwürdig. Die Klägerin Ziff. 1 hat durch ihr Auftreten in der mündlichen Verhandlung, auch unter Berücksichtigung ihrer Angaben im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, beim Gericht einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat weder versucht, ausweichend zu antworten, noch etwa “taktisch“, noch hat sie bei Fragen des Gerichts längere Denkpausen benötigt. Sie hat insbesondere die Vorgänge nicht überzogen oder gesteigert dargestellt, um etwa ihre Chancen auf Asylanerkennung zu erhöhen. Vielmehr hat sie sogar auf entsprechende Fragen des Gerichts nach Weiterungen heftig und ablehnend reagiert, obwohl sie insoweit ohne weiteres Dramatisierungen hätte "einbauen" können. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung auch zuvor aufgetretene Ungereimtheiten aufklären, wie die Frage einer Ausreise auf dem Luftweg, kurz vor der erwarteten Verhängung eines Ausreiseverbotes, die Frage ihrer vorübergehenden Freilassung durch außerordentliche Geldzahlungen und gerade nicht durch eine ordnungsgemäße Kaution sowie überhaupt zum Ablauf gegen sie gerichteter Ermittlungen, die zunächst mit einem eher schwächeren Vorwurf eines Verstoßes gegen die islamischen Verhaltensvorschriften begannen, sich dann aber im Zuge weiterer Ermittlungen erst zuspitzten. Schließlich decken sich die zentralen Punkte der Angaben der Klägerin auch mit den Angaben ihres (inzwischen Ex-) Ehemannes in dessen Asylverfahren.
27 
b) Das Vorbringen deckt sich weiter auch mit der allgemeinen Erkenntnislage des Gerichts zur Situation im Iran. Die islamische Republik Iran wird als theokratische Diktatur unter weitestgehender Missachtung der Menschenrechte nach dem Grundsatz der Herrschaft der schiitischen Gottesgelehrten (velayat-e faqih) geführt. Das Regime hat sich dabei, zur Ummantelung seines Machterhaltungsinteresses - und des Interesses an der Plünderung der nationalen Ressourcen durch die herrschenden Kreise -, einen starken ideologischen Überbau im Sinne der schiitischen Rechts- und Moralvorstellungen gegeben. Diese wiederum werden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Iran vom 22.12.2004, S. 5, unten) u.a. auch herangezogen, um in politisch motivierten Verfahren gehen Oppositionelle vorzugehen mit konstruierten Anklagen etwa wegen Sexualdelikten. Auch die strikte strafrechtliche Verfolgung außenwirksamer politischer Betätigung gegen das herrschende Regime wird häufig als "Feindschaft gegen Gott" und "Verderben stiften auf Erden" (Art. 183 bis 196 des iran. StGB) angeklagt (AA, Lagebericht v. 22.12.2004, S. 14/15), also vom ideologischen "Überbau" des Regimes abgeleitet. Des Weiteren wird berichtet (hierzu und nachfolgend: DOI, Auskunft vom 27.02.2003 an VG Darmstadt), dass es im Bereich der Strafbarkeit wegen Sitten- und Moralverstößen wohl ganz entscheidend auf die Hintergründe der Tat anzukommen scheint. Handelt es sich etwa um die Ahndung von Ehebruch, könnte hierfür unter engen beweisrechtlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der notwendigen Qualifizierungen als Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB die Todesstrafe verhängt werden. In der Rechtspraxis des Iran werden solche Taten - wegen der strengen Beweisregeln dieses sog. "Gottes-Rechts" - im "Normalfall" aber offenbar eher selten ausgesprochen, kommen aber gerade dann vor, wenn aus der Sicht der iranischen Machthaber besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen), die Sittenordnung, die Grundlage der Herrschaft der Mullahs ist, also zusätzlich verletzt wurde, obwohl naturgemäß zweifelhaft ist, ob die vorgeschriebenen Beweisanforderungen in diesen Fällen auch wirklich erfüllt wurden (DOI, a.a.O.). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen und die eigentlich insoweit vorgesehenen Körperstrafen (Auspeitschung) dann sogar in Geldstrafe umzuwandeln.
28 
Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass politische Verfolgung im oben dargestellten Sinne wegen einer angenommenen regimefeindlichen Gesinnung tatsächlich nicht nur bei rein politischen Aktivitäten, die sich unmittelbar und direkt gegen die Herrschaft der Gottesgelehrten richtet - wie etwa die Studentenbewegung insbesondere im Sommer 1999 -, sondern bereits dann einsetzt, wenn der Einzelne seine private Lebensgestaltung offen wahrnehmbar derart gegen die herrschenden religiösen Vorstellungen hin ausrichtet, dass im Rahmen der Ahndung von Sittenverstößen dann auf jede sonst übliche Nachsicht verzichtet wird, um den tatsächlich oder vermeintlichen Gegner der herrschenden Ordnung in seinem Gegnersein bewusst auszugrenzen.
29 
Danach ist die Klägerin Ziff. 1 auf Grund des von ihr in ihrem Hause erteilten privaten Tanzunterrichts, strafbar als "unmoralisches Verhalten" (vgl. AA, Auskunft vom 04.03.2003 an VG Oldenburg), eventuell durch eine Anzeige von Nachbarn, ins Blickfeld der Sicherheitsorgane gerückt. Im Rahmen einer nachfolgenden Hausdurchsuchung verdichtete sich durch das Auffinden einer privaten Video-Kassette pornografischen Inhalts der Eindruck, dass es sich bei ihr um eine Person handeln muss, die gravierend gegen die herrschende Sozial- und Gesellschaftsordnung eingestellt ist. Lag bereits durch den erteilten Tanzunterricht nahe, dass die Klägerin nach außen hin werbend gegen die Interessen des Regimes wirkte, so verstärkte sich dies durch den Verdacht, auch die Video-Kassette könnte zum Zwecke der Weiterverbreitung produziert worden sein. In diesem Fall handelte es sich bei der Klägerin nicht um eine nur moralisch "ungefestigte" Person. Vielmehr stand sie hierdurch in Verdacht der Sicherheitsbehörden, die herrschende Moral und damit gerade auch das sich besonders hierauf stützende herrschende Regime aktiv untergraben zu wollen. Mit den daran anknüpfenden Strafmaßnahmen stand die Klägerin Ziff. 1 im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran daher in der Gefahr einer weiteren unmittelbar bevorstehende Verfolgung mit der Folge, dass in Anwendung des sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs auch schon fehlende hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung im Falle der Rückkehr für die Asylanerkennung genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 9.1984, BVerwGE 70, 169 m.w.N.). So liegt es hier. Im Falle einer Rückkehr der Klägerinnen in den Iran kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese drohende Verfolgung im oben dargestellten Sinn dann einsetzt.
30 
Den Klägerinnen ist auch die nicht belegte Flugreise nach Deutschland mit einem fremden Pass abzunehmen, zumal eine Anfrage der Beklagten zu Visa-Anträgen bei der deutschen Vertretung in Teheran über die Klägerinnen nichts ergeben hat, weshalb Art. 16 a Abs. 2 GG, § 26 a AsylVfG keine Anwendung findet. Das Gericht vermag sich im konkreten Fall der Einreise einer Mutter mit ihren damals 12- und 6-jährigen Kindern eine Einreise auf dem Landweg, etwa im Laderaum eines Lkw versteckt, aber auch nicht vorzustellen.
31 
3. Für die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 ergibt sich somit ein Anspruch auf Asylanerkennung aus § 26 AsylVfG.
32 
4. Ist deshalb die Asylberechtigung anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen (§ 31 Abs. 2 AsylVfG), besteht entgegen der bisherigen Annahme des Bundesamts keine Verpflichtung zur Verneinung von Abschiebungshindernissen (§§ 31 Abs. 3 S. 1AsylVfG). Der entsprechende Ausspruch des Bundesamtes war daher ebenfalls aufzuheben. Allerdings besteht in diesem Falle auch kein Anlass, zusätzlich das Vorliegen von Abschiebungshindernissen festzustellen (§ 31 Abs. 3 S. 2 AsylVfG), weshalb der dahin gehende Klageantrag wie regelmäßig nur als hilfsweise gestellt auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2002, DVBl 2003, 74 = AuAS 2003, 30 = InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) und keiner Bescheidung bedarf, wobei allerdings darauf hinzuweisen wäre, dass jedenfalls die Annahme eines Abschiebungsverbotes wegen einer drohenden menschenrechtswidrigen Behandlung für die Klägerin Ziff. 1 auf Grund der oben dargestellten Zusammenhänge ohne weiteres in Betracht käme, wollte man - entgegen den obigen Ausführungen - die Annahme einer politischen Verfolgung gleichwohl verneinen.
33 
5. Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben, weil die Klägerinnen nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden dürfen (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
34 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 (in entsprechender Anwendung) VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten; die Beklagte ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu verpflichten (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
17 
1. Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Danach ist in Anknüpfung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer asylberechtigt, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war (Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 1, 27 AsylVfG).
18 
Von einer politischen Verfolgung kann dabei nur gesprochen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die oben genannten asylerheblichen Merkmale gezielte Rechtsverletzungen von solcher Intensität zugefügt werden, dass sie in ihren Wirkungen für den Einzelnen ausgrenzenden Charakter haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315 m.w.N.). Ein vereinzeltes schlechtes Erlebnis etwa mit staatlichen Sicherheitskräften genügt daher noch nicht, um von (politischer) Verfolgung zu sprechen. Da das Asylrecht auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl aufbaut (BVerfG, Beschl. v. 23.11.1986, BVerfGE 74, 51), kann von einer solchen Verfolgung nur gesprochen werden, wenn der Einzelne aus begründeter Furcht vor einer für ihn ausweglosen Lage nunmehr sein Land verlässt und im Ausland Schutz und Zuflucht sucht (BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991, BVerfGE 83, 216).
19 
Ob eine gemessen an diesen Vorgaben gegebene Verfolgung politisch ist, ist entscheidend nach den dem staatlichen Zugriff zugrundeliegenden Motiven zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, DVBl. 1985, 956 m.w.N.). Dabei kommt es auf die objektiv erkennbare Gerichtetheit der Verfolgungsmaßnahmen an und nicht auf die subjektiven Verfolgungsmotive des Verfolgers (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, a.a.0.), und ebenfalls nicht auf eventuell vorhandene politische Motive des Verfolgten.
20 
Bedient sich der Verfolgerstaat scheinbar "neutraler" Instrumente, wie der Anwendung allgemeiner Straftatbestände, Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen, so stellt sich die Frage des Vorliegens einer politischen Verfolgung insoweit in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Anwendung von Strafrechtsnormen nur vorgeschoben sein, um den Einzelnen in Wahrheit in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal, wie etwa Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu oppositionellen Kreisen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen. Anhaltspunkte hierfür können etwa Berichte über unfaire Verfahren, erpresste Geständnisse und allgemein belegte vergleichbare Fälle sein, in denen mit Mitteln des Strafprozesses gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Ist solches zu konstatieren, schlägt im Übrigen die Annahme fehl, es sei dem hiervon Betroffenen zuzumuten, sich einem Strafverfahren zu stellen und seine Unschuld zu beweisen.
21 
Daneben kann politische Verfolgung in der Anwendung von Strafrechtsnormen verborgen sein, wenn die konkrete Norm selbst unmittelbarer Ausdruck der herrschenden Staatsdoktrin ist und sich eine konkrete Straftat dann aus Sicht der Machthaber nicht in einem Verstoß gegen die rechtmäßige Ordnung erschöpft, vielmehr der "Täter" dadurch im Einzelfall zum Ausdruck bringt, dass er den Machthabern, ihrer Ideologie und den Fundamenten ihrer Macht ablehnend gegenübersteht und gerade deshalb in Anknüpfung an das asylerhebliche Merkmal der sozialen Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt und streng bestraft wird. Anhaltspunkte hierfür sind zum einen ein völlig unangemessenes Verhältnis von Tat und Rechtsfolge wie schwere Haft- und Körperstrafen oder die Todesstrafe für vergleichsweise einfache soziale Ordnungsverstöße (vgl. etwa die Zuchthaus- bzw. Todesstrafe nach §§ 1 und 2 der VO über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 01.09.1939, RGBl. I, S. 1683, für das "Hören von Feindsendern"). Aber auch die "dogmatische Einbettung" einer Strafvorschrift vermag insoweit Hinweise zu geben, ob über die Ahndung des Verstoßes hinaus gerade die Ausgrenzung des Täters maßgeblich mitbedacht ist ("Volksschädling", "Verderbensstifter" o.ä.). Schließlich kann eine Rolle spielen, in welchem Maße ein Hinausstrahlen in die Öffentlichkeit in der tatsächlichen Anwendung einer Strafrechtsnorm strafbegründend oder -erhöhend wirkt. Werden etwa Straftaten gegen die "göttliche Ordnung" im häuslichen Bereich praktisch überhaupt nicht verfolgt, obwohl streng genommen auch hierdurch die "göttliche Ordnung" verletzt wird, sondern erst dann, wenn sie öffentlich wahrnehmbar sind, so spricht einiges dafür, dass in Wahrheit die Verletzung der Staatsdoktrin geahndet werden soll und das sich hieraus ableitbare Auflehnen i.S. einer Vorstufe zu oppositioneller Tätigkeit. Allerdings kommt es insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
22 
Eine begründete Furcht vor einer derartigen politischen Verfolgung im Heimatstaat ist dann zu bejahen, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben, bzw. dorthin zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, a.a.0. und Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Allgemeine Ängste oder unbestimmte Befürchtungen müssen danach außer Betracht bleiben. Eine Furcht kann nur dann als begründete Furcht angesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles auch ein besonnener Betroffener eine derart ausweglose Lage erkennen müsste, die ihn - unter Berücksichtigung des oben skizzierten Kausalzusammenhangs - zum Verlassen seines Landes veranlasst. Hat der Asylbewerber am eigenen Leib schon politische Verfolgung erlitten, so ist eine solche begründete Furcht schon dann anzunehmen - und ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren - wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es dürfen mithin keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer abermals einsetzenden Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen und sich eine Wiederholungsverfolgung ohne ernstliche Zweifel an der Sicherheit des Asylbewerbers nicht ausschließen lässt (BVerfGE 54, 341; 70, 169). Dieser bereits eingetretenen politischen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich, wenn nach den Umständen des Falles festgestellt werden kann, dass die fluchtauslösende ausweglose Lage durch die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung eingetreten ist. In diesem Fall ist asylrechtlicher Schutz zu gewähren, wenn ein Wiedereintreten dieser unmittelbar drohenden Gefahr bei Rückkehr ins Heimatland nicht ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
23 
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass allgemeine Unfreiheit im Heimatland, Bedrückungen und Perspektivlosigkeit, mögen sie auch "gute Gründe" für ein Verlassen des Heimatlandes sein, nicht zur Gewährung von Asyl als politisch Verfolgter führen können.
24 
Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter setzt zudem voraus, dass das Gericht mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit einen Sachverhalt feststellen kann, aus dem sich dann in rechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Betreffende politisch verfolgt wird. Der Asylbewerber selbst muss dabei an der Tatsachenfeststellung mitwirken, insbesondere selbst alles vortragen, auf das er seine Verfolgungsfurcht begründet. Dieser Vortrag muss in schlüssiger Form und unter Angabe genauer Einzelheiten erfolgen und einen in sich stimmigen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. v. 24.03.1987, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 40; Beschl. v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 m.w.N.). Dabei wird allerdings dem notwendigerweise sachtypischen Beweisnotstand eines Asylbewerbers insoweit Rechnung getragen, als das Gericht grundsätzlich keinen vollen Beweis verlangen darf, sondern die Überzeugung vom Vorliegen des vorgetragenen Sachverhalts auch aus der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Asylbewerbers gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Bei der richterlichen Überzeugungsbildung ist dabei zu berücksichtigen, dass einzelne Angaben vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturkreise gesehen werden müssen, durch die notwendigen Dolmetscherübersetzungen sich Fehler einschleichen können und, was das Heranziehen von Auskünften u. Ä.. über das Heimatland betrifft, diese stets kritisch auf ihren wirklichen Aussagegehalt hin überprüft werden müssen.
25 
2. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist von einer beachtlichen Gefahr auszugehen, dass die Klägerin Ziff. 1 bei Rückkehr in den Iran in absehbarer Zeit mit solchen asylerheblichen Maßnahmen rechnen muss.
26 
a) Das Gericht hält das Vorbringen der Klägerin Ziff. 1 - anders als die Beklagte - zunächst einmal für glaubwürdig. Die Klägerin Ziff. 1 hat durch ihr Auftreten in der mündlichen Verhandlung, auch unter Berücksichtigung ihrer Angaben im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, beim Gericht einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat weder versucht, ausweichend zu antworten, noch etwa “taktisch“, noch hat sie bei Fragen des Gerichts längere Denkpausen benötigt. Sie hat insbesondere die Vorgänge nicht überzogen oder gesteigert dargestellt, um etwa ihre Chancen auf Asylanerkennung zu erhöhen. Vielmehr hat sie sogar auf entsprechende Fragen des Gerichts nach Weiterungen heftig und ablehnend reagiert, obwohl sie insoweit ohne weiteres Dramatisierungen hätte "einbauen" können. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung auch zuvor aufgetretene Ungereimtheiten aufklären, wie die Frage einer Ausreise auf dem Luftweg, kurz vor der erwarteten Verhängung eines Ausreiseverbotes, die Frage ihrer vorübergehenden Freilassung durch außerordentliche Geldzahlungen und gerade nicht durch eine ordnungsgemäße Kaution sowie überhaupt zum Ablauf gegen sie gerichteter Ermittlungen, die zunächst mit einem eher schwächeren Vorwurf eines Verstoßes gegen die islamischen Verhaltensvorschriften begannen, sich dann aber im Zuge weiterer Ermittlungen erst zuspitzten. Schließlich decken sich die zentralen Punkte der Angaben der Klägerin auch mit den Angaben ihres (inzwischen Ex-) Ehemannes in dessen Asylverfahren.
27 
b) Das Vorbringen deckt sich weiter auch mit der allgemeinen Erkenntnislage des Gerichts zur Situation im Iran. Die islamische Republik Iran wird als theokratische Diktatur unter weitestgehender Missachtung der Menschenrechte nach dem Grundsatz der Herrschaft der schiitischen Gottesgelehrten (velayat-e faqih) geführt. Das Regime hat sich dabei, zur Ummantelung seines Machterhaltungsinteresses - und des Interesses an der Plünderung der nationalen Ressourcen durch die herrschenden Kreise -, einen starken ideologischen Überbau im Sinne der schiitischen Rechts- und Moralvorstellungen gegeben. Diese wiederum werden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Iran vom 22.12.2004, S. 5, unten) u.a. auch herangezogen, um in politisch motivierten Verfahren gehen Oppositionelle vorzugehen mit konstruierten Anklagen etwa wegen Sexualdelikten. Auch die strikte strafrechtliche Verfolgung außenwirksamer politischer Betätigung gegen das herrschende Regime wird häufig als "Feindschaft gegen Gott" und "Verderben stiften auf Erden" (Art. 183 bis 196 des iran. StGB) angeklagt (AA, Lagebericht v. 22.12.2004, S. 14/15), also vom ideologischen "Überbau" des Regimes abgeleitet. Des Weiteren wird berichtet (hierzu und nachfolgend: DOI, Auskunft vom 27.02.2003 an VG Darmstadt), dass es im Bereich der Strafbarkeit wegen Sitten- und Moralverstößen wohl ganz entscheidend auf die Hintergründe der Tat anzukommen scheint. Handelt es sich etwa um die Ahndung von Ehebruch, könnte hierfür unter engen beweisrechtlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der notwendigen Qualifizierungen als Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB die Todesstrafe verhängt werden. In der Rechtspraxis des Iran werden solche Taten - wegen der strengen Beweisregeln dieses sog. "Gottes-Rechts" - im "Normalfall" aber offenbar eher selten ausgesprochen, kommen aber gerade dann vor, wenn aus der Sicht der iranischen Machthaber besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen), die Sittenordnung, die Grundlage der Herrschaft der Mullahs ist, also zusätzlich verletzt wurde, obwohl naturgemäß zweifelhaft ist, ob die vorgeschriebenen Beweisanforderungen in diesen Fällen auch wirklich erfüllt wurden (DOI, a.a.O.). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen und die eigentlich insoweit vorgesehenen Körperstrafen (Auspeitschung) dann sogar in Geldstrafe umzuwandeln.
28 
Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass politische Verfolgung im oben dargestellten Sinne wegen einer angenommenen regimefeindlichen Gesinnung tatsächlich nicht nur bei rein politischen Aktivitäten, die sich unmittelbar und direkt gegen die Herrschaft der Gottesgelehrten richtet - wie etwa die Studentenbewegung insbesondere im Sommer 1999 -, sondern bereits dann einsetzt, wenn der Einzelne seine private Lebensgestaltung offen wahrnehmbar derart gegen die herrschenden religiösen Vorstellungen hin ausrichtet, dass im Rahmen der Ahndung von Sittenverstößen dann auf jede sonst übliche Nachsicht verzichtet wird, um den tatsächlich oder vermeintlichen Gegner der herrschenden Ordnung in seinem Gegnersein bewusst auszugrenzen.
29 
Danach ist die Klägerin Ziff. 1 auf Grund des von ihr in ihrem Hause erteilten privaten Tanzunterrichts, strafbar als "unmoralisches Verhalten" (vgl. AA, Auskunft vom 04.03.2003 an VG Oldenburg), eventuell durch eine Anzeige von Nachbarn, ins Blickfeld der Sicherheitsorgane gerückt. Im Rahmen einer nachfolgenden Hausdurchsuchung verdichtete sich durch das Auffinden einer privaten Video-Kassette pornografischen Inhalts der Eindruck, dass es sich bei ihr um eine Person handeln muss, die gravierend gegen die herrschende Sozial- und Gesellschaftsordnung eingestellt ist. Lag bereits durch den erteilten Tanzunterricht nahe, dass die Klägerin nach außen hin werbend gegen die Interessen des Regimes wirkte, so verstärkte sich dies durch den Verdacht, auch die Video-Kassette könnte zum Zwecke der Weiterverbreitung produziert worden sein. In diesem Fall handelte es sich bei der Klägerin nicht um eine nur moralisch "ungefestigte" Person. Vielmehr stand sie hierdurch in Verdacht der Sicherheitsbehörden, die herrschende Moral und damit gerade auch das sich besonders hierauf stützende herrschende Regime aktiv untergraben zu wollen. Mit den daran anknüpfenden Strafmaßnahmen stand die Klägerin Ziff. 1 im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran daher in der Gefahr einer weiteren unmittelbar bevorstehende Verfolgung mit der Folge, dass in Anwendung des sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs auch schon fehlende hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung im Falle der Rückkehr für die Asylanerkennung genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 9.1984, BVerwGE 70, 169 m.w.N.). So liegt es hier. Im Falle einer Rückkehr der Klägerinnen in den Iran kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese drohende Verfolgung im oben dargestellten Sinn dann einsetzt.
30 
Den Klägerinnen ist auch die nicht belegte Flugreise nach Deutschland mit einem fremden Pass abzunehmen, zumal eine Anfrage der Beklagten zu Visa-Anträgen bei der deutschen Vertretung in Teheran über die Klägerinnen nichts ergeben hat, weshalb Art. 16 a Abs. 2 GG, § 26 a AsylVfG keine Anwendung findet. Das Gericht vermag sich im konkreten Fall der Einreise einer Mutter mit ihren damals 12- und 6-jährigen Kindern eine Einreise auf dem Landweg, etwa im Laderaum eines Lkw versteckt, aber auch nicht vorzustellen.
31 
3. Für die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 ergibt sich somit ein Anspruch auf Asylanerkennung aus § 26 AsylVfG.
32 
4. Ist deshalb die Asylberechtigung anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen (§ 31 Abs. 2 AsylVfG), besteht entgegen der bisherigen Annahme des Bundesamts keine Verpflichtung zur Verneinung von Abschiebungshindernissen (§§ 31 Abs. 3 S. 1AsylVfG). Der entsprechende Ausspruch des Bundesamtes war daher ebenfalls aufzuheben. Allerdings besteht in diesem Falle auch kein Anlass, zusätzlich das Vorliegen von Abschiebungshindernissen festzustellen (§ 31 Abs. 3 S. 2 AsylVfG), weshalb der dahin gehende Klageantrag wie regelmäßig nur als hilfsweise gestellt auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2002, DVBl 2003, 74 = AuAS 2003, 30 = InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) und keiner Bescheidung bedarf, wobei allerdings darauf hinzuweisen wäre, dass jedenfalls die Annahme eines Abschiebungsverbotes wegen einer drohenden menschenrechtswidrigen Behandlung für die Klägerin Ziff. 1 auf Grund der oben dargestellten Zusammenhänge ohne weiteres in Betracht käme, wollte man - entgegen den obigen Ausführungen - die Annahme einer politischen Verfolgung gleichwohl verneinen.
33 
5. Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben, weil die Klägerinnen nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden dürfen (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
34 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 (in entsprechender Anwendung) VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Februar 2005 - A 6 K 10687/03 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beteiligten, die dieser selbst trägt.

Gründe

 
I. Der nach seinen Angaben 1979 in Teheran geborene ledige iranische Kläger reiste 2001 seinem Bruder Ali B.A. nach, der sich seit 1998 als Asylbewerber in Deutschland aufhält (rechtskräftig abgelehnt seit 2001). Am 28.7.2001 wurde er in einer Asylbewerberunterkunft aufgegriffen und beantragte daraufhin Asyl. Zur Begründung berief er sich auf politische Aktivitäten im Iran als Sympathisant der Volksmudjaheddin. Im Laufe des Asylverfahrens trug er weiter vor, in Deutschland exilpolitisch aktiv geworden zu sein. Auch sei er zwischenzeitlich zum christlichen Glauben konvertiert; seit seiner Taufe gehöre er einer baptistischen evangelisch-freikirchlichen Gemeinde an. Zum Leitbild und Selbstverständnis dieser Gemeinde gehörten missionarische Aktivitäten, die im Iran strengstens verboten seien. Im Falle seiner Abschiebung sei deshalb sein religiöses Existenzminimum nicht gewährleistet, was insbesondere die Richtlinie 2004/83/EG untersage.
Der Asylantrag wurde vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 26.2.2003 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Asylklage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24.2.2005 in vollem Umfang abgewiesen: Die Angaben des Klägers zu politischen Aktivitäten im Iran seien nicht glaubhaft. Die exilpolitischen Aktivitäten seien nicht herausgehoben und damit asylrechtlich irrelevant. Auch vor dem Hintergrund des in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben könne die Klage keinen Erfolg haben. Zwar gelte im Iran das Verbot jeglicher Missionierungstätigkeit, und Apostasie, der „Abfall vom Glauben“, sei nicht erlaubt. Das religiöse Existenzminimum, das im Wesentlichen die Religionsausübung im privaten und nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich umfasse, sei dort aber auch für Christen bzw. Apostaten gewahrt. Ohnehin bestehe eine asylerhebliche Gefährdung nur dann, wenn den iranischen Stellen eine Konversion zum Christentum bekannt werde und diese ein Interesse an dem Betreffenden hätten. Erst ein in der Öffentlichkeit vorgetragenes religiöses Bekenntnis oder missionarisches Tätigwerden führe so zu einer Gefährdung. Solche Aktivitäten aber, die zumutbar unterbleiben könnten, seien asylrechtlich nicht geschützt. Hieran ändere auch die Richtlinie 2004/83/EG nichts, weil deren inhaltliche Bestimmungen vor ihrer Umsetzung in Deutschland noch keine Geltung hätten.
II. Der auf grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte fristgerechte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Er genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG.
1. Zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG muss zunächst in Bezug auf die Rechtslage oder die Tatsachenfeststellungen eine konkrete Frage aufgeworfen und erläutert werden. Dargelegt werden muss weiter, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlich geklärt werden müssen. In der Begründung des Zulassungsantrags muss mithin deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob diese Bedenken durchgreifen. Schließlich muss dargelegt werden, warum die aufgeworfene Frage für das Verwaltungsgericht erheblich war und warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würde (st.Rspr.; vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4.7.2000 - A 9 S 1275/00 -, VBlBW 2001 S. 66 f.; für die Revisionszulassung: BVerwGE 13, 90 f.; 111, 61 f., m.w.N.).
2. Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben fehlt es vorliegend jedenfalls an der hinreichenden Präzisierung und Erläuterung einer Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage. Die vom Kläger in seinem Zulassungsantrag formulierte Frage,
„ob das religiöse Existenzminimum auch den öffentlichen Bereich als Ort verfolgungsrechtlich geschützter Betätigung gemäß Art. 10 Abs. 1 b der EU-Qualifikationsrichtlinie in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG umfasst“,
würde sich im Berufungsverfahren so nicht stellen. Denn der Begriff des religiösen Existenzminimums ist kein Tatbestandsmerkmal des § 60 Abs. 1 AufenthG, sondern - so wie ihn auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil verwendet hat (UA S. 14) - ein vom Bundesverfassungsgericht insbesondere im Hinblick auf die Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16 a Abs. 1 GG geformter Begriff (vgl. BVerfGE 76, 143 <158 f.>). Würde das religiöse Existenzminimum aus verfassungsrechtlicher Sicht auch den öffentlichen Bereich als Ort verfolgungsrechtlich geschützter Betätigung umfassen, folgte daraus jedenfalls nicht zwingend, dass hier zugunsten des Klägers das Verbot der Abschiebung gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG (i.V.m. Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG) angenommen werden müsste.
3. Aber auch die sachdienlich umformulierte Frage,
„ob der Begriff der Religion in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Lichte von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG auch religiöse Betätigungen im öffentlichen Bereich erfasst“,
10 
kann - zumindest bis voraussichtlich zum 10.10.2006 - nicht zur Zulassung der Berufung führen. Insoweit fehlt es an einer höchst- oder obergerichtlich noch nicht geklärten Problematik. Denn die Problematik der Vorwirkung von EG-Richtlinien ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt.
11 
Dem Kläger ist zuzubilligen, dass die Formulierung des Verwaltungsgerichts, die inhaltlichen Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 hätten, - weil die Umsetzungsfrist gemäß Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie erst am 10.10.2006 auslaufe -, „in Deutschland noch keine Geltung“ (UA S. 24), die diesbezüglichen europarechtlichen Anforderungen nur verkürzt wiedergibt. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften folgt aus Art. 249 Abs. 3 EG i.V.m. einer Richtlinie die den Mitgliedstaaten selbst auferlegte zwingende Pflicht, alle erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung des durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ziels zu treffen. Aus Art. 254 Abs. 2 und 3 EG ergibt sich, dass eine Richtlinie gegenüber dem Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, schon vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung bzw. Bekanntgabe an Rechtswirkungen entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 24.10.1996, Rs. C-72/95 - Kraaijeveld u.a. -, Slg. 1996, I-5403, RdNr. 55). Diese Pflicht, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, damit das Richtlinienziel umgesetzt werden kann, obliegt sämtlichen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten - und damit auch den Gerichten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (vgl. EuGH, Urteil vom 13.11.1990, Rs. C-106/89 - Marleasing -, Slg. 1990, I-4135, RdNr. 8). Konkrete Maßnahmen im Verhältnis Staat gegen Bürger allerdings können auf der Grundlage einer Richtlinie vor deren Umsetzung grundsätzlich nicht getroffen werden, denn eine Richtlinie kann nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 3.5.2005, Rs. C-387/02 u.a. - Berlusconi u.a. -, RdNr. 73). Auch folgt aus der Umsetzungsfrist, dass den Mitgliedstaaten kein Vorwurf gemacht werden darf, wenn sie eine Richtlinie nicht vor Ablauf dieser Frist in ihre Rechtsordnung umsetzen (vgl. EuGH, Urteil vom 13.7.2000, Rs. C-456/98 - Centrosteel -, RdNr. 17). Aus Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 249 Abs. 3 EG sowie der Richtlinie selbst ergibt sich jedoch im Übrigen, dass die Mitgliedstaaten während der Umsetzungsfrist alle Maßnahmen, insbesondere den Erlass von Vorschriften, unterlassen müssen, die geeignet sind, das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 18.12.1997, Rs. C-129/96 - Inter-Environnement Wallonie -, Slg. 1997, I-7435).
12 
In Anwendung dieser Maßstäbe hat das Bundesverwaltungsgericht - etwa für den Bereich der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie - judiziert, dass ein Mitgliedstaat, der seiner Umsetzungsverpflichtung noch nicht (vollständig) nachgekommen sei, bereits in dieser Phase gewisse vorgezogene Verhaltenspflichten zu beachten habe. Er dürfe die Ziele der Richtlinie nicht unterlaufen und keine vollendeten Tatsachen schaffen, die ihm die Erfüllung der durch die Richtlinie begründeten Pflichten unmöglich machten. (Im konkreten Fall laufe dies allerdings nicht auf eine Veränderungssperre hinaus, die einer Vorwegnahme des Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie gleichkäme. Die gemeinschaftsrechtliche Vorwirkung verhindere lediglich, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der Richtlinie auf der Hand liege, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt würden, dass sie für eine Meldung nicht mehr in Betracht kämen; vgl. BVerwG, Urteil vom 19.5.1998 - 4 A 9.97 -, UPR 1998 S. 384; Urteil vom 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, E 112, 140).
13 
Höchst- bzw. obergerichtlich ist damit hinreichend geklärt, dass auch die mitgliedstaatlichen Gerichte ab Inkrafttreten einer Richtlinie bis zur Verkündung des nationalen Umsetzungsgesetzes bzw. zum Ablauf der Umsetzungsfrist alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen haben, um sicherzustellen, dass die in der Richtlinie vorgeschriebenen Ziele im Umsetzungszeitpunkt erreicht werden. Auch sie dürfen diese Ziele nicht unterlaufen und keine vollendeten Tatsachen schaffen, die die Erfüllung der durch eine Richtlinie begründeten mitgliedstaatlichen Pflichten unmöglich machen. Andererseits fordert die dergestalt definierte Vorwirkung einer EG-Richtlinie nicht schon deren unmittelbare Anwendung. Die unmittelbare Wirkung einer Richtlinienbestimmung kommt vielmehr erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist in Betracht und nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen (vgl. hierzu: Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 249 RdNr. 12 ff., m.w.N.).
14 
Für den Bereich des Ausländer- und Asylrechts bedeutet dies, dass vor Ablauf der Umsetzungsfrist bzw. - wenn zuvor erfolgt - Verkündung des Umsetzungsgesetzes regelmäßig keine vom Instanzrichter beachtliche Vorwirkung von EG-Richtlinien anzunehmen ist. Denn eine einzelfallbezogene Auslegung von nationalen Vorschriften, auch wenn diese nicht richtlinienkonform oder sogar im Gegensatz zu den Vorgaben einer Richtlinie vorgenommen wird, kann hier grundsätzlich weder in faktischer noch in rechtlicher Hinsicht vollendete Tatsachen schaffen, die die Erfüllung der durch eine Richtlinie begründeten Pflichten der Bundesrepublik bei Fristablauf unmöglich machen. Es ist davon auszugehen, dass immer Ausländer nach Deutschland einreisen und hier leben werden. Unabhängig von der konkreten Rechtsprechung der Instanzgerichte ist es dem Gesetzgeber so jederzeit möglich, die Ziele einer Richtlinie in das nationale Ausländer- und Asylrecht fristgerecht und auch sonst ordnungsgemäß umzusetzen. Denn ab Verkündung des Umsetzungsgesetzes ist der Richter hieran gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden. Wohl steht es dem Richter frei, im Hinblick auf Art. 10 EG schon ab Inkrafttreten einer Richtlinie insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe des nationalen Rechts bereits - wenn auch ohne Berufung auf den gemeinschaftsspezifischen Anwendungsvorrang und nicht im Gegensatz zu sonstigen nationalen Vorschriften - richtlinienkonform auszulegen (so auch BGH, Urteil vom 5.2.1998 - I ZR 211/95 -, NJW 1998 S. 2208). Eine Rechtspflicht hierzu ergibt sich im Ausländer- und Asylrecht jedoch regelmäßig erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist bzw. - wenn zuvor erfolgt - Verkündung des Umsetzungsgesetzes. Dies bedeutet zugleich, dass sich ein Ausländer zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht mit Erfolg auf einzelne Richtlinienvorgaben berufen kann (vgl. D. Koller, Die Bedeutung von EG-Richtlinien im Zeitraum vor Ablauf der Umsetzungsfrist, 2003, S. 142 f., m.w.N.).
15 
Mit dem am 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) verkündeten § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wurde nicht - frühzeitig und im Vorgriff - der erst am 30.9.2004 (ABlEU Nr. L 304/12) veröffentlichte Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG, d.h. ein Teil der so genannten Qualifikationsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt; insoweit sollte vielmehr im Wesentlichen Vorgaben des Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) und Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 25.7.2000 - 9 C 28.99 -, BVerwGE 111, 334, und 20.2.2001 - 9 C 21.00 -, BVerwGE 114, 27) Rechnung getragen werden (so ausdrücklich BT-Drs. 15/420 vom 7.2.2003, S. 91; auch eine Umsetzungsmitteilung im Sinne des Art. 38 der Richtlinie ist nicht ersichtlich). Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG ist mithin vom Gesetzgeber noch bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 10.10.2006 umzusetzen. Der Begriff der Religion in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG muss damit derzeit noch nicht zwingend im Lichte der Qualifikationsrichtlinie ausgelegt werden. Im konkreten Fall kann so auch offen bleiben, ob nicht nur etwa die Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten, sondern tatsächlich auch Missionierungsaktivitäten im Sinne von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie unter „religiöse Riten“ im öffentlichen Bereich zu subsumieren sind, ob als „öffentlicher Bereich“ insoweit möglicherweise nur das religiöse Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum religiösen Existenzminimum verstanden werden könnte, oder ob Missionierungsaktivitäten nicht allein unter den Begriff der „sonstigen religiösen Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind“, zu fassen sind, und ob solche Betätigungen nicht auf den privaten Bereich beschränkt werden dürfen, weil diesbezüglich der öffentliche Bereich in der Qualifikationsrichtlinie nicht mehr explizit genannt wird. Auch eine diesbezügliche Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 68 Abs. 1 i.V.m. Art. 234 Abs. 3 EG, wenn man eine solche im Berufungszulassungsverfahren und vor Ablauf der Umsetzungsfrist überhaupt für zulässig hält - wofür Vieles spricht -, ist damit nicht erforderlich.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 (entsprechend) VwGO und § 83 b AsylVfG.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 27.08.2004 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je die Hälfte.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie reiste am 16.02.2004 in das Bundesgebiet ein. Zur Begründung des am 26.02.2004 gestellten Asylantrags trug sie bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe am 09.03.2004 vor, im Alter von achtzehn Jahren habe sie das Abitur abgelegt. Die Aufnahmeprüfung für die Universität habe sie mit achtzehn Jahren bestanden. Ihre Eltern seien sehr religiös eingestellt. Ihr Vater habe nicht erlaubt, dass sie ein Studium beginne. Deshalb habe sie sich zunächst zu Hause aufgehalten und Sport betrieben. Sie sei Schwimmerin und Handballerin. Im Schwimmen habe sie einige nationale Wettbewerbe gewonnen. Sie habe als Trainerin für Handball und für Schwimmen gearbeitet und dadurch Geld verdient. Erst vier Jahre nach ihrem Abitur habe sie ein Studium aufnehmen dürfen. An der Freien Universität in Ghazwin habe sie Englisch studiert. Seit vielen Jahren kenne sie A. R. D.. Sie hätten heiraten wollen. Ihre Eltern hätten dies jedoch abgelehnt. Nachdem A. R. den Iran verlassen habe, sei sie innerhalb eines Monats gegen ihren Willen verheiratet worden. Gegen ihren Willen sei sie an die Hochzeitstafel gesetzt und mit dem Freund ihres Vaters, S. L., verheiratet worden. Dies sei am 02.05.1382 (24.07.2003) geschehen. S. sei ca. 50 Jahre alt und Beamter des Ettelaat-Ministeriums gewesen. S. sei von seinem Naturell her ein sehr aggressiver Typ. Die ganze Ehe sei eine Qual für sie, eine reine Vergewaltigung gewesen. Von S. sei sie ständig geschlagen worden. Vor ca. fünf Monaten sei sie wegen eines Magenrisses und Blutungen zwei Wochen lang in stationärer Behandlung gewesen. Auch dieser Magenriss sei von Schlägen verursacht worden. Anfang Herbst 2003 habe sie einen Antrag auf Scheidung gestellt. Der Richter habe ihren Antrag jedoch abgelehnt. Sie sei dann vor ihrem Ehemann geflüchtet und habe Zuflucht bei einer Freundin gefunden. Ihrer Mutter habe sie ihren Aufenthaltsort mitgeteilt. Gegen ihren Willen habe ihre Mutter sie jedoch verraten. Mit Gewalt sei sie deshalb zu ihrem Ehemann zurückgebracht worden. Sie habe dann Depressionen bekommen und sei im Herbst 1381 fünfzehn Tage lang in einer psychiatrischen Klinik in Sor Hessar (Teheran Ost) gewesen. Dort sei sie von der Mutter von A. R. besucht worden. Diese habe ihr versprochen, ihr zu helfen. In der Folgezeit habe sie versucht, sich mit ihrem Ehemann zu arrangieren und sein Vertrauen zu bekommen, um ein Duplikat ihres Personalausweises zu erhalten. Die Mutter von A. R. habe ihr mit Geld und später der Vermittlung eines Schleppers geholfen. Mittels eines Duplikats ihres Personalausweises habe sie am 23.10.1382 A. R. in Form einer Stellvertretertrauung geheiratet. A. R. habe seine Mutter beauftragt, für ihn habe eine offizielle Vollmacht zur Durchführung der Eheschließung vorgelegen. Nach der Eheschließung mit A. R. habe sie sich sechs Tage in Teheran bei einer Freundin versteckt aufgehalten. Von ihrer zweiten Eheschließung wisse niemand. Mit Hilfe eines Fluchthelfers sei sie dann nach Orumiyeh mit einem Reisebus gefahren. Des Nachts sei sie mit einem Esel über die Grenze in die Türkei gelangt. Dort habe sie eine Woche lang krank im Bett gelegen. Mit dem Bus sei sie dann nach Istanbul gefahren, wo sie sich drei Wochen lang aufgehalten habe. Am 16.02.2004 sei sie mit dem Flugzeug nach Deutschland geflogen.
Mit Bescheid vom 27.08.2004 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag ab und verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG hinsichtlich des Iran vorliegen.
Am 16.09.2004 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
Ziffer 1 und 2 des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheids.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin vorgetragen, im Jahre 1996 habe sie das Abitur abgelegt. Da ihre Familie sehr religiös sei, sei ihr zunächst verwehrt worden, zu studieren. Erst vier Jahre nach dem Abitur habe sie schließlich von ihrem Vater die Erlaubnis erhalten, ein Universitätsstudium zu beginnen. In den vier Jahren bis zum Beginn des Studiums habe sie sich vorwiegend mit Sport beschäftigt. Sie habe Volleyball gespielt und sei geschwommen. In diesen Sportarten habe sie auch die Trainerausbildung. Drei Jahre lang habe sie danach an der Universität Englisch studiert. Nach ihrer Verheiratung sei ihr verboten worden, das Studium fortzuführen. Deshalb habe sie keinen Universitätsabschluss. Den Iran habe sie verlassen, da sie von ihrem Ehemann, mit dem sie gegen ihren Willen verheiratet worden sei, geschlagen, gefoltert und vergewaltigt worden sei. Ihr Ehemann sei sehr grob, unmenschlich gewesen und habe sie regelmäßig bedroht. Er habe von ihr ständig Zärtlichkeiten verlangt, außerdem sei er sehr religiös gewesen. Ihr Ehemann sei ein Freund ihres Vaters und genauso religiös und ideologisch eingestellt wie ihr Vater. Ihr Vater habe ihr gedroht, er werde sie umbringen, falls sie seinen Freund nicht heirate. Die einzige Hoffnung bei der Heirat sei für sie gewesen, dass sie nunmehr weniger Repressalien zu erleiden habe als in ihrer eigenen Familie. Als ihr wirklicher Freund A. R. den Iran verlassen habe, sei ihr Vater auf die Idee gekommen, sie zu verheiraten. Ein großes Hochzeitsfest habe es nicht gegeben. Ein Geistlicher sei nach Hause gekommen. Dort sei die Eheschließung vollzogen worden. Nach der Eheschließung habe es lediglich ein Essen gegeben. Danach habe sie zu ihrem Ehemann ziehen müssen. Dieser habe ständig Zärtlichkeiten von ihr verlangt, die sie nicht habe geben können. Dann habe es Streit gegeben, in dessen Verlauf er sie geschlagen habe. Ihr Versuch, sich scheiden zu lassen, habe keinen Erfolg gehabt. Sie habe sich schriftlich an das Familiengericht gewandt. Dort sei ihr jedoch erklärt worden, dass ihr Vorbringen kein Scheidungsgrund sei, seitdem habe sie nichts mehr von der Angelegenheit gehört. Ihr Ehemann habe gewusst, dass sie sich von ihm trennen lassen wolle. Da eine Scheidung ausgeschlossen gewesen sei, sei sie zu einer Freundin geflüchtet. Von dort aus habe sie ihre Mutter benachrichtigt, dass sie sich bei einer Freundin aufhalte. Ihre Mutter sei mit ihrem Ehemann zusammen bei der Freundin erschienen. Sie sei gezwungen worden, in die Ehewohnung zurückzukehren. Dort habe ihr Ehemann sie schwer geschlagen und ihr eine Pistole an die Schläfe gehalten und sie mit dem Tod bedroht. Auf Grund der vielen Misshandlungen durch ihren Ehemann habe sie Magenblutungen erhalten und sei deshalb ca. zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Außerdem sei sie depressiv geworden. Als sie realisiert habe, dass sie keine Chance auf Trennung von ihrem Ehemann habe, habe sie ihrem Ehemann mehr Vertrauen geschenkt und seine Befehle akzeptiert. Die Mutter von A. R. habe ihr anlässlich eines Besuchs im Krankenhaus den Rat gegeben, nett zu ihrem Ehemann zu sein. Dieses Entgegenkommen habe sie ca. einen Monat aufgebracht. Während dieser Zeit sei sie in den Besitz eines Duplikats ihres Personalausweises gelangt. Die Mutter von A. R. habe dieses Duplikat vom Registeramt erhalten. Am 23.10.1382 habe sie A. R. bei einem Notar in Teheran geheiratet. Die Mutter von A. R. habe die Eheschließungsmodalitäten zuvor erledigt. Da ihr Ehemann bei der Arbeit gewesen sei, habe sie keine Probleme gehabt, die Wohnung zu verlassen. Außer der Mutter von A. R. habe niemand Kenntnis davon, dass sie ihren Freund geheiratet habe. Nach der Heirat habe sie sich sechs Tage lang bei einer anderen Freundin versteckt. Mit Hilfe eines von der Mutter von A. R. engagierten Schleppers sei sie von Teheran nach Orumiyeh geflüchtet. Von Deutschland aus habe sie keine Kontakte in den Iran.
10 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
11 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
12 
Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch, als Asylberechtigte anerkannt zu werden (§ 113 Abs. 5 VwGO).
13 
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Asylbewerber hat bei einer Einreise auf dem Luftweg seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg vom Herkunftsland nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Ist der Asylbewerber nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere, hat er an der Grenze bzw. bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Die Klägerin konnte im vorliegenden Verfahren keinerlei Flugunterlagen - weder Flugschein noch Bordkarte oder Gepäckschein - vorlegen. Auch wenn die Vorlage von Flugunterlagen für die Überzeugungsgewissheit über die Einreise ohne Kontakt zu einem sicheren Drittstaat nicht zwingend ist, kommt ihr doch als Beweisanzeichen zentrale Bedeutung zu. Zwar macht die Klägerin geltend, der Schlepper habe die Rückgabe des gefälschten Reisepasses und der sonstigen Flugunterlagen von ihr verlangt. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht erklären, weshalb die Klägerin nach dem Passieren der Passkontrolle, also gleichsam unter den Augen der deutschen Grenzbehörden, zu ihrem Nachteil Beweismittel aus der Hand gegeben noch warum sie sich nicht wenigstens ohne Papiere unverzüglich bei der Grenzbehörde im Flughafen gemeldet und dort um den begehrten asylrechtlichen Schutz nachgesucht hat. Denn nach der Ankunft in Deutschland kann von einer Zwangssituation der Klägerin gegenüber dem Schlepper jedenfalls hinsichtlich der Flugunterlagen nicht mehr gesprochen werden. Die Klägerin hat deshalb das Gericht nicht davon überzeugen können, dass sie auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist.
14 
Der Grundrechtsausschluss nach Art. 16 a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26 a Abs. 1 AsylVfG steht aber einer Berufung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht entgegen, wenn die Abschiebung des Asylbewerbers nicht in den sicheren Drittstaat, sondern - wie im vorliegenden Fall - in den Herkunftsstaat erfolgen soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.07.1996, NVwZ-Beilage 1997, 10; GK-AsylVfG, § 26 a Rdnr. 23).
15 
Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
16 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Ausländer, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
17 
In § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG wird im Unterschied zum bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention) Bezug genommen. Die Vorschrift führt nunmehr eine Anpassung des deutschen Rechts an die internationale Staatenpraxis bei der Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 herbei (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Für die Auslegung des § 60 Abs. 1 AufenthG ist deshalb der Flüchtlingsbegriff nach Art. 1 Genfer Konvention maßgebend. Da nach § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG die Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen kann, ist die von der bisherigen Zurechnungslehre (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997, BVerwGE 104, 254) geforderte grundsätzliche Schutzfähigkeit des Staates ("mittelbare staatliche Verfolgung") nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG unmaßgeblich (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005, NVwZ 2005, 725; VG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2005 - A 10 K 10587/04 - = Asylmagazin 3/2005, 20; VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 - 18 K 7155/01.A - = Asylmagazin 11/2005, 22 und Urt. v. 17.06.2005 - 18 K 5407/01.A - Juris -). Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard erfordert einen effektiven Schutz vor Verfolgung, und zwar unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugeordnet werden kann oder nicht. Damit geht der Begriff der Verfolgung in § 60 Abs. 1 AufenthG über den Verfolgungsbegriff in Art. 16 a GG hinaus, so dass die vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42) für § 51 Abs. 1 AuslG proklamierte Identität zwischen dem Begriff "politische Verfolgung" und den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Bereich des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr gilt.
18 
Nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG können Organisationen ohne Gebietsgewalt, Gruppen oder auch Einzelpersonen sein, von denen eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ausgeht. Mit § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG wurde Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 ff.) - Qualifikationsrichtlinie - in nationales deutsches Recht umgesetzt (vgl. Duchrow, ZAR 2004, 339; VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005 aaO). Weder das Aufenthaltsgesetz noch die Qualifikationsrichtlinie enthalten eine nähere Bestimmung des Begriffs des nichtstaatlichen Akteurs. Aus der Gegenüberstellung von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c mit lit. b AufenthG folgt aber, dass nichtstaatliche Akteure keinen Organisationsgrad aufweisen, wie er für Parteien oder Organisationen üblich ist, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen. Für eine Bejahung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG ist nicht erforderlich, dass die Verfolgung von Gruppen ausgeht, die dem Staat oder den Parteien oder Organisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG ähnlich sind (a. A. VG Regensburg, Urt. v. 17.01.2005 - RO 3 K 04.30596 - = Asylmagazin 10/2005, 24; VG Sigmaringen, Urt. v. 05.04.2005 - A 3 K 12111/03 -). Ansonsten wäre § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG überflüssig. Denn entsprechende Sachverhalte fallen unter § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG, da sie dem unbestimmten Begriff der Organisationen zugeordnet werden können (ebenso VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 aaO, und Urt. v. 17.06.2005 aaO). Nichtstaatliche Akteure können somit auch Einzelpersonen sein.
19 
Nach § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bereits dann vorliegen, wenn die Verfolgung allein an das Geschlecht anknüpft. Zwar wird nach Art. 10 Abs. 1 d der Qualifikationsrichtlinie allein der Hinweis auf das Geschlecht bei einer geltend gemachten Verfolgung nicht als zureichend für die Darlegung des Verfolgungsgrunds angesehen. Dies hat jedoch keine einschränkende Auslegung des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG zur Folge, da die Qualifikationsrichtlinie lediglich Mindeststandards festlegt und dem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt ist, diese Mindeststandards zu überschreiten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 - 3 UE 3457/04.A - Juris = Asylmagazin 6/2005, 35). Von geschlechtsspezifischer Verfolgung sind danach insbesondere betroffen Frauen, die geschlechtsbezogener Diskriminierung entweder von Seiten staatlicher Stellen oder von Seiten Privater ausgesetzt sind, wenn der Staat sie nicht ausreichend schützen kann oder will, zudem Frauen, die Verfolgung befürchten, weil sie kulturelle oder religiöse Normen übertreten haben oder sich diesen nicht beugen wollen sowie Frauen, die Verfolgung auf Grund der Aktivitäten oder der Ansichten von Familienangehörigen befürchten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 aaO).
20 
In Anwendung dieser Grundsätze liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vor. Sie hat den Iran wegen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG verlassen und bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ist sie vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher.
21 
Die Klägerin hat das Verfolgungsgeschehen im Iran ohne Strukturbrüche, mit vielen Details und sehr anschaulich geschildert. Ihre Angaben waren ohne wesentliche Widersprüche und erfolgten, ohne zu zögern. Dabei wirkte sie in der mündlichen Verhandlung inhaltlich sicher und vermochte auf Zwischenfragen des Gerichts spontan und überzeugend zu antworten. Das Gericht hatte an keiner Stelle der mündlichen Verhandlung den Eindruck, die Klägerin versuche eine Geschichte zu erzählen, die sie selbst nicht erlebt hat. Auch das Bundesamt hat das Vorbringen der Klägerin als schlüssig und lebensnah eingestuft und einen Anspruch der Klägerin nach § 60 Abs. 1 AufenthG lediglich aus Rechtsgründen verneint. Für das Gericht steht deshalb fest, dass die Klägerin gegen ihren Willen mit dem Freund ihres Vaters verheiratet und während dieser Ehe von ihrem Ehemann regelmäßig vergewaltigt und brutal misshandelt wurde. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Scheidung hatte keinen Erfolg. Mit Hilfe der Mutter ihres eigentlichen Freundes A. R. konnte die Klägerin aus dem Iran flüchten, nachdem sie zuvor in Form einer Stellvertretertrauung A. R. vor einem Notar im Iran geheiratet hat.
22 
Bei der von der Klägerin erlittenen ehelichen Gewalt durch den ihr aufgezwungenen Ehemann handelt es sich zwar nicht um staatliche Verfolgung, gemäß § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG sind Verfolgungsmaßnahmen jedoch auch von nichtstaatlichen Akteuren relevant, soweit der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen einschließlich internationaler Organisationen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Diese Voraussetzungen sind zu bejahen. Die Klägerin hatte weder die Möglichkeit, sich von dem ihr aufgezwungenen Ehemann scheiden zu lassen noch konnte sie mit Schutzgewährung durch den iranischen Staat im Hinblick auf die ständige massive eheliche Gewalt rechnen. Nach der Auskunftslage (vgl. AA, Lagebericht v. 29.08.2005; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Reformen und Repression - vom 20.01.2004) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familienrecht, Zivilrecht und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. So hat der Ehemann das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss; eine Frau kann hingegen lediglich bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemannes eine Aufhebung der Ehe durch das Gericht verlangen. Wenn eine Frau sich scheiden lassen möchte, dann wird sie von der Polizei oder einem Gericht zu ihrem Ehemann zurückgeschickt. Frauen haben auch keine Möglichkeiten, rechtlich gegen einen gewalttätigen Ehemann vorzugehen. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (aaO) können sie bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Bei dieser Auskunftslage ist die von einem Ehemann im Iran verübte eheliche Gewalt nicht verboten und die von Männern gegen ihre Frauen verübten Misshandlungen werden von der Regierung weiter geduldet.
23 
Die gegen die Klägerin verübte eheliche Gewalt betraf sie in einem verfolgungserheblichen Merkmal im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG, nämlich dem für sie unverfügbaren Merkmal des weiblichen Geschlechts. Die im Iran erlittene Verfolgung war nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin auch mit schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen verbunden.
24 
Für die Klägerin besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG. Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass die Möglichkeit eines regionalen Ausweichens innerhalb des Iran regelmäßig ausscheidet (vgl. Lagebericht v. 29.08.2005). Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres ehelichen oder familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, würde sie Gefahr laufen, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe aaO).
25 
Die Klägerin wäre bei einer Rückkehr in den Iran nicht mit hinreichender Sicherheit vor einer erneuten Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufentG sicher. Zwar erscheint ausgeschlossen, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in den Iran einer Strafverfolgung wegen Ehebruchs infolge der mittlerweile eingegangenen Beziehung zu A. R. ausgesetzt wäre. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hat von dieser weiteren Eheschließung - außer der Mutter von A. R. - niemand im Iran Kenntnis erlangt. Die Klägerin ist bei einer Rückkehr in den Iran jedoch nicht nur vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher, ihr droht vielmehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch den ihr aufgezwungenen Ehemann in Anknüpfung an das Vorfluchtgeschehen eine erneute, an ihr Geschlecht anknüpfende Verfolgung.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
11 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
12 
Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch, als Asylberechtigte anerkannt zu werden (§ 113 Abs. 5 VwGO).
13 
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Asylbewerber hat bei einer Einreise auf dem Luftweg seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg vom Herkunftsland nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Ist der Asylbewerber nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere, hat er an der Grenze bzw. bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Die Klägerin konnte im vorliegenden Verfahren keinerlei Flugunterlagen - weder Flugschein noch Bordkarte oder Gepäckschein - vorlegen. Auch wenn die Vorlage von Flugunterlagen für die Überzeugungsgewissheit über die Einreise ohne Kontakt zu einem sicheren Drittstaat nicht zwingend ist, kommt ihr doch als Beweisanzeichen zentrale Bedeutung zu. Zwar macht die Klägerin geltend, der Schlepper habe die Rückgabe des gefälschten Reisepasses und der sonstigen Flugunterlagen von ihr verlangt. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht erklären, weshalb die Klägerin nach dem Passieren der Passkontrolle, also gleichsam unter den Augen der deutschen Grenzbehörden, zu ihrem Nachteil Beweismittel aus der Hand gegeben noch warum sie sich nicht wenigstens ohne Papiere unverzüglich bei der Grenzbehörde im Flughafen gemeldet und dort um den begehrten asylrechtlichen Schutz nachgesucht hat. Denn nach der Ankunft in Deutschland kann von einer Zwangssituation der Klägerin gegenüber dem Schlepper jedenfalls hinsichtlich der Flugunterlagen nicht mehr gesprochen werden. Die Klägerin hat deshalb das Gericht nicht davon überzeugen können, dass sie auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist ist.
14 
Der Grundrechtsausschluss nach Art. 16 a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26 a Abs. 1 AsylVfG steht aber einer Berufung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht entgegen, wenn die Abschiebung des Asylbewerbers nicht in den sicheren Drittstaat, sondern - wie im vorliegenden Fall - in den Herkunftsstaat erfolgen soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.07.1996, NVwZ-Beilage 1997, 10; GK-AsylVfG, § 26 a Rdnr. 23).
15 
Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
16 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Ausländer, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
17 
In § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG wird im Unterschied zum bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention) Bezug genommen. Die Vorschrift führt nunmehr eine Anpassung des deutschen Rechts an die internationale Staatenpraxis bei der Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 herbei (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Für die Auslegung des § 60 Abs. 1 AufenthG ist deshalb der Flüchtlingsbegriff nach Art. 1 Genfer Konvention maßgebend. Da nach § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG die Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen kann, ist die von der bisherigen Zurechnungslehre (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997, BVerwGE 104, 254) geforderte grundsätzliche Schutzfähigkeit des Staates ("mittelbare staatliche Verfolgung") nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG unmaßgeblich (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005, NVwZ 2005, 725; VG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2005 - A 10 K 10587/04 - = Asylmagazin 3/2005, 20; VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 - 18 K 7155/01.A - = Asylmagazin 11/2005, 22 und Urt. v. 17.06.2005 - 18 K 5407/01.A - Juris -). Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard erfordert einen effektiven Schutz vor Verfolgung, und zwar unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugeordnet werden kann oder nicht. Damit geht der Begriff der Verfolgung in § 60 Abs. 1 AufenthG über den Verfolgungsbegriff in Art. 16 a GG hinaus, so dass die vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42) für § 51 Abs. 1 AuslG proklamierte Identität zwischen dem Begriff "politische Verfolgung" und den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Bereich des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr gilt.
18 
Nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG können Organisationen ohne Gebietsgewalt, Gruppen oder auch Einzelpersonen sein, von denen eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ausgeht. Mit § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG wurde Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 ff.) - Qualifikationsrichtlinie - in nationales deutsches Recht umgesetzt (vgl. Duchrow, ZAR 2004, 339; VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2005 aaO). Weder das Aufenthaltsgesetz noch die Qualifikationsrichtlinie enthalten eine nähere Bestimmung des Begriffs des nichtstaatlichen Akteurs. Aus der Gegenüberstellung von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c mit lit. b AufenthG folgt aber, dass nichtstaatliche Akteure keinen Organisationsgrad aufweisen, wie er für Parteien oder Organisationen üblich ist, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen. Für eine Bejahung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG ist nicht erforderlich, dass die Verfolgung von Gruppen ausgeht, die dem Staat oder den Parteien oder Organisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG ähnlich sind (a. A. VG Regensburg, Urt. v. 17.01.2005 - RO 3 K 04.30596 - = Asylmagazin 10/2005, 24; VG Sigmaringen, Urt. v. 05.04.2005 - A 3 K 12111/03 -). Ansonsten wäre § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG überflüssig. Denn entsprechende Sachverhalte fallen unter § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b AufenthG, da sie dem unbestimmten Begriff der Organisationen zugeordnet werden können (ebenso VG Köln, Urt. v. 01.07.2005 aaO, und Urt. v. 17.06.2005 aaO). Nichtstaatliche Akteure können somit auch Einzelpersonen sein.
19 
Nach § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bereits dann vorliegen, wenn die Verfolgung allein an das Geschlecht anknüpft. Zwar wird nach Art. 10 Abs. 1 d der Qualifikationsrichtlinie allein der Hinweis auf das Geschlecht bei einer geltend gemachten Verfolgung nicht als zureichend für die Darlegung des Verfolgungsgrunds angesehen. Dies hat jedoch keine einschränkende Auslegung des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG zur Folge, da die Qualifikationsrichtlinie lediglich Mindeststandards festlegt und dem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt ist, diese Mindeststandards zu überschreiten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 - 3 UE 3457/04.A - Juris = Asylmagazin 6/2005, 35). Von geschlechtsspezifischer Verfolgung sind danach insbesondere betroffen Frauen, die geschlechtsbezogener Diskriminierung entweder von Seiten staatlicher Stellen oder von Seiten Privater ausgesetzt sind, wenn der Staat sie nicht ausreichend schützen kann oder will, zudem Frauen, die Verfolgung befürchten, weil sie kulturelle oder religiöse Normen übertreten haben oder sich diesen nicht beugen wollen sowie Frauen, die Verfolgung auf Grund der Aktivitäten oder der Ansichten von Familienangehörigen befürchten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.03.2005 aaO).
20 
In Anwendung dieser Grundsätze liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vor. Sie hat den Iran wegen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG verlassen und bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ist sie vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher.
21 
Die Klägerin hat das Verfolgungsgeschehen im Iran ohne Strukturbrüche, mit vielen Details und sehr anschaulich geschildert. Ihre Angaben waren ohne wesentliche Widersprüche und erfolgten, ohne zu zögern. Dabei wirkte sie in der mündlichen Verhandlung inhaltlich sicher und vermochte auf Zwischenfragen des Gerichts spontan und überzeugend zu antworten. Das Gericht hatte an keiner Stelle der mündlichen Verhandlung den Eindruck, die Klägerin versuche eine Geschichte zu erzählen, die sie selbst nicht erlebt hat. Auch das Bundesamt hat das Vorbringen der Klägerin als schlüssig und lebensnah eingestuft und einen Anspruch der Klägerin nach § 60 Abs. 1 AufenthG lediglich aus Rechtsgründen verneint. Für das Gericht steht deshalb fest, dass die Klägerin gegen ihren Willen mit dem Freund ihres Vaters verheiratet und während dieser Ehe von ihrem Ehemann regelmäßig vergewaltigt und brutal misshandelt wurde. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Scheidung hatte keinen Erfolg. Mit Hilfe der Mutter ihres eigentlichen Freundes A. R. konnte die Klägerin aus dem Iran flüchten, nachdem sie zuvor in Form einer Stellvertretertrauung A. R. vor einem Notar im Iran geheiratet hat.
22 
Bei der von der Klägerin erlittenen ehelichen Gewalt durch den ihr aufgezwungenen Ehemann handelt es sich zwar nicht um staatliche Verfolgung, gemäß § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG sind Verfolgungsmaßnahmen jedoch auch von nichtstaatlichen Akteuren relevant, soweit der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen einschließlich internationaler Organisationen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Diese Voraussetzungen sind zu bejahen. Die Klägerin hatte weder die Möglichkeit, sich von dem ihr aufgezwungenen Ehemann scheiden zu lassen noch konnte sie mit Schutzgewährung durch den iranischen Staat im Hinblick auf die ständige massive eheliche Gewalt rechnen. Nach der Auskunftslage (vgl. AA, Lagebericht v. 29.08.2005; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Reformen und Repression - vom 20.01.2004) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familienrecht, Zivilrecht und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. So hat der Ehemann das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss; eine Frau kann hingegen lediglich bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemannes eine Aufhebung der Ehe durch das Gericht verlangen. Wenn eine Frau sich scheiden lassen möchte, dann wird sie von der Polizei oder einem Gericht zu ihrem Ehemann zurückgeschickt. Frauen haben auch keine Möglichkeiten, rechtlich gegen einen gewalttätigen Ehemann vorzugehen. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (aaO) können sie bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Bei dieser Auskunftslage ist die von einem Ehemann im Iran verübte eheliche Gewalt nicht verboten und die von Männern gegen ihre Frauen verübten Misshandlungen werden von der Regierung weiter geduldet.
23 
Die gegen die Klägerin verübte eheliche Gewalt betraf sie in einem verfolgungserheblichen Merkmal im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG, nämlich dem für sie unverfügbaren Merkmal des weiblichen Geschlechts. Die im Iran erlittene Verfolgung war nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin auch mit schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen verbunden.
24 
Für die Klägerin besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 4 lit. c AufenthG. Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass die Möglichkeit eines regionalen Ausweichens innerhalb des Iran regelmäßig ausscheidet (vgl. Lagebericht v. 29.08.2005). Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres ehelichen oder familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, würde sie Gefahr laufen, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe aaO).
25 
Die Klägerin wäre bei einer Rückkehr in den Iran nicht mit hinreichender Sicherheit vor einer erneuten Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufentG sicher. Zwar erscheint ausgeschlossen, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in den Iran einer Strafverfolgung wegen Ehebruchs infolge der mittlerweile eingegangenen Beziehung zu A. R. ausgesetzt wäre. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hat von dieser weiteren Eheschließung - außer der Mutter von A. R. - niemand im Iran Kenntnis erlangt. Die Klägerin ist bei einer Rückkehr in den Iran jedoch nicht nur vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher, ihr droht vielmehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch den ihr aufgezwungenen Ehemann in Anknüpfung an das Vorfluchtgeschehen eine erneute, an ihr Geschlecht anknüpfende Verfolgung.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 02.08.2001 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerinnen als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass in ihrer Person mit Blick auf den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.

Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten, die dieser selbst trägt.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen - eine 1967 geborene Mutter und ihre 1988 und 1994 geborenen Töchter aus dem Iran - meldeten sich am 06.09.2000 in der Landesaufnahmestelle Karlsruhe und beantragten Asyl. Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 09.10.2000 gab die Klägerin Ziff. 1 an, sie hätten den Iran am 20.08.2000 auf dem Luftweg über den Flughafen Teheran in Richtung Türkei verlassen und seien von dort aus mit Hilfe eines gefälschten Reisepasses am 05.09.2000 wiederum auf dem Luftweg nach Deutschland gekommen. Ihr Asylbegehren stützte sie hierbei im Wesentlichen darauf, dass sie im Iran festgenommen worden sei, da sie in ihrem Haus heimlich illegalen Tanzunterricht erteilt hätte. Im Rahmen der nachfolgenden Hausdurchsuchung sei eine Video-Kassette beschlagnahmt worden. Man habe sie daraufhin beschuldigt, Ehebruch begangen zu haben, da zwar sie, nicht aber der männliche Partner - ihr Ehemann - darauf erkennbar gewesen sei. Nachdem sie mit Hilfe einer hohen Geldzahlung habe kurzfristig freikommen können, habe sie mit ihren Töchtern umgehend den Iran verlassen. Wegen der einzelnen Angaben wird auf die vom Bundesamt gefertigte Niederschrift über die Anhörung verwiesen.
Der Ehemann und Vater der Klägerinnen stellte unter dem 09.01.2001 in Köln einen Asylantrag. Er bestätigte dort wesentliche Angaben der Klägerin Ziff. 1. Dessen Asylverfahren endete am 26.08.2002 rechtskräftig negativ.
Mit Bescheid vom 03.02.2003, zugestellt am 12.02.2003, lehnte die Beklagte den Asylantrag der Klägerinnen unter Verneinung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG sowie unter Androhung der Abschiebung in den Iran ab. Zur Begründung ist unter Anderem ausgeführt, der Vortrag sei unschlüssig. Im Übrigen beinhalte das dargelegte Strafverfahren keine politische Verfolgung.
Gegen diesen Bescheid haben die Klägerinnen rechtzeitig Klage erhoben. Zur Begründung beziehen sie sich zunächst auf ihr Vorbringen gegenüber dem Bundesamt. Entgegen dessen Annahme sei der Vortrag insgesamt wahrheitsgemäß. In der konkreten Situation der iranischen Gesellschaft sei hierdurch auch von politischer Verfolgung auszugehen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin Ziffer 1 u.a. an, als sie aus dem Iran ausgereist sei, habe sie noch kein förmliches Ausreiseverbot gehabt, d. h. sie sei noch nicht auf der "schwarzen Liste" gestanden. Nachdem sie damals, vermutlich von Nachbarn, angezeigt worden sei, weil es bei ihr illegalen Tanzunterricht im Haus gegeben habe, seien zunächst nur die Pasdaran gekommen. Eine solche Sache allein sei noch kein großes Vergehen und deshalb gebe es im Rahmen eines solchen Vorwurfes noch kein Ausreiseverbot. Allerdings sei im Rahmen dessen dann eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden, wo dann die betreffende Video-Kassette aufgefunden worden sei. Da habe auf einmal der Vorwurf gelautet, sie habe Ehebruch begangen und das ganze sei Teil einer pornographischen Filmproduktion. Für so einen Vorwurf könne es dann durchaus ein Ausreiseverbot geben. Nachdem sie dann vorübergehend inhaftiert und vernommen worden sei, hätte die Akte eigentlich zur Staatsanwaltschaft abgegeben werden sollen. Das dann folgende Ausreiseverbot selbst werde dann von der obersten Generalstaatsanwaltschaft verfügt. Gerade so weit sei ihr Fall aber damals noch nicht gewesen. Bei der Hausdurchsuchung selbst hätten sich die Sicherheitskräfte auch auf andere Sachen konzentriert. Sie seien damals zunächst auch nur wegen der illegalen Tanzkurse zu ihr in die Wohnung gekommen. Aus diesem Grund sei etwa auch ihr Reisepass bei der Hausdurchsuchung wohl nicht sichergestellt worden. Das ganze habe sich erst später, im Rahmen der Verhöre vor dem Komitee, wesentlich verschärft. Und nun laute in der Akte der Vorwurf, sie habe Ehebruch begangen und es gebe hierfür auch ein Beweismittel. Dass dies so in den Akten stehe, wisse sie von dem Freund ihres Vaters, der über Beziehungen habe Einblick nehmen können.
Auf Frage des Gerichts zur Rolle ihres inzwischen geschiedenen Ehemannes im Rahmen der Untersuchung gab die Klägerin Ziffer 1 weiter an, sie habe ihrem Ex-Mann gerade wegen seinem Verhalten insoweit heftige Vorwürfe gemacht, als sie in Deutschland zusammengetroffen seien. Sie habe ihn gefragt, warum er ihr nicht beigestanden und sie "rausgehauen" habe. Der sei aber ein Feigling.
Auf die Frage des Gerichts, ob sie sich vorstellen könne, dass ihr Ehemann mit der betreffenden Video-Kassette vielleicht doch eine pornographische Filmproduktion im Sinne gehabt habe, äußerte die Klägerin Ziffer 1 heftig, nein, das sei ausgeschlossen. Sie hätten das nur für sich gemacht. Sie seien beide total betrunken gewesen. Die Videokamera sei auf einem Stativ aufgebaut gewesen und habe sich nicht bewegt. Es sei daher auch die ganze Zeit nur von einer Seite gefilmt worden. Sie selbst habe immer mal wieder in Richtung der Kamera geschaut. Sie sei daher auf dem Film auch zu erkennen. Ihr Mann habe aber seinen Kopf nicht gedreht. Sie meine aber, wenn er sich bei den Sicherheitskräften gestellt hätte, dann hätte man ihn anhand des Körperbaues vielleicht durchaus identifizieren können und den Beweis antreten, dass es ihr Ehemann gewesen sei und eben kein Ehebruch. Er sei aber ein Feigling und habe sich nicht gestellt. Ihr Mann sei im Iran Opium-Konsument gewesen. Deshalb sei er auch zu feige gewesen, zum Komitee zu kommen. Er habe einfach Angst gehabt.
Auf Frage des Gerichts zu den unterschiedlichen Sicherheitskräften gab die Klägerin Ziffer 1 weiter an, neben den regulären Ordnungskräften gebe es noch das Komitee für die ideologische Zensur. Und diese Leute seien es gewesen, die die Hausdurchsuchung durchgeführt hätten. Wenn man im Iran vom "Komitee" spreche, dann meine man immer Leute dieser Organisation. Im Rahmen der Verfolgung unislamischer Umtriebe würde das Komitee auch Untersuchungshaft anordnen, eine Untersuchungsakte anlegen und dazu auch die Verhöre durchführen. Anschließend würden diese dann die Akte an die Staatsanwaltschaft oder aber direkt an das Gericht abgeben. Letzteres wisse sie im Einzelnen nicht so genau. Über ihre Akte wisse sie durch einen engen Freund der Familie Bescheid. Dieser habe Verbindungen, weil er selbst bei den Sepah Pasdaran gearbeitet habe. Er habe ihr aber gleich gesagt, er habe überhaupt nur Einfluss auf der Ebene des Komitees. Wäre die Sache schon weiter gegangen zur Staatsanwaltschaft oder zum Gericht, hätte er nichts für sie tun können. Auf der Ebene des Komitees habe er sich aber einschalten können und diese zu einem 48-stündigen Aufschub überreden können. Es seien dafür auch 6 Millionen bezahlt worden. Das sei aber keine offizielle Kaution gewesen. Es sei ganz klar gewesen, dass diese Zahlung unter der Hand erfolgt sei. Wäre die Sache weitergegangen, wäre es normalerweise zum Gericht gekommen. Welches Gericht zuständig gewesen wäre, das wisse sie nicht. Bei den Verhören sei ihr immer nur gesagt worden, die Sache gehe zu Gericht. Es wären aber sicher islamische Richter, also Mullahs, gewesen. Wegen der Formulierung in der Akte, es gehe um Ehebruch und es gebe einen Beweis, fürchte sie, es hätte auf ein Todesurteil durch Steinigung hinauslaufen können. Soweit es im Bundesamts-Protokoll heiße, sie habe geäußert, sie hätte von ihrem Vater gehört, für so etwas gebe es eine Steinigung, sei dies in dieser Form falsch. Im Iran wisse man, dass es dafür die Todesstrafe durch Steinigung geben könne. Wenn sie nun zurückkehren müsste in den Iran, so sei das Problem nach wie vor vorhanden. Weil ihr Mann sich damals den Sicherheitskräften nicht offenbart habe, seien die sich nach wie vor sicher, dass sie dieses Delikt begangen habe. Aus Sicht der Sicherheitskräfte spreche wohl auch ihre Flucht ins Ausland dafür.
Ergänzend trug der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerinnen vor, die von der Klägerin Ziffer 1 geschilderte Verfolgung, die zur Flucht aus dem Iran geführt habe, müsse als religiöse Verfolgung aufgefasst werden. Die von islamischen Richtern, also Mullahs, abzuurteilenden Straftaten seien als Verfolgung religiös zu verstehen und damit eine politische Verfolgung. Jedenfalls ergebe sich dies nunmehr aus § 60 Abs. 1 AufenthG.
10 
Die Klägerinnen beantragen (nunmehr),
11 
den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 03.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass in ihrer Person in Bezug auf den Iran ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Der beteiligte Bundesbeauftragte hat sich nicht geäußert.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verfahrensakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten; die Beklagte ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu verpflichten (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
17 
1. Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Danach ist in Anknüpfung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer asylberechtigt, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war (Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 1, 27 AsylVfG).
18 
Von einer politischen Verfolgung kann dabei nur gesprochen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die oben genannten asylerheblichen Merkmale gezielte Rechtsverletzungen von solcher Intensität zugefügt werden, dass sie in ihren Wirkungen für den Einzelnen ausgrenzenden Charakter haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315 m.w.N.). Ein vereinzeltes schlechtes Erlebnis etwa mit staatlichen Sicherheitskräften genügt daher noch nicht, um von (politischer) Verfolgung zu sprechen. Da das Asylrecht auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl aufbaut (BVerfG, Beschl. v. 23.11.1986, BVerfGE 74, 51), kann von einer solchen Verfolgung nur gesprochen werden, wenn der Einzelne aus begründeter Furcht vor einer für ihn ausweglosen Lage nunmehr sein Land verlässt und im Ausland Schutz und Zuflucht sucht (BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991, BVerfGE 83, 216).
19 
Ob eine gemessen an diesen Vorgaben gegebene Verfolgung politisch ist, ist entscheidend nach den dem staatlichen Zugriff zugrundeliegenden Motiven zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, DVBl. 1985, 956 m.w.N.). Dabei kommt es auf die objektiv erkennbare Gerichtetheit der Verfolgungsmaßnahmen an und nicht auf die subjektiven Verfolgungsmotive des Verfolgers (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, a.a.0.), und ebenfalls nicht auf eventuell vorhandene politische Motive des Verfolgten.
20 
Bedient sich der Verfolgerstaat scheinbar "neutraler" Instrumente, wie der Anwendung allgemeiner Straftatbestände, Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen, so stellt sich die Frage des Vorliegens einer politischen Verfolgung insoweit in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Anwendung von Strafrechtsnormen nur vorgeschoben sein, um den Einzelnen in Wahrheit in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal, wie etwa Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu oppositionellen Kreisen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen. Anhaltspunkte hierfür können etwa Berichte über unfaire Verfahren, erpresste Geständnisse und allgemein belegte vergleichbare Fälle sein, in denen mit Mitteln des Strafprozesses gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Ist solches zu konstatieren, schlägt im Übrigen die Annahme fehl, es sei dem hiervon Betroffenen zuzumuten, sich einem Strafverfahren zu stellen und seine Unschuld zu beweisen.
21 
Daneben kann politische Verfolgung in der Anwendung von Strafrechtsnormen verborgen sein, wenn die konkrete Norm selbst unmittelbarer Ausdruck der herrschenden Staatsdoktrin ist und sich eine konkrete Straftat dann aus Sicht der Machthaber nicht in einem Verstoß gegen die rechtmäßige Ordnung erschöpft, vielmehr der "Täter" dadurch im Einzelfall zum Ausdruck bringt, dass er den Machthabern, ihrer Ideologie und den Fundamenten ihrer Macht ablehnend gegenübersteht und gerade deshalb in Anknüpfung an das asylerhebliche Merkmal der sozialen Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt und streng bestraft wird. Anhaltspunkte hierfür sind zum einen ein völlig unangemessenes Verhältnis von Tat und Rechtsfolge wie schwere Haft- und Körperstrafen oder die Todesstrafe für vergleichsweise einfache soziale Ordnungsverstöße (vgl. etwa die Zuchthaus- bzw. Todesstrafe nach §§ 1 und 2 der VO über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 01.09.1939, RGBl. I, S. 1683, für das "Hören von Feindsendern"). Aber auch die "dogmatische Einbettung" einer Strafvorschrift vermag insoweit Hinweise zu geben, ob über die Ahndung des Verstoßes hinaus gerade die Ausgrenzung des Täters maßgeblich mitbedacht ist ("Volksschädling", "Verderbensstifter" o.ä.). Schließlich kann eine Rolle spielen, in welchem Maße ein Hinausstrahlen in die Öffentlichkeit in der tatsächlichen Anwendung einer Strafrechtsnorm strafbegründend oder -erhöhend wirkt. Werden etwa Straftaten gegen die "göttliche Ordnung" im häuslichen Bereich praktisch überhaupt nicht verfolgt, obwohl streng genommen auch hierdurch die "göttliche Ordnung" verletzt wird, sondern erst dann, wenn sie öffentlich wahrnehmbar sind, so spricht einiges dafür, dass in Wahrheit die Verletzung der Staatsdoktrin geahndet werden soll und das sich hieraus ableitbare Auflehnen i.S. einer Vorstufe zu oppositioneller Tätigkeit. Allerdings kommt es insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
22 
Eine begründete Furcht vor einer derartigen politischen Verfolgung im Heimatstaat ist dann zu bejahen, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben, bzw. dorthin zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, a.a.0. und Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Allgemeine Ängste oder unbestimmte Befürchtungen müssen danach außer Betracht bleiben. Eine Furcht kann nur dann als begründete Furcht angesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles auch ein besonnener Betroffener eine derart ausweglose Lage erkennen müsste, die ihn - unter Berücksichtigung des oben skizzierten Kausalzusammenhangs - zum Verlassen seines Landes veranlasst. Hat der Asylbewerber am eigenen Leib schon politische Verfolgung erlitten, so ist eine solche begründete Furcht schon dann anzunehmen - und ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren - wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es dürfen mithin keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer abermals einsetzenden Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen und sich eine Wiederholungsverfolgung ohne ernstliche Zweifel an der Sicherheit des Asylbewerbers nicht ausschließen lässt (BVerfGE 54, 341; 70, 169). Dieser bereits eingetretenen politischen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich, wenn nach den Umständen des Falles festgestellt werden kann, dass die fluchtauslösende ausweglose Lage durch die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung eingetreten ist. In diesem Fall ist asylrechtlicher Schutz zu gewähren, wenn ein Wiedereintreten dieser unmittelbar drohenden Gefahr bei Rückkehr ins Heimatland nicht ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
23 
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass allgemeine Unfreiheit im Heimatland, Bedrückungen und Perspektivlosigkeit, mögen sie auch "gute Gründe" für ein Verlassen des Heimatlandes sein, nicht zur Gewährung von Asyl als politisch Verfolgter führen können.
24 
Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter setzt zudem voraus, dass das Gericht mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit einen Sachverhalt feststellen kann, aus dem sich dann in rechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Betreffende politisch verfolgt wird. Der Asylbewerber selbst muss dabei an der Tatsachenfeststellung mitwirken, insbesondere selbst alles vortragen, auf das er seine Verfolgungsfurcht begründet. Dieser Vortrag muss in schlüssiger Form und unter Angabe genauer Einzelheiten erfolgen und einen in sich stimmigen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. v. 24.03.1987, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 40; Beschl. v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 m.w.N.). Dabei wird allerdings dem notwendigerweise sachtypischen Beweisnotstand eines Asylbewerbers insoweit Rechnung getragen, als das Gericht grundsätzlich keinen vollen Beweis verlangen darf, sondern die Überzeugung vom Vorliegen des vorgetragenen Sachverhalts auch aus der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Asylbewerbers gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Bei der richterlichen Überzeugungsbildung ist dabei zu berücksichtigen, dass einzelne Angaben vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturkreise gesehen werden müssen, durch die notwendigen Dolmetscherübersetzungen sich Fehler einschleichen können und, was das Heranziehen von Auskünften u. Ä.. über das Heimatland betrifft, diese stets kritisch auf ihren wirklichen Aussagegehalt hin überprüft werden müssen.
25 
2. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist von einer beachtlichen Gefahr auszugehen, dass die Klägerin Ziff. 1 bei Rückkehr in den Iran in absehbarer Zeit mit solchen asylerheblichen Maßnahmen rechnen muss.
26 
a) Das Gericht hält das Vorbringen der Klägerin Ziff. 1 - anders als die Beklagte - zunächst einmal für glaubwürdig. Die Klägerin Ziff. 1 hat durch ihr Auftreten in der mündlichen Verhandlung, auch unter Berücksichtigung ihrer Angaben im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, beim Gericht einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat weder versucht, ausweichend zu antworten, noch etwa “taktisch“, noch hat sie bei Fragen des Gerichts längere Denkpausen benötigt. Sie hat insbesondere die Vorgänge nicht überzogen oder gesteigert dargestellt, um etwa ihre Chancen auf Asylanerkennung zu erhöhen. Vielmehr hat sie sogar auf entsprechende Fragen des Gerichts nach Weiterungen heftig und ablehnend reagiert, obwohl sie insoweit ohne weiteres Dramatisierungen hätte "einbauen" können. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung auch zuvor aufgetretene Ungereimtheiten aufklären, wie die Frage einer Ausreise auf dem Luftweg, kurz vor der erwarteten Verhängung eines Ausreiseverbotes, die Frage ihrer vorübergehenden Freilassung durch außerordentliche Geldzahlungen und gerade nicht durch eine ordnungsgemäße Kaution sowie überhaupt zum Ablauf gegen sie gerichteter Ermittlungen, die zunächst mit einem eher schwächeren Vorwurf eines Verstoßes gegen die islamischen Verhaltensvorschriften begannen, sich dann aber im Zuge weiterer Ermittlungen erst zuspitzten. Schließlich decken sich die zentralen Punkte der Angaben der Klägerin auch mit den Angaben ihres (inzwischen Ex-) Ehemannes in dessen Asylverfahren.
27 
b) Das Vorbringen deckt sich weiter auch mit der allgemeinen Erkenntnislage des Gerichts zur Situation im Iran. Die islamische Republik Iran wird als theokratische Diktatur unter weitestgehender Missachtung der Menschenrechte nach dem Grundsatz der Herrschaft der schiitischen Gottesgelehrten (velayat-e faqih) geführt. Das Regime hat sich dabei, zur Ummantelung seines Machterhaltungsinteresses - und des Interesses an der Plünderung der nationalen Ressourcen durch die herrschenden Kreise -, einen starken ideologischen Überbau im Sinne der schiitischen Rechts- und Moralvorstellungen gegeben. Diese wiederum werden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Iran vom 22.12.2004, S. 5, unten) u.a. auch herangezogen, um in politisch motivierten Verfahren gehen Oppositionelle vorzugehen mit konstruierten Anklagen etwa wegen Sexualdelikten. Auch die strikte strafrechtliche Verfolgung außenwirksamer politischer Betätigung gegen das herrschende Regime wird häufig als "Feindschaft gegen Gott" und "Verderben stiften auf Erden" (Art. 183 bis 196 des iran. StGB) angeklagt (AA, Lagebericht v. 22.12.2004, S. 14/15), also vom ideologischen "Überbau" des Regimes abgeleitet. Des Weiteren wird berichtet (hierzu und nachfolgend: DOI, Auskunft vom 27.02.2003 an VG Darmstadt), dass es im Bereich der Strafbarkeit wegen Sitten- und Moralverstößen wohl ganz entscheidend auf die Hintergründe der Tat anzukommen scheint. Handelt es sich etwa um die Ahndung von Ehebruch, könnte hierfür unter engen beweisrechtlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der notwendigen Qualifizierungen als Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB die Todesstrafe verhängt werden. In der Rechtspraxis des Iran werden solche Taten - wegen der strengen Beweisregeln dieses sog. "Gottes-Rechts" - im "Normalfall" aber offenbar eher selten ausgesprochen, kommen aber gerade dann vor, wenn aus der Sicht der iranischen Machthaber besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen), die Sittenordnung, die Grundlage der Herrschaft der Mullahs ist, also zusätzlich verletzt wurde, obwohl naturgemäß zweifelhaft ist, ob die vorgeschriebenen Beweisanforderungen in diesen Fällen auch wirklich erfüllt wurden (DOI, a.a.O.). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen und die eigentlich insoweit vorgesehenen Körperstrafen (Auspeitschung) dann sogar in Geldstrafe umzuwandeln.
28 
Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass politische Verfolgung im oben dargestellten Sinne wegen einer angenommenen regimefeindlichen Gesinnung tatsächlich nicht nur bei rein politischen Aktivitäten, die sich unmittelbar und direkt gegen die Herrschaft der Gottesgelehrten richtet - wie etwa die Studentenbewegung insbesondere im Sommer 1999 -, sondern bereits dann einsetzt, wenn der Einzelne seine private Lebensgestaltung offen wahrnehmbar derart gegen die herrschenden religiösen Vorstellungen hin ausrichtet, dass im Rahmen der Ahndung von Sittenverstößen dann auf jede sonst übliche Nachsicht verzichtet wird, um den tatsächlich oder vermeintlichen Gegner der herrschenden Ordnung in seinem Gegnersein bewusst auszugrenzen.
29 
Danach ist die Klägerin Ziff. 1 auf Grund des von ihr in ihrem Hause erteilten privaten Tanzunterrichts, strafbar als "unmoralisches Verhalten" (vgl. AA, Auskunft vom 04.03.2003 an VG Oldenburg), eventuell durch eine Anzeige von Nachbarn, ins Blickfeld der Sicherheitsorgane gerückt. Im Rahmen einer nachfolgenden Hausdurchsuchung verdichtete sich durch das Auffinden einer privaten Video-Kassette pornografischen Inhalts der Eindruck, dass es sich bei ihr um eine Person handeln muss, die gravierend gegen die herrschende Sozial- und Gesellschaftsordnung eingestellt ist. Lag bereits durch den erteilten Tanzunterricht nahe, dass die Klägerin nach außen hin werbend gegen die Interessen des Regimes wirkte, so verstärkte sich dies durch den Verdacht, auch die Video-Kassette könnte zum Zwecke der Weiterverbreitung produziert worden sein. In diesem Fall handelte es sich bei der Klägerin nicht um eine nur moralisch "ungefestigte" Person. Vielmehr stand sie hierdurch in Verdacht der Sicherheitsbehörden, die herrschende Moral und damit gerade auch das sich besonders hierauf stützende herrschende Regime aktiv untergraben zu wollen. Mit den daran anknüpfenden Strafmaßnahmen stand die Klägerin Ziff. 1 im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran daher in der Gefahr einer weiteren unmittelbar bevorstehende Verfolgung mit der Folge, dass in Anwendung des sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs auch schon fehlende hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung im Falle der Rückkehr für die Asylanerkennung genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 9.1984, BVerwGE 70, 169 m.w.N.). So liegt es hier. Im Falle einer Rückkehr der Klägerinnen in den Iran kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese drohende Verfolgung im oben dargestellten Sinn dann einsetzt.
30 
Den Klägerinnen ist auch die nicht belegte Flugreise nach Deutschland mit einem fremden Pass abzunehmen, zumal eine Anfrage der Beklagten zu Visa-Anträgen bei der deutschen Vertretung in Teheran über die Klägerinnen nichts ergeben hat, weshalb Art. 16 a Abs. 2 GG, § 26 a AsylVfG keine Anwendung findet. Das Gericht vermag sich im konkreten Fall der Einreise einer Mutter mit ihren damals 12- und 6-jährigen Kindern eine Einreise auf dem Landweg, etwa im Laderaum eines Lkw versteckt, aber auch nicht vorzustellen.
31 
3. Für die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 ergibt sich somit ein Anspruch auf Asylanerkennung aus § 26 AsylVfG.
32 
4. Ist deshalb die Asylberechtigung anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen (§ 31 Abs. 2 AsylVfG), besteht entgegen der bisherigen Annahme des Bundesamts keine Verpflichtung zur Verneinung von Abschiebungshindernissen (§§ 31 Abs. 3 S. 1AsylVfG). Der entsprechende Ausspruch des Bundesamtes war daher ebenfalls aufzuheben. Allerdings besteht in diesem Falle auch kein Anlass, zusätzlich das Vorliegen von Abschiebungshindernissen festzustellen (§ 31 Abs. 3 S. 2 AsylVfG), weshalb der dahin gehende Klageantrag wie regelmäßig nur als hilfsweise gestellt auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2002, DVBl 2003, 74 = AuAS 2003, 30 = InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) und keiner Bescheidung bedarf, wobei allerdings darauf hinzuweisen wäre, dass jedenfalls die Annahme eines Abschiebungsverbotes wegen einer drohenden menschenrechtswidrigen Behandlung für die Klägerin Ziff. 1 auf Grund der oben dargestellten Zusammenhänge ohne weiteres in Betracht käme, wollte man - entgegen den obigen Ausführungen - die Annahme einer politischen Verfolgung gleichwohl verneinen.
33 
5. Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben, weil die Klägerinnen nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden dürfen (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
34 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 (in entsprechender Anwendung) VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten; die Beklagte ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu verpflichten (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
17 
1. Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Danach ist in Anknüpfung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer asylberechtigt, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war (Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 1, 27 AsylVfG).
18 
Von einer politischen Verfolgung kann dabei nur gesprochen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die oben genannten asylerheblichen Merkmale gezielte Rechtsverletzungen von solcher Intensität zugefügt werden, dass sie in ihren Wirkungen für den Einzelnen ausgrenzenden Charakter haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315 m.w.N.). Ein vereinzeltes schlechtes Erlebnis etwa mit staatlichen Sicherheitskräften genügt daher noch nicht, um von (politischer) Verfolgung zu sprechen. Da das Asylrecht auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl aufbaut (BVerfG, Beschl. v. 23.11.1986, BVerfGE 74, 51), kann von einer solchen Verfolgung nur gesprochen werden, wenn der Einzelne aus begründeter Furcht vor einer für ihn ausweglosen Lage nunmehr sein Land verlässt und im Ausland Schutz und Zuflucht sucht (BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991, BVerfGE 83, 216).
19 
Ob eine gemessen an diesen Vorgaben gegebene Verfolgung politisch ist, ist entscheidend nach den dem staatlichen Zugriff zugrundeliegenden Motiven zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, DVBl. 1985, 956 m.w.N.). Dabei kommt es auf die objektiv erkennbare Gerichtetheit der Verfolgungsmaßnahmen an und nicht auf die subjektiven Verfolgungsmotive des Verfolgers (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, a.a.0.), und ebenfalls nicht auf eventuell vorhandene politische Motive des Verfolgten.
20 
Bedient sich der Verfolgerstaat scheinbar "neutraler" Instrumente, wie der Anwendung allgemeiner Straftatbestände, Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen, so stellt sich die Frage des Vorliegens einer politischen Verfolgung insoweit in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Anwendung von Strafrechtsnormen nur vorgeschoben sein, um den Einzelnen in Wahrheit in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal, wie etwa Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu oppositionellen Kreisen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen. Anhaltspunkte hierfür können etwa Berichte über unfaire Verfahren, erpresste Geständnisse und allgemein belegte vergleichbare Fälle sein, in denen mit Mitteln des Strafprozesses gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Ist solches zu konstatieren, schlägt im Übrigen die Annahme fehl, es sei dem hiervon Betroffenen zuzumuten, sich einem Strafverfahren zu stellen und seine Unschuld zu beweisen.
21 
Daneben kann politische Verfolgung in der Anwendung von Strafrechtsnormen verborgen sein, wenn die konkrete Norm selbst unmittelbarer Ausdruck der herrschenden Staatsdoktrin ist und sich eine konkrete Straftat dann aus Sicht der Machthaber nicht in einem Verstoß gegen die rechtmäßige Ordnung erschöpft, vielmehr der "Täter" dadurch im Einzelfall zum Ausdruck bringt, dass er den Machthabern, ihrer Ideologie und den Fundamenten ihrer Macht ablehnend gegenübersteht und gerade deshalb in Anknüpfung an das asylerhebliche Merkmal der sozialen Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt und streng bestraft wird. Anhaltspunkte hierfür sind zum einen ein völlig unangemessenes Verhältnis von Tat und Rechtsfolge wie schwere Haft- und Körperstrafen oder die Todesstrafe für vergleichsweise einfache soziale Ordnungsverstöße (vgl. etwa die Zuchthaus- bzw. Todesstrafe nach §§ 1 und 2 der VO über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 01.09.1939, RGBl. I, S. 1683, für das "Hören von Feindsendern"). Aber auch die "dogmatische Einbettung" einer Strafvorschrift vermag insoweit Hinweise zu geben, ob über die Ahndung des Verstoßes hinaus gerade die Ausgrenzung des Täters maßgeblich mitbedacht ist ("Volksschädling", "Verderbensstifter" o.ä.). Schließlich kann eine Rolle spielen, in welchem Maße ein Hinausstrahlen in die Öffentlichkeit in der tatsächlichen Anwendung einer Strafrechtsnorm strafbegründend oder -erhöhend wirkt. Werden etwa Straftaten gegen die "göttliche Ordnung" im häuslichen Bereich praktisch überhaupt nicht verfolgt, obwohl streng genommen auch hierdurch die "göttliche Ordnung" verletzt wird, sondern erst dann, wenn sie öffentlich wahrnehmbar sind, so spricht einiges dafür, dass in Wahrheit die Verletzung der Staatsdoktrin geahndet werden soll und das sich hieraus ableitbare Auflehnen i.S. einer Vorstufe zu oppositioneller Tätigkeit. Allerdings kommt es insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
22 
Eine begründete Furcht vor einer derartigen politischen Verfolgung im Heimatstaat ist dann zu bejahen, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben, bzw. dorthin zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, a.a.0. und Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Allgemeine Ängste oder unbestimmte Befürchtungen müssen danach außer Betracht bleiben. Eine Furcht kann nur dann als begründete Furcht angesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles auch ein besonnener Betroffener eine derart ausweglose Lage erkennen müsste, die ihn - unter Berücksichtigung des oben skizzierten Kausalzusammenhangs - zum Verlassen seines Landes veranlasst. Hat der Asylbewerber am eigenen Leib schon politische Verfolgung erlitten, so ist eine solche begründete Furcht schon dann anzunehmen - und ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren - wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es dürfen mithin keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer abermals einsetzenden Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen und sich eine Wiederholungsverfolgung ohne ernstliche Zweifel an der Sicherheit des Asylbewerbers nicht ausschließen lässt (BVerfGE 54, 341; 70, 169). Dieser bereits eingetretenen politischen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich, wenn nach den Umständen des Falles festgestellt werden kann, dass die fluchtauslösende ausweglose Lage durch die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung eingetreten ist. In diesem Fall ist asylrechtlicher Schutz zu gewähren, wenn ein Wiedereintreten dieser unmittelbar drohenden Gefahr bei Rückkehr ins Heimatland nicht ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
23 
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass allgemeine Unfreiheit im Heimatland, Bedrückungen und Perspektivlosigkeit, mögen sie auch "gute Gründe" für ein Verlassen des Heimatlandes sein, nicht zur Gewährung von Asyl als politisch Verfolgter führen können.
24 
Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter setzt zudem voraus, dass das Gericht mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit einen Sachverhalt feststellen kann, aus dem sich dann in rechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Betreffende politisch verfolgt wird. Der Asylbewerber selbst muss dabei an der Tatsachenfeststellung mitwirken, insbesondere selbst alles vortragen, auf das er seine Verfolgungsfurcht begründet. Dieser Vortrag muss in schlüssiger Form und unter Angabe genauer Einzelheiten erfolgen und einen in sich stimmigen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. v. 24.03.1987, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 40; Beschl. v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 m.w.N.). Dabei wird allerdings dem notwendigerweise sachtypischen Beweisnotstand eines Asylbewerbers insoweit Rechnung getragen, als das Gericht grundsätzlich keinen vollen Beweis verlangen darf, sondern die Überzeugung vom Vorliegen des vorgetragenen Sachverhalts auch aus der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Asylbewerbers gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Bei der richterlichen Überzeugungsbildung ist dabei zu berücksichtigen, dass einzelne Angaben vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturkreise gesehen werden müssen, durch die notwendigen Dolmetscherübersetzungen sich Fehler einschleichen können und, was das Heranziehen von Auskünften u. Ä.. über das Heimatland betrifft, diese stets kritisch auf ihren wirklichen Aussagegehalt hin überprüft werden müssen.
25 
2. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist von einer beachtlichen Gefahr auszugehen, dass die Klägerin Ziff. 1 bei Rückkehr in den Iran in absehbarer Zeit mit solchen asylerheblichen Maßnahmen rechnen muss.
26 
a) Das Gericht hält das Vorbringen der Klägerin Ziff. 1 - anders als die Beklagte - zunächst einmal für glaubwürdig. Die Klägerin Ziff. 1 hat durch ihr Auftreten in der mündlichen Verhandlung, auch unter Berücksichtigung ihrer Angaben im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, beim Gericht einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat weder versucht, ausweichend zu antworten, noch etwa “taktisch“, noch hat sie bei Fragen des Gerichts längere Denkpausen benötigt. Sie hat insbesondere die Vorgänge nicht überzogen oder gesteigert dargestellt, um etwa ihre Chancen auf Asylanerkennung zu erhöhen. Vielmehr hat sie sogar auf entsprechende Fragen des Gerichts nach Weiterungen heftig und ablehnend reagiert, obwohl sie insoweit ohne weiteres Dramatisierungen hätte "einbauen" können. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung auch zuvor aufgetretene Ungereimtheiten aufklären, wie die Frage einer Ausreise auf dem Luftweg, kurz vor der erwarteten Verhängung eines Ausreiseverbotes, die Frage ihrer vorübergehenden Freilassung durch außerordentliche Geldzahlungen und gerade nicht durch eine ordnungsgemäße Kaution sowie überhaupt zum Ablauf gegen sie gerichteter Ermittlungen, die zunächst mit einem eher schwächeren Vorwurf eines Verstoßes gegen die islamischen Verhaltensvorschriften begannen, sich dann aber im Zuge weiterer Ermittlungen erst zuspitzten. Schließlich decken sich die zentralen Punkte der Angaben der Klägerin auch mit den Angaben ihres (inzwischen Ex-) Ehemannes in dessen Asylverfahren.
27 
b) Das Vorbringen deckt sich weiter auch mit der allgemeinen Erkenntnislage des Gerichts zur Situation im Iran. Die islamische Republik Iran wird als theokratische Diktatur unter weitestgehender Missachtung der Menschenrechte nach dem Grundsatz der Herrschaft der schiitischen Gottesgelehrten (velayat-e faqih) geführt. Das Regime hat sich dabei, zur Ummantelung seines Machterhaltungsinteresses - und des Interesses an der Plünderung der nationalen Ressourcen durch die herrschenden Kreise -, einen starken ideologischen Überbau im Sinne der schiitischen Rechts- und Moralvorstellungen gegeben. Diese wiederum werden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Iran vom 22.12.2004, S. 5, unten) u.a. auch herangezogen, um in politisch motivierten Verfahren gehen Oppositionelle vorzugehen mit konstruierten Anklagen etwa wegen Sexualdelikten. Auch die strikte strafrechtliche Verfolgung außenwirksamer politischer Betätigung gegen das herrschende Regime wird häufig als "Feindschaft gegen Gott" und "Verderben stiften auf Erden" (Art. 183 bis 196 des iran. StGB) angeklagt (AA, Lagebericht v. 22.12.2004, S. 14/15), also vom ideologischen "Überbau" des Regimes abgeleitet. Des Weiteren wird berichtet (hierzu und nachfolgend: DOI, Auskunft vom 27.02.2003 an VG Darmstadt), dass es im Bereich der Strafbarkeit wegen Sitten- und Moralverstößen wohl ganz entscheidend auf die Hintergründe der Tat anzukommen scheint. Handelt es sich etwa um die Ahndung von Ehebruch, könnte hierfür unter engen beweisrechtlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der notwendigen Qualifizierungen als Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB die Todesstrafe verhängt werden. In der Rechtspraxis des Iran werden solche Taten - wegen der strengen Beweisregeln dieses sog. "Gottes-Rechts" - im "Normalfall" aber offenbar eher selten ausgesprochen, kommen aber gerade dann vor, wenn aus der Sicht der iranischen Machthaber besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen), die Sittenordnung, die Grundlage der Herrschaft der Mullahs ist, also zusätzlich verletzt wurde, obwohl naturgemäß zweifelhaft ist, ob die vorgeschriebenen Beweisanforderungen in diesen Fällen auch wirklich erfüllt wurden (DOI, a.a.O.). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen und die eigentlich insoweit vorgesehenen Körperstrafen (Auspeitschung) dann sogar in Geldstrafe umzuwandeln.
28 
Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass politische Verfolgung im oben dargestellten Sinne wegen einer angenommenen regimefeindlichen Gesinnung tatsächlich nicht nur bei rein politischen Aktivitäten, die sich unmittelbar und direkt gegen die Herrschaft der Gottesgelehrten richtet - wie etwa die Studentenbewegung insbesondere im Sommer 1999 -, sondern bereits dann einsetzt, wenn der Einzelne seine private Lebensgestaltung offen wahrnehmbar derart gegen die herrschenden religiösen Vorstellungen hin ausrichtet, dass im Rahmen der Ahndung von Sittenverstößen dann auf jede sonst übliche Nachsicht verzichtet wird, um den tatsächlich oder vermeintlichen Gegner der herrschenden Ordnung in seinem Gegnersein bewusst auszugrenzen.
29 
Danach ist die Klägerin Ziff. 1 auf Grund des von ihr in ihrem Hause erteilten privaten Tanzunterrichts, strafbar als "unmoralisches Verhalten" (vgl. AA, Auskunft vom 04.03.2003 an VG Oldenburg), eventuell durch eine Anzeige von Nachbarn, ins Blickfeld der Sicherheitsorgane gerückt. Im Rahmen einer nachfolgenden Hausdurchsuchung verdichtete sich durch das Auffinden einer privaten Video-Kassette pornografischen Inhalts der Eindruck, dass es sich bei ihr um eine Person handeln muss, die gravierend gegen die herrschende Sozial- und Gesellschaftsordnung eingestellt ist. Lag bereits durch den erteilten Tanzunterricht nahe, dass die Klägerin nach außen hin werbend gegen die Interessen des Regimes wirkte, so verstärkte sich dies durch den Verdacht, auch die Video-Kassette könnte zum Zwecke der Weiterverbreitung produziert worden sein. In diesem Fall handelte es sich bei der Klägerin nicht um eine nur moralisch "ungefestigte" Person. Vielmehr stand sie hierdurch in Verdacht der Sicherheitsbehörden, die herrschende Moral und damit gerade auch das sich besonders hierauf stützende herrschende Regime aktiv untergraben zu wollen. Mit den daran anknüpfenden Strafmaßnahmen stand die Klägerin Ziff. 1 im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran daher in der Gefahr einer weiteren unmittelbar bevorstehende Verfolgung mit der Folge, dass in Anwendung des sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs auch schon fehlende hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung im Falle der Rückkehr für die Asylanerkennung genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 9.1984, BVerwGE 70, 169 m.w.N.). So liegt es hier. Im Falle einer Rückkehr der Klägerinnen in den Iran kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese drohende Verfolgung im oben dargestellten Sinn dann einsetzt.
30 
Den Klägerinnen ist auch die nicht belegte Flugreise nach Deutschland mit einem fremden Pass abzunehmen, zumal eine Anfrage der Beklagten zu Visa-Anträgen bei der deutschen Vertretung in Teheran über die Klägerinnen nichts ergeben hat, weshalb Art. 16 a Abs. 2 GG, § 26 a AsylVfG keine Anwendung findet. Das Gericht vermag sich im konkreten Fall der Einreise einer Mutter mit ihren damals 12- und 6-jährigen Kindern eine Einreise auf dem Landweg, etwa im Laderaum eines Lkw versteckt, aber auch nicht vorzustellen.
31 
3. Für die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 ergibt sich somit ein Anspruch auf Asylanerkennung aus § 26 AsylVfG.
32 
4. Ist deshalb die Asylberechtigung anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen (§ 31 Abs. 2 AsylVfG), besteht entgegen der bisherigen Annahme des Bundesamts keine Verpflichtung zur Verneinung von Abschiebungshindernissen (§§ 31 Abs. 3 S. 1AsylVfG). Der entsprechende Ausspruch des Bundesamtes war daher ebenfalls aufzuheben. Allerdings besteht in diesem Falle auch kein Anlass, zusätzlich das Vorliegen von Abschiebungshindernissen festzustellen (§ 31 Abs. 3 S. 2 AsylVfG), weshalb der dahin gehende Klageantrag wie regelmäßig nur als hilfsweise gestellt auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2002, DVBl 2003, 74 = AuAS 2003, 30 = InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) und keiner Bescheidung bedarf, wobei allerdings darauf hinzuweisen wäre, dass jedenfalls die Annahme eines Abschiebungsverbotes wegen einer drohenden menschenrechtswidrigen Behandlung für die Klägerin Ziff. 1 auf Grund der oben dargestellten Zusammenhänge ohne weiteres in Betracht käme, wollte man - entgegen den obigen Ausführungen - die Annahme einer politischen Verfolgung gleichwohl verneinen.
33 
5. Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben, weil die Klägerinnen nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden dürfen (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
34 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 (in entsprechender Anwendung) VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Februar 2005 - A 6 K 10687/03 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beteiligten, die dieser selbst trägt.

Gründe

 
I. Der nach seinen Angaben 1979 in Teheran geborene ledige iranische Kläger reiste 2001 seinem Bruder Ali B.A. nach, der sich seit 1998 als Asylbewerber in Deutschland aufhält (rechtskräftig abgelehnt seit 2001). Am 28.7.2001 wurde er in einer Asylbewerberunterkunft aufgegriffen und beantragte daraufhin Asyl. Zur Begründung berief er sich auf politische Aktivitäten im Iran als Sympathisant der Volksmudjaheddin. Im Laufe des Asylverfahrens trug er weiter vor, in Deutschland exilpolitisch aktiv geworden zu sein. Auch sei er zwischenzeitlich zum christlichen Glauben konvertiert; seit seiner Taufe gehöre er einer baptistischen evangelisch-freikirchlichen Gemeinde an. Zum Leitbild und Selbstverständnis dieser Gemeinde gehörten missionarische Aktivitäten, die im Iran strengstens verboten seien. Im Falle seiner Abschiebung sei deshalb sein religiöses Existenzminimum nicht gewährleistet, was insbesondere die Richtlinie 2004/83/EG untersage.
Der Asylantrag wurde vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 26.2.2003 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Asylklage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24.2.2005 in vollem Umfang abgewiesen: Die Angaben des Klägers zu politischen Aktivitäten im Iran seien nicht glaubhaft. Die exilpolitischen Aktivitäten seien nicht herausgehoben und damit asylrechtlich irrelevant. Auch vor dem Hintergrund des in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben könne die Klage keinen Erfolg haben. Zwar gelte im Iran das Verbot jeglicher Missionierungstätigkeit, und Apostasie, der „Abfall vom Glauben“, sei nicht erlaubt. Das religiöse Existenzminimum, das im Wesentlichen die Religionsausübung im privaten und nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich umfasse, sei dort aber auch für Christen bzw. Apostaten gewahrt. Ohnehin bestehe eine asylerhebliche Gefährdung nur dann, wenn den iranischen Stellen eine Konversion zum Christentum bekannt werde und diese ein Interesse an dem Betreffenden hätten. Erst ein in der Öffentlichkeit vorgetragenes religiöses Bekenntnis oder missionarisches Tätigwerden führe so zu einer Gefährdung. Solche Aktivitäten aber, die zumutbar unterbleiben könnten, seien asylrechtlich nicht geschützt. Hieran ändere auch die Richtlinie 2004/83/EG nichts, weil deren inhaltliche Bestimmungen vor ihrer Umsetzung in Deutschland noch keine Geltung hätten.
II. Der auf grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte fristgerechte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Er genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG.
1. Zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG muss zunächst in Bezug auf die Rechtslage oder die Tatsachenfeststellungen eine konkrete Frage aufgeworfen und erläutert werden. Dargelegt werden muss weiter, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlich geklärt werden müssen. In der Begründung des Zulassungsantrags muss mithin deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob diese Bedenken durchgreifen. Schließlich muss dargelegt werden, warum die aufgeworfene Frage für das Verwaltungsgericht erheblich war und warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würde (st.Rspr.; vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4.7.2000 - A 9 S 1275/00 -, VBlBW 2001 S. 66 f.; für die Revisionszulassung: BVerwGE 13, 90 f.; 111, 61 f., m.w.N.).
2. Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben fehlt es vorliegend jedenfalls an der hinreichenden Präzisierung und Erläuterung einer Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage. Die vom Kläger in seinem Zulassungsantrag formulierte Frage,
„ob das religiöse Existenzminimum auch den öffentlichen Bereich als Ort verfolgungsrechtlich geschützter Betätigung gemäß Art. 10 Abs. 1 b der EU-Qualifikationsrichtlinie in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG umfasst“,
würde sich im Berufungsverfahren so nicht stellen. Denn der Begriff des religiösen Existenzminimums ist kein Tatbestandsmerkmal des § 60 Abs. 1 AufenthG, sondern - so wie ihn auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil verwendet hat (UA S. 14) - ein vom Bundesverfassungsgericht insbesondere im Hinblick auf die Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16 a Abs. 1 GG geformter Begriff (vgl. BVerfGE 76, 143 <158 f.>). Würde das religiöse Existenzminimum aus verfassungsrechtlicher Sicht auch den öffentlichen Bereich als Ort verfolgungsrechtlich geschützter Betätigung umfassen, folgte daraus jedenfalls nicht zwingend, dass hier zugunsten des Klägers das Verbot der Abschiebung gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG (i.V.m. Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG) angenommen werden müsste.
3. Aber auch die sachdienlich umformulierte Frage,
„ob der Begriff der Religion in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Lichte von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG auch religiöse Betätigungen im öffentlichen Bereich erfasst“,
10 
kann - zumindest bis voraussichtlich zum 10.10.2006 - nicht zur Zulassung der Berufung führen. Insoweit fehlt es an einer höchst- oder obergerichtlich noch nicht geklärten Problematik. Denn die Problematik der Vorwirkung von EG-Richtlinien ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt.
11 
Dem Kläger ist zuzubilligen, dass die Formulierung des Verwaltungsgerichts, die inhaltlichen Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 hätten, - weil die Umsetzungsfrist gemäß Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie erst am 10.10.2006 auslaufe -, „in Deutschland noch keine Geltung“ (UA S. 24), die diesbezüglichen europarechtlichen Anforderungen nur verkürzt wiedergibt. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften folgt aus Art. 249 Abs. 3 EG i.V.m. einer Richtlinie die den Mitgliedstaaten selbst auferlegte zwingende Pflicht, alle erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung des durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ziels zu treffen. Aus Art. 254 Abs. 2 und 3 EG ergibt sich, dass eine Richtlinie gegenüber dem Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, schon vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung bzw. Bekanntgabe an Rechtswirkungen entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 24.10.1996, Rs. C-72/95 - Kraaijeveld u.a. -, Slg. 1996, I-5403, RdNr. 55). Diese Pflicht, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, damit das Richtlinienziel umgesetzt werden kann, obliegt sämtlichen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten - und damit auch den Gerichten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (vgl. EuGH, Urteil vom 13.11.1990, Rs. C-106/89 - Marleasing -, Slg. 1990, I-4135, RdNr. 8). Konkrete Maßnahmen im Verhältnis Staat gegen Bürger allerdings können auf der Grundlage einer Richtlinie vor deren Umsetzung grundsätzlich nicht getroffen werden, denn eine Richtlinie kann nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 3.5.2005, Rs. C-387/02 u.a. - Berlusconi u.a. -, RdNr. 73). Auch folgt aus der Umsetzungsfrist, dass den Mitgliedstaaten kein Vorwurf gemacht werden darf, wenn sie eine Richtlinie nicht vor Ablauf dieser Frist in ihre Rechtsordnung umsetzen (vgl. EuGH, Urteil vom 13.7.2000, Rs. C-456/98 - Centrosteel -, RdNr. 17). Aus Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 249 Abs. 3 EG sowie der Richtlinie selbst ergibt sich jedoch im Übrigen, dass die Mitgliedstaaten während der Umsetzungsfrist alle Maßnahmen, insbesondere den Erlass von Vorschriften, unterlassen müssen, die geeignet sind, das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 18.12.1997, Rs. C-129/96 - Inter-Environnement Wallonie -, Slg. 1997, I-7435).
12 
In Anwendung dieser Maßstäbe hat das Bundesverwaltungsgericht - etwa für den Bereich der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie - judiziert, dass ein Mitgliedstaat, der seiner Umsetzungsverpflichtung noch nicht (vollständig) nachgekommen sei, bereits in dieser Phase gewisse vorgezogene Verhaltenspflichten zu beachten habe. Er dürfe die Ziele der Richtlinie nicht unterlaufen und keine vollendeten Tatsachen schaffen, die ihm die Erfüllung der durch die Richtlinie begründeten Pflichten unmöglich machten. (Im konkreten Fall laufe dies allerdings nicht auf eine Veränderungssperre hinaus, die einer Vorwegnahme des Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie gleichkäme. Die gemeinschaftsrechtliche Vorwirkung verhindere lediglich, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der Richtlinie auf der Hand liege, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt würden, dass sie für eine Meldung nicht mehr in Betracht kämen; vgl. BVerwG, Urteil vom 19.5.1998 - 4 A 9.97 -, UPR 1998 S. 384; Urteil vom 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, E 112, 140).
13 
Höchst- bzw. obergerichtlich ist damit hinreichend geklärt, dass auch die mitgliedstaatlichen Gerichte ab Inkrafttreten einer Richtlinie bis zur Verkündung des nationalen Umsetzungsgesetzes bzw. zum Ablauf der Umsetzungsfrist alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen haben, um sicherzustellen, dass die in der Richtlinie vorgeschriebenen Ziele im Umsetzungszeitpunkt erreicht werden. Auch sie dürfen diese Ziele nicht unterlaufen und keine vollendeten Tatsachen schaffen, die die Erfüllung der durch eine Richtlinie begründeten mitgliedstaatlichen Pflichten unmöglich machen. Andererseits fordert die dergestalt definierte Vorwirkung einer EG-Richtlinie nicht schon deren unmittelbare Anwendung. Die unmittelbare Wirkung einer Richtlinienbestimmung kommt vielmehr erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist in Betracht und nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen (vgl. hierzu: Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 249 RdNr. 12 ff., m.w.N.).
14 
Für den Bereich des Ausländer- und Asylrechts bedeutet dies, dass vor Ablauf der Umsetzungsfrist bzw. - wenn zuvor erfolgt - Verkündung des Umsetzungsgesetzes regelmäßig keine vom Instanzrichter beachtliche Vorwirkung von EG-Richtlinien anzunehmen ist. Denn eine einzelfallbezogene Auslegung von nationalen Vorschriften, auch wenn diese nicht richtlinienkonform oder sogar im Gegensatz zu den Vorgaben einer Richtlinie vorgenommen wird, kann hier grundsätzlich weder in faktischer noch in rechtlicher Hinsicht vollendete Tatsachen schaffen, die die Erfüllung der durch eine Richtlinie begründeten Pflichten der Bundesrepublik bei Fristablauf unmöglich machen. Es ist davon auszugehen, dass immer Ausländer nach Deutschland einreisen und hier leben werden. Unabhängig von der konkreten Rechtsprechung der Instanzgerichte ist es dem Gesetzgeber so jederzeit möglich, die Ziele einer Richtlinie in das nationale Ausländer- und Asylrecht fristgerecht und auch sonst ordnungsgemäß umzusetzen. Denn ab Verkündung des Umsetzungsgesetzes ist der Richter hieran gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden. Wohl steht es dem Richter frei, im Hinblick auf Art. 10 EG schon ab Inkrafttreten einer Richtlinie insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe des nationalen Rechts bereits - wenn auch ohne Berufung auf den gemeinschaftsspezifischen Anwendungsvorrang und nicht im Gegensatz zu sonstigen nationalen Vorschriften - richtlinienkonform auszulegen (so auch BGH, Urteil vom 5.2.1998 - I ZR 211/95 -, NJW 1998 S. 2208). Eine Rechtspflicht hierzu ergibt sich im Ausländer- und Asylrecht jedoch regelmäßig erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist bzw. - wenn zuvor erfolgt - Verkündung des Umsetzungsgesetzes. Dies bedeutet zugleich, dass sich ein Ausländer zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht mit Erfolg auf einzelne Richtlinienvorgaben berufen kann (vgl. D. Koller, Die Bedeutung von EG-Richtlinien im Zeitraum vor Ablauf der Umsetzungsfrist, 2003, S. 142 f., m.w.N.).
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Mit dem am 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) verkündeten § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wurde nicht - frühzeitig und im Vorgriff - der erst am 30.9.2004 (ABlEU Nr. L 304/12) veröffentlichte Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG, d.h. ein Teil der so genannten Qualifikationsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt; insoweit sollte vielmehr im Wesentlichen Vorgaben des Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) und Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 25.7.2000 - 9 C 28.99 -, BVerwGE 111, 334, und 20.2.2001 - 9 C 21.00 -, BVerwGE 114, 27) Rechnung getragen werden (so ausdrücklich BT-Drs. 15/420 vom 7.2.2003, S. 91; auch eine Umsetzungsmitteilung im Sinne des Art. 38 der Richtlinie ist nicht ersichtlich). Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG ist mithin vom Gesetzgeber noch bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 10.10.2006 umzusetzen. Der Begriff der Religion in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG muss damit derzeit noch nicht zwingend im Lichte der Qualifikationsrichtlinie ausgelegt werden. Im konkreten Fall kann so auch offen bleiben, ob nicht nur etwa die Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten, sondern tatsächlich auch Missionierungsaktivitäten im Sinne von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie unter „religiöse Riten“ im öffentlichen Bereich zu subsumieren sind, ob als „öffentlicher Bereich“ insoweit möglicherweise nur das religiöse Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum religiösen Existenzminimum verstanden werden könnte, oder ob Missionierungsaktivitäten nicht allein unter den Begriff der „sonstigen religiösen Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind“, zu fassen sind, und ob solche Betätigungen nicht auf den privaten Bereich beschränkt werden dürfen, weil diesbezüglich der öffentliche Bereich in der Qualifikationsrichtlinie nicht mehr explizit genannt wird. Auch eine diesbezügliche Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 68 Abs. 1 i.V.m. Art. 234 Abs. 3 EG, wenn man eine solche im Berufungszulassungsverfahren und vor Ablauf der Umsetzungsfrist überhaupt für zulässig hält - wofür Vieles spricht -, ist damit nicht erforderlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 (entsprechend) VwGO und § 83 b AsylVfG.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.