Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 14. Feb. 2011 - 4 K 4482/10

bei uns veröffentlicht am14.02.2011

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.07.2009 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer vom Beklagten gegenüber dem Kläger erlassenen Untersagungsverfügung hinsichtlich des Vermittelns von Sportwetten im Land Baden-Württemberg.
Der Kläger vermittelt Sportwetten an eine Firma nach Malta, die dort eine staatliche Konzession für diese Tätigkeit besitzt.
Mit Bescheid vom 24.07.2009 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger für den Bereich des Landes Baden-Württemberg die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten. Die zur Veranstaltung oder Vermittlung solcher Glücksspiele vorgehaltenen Geräte seien zu entfernen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Zudem wurde die Festsetzung eines Zwangsgelds von 10.000,- EUR angedroht, falls die Verpflichtung, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen, nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung befolgt werde (Nr. 3). Schließlich wurde der Kläger verpflichtet, dem Beklagten den Mietvertrag über die Räumlichkeiten vorzulegen; für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung binnen zwei Wochen wurde ein Zwangsgeld von 1.000,- EUR angedroht (Nr. 4).
Als Ermächtigungsgrundlage wurde § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Glückspielstaatsvertrags - GlüStV - angeführt. Zur weiteren Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Vermittlung von Sportwetten um die öffentliche Veranstaltung von Glücksspielen handle, was nach § 284 Abs. 1 StGB ohne behördliche Erlaubnis verboten sei. Eine solche Erlaubnis sei dem Kläger nicht erteilt worden und könne auch nach der landesrechtlichen Gesetzeslage nicht erteilt werden. Das staatliche Glücksspielmonopol diene der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung und für das Vermögen des einzelnen Spielers sowie der Bekämpfung der Spielsucht. An eine im EU-Ausland erteilte Lizenz eines Veranstalters von Sportwetten sei ein Mitgliedsstaat wie die Bundesrepublik Deutschland, der andere Schutzregelungen erlassen habe, nicht gebunden.
Gegen diese Verfügung hat der Kläger am 29.07.2009 Klage erhoben.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Verfügung verstoße gegen den Anwendungsvorrang des Europarechts. Die ausländische Konzession habe auch für Baden-Württemberg bindende Wirkung. Die Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols führe dazu, dass dem Kläger auch nicht das Fehlen einer Erlaubnis - die gar nicht erlangt werden könne - entgegengehalten werden könne.
Mit Beschluss vom 02.09.2009 hat das Gericht dieses Verfahren im Hinblick darauf ausgesetzt, dass es dem Gericht der Europäischen Gemeinschaft in Parallelverfahren folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte:
„a) Sind die Art. 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie z. B. Sportwetten und Lotterien, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen - wie staatlichen Sportwetten und Lotterien - ermuntern und hierfür werben, und ferner andere Spiele mit gleichem oder sogar höherem Suchtgefährdungspotential - wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (Pferderennen), Automatenspiele und in Spielbanken - von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?
b) Sind die Artikel 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass durch dafür zuständige staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne weitere zusätzliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?“
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Der Europäische Gerichtshof hat daraufhin mit Urteil vom 08.09.2010 eine Vorabentscheidung getroffen (C-358/07 bis C-360/07, soweit die Vorlagen des Verwaltungsgerichts Stuttgart betroffen sind). Er hat dabei einmal eine Verpflichtung zur Anerkennung ausländischer Konzessionen in diesem Bereich verneint (Rn. 116). Er hat weiter im Grundsatz ein Sportwettenmonopol für gemeinschaftsrechtlich zulässig erachtet, allerdings die Anforderungen an die Rechtfertigung eines Monopols durch Kohärenzanforderungen präzisiert. Zu den im vorliegenden Fall entscheidungsrelevanten Teilen hat er insbesondere ausgeführt (Rn. 107 iv):
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„Stellt ein nationales Gericht sowohl fest,
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- dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glückspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, als auch,
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- dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,
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- dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren,
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so kann es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und Tätigkeiten in diesen Bereichen kohärenter und systematischer Weise zu bekämpfen.“
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Der Kläger sieht sich durch dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs in seiner Rechtsposition bestätigt und beantragt,
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den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.07.2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält die Untersagungsverfügung auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs weiterhin für rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt sei § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Die Untersagungsverfügung könne darauf gestützt werden, dass es sich um unerlaubtes Glücksspiel handle, weil eine formelle Genehmigung zu keiner Zeit erteilt worden sei. Der Glücksspielstaatsvertrag und seine Anwendung seien im Übrigen auch verfassungs- und europarechtskonform. Der Beklagte verweist hierzu auf umfangreiche rechtliche und tatsächliche Verbesserungen gegenüber der Situation zur früher durch den Lotteriestaatsvertrag getroffenen Regelung.
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Da Bedenken gegen die nationale Ausgestaltung vom Europäischen Gerichtshof nur unter kumulativen Voraussetzungen geltend gemacht worden seien, seien bereits durch die jedenfalls durch den Glücksspielstaatsvertrag und seine Anwendung erreichte sachgerechte Ausgestaltung eines Sportwettenmonopols gemeinschaftsrechtliche Bedenken ausgeräumt. Im Übrigen werde dem Kohärenzgebot auch dadurch Rechnung getragen, dass die Änderungen der Spielverordnung im Jahr 2006 nicht nur Erleichterungen, sondern u. a. durch das Verbot von Fun-Games auch Erschwerungen für die dortigen Spiele mit sich gebracht hätten, so dass auch in diesem Zusammenhang dem Spieltrieb entgegengewirkt werde. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf die Dienstleistungsfreiheit berufen, denn er sei kein Unionsbürger.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Für die Begründetheit der Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darstellt; das folgt aus dem Rechtscharakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2009 - 6 S 110/09 -, ZfWG 2010, 24 m. w. N.).
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1. Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht auf den vom Beklagten herangezogenen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt werden. Die dort getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.
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Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.
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Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 EUR...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“
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In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urteil vom 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) -Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).
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Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.).
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Ohne Erfolg versucht der Beklagte dieser Würdigung des Automatenspiels entgegenzuhalten, dass die - im Vorlagebeschluss berücksichtigte - Novelle der Spielverordnung auch erschwerende Elemente wie z. B. das Verbot der Fun-Games beinhaltet habe und dass der Normgeber das Ziel der Suchtprävention auch in diesem Sektor im Auge habe. Zwar verlangt die Ermächtigungsgrundlage für die Spielverordnung in § 33 f Abs. 1 GewO, dass die Vorschriften über Aufstellung und Zulassung von Spielgeräten in der Spielverordnung u. a. der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs dienen, und verfolgt der Verordnungsgeber nach seiner Vorstellung ein Gesamtkonzept, das sowohl dem Interesse des Automatenherstellers und -aufstellers Rechnung tragen soll, dem Kunden neue Spielvariationen anzubieten, als auch dem öffentlichen Interesse an einer langfristig effektiven Kontrolle dieses Bereichs (vgl. BR-Drs. 665/05, dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2009, a.a.O.). Diese Elemente genügen angesichts der konkret durch die Spielverordnung getroffenen Regelungen und ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die erforderliche Kohärenz aber nicht (so auch VG Halle, Urteil vom 11.11.2010 - 3 A 158/09 -, Rn. 162-164, - juris). Vielmehr hat sich mit Blick auf die Suchtprävention bei bilanzierender Betrachtung insgesamt eine Verschlechterung gegenüber dem Zeitraum vor der Novellierung der Spielverordnung ergeben (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 48). Soweit der Beklagte dieser Würdigung unter Berufung auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2010 (- 4 B 733/10 -) entgegenzutreten versucht mit dem Argument, die Zahl der Spielautomaten habe sich letztlich sogar verringert, weil ursprünglich 80.000 Fun-Game-Automaten existiert hätten, die in den Anfangsbestand nicht eingerechnet worden seien, durch die Neuregelung aber weggefallen seien, überzeugt das nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die genannte Zahl eine hinreichende empirische Basis besitzt - das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 115 f.) spricht in seinem Beschluss, der im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist und daher auf nur summarischer Prüfung der Sachlage beruht, von entsprechenden Schätzungen und verweist hierfür auf die BR-Drs. 660/05 -; ebenso kann offen bleiben, ob eine Addition dieser Zahl zum Anfangsbestand aus methodischen Gründen zulässig wäre. Denn ungeachtet der Zahl der Spielautomaten bleibt es jedenfalls bei den festgestellten ganz erheblichen Umsatzsteigerungen dieser Branche.
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Das Gericht weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist (so auch Urteil der Kammer vom 16.12.2010 - 4 K 3645/10 -, juris).
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Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.
33 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Zu Recht weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof mit der Kombination von Elementen nur hinreichende Bedingungen für den Schluss auf eine Inkohärenz formuliert hat, nicht aber, welche Voraussetzungen mindestens erfüllt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 - Rn. 90; - 8 C 15.09 Rn. 89). Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschluss vom 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn sind auch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu verstehen, wonach sich unmittelbar aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergebe, dass eine Inkohärenz im unionsrechtlichen Sinne keine unzulässige Werbung im Monopolbereich voraussetze, sondern auch bei - sonstiger - Expansionspolitik etwa in konzessionierten Bereichen vorliegen könne (Urteile vom 24.11.2010 - 8 C 14.09 - a.a.O.; - 8 C 15.09 - a.a.O).
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Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für das Gericht vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht.
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Die Tatsache, dass der Kläger des vorliegenden Verfahrens kein EU-Angehöriger ist, veranlasst entgegen der Auffassung des Beklagten - jedenfalls im Ergebnis - keine andere Entscheidung.
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Zwar kann der Kläger als Drittstaatsangehöriger sich jedenfalls nicht direkt auf die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV berufen, weil er nicht von dessen persönlichem Anwendungsbereich erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 - Rn. 84; VG Berlin, Urteil vom 04.12.2008 - 35 A 16.07 -, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris).
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Allerdings ist zu bedenken, dass die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der vom Kläger betriebenen Vermittlung gegenüber derjenigen der von ihm vermittelten Vertragsbeziehungen zurücktritt, die zwischen seinem Vertragspartner, einem der EU angehörigen Wettbürobetreiber und damit einem Träger der aktiven Dienstleistungsfreiheit, und dem - durch das Angebot des Klägers typischerweise zu gewinnenden - deutschen oder anderen EU-Bürger als Träger der passiven Dienstleistungsfreiheit entstehen. Der Vermittler hat lediglich die Rolle eines „Marktzugangsagenten“. Im Hinblick darauf, dass eine gegen den Kläger gerichtete Untersagungsverfügung die über seine Vermittlung am Abschluss von Sportwetten Interessierten aber daran hindern könnte, von ihrer jeweiligen (aktiven bzw. passiven) Dienstleistungsfreiheit Gebrauch zu machen, erscheint es in einem solchen Kontext geboten, den Schutzumfang der Dienstleistungsfreiheit bei einer an dem unionsrechtlichen Anwendungsvorrang einerseits und dem effet utile andererseits orientierten Auslegung auch auf den Kläger zu erstrecken, um so die Möglichkeit zu schaffen, Beeinträchtigungen der Dienstleistungsfreiheit zwischen den Vertragspartnern eines Sportwettenvertrags wirksam zu unterbinden (vgl. zu einer strukturell ähnlichen Problematik Vorlagebeschluss des VGH Baden-Württemberg vom 20.01.2011 - 11 S 1069/10 -, dort mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 07.07.1992, Rs. C-370/90, Rn. 19 f. - Singh - sowie vom 23.09.2003 , Rs. C-109/01 - Akrich -). Der Kläger kann damit sowohl über die - unionsrechtlich vermittelte - Dienstleistungsfreiheit als auch über Art. 2 Abs. 1 GG als Adressat der Untersagungsverfügung verlangen, von unionsrechtswidrigen Maßnahmen verschont zu werden (zu letzterem Ansatz vgl. auch Beschluss der Kammer vom 24.09.2009 - 4 K 958/09 -).
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Da die vom Beklagten für die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Untersagungsverfügung herangezogene Rechtsgrundlage somit bereits aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar ist, kann die zwischen den Beteiligten und auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob diese Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist.
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2. Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urteil vom 11.11.2010, a.a.O., Rn. 190; VG Hamburg, Urteil vom 02.11.2010, a.a.O., Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.
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Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O., Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüStV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit der Kläger - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201). Mit Blick auf die aus unionsrechtlicher Sicht nicht mögliche Stützung der Untersagungsverfügung auf § 9 GlüStV kommt es daher hier auch nicht auf eine Auseinandersetzung mit § 284 StGB an (vgl. dazu sogleich 3.).
41 
Soweit der Beklagte vorträgt, auch das Bundesverwaltungsgericht gehe unabhängig von der Frage einer Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols von einer weiteren Geltung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV aus, ist das so nicht richtig. Vielmehr sieht das Bundesverwaltungsgericht die Frage des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV sowie den Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter insgesamt als rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Urteile v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, Rn. 61; - 8 C 15.09 - Rn. 60) und hat folgerichtig die angegriffenen Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die auf der Anwendung eines rechtsfehlerhaften Prüfungsmaßstabs beruhten, aufgehoben und die Sachen zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen. Hätte es dagegen ganz generell unabhängig von der Frage einer Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols § 4 Abs. 1 GlüStV als (weiter) wirksam angesehen, hätte es einer Zurückverweisung nicht bedurft, sondern es hätte zu Lasten der jeweiligen Kläger durchentschieden werden können. Ohne Erfolg bleibt schließlich der Hinweis des Beklagten auf ein weiteres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem postuliert wird, der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sei unabhängig von verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Bedenken gegen das Sportwettenmonopol wirksam (Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, Rn. 73, 77). Diese - einen Sonderfall fehlender räumlicher Trennung und eine nur spezifisch ortsbezogene Untersagungsverfügung betreffende - Aussage lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht verallgemeinern; zudem wurde in demselben Urteil ebenfalls die Frage einer Vereinbarkeit (u. a.) des Erlaubnisvorbehalts mit Unionsrecht aufgeworfen, allerdings wegen fehlender Unionsbürgerschaft des dortigen Klägers für unerheblich und eine diesbezügliche Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für entbehrlich erachtet (Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, Rn. 84).
42 
3. Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen.
43 
4. Darüber hinaus leidet die Untersagungsverfügung zu Lasten des Klägers an weiteren durchgreifenden Ermessensfehlern.
44 
Insoweit ist daran zu erinnern, dass § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV die Untersagung des unerlaubten Glücksspiels in das – pflichtgemäß auszuübende (§ 40 VwVfG, § 114 VwGO) –- Ermessen der Glücksspielaufsicht stellt. Der Glücksspielaufsicht ist es auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in Folge der Unverhältnismäßigkeit der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Unionsbürger derzeit nicht möglich, rechtmäßige Untersagungsverfügungen gegen Unionsbürger zu erlassen, die Sportwetten an einen Vertragspartner vermitteln, der in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig eine ähnliche Dienstleistung erbringt (dazu ausführlich Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.). Mit einem Einschreiten ausschließlich gegen Sportwettenvermittlungen durch im Bundesgebiet ansässige Drittstaatsangehörige lässt sich aber das mit den Untersagungsverfügungen verfolgte Ziel nicht erreichen, effektiv die Vermittlung von Sportwetten durch Private zu unterbinden, um auf diese Weise die Spielleidenschaft zu begrenzen und die Spielsucht zu bekämpfen. Die Unterbindung grenzüberschreitender Sportwettenvermittlungen in das EU-Ausland ausschließlich gegenüber Drittstaatsangehörigen ist daher nicht mit dem bei der Ermessensausübung zu wahrenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar (VG Freiburg, Urteil vom 9.07.2008 – 1 K 547.07 –, juris, – 1 K 2130/07 –; VG Karlsruhe, Urteil vom 15.09.2008 – 2 K 1637/08 –, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 25.04. 2007, a.a.O.). Die Maßnahme ist vielmehr angesichts der Vielzahl von Sportwettenvermittlungen, die nicht untersagt werden können, zur Bekämpfung der Spielsucht ungeeignet. Im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten ist es unerheblich, ob das Vermittlungs-Angebot von einem Unionsbürger oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (so auch VG Berlin, Urteil vom 04.12.2008, a.a.O.). Eine an die Staatsangehörigkeit des Vermittlers anknüpfende Untersagung dürfte daher auch mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sein.
45 
Da der untersagende Teil der Verfügung und damit ihr Kern rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, ist die Verfügung des Beklagten auch im Übrigen aufzuheben.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
47 
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung von dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10.12.2009 (a.a.O.) und dem Urteil des BVerwG vom 24.11.2010 (- 8 C 13.09 - a.a.O.) zugelassen.
48 
Beschluss vom 14.02.2011
49 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs.1 GKG auf EUR 15.000,00 festgesetzt.

Gründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Für die Begründetheit der Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darstellt; das folgt aus dem Rechtscharakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2009 - 6 S 110/09 -, ZfWG 2010, 24 m. w. N.).
25 
1. Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht auf den vom Beklagten herangezogenen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt werden. Die dort getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.
26 
Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.
27 
Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 EUR...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“
28 
In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urteil vom 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) -Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).
29 
Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.).
30 
Ohne Erfolg versucht der Beklagte dieser Würdigung des Automatenspiels entgegenzuhalten, dass die - im Vorlagebeschluss berücksichtigte - Novelle der Spielverordnung auch erschwerende Elemente wie z. B. das Verbot der Fun-Games beinhaltet habe und dass der Normgeber das Ziel der Suchtprävention auch in diesem Sektor im Auge habe. Zwar verlangt die Ermächtigungsgrundlage für die Spielverordnung in § 33 f Abs. 1 GewO, dass die Vorschriften über Aufstellung und Zulassung von Spielgeräten in der Spielverordnung u. a. der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs dienen, und verfolgt der Verordnungsgeber nach seiner Vorstellung ein Gesamtkonzept, das sowohl dem Interesse des Automatenherstellers und -aufstellers Rechnung tragen soll, dem Kunden neue Spielvariationen anzubieten, als auch dem öffentlichen Interesse an einer langfristig effektiven Kontrolle dieses Bereichs (vgl. BR-Drs. 665/05, dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2009, a.a.O.). Diese Elemente genügen angesichts der konkret durch die Spielverordnung getroffenen Regelungen und ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die erforderliche Kohärenz aber nicht (so auch VG Halle, Urteil vom 11.11.2010 - 3 A 158/09 -, Rn. 162-164, - juris). Vielmehr hat sich mit Blick auf die Suchtprävention bei bilanzierender Betrachtung insgesamt eine Verschlechterung gegenüber dem Zeitraum vor der Novellierung der Spielverordnung ergeben (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 48). Soweit der Beklagte dieser Würdigung unter Berufung auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2010 (- 4 B 733/10 -) entgegenzutreten versucht mit dem Argument, die Zahl der Spielautomaten habe sich letztlich sogar verringert, weil ursprünglich 80.000 Fun-Game-Automaten existiert hätten, die in den Anfangsbestand nicht eingerechnet worden seien, durch die Neuregelung aber weggefallen seien, überzeugt das nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die genannte Zahl eine hinreichende empirische Basis besitzt - das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 115 f.) spricht in seinem Beschluss, der im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist und daher auf nur summarischer Prüfung der Sachlage beruht, von entsprechenden Schätzungen und verweist hierfür auf die BR-Drs. 660/05 -; ebenso kann offen bleiben, ob eine Addition dieser Zahl zum Anfangsbestand aus methodischen Gründen zulässig wäre. Denn ungeachtet der Zahl der Spielautomaten bleibt es jedenfalls bei den festgestellten ganz erheblichen Umsatzsteigerungen dieser Branche.
31 
Das Gericht weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist (so auch Urteil der Kammer vom 16.12.2010 - 4 K 3645/10 -, juris).
32 
Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.
33 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Zu Recht weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof mit der Kombination von Elementen nur hinreichende Bedingungen für den Schluss auf eine Inkohärenz formuliert hat, nicht aber, welche Voraussetzungen mindestens erfüllt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 - Rn. 90; - 8 C 15.09 Rn. 89). Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschluss vom 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn sind auch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu verstehen, wonach sich unmittelbar aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergebe, dass eine Inkohärenz im unionsrechtlichen Sinne keine unzulässige Werbung im Monopolbereich voraussetze, sondern auch bei - sonstiger - Expansionspolitik etwa in konzessionierten Bereichen vorliegen könne (Urteile vom 24.11.2010 - 8 C 14.09 - a.a.O.; - 8 C 15.09 - a.a.O).
34 
Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für das Gericht vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht.
35 
Die Tatsache, dass der Kläger des vorliegenden Verfahrens kein EU-Angehöriger ist, veranlasst entgegen der Auffassung des Beklagten - jedenfalls im Ergebnis - keine andere Entscheidung.
36 
Zwar kann der Kläger als Drittstaatsangehöriger sich jedenfalls nicht direkt auf die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV berufen, weil er nicht von dessen persönlichem Anwendungsbereich erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 - Rn. 84; VG Berlin, Urteil vom 04.12.2008 - 35 A 16.07 -, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris).
37 
Allerdings ist zu bedenken, dass die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der vom Kläger betriebenen Vermittlung gegenüber derjenigen der von ihm vermittelten Vertragsbeziehungen zurücktritt, die zwischen seinem Vertragspartner, einem der EU angehörigen Wettbürobetreiber und damit einem Träger der aktiven Dienstleistungsfreiheit, und dem - durch das Angebot des Klägers typischerweise zu gewinnenden - deutschen oder anderen EU-Bürger als Träger der passiven Dienstleistungsfreiheit entstehen. Der Vermittler hat lediglich die Rolle eines „Marktzugangsagenten“. Im Hinblick darauf, dass eine gegen den Kläger gerichtete Untersagungsverfügung die über seine Vermittlung am Abschluss von Sportwetten Interessierten aber daran hindern könnte, von ihrer jeweiligen (aktiven bzw. passiven) Dienstleistungsfreiheit Gebrauch zu machen, erscheint es in einem solchen Kontext geboten, den Schutzumfang der Dienstleistungsfreiheit bei einer an dem unionsrechtlichen Anwendungsvorrang einerseits und dem effet utile andererseits orientierten Auslegung auch auf den Kläger zu erstrecken, um so die Möglichkeit zu schaffen, Beeinträchtigungen der Dienstleistungsfreiheit zwischen den Vertragspartnern eines Sportwettenvertrags wirksam zu unterbinden (vgl. zu einer strukturell ähnlichen Problematik Vorlagebeschluss des VGH Baden-Württemberg vom 20.01.2011 - 11 S 1069/10 -, dort mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 07.07.1992, Rs. C-370/90, Rn. 19 f. - Singh - sowie vom 23.09.2003 , Rs. C-109/01 - Akrich -). Der Kläger kann damit sowohl über die - unionsrechtlich vermittelte - Dienstleistungsfreiheit als auch über Art. 2 Abs. 1 GG als Adressat der Untersagungsverfügung verlangen, von unionsrechtswidrigen Maßnahmen verschont zu werden (zu letzterem Ansatz vgl. auch Beschluss der Kammer vom 24.09.2009 - 4 K 958/09 -).
38 
Da die vom Beklagten für die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Untersagungsverfügung herangezogene Rechtsgrundlage somit bereits aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar ist, kann die zwischen den Beteiligten und auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob diese Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist.
39 
2. Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urteil vom 11.11.2010, a.a.O., Rn. 190; VG Hamburg, Urteil vom 02.11.2010, a.a.O., Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.
40 
Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O., Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüStV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit der Kläger - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201). Mit Blick auf die aus unionsrechtlicher Sicht nicht mögliche Stützung der Untersagungsverfügung auf § 9 GlüStV kommt es daher hier auch nicht auf eine Auseinandersetzung mit § 284 StGB an (vgl. dazu sogleich 3.).
41 
Soweit der Beklagte vorträgt, auch das Bundesverwaltungsgericht gehe unabhängig von der Frage einer Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols von einer weiteren Geltung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV aus, ist das so nicht richtig. Vielmehr sieht das Bundesverwaltungsgericht die Frage des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV sowie den Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter insgesamt als rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Urteile v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, Rn. 61; - 8 C 15.09 - Rn. 60) und hat folgerichtig die angegriffenen Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die auf der Anwendung eines rechtsfehlerhaften Prüfungsmaßstabs beruhten, aufgehoben und die Sachen zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen. Hätte es dagegen ganz generell unabhängig von der Frage einer Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols § 4 Abs. 1 GlüStV als (weiter) wirksam angesehen, hätte es einer Zurückverweisung nicht bedurft, sondern es hätte zu Lasten der jeweiligen Kläger durchentschieden werden können. Ohne Erfolg bleibt schließlich der Hinweis des Beklagten auf ein weiteres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem postuliert wird, der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sei unabhängig von verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Bedenken gegen das Sportwettenmonopol wirksam (Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, Rn. 73, 77). Diese - einen Sonderfall fehlender räumlicher Trennung und eine nur spezifisch ortsbezogene Untersagungsverfügung betreffende - Aussage lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht verallgemeinern; zudem wurde in demselben Urteil ebenfalls die Frage einer Vereinbarkeit (u. a.) des Erlaubnisvorbehalts mit Unionsrecht aufgeworfen, allerdings wegen fehlender Unionsbürgerschaft des dortigen Klägers für unerheblich und eine diesbezügliche Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für entbehrlich erachtet (Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, Rn. 84).
42 
3. Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen.
43 
4. Darüber hinaus leidet die Untersagungsverfügung zu Lasten des Klägers an weiteren durchgreifenden Ermessensfehlern.
44 
Insoweit ist daran zu erinnern, dass § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV die Untersagung des unerlaubten Glücksspiels in das – pflichtgemäß auszuübende (§ 40 VwVfG, § 114 VwGO) –- Ermessen der Glücksspielaufsicht stellt. Der Glücksspielaufsicht ist es auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in Folge der Unverhältnismäßigkeit der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Unionsbürger derzeit nicht möglich, rechtmäßige Untersagungsverfügungen gegen Unionsbürger zu erlassen, die Sportwetten an einen Vertragspartner vermitteln, der in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig eine ähnliche Dienstleistung erbringt (dazu ausführlich Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.). Mit einem Einschreiten ausschließlich gegen Sportwettenvermittlungen durch im Bundesgebiet ansässige Drittstaatsangehörige lässt sich aber das mit den Untersagungsverfügungen verfolgte Ziel nicht erreichen, effektiv die Vermittlung von Sportwetten durch Private zu unterbinden, um auf diese Weise die Spielleidenschaft zu begrenzen und die Spielsucht zu bekämpfen. Die Unterbindung grenzüberschreitender Sportwettenvermittlungen in das EU-Ausland ausschließlich gegenüber Drittstaatsangehörigen ist daher nicht mit dem bei der Ermessensausübung zu wahrenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar (VG Freiburg, Urteil vom 9.07.2008 – 1 K 547.07 –, juris, – 1 K 2130/07 –; VG Karlsruhe, Urteil vom 15.09.2008 – 2 K 1637/08 –, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 25.04. 2007, a.a.O.). Die Maßnahme ist vielmehr angesichts der Vielzahl von Sportwettenvermittlungen, die nicht untersagt werden können, zur Bekämpfung der Spielsucht ungeeignet. Im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten ist es unerheblich, ob das Vermittlungs-Angebot von einem Unionsbürger oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (so auch VG Berlin, Urteil vom 04.12.2008, a.a.O.). Eine an die Staatsangehörigkeit des Vermittlers anknüpfende Untersagung dürfte daher auch mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sein.
45 
Da der untersagende Teil der Verfügung und damit ihr Kern rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, ist die Verfügung des Beklagten auch im Übrigen aufzuheben.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
47 
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung von dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10.12.2009 (a.a.O.) und dem Urteil des BVerwG vom 24.11.2010 (- 8 C 13.09 - a.a.O.) zugelassen.
48 
Beschluss vom 14.02.2011
49 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs.1 GKG auf EUR 15.000,00 festgesetzt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 40 Ermessen


Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Strafgesetzbuch - StGB | § 284 Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels


(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch

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(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum

Spielverordnung - SpielV | § 13


Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt darf die Bauart eines Geldspielgerätes nur zulassen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind: 1. Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen; ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 14. Feb. 2011 - 4 K 4482/10 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt darf die Bauart eines Geldspielgerätes nur zulassen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

1.
Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen; ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich mit der Bekanntgabe des Spielergebnisses fort und endet mit der Auszahlung des Gewinns beziehungsweise der Einstreichung des Einsatzes.
2.
Die Mindestspieldauer beträgt fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2 Euro betragen.
3.
Bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Einsatzleistungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Einsatz um höchstens 0,03 Euro je volle Sekunde erhöht werden; bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Gewinnauszahlungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Gewinn um höchstens 0,30 Euro je volle Sekunde erhöht werden. Darüber hinausgehende Erhöhungen von Einsatz und Gewinn sind ausgeschlossen.
4.
Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen.
5.
Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 400 Euro nicht übersteigen. Jackpots und andere Sonderzahlungen jeder Art sind ausgeschlossen.
6.
Nach einer Stunde Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten ein, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. In der Pause dürfen keine Spielvorgänge, einsatz- und gewinnfreie Probe- oder Demonstrationsspiele oder sonstige Animationen angeboten werden.
6a.
Nach drei Stunden Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause ein, in der es für mindestens fünf Minuten in den Ruhezustand versetzt wird; zu Beginn des Ruhezustandes sind die Geldspeicher zu entleeren und alle Anzeigeelemente auf die vordefinierten Anfangswerte zu setzen.
7.
Die Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern ist bei Geldannahme vom Spieler in der Summe auf 10 Euro begrenzt. Höhere Beträge werden unmittelbar nach der Aufbuchung automatisch ausgezahlt. Eine Bedienvorrichtung für den Spieler, mit der er vorab einstellen kann, dass aufgebuchte Beträge unbeeinflusst zum Einsatz gelangen, ist unzulässig. Jeder Einsatz darf nur durch unmittelbar zuvor erfolgte gesonderte physische Betätigung des Spielers ausgelöst werden. Es gibt eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz gemäß Nummer 1 sind, verfügen kann.
8.
Der Spielbetrieb darf nur mit auf Euro lautenden Münzen und Banknoten und nur unmittelbar am Spielgerät erfolgen.
8a.
Bei Mehrplatzspielgeräten müssen die einzelnen Spielstellen unabhängig voneinander benutzbar sein und jede Spielstelle hat die Anforderungen der §§ 12 und 13 zu erfüllen, soweit diese landesrechtlich überhaupt zulässig sind; aus der Bauartzulassung eines Mehrplatzspielgerätes folgt kein Anspruch auf die Aufstellung des Mehrplatzspielgerätes.
8b.
Mehrplatzspielgeräte dürfen über höchstens vier Spielstellen verfügen, einzelne Spielstellen dürfen nicht abstellbar sein.
9.
Das Spielgerät beinhaltet eine Kontrolleinrichtung, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Die Kontrolleinrichtung gewährleistet die in den Nummern 1 bis 5 Satz 1 und Nummer 6a aufgeführten Begrenzungen.
9a.
Das Spielgerät zeichnet nach dem Stand der Technik die von der Kontrolleinrichtung gemäß Nummer 8 erfassten Daten dauerhaft so auf, dass
a)
sie jederzeit elektronisch verfügbar, lesbar und auswertbar sind,
b)
sie auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können,
c)
die einzelnen Daten mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung verknüpft sind,
d)
ihre Vollständigkeit erkennbar ist und
e)
feststellbar ist, ob nachträglich Veränderungen vorgenommen worden sind.
10.
Der Spielbetrieb darf nur bei ständiger Verwendung eines gültigen gerätegebundenen, personenungebundenen Identifikationsmittels möglich sein, wobei
a)
die Gültigkeit des verwendeten Identifikationsmittels durch das Spielgerät vor Aufnahme des Spielbetriebs geprüft werden muss und
b)
während des Spielbetriebs keine Daten auf dem verwendeten Identifikationsmittel gespeichert werden dürfen.
11.
Das Spielgerät und seine Komponenten müssen der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sein.
12.
Das Spielgerät muss so gebaut sein, dass die Übereinstimmung der Nachbaugeräte mit der zugelassenen Bauart überprüft werden kann.

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.08.2006 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer vom Beklagten gegenüber der Klägerin erlassenen Untersagungsverfügung hinsichtlich des Vermittelns von Sportwetten im Land Baden-Württemberg.
Die Klägerin vermittelt Sportwetten an eine Firma nach Österreich, die dort eine staatliche Konzession für diese Tätigkeit besitzt.
Mit Bescheid vom 24.08.2006 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin für den Bereich des Landes Baden-Württemberg die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten. Die zur Veranstaltung oder Vermittlung solcher Glücksspiele vorgehaltenen Geräte seien zu entfernen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung von Nr. 1 und Nr. 2 wurde angeordnet (Nr. 3). Zudem wurde die Festsetzung eines Zwangsgelds von 10.000,- EUR angedroht, falls die Verpflichtung, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen, nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung befolgt werde (Nr. 4).
Als Ermächtigungsgrundlage wurde § 12 Abs. 1 des Lotteriestaatsvertrags i.V.m. § 3 Abs. 1 des zugehörigen Ausführungsgesetzes angeführt. Zur weiteren Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Vermittlung von Sportwetten um die öffentliche Veranstaltung von Glücksspielen handle, was nach § 284 Abs. 1 StGB ohne behördliche Erlaubnis verboten sei. Eine solche Erlaubnis sei der Klägerin nicht erteilt worden und könne auch nach der landesrechtlichen Gesetzeslage nicht erteilt werden. Das staatliche Glücksspielmonopol diene der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung und für das Vermögen des einzelnen Spielers sowie der Bekämpfung der Spielsucht. An eine im EU-Ausland erteilte Lizenz eines Veranstalters von Sportwetten sei ein Mitgliedsstaat wie die Bundesrepublik Deutschland, der andere Schutzregelungen erlassen habe, nicht gebunden.
Gegen diese Verfügung hat die Klägerin am 08.09.2006 Klage erhoben.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Verfügung verstoße gegen den Anwendungsvorrang des Europarechts. Die ausländische Konzession habe auch für Baden-Württemberg bindende Wirkung. Die Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols führe dazu, dass der Klägerin auch nicht das Fehlen einer Erlaubnis - die gar nicht erlangt werden könne - entgegengehalten werden könne.
Mit Beschluss vom 24.07.2007 hat die Kammer dieses Verfahren sowie zwei weitere ausgesetzt und dem Gericht der Europäischen Gemeinschaft folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„a) Sind die Art. 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie z. B. Sportwetten und Lotterien, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen - wie staatlichen Sportwetten und Lotterien - ermuntern und hierfür werben, und ferner andere Spiele mit gleichem oder sogar höherem Suchtgefährdungspotential - wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (Pferderennen), Automatenspiele und in Spielbanken - von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?
b) Sind die Artikel 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass durch dafür zuständige staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne weitere zusätzliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?“
10 
Der Europäische Gerichtshof hat daraufhin mit Urteil vom 08.09.2010 eine Vorabentscheidung getroffen (C-358/07 bis C-360/07, soweit die Vorlagen des Verwaltungsgerichts Stuttgart betroffen sind). Er hat dabei einmal eine Verpflichtung zur Anerkennung ausländischer Konzessionen in diesem Bereich verneint (Rn. 116). Er hat weiter im Grundsatz ein Sportwettenmonopol für gemeinschaftsrechtlich zulässig erachtet, allerdings die Anforderungen an die Rechtfertigung eines Monopols durch Kohärenzanforderungen präzisiert. Zu den im vorliegenden Fall entscheidungsrelevanten Teilen hat er insbesondere ausgeführt (Rn. 107 iv):
11 
„Stellt ein nationales Gericht sowohl fest,
12 
- dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glückspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, als auch,
13 
- dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,
14 
- dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren,
15 
so kann es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und Tätigkeiten in diesen Bereichen kohärenter und systematischer Weise zu bekämpfen.“
16 
Die Klägerin sieht sich durch dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs in ihrer Rechtsposition bestätigt und beantragt,
17 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.08.2006 aufzuheben.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Er hält die Untersagungsverfügung auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs weiterhin für rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt sei § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Die Untersagungsverfügung könne darauf gestützt werden, dass es sich um unerlaubtes Glücksspiel handle, weil eine formelle Genehmigung zu keiner Zeit erteilt worden sei. Der Glücksspielstaatsvertrag und seine Anwendung seien im Übrigen auch verfassungs- und europarechtskonform. Der Beklagte verweist hierzu auf umfangreiche rechtliche und tatsächliche Verbesserungen gegenüber der Situation zur früher durch den Lotteriestaatsvertrag getroffenen Regelung.
21 
Da Bedenken gegen die nationale Ausgestaltung vom Europäischen Gerichtshof nur unter kumulativen Voraussetzungen geltend gemacht worden seien, seien bereits durch die jedenfalls durch den Glücksspielstaatsvertrag und seine Anwendung erreichte sachgerechte Ausgestaltung eines Sportwettenmonopols gemeinschaftsrechtliche Bedenken ausgeräumt. Im Übrigen werde dem Kohärenzgebot auch dadurch Rechnung getragen, dass die Änderungen der Spielverordnung im Jahr 2006 nicht nur Erleichterungen, sondern u. a. durch das Verbot von Fun-Games auch Erschwerungen für die dortigen Spiele mit sich gebracht hätten, so dass auch in diesem Zusammenhang dem Spieltrieb entgegengewirkt werde.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Für die Begründetheit der Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer darstellt; das folgt aus dem Rechtscharakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009 - 6 S 110/09 -, ZfWG 2010, 24 m. w. N.).
25 
Als Ermächtigungsgrundlage konnte der Beklagte daher - unter zeitlichem Aspekt - § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Nachfolgeregelung von § 12 Abs. 1 Lotteriestaatsvertrag heranziehen, wonach die zuständige Behörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen kann.
26 
1. Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht hierauf gestützt werden, denn die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.
27 
Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.
28 
Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 EUR...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“
29 
In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) -Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).
30 
Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.).
31 
Ohne Erfolg versucht der Beklagte dieser Würdigung des Automatenspiels entgegenzuhalten, dass die - im Vorlagebeschluss berücksichtigte - Novelle der Spielverordnung auch erschwerende Elemente wie z. B. das Verbot der Fun-Games beinhaltet habe und dass der Normgeber das Ziel der Suchtprävention auch in diesem Sektor im Auge habe. Zwar verlangt die Ermächtigungsgrundlage für die Spielverordnung in § 33 f Abs. 1 GewO, dass die Vorschriften über Aufstellung und Zulassung von Spielgeräten in der Spielverordnung u. a. der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs dienen, und verfolgt der Verordnungsgeber nach seiner Vorstellung ein Gesamtkonzept, das sowohl dem Interesse des Automatenherstellers und -aufstellers Rechnung tragen soll, dem Kunden neue Spielvariationen anzubieten, als auch dem öffentlichen Interesse an einer langfristig effektiven Kontrolle dieses Bereichs (vgl. BR-Drs. 665/05, dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009, a.a.O.). Diese Elemente genügen angesichts der konkret durch die Spielverordnung getroffenen Regelungen und ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die erforderliche Kohärenz aber nicht (so auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010 - 3 A 158/09 -, Rn. 162-164, - juris). Vielmehr hat sich mit Blick auf die Suchtprävention bei bilanzierender Betrachtung insgesamt eine Verschlechterung gegenüber dem Zeitraum vor der Novellierung der Spielverordnung ergeben (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 48). Soweit der Beklagte dieser Würdigung unter Berufung auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2010 (- 4 B 733/10 -) entgegenzutreten versucht mit dem Argument, die Zahl der Spielautomaten habe sich letztlich sogar verringert, weil ursprünglich 80.000 Fun-Game-Automaten existiert hätten, die in den Anfangsbestand nicht eingerechnet worden seien, durch die Neuregelung aber weggefallen seien, überzeugt das nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die genannte Zahl eine hinreichende empirische Basis besitzt - das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 115 f.) spricht in seinem Beschluss, der im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist und daher auf nur summarischer Prüfung der Sachlage beruht, von entsprechenden Schätzungen und verweist hierfür auf die BR-Drs. 660/05 -; ebenso kann offen bleiben, ob eine Addition dieser Zahl zum Anfangsbestand aus methodischen Gründen zulässig wäre. Denn ungeachtet der Zahl der Spielautomaten bleibt es jedenfalls bei den festgestellten ganz erheblichen Umsatzsteigerungen dieser Branche.
32 
Die Kammer weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist.
33 
Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.
34 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschl. v. 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn dürften auch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.1010 (8 C 13.09-15.09), soweit sie sich aus dessen Pressemitteilung Nr. 110/2010 ergeben, zu verstehen sein.
35 
Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für die Kammer vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht.
36 
Da die vom Beklagten für die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Untersagungsverfügung herangezogene Rechtsgrundlage somit bereits aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar ist, kann die zwischen den Beteiligten und auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob diese Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist.
37 
2. Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüstV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010, a.a.O. Rn. 190; VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, a.a.O. Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.
38 
Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O. Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüstV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit die Klägerin - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201). Mit Blick auf die aus unionsrechtlicher Sicht nicht mögliche Stützung der Untersagungsverfügung auf § 9 GlüStV kommt es daher hier auch nicht auf eine Auseinandersetzung mit § 284 StGB an (vgl. dazu sogleich 3.).
39 
3. Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Vor-aussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen.
40 
Da der untersagende Teil der Verfügung und damit ihr Kern rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, ist die Verfügung des Beklagten auch im Übrigen aufzuheben,
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung vom Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O) zugelassen.
43 
Beschluss vom 16.12.2010
44 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs.1 GKG auf15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Für die Begründetheit der Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer darstellt; das folgt aus dem Rechtscharakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009 - 6 S 110/09 -, ZfWG 2010, 24 m. w. N.).
25 
Als Ermächtigungsgrundlage konnte der Beklagte daher - unter zeitlichem Aspekt - § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Nachfolgeregelung von § 12 Abs. 1 Lotteriestaatsvertrag heranziehen, wonach die zuständige Behörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen kann.
26 
1. Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht hierauf gestützt werden, denn die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.
27 
Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.
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Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 EUR...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“
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In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) -Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).
30 
Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.).
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Ohne Erfolg versucht der Beklagte dieser Würdigung des Automatenspiels entgegenzuhalten, dass die - im Vorlagebeschluss berücksichtigte - Novelle der Spielverordnung auch erschwerende Elemente wie z. B. das Verbot der Fun-Games beinhaltet habe und dass der Normgeber das Ziel der Suchtprävention auch in diesem Sektor im Auge habe. Zwar verlangt die Ermächtigungsgrundlage für die Spielverordnung in § 33 f Abs. 1 GewO, dass die Vorschriften über Aufstellung und Zulassung von Spielgeräten in der Spielverordnung u. a. der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs dienen, und verfolgt der Verordnungsgeber nach seiner Vorstellung ein Gesamtkonzept, das sowohl dem Interesse des Automatenherstellers und -aufstellers Rechnung tragen soll, dem Kunden neue Spielvariationen anzubieten, als auch dem öffentlichen Interesse an einer langfristig effektiven Kontrolle dieses Bereichs (vgl. BR-Drs. 665/05, dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009, a.a.O.). Diese Elemente genügen angesichts der konkret durch die Spielverordnung getroffenen Regelungen und ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die erforderliche Kohärenz aber nicht (so auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010 - 3 A 158/09 -, Rn. 162-164, - juris). Vielmehr hat sich mit Blick auf die Suchtprävention bei bilanzierender Betrachtung insgesamt eine Verschlechterung gegenüber dem Zeitraum vor der Novellierung der Spielverordnung ergeben (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 48). Soweit der Beklagte dieser Würdigung unter Berufung auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2010 (- 4 B 733/10 -) entgegenzutreten versucht mit dem Argument, die Zahl der Spielautomaten habe sich letztlich sogar verringert, weil ursprünglich 80.000 Fun-Game-Automaten existiert hätten, die in den Anfangsbestand nicht eingerechnet worden seien, durch die Neuregelung aber weggefallen seien, überzeugt das nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die genannte Zahl eine hinreichende empirische Basis besitzt - das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 115 f.) spricht in seinem Beschluss, der im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist und daher auf nur summarischer Prüfung der Sachlage beruht, von entsprechenden Schätzungen und verweist hierfür auf die BR-Drs. 660/05 -; ebenso kann offen bleiben, ob eine Addition dieser Zahl zum Anfangsbestand aus methodischen Gründen zulässig wäre. Denn ungeachtet der Zahl der Spielautomaten bleibt es jedenfalls bei den festgestellten ganz erheblichen Umsatzsteigerungen dieser Branche.
32 
Die Kammer weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist.
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Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschl. v. 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn dürften auch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.1010 (8 C 13.09-15.09), soweit sie sich aus dessen Pressemitteilung Nr. 110/2010 ergeben, zu verstehen sein.
35 
Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für die Kammer vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht.
36 
Da die vom Beklagten für die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Untersagungsverfügung herangezogene Rechtsgrundlage somit bereits aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar ist, kann die zwischen den Beteiligten und auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob diese Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist.
37 
2. Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüstV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010, a.a.O. Rn. 190; VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, a.a.O. Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.
38 
Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O. Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüstV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit die Klägerin - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201). Mit Blick auf die aus unionsrechtlicher Sicht nicht mögliche Stützung der Untersagungsverfügung auf § 9 GlüStV kommt es daher hier auch nicht auf eine Auseinandersetzung mit § 284 StGB an (vgl. dazu sogleich 3.).
39 
3. Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Vor-aussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen.
40 
Da der untersagende Teil der Verfügung und damit ihr Kern rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, ist die Verfügung des Beklagten auch im Übrigen aufzuheben,
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung vom Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O) zugelassen.
43 
Beschluss vom 16.12.2010
44 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs.1 GKG auf15.000,- EUR festgesetzt.

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. November 2006 – 6 F 46/06 – wird die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 30. Juni 2006 ausgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist, vermittelt seit Ende 2005/Anfang 2006 (s. Gewerbeanmeldung vom 10.1.2006 - Bl. 45 der Akten -) in seinen Geschäftsräumen in A-Stadt, M.- Straße , Sportwetten mit fester Gewinnquote an die in Malta ansässige und dort als Veranstalterin von Sportwetten konzessionierte Top-Sportwetten Ltd. (s. Bl. 36 der Akten).

Mit Bescheid vom 30.6.2006 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller unter gleichzeitiger Anordnung des Sofortvollzuges und Androhung sowie aufschiebend bedingter Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,-- Euro für den Fall der Nichtbefolgung mit sofortiger Wirkung die Vermittlung von Sportwetten für im Saarland nicht konzessionierte Veranstaltungen im Bereich der Stadt Dillingen. Die Auszahlung von Wettgewinnen wurde ihm binnen einer Woche ab Zustellung gestattet. Die Anordnung ist auf die § 8 SPolG in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 5 LottStV2004 und die §§ 2 Abs. 1, 4 SportwettG gestützt. Außerdem ist § 284 StGB angeführt.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller unter dem 10.7.2006 Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist. Am 13.7.2006 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 23.11.2006 hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides vom 30.6.2006 auszusetzen. Gegen diesen am 27.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 11.12.2006 Beschwerde erhoben und diese am 27.12.2006 begründet. Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Nach dem Ergebnis der durch das Beschwerdevorbringen begrenzten (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung in dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren hat der Antragsteller einen Anspruch auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 30.6.2006.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die umstrittene ordnungsbehördliche Anordnung des Antragsgegners nicht als offensichtlich rechtmäßig. Nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens muss der Ausgang des Hauptsacheverfahrens noch als offen angesehen werden. Die in einem solchen Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus.

Das Verwaltungsgericht hat die umstrittene Anordnung im Rahmen seiner Beurteilung unter anderem an den europarechtlichen Gewährleistungen der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 49 EGV) gemessen und ist zu dem Ergebnis gelangt, es bestehe kein Anlass zu der Annahme, dass das derzeit praktizierte Sportwettenmonopol gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße.

Die gegen diesen Teil der verwaltungsgerichtlichen Würdigung vorgebrachten Einwände der Beschwerde greifen mit der Maßgabe durch, dass der Senat - objektiv rechtlich - die Vereinbarkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung mit der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit für zumindest zweifelhaft und die Rechtmäßigkeit des ordnungsbehördlichen Einschreitens gegen den Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger und damit nicht als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft (Unionsbürger, Art. 17 EGV) Träger dieser gemeinschaftsrechtlichen Gewährleistung ist, unter dem Gesichtspunkt des vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mit umfassten Erfordernisses der Geeignetheit der getroffenen Anordnung für offen hält.

Der Senat hat in seinen Beschlüssen vom 4.4.2007 in insgesamt acht Verfahren betreffend Eilrechtschutzanträge von Unionsbürgern (Art. 17, 49 Abs. 1 EGV) und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaften (Art. 48, 49, 55 EGV), die ebenfalls Sportwetten an im EU-Ausland ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter vermitteln, gegen in hier wesentlicher Hinsicht inhaltsgleiche ortspolizeiliche Verfügungen die Vereinbarkeit der umstrittenen ordnungsbehördlichen Maßnahmen mit der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit bezweifelt. Er hat in diesem Zusammenhang in seinem Beschluss vom 4.4.2007 in dem Verfahren 3 W 18/06 (und weitgehend gleich lautend in den übrigen sieben Beschlüssen) ausgeführt:

„Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass Gemeinschaftsrecht prinzipiell ein Anwendungsvorrang vor entgegenstehendem nationalem Recht zukommt und sowohl die nationalen Verwaltungsbehörden als auch die nationalen Gerichte gehalten sind, diesem Anwendungsvorrang im Kollisionsfall Geltung zu verschaffen. Das gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes

vgl. ausführlich OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.1.2007 – 3 W 14/06 und 3 W 15/06 -,

wobei der Senat – wie in den zuletzt zitierten Entscheidungen im Einzelnen dargelegt – davon ausgeht, dass in derartigen Verfahren keine Verpflichtung der nationalen Gerichte besteht, im Falle der Überprüfung europarechtlicher Fragestellungen in gegebenenfalls Kollision mit nationalem Recht eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.

Vorliegend spricht nach dem derzeitigen Erkenntnisstand zumindest viel dafür, dass das Einschreiten des Antragsgegners gegen die Antragstellerin der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zuwiderläuft. Die Bestimmung des Art. 49 EGV verbietet nach näherer Maßgabe anschließender Bestimmungen die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Die Antragstellerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, einem Mitgliedsstaat der europäischen Gemeinschaft, hat, gemäß Art. 55, 48 EGV Adressantin dieser Gewährleistung

vgl. dazu, dass auch BGB-Gesellschaften von Art. 48, 55 EGV erfasst werden, Geiger, EUV, EGV, 3. Auflage 2000, Art. 48 EGV Rdnr. 2.

Die Betätigung der Antragstellerin fällt auch in den Schutzbereich von Art. 49 EGV, der sich gemäß Art. 50 EGV umfassend auf Leistungen erstreckt, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen, und insbesondere gewerbliche, kaufmännische und freiberufliche Tätigkeiten einschließt.

Dem steht zunächst nicht entgegen, dass – wovon für das vorliegende Eilrechtschutzverfahren auszugehen ist – die Sportwetten, die die Antragstellerin vermittelt, deshalb als – prinzipiell sozial unerwünschte – Glücksspiele einzustufen sind, weil angesichts der zahllosen Unwägbarkeiten des sportlichen Geschehens die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen oder vom Grade der Aufmerksamkeit des der Beurteilung zugrunde zu legenden durchschnittlichen Spielers abhängt, für den das Spiel eröffnet und gewöhnlich betrieben wird, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall, was letztlich auch Grundlage der Gewinnerwartungen des Wettveranstalters ist

vgl. in diesem Zusammenhang zum Beispiel BVerwG, Urteile vom 23.8.1994 – 1 C 18/91 – E 96, 293, vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92, und vom 21.6.2006 – 6 C 19/06 – zitiert nach Juris, siehe dort Rdnr. 45; Schönke-Schröder, StGB, 27. Auflage 2006, § 284 StGB Rdnr. 5, 7, BGH, Urteil vom 14.3.2002 – I. ZR 279/99 – NJW 2002, 2175.

Das bedarf indes aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Vertiefung, da in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist, dass die Bestimmungen des EG-Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr auch auf Tätigkeiten Anwendung finden, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen

vgl. zum Beispiel EuGH, Urteile vom 24.3.1994 – C-275/92 – „Schindler“, zu Lotterien, vom 13.11.2003 – C-42/02 – „Lindman“, und vom 21.10.1999 – C-67/98 – „Zenatti“, jeweils zitiert nach Juris.

Ferner ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes

vgl. EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“ und vom 6.3.2007 – C-338/04 -, C-359/04 und C-360/04 – „Placanica u.a.“

davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Antragstellerin das für die Inanspruchnahme der Gewährleistung des Art. 49 EGV erforderliche „grenzüberschreitende“ Element aufweist. Denn nach dem derzeitigen Erkenntnisstand informiert die Antragstellerin in ihrem Geschäftslokal in A-Stadt über das Wettangebot der in Malta ansässigen Tipico Co Ltd., nimmt Wetten für diesen Wettveranstalter entgegen und vermittelt sie nach Malta oder stellt zumindest in ihrem Geschäftslokal in A-Stadt Einrichtungen bereit, mittels derer Wetten bei der Tipico in Malta abgeschlossen werden können. Ferner zieht sie die Wetteinsätze für die Tipico ein und zahlt Gewinne aus. Letztlich führt die Antragstellerin durch ihre Vermittlungstätigkeit den in Malta ansässigen Wettveranstalter mit in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wettinteressenten zusammen und ermöglicht diesen den Abschluss von Sportwetten. Mit dieser Vermittlungstätigkeit erbringt sie jedenfalls von A-Stadt aus grenzüberschreitend Dienstleistungen für die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Tipico , für die sie von dieser eine Vergütung erhält. Es spricht zumindest viel dafür, dass diese Tätigkeit unter die durch Art. 49 EGV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit fällt.

Die Ausnutzung dieser Dienstleistungsfreiheit wird im Saarland durch § 1 SportwettG, der das Alleinrecht zur Veranstaltung von Sportwetten dem Staat vorbehält, der wiederum unter seiner Mehrheitsbeteiligung ein öffentliches Wettunternehmen errichtet hat, dessen Betrieb der Saarland Sporttoto GmbH übertragen ist, eingeschränkt, soweit aus diesem Wettmonopol das Verbot auch der Vermittlung von Sportwetten für nicht im Saarland konzessionierte Veranstalter abzuleiten ist. Eine weitere Einschränkung, die letztlich nicht losgelöst von dem staatlichen Wettmonopol gesehen werden kann, liegt in § 284 StGB, der denjenigen mit Strafe bedroht, der ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtung hierzu bereit stellt

vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92, wonach § 284 StGB nicht nur einen Straftatbestand darstellt sondern auch als repressive Verbotsnorm für sozial unerwünschtes Verhalten zu verstehen ist, dessen Zulassung durch Gesetzgeber und Behörde lediglich nicht ausgeschlossen ist.

Derartige Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sind allerdings nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – soweit hier wesentlich – nur dann gerechtfertigt, wenn sie auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt sind, geeignet sind, die Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele zu gewährleisten, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist und nicht in diskriminierender Weise angewandt werden

vgl. EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“.

Hiervon ausgehend ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt, dass das Bedürfnis nach Verbraucherschutz, das Ziel der Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen im Grundsatz zwingende Gründe des Allgemeininteresses bilden können, die eine Beschränkung von Spieltätigkeiten rechtfertigen können, und dass die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, den staatlichen Stellen ein Ermessen vermitteln können, das sie ermächtigt festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutzbedürfnis der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben

vgl. EuGH, Urteile vom 21.9.1999 – C-124/97 – „Läärä“, vom 21.10.1999 – C-67/98 – „Zenatti“ und vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“.

Das schließt die Befugnis des einzelnen Mitgliedstaates ein, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, inwieweit er auf seinem Gebiet den Schutz bei Lotterien und anderen Glückspielen ausdehnen will, wobei allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einzelnen Bestimmungen haben kann

vgl. EuGH, Urteil vom 21.9.1999 – C-124/97 – „Läärä“.

Steht es danach im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates, die Ziele seiner Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, so dürfte er grundsätzlich auch befugt sein, ein staatliches Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen zu begründen, vorausgesetzt, die insoweit getroffenen Regelungen genügen den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit

vgl. EuGH, Urteil vom 21.9.1999 – C-124/97 – „Läärä“ – Rdnr. 39 -.

Zu diesen Anforderungen gehört, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten, die auf Gründe des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie „kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen“

EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“.

Auf die sich aus den angesprochenen Gründen ergebende Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, kann sich nach der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Mitgliedstaat freilich dann nicht berufen, wenn seine eigenen Stellen die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, um Einnahmen für die Staatskasse oder sonstige soziale Zwecke zu erzielen.

Bei Zugrundlegung dieser Maßstäbe spricht aus den den Beteiligten bekannten Gründen des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006

- 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris,

das die Unvereinbarkeit des staatlichen Monopols für Sportwetten in Bayern mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit festgestellt hat und insoweit von der Parallelität der Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben ausgegangen ist

vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 144,

nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens alles dafür, dass die Regelungen des Sportwettenmonopols im Saarland und dessen Handhabung, die den vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten bayerischen Gegebenheiten in hier wesentlicher Hinsicht durchaus vergleichbar sind, jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2006 nicht nur ebenfalls unvereinbar mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit, sondern auch als Beschränkungen der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht gerechtfertigt waren. Auch insoweit gilt, dass die Begründung eines staatlichen Wettmonopols als solche, weil ihr auch das fiskalische Motiv der Einnahmeerzielung zugrunde liegen kann, sich nicht schon gleichsam aus sich heraus als Maßnahme zur Begrenzung der Spielleidenschaft und zur Bekämpfung der Wettsucht rechtfertigt. Denn wie sich bis in die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, kann es auch unter einem Monopol zu einer Erweiterung der Gelegenheiten zum Glücksspiel kommen und kann eine zum Glücksspiel animierende Werbung stattfinden, die dem öffentlichen Interesse an der Bekämpfung von problematischem Spielverhalten und Wettsucht keinerlei Beachtung schenkt. Vielmehr müssen sich die das Wettmonopol rechtfertigenden Gemeinwohlbelange in der rechtlichen wie in der tatsächlichen Ausgestaltung des Monopols positiv ausdrücken. Insoweit erweisen sich die derzeitigen saarländischen Regelungen ebenso wie die bayerischen aus den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 8.3.2006, a.a.O., dargelegten Gründen als defizitär. So gilt auch im Saarland auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 1547 über die „Zustimmung zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen„ vom 31.3.2004 – Amtsbl. 2004, S. 1030 –, der am 13.4.2004 unterzeichnete Staatsvertrag zum Lotteriewesen, dessen Regelungen gemessen an den Zielen der Bekämpfung von Wettsucht und problematischem Spielverhalten nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts unzureichend sind, und enthält auch das Gesetz über die Veranstaltung von Sportwetten im Saarland vom 8.6.1951 – Amtsbl. 1951, S. 804 – in der derzeit geltenden Fassung keine Regelungen, die dem Anliegen Rechnung tragen, mittels des Staatsmonopols die Spielleidenschaft zu begrenzen und der Spielsucht vorzubeugen. Das Sportwettengesetz beschränkt sich im Wesentlichen darauf, das Alleinrecht des Staates zur Veranstaltung von Sportwetten zu begründen, ein öffentliches Wettunternehmen zu errichten und dessen Betrieb der Saarland-Sporttoto GmbH zu übertragen, die nähere Ausgestaltung der Saarland-Sporttoto GmbH und die Verteilung der Spieleinsätze zu regeln und Anforderungen an das Sportwettenpersonal zu stellen.

Ebenso wenig wie danach die rechtliche Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Saarland wurde jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2006 die tatsächliche Handhabung dieses Monopols den Zielen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Suchtbekämpfung gerecht. Auch insoweit kann auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.3.2006 zu den bayerischen Gegebenheiten verwiesen werden, da das hier im Vordergrund der Betrachtung stehende Sportwettenangebot „Oddset“ über den deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordiniert wurde beziehungsweise wird.

Ist danach davon auszugehen, dass die rechtliche Ausgestaltung und die Handhabung des Sportwettenmonopols auch im Saarland bezogen auf den Zeitpunkt des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 aus den in diesem Urteil dargelegten Gründen nicht nur mit Art. 12 GG unvereinbar war, sondern auch die durch Art. 49 EGV gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit verletzte, so spricht ferner, wenn, worauf Formulierungen in den zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hindeuten, dessen Forderung nach einer kohärenten und systematischen an den Zielen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichteten Ausgestaltung von Glücksspielmonopolen nicht nur auf den Sportwetten- sondern auf den gesamten Glücksspielsektor zu beziehen sein sollten, sehr viel dafür, dass diesen Anforderungen in der Vergangenheit auch deshalb nicht entsprochen war, weil in den zurückliegenden Jahren eine kontinuierliche Ausweitung des Glücksspielangebotes durch die staatlichen Lotterieveranstalter oder –unternehmen erfolgt ist.

So sind zu dem „klassischen“ Samstagslotto das so genannte „Mittwochslotto“ und sodann in jüngerer Zeit das Angebot „Keno“ als tägliches Zahlenlotto hinzugetreten. Das Sportwettenangebot „Toto“ wurde 1999 um das Oddset-Angebot mit verschiedenen Varianten von Sportwetten erweitert. Von einer Ausrichtung der Wettangebote an den Zielen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht war bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 28.3.2006, soweit ersichtlich, nie die Rede.

Ist danach davon auszugehen, dass das (saarländische) Sportwettenmonopol bezogen auf den Zeitpunkt des Sportwettenurteils vom 28.3.2006 auch gemeinschaftsrechtswidrig war, so deutet nichts daraufhin, dass sich hieran seither Durchgreifendes geändert haben könnte. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung die Regelungen über das bayerische Sportwettenmonopol nicht für nichtig, sondern die bisherige Rechtslage für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung unter der Voraussetzung weiterhin für anwendbar erklärt, dass unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits herzustellen ist. Auch haben in der Folge die staatlichen Lotterieverwaltungen der Bundesländer eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, mit denen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen werden soll. So hat auch das saarländische Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport als nach § 3 Abs. 4 SportwettG zuständige Aufsichtsbehörde auf entsprechende Verfügung des Senats vom 29.1.2007 hin unter dem 13.2.2007 einen Katalog von Maßnahmen vorgelegt, die auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen mit der Saarland Sporttoto GmbH ab der 14. Kalenderwoche des Jahres 2006 umgesetzt worden sein sollen, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen. Außerdem wurden ein von der Saarland-Sporttoto GmbH erarbeitetes „Sozialkonzept“ unter dem Slogan „Spielen mit Verantwortung“, Aufklärungs- und Informationsschriften zum Thema „Spielsucht“ sowie Spielscheine mit aufgedruckten Warnhinweisen betreffend Suchtgefahren eingereicht und auf die Zusammenarbeit der Saarland Sporttoto GmbH mit der Charité-Universitätsklinik zur Suchtprävention hingewiesen. Auch unter Würdigung dieser mittlerweile ergriffenen Maßnahmen hält es der Senat jedoch für zweifelhaft, dass das Sportwettenmonopol inzwischen in einer Weise ausgestaltet ist, die im Verständnis der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beiträgt. Zu sehen ist hierbei zunächst, dass das vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Regelungsdefizit bei der rechtlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols mit Blick auf die es rechtfertigende Zielsetzung der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht bislang keineswegs behoben ist. Verwirklicht wurden jedenfalls im Saarland lediglich Maßnahmen auf der Grundlage mündlicher Absprachen mit dem Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens, der Saarland-Sporttoto GmbH. Insoweit ist darauf hin zu weisen, das eine bloße Verwaltungspraxis, die auch wieder geändert werden könnte und die im Übrigen nur unzureichend bekannt (gemacht) ist, zumal sie hier auf inhaltlich nicht näher dokumentierten und veröffentlichten mündlichen Abreden mit der Saarland-Sporttoto GmbH beruht, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs regelmäßig nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen Verpflichtungen des EG-Vertrages auszuräumen

vgl. EuGH, Urteil vom 15.10.1986 – C-168/85 – zitiert nach Juris.

Zudem lässt sich nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht feststellen, dass die ergriffenen Maßnahmen inhaltlich wirklich einen nennenswerten Beitrag zu einer kohärenten und systematischen Begrenzung der Wetttätigkeiten darstellen, wobei es für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung insoweit auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union ankommen dürfte und von daher die Betrachtung nicht auf die saarländischen Gegebenheiten beschränkt werden kann. Auch wenn hier nicht verkannt werden soll, dass auch die Gemeinwohlbelange der Begrenzung von Spielleidenschaft und der Bekämpfung von Wettsucht -selbst wenn sich ein Zielkonflikt insoweit nicht von der Hand weisen lässt- es nicht ausschließen, dass das im Rahmen eines Monopols zur Verfügung gestellte Wettangebot attraktiv ausgestaltet ist, eine gewisse Vielfalt aufweist und auch in gewissem Umfang dafür geworben wird

vgl. EuGH, Urteil vom 6.3.2007 -C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - „Placanica u.a.“, freilich bezogen auf das italienische System einer begrenzten Anzahl von Konzessionen für Private -1000- und dem zur Rechtfertigung dieser Begrenzung geltend machten Gemeinwohlinteresse, die Glücksspielbetätigungen in kontrollierbare Bahnen zu lenken, um ihrer Ausbeutung zu kriminellen und betrügerischen Zwecken vorzubeugen,

und ferner berücksichtigt wird, dass nicht nur im Saarland, sondern auch in den anderen Bundesländern durch eine ganze Anzahl von Einzelmaßnahmen die früher aufdringliche und allgegenwärtige Werbung für das Wettangebot „Oddset“ deutlich reduziert und mittlerweile, um entsprechenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen, auch ein Sozialkonzept für Spielsuchtprävention und -bekämpfung entwickelt wurde, bleibt festzuhalten, dass die Gelegenheiten zum Spiel nicht nennenswert reduziert wurden. Nach wie vor können offenbar Sportwetten in sämtlichen der zahlreichen Lotto- und Toto-Annahmestellen der staatlichen Lotterieunternehmen platziert werden, in und an denen auch für die entsprechenden Spielangebote geworben wird. Das entbehrt deshalb nicht einer gewissen Problematik, weil diese Annahmestellen häufig in Verbindung mit Zeitschriften-, Tabakwaren- und sonstigem Einzelhandel betrieben werden und demzufolge auch von Kunden aufgesucht werden, die an anderen dort angebotenen Produkten interessiert sind. Insofern lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Werbung für das Glückspielangebot auch solche Kunden zur Spielteilnahme animiert. Zudem besteht nach wie vor die – nach Experteneinschätzung besonders suchtgefährdende –

siehe Erläuterungen zum Entwurf eines (neuen) Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland, Seite 6,

Möglichkeit, an Sportwetten und anderen Glücksspielen im Internet teilzunehmen, in einem jedenfalls im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens nicht verlässlich überschaubaren weiteren Umfang. Zwar heißt es in der dem Gericht übermittelten Auflistung der „Maßnahmen der Saarland-Sporttoto GmbH nach dem BVerfG-Urteil“, der Internet-Spielvertrieb sei in der 45. Kalenderwoche 2006 eingestellt worden. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob diese Maßnahmen mit dem Ziel der Begrenzung der Spielmöglichkeiten oder wegen einer kartellrechtlichen Auseinandersetzung erfolgt und von Dauer ist. Denn die Einstellung des Internetvertriebes der Saarland-Sporttoto GmbH ändert nichts daran, dass Oddset-Wetten und andere Glücksspiele, die von den staatlichen Glücksspielmonopolen der Länder entweder selbst oder über den Deutschen Lotto- und Totoblock veranstaltet werden, nach wie vor zumindest von gewerblichen Wettvermittlern im Internet vertrieben werden, wobei dieser Vertrieb nicht nur über die jeweiligen Internetseite des Spielevermittlers, sondern auch mittels entsprechenden Links über die Internetseiten von eingeschalteten Vertriebspartnern erfolgt mit der Konsequenz, dass das Spielangebot von Oddset und im Übrigen auch von Lotto an zahlreichen Stellen im Internet präsent ist. Von daher kann in dem Wegfall des Internetvertriebes unmittelbar über die Internetseite von Saartoto kaum eine nennenswerte Beschränkung der Spielgelegenheiten gesehen werden. So ist lediglich exemplarisch darauf hinzuweisen, dass Sportwetten und sonstige Glücksspiele über den gewerblichen Spielevermittler „Tipp24“ unter anderem von der Internetseite des saarländischen Wochenspiegels (www.wochenspiegel-saarland.de) aus möglich sind, wobei „Tipp 24“ auf seiner eigenen Internetseite auf langjährige Partnerschaften mit 8 Landeslotteriegesellschaften (siehe unter Tipp 24 – Das Geschäftsmodell) sowie auf sein Partnermodell hinweist, für das sich schon über zehntausend Website-Besitzer entschieden haben sollen, und das offenbar darauf beruht, dass diese (Vertriebs-)Partner einen Link zu Tipp 24 auf die eigene Internetseite setzen und für auf diesem Wege erfolgende Vermittlungen Provisionen erhalten. Der gewerbliche Spielevermittler „ Fluxx “ ist bei dem Internet-Provider AOL präsent. Gerade zu konterkariert wird dann die vorgetragene Beschränkung der Spielgelegenheiten durch Einstellung des unter dem Gesichtspunkt der Suchtgefährdung besonders problematischen Internetvertriebes, wenn, wie offenbar in Nordrhein-Westfalen geschehen, der Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens seinen Internet-Vertrieb an einen gewerblichen Spielevermittler weiterreicht und auf seiner Internetseite hierauf hinweist (vgl. Website von Westlotto vom 3.2.2007).

Im Hinblick hierauf kann jedenfalls für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren nicht angenommen werden, dass die im Anschluss an das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 ergriffenen Maßnahmen schon ausreichen, um das derzeit bestehende Staatsmonopol für Sportwetten und Glücksspiele gemessen an den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien als gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit einzustufen.

Der Umstand, dass mittlerweile das Verfahren zum Abschluss eines neuen Lotteriestaatsvertrages eingeleitet ist, der den verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an ein Glücksspielmonopol Rechnung tragen soll, erlaubt ebenfalls keine andere Beurteilung. Unabhängig von der umstrittenen Frage, ob der vorliegende Entwurf des Staatsvertrages inhaltlich diesen Anforderungen wirklich gerecht wird, ist derzeit nicht überschaubar, ob er den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen auch dann Rechnung tragen kann, wenn er – was aufgrund der ablehnenden Haltung des Bundeslandes Schleswig-Holstein nicht auszuschließen ist – nicht von allen Bundesländern unterzeichnet wird und wenn es nach wie vor Bundesländer geben wird, in denen auf der Grundlage von seitens von Behörden der früheren DDR erteilten Konzessionen ein von privaten Veranstaltern vertriebenes Sportwettenangebot bestehen bleibt. Das bedarf indes hier keiner Vertiefung. Festzuhalten ist jedenfalls, dass gegenwärtig keine gemeinschaftskonforme Regelung der Sportwetten- und sonstigen Glücksspielmonopole in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland existieren dürfte

vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 28.6.2006 – 4 B 961/06 – DVBl. 2006, 1462, das einen Widerspruch des (nordrhein-westfälischen) Sportwettenmonopols zur gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungsdefizits sieht; ebenso VGH Kassel, Beschluss vom 25.7.2006 – 1 TG 1465/06 – NVwZ 2006, 1435.

Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Einschreiten gegen die Antragstellerin erweise sich auch unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten als offensichtlich rechtmäßig, spricht ferner mit Gewicht, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29.11.2006

- 6 B 89/06 – zitiert nach Juris,

die Revision gegen ein die Vermittlung von Sportwetten an einen in Großbritannien konzessionierten Veranstalter betreffendes Urteil des VGH München vom 10.7.2006

- 22 BV 05.457 – zitiert nach Juris,

wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen und zur Begründung ausgeführt hat, das von der Klägerin angestrebte Revisionsverfahren könne voraussichtlich Gelegenheit geben, die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an den Bestand eines Staatsmonopols für Sportwetten weiter zu verdeutlichen und die Rechtsfolgen einer etwaigen Unvereinbarkeit des Monopols mit dem Gemeinschaftsrecht für die grenzüberschreitende Tätigkeit eines privaten Vermittlers, gegebenenfalls für die Zeit bis zum Inkrafttreten und Umsetzen der Anordnung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 – einerseits und für die Zeit danach andererseits mit unterschiedlichen Ergebnissen, zu klären.

Letztlich dürfte sich die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität des (saarländischen) Sportwettenmonopols aller Voraussicht nach erst auf der Grundlage des Ergebnisses eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof endgültig beantworten lassen.

Bestehen danach Zweifel daran, dass das saarländische Sportwettenmonopol derzeit eine gemeinschaftsrechtskonforme Beschränkung der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit darstellt, so gilt im Ergebnis nichts anderes hinsichtlich der Regelung des § 284 StGB, die der Antragsgegner ebenfalls in seine Erwägungen zur Begründung seiner Verwaltungsentscheidung einbezogen hat.

Das gilt zunächst hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren zumindest nicht in erster Linie interessierenden Frage, ob auf der Grundlage dieser Bestimmung gegenwärtig die strafgerichtliche Verurteilung eines Wettvermittlers erfolgen kann, der Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter vermittelt, wobei in diesem Zusammenhang auf den vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof unter dem 28.6.2006 in dem Verfahren 2 StR 55/06 gestellten Antrag auf Verfahrenseinstellung zu verweisen ist, in dem unter anderem als klärungsbedürftig bezeichnet wird, ob das Strafrecht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols dienen kann, das sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt, und welche Auswirkungen vor dem Hintergrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs eine Genehmigung aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf die mögliche Strafbarkeit haben kann, und dem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.11.2006 – 2 StR 55/06 mit Blick auf unter anderem auf Grund verschiedener Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bestehender Bedenken gegen die Richtigkeit der in jenem Verfahren angegriffenen strafgerichtlichen Verurteilung entsprochen hat.

Zweifel an der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht bestehen auch dann, wenn in § 284 StGB verwaltungsrechtlich ein repressives Verbot gesehen wird, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis öffentlich zu veranstalten, zu halten oder Einrichtungen hierzu bereitzustellen

vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92, und vom 21.6.2006 – 6 C 19/06 – zitiert nach Juris.

Mit diesem Inhalt stellt sich § 284 StGB ebenfalls als Beschränkung der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit dar, die gemäß den vom Europäischen Gerichtshof formulierten Vorgaben verhältnismäßig sein muss. Das heißt, die Bestimmung muss – wie bereits ausgeführt – aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zieles erforderlich ist. Hieran gemessen erweist sich nach dem Erkenntnis des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens als fraglich, ob § 284 Abs. 1 StGB, verstanden als repressive Verbotsnorm, die Dienstleistungsfreiheit in zulässiger Weise beschränkt. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung betreffend den Entwurf eines 6. Gesetzes zur Reform des Strafrechts (6 StrRG) – BT-Drs. 13/8587 vom 25.9.1997 – Seite 67 – besteht der Zweck der Regelungen der §§ 284, 286 StGB darin,

1. eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern,
2. durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten,
3. die Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder zu gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern und
4. einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen (mindestens 25 %) zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke heranzuziehen.

Dass die beiden letztgenannten Zwecke die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch ein repressives Glücksspielverbot nicht zu rechtfertigen vermögen, dürfte in Anbetracht des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 und des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 6.11.2003

- C-243/01 – „Gambelli“,

außer Frage stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der zitierten Entscheidung – siehe dort Rdnr. 110 – zu der insoweit gleich lautenden Regelung in § 1 Nr. 3 LottStV 2004 ausgeführt, eine Ausnutzung des privaten Spieltriebes zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen, stelle im Hinblick darauf, dass Art. 12 Abs. 1 GG eine Tätigkeit auch im Hinblick darauf unter Schutz stelle, dass sie zu privatem finanziellen Nutzen ausgeübt werde, kein verfassungsrechtlich zulässiges Ziel dar. Auch das Ziel sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet werde (vgl. § 1 Nr. 5 LottStV 2004), könne gemessen an Art. 12 Abs. 1 GG nicht als selbstständiges Ziel eines Monopols, sondern nur als Weg zur Suchtbekämpfung und als Konsequenz aus einem öffentlichen Monopol anerkannt werden

vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 109.

Gemeinschaftsrechtlich dürfte ebenfalls gelten, dass der Umstand, dass eine Dienstleistung in der Absicht privater Gewinnerzielung erbracht wird, für sich allein nicht ausreicht, die Dienstleistungsfreiheit zu beschränken, da nach Art. 50 EGV gerade Kriterium der durch Art. 49 EGV geschützten Dienstleistungen ist, dass sie in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, und in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist, dass die Bestimmungen des EG-Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr auch auf Tätigkeiten Anwendung finden, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen

vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 13.11.2003 – C-42/02 – „Lindman“, zitiert nach Juris.

Zudem hat der Europäische Gerichtshof betont, dass die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe von Abgaben auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein darf

vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris Rdnr. 62.

Auch das deutet mit Gewicht darauf hin, dass das Anliegen der Sicherstellung eines nicht unerheblichen Teils der Einnahmen aus Glücksspielen zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke für sich gesehen kaum geeignet sein dürfte, die Dienstleistungsfreiheit mittels eines repressiven Verbotes (zum Schutz staatlicher Monopole) zu beschränken.

Was den im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Begründung der Regelungen der § 284, 286 StGB unter Nr. 1 genannten Zweck anbelangt, eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern, so steht zwar auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs außer Frage, dass es sich hierbei um einen Belang handelt, der prinzipiell geeignet ist, ein staatliches Glücksspielmonopol zu rechtfertigen. Aber auch wenn hieraus abzuleiten ist, dass dieser Gesichtspunkt das in § 284 Abs. 1 StGB ausgesprochene repressive Verbot von Glücksspielen ohne behördliche Genehmigung ebenfalls tragen kann, bestehen nach dem derzeitigen Stand Zweifel, ob dieses Verbot im Verständnis der zitierten Rechtsprechung des EuGH geeignet ist, die Verwirklichung dieses Zweckes zu gewährleisten. Denn wie der Europäische Gerichtshof ausgeführt hat

vgl. Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris, Rdnr. 69,

ist ein Mitgliedstaat, dessen Stellen die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, gehindert, sich im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung zu berufen, um Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen. Hiervon ausgehend hält es der Senat für fraglich, ob ein repressives Verbot von Sportwetten zu dem Zweck der Verhinderung der übermäßigen Nachfrage nach Glücksspielen gerechtfertigt sein kann, wenn, wofür wie bereits dargelegt auch vorliegend alles spricht, die staatlichen Wettmonopole weder nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung noch nach ihrer tatsächlichen Handhabung kohärent und systematisch auf eine Begrenzung der Wetttätigkeit ausgerichtet sind, sondern selbst über ihre zahlreichen Annahmestellen sowie jedenfalls über gewerbliche Spielevermittler im Internet ein nahezu allgegenwärtiges Angebot an Sportwetten und sonstigen Glücksspielen zur Verfügung stellen. Insoweit ist auch ein Zusammenhang zwischen dem § 284 Abs. 1 StGB zu entnehmenden repressiven Verbot ungenehmigten Glücksspiels zum Zwecke der Begrenzung der Spielleidenschaft und der staatlichen Handhabung des „eigenen“ Wett- und sonstigen Glücksspielangebotes zu sehen. Ist letzteres nicht an diesem Ziel ausgerichtet, stellt sich die Frage der Eignung des in § 284 StGB enthaltenen Verbotes zur Erreichung dieses Zweckes. Auch insoweit überschreitet eine abschließende Beurteilung den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens und muss unter Umständen auf der Grundlage einer noch einzuholenden Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Schließlich dürfte auch der weitere in der Gesetzesbegründung angeführte Zweck der Regelung der §§ 284, 286 StGB, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten, für sich allein es nicht rechtfertigen, die Dienstleistungsfreiheit auf dem Sportwettensektor mittels eines repressiven Verbotes einzuschränken. Zwar erscheint die Einführung einer Genehmigungspflicht zur präventiven Kontrolle von im Glücksspielbereich tätigen Wirtschaftsteilnehmern mit Blick auf das Anliegen, Personen, die sich an Sportwetten und sonstigem Glücksspiel beteiligen, vor betrügerischen und sonstigen kriminellen Machenschaften zu schützen, durchaus als eine prinzipiell auch die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigende Maßnahme

vgl. EuGH, Urteil vom 6.3.2007 in den verbundenen Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04 – „Placanica u.a.“.

Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass ein Verwaltungsverfahren zur Durchführung einer solchen Präventivkontrolle, in dem bei Unbedenklichkeit eine Genehmigung zur Veranstaltung oder zur Vermittlung von Sportwetten auch erlangt werden könnte, anders als im Übrigen in § 33 c GewO für das Aufstellen von unter dem Gesichtspunkt einer Suchtgefährdung offenbar besonders problematischen Geldspielautomaten

vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 -, zitiert nach Juris, Rdnr. 100, zum Stand der Suchtforschung,

rechtlich nicht vorgesehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zwar ausgeführt, dass kein Anhaltspunkt für die Annahme bestehe, die Strafbarkeit von ohne behördliche Genehmigung veranstaltetem Glücksspiel setze die Möglichkeit legalen Glücksspiels notwendig voraus. Die gesetzliche Regelung des § 284 StGB schließe als Repressivverbot die Zulassung von Glücksspiel durch Gesetzgeber und Behörde lediglich nicht aus

vgl. BVerwG, Urteil vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92.

Gleichwohl ist im vorliegenden Zusammenhang die Frage aufzuwerfen, ob der hier in Rede stehende Zweck der §§ 284, 286 StGB, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten, für sich gesehen die Beschränkung der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit durch ein solches Repressivverbot rechtfertigt, das heißt allein das Interesse, die an Glücksspielen Beteiligten vor betrügerischen und sonstigen kriminellen Machenschaften zu schützen es erlaubt, Sportwetten ohne die Möglichkeit einer Erlaubniserteilung zu verbieten. Das hält der Senat zum einen im Hinblick darauf für zweifelhaft, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem bereits mehrfach zitierten Sportwettenurteil vom 28.3.2006 (siehe dort Rdnr. 118), es als nicht von vornherein für ausgeschlossen bezeichnet hat, Verbraucher- und Jugendschutz sowie die Vermeidung von Folge- und Begleitkriminalität grundsätzlich auch durch die Normierung entsprechender rechtlicher Anforderungen an ein gewerbliches Wettangebot privater Wettunternehmer zu realisieren, deren Einhaltung dann durch Genehmigungsvorbehalte und behördliche Kontrollen mit den Mitteln der Wirtschaftsaufsicht sicher gestellt werden könnte, und letztlich allein in dem Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahr eine mögliche Rechtfertigung eines staatlichen Wettmonopols gesehen hat. Zum anderen ist die Frage aufzuwerfen, ob ein repressives Verbot allein mit dem Ziel, die an Sportwetten Beteiligten vor betrügerischen oder sonstigen kriminellen Machenschaften zu schützen, sich im Rahmen des im Verständnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Erforderlichen bewegt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 6.11.2003

- C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris, Rdnrn. 73, 74,

die Verhältnismäßigkeit der in jenem Verfahren in Rede stehenden strafbewehrten italienischen Verbotsnorm im Hinblick darauf problematisiert hat, dass der Leistungserbringer – gemeint ist hier der Wettveranstalter – im Mitgliedstaat der Niederlassung einer Kontroll- und Sanktionsregelung unterliegt, und die Möglichkeit besteht, die Konten und Tätigkeiten der nach damaligem italienischem Recht von der Konzessionsvergabe ausgeschlossenen Kapitalgesellschaften zu kontrollieren, um betrügerischen und sonstigen kriminellen Machenschaften vorzubeugen. Hiervon ausgehend bedarf auch die Frage eines Anwendungsvorrangs der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit vor der Verbotsregelung des § 284 Abs. 1 StGB auf dem Sektor der Sportwetten einer umfassenden Würdigung, die über den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens hinausgeht und dem Hauptsacheverfahren gegebenenfalls auf der Grundlage einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorbehalten bleiben muss.

Steht somit nach dem Ergebnis der summarischen Würdigung durchaus im Raum, dass sich das (saarländische) Sportwettenmonopol und das § 284 Abs. 1 StGB wohl zu entnehmende repressive Verbot der Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter unter den derzeitigen Gegebenheiten als unzulässige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV darstellen, so wären diese Beschränkungen, sollte sich ihre Gemeinschaftsrechtswidrigkeit im Hauptsacheverfahren bestätigen, auch nicht – zum Beispiel unter den Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Sportwettenurteil vom 28.3.2006 für die vorläufige Weitergeltung des bayerischen Sportwettenmonopols formuliert hat - für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung hinzunehmen.

Der Senat hat zur Frage der zeitlich begrenzten Fortgeltung nationaler Vorschriften trotz ihrer Unvereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht bereits in seinen Beschlüssen vom 22.1.2007

- 3 W 14/06 und 3 W 15/06

Stellung genommen, sich hierbei mit den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster

Beschlüsse vom 28.6.2006 – 4 B 961/06 – DVBl. 2006, 1462, und vom 9.10.2006 – 4 B 898/06 – zitiert nach Juris,

und des VGH Kassel

Beschluss vom 25.7.2006 – TG 1465/06 – zitiert nach Juris

auseinandergesetzt, die unter strengen Voraussetzungen – inakzeptable Gesetzeslücke beziehungsweise Schutz wichtiger Allgemeininteressen – die vorübergehende Weitergeltung auch gemeinschaftsrechtswidriger Normen angenommen und die auf nationales Recht gestützten Untersagungsbescheide in jenen Verfahren bestätigt haben, und darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung prinzipiell von der aktuellen Anwendungspflicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts durch alle staatlichen Träger ausgeht und nur in Ausnahmefällen, etwa aus Gründen des Vertrauensschutzes bei in die Vergangenheit fallenden Tatbeständen und aus Gründen der Rechtssicherheit, eine zeitliche Begrenzung der Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht allein mit Blick auf die zeitliche Begrenzung der Wirkung seiner Urteile vornimmt. Der Senat hat in diesem Zusammenhang weiter dargelegt, dass sich der von ihm zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nichts dahin entnehmen lässt, dass nationales Recht oder die Gefahr von Gesetzeslücken im nationalen Recht die Befugnis nationaler Behörden oder Gerichte begründen könnten, Gemeinschaftsrecht – hier immerhin eine der Grundfreiheiten des EG-Vertrages – vorübergehend außer Kraft zu setzen. Hieran ist auch für das vorliegende Verfahren festzuhalten, wobei zusätzlich anzumerken ist, dass der Senat auch keinen verlässlichen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung einer solchen Übergangsfrist sieht. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Europäische Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 6.11.2003

- C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris, Rdnr. 67

klargestellt hat, dass Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit auf dem Sportwettensektor, die unter anderem mit der Vermeidung von Anreizen für den Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen begründet sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein müssen, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Der Europäische Gerichtshof hat in dieser Entscheidung (Rdnr. 69) weiter ausgeführt, dass Behörden eines Mitgliedstaates, soweit sie Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, sich nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen können, um Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen. Es deutet nichts daraufhin, dass diese Rechtsprechung bei der Ausgestaltung und Handhabung des (saarländischen) Sportwettenmonopols Beachtung gefunden hätte. Die Länder haben noch zum 1.7.2004 einen Glücksspielstaatsvertrag in Kraft gesetzt, dessen Regelungen gemessen an dem Ziel einer Begrenzung der Spielgelegenheiten nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts im Sportwettenurteil vom 28.3.2006 defizitär sind. Auch der Vertrieb des Sportwettenangebots von Oddset war bezogen auf den Zeitpunkt der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht aktiv an der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet. Das tatsächliche Erscheinungsbild entsprach „dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung“

siehe BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 134.

Es existierte eine breit angelegte Werbung, in der das Wetten als sozial adäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wird, und die – im Rahmen der über den Deutschen Toto- und Lottoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von Oddset überall auffallend und präsent war

BVerfG, Urteil vom 28.3.2006, a.a.O., Rdnr. 136.

Eine Rückführung dieser Werbung ist dann auch erst zum Zwecke der Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine vorübergehende Weitergeltung des bayerischen Sportwettenmonopols eingeleitet worden.

Haben danach die staatlichen Lotterieveranstalter in der Bundesrepublik Deutschland noch im Frühjahr 2006 eine im Widerspruch zu den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 6.11.2003 stehende Vermarktung des Sportwettenangebots von Oddset betrieben, die den Zielen der Begrenzung von Spielleidenschaft und problematischem Spielverhalten keinerlei Beachtung geschenkt hat, so ist jedenfalls für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren nicht erkennbar, auf welcher Grundlage zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer noch nicht abgelaufenen Übergangsfrist zur Herbeiführung eines gemeinschaftsrechtskonformen Zustandes ausgegangen werden könnte.

Zusammenfassend ist danach als Ergebnis der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Würdigung festzuhalten, dass der Senat es für zweifelhaft hält, dass das (saarländische) Sportwettenmonopol und ein § 284 Abs. 1 StGB gegebenenfalls zu entnehmendes repressives Verbot der Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter unter den gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Verständnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verhältnismäßige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV auf dem Sportwettensektor darstellen, dass sich in Anbetracht des der Dienstleistungsfreiheit bei Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der in Rede stehenden Beschränkungen zukommenden und von den nationalen Behörden und Gerichten zu beachtenden Anwendungsvorranges die Rechtmäßigkeit des Einschreitens des Antragsgegners gegen die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin derzeit nicht abschließend beurteilen lässt und der Ausgang des Hauptsacheverfahrens mithin noch offen ist.“

Allerdings waren das zitierte und die anderen sieben Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass wie bereits angesprochen die Adressaten der umstrittenen Anordnungen und Antragsteller jeweils Unionsbürger oder in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften sind, die sich gemäß den Artikeln 17, 48, 49 und 55 EGV auf die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs berufen können. Der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist hingegen türkischer Staatsangehöriger. Es ist daher für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren davon auszugehen, dass er Angehöriger eines so genannten Drittstaates ist. Als Drittstaater ist er, wie sich schon aus dem Wortlaut von Art. 49 Abs. 1 EGV ergibt, nicht Träger der Dienstleistungsfreiheit. Von der Möglichkeit des Art. 49 Abs. 2 EGV, Kapitel 3 des Titels III im Dritten Teil des EG-Vertrages auch auf Erbringer von Dienstleistungen anzuwenden, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind, hat der Rat der Europäischen Gemeinschaft, soweit ersichtlich, bislang keinen Gebrauch gemacht.

Vgl. zum Beispiel Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band 1, Art. 49/50 Rdnr. 20; Kluth in Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Auflage 2007, Art. 49 EGV Rdnr. 34.

Auch spricht nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens nichts dafür, dass der Antragsteller auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei, Begünstigter der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit ist

vgl. dazu, dass das Assoziierungsabkommen mit der Türkei keine subjektiven Rechte vermittelt, Randelzhofer/Forsthoff, a.a.O., vor Art. 39 bis 55 EGV, Rdnrn. 31 und 35; Kluth, a.a.O., Art. 43 Rdnr. 7 zur Niederlassungsfreiheit.

Soweit in dem Einschreiten gegen den Antragsteller zugleich eine nicht gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit des in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalters liegen sollte, sind keine eigenen subjektiven Rechte des Antragstellers betroffen.

Hiervon ausgehend spricht derzeit nichts dafür, dass der Antragsteller, sollte in dem Einschreiten gegen ihn – objektiv-rechtlich – eine rechtswidrige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegen, dadurch, dass ihm diese Dienstleistungsfreiheit vorenthalten wird, im Verständnis von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt wird.

Gleichwohl stellt sich vorliegend in Anbetracht der Zweifel an der Vereinbarkeit des ordnungsbehördlichen Vorgehens gegen Wettvermittler, die Sportwetten an in EU-Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter vermitteln, mit der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit die Frage der Rechtmäßigkeit des Einschreitens gegen den Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im weiteren Sinne mit umfassten Erfordernisses der Geeignetheit der umstrittenen Anordnung. Der Senat hat hierzu erwogen: Sollte sich – zum Beispiel in den Hauptsacheverfahren zu den durch Beschlüsse des Senats vom 4.4.2007 entschiedenen Eilrechtschutzverfahren – herausstellen, dass das Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung und auch § 284 Abs. 1 StGB auf dem Sportwettensektor keine rechtmäßigen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV darstellen, so müssten jedenfalls bis zu einer gemeinschaftsrechtskonformen Änderung der Rechtslage Wettvermittlungen an in EU-Mitgliedsstaaten ansässige und dort konzessionierte Sportwettenveranstalter hingenommen werden, soweit sie durch Unionsbürger und in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV erfolgen. Treten in der Bundesrepublik ansässige Drittstaater wie der Antragsteller als Wettvermittler auf, könnten zwar nicht diese selbst, aber wohl die Wettveranstalter als Dienstleistungsempfänger die Dienstleistungsfreiheit einfordern

vgl. die Beispielskonstellationen bei Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band 1, Art. 49/50 EGV Rdnr. 17, 21.

In diesem Falle dürfte die Vermittlungstätigkeit des Drittstaaters ebenfalls hinzunehmen sein. Hiervon ausgehend ist vorliegend die Frage aufzuwerfen, ob das Einschreiten gegen den Antragsteller überhaupt geeignet ist, das mit dieser Maßnahme verfolgte Ziel, die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter – gleichsam „flächendeckend“ – zu unterbinden, um auf diese Weise die Spielleidenschaft zu begrenzen und die Spielsucht zu bekämpfen, überhaupt erreicht werden kann. Für das Ausmaß der Beeinträchtigung dieser öffentlichen Belange ist es offenkundig ohne Bedeutung, ob der Wettvermittler Unionsbürger, in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft im Sinne der Art. 55, 48 EGV oder Drittstaater ist oder anders gewendet, die Beeinträchtigung der in Rede stehenden Belange wiegt nicht dadurch schwerer, dass der Antragsteller vorliegend Drittstaater ist. Sollte sich herausstellen, dass das Einschreiten gegen die Wettvermittlung durch Unionsbürger oder Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV gegen die vorrangig anzuwendende Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV verstößt und deshalb eine Fortsetzung dieser Vermittlungstätigkeit hinzunehmen ist, spricht allenfalls wenig dafür, dass sich die darin liegende Beeinträchtigung der öffentlichen Belange der Begrenzung der Wettgelegenheiten durch ein Vorgehen gegen diejenigen Wettvermittler ausräumen lässt, die – zufällig – Drittstaater sind, zumal alles daraufhin deutet, dass in diesem Falle der Wettveranstalter als Dienstleistungsempfänger sich erfolgreich auf die Dienstleistungsfreiheit berufen könnte, von der Frage einer Gesellschaftsgründung durch den Drittstaater einmal ganz abgesehen

vgl. in diesem Zusammenhang eingehend zur Frage der Verhältnismäßigkeit und Geeignetheit nationaler Regelungen in den Fällen der so genannten Inländerdiskriminierung Gundel, Die Inländerdiskriminierung zwischen Verfassungs- und Europarecht: Neue Ansätze in der Deutschen Rechtsprechung, DVBl. 2007, 269, 276 f., der der Inländerdiskriminierung auch Sachverhalte mit Auslandsberührung zurechnet, soweit es sich um einen Drittstaat handelt und der Sachverhalt nicht vom Gemeinschaftsrecht erfasst wird (siehe S. 270 Fußnoten 19); vgl. außerdem Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 12 EGV Rdnr. 58, wonach in den Fällen der so genannten Inländerdiskriminierung der Inländerbegriff von der Staatsangehörigkeit gelöst werden muss, da wesentliches Kriterium die Bindung an die Rechtsordnung des Mitgliedstaates ist, was auch auf einen im Inland ansässigen Ausländer zutreffen kann.

Sollte sich demnach ergeben, dass ein Einschreiten gegen die Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter rechtswidrig ist, sofern diese Tätigkeit durch einen Unionsbürger oder eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft im Sinne der Art. 55, 48 EGV erfolgt, so dürfte dies ein Umstand sein, der zumindest bei der Betätigung des Entschließungsermessens zugunsten eines Einschreitens gegen Drittstaater, die die gleiche Tätigkeit ausüben, angemessen Berücksichtigung finden müsste. Dies gilt umso mehr, wenn, wofür gegenwärtig alles spricht, der im EU-Ausland ansässige Wettveranstalter auch insoweit mit Erfolg die Dienstleistungsfreiheit einfordern könnte.

Derartige Ermessenserwägungen hat der Antragsgegner – von seinem rechtlichen Ansatz her konsequent – bislang nicht angestellt.

Die abschließende Beantwortung der insoweit aufgeworfenen Fragen nach Klärung der Vereinbarkeit des ordnungsbehördlichen Vorgehens mit Gemeinschaftsrecht erfordert eine umfassende Würdigung des Sachverhaltes, die über den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens hinausgeht und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Das rechtfertigt es, im vorliegenden Verfahren ebenso wie in den mit Beschlüssen vom 4.4.2007 entschiedenen Eilrechtschutzverfahren einen noch offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens anzunehmen.

Die in diesem Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus. Sein wirtschaftlich motiviertes Interesse daran, die zur Durchführung seiner Vermittlungstätigkeit getätigten Investitionen in Geschäftslokal, Einrichtungen und sonstige Ausstattung vorläufig weiter nutzen zu dürfen und hieraus Erträge zu erzielen, überwiegt die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Der Senat hat in seinen bereits mehrfach angeführten Beschlüssen vom 4.4.2007 betreffend Eilrechtschutzanträge von insgesamt acht Unionsbürgern und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV, gegen die im Wesentlichen inhaltsgleiche ortspolizeiliche Anordnungen ergangen sind, bei ebenfalls noch offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens einen Vorrang der den Interessen des Antragstellers des vorliegenden Verfahrens gleich gelagerten privaten Interessen vor den gegenläufigen öffentlichen Belangen angenommen. Er hat in diesem Zusammenhang in dem bereits teilweise zitierten Beschluss in dem Verfahren 3 W 18/06 ausgeführt:

„Die privaten Interessen der Antragstellerin sind nicht deshalb in ihrer Schutzwürdigkeit entscheidend gemindert, weil sich diese mit Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit im Juni 2006 in Kenntnis der Regelung des § 284 Abs. 1 StGB bewusst dem Risiko einer ordnungsbehördlichen Unterbindung ihrer Betätigung ausgesetzt hätte. Die Frage, ob § 284 Abs. 1 StGB ein gemeinschaftsrechtskonformes Verbot der Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter entnommen werden kann, ist – wie dargelegt – offen. Das schließt es aus, der Antragstellerin im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung schutzmindernd anzulasten, sie sei in Anbetracht dieses Verbotes ein bewusstes Risiko eingegangen. Sollte sich nämlich die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 284 StGB gegebenenfalls zu entnehmenden Verbotes herausstellen, hätte die Antragstellerin mit der Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit zu Recht von der Dienstleistungsfreiheit Gebrauch gemacht. Im Übrigen muss in diesem Zusammenhang gesehen werden, dass ein Genehmigungsverfahren, in dem die Antragstellerin vor Betriebsaufnahme die Zulässigkeit ihrer Betätigung hätte klären können, nicht vorgesehen ist. Vielmehr ist bei der Gewichtung ihrer Interessen zu berücksichtigen, dass sie sich auf die zu den Grundprinzipien des EG-Vertrages gehörende Dienstleistungsfreiheit beruft, an deren wirksame Beschränkung hohe Anforderungen zu stellen sind. Was die gegenläufigen öffentlichen Interessen anbelangt, so ist zunächst festzuhalten, dass einem etwaigen fiskalisch motivierten Interesse an der sofortigen Unterbindung der Betätigung der Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang keine beachtliche Bedeutung zukäme, da wie bereits dargelegt, das Anliegen, einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Finanzierung gemeinnütziger oder sonstiger öffentlicher Zwecke heranzuziehen, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch Unterbindung einer privaten Betätigung auf dem Sportwettensektor nicht zu rechtfertigen vermag. Dass das öffentliche Interesse an der Vermeidung betrügerischer oder sonstiger krimineller Machenschaften in Verbindung mit Sportwetten bei einer vorläufig weiteren Hinnahme der Betätigung der Antragstellerin beeinträchtigt wäre, ist weder konkret aufgezeigt noch sonst erkennbar. Aber auch dem auf die Verringerung der Spielgelegenheiten abzielenden öffentlichen Interesse an der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Suchtbekämpfung kann keine hier durchgreifende Bedeutung beigemessen werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist darauf hinzuweisen, dass die zahlreichen Annahmestellen der Saarland-Sporttoto GmbH und das über Links auf den Internetseiten zahlreicher Vertriebspartner weit verbreitete Internetangebot gewerblicher Spielvermittler eine derartig große Anzahl von Gelegenheiten zum Abschluss von Sportwetten bieten, dass in der vorübergehenden weiteren Hinnahme der Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin keine nennenswerte Erhöhung des Gefährdungspotentials für Spielsucht gesehen werden kann. Auch bei sofortiger Unterbindung der Betätigung der Antragstellerin könnte ein an Sportwetten Interessierter problemlos auf die anderen Angebote ausweichen. Für die Betroffenheit eines Spielsüchtigen und gegebenenfalls seiner Familie macht es dabei keinen Unterschied, ob die verlorenen Wetteinsätze von privaten oder staatlichen Wettveranstaltern vereinnahmt werden. Zwar soll hier nicht verkannt werden, dass sowohl der Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens im Saarland als auch private Wettvermittler Maßnahmen zur Suchprävention ergriffen haben. Jedenfalls bei den gewerblichen Wettvermittlern, die den nach Einschätzung von Suchtexperten besonders problematischen Internetvertrieb bestreiten, beschränken sich diese Maßnahmen indes, soweit nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ersichtlich, auf die Eröffnung der Möglichkeit, eine Internetseite aufzurufen, die eine Warnung vor Suchtgefahren enthält, einen Selbsttest anbietet und auf eine Beratungsadresse (bei Tipp 24.de die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) verweist. Dass diesen Maßnahmen eine nennenswerte präventive Wirkung zukommt, kann nicht angenommen werden. Immerhin müsste sich ein Wettinteressent zunächst dazu entschließen, die einschlägige Internetseite überhaupt aufzurufen. Nach dem Eindruck des Senats hat die betreffende Maßnahme eher salvatorischen Charakter

vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerfG, Urteil vom 28.3.1006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 141, das bloße Faltblatt- und Internetinformationen und die Verweisung auf das Beratungsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung als unzureichende Maßnahmen der Suchtpräventionen ansieht.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass auch der in der Aufstellung der „Maßnahmen der Saarland-Sporttoto GmbH“ unter der Rubrik „Annahmestellen, Sonstiges“ wiedergegebene Plakatslogan „Wer hier spielt, spielt mit Verantwortung“ durchaus zweideutig erscheint. Er kann zum einen als Appell zu verantwortungsbewusstem Spielverhalten verstanden werden, zum anderen aber auch „entlastend“ suggerieren, dass Spielen in den Annahmestellen der Saarland-Sporttoto GmbH – per se – verantwortungsbewusstes Spielen sei. Das bedarf indes hier keiner näheren Vertiefung. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass der Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens im Saarland und die gewerblichen Wettvermittler inzwischen einige Maßnahmen zur Suchtprävention eingeleitet haben, nicht geschlossen werden, dass von der Betätigung der Antragstellerin, die in dieses Konzept nicht eingebunden ist, eine nennenswert höhere Gefährdung ausgeht, die es rechtfertigt, ihre Fortsetzung mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Zu berücksichtigen ist bei dieser Interessenabwägung ferner, dass gerade die staatlichen Lotterieunternehmen unter den Augen der Aufsichtsbehörden bis in die jüngere Vergangenheit eine Politik der kontinuierlichen Erweiterung des Spielangebotes verbunden mit einer breit angelegten Werbung betrieben und zum Beispiel – das gilt zumindest für das Saarland – den Weg zu dem besonders problematischen Internetvertrieb durch eine extensive Auslegung von § 4 Abs. 1 SportwettG eröffnet haben, indem die dort festgelegte Beschränkung des Sportwettenabschlusses auf amtlich zugelassene Annahmestellen auf das Internet als „virtuelle Annahmestelle“ erweitert wurde. Den Belangen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht ist im Rahmen dieser Geschäftspolitik ersichtlich keine Beachtung geschenkt worden. Haben danach – soweit von Sportwetten Suchtgefahren ausgehen – die staatlichen Wettunternehmen mit ihrer Geschäftspolitik einen nicht unbeträchtlichen Beitrag zu der Problematik geleistet, so kann ein besonderes öffentliches Interesse daran, zur Suchtprävention und zur Bekämpfung von Suchtgefahren gerade die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin bei weiterhin fortbestehendem verbreitetem Angebot der staatlichen Sportwettenveranstalter und der gewerblichen Spielvermittler mit sofortiger Wirkung zu unterbinden, nicht anerkannt werden. Dieses Interesse erhält, wie bereits angesprochen, seine Legitimation auch nicht dadurch, dass die Veranstalter des staatlichen Angebotes und die gewerblichen Wettvermittler mittlerweile einige Maßnahmen zur Suchtprävention ergriffen oder eingeleitet haben. Immerhin sieht auch der Entwurf des neuen Lotteriestaatsvertrages in seinem § 25 Abs. 6 die Möglichkeit vor, abweichend von den in § 4 Abs. 4 des Vertragsentwurfs vorgesehenen Verbots des Veranstaltens und des Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet, die Fortsetzung dieser Betätigung für einen Zeitraum von einem Jahr nach Inkrafttreten des Staatsvertrages bei Erfüllung näher beschriebener Voraussetzungen zu erlauben. Insoweit wird den gewerblichen Wettvermittlern, obwohl gerade die Möglichkeit des Glücksspiels im Internet mit Blick auf die von ihr ausgehende Suchtgefährdung als besonders problematisch bewertet wird, die Möglichkeit eröffnet, ihre Betätigung für eine Übergangszeit fortzusetzen. Da zudem, was in der hier vorzunehmenden Interessenabwägung ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben solle, die Antragstellerin ihre Vermittlungstätigkeit zwar erst im Juni 2006 und damit nach Ergehen des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006, aber noch zu einem Zeitpunkt aufgenommen hat, zu dem noch nicht einmal die lediglich auf mündlichen Absprachen mit der Aufsichtsbehörde beruhende Änderung der Geschäftspolitik der Saarland-Sporttoto GmbH zur Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach außen manifest geworden ist, hält es der Senat für gerechtfertigt, ihrem Interesse an der einstweiligen Fortsetzung ihrer aller Voraussicht nach durch die gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit geschützten Vermittlungstätigkeit den Vorrang vor den gegenläufigen öffentlichen Interessen einzuräumen und die sofortige Vollziehbarkeit der ihr gegenüber ergangenen Untersagungsverfügung auszusetzen.“

Die in jenen Verfahren angestellten Erwägungen lassen sich im Wesentlichen auf die Interessenabwägung in dem vorliegenden Verfahren übertragen. Nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren hat der Antragsteller seine Vermittlungstätigkeit Ende 2005/Anfang 2006 und damit zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem die staatlichen beziehungsweise staatlich konzessionierten Wettveranstalter ihr Wettangebot noch mittels breit angelegter Werbung als unbedenkliche Freizeitbeschäftigung vermarktet haben

vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – a.a.O., Rdnr. 134, 136.

Allerdings ist der Antragsteller nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens weder deutscher Staatsbürger noch Angehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union. Er kann sich daher für das Gewicht seiner Interessen nicht mit Erfolg auf die Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV und auch nicht auf das nach dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nur Deutschen zustehende Grundrecht der Berufsfreiheit und damit auf Gewährleistungen berufen, an deren wirksame Einschränkung besonders hohe Anforderungen zu stellen sind. Seine Vermittlungstätigkeit wird nach wohl herrschender Meinung „lediglich“ durch Art. 2 Abs. 1 GG, und zwar nicht in dem selben Ausmaß wie durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung geschützt, die jede formell und materiell verfassungsmäßige Rechtsnorm einschließt

vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.1988 – 1 BvR 482/84 u.a. – E 78, 179, 196 f., Urteil vom 6.11.2001 – 1 BvR 1783/99 – E 104, 337, 346; Jarass/Pieroth, GG, 8. Auflage 2006, Art. 12 Rdnr. 10.

Gleichwohl ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass angesichts der offenen Frage der Rechtmäßigkeit des Einschreitens gegen die Vermittlungstätigkeit des Antragstellers unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im weiteren Sinne auch die Frage einer Verletzung seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit gerade noch offen und damit das Gewicht seiner Interessen in rechtlicher Hinsicht nicht verlässlich bestimmbar ist. Das schließt es aus, die privaten Interessen des Antragstellers schon deshalb in hier durchgreifender Hinsicht gering zu bewerten, weil er sich jedenfalls weder auf Art. 49 EGV noch auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann. Auf der anderen Seite folgt aus den Entscheidungen des Senats vom 4.4.2007, dass die Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter, soweit sie durch Unionsbürger und durch in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV erfolgt, und die darin liegenden Nachteile für das öffentliche Interesse an der Verringerung der Spielgelegenheiten zur Beschränkung von Spielleidenschaft und zur Bekämpfung von Wettsucht bis zur Entscheidung in den betreffenden Hauptsacheverfahren prinzipiell vorläufig hingenommen werden müssen. Von daher ließe sich bei – wenn auch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt – offener Rechtslage im vorliegenden Fall ein Vorrang dieser öffentlichen Interessen lediglich dann anerkennen, wenn in dem Umstand, dass der Antragsteller Drittstaater ist, eine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung dieser Belange läge. Hiervon kann in Anbetracht des verbreiteten Spielangebotes der staatlichen Sportwettenveranstalter und der gewerblichen Wettvermittler, zu denen noch die – die in Anbetracht dieses Spielangebotes ebenfalls keine durchgreifende zusätzliche Beeinträchtigung der in Rede stehenden öffentliche Belange darstellenden - Spielgelegenheiten treten, die sich aus dem zumindest vorübergehend hinzunehmenden Wettangebot ergeben, das Unionsbürger und in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften an Wettveranstalter in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft vermitteln, keine Rede sein. Es spricht nichts dafür, dass mit der sofortigen Unterbindung der Vermittlungstätigkeit des Antragstellers eine nennenswerte Verringerung der Spielgelegenheiten einherginge, da ein an Sportwetten Interessierter ohne weiteres auf das umfassende und allgegenwärtige Angebot staatlicher Wettveranstalter oder gewerblicher Wettvermittler zurückgreifen könnte, wenn ihm das von dem Antragsteller vermittelte Angebot nicht mehr zur Verfügung stünde.

Soweit in der Begründung der Vollzugsanordnung ein überwiegendes Interesse an der Verhinderung einer Beeinträchtigung der Strafrechtsordnung durch auch nur vorübergehende Hinnahme eines Verstoßes gegen § 284 StGB angeführt wird, ist darauf zu verweisen, dass – wie in dem zitierten Beschluss vom 4.4.2007 – 3 W 18/06 – näher dargelegt – sowohl Bundesanwaltschaft als auch Bundesgerichtshof

siehe Antrag der Bundesanwaltschaft auf Verfahrenseinstellung vom 28.6.2006 – 2 StR 55/06 – und Beschluss des BGH vom 29.11.2006 – 2 StR 55/06

es als zweifelhaft angesehen haben, ob Strafrecht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols dienen kann, das sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch – möglicherweise – gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt. Angesichts der insoweit bestehenden Unklarheiten darüber, ob die in Rede stehende Wettvermittlung überhaupt gemäß § 284 StGB strafbar ist, können hier durchgreifende öffentliche Interessen unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der Strafrechtsordnung nicht anerkannt werden.

Die privaten Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Fortsetzung seiner Vermittlungstätigkeit sind danach vorrangig vor den gegenläufigen öffentlichen Interessen mit der Folge, dass die sofortige Vollziehbarkeit der ihm gegenüber ergangenen Untersagungsverfügung auszusetzen ist.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 62/07
vom
16. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels
hier: Antrag des Verteidigers auf Pauschvergütung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2007 beschlossen
:
Dem Wahlverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Guido
B. aus Bad Homburg, wird für das Revisionsverfahren
einschließlich der Revisionshauptverhandlung anstelle der gesetzlichen
Gebühr eine Pauschvergütung in Höhe von
2.800 Euro (i.W.: zweitausendachthundert) bewilligt.

Gründe:


1
Der Antrag des Wahlverteidigers des Angeklagten auf Feststellung einer Pauschgebühr gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 und 4 RVG in Höhe des Doppelten der für die Gebühren eines Wahlanwalts geltenden Höchstbeträge ist begründet. In Übereinstimmung mit dem Vertreter der Bundeskasse hält der Senat, der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 5 RVG für die Entscheidung zuständig ist, Gebühren nach Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses wegen der besonderen Schwierigkeit der Sache für unzumutbar. Das Verfahren hat grundlegende Fragen der Strafbarkeit der ohne behördliche Genehmigung betriebenen gewerblichen Vermittlung von Sportwetten aufgeworfen. Der Antragsteller hat in besonderem Maße und Umfang zu deren Aufarbeitung und zur Vorbereitung der Revisionshauptverhandlung und deren Durchführung beigetragen. Der Senat hält deshalb über die von dem Vertreter der Bundeskasse vorgeschlagenen 2.100 Euro hinausgehend in diesem Fall ausnahmsweise (vgl. BGHR RVG § 42 Pauschgebühr 1) das von dem Wahlverteidiger beantragte Doppelte der Höchstbeträge der in Nrn. 4130 und 4132 des Vergütungsverzeichnisses erfassten Gebühren für das Revisionsverfahren und die Revisionshauptverhandlung für angemessen und bewilligt deshalb eine Pauschvergütung in der beantragten Höhe von insgesamt 2.800 Euro.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

1. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein moldauischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in Baden-Württemberg.
Der Beklagte veranstaltet in Baden-Württemberg die ODDSET-TOP-Wette und die ODDSET-Kombi-Wette. Mit der Durchführung dieser Wetten ist die Staatliche Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg beauftragt. Diese Gesellschaft vertreibt ihr staatliches Glücksspielangebot über Toto-Lotto-Annahmestellen, die im Wesentlichen in Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakhandlungen, Supermärkten und Tankstellen eingerichtet sind. Nach Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gibt es in Baden-Württemberg derzeit ungefähr 3600 solcher Annahmestellen. Die einzelnen Betreiber erhalten auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge mit der Toto-Lotto GmbH eine Provision, die von der Höhe des auf den Glücksspielsektor entfallenden Umsatzes abhängt.
Der Kläger ist Betreiber eines Wettbüros in ... und vermittelt dort Sportwetten an das in Malta staatlich konzessionierte Sportwettenunternehmen T. Co. Ltd. Nachdem die Tätigkeit des Klägers dem Regierungspräsidium Karlsruhe bekannt geworden war, hörte es ihn mit Schreiben vom 15.05.2008 zu der beabsichtigten Untersagung der Vermittlungstätigkeit an.
Mit Verfügung vom 28.05.2008 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger, in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, und forderte ihn auf, die zur Veranstaltung oder Vermittlung solcher Glücksspiele vorgehaltenen Geräte aus den öffentlich zugänglichen Räumen zu entfernen (Ziff. 1). Es ordnete weiterhin an, dass der Kläger die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung schriftlich mitzuteilen habe (Ziff. 2). Darüber hinaus verpflichtete es den Kläger, unverzüglich sämtliche Vertragsunterlagen zwischen ihm und demjenigen, an den die Sportwetten vermittelt werden, schriftlich einzureichen, und gegebenenfalls den Namen des Vertragspartners zweifelsfrei anzugeben (Ziff. 4).
Zur Begründung der Verfügung führt das Regierungspräsidium Karlsruhe im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage der Verfügung sei § 9 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrags (im Folgenden: GlüStV). Der Kläger vermittle öffentlich ohne die erforderliche Erlaubnis ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV; eine Erlaubnis könne ihm auch nicht erteilt werden. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, aufgrund einer im EU-Ausland erteilten Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten dazu berechtigt zu sein, Sportwetten in Baden-Württemberg zu veranstalten oder zu vermitteln. Ein rechtmäßiger Zustand könne nur durch eine förmliche Untersagung herbeigeführt werden. Die Verfügung wurde dem Kläger am 31.05.2008 zugestellt.
Am 03.06.2008 hat der Kläger Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (2 K 1638/08) gestellt, über den vor der mündlichen Verhandlung nicht entschieden worden ist.
Gleichfalls am 03.06.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt,
die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 aufzuheben.
Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Die Untersagungsverfügung könne nicht auf eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage gestützt werden; das staatliche Sportwettenmonopol könne als Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden. Der Gesetzgeber habe keine ausreichenden strukturellen Vorgaben geschaffen, die dafür sorgten, dass die fiskalischen Interessen hinter die Schutzzwecke des Gesetzes zurückträten. Der Gesetzgeber habe des Weiteren Art und Zuschnitt der Sportwetten nur ansatzweise geregelt und im Übrigen entgegen den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Verwaltung überlassen. Auch das Konzept zum Vertrieb der staatlichen Sportwetten genüge nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. So seien zwar nach dem Glücksspielstaatsvertrag einige Vertriebswege ausgeschlossen; der überaus bedeutsame Vertriebsweg über Annahmestellen sei jedoch sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht nur ansatzweise durch den Gesetzgeber eingegrenzt worden. Weiterhin habe der Gesetzgeber auch keine ausreichenden strukturellen Vorgaben zur Begrenzung der Werbung geschaffen. Schließlich seien auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Spielerschutz nicht ausreichend beachtet worden. Das staatliche Sportwettenmonopol sei zudem gemeinschaftsrechtswidrig; die mit ihm verbundene Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Das Sportwettenmonopol sei schon nicht geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen; insbesondere hätten die Annahmestellen naturgemäß ein Interesse an der Umsatzmaximierung. Das Sportwettenmonopol sei auch nicht erforderlich; ein Konzessionsmodell, bei dem die Erteilung der Konzession an Bedingungen und Auflagen geknüpft werde, sei ein wesentlich weniger eingreifendes, gleich geeignetes Mittel. Das Sportwettenmonopol sei angesichts des extrem aggressiven und auf Umsatzmaximierung gerichteten Auftretens des Staatsmonopolisten auch völlig unangemessen. Schließlich diskriminiere das Sportwettenmonopol ausländische Sportwettenanbieter. Der Kläger beruft sich darüber hinaus auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09.07.2008 (1 K 2153/06).
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Der Beklagte verweist zur Begründung auf die angegriffene Verfügung. Er trägt weiterhin im Wesentlichen vor: Der Glücksspielstaatsvertrag stelle eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die angegriffene Verfügung dar. Denn die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht seien mit ihm umgesetzt worden. Erstes und wichtigstes Ziel sei die Vermeidung und die Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht. Dazu sei etwa ein Verbot von Glücksspielen im Internet aufgenommen worden. Das strikte Verbot der Teilnahme Minderjähriger sei fortgeführt worden. Es sei ein Sperrsystem geschaffen worden, das Spielsüchtige oder erkennbar Spielsuchtgefährdete wirksam von der Teilnahme an gefahrträchtigen Spielen ausschließe. Werbung sei im Glücksspielstaatsvertrag streng begrenzt worden. Die Zahl der Annahmestellen werde begrenzt. Der Gesetzgeber habe aufgrund der von Sportwetten ausgehenden Suchtgefahren davon ausgehen dürfen, dass diese durch ein staatliches Monopol, das auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet sei, effektiver beherrscht werden könne als im Wege einer Kontrolle privater Unternehmer. Die gesetzlichen Vorgaben würden auch tatsächlich umgesetzt. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Insbesondere verstoße die Entscheidung, im Bereich der Sportwetten ein staatliches Monopol einzurichten, nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die Zulassung privater Anbieter würde, auch wenn diese sich staatlich verordneten Wettbewerbsbeschränkungen unterwürfen, die Zahl der Marktteilnehmer und damit der Wettgelegenheiten erheblich vergrößern; je mehr Gelegenheiten zum Glücksspiel vorhanden seien, desto mehr Personen spielten und desto höher sei die Zahl der Personen, die ein Risiko für die Glücksspielsucht hätten. Eine - wenn auch beschränkte - Zulassung gewerblicher Angebote stelle von vornherein kein milderes Mittel dar; denn es gelte eine auf Gewinnsteigerung zielende Wettbewerbssituation zwischen verschiedenen Anbietern mit all ihren negativen Folgen für die Anreizung des Spielverhaltens und den damit verbundenen Gefahrsteigerungen zu vermeiden. Das staatliche Monopol sei insgesamt verhältnismäßig. Im Übrigen könne sich der Kläger als moldauischer Staatsangehöriger weder auf die Berufsfreiheit des Grundgesetzes noch auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Die Untersagung sei zudem schon deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger über keine Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten verfüge.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des umfangreichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die sowohl im Hauptsache- als auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte (1 Heft) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 6a Satz 1 AGVwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
1. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der angegriffenen Verfügung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 4).
17 
2. Als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) kommt allein § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (GBl. 2007, 571) in Betracht. Hiernach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Rechtsgrundlage sind erfüllt; denn der Kläger vermittelt nach dem Glücksspielstaatsvertrag unerlaubte Glücksspiele.
18 
Indem der Kläger Wetten für das Unternehmen T. Co. Ltd. entgegennimmt und weiterleitet, vermittelt er (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV) Sportwetten, die Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV sind.
19 
Die vom Kläger vermittelten Sportwetten sind auch unerlaubte Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Denn weder der Kläger noch das Unternehmen T. Co. Ltd. verfügt über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes Baden-Württemberg. Zwar vermittelt der Kläger die Sportwetten nach Malta und damit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft; dies entbindet ihn aber nicht von dem Erfordernis einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde des Landes Baden-Württemberg. Denn nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist das Wettbüro des Klägers in Pforzheim.
20 
Dass die Sportwetten an ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft konzessioniertes Unternehmen vermittelt werden, steht der Einordnung als unerlaubtes Glücksspiel nicht entgegen. Denn diese Konzession kann nicht kraft derzeitigen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (hierzu und zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 21). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 „Ladbrokes Ltd.“ -, Rn. 86). Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178/1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwgrd. 16 und Art. 1 Abs. 5 lit. d Spstr. 3). Die Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u.a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (C-243/01 „Gambelli“) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren. Denn nach diesem Urteil ist den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt. In seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, C-359/04 und C-360/04 „Placanica“, Rn. 57) stellt der Europäische Gerichtshof auch klar, dass ein Konzessionssystem unter bestimmten Umständen ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
21 
3. Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg, das sich im Wesentlichen aus § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV, § 1 Abs. 5 des baden-württembergischen Gesetzes zu dessen Ausführung (GBl. 2008, 81; im Folgenden: AGGlüStV) ergibt, stellt indes in seiner derzeitigen Ausgestaltung eine im Hinblick auf das mit ihm verfolgte Ziel nicht geeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages (Art. 49 EGV) dar (a). Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage folglich aus (b). Ob das staatliche Sportwettenmonopol darüber hinaus auch mit nationalem Verfassungsrecht unvereinbar ist, kann offenbleiben.
22 
a) Nach Art. 49 Abs. 1 EGV sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen der Leistungserbringung ansässig sind, verboten. Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrages sind nach Art. 50 Abs. 1 EGV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
23 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, und damit das Vermitteln von Sportwetten zu den Dienstleitungen i.S.v. Art. 50 EGV gehört (Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 52). Art. 49 EGV erfasst auch Dienstleistungen, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringern anbietet (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 54). Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem der Vermittler seine Tätigkeit ausübt, zu erleichtern, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 58).
24 
Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann aufgrund der in den Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (vgl. nur Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 60). Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der staatlichen Glücksspielpolitik sein (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 62; hiervon ausgehend bedenklich die Äußerung des Staatssekretärs Fleischer in der Landtagssitzung vom 28.11.2007 [Plenarprotokoll 14. WP/S. 2365]: „Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge . Diese Förderung kann z.B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wettanbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts. Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur , wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.“ [ Hervorhebungen durch das Gericht ]). Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, rechtfertigen ein ausreichendes Ermessen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Damit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 65).
25 
Bei verfassungskonformer Auslegung ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, das in § 1 Nr. 1 GlüStV genannte Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das eigentliche Ziel für die weitere Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 30). Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261) zum damaligen bayerischen Staatsmonopol für Sportwetten, ist ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Da davon auszugehen ist, dass die Parteien des Glücksspielstaatsvertrages mit diesem einen verfassungskonformen Zustand herbeiführen wollten, ist den anderen in § 1 des Staatsvertrages genannten Zielen lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ist konsequenter Weise das eigentliche Ziel des Staatsvertrages zugrunde zu legen.
26 
Das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren vermag grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (hierzu und zum Folgenden Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 67); jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Bei der Überprüfung des staatlichen Sportwettenmonopols anhand dieser Maßstäbe hat das nationale Gericht nicht nur das nationale Regelwerk, das das Monopol begründet, sondern auch die „konkreten Anwendungsmodalitäten“ (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 75), d.h. dessen tatsächliche Ausgestaltung heranzuziehen.
27 
Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergibt, ist nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie bildet eine ausreichende normative Grundlage für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (a.A. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris passim).
28 
Der Glücksspielstaatsvertrag überlässt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers die Regelung über Art und Zuschnitt der Wetten nicht der Exekutive, sondern enthält insoweit am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtete Regelungen (a.A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris Rn. 50). So besagt § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht nur, dass Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten erlaubt werden können. Diese Bestimmung legt vielmehr auch fest, dass Sportwetten nur auf den Ausgang eines Sportereignisses und somit nicht auf einzelne Ereignisse während eines solchen geschlossen werden dürfen. Des Weiteren verbietet § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten während eines laufenden Sportereignisses (vgl. auch § 6 Abs. 2 AGGlüStV) sowie Wetten über Telekommunikationsanlagen. Auch ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und damit auch von Sportwetten im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV auch Vorgaben zu den Einsatzgrenzen machen. All die genannten Regelungen sind bei der Regelung von Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis „im Einzelnen“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV) zu berücksichtigen, so dass die Exekutive bei der Erlaubniserteilung keinesfalls „nach Gutdünken“ vorgehen kann.
29 
Auch im Übrigen enthält das Regelwerk ausreichende, am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtete Regelungen. So ist etwa die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel ist nur eingeschränkt erlaubt. Sie hat sich gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken; sie darf insbesondere gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Bestimmte Formen der Werbung, nämlich die Werbung im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sowie Trikot- und Bandenwerbung nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, sind verboten. Auch die §§ 6 - 8 GlüStV mit ihren Vorgaben zu den Sozialkonzepten, insbesondere auch der Verpflichtung zur Schulung des Personals, zur Aufklärung und zu den Spielersperren lassen deutlich erkennen, dass das Regelwerk das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ernst nimmt.
30 
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht, dass das Gemeinschaftsrecht weitergehende Anforderungen an die normativen Grundlagen für ein staatliches Sportwettenmonopol stellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Frage im Übrigen auch keiner weiteren Klärung, insbesondere nicht durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof.
31 
Die rechtliche Ausgestaltung ist allerdings insoweit defizitär, als durch sie das frühere Vertriebssystem über den Einzelhandel mittels der Übergangsvorschrift des § 7 Abs. 4 AGGlüStV für das Jahr 2008 normativ festgeschrieben wird. Denn gerade dieses Vertriebssystem führt zur Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols in Baden-Württemberg mit dem Gemeinschaftsrecht.
32 
Dass das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg - jedenfalls derzeit - mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist, folgt nach Auffassung der Kammer aus dessen tatsächlicher Ausgestaltung . Denn mit dem Vertrieb der Sportwetten über die Toto-Lotto-Annahmestellen beruht das staatliche Monopol auf einem Vertriebskonzept, das sich nicht mit dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren in Einklang bringen lässt. Trotz gewisser Veränderungen entspricht das tatsächliche Erscheinungsbild im Wesentlichen weiterhin dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Im Einzelnen:
33 
Schon die erhebliche Dichte von Annahmestellen - laut Vertriebskonzept der Toto-Lotto-GmbH vom 09.06.2008 liegt der Richtwert etwa in Großstädten bei einer Annahmestelle pro 2.500 Einwohnern; hiernach dürfte es beispielsweise in der Stadt Karlsruhe mit ungefähr 275.000 Einwohnern etwa 110 Annahmestellen geben - sorgt dafür, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten nicht auf wenige Örtlichkeiten beschränkt ist, sondern vielmehr - gerade in Großstädten - an nahezu jeder Straßenecke und somit nach wie vor „in bewusster Nähe zum Kunden“ besteht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Infolgedessen ist die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin ein allerorts verfügbares Gut (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.). Bereits die Häufung der Annahmestellen lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Einzelne die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt, als etwas grundsätzlich staatlicherseits Missbilligtes. Gerade dies aber wäre nach Auffassung der Kammer (in Übereinstimmung mit dem VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 -1 K 547/07 -, juris Rn. 32 f.) für ein konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes staatliches Monopol erforderlich.
34 
Noch größeres Gewicht ist nach Auffassung der Kammer dem Umstand beizumessen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten im Wesentlichen über Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolgt. Die Kunden dieser Verkaufsstellen werden mit dem staatlichen Sportwettenangebot konfrontiert, wenn sie Erledigungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift, von Schreibmaterialien oder Süßigkeiten, machen. Auch wenn nunmehr nicht mehr ein gleichzeitiger Zahlungsvorgang möglich ist, sorgt doch dieses Nebeneinander von „unbedenklichen“ Waren und „bedenklichen“ Glücksspielangeboten dafür, dass auch die Glücksspiele und somit auch die Sportwetten von dem durchschnittlichen Kunden als ein grundsätzlich normales Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden. Die Teilnahme an einer Sportwette wird auf diese Weise, ebenso wie etwa der Kauf von Alkohol und Zigaretten - zwei Produkten, die ebenfalls unbestritten mit hohen Suchtgefahren verbunden sind -, als ein sozialadäquates Verhalten wahrgenommen. Der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck bei speziellen „Glücksspielläden“ gerade nicht entstehen kann. Denn dort wird man in der Tat nicht „im Vorbeigehen“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, vielmehr muss sich der Kunde diesem bewusst aussetzen.
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Dieses strukturelle Defizit im Vertriebskonzept besteht trotz der Bemühungen des Beklagten und der Toto-Lotto-Gesellschaft im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Vertriebskonzepts am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren. Denn insbesondere die Hinweise in den Annahmestellen und auf den Spielscheinen auf die Suchtgefahren sowie entsprechende Schulungen des Personals der Annahmestellen vermögen nichts daran zu ändern, dass das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft als ein alltäglich verfügbares und nicht „grundsätzlich bedenkliches“ und damit als ein sozialadäquates Gut wahrgenommen wird.
36 
Die Hinweise (zum zweifelhaften Nutzen derartiger Warnhinweise vgl. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/08 -, juris Rn. 49) werden von Seiten des staatlichen Monopolisten schon selbst dadurch relativiert, dass dieser nach wie vor öffentlich betont, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute kommt (vgl. § 5 AGGlüStV). Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand von Slogans wie der vom Kläger im Antragsverfahren zitierten, etwa „Oddset tut Gutes“, die so oder in ähnlicher Form nach wie vor verwendet werden („Zahlen für Gutes“ und der Wettmittelfonds als „eine Art Schatzkiste“). Wenn dann auch noch ein Staatssekretär (s.o.) und damit ein hoher Repräsentant des Landes Baden-Württemberg davon spricht, dass die Allgemeinheit nur profitiert, wenn das staatliche Wettangebot bestehen bleibt, muss beim durchschnittlichen Bürger unweigerlich der Eindruck entstehen, „dass das mit den Gefahren ja nicht ganz so schlimm sein kann, wenn ich mit meiner Teilnahme das Gemeinwohl unterstütze“. Oder mit den Worten des Geschäftsberichts der Staatlichen Toto-Lotto GmbH für das Geschäftsjahr 2007 (im Internet für jedermann zugänglich unter www.lotto-bw.de): „Wer an den Spielen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH teilnimmt, fördert gleichzeitig auch ein Stück Lebenskultur in unserem Lande.“
37 
Die Schulungen des Personals sind nach Auffassung der Kammer allenfalls bedingt geeignet. Denn wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung ergeben hat, bietet das derzeitige Oddset-System dem Süchtigen bzw. dem Suchtgefährdeten die Möglichkeit, seine Spielleidenschaft gegenüber der einzelnen Annahmestelle problemlos zu verbergen. Der Vertreter des Beklagten bestätigte nämlich auf entsprechende Nachfrage des Gerichts, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben kann und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Und die jeweils nächste Annahmestelle liegt, wie bereits ausgeführt, in aller Regel nicht weit entfernt. Auf diese Weise kann sich der einzelne suchtgefährdete bzw. suchtkranke Spieler der näheren Überprüfung durch die geschulten Personen leicht entziehen.
38 
Vor dem Hintergrund, dass auch und in erster Linie die Verbindung der Annahmestellen mit dem Einzelhandel die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols begründet, kann die Kammer offenlassen, ob mit dem laut Vertriebskonzept angestrebten Ziel einer Beschränkung auf 3.300 Annahmestellen ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand erreicht wäre.
39 
b) Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit als unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage aus. Es ist seit Langem geklärt, dass gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht insoweit für den nationalen Rechtsanwender und damit auch für die Verwaltungsgerichte unanwendbar ist, als das Gemeinschaftsrecht selbst unmittelbar anwendbar ist (hierzu z.B. Ehlers, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 11 Rn. 34 ff. m.N.).
40 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols auch die Erlaubnispflicht für das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, so dass die Untersagungsverfügung nicht deshalb Bestand haben kann, weil der Kläger über keine derartige Erlaubnis verfügt.
41 
Im Bereich der Sportwetten lässt sich das Staatsmonopol nämlich nicht von der Erlaubnispflicht trennen. Denn eine Erlaubnis kann nach dem Regelungsmodell des Glückspielstaatsvertrags rein privaten Personen lediglich für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV i.V.m. dem Dritten Abschnitt), nicht aber für Sportwetten. Für diese wollte der Gesetzgeber das staatliche Monopol beibehalten. Es würde nun aber dem gesetzgeberischen Anliegen widersprechen anzunehmen, dass eine Erlaubnis doch an rein Private erteilt werden kann (vgl. insoweit auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 24).
42 
Der Verweis des Beklagten auf das Bauordnungsrecht vermag hieran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass bauordnungsrechtliche Verfügungen unter Umständen bereits aufgrund einer formellen (Bau-)Rechtswidrigkeit ergehen können. Auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids besteht allerdings bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in aller Regel ein Rechtsanspruch des Bauherrn (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 LBO). Nach dem Regelungsmodell des Glücksspielstaatsvertrags darf dem rein Privaten hingegen überhaupt keine Erlaubnis für den Bereich der Sportwetten erteilt werden.
43 
4. Dass sich der Kläger als Drittstaatsangehöriger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages berufen kann, führt nicht dazu, dass die Klage abzuweisen ist. Denn die Untersagungsverfügung vom 28.05.2008, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist jedenfalls ungeeignet und deshalb ermessensfehlerhaft (vgl. § 40 LVwVfG; § 114 VwGO). Ob der Klage auch deshalb stattzugeben wäre, weil die Dienstleistungsfreiheit des maltesischen Unternehmens T. Co. Ltd. ungerechtfertigt beschränkt ist, kann offenbleiben.
44 
Aufgrund der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols ist es dem Beklagten verwehrt, Unionsbürgern die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter zu untersagen. Bei einem Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige kann nun aber das Ziel der Bekämpfung von Spielsucht nicht mehr erreicht werden. Denn ein „flächendeckendes“ Vorgehen gegen Private ist nicht mehr möglich. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch ist für die Kammer ersichtlich, dass ein Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige sinnvoll wäre und das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren fördern würde. Ohnehin ist es im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten unerheblich, ob das Angebot von einem Unionsbürger, von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris Rn. 114; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 - juris Rn. 78).
45 
5. Die Untersagungsverfügung ist schließlich in vollem Umfang aufzuheben. Zwar lässt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwetten die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, die am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtet sind, unberührt. So darf der Kläger etwa lediglich Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses vermitteln, er darf keine Wetten während eines laufenden Sportereignisses entgegennehmen und auch seine Werbemaßnahmen müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages beachten. Es ist der Kammer jedoch verwehrt, die Untersagungsverfügung auf einen rechtmäßigen Umfang zu reduzieren. Denn insoweit würde die Verfügung nicht mehr der erkennbaren Absicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei ihrem Erlass entsprechen; diesem würde vielmehr eine Verfügung zugeschrieben, die es offensichtlich so nicht erlassen wollte. Insoweit greift die Kammer auf die - zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß anwendbare - Regelung des § 47 Abs. 2 LVwVfG zurück. Es wäre - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) - die Aufgabe der Exekutive und damit des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dem Kläger verbotene Tätigkeiten zu untersagen.
46 
6. Infolge der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) sind auch die weiteren Regelungen in der Verfügung rechtswidrig und die Verfügung ist insgesamt aufzuheben.
II.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer sieht sich nicht dazu veranlasst, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
48 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 15.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004).
51 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
14 
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 6a Satz 1 AGVwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
1. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der angegriffenen Verfügung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 4).
17 
2. Als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) kommt allein § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (GBl. 2007, 571) in Betracht. Hiernach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Rechtsgrundlage sind erfüllt; denn der Kläger vermittelt nach dem Glücksspielstaatsvertrag unerlaubte Glücksspiele.
18 
Indem der Kläger Wetten für das Unternehmen T. Co. Ltd. entgegennimmt und weiterleitet, vermittelt er (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV) Sportwetten, die Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV sind.
19 
Die vom Kläger vermittelten Sportwetten sind auch unerlaubte Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Denn weder der Kläger noch das Unternehmen T. Co. Ltd. verfügt über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes Baden-Württemberg. Zwar vermittelt der Kläger die Sportwetten nach Malta und damit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft; dies entbindet ihn aber nicht von dem Erfordernis einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde des Landes Baden-Württemberg. Denn nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist das Wettbüro des Klägers in Pforzheim.
20 
Dass die Sportwetten an ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft konzessioniertes Unternehmen vermittelt werden, steht der Einordnung als unerlaubtes Glücksspiel nicht entgegen. Denn diese Konzession kann nicht kraft derzeitigen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (hierzu und zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 21). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 „Ladbrokes Ltd.“ -, Rn. 86). Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178/1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwgrd. 16 und Art. 1 Abs. 5 lit. d Spstr. 3). Die Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u.a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (C-243/01 „Gambelli“) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren. Denn nach diesem Urteil ist den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt. In seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, C-359/04 und C-360/04 „Placanica“, Rn. 57) stellt der Europäische Gerichtshof auch klar, dass ein Konzessionssystem unter bestimmten Umständen ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
21 
3. Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg, das sich im Wesentlichen aus § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV, § 1 Abs. 5 des baden-württembergischen Gesetzes zu dessen Ausführung (GBl. 2008, 81; im Folgenden: AGGlüStV) ergibt, stellt indes in seiner derzeitigen Ausgestaltung eine im Hinblick auf das mit ihm verfolgte Ziel nicht geeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages (Art. 49 EGV) dar (a). Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage folglich aus (b). Ob das staatliche Sportwettenmonopol darüber hinaus auch mit nationalem Verfassungsrecht unvereinbar ist, kann offenbleiben.
22 
a) Nach Art. 49 Abs. 1 EGV sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen der Leistungserbringung ansässig sind, verboten. Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrages sind nach Art. 50 Abs. 1 EGV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
23 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, und damit das Vermitteln von Sportwetten zu den Dienstleitungen i.S.v. Art. 50 EGV gehört (Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 52). Art. 49 EGV erfasst auch Dienstleistungen, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringern anbietet (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 54). Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem der Vermittler seine Tätigkeit ausübt, zu erleichtern, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 58).
24 
Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann aufgrund der in den Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (vgl. nur Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 60). Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der staatlichen Glücksspielpolitik sein (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 62; hiervon ausgehend bedenklich die Äußerung des Staatssekretärs Fleischer in der Landtagssitzung vom 28.11.2007 [Plenarprotokoll 14. WP/S. 2365]: „Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge . Diese Förderung kann z.B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wettanbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts. Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur , wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.“ [ Hervorhebungen durch das Gericht ]). Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, rechtfertigen ein ausreichendes Ermessen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Damit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 65).
25 
Bei verfassungskonformer Auslegung ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, das in § 1 Nr. 1 GlüStV genannte Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das eigentliche Ziel für die weitere Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 30). Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261) zum damaligen bayerischen Staatsmonopol für Sportwetten, ist ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Da davon auszugehen ist, dass die Parteien des Glücksspielstaatsvertrages mit diesem einen verfassungskonformen Zustand herbeiführen wollten, ist den anderen in § 1 des Staatsvertrages genannten Zielen lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ist konsequenter Weise das eigentliche Ziel des Staatsvertrages zugrunde zu legen.
26 
Das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren vermag grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (hierzu und zum Folgenden Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 67); jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Bei der Überprüfung des staatlichen Sportwettenmonopols anhand dieser Maßstäbe hat das nationale Gericht nicht nur das nationale Regelwerk, das das Monopol begründet, sondern auch die „konkreten Anwendungsmodalitäten“ (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 75), d.h. dessen tatsächliche Ausgestaltung heranzuziehen.
27 
Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergibt, ist nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie bildet eine ausreichende normative Grundlage für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (a.A. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris passim).
28 
Der Glücksspielstaatsvertrag überlässt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers die Regelung über Art und Zuschnitt der Wetten nicht der Exekutive, sondern enthält insoweit am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtete Regelungen (a.A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris Rn. 50). So besagt § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht nur, dass Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten erlaubt werden können. Diese Bestimmung legt vielmehr auch fest, dass Sportwetten nur auf den Ausgang eines Sportereignisses und somit nicht auf einzelne Ereignisse während eines solchen geschlossen werden dürfen. Des Weiteren verbietet § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten während eines laufenden Sportereignisses (vgl. auch § 6 Abs. 2 AGGlüStV) sowie Wetten über Telekommunikationsanlagen. Auch ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und damit auch von Sportwetten im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV auch Vorgaben zu den Einsatzgrenzen machen. All die genannten Regelungen sind bei der Regelung von Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis „im Einzelnen“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV) zu berücksichtigen, so dass die Exekutive bei der Erlaubniserteilung keinesfalls „nach Gutdünken“ vorgehen kann.
29 
Auch im Übrigen enthält das Regelwerk ausreichende, am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtete Regelungen. So ist etwa die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel ist nur eingeschränkt erlaubt. Sie hat sich gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken; sie darf insbesondere gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Bestimmte Formen der Werbung, nämlich die Werbung im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sowie Trikot- und Bandenwerbung nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, sind verboten. Auch die §§ 6 - 8 GlüStV mit ihren Vorgaben zu den Sozialkonzepten, insbesondere auch der Verpflichtung zur Schulung des Personals, zur Aufklärung und zu den Spielersperren lassen deutlich erkennen, dass das Regelwerk das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ernst nimmt.
30 
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht, dass das Gemeinschaftsrecht weitergehende Anforderungen an die normativen Grundlagen für ein staatliches Sportwettenmonopol stellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Frage im Übrigen auch keiner weiteren Klärung, insbesondere nicht durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof.
31 
Die rechtliche Ausgestaltung ist allerdings insoweit defizitär, als durch sie das frühere Vertriebssystem über den Einzelhandel mittels der Übergangsvorschrift des § 7 Abs. 4 AGGlüStV für das Jahr 2008 normativ festgeschrieben wird. Denn gerade dieses Vertriebssystem führt zur Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols in Baden-Württemberg mit dem Gemeinschaftsrecht.
32 
Dass das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg - jedenfalls derzeit - mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist, folgt nach Auffassung der Kammer aus dessen tatsächlicher Ausgestaltung . Denn mit dem Vertrieb der Sportwetten über die Toto-Lotto-Annahmestellen beruht das staatliche Monopol auf einem Vertriebskonzept, das sich nicht mit dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren in Einklang bringen lässt. Trotz gewisser Veränderungen entspricht das tatsächliche Erscheinungsbild im Wesentlichen weiterhin dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Im Einzelnen:
33 
Schon die erhebliche Dichte von Annahmestellen - laut Vertriebskonzept der Toto-Lotto-GmbH vom 09.06.2008 liegt der Richtwert etwa in Großstädten bei einer Annahmestelle pro 2.500 Einwohnern; hiernach dürfte es beispielsweise in der Stadt Karlsruhe mit ungefähr 275.000 Einwohnern etwa 110 Annahmestellen geben - sorgt dafür, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten nicht auf wenige Örtlichkeiten beschränkt ist, sondern vielmehr - gerade in Großstädten - an nahezu jeder Straßenecke und somit nach wie vor „in bewusster Nähe zum Kunden“ besteht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Infolgedessen ist die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin ein allerorts verfügbares Gut (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.). Bereits die Häufung der Annahmestellen lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Einzelne die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt, als etwas grundsätzlich staatlicherseits Missbilligtes. Gerade dies aber wäre nach Auffassung der Kammer (in Übereinstimmung mit dem VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 -1 K 547/07 -, juris Rn. 32 f.) für ein konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes staatliches Monopol erforderlich.
34 
Noch größeres Gewicht ist nach Auffassung der Kammer dem Umstand beizumessen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten im Wesentlichen über Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolgt. Die Kunden dieser Verkaufsstellen werden mit dem staatlichen Sportwettenangebot konfrontiert, wenn sie Erledigungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift, von Schreibmaterialien oder Süßigkeiten, machen. Auch wenn nunmehr nicht mehr ein gleichzeitiger Zahlungsvorgang möglich ist, sorgt doch dieses Nebeneinander von „unbedenklichen“ Waren und „bedenklichen“ Glücksspielangeboten dafür, dass auch die Glücksspiele und somit auch die Sportwetten von dem durchschnittlichen Kunden als ein grundsätzlich normales Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden. Die Teilnahme an einer Sportwette wird auf diese Weise, ebenso wie etwa der Kauf von Alkohol und Zigaretten - zwei Produkten, die ebenfalls unbestritten mit hohen Suchtgefahren verbunden sind -, als ein sozialadäquates Verhalten wahrgenommen. Der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck bei speziellen „Glücksspielläden“ gerade nicht entstehen kann. Denn dort wird man in der Tat nicht „im Vorbeigehen“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, vielmehr muss sich der Kunde diesem bewusst aussetzen.
35 
Dieses strukturelle Defizit im Vertriebskonzept besteht trotz der Bemühungen des Beklagten und der Toto-Lotto-Gesellschaft im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Vertriebskonzepts am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren. Denn insbesondere die Hinweise in den Annahmestellen und auf den Spielscheinen auf die Suchtgefahren sowie entsprechende Schulungen des Personals der Annahmestellen vermögen nichts daran zu ändern, dass das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft als ein alltäglich verfügbares und nicht „grundsätzlich bedenkliches“ und damit als ein sozialadäquates Gut wahrgenommen wird.
36 
Die Hinweise (zum zweifelhaften Nutzen derartiger Warnhinweise vgl. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/08 -, juris Rn. 49) werden von Seiten des staatlichen Monopolisten schon selbst dadurch relativiert, dass dieser nach wie vor öffentlich betont, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute kommt (vgl. § 5 AGGlüStV). Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand von Slogans wie der vom Kläger im Antragsverfahren zitierten, etwa „Oddset tut Gutes“, die so oder in ähnlicher Form nach wie vor verwendet werden („Zahlen für Gutes“ und der Wettmittelfonds als „eine Art Schatzkiste“). Wenn dann auch noch ein Staatssekretär (s.o.) und damit ein hoher Repräsentant des Landes Baden-Württemberg davon spricht, dass die Allgemeinheit nur profitiert, wenn das staatliche Wettangebot bestehen bleibt, muss beim durchschnittlichen Bürger unweigerlich der Eindruck entstehen, „dass das mit den Gefahren ja nicht ganz so schlimm sein kann, wenn ich mit meiner Teilnahme das Gemeinwohl unterstütze“. Oder mit den Worten des Geschäftsberichts der Staatlichen Toto-Lotto GmbH für das Geschäftsjahr 2007 (im Internet für jedermann zugänglich unter www.lotto-bw.de): „Wer an den Spielen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH teilnimmt, fördert gleichzeitig auch ein Stück Lebenskultur in unserem Lande.“
37 
Die Schulungen des Personals sind nach Auffassung der Kammer allenfalls bedingt geeignet. Denn wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung ergeben hat, bietet das derzeitige Oddset-System dem Süchtigen bzw. dem Suchtgefährdeten die Möglichkeit, seine Spielleidenschaft gegenüber der einzelnen Annahmestelle problemlos zu verbergen. Der Vertreter des Beklagten bestätigte nämlich auf entsprechende Nachfrage des Gerichts, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben kann und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Und die jeweils nächste Annahmestelle liegt, wie bereits ausgeführt, in aller Regel nicht weit entfernt. Auf diese Weise kann sich der einzelne suchtgefährdete bzw. suchtkranke Spieler der näheren Überprüfung durch die geschulten Personen leicht entziehen.
38 
Vor dem Hintergrund, dass auch und in erster Linie die Verbindung der Annahmestellen mit dem Einzelhandel die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols begründet, kann die Kammer offenlassen, ob mit dem laut Vertriebskonzept angestrebten Ziel einer Beschränkung auf 3.300 Annahmestellen ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand erreicht wäre.
39 
b) Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit als unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage aus. Es ist seit Langem geklärt, dass gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht insoweit für den nationalen Rechtsanwender und damit auch für die Verwaltungsgerichte unanwendbar ist, als das Gemeinschaftsrecht selbst unmittelbar anwendbar ist (hierzu z.B. Ehlers, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 11 Rn. 34 ff. m.N.).
40 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols auch die Erlaubnispflicht für das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, so dass die Untersagungsverfügung nicht deshalb Bestand haben kann, weil der Kläger über keine derartige Erlaubnis verfügt.
41 
Im Bereich der Sportwetten lässt sich das Staatsmonopol nämlich nicht von der Erlaubnispflicht trennen. Denn eine Erlaubnis kann nach dem Regelungsmodell des Glückspielstaatsvertrags rein privaten Personen lediglich für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV i.V.m. dem Dritten Abschnitt), nicht aber für Sportwetten. Für diese wollte der Gesetzgeber das staatliche Monopol beibehalten. Es würde nun aber dem gesetzgeberischen Anliegen widersprechen anzunehmen, dass eine Erlaubnis doch an rein Private erteilt werden kann (vgl. insoweit auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 24).
42 
Der Verweis des Beklagten auf das Bauordnungsrecht vermag hieran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass bauordnungsrechtliche Verfügungen unter Umständen bereits aufgrund einer formellen (Bau-)Rechtswidrigkeit ergehen können. Auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids besteht allerdings bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in aller Regel ein Rechtsanspruch des Bauherrn (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 LBO). Nach dem Regelungsmodell des Glücksspielstaatsvertrags darf dem rein Privaten hingegen überhaupt keine Erlaubnis für den Bereich der Sportwetten erteilt werden.
43 
4. Dass sich der Kläger als Drittstaatsangehöriger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages berufen kann, führt nicht dazu, dass die Klage abzuweisen ist. Denn die Untersagungsverfügung vom 28.05.2008, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist jedenfalls ungeeignet und deshalb ermessensfehlerhaft (vgl. § 40 LVwVfG; § 114 VwGO). Ob der Klage auch deshalb stattzugeben wäre, weil die Dienstleistungsfreiheit des maltesischen Unternehmens T. Co. Ltd. ungerechtfertigt beschränkt ist, kann offenbleiben.
44 
Aufgrund der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols ist es dem Beklagten verwehrt, Unionsbürgern die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter zu untersagen. Bei einem Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige kann nun aber das Ziel der Bekämpfung von Spielsucht nicht mehr erreicht werden. Denn ein „flächendeckendes“ Vorgehen gegen Private ist nicht mehr möglich. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch ist für die Kammer ersichtlich, dass ein Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige sinnvoll wäre und das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren fördern würde. Ohnehin ist es im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten unerheblich, ob das Angebot von einem Unionsbürger, von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris Rn. 114; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 - juris Rn. 78).
45 
5. Die Untersagungsverfügung ist schließlich in vollem Umfang aufzuheben. Zwar lässt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwetten die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, die am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtet sind, unberührt. So darf der Kläger etwa lediglich Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses vermitteln, er darf keine Wetten während eines laufenden Sportereignisses entgegennehmen und auch seine Werbemaßnahmen müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages beachten. Es ist der Kammer jedoch verwehrt, die Untersagungsverfügung auf einen rechtmäßigen Umfang zu reduzieren. Denn insoweit würde die Verfügung nicht mehr der erkennbaren Absicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei ihrem Erlass entsprechen; diesem würde vielmehr eine Verfügung zugeschrieben, die es offensichtlich so nicht erlassen wollte. Insoweit greift die Kammer auf die - zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß anwendbare - Regelung des § 47 Abs. 2 LVwVfG zurück. Es wäre - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) - die Aufgabe der Exekutive und damit des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dem Kläger verbotene Tätigkeiten zu untersagen.
46 
6. Infolge der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) sind auch die weiteren Regelungen in der Verfügung rechtswidrig und die Verfügung ist insgesamt aufzuheben.
II.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer sieht sich nicht dazu veranlasst, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
48 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 15.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004).
51 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt darf die Bauart eines Geldspielgerätes nur zulassen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

1.
Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen; ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich mit der Bekanntgabe des Spielergebnisses fort und endet mit der Auszahlung des Gewinns beziehungsweise der Einstreichung des Einsatzes.
2.
Die Mindestspieldauer beträgt fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2 Euro betragen.
3.
Bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Einsatzleistungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Einsatz um höchstens 0,03 Euro je volle Sekunde erhöht werden; bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Gewinnauszahlungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Gewinn um höchstens 0,30 Euro je volle Sekunde erhöht werden. Darüber hinausgehende Erhöhungen von Einsatz und Gewinn sind ausgeschlossen.
4.
Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen.
5.
Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 400 Euro nicht übersteigen. Jackpots und andere Sonderzahlungen jeder Art sind ausgeschlossen.
6.
Nach einer Stunde Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten ein, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. In der Pause dürfen keine Spielvorgänge, einsatz- und gewinnfreie Probe- oder Demonstrationsspiele oder sonstige Animationen angeboten werden.
6a.
Nach drei Stunden Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause ein, in der es für mindestens fünf Minuten in den Ruhezustand versetzt wird; zu Beginn des Ruhezustandes sind die Geldspeicher zu entleeren und alle Anzeigeelemente auf die vordefinierten Anfangswerte zu setzen.
7.
Die Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern ist bei Geldannahme vom Spieler in der Summe auf 10 Euro begrenzt. Höhere Beträge werden unmittelbar nach der Aufbuchung automatisch ausgezahlt. Eine Bedienvorrichtung für den Spieler, mit der er vorab einstellen kann, dass aufgebuchte Beträge unbeeinflusst zum Einsatz gelangen, ist unzulässig. Jeder Einsatz darf nur durch unmittelbar zuvor erfolgte gesonderte physische Betätigung des Spielers ausgelöst werden. Es gibt eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz gemäß Nummer 1 sind, verfügen kann.
8.
Der Spielbetrieb darf nur mit auf Euro lautenden Münzen und Banknoten und nur unmittelbar am Spielgerät erfolgen.
8a.
Bei Mehrplatzspielgeräten müssen die einzelnen Spielstellen unabhängig voneinander benutzbar sein und jede Spielstelle hat die Anforderungen der §§ 12 und 13 zu erfüllen, soweit diese landesrechtlich überhaupt zulässig sind; aus der Bauartzulassung eines Mehrplatzspielgerätes folgt kein Anspruch auf die Aufstellung des Mehrplatzspielgerätes.
8b.
Mehrplatzspielgeräte dürfen über höchstens vier Spielstellen verfügen, einzelne Spielstellen dürfen nicht abstellbar sein.
9.
Das Spielgerät beinhaltet eine Kontrolleinrichtung, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Die Kontrolleinrichtung gewährleistet die in den Nummern 1 bis 5 Satz 1 und Nummer 6a aufgeführten Begrenzungen.
9a.
Das Spielgerät zeichnet nach dem Stand der Technik die von der Kontrolleinrichtung gemäß Nummer 8 erfassten Daten dauerhaft so auf, dass
a)
sie jederzeit elektronisch verfügbar, lesbar und auswertbar sind,
b)
sie auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können,
c)
die einzelnen Daten mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung verknüpft sind,
d)
ihre Vollständigkeit erkennbar ist und
e)
feststellbar ist, ob nachträglich Veränderungen vorgenommen worden sind.
10.
Der Spielbetrieb darf nur bei ständiger Verwendung eines gültigen gerätegebundenen, personenungebundenen Identifikationsmittels möglich sein, wobei
a)
die Gültigkeit des verwendeten Identifikationsmittels durch das Spielgerät vor Aufnahme des Spielbetriebs geprüft werden muss und
b)
während des Spielbetriebs keine Daten auf dem verwendeten Identifikationsmittel gespeichert werden dürfen.
11.
Das Spielgerät und seine Komponenten müssen der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sein.
12.
Das Spielgerät muss so gebaut sein, dass die Übereinstimmung der Nachbaugeräte mit der zugelassenen Bauart überprüft werden kann.

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.08.2006 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer vom Beklagten gegenüber der Klägerin erlassenen Untersagungsverfügung hinsichtlich des Vermittelns von Sportwetten im Land Baden-Württemberg.
Die Klägerin vermittelt Sportwetten an eine Firma nach Österreich, die dort eine staatliche Konzession für diese Tätigkeit besitzt.
Mit Bescheid vom 24.08.2006 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin für den Bereich des Landes Baden-Württemberg die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten. Die zur Veranstaltung oder Vermittlung solcher Glücksspiele vorgehaltenen Geräte seien zu entfernen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung von Nr. 1 und Nr. 2 wurde angeordnet (Nr. 3). Zudem wurde die Festsetzung eines Zwangsgelds von 10.000,- EUR angedroht, falls die Verpflichtung, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen, nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung befolgt werde (Nr. 4).
Als Ermächtigungsgrundlage wurde § 12 Abs. 1 des Lotteriestaatsvertrags i.V.m. § 3 Abs. 1 des zugehörigen Ausführungsgesetzes angeführt. Zur weiteren Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Vermittlung von Sportwetten um die öffentliche Veranstaltung von Glücksspielen handle, was nach § 284 Abs. 1 StGB ohne behördliche Erlaubnis verboten sei. Eine solche Erlaubnis sei der Klägerin nicht erteilt worden und könne auch nach der landesrechtlichen Gesetzeslage nicht erteilt werden. Das staatliche Glücksspielmonopol diene der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung und für das Vermögen des einzelnen Spielers sowie der Bekämpfung der Spielsucht. An eine im EU-Ausland erteilte Lizenz eines Veranstalters von Sportwetten sei ein Mitgliedsstaat wie die Bundesrepublik Deutschland, der andere Schutzregelungen erlassen habe, nicht gebunden.
Gegen diese Verfügung hat die Klägerin am 08.09.2006 Klage erhoben.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Verfügung verstoße gegen den Anwendungsvorrang des Europarechts. Die ausländische Konzession habe auch für Baden-Württemberg bindende Wirkung. Die Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols führe dazu, dass der Klägerin auch nicht das Fehlen einer Erlaubnis - die gar nicht erlangt werden könne - entgegengehalten werden könne.
Mit Beschluss vom 24.07.2007 hat die Kammer dieses Verfahren sowie zwei weitere ausgesetzt und dem Gericht der Europäischen Gemeinschaft folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„a) Sind die Art. 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie z. B. Sportwetten und Lotterien, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen - wie staatlichen Sportwetten und Lotterien - ermuntern und hierfür werben, und ferner andere Spiele mit gleichem oder sogar höherem Suchtgefährdungspotential - wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (Pferderennen), Automatenspiele und in Spielbanken - von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?
b) Sind die Artikel 43 und 49 EG dahingehend auszulegen, dass durch dafür zuständige staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne weitere zusätzliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?“
10 
Der Europäische Gerichtshof hat daraufhin mit Urteil vom 08.09.2010 eine Vorabentscheidung getroffen (C-358/07 bis C-360/07, soweit die Vorlagen des Verwaltungsgerichts Stuttgart betroffen sind). Er hat dabei einmal eine Verpflichtung zur Anerkennung ausländischer Konzessionen in diesem Bereich verneint (Rn. 116). Er hat weiter im Grundsatz ein Sportwettenmonopol für gemeinschaftsrechtlich zulässig erachtet, allerdings die Anforderungen an die Rechtfertigung eines Monopols durch Kohärenzanforderungen präzisiert. Zu den im vorliegenden Fall entscheidungsrelevanten Teilen hat er insbesondere ausgeführt (Rn. 107 iv):
11 
„Stellt ein nationales Gericht sowohl fest,
12 
- dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glückspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, als auch,
13 
- dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,
14 
- dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren,
15 
so kann es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und Tätigkeiten in diesen Bereichen kohärenter und systematischer Weise zu bekämpfen.“
16 
Die Klägerin sieht sich durch dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs in ihrer Rechtsposition bestätigt und beantragt,
17 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.08.2006 aufzuheben.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Er hält die Untersagungsverfügung auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs weiterhin für rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt sei § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Die Untersagungsverfügung könne darauf gestützt werden, dass es sich um unerlaubtes Glücksspiel handle, weil eine formelle Genehmigung zu keiner Zeit erteilt worden sei. Der Glücksspielstaatsvertrag und seine Anwendung seien im Übrigen auch verfassungs- und europarechtskonform. Der Beklagte verweist hierzu auf umfangreiche rechtliche und tatsächliche Verbesserungen gegenüber der Situation zur früher durch den Lotteriestaatsvertrag getroffenen Regelung.
21 
Da Bedenken gegen die nationale Ausgestaltung vom Europäischen Gerichtshof nur unter kumulativen Voraussetzungen geltend gemacht worden seien, seien bereits durch die jedenfalls durch den Glücksspielstaatsvertrag und seine Anwendung erreichte sachgerechte Ausgestaltung eines Sportwettenmonopols gemeinschaftsrechtliche Bedenken ausgeräumt. Im Übrigen werde dem Kohärenzgebot auch dadurch Rechnung getragen, dass die Änderungen der Spielverordnung im Jahr 2006 nicht nur Erleichterungen, sondern u. a. durch das Verbot von Fun-Games auch Erschwerungen für die dortigen Spiele mit sich gebracht hätten, so dass auch in diesem Zusammenhang dem Spieltrieb entgegengewirkt werde.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Für die Begründetheit der Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer darstellt; das folgt aus dem Rechtscharakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009 - 6 S 110/09 -, ZfWG 2010, 24 m. w. N.).
25 
Als Ermächtigungsgrundlage konnte der Beklagte daher - unter zeitlichem Aspekt - § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Nachfolgeregelung von § 12 Abs. 1 Lotteriestaatsvertrag heranziehen, wonach die zuständige Behörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen kann.
26 
1. Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht hierauf gestützt werden, denn die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.
27 
Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.
28 
Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 EUR...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“
29 
In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) -Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).
30 
Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.).
31 
Ohne Erfolg versucht der Beklagte dieser Würdigung des Automatenspiels entgegenzuhalten, dass die - im Vorlagebeschluss berücksichtigte - Novelle der Spielverordnung auch erschwerende Elemente wie z. B. das Verbot der Fun-Games beinhaltet habe und dass der Normgeber das Ziel der Suchtprävention auch in diesem Sektor im Auge habe. Zwar verlangt die Ermächtigungsgrundlage für die Spielverordnung in § 33 f Abs. 1 GewO, dass die Vorschriften über Aufstellung und Zulassung von Spielgeräten in der Spielverordnung u. a. der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs dienen, und verfolgt der Verordnungsgeber nach seiner Vorstellung ein Gesamtkonzept, das sowohl dem Interesse des Automatenherstellers und -aufstellers Rechnung tragen soll, dem Kunden neue Spielvariationen anzubieten, als auch dem öffentlichen Interesse an einer langfristig effektiven Kontrolle dieses Bereichs (vgl. BR-Drs. 665/05, dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009, a.a.O.). Diese Elemente genügen angesichts der konkret durch die Spielverordnung getroffenen Regelungen und ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die erforderliche Kohärenz aber nicht (so auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010 - 3 A 158/09 -, Rn. 162-164, - juris). Vielmehr hat sich mit Blick auf die Suchtprävention bei bilanzierender Betrachtung insgesamt eine Verschlechterung gegenüber dem Zeitraum vor der Novellierung der Spielverordnung ergeben (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 48). Soweit der Beklagte dieser Würdigung unter Berufung auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2010 (- 4 B 733/10 -) entgegenzutreten versucht mit dem Argument, die Zahl der Spielautomaten habe sich letztlich sogar verringert, weil ursprünglich 80.000 Fun-Game-Automaten existiert hätten, die in den Anfangsbestand nicht eingerechnet worden seien, durch die Neuregelung aber weggefallen seien, überzeugt das nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die genannte Zahl eine hinreichende empirische Basis besitzt - das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 115 f.) spricht in seinem Beschluss, der im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist und daher auf nur summarischer Prüfung der Sachlage beruht, von entsprechenden Schätzungen und verweist hierfür auf die BR-Drs. 660/05 -; ebenso kann offen bleiben, ob eine Addition dieser Zahl zum Anfangsbestand aus methodischen Gründen zulässig wäre. Denn ungeachtet der Zahl der Spielautomaten bleibt es jedenfalls bei den festgestellten ganz erheblichen Umsatzsteigerungen dieser Branche.
32 
Die Kammer weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist.
33 
Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.
34 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschl. v. 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn dürften auch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.1010 (8 C 13.09-15.09), soweit sie sich aus dessen Pressemitteilung Nr. 110/2010 ergeben, zu verstehen sein.
35 
Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für die Kammer vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht.
36 
Da die vom Beklagten für die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Untersagungsverfügung herangezogene Rechtsgrundlage somit bereits aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar ist, kann die zwischen den Beteiligten und auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob diese Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist.
37 
2. Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüstV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010, a.a.O. Rn. 190; VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, a.a.O. Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.
38 
Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O. Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüstV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit die Klägerin - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201). Mit Blick auf die aus unionsrechtlicher Sicht nicht mögliche Stützung der Untersagungsverfügung auf § 9 GlüStV kommt es daher hier auch nicht auf eine Auseinandersetzung mit § 284 StGB an (vgl. dazu sogleich 3.).
39 
3. Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Vor-aussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen.
40 
Da der untersagende Teil der Verfügung und damit ihr Kern rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, ist die Verfügung des Beklagten auch im Übrigen aufzuheben,
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung vom Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O) zugelassen.
43 
Beschluss vom 16.12.2010
44 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs.1 GKG auf15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Für die Begründetheit der Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer darstellt; das folgt aus dem Rechtscharakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009 - 6 S 110/09 -, ZfWG 2010, 24 m. w. N.).
25 
Als Ermächtigungsgrundlage konnte der Beklagte daher - unter zeitlichem Aspekt - § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Nachfolgeregelung von § 12 Abs. 1 Lotteriestaatsvertrag heranziehen, wonach die zuständige Behörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen kann.
26 
1. Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht hierauf gestützt werden, denn die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.
27 
Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.
28 
Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 EUR...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“
29 
In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) -Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).
30 
Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.).
31 
Ohne Erfolg versucht der Beklagte dieser Würdigung des Automatenspiels entgegenzuhalten, dass die - im Vorlagebeschluss berücksichtigte - Novelle der Spielverordnung auch erschwerende Elemente wie z. B. das Verbot der Fun-Games beinhaltet habe und dass der Normgeber das Ziel der Suchtprävention auch in diesem Sektor im Auge habe. Zwar verlangt die Ermächtigungsgrundlage für die Spielverordnung in § 33 f Abs. 1 GewO, dass die Vorschriften über Aufstellung und Zulassung von Spielgeräten in der Spielverordnung u. a. der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs dienen, und verfolgt der Verordnungsgeber nach seiner Vorstellung ein Gesamtkonzept, das sowohl dem Interesse des Automatenherstellers und -aufstellers Rechnung tragen soll, dem Kunden neue Spielvariationen anzubieten, als auch dem öffentlichen Interesse an einer langfristig effektiven Kontrolle dieses Bereichs (vgl. BR-Drs. 665/05, dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009, a.a.O.). Diese Elemente genügen angesichts der konkret durch die Spielverordnung getroffenen Regelungen und ihrer tatsächlichen Auswirkungen für die erforderliche Kohärenz aber nicht (so auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010 - 3 A 158/09 -, Rn. 162-164, - juris). Vielmehr hat sich mit Blick auf die Suchtprävention bei bilanzierender Betrachtung insgesamt eine Verschlechterung gegenüber dem Zeitraum vor der Novellierung der Spielverordnung ergeben (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 48). Soweit der Beklagte dieser Würdigung unter Berufung auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2010 (- 4 B 733/10 -) entgegenzutreten versucht mit dem Argument, die Zahl der Spielautomaten habe sich letztlich sogar verringert, weil ursprünglich 80.000 Fun-Game-Automaten existiert hätten, die in den Anfangsbestand nicht eingerechnet worden seien, durch die Neuregelung aber weggefallen seien, überzeugt das nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die genannte Zahl eine hinreichende empirische Basis besitzt - das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O., Rn. 115 f.) spricht in seinem Beschluss, der im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist und daher auf nur summarischer Prüfung der Sachlage beruht, von entsprechenden Schätzungen und verweist hierfür auf die BR-Drs. 660/05 -; ebenso kann offen bleiben, ob eine Addition dieser Zahl zum Anfangsbestand aus methodischen Gründen zulässig wäre. Denn ungeachtet der Zahl der Spielautomaten bleibt es jedenfalls bei den festgestellten ganz erheblichen Umsatzsteigerungen dieser Branche.
32 
Die Kammer weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist.
33 
Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.
34 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschl. v. 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn dürften auch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.1010 (8 C 13.09-15.09), soweit sie sich aus dessen Pressemitteilung Nr. 110/2010 ergeben, zu verstehen sein.
35 
Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für die Kammer vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht.
36 
Da die vom Beklagten für die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Untersagungsverfügung herangezogene Rechtsgrundlage somit bereits aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar ist, kann die zwischen den Beteiligten und auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob diese Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist.
37 
2. Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüstV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010, a.a.O. Rn. 190; VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, a.a.O. Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.
38 
Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O. Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüstV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit die Klägerin - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201). Mit Blick auf die aus unionsrechtlicher Sicht nicht mögliche Stützung der Untersagungsverfügung auf § 9 GlüStV kommt es daher hier auch nicht auf eine Auseinandersetzung mit § 284 StGB an (vgl. dazu sogleich 3.).
39 
3. Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Vor-aussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen.
40 
Da der untersagende Teil der Verfügung und damit ihr Kern rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, ist die Verfügung des Beklagten auch im Übrigen aufzuheben,
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung vom Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O) zugelassen.
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Beschluss vom 16.12.2010
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Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs.1 GKG auf15.000,- EUR festgesetzt.

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. November 2006 – 6 F 46/06 – wird die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 30. Juni 2006 ausgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist, vermittelt seit Ende 2005/Anfang 2006 (s. Gewerbeanmeldung vom 10.1.2006 - Bl. 45 der Akten -) in seinen Geschäftsräumen in A-Stadt, M.- Straße , Sportwetten mit fester Gewinnquote an die in Malta ansässige und dort als Veranstalterin von Sportwetten konzessionierte Top-Sportwetten Ltd. (s. Bl. 36 der Akten).

Mit Bescheid vom 30.6.2006 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller unter gleichzeitiger Anordnung des Sofortvollzuges und Androhung sowie aufschiebend bedingter Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,-- Euro für den Fall der Nichtbefolgung mit sofortiger Wirkung die Vermittlung von Sportwetten für im Saarland nicht konzessionierte Veranstaltungen im Bereich der Stadt Dillingen. Die Auszahlung von Wettgewinnen wurde ihm binnen einer Woche ab Zustellung gestattet. Die Anordnung ist auf die § 8 SPolG in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 5 LottStV2004 und die §§ 2 Abs. 1, 4 SportwettG gestützt. Außerdem ist § 284 StGB angeführt.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller unter dem 10.7.2006 Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist. Am 13.7.2006 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 23.11.2006 hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides vom 30.6.2006 auszusetzen. Gegen diesen am 27.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 11.12.2006 Beschwerde erhoben und diese am 27.12.2006 begründet. Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Nach dem Ergebnis der durch das Beschwerdevorbringen begrenzten (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung in dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren hat der Antragsteller einen Anspruch auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 30.6.2006.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die umstrittene ordnungsbehördliche Anordnung des Antragsgegners nicht als offensichtlich rechtmäßig. Nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens muss der Ausgang des Hauptsacheverfahrens noch als offen angesehen werden. Die in einem solchen Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus.

Das Verwaltungsgericht hat die umstrittene Anordnung im Rahmen seiner Beurteilung unter anderem an den europarechtlichen Gewährleistungen der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 49 EGV) gemessen und ist zu dem Ergebnis gelangt, es bestehe kein Anlass zu der Annahme, dass das derzeit praktizierte Sportwettenmonopol gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße.

Die gegen diesen Teil der verwaltungsgerichtlichen Würdigung vorgebrachten Einwände der Beschwerde greifen mit der Maßgabe durch, dass der Senat - objektiv rechtlich - die Vereinbarkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung mit der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit für zumindest zweifelhaft und die Rechtmäßigkeit des ordnungsbehördlichen Einschreitens gegen den Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger und damit nicht als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft (Unionsbürger, Art. 17 EGV) Träger dieser gemeinschaftsrechtlichen Gewährleistung ist, unter dem Gesichtspunkt des vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mit umfassten Erfordernisses der Geeignetheit der getroffenen Anordnung für offen hält.

Der Senat hat in seinen Beschlüssen vom 4.4.2007 in insgesamt acht Verfahren betreffend Eilrechtschutzanträge von Unionsbürgern (Art. 17, 49 Abs. 1 EGV) und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaften (Art. 48, 49, 55 EGV), die ebenfalls Sportwetten an im EU-Ausland ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter vermitteln, gegen in hier wesentlicher Hinsicht inhaltsgleiche ortspolizeiliche Verfügungen die Vereinbarkeit der umstrittenen ordnungsbehördlichen Maßnahmen mit der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit bezweifelt. Er hat in diesem Zusammenhang in seinem Beschluss vom 4.4.2007 in dem Verfahren 3 W 18/06 (und weitgehend gleich lautend in den übrigen sieben Beschlüssen) ausgeführt:

„Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass Gemeinschaftsrecht prinzipiell ein Anwendungsvorrang vor entgegenstehendem nationalem Recht zukommt und sowohl die nationalen Verwaltungsbehörden als auch die nationalen Gerichte gehalten sind, diesem Anwendungsvorrang im Kollisionsfall Geltung zu verschaffen. Das gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes

vgl. ausführlich OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.1.2007 – 3 W 14/06 und 3 W 15/06 -,

wobei der Senat – wie in den zuletzt zitierten Entscheidungen im Einzelnen dargelegt – davon ausgeht, dass in derartigen Verfahren keine Verpflichtung der nationalen Gerichte besteht, im Falle der Überprüfung europarechtlicher Fragestellungen in gegebenenfalls Kollision mit nationalem Recht eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.

Vorliegend spricht nach dem derzeitigen Erkenntnisstand zumindest viel dafür, dass das Einschreiten des Antragsgegners gegen die Antragstellerin der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zuwiderläuft. Die Bestimmung des Art. 49 EGV verbietet nach näherer Maßgabe anschließender Bestimmungen die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Die Antragstellerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, einem Mitgliedsstaat der europäischen Gemeinschaft, hat, gemäß Art. 55, 48 EGV Adressantin dieser Gewährleistung

vgl. dazu, dass auch BGB-Gesellschaften von Art. 48, 55 EGV erfasst werden, Geiger, EUV, EGV, 3. Auflage 2000, Art. 48 EGV Rdnr. 2.

Die Betätigung der Antragstellerin fällt auch in den Schutzbereich von Art. 49 EGV, der sich gemäß Art. 50 EGV umfassend auf Leistungen erstreckt, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen, und insbesondere gewerbliche, kaufmännische und freiberufliche Tätigkeiten einschließt.

Dem steht zunächst nicht entgegen, dass – wovon für das vorliegende Eilrechtschutzverfahren auszugehen ist – die Sportwetten, die die Antragstellerin vermittelt, deshalb als – prinzipiell sozial unerwünschte – Glücksspiele einzustufen sind, weil angesichts der zahllosen Unwägbarkeiten des sportlichen Geschehens die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen oder vom Grade der Aufmerksamkeit des der Beurteilung zugrunde zu legenden durchschnittlichen Spielers abhängt, für den das Spiel eröffnet und gewöhnlich betrieben wird, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall, was letztlich auch Grundlage der Gewinnerwartungen des Wettveranstalters ist

vgl. in diesem Zusammenhang zum Beispiel BVerwG, Urteile vom 23.8.1994 – 1 C 18/91 – E 96, 293, vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92, und vom 21.6.2006 – 6 C 19/06 – zitiert nach Juris, siehe dort Rdnr. 45; Schönke-Schröder, StGB, 27. Auflage 2006, § 284 StGB Rdnr. 5, 7, BGH, Urteil vom 14.3.2002 – I. ZR 279/99 – NJW 2002, 2175.

Das bedarf indes aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Vertiefung, da in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist, dass die Bestimmungen des EG-Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr auch auf Tätigkeiten Anwendung finden, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen

vgl. zum Beispiel EuGH, Urteile vom 24.3.1994 – C-275/92 – „Schindler“, zu Lotterien, vom 13.11.2003 – C-42/02 – „Lindman“, und vom 21.10.1999 – C-67/98 – „Zenatti“, jeweils zitiert nach Juris.

Ferner ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes

vgl. EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“ und vom 6.3.2007 – C-338/04 -, C-359/04 und C-360/04 – „Placanica u.a.“

davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Antragstellerin das für die Inanspruchnahme der Gewährleistung des Art. 49 EGV erforderliche „grenzüberschreitende“ Element aufweist. Denn nach dem derzeitigen Erkenntnisstand informiert die Antragstellerin in ihrem Geschäftslokal in A-Stadt über das Wettangebot der in Malta ansässigen Tipico Co Ltd., nimmt Wetten für diesen Wettveranstalter entgegen und vermittelt sie nach Malta oder stellt zumindest in ihrem Geschäftslokal in A-Stadt Einrichtungen bereit, mittels derer Wetten bei der Tipico in Malta abgeschlossen werden können. Ferner zieht sie die Wetteinsätze für die Tipico ein und zahlt Gewinne aus. Letztlich führt die Antragstellerin durch ihre Vermittlungstätigkeit den in Malta ansässigen Wettveranstalter mit in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wettinteressenten zusammen und ermöglicht diesen den Abschluss von Sportwetten. Mit dieser Vermittlungstätigkeit erbringt sie jedenfalls von A-Stadt aus grenzüberschreitend Dienstleistungen für die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Tipico , für die sie von dieser eine Vergütung erhält. Es spricht zumindest viel dafür, dass diese Tätigkeit unter die durch Art. 49 EGV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit fällt.

Die Ausnutzung dieser Dienstleistungsfreiheit wird im Saarland durch § 1 SportwettG, der das Alleinrecht zur Veranstaltung von Sportwetten dem Staat vorbehält, der wiederum unter seiner Mehrheitsbeteiligung ein öffentliches Wettunternehmen errichtet hat, dessen Betrieb der Saarland Sporttoto GmbH übertragen ist, eingeschränkt, soweit aus diesem Wettmonopol das Verbot auch der Vermittlung von Sportwetten für nicht im Saarland konzessionierte Veranstalter abzuleiten ist. Eine weitere Einschränkung, die letztlich nicht losgelöst von dem staatlichen Wettmonopol gesehen werden kann, liegt in § 284 StGB, der denjenigen mit Strafe bedroht, der ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtung hierzu bereit stellt

vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92, wonach § 284 StGB nicht nur einen Straftatbestand darstellt sondern auch als repressive Verbotsnorm für sozial unerwünschtes Verhalten zu verstehen ist, dessen Zulassung durch Gesetzgeber und Behörde lediglich nicht ausgeschlossen ist.

Derartige Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sind allerdings nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – soweit hier wesentlich – nur dann gerechtfertigt, wenn sie auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt sind, geeignet sind, die Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele zu gewährleisten, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist und nicht in diskriminierender Weise angewandt werden

vgl. EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“.

Hiervon ausgehend ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt, dass das Bedürfnis nach Verbraucherschutz, das Ziel der Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen im Grundsatz zwingende Gründe des Allgemeininteresses bilden können, die eine Beschränkung von Spieltätigkeiten rechtfertigen können, und dass die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, den staatlichen Stellen ein Ermessen vermitteln können, das sie ermächtigt festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutzbedürfnis der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben

vgl. EuGH, Urteile vom 21.9.1999 – C-124/97 – „Läärä“, vom 21.10.1999 – C-67/98 – „Zenatti“ und vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“.

Das schließt die Befugnis des einzelnen Mitgliedstaates ein, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, inwieweit er auf seinem Gebiet den Schutz bei Lotterien und anderen Glückspielen ausdehnen will, wobei allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einzelnen Bestimmungen haben kann

vgl. EuGH, Urteil vom 21.9.1999 – C-124/97 – „Läärä“.

Steht es danach im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates, die Ziele seiner Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, so dürfte er grundsätzlich auch befugt sein, ein staatliches Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen zu begründen, vorausgesetzt, die insoweit getroffenen Regelungen genügen den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit

vgl. EuGH, Urteil vom 21.9.1999 – C-124/97 – „Läärä“ – Rdnr. 39 -.

Zu diesen Anforderungen gehört, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten, die auf Gründe des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie „kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen“

EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“.

Auf die sich aus den angesprochenen Gründen ergebende Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, kann sich nach der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Mitgliedstaat freilich dann nicht berufen, wenn seine eigenen Stellen die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, um Einnahmen für die Staatskasse oder sonstige soziale Zwecke zu erzielen.

Bei Zugrundlegung dieser Maßstäbe spricht aus den den Beteiligten bekannten Gründen des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006

- 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris,

das die Unvereinbarkeit des staatlichen Monopols für Sportwetten in Bayern mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit festgestellt hat und insoweit von der Parallelität der Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben ausgegangen ist

vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 144,

nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens alles dafür, dass die Regelungen des Sportwettenmonopols im Saarland und dessen Handhabung, die den vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten bayerischen Gegebenheiten in hier wesentlicher Hinsicht durchaus vergleichbar sind, jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2006 nicht nur ebenfalls unvereinbar mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit, sondern auch als Beschränkungen der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht gerechtfertigt waren. Auch insoweit gilt, dass die Begründung eines staatlichen Wettmonopols als solche, weil ihr auch das fiskalische Motiv der Einnahmeerzielung zugrunde liegen kann, sich nicht schon gleichsam aus sich heraus als Maßnahme zur Begrenzung der Spielleidenschaft und zur Bekämpfung der Wettsucht rechtfertigt. Denn wie sich bis in die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, kann es auch unter einem Monopol zu einer Erweiterung der Gelegenheiten zum Glücksspiel kommen und kann eine zum Glücksspiel animierende Werbung stattfinden, die dem öffentlichen Interesse an der Bekämpfung von problematischem Spielverhalten und Wettsucht keinerlei Beachtung schenkt. Vielmehr müssen sich die das Wettmonopol rechtfertigenden Gemeinwohlbelange in der rechtlichen wie in der tatsächlichen Ausgestaltung des Monopols positiv ausdrücken. Insoweit erweisen sich die derzeitigen saarländischen Regelungen ebenso wie die bayerischen aus den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 8.3.2006, a.a.O., dargelegten Gründen als defizitär. So gilt auch im Saarland auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 1547 über die „Zustimmung zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen„ vom 31.3.2004 – Amtsbl. 2004, S. 1030 –, der am 13.4.2004 unterzeichnete Staatsvertrag zum Lotteriewesen, dessen Regelungen gemessen an den Zielen der Bekämpfung von Wettsucht und problematischem Spielverhalten nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts unzureichend sind, und enthält auch das Gesetz über die Veranstaltung von Sportwetten im Saarland vom 8.6.1951 – Amtsbl. 1951, S. 804 – in der derzeit geltenden Fassung keine Regelungen, die dem Anliegen Rechnung tragen, mittels des Staatsmonopols die Spielleidenschaft zu begrenzen und der Spielsucht vorzubeugen. Das Sportwettengesetz beschränkt sich im Wesentlichen darauf, das Alleinrecht des Staates zur Veranstaltung von Sportwetten zu begründen, ein öffentliches Wettunternehmen zu errichten und dessen Betrieb der Saarland-Sporttoto GmbH zu übertragen, die nähere Ausgestaltung der Saarland-Sporttoto GmbH und die Verteilung der Spieleinsätze zu regeln und Anforderungen an das Sportwettenpersonal zu stellen.

Ebenso wenig wie danach die rechtliche Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Saarland wurde jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2006 die tatsächliche Handhabung dieses Monopols den Zielen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Suchtbekämpfung gerecht. Auch insoweit kann auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.3.2006 zu den bayerischen Gegebenheiten verwiesen werden, da das hier im Vordergrund der Betrachtung stehende Sportwettenangebot „Oddset“ über den deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordiniert wurde beziehungsweise wird.

Ist danach davon auszugehen, dass die rechtliche Ausgestaltung und die Handhabung des Sportwettenmonopols auch im Saarland bezogen auf den Zeitpunkt des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 aus den in diesem Urteil dargelegten Gründen nicht nur mit Art. 12 GG unvereinbar war, sondern auch die durch Art. 49 EGV gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit verletzte, so spricht ferner, wenn, worauf Formulierungen in den zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hindeuten, dessen Forderung nach einer kohärenten und systematischen an den Zielen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichteten Ausgestaltung von Glücksspielmonopolen nicht nur auf den Sportwetten- sondern auf den gesamten Glücksspielsektor zu beziehen sein sollten, sehr viel dafür, dass diesen Anforderungen in der Vergangenheit auch deshalb nicht entsprochen war, weil in den zurückliegenden Jahren eine kontinuierliche Ausweitung des Glücksspielangebotes durch die staatlichen Lotterieveranstalter oder –unternehmen erfolgt ist.

So sind zu dem „klassischen“ Samstagslotto das so genannte „Mittwochslotto“ und sodann in jüngerer Zeit das Angebot „Keno“ als tägliches Zahlenlotto hinzugetreten. Das Sportwettenangebot „Toto“ wurde 1999 um das Oddset-Angebot mit verschiedenen Varianten von Sportwetten erweitert. Von einer Ausrichtung der Wettangebote an den Zielen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht war bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 28.3.2006, soweit ersichtlich, nie die Rede.

Ist danach davon auszugehen, dass das (saarländische) Sportwettenmonopol bezogen auf den Zeitpunkt des Sportwettenurteils vom 28.3.2006 auch gemeinschaftsrechtswidrig war, so deutet nichts daraufhin, dass sich hieran seither Durchgreifendes geändert haben könnte. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung die Regelungen über das bayerische Sportwettenmonopol nicht für nichtig, sondern die bisherige Rechtslage für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung unter der Voraussetzung weiterhin für anwendbar erklärt, dass unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits herzustellen ist. Auch haben in der Folge die staatlichen Lotterieverwaltungen der Bundesländer eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, mit denen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen werden soll. So hat auch das saarländische Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport als nach § 3 Abs. 4 SportwettG zuständige Aufsichtsbehörde auf entsprechende Verfügung des Senats vom 29.1.2007 hin unter dem 13.2.2007 einen Katalog von Maßnahmen vorgelegt, die auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen mit der Saarland Sporttoto GmbH ab der 14. Kalenderwoche des Jahres 2006 umgesetzt worden sein sollen, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen. Außerdem wurden ein von der Saarland-Sporttoto GmbH erarbeitetes „Sozialkonzept“ unter dem Slogan „Spielen mit Verantwortung“, Aufklärungs- und Informationsschriften zum Thema „Spielsucht“ sowie Spielscheine mit aufgedruckten Warnhinweisen betreffend Suchtgefahren eingereicht und auf die Zusammenarbeit der Saarland Sporttoto GmbH mit der Charité-Universitätsklinik zur Suchtprävention hingewiesen. Auch unter Würdigung dieser mittlerweile ergriffenen Maßnahmen hält es der Senat jedoch für zweifelhaft, dass das Sportwettenmonopol inzwischen in einer Weise ausgestaltet ist, die im Verständnis der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beiträgt. Zu sehen ist hierbei zunächst, dass das vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Regelungsdefizit bei der rechtlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols mit Blick auf die es rechtfertigende Zielsetzung der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht bislang keineswegs behoben ist. Verwirklicht wurden jedenfalls im Saarland lediglich Maßnahmen auf der Grundlage mündlicher Absprachen mit dem Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens, der Saarland-Sporttoto GmbH. Insoweit ist darauf hin zu weisen, das eine bloße Verwaltungspraxis, die auch wieder geändert werden könnte und die im Übrigen nur unzureichend bekannt (gemacht) ist, zumal sie hier auf inhaltlich nicht näher dokumentierten und veröffentlichten mündlichen Abreden mit der Saarland-Sporttoto GmbH beruht, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs regelmäßig nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen Verpflichtungen des EG-Vertrages auszuräumen

vgl. EuGH, Urteil vom 15.10.1986 – C-168/85 – zitiert nach Juris.

Zudem lässt sich nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht feststellen, dass die ergriffenen Maßnahmen inhaltlich wirklich einen nennenswerten Beitrag zu einer kohärenten und systematischen Begrenzung der Wetttätigkeiten darstellen, wobei es für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung insoweit auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union ankommen dürfte und von daher die Betrachtung nicht auf die saarländischen Gegebenheiten beschränkt werden kann. Auch wenn hier nicht verkannt werden soll, dass auch die Gemeinwohlbelange der Begrenzung von Spielleidenschaft und der Bekämpfung von Wettsucht -selbst wenn sich ein Zielkonflikt insoweit nicht von der Hand weisen lässt- es nicht ausschließen, dass das im Rahmen eines Monopols zur Verfügung gestellte Wettangebot attraktiv ausgestaltet ist, eine gewisse Vielfalt aufweist und auch in gewissem Umfang dafür geworben wird

vgl. EuGH, Urteil vom 6.3.2007 -C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - „Placanica u.a.“, freilich bezogen auf das italienische System einer begrenzten Anzahl von Konzessionen für Private -1000- und dem zur Rechtfertigung dieser Begrenzung geltend machten Gemeinwohlinteresse, die Glücksspielbetätigungen in kontrollierbare Bahnen zu lenken, um ihrer Ausbeutung zu kriminellen und betrügerischen Zwecken vorzubeugen,

und ferner berücksichtigt wird, dass nicht nur im Saarland, sondern auch in den anderen Bundesländern durch eine ganze Anzahl von Einzelmaßnahmen die früher aufdringliche und allgegenwärtige Werbung für das Wettangebot „Oddset“ deutlich reduziert und mittlerweile, um entsprechenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen, auch ein Sozialkonzept für Spielsuchtprävention und -bekämpfung entwickelt wurde, bleibt festzuhalten, dass die Gelegenheiten zum Spiel nicht nennenswert reduziert wurden. Nach wie vor können offenbar Sportwetten in sämtlichen der zahlreichen Lotto- und Toto-Annahmestellen der staatlichen Lotterieunternehmen platziert werden, in und an denen auch für die entsprechenden Spielangebote geworben wird. Das entbehrt deshalb nicht einer gewissen Problematik, weil diese Annahmestellen häufig in Verbindung mit Zeitschriften-, Tabakwaren- und sonstigem Einzelhandel betrieben werden und demzufolge auch von Kunden aufgesucht werden, die an anderen dort angebotenen Produkten interessiert sind. Insofern lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Werbung für das Glückspielangebot auch solche Kunden zur Spielteilnahme animiert. Zudem besteht nach wie vor die – nach Experteneinschätzung besonders suchtgefährdende –

siehe Erläuterungen zum Entwurf eines (neuen) Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland, Seite 6,

Möglichkeit, an Sportwetten und anderen Glücksspielen im Internet teilzunehmen, in einem jedenfalls im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens nicht verlässlich überschaubaren weiteren Umfang. Zwar heißt es in der dem Gericht übermittelten Auflistung der „Maßnahmen der Saarland-Sporttoto GmbH nach dem BVerfG-Urteil“, der Internet-Spielvertrieb sei in der 45. Kalenderwoche 2006 eingestellt worden. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob diese Maßnahmen mit dem Ziel der Begrenzung der Spielmöglichkeiten oder wegen einer kartellrechtlichen Auseinandersetzung erfolgt und von Dauer ist. Denn die Einstellung des Internetvertriebes der Saarland-Sporttoto GmbH ändert nichts daran, dass Oddset-Wetten und andere Glücksspiele, die von den staatlichen Glücksspielmonopolen der Länder entweder selbst oder über den Deutschen Lotto- und Totoblock veranstaltet werden, nach wie vor zumindest von gewerblichen Wettvermittlern im Internet vertrieben werden, wobei dieser Vertrieb nicht nur über die jeweiligen Internetseite des Spielevermittlers, sondern auch mittels entsprechenden Links über die Internetseiten von eingeschalteten Vertriebspartnern erfolgt mit der Konsequenz, dass das Spielangebot von Oddset und im Übrigen auch von Lotto an zahlreichen Stellen im Internet präsent ist. Von daher kann in dem Wegfall des Internetvertriebes unmittelbar über die Internetseite von Saartoto kaum eine nennenswerte Beschränkung der Spielgelegenheiten gesehen werden. So ist lediglich exemplarisch darauf hinzuweisen, dass Sportwetten und sonstige Glücksspiele über den gewerblichen Spielevermittler „Tipp24“ unter anderem von der Internetseite des saarländischen Wochenspiegels (www.wochenspiegel-saarland.de) aus möglich sind, wobei „Tipp 24“ auf seiner eigenen Internetseite auf langjährige Partnerschaften mit 8 Landeslotteriegesellschaften (siehe unter Tipp 24 – Das Geschäftsmodell) sowie auf sein Partnermodell hinweist, für das sich schon über zehntausend Website-Besitzer entschieden haben sollen, und das offenbar darauf beruht, dass diese (Vertriebs-)Partner einen Link zu Tipp 24 auf die eigene Internetseite setzen und für auf diesem Wege erfolgende Vermittlungen Provisionen erhalten. Der gewerbliche Spielevermittler „ Fluxx “ ist bei dem Internet-Provider AOL präsent. Gerade zu konterkariert wird dann die vorgetragene Beschränkung der Spielgelegenheiten durch Einstellung des unter dem Gesichtspunkt der Suchtgefährdung besonders problematischen Internetvertriebes, wenn, wie offenbar in Nordrhein-Westfalen geschehen, der Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens seinen Internet-Vertrieb an einen gewerblichen Spielevermittler weiterreicht und auf seiner Internetseite hierauf hinweist (vgl. Website von Westlotto vom 3.2.2007).

Im Hinblick hierauf kann jedenfalls für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren nicht angenommen werden, dass die im Anschluss an das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 ergriffenen Maßnahmen schon ausreichen, um das derzeit bestehende Staatsmonopol für Sportwetten und Glücksspiele gemessen an den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien als gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit einzustufen.

Der Umstand, dass mittlerweile das Verfahren zum Abschluss eines neuen Lotteriestaatsvertrages eingeleitet ist, der den verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an ein Glücksspielmonopol Rechnung tragen soll, erlaubt ebenfalls keine andere Beurteilung. Unabhängig von der umstrittenen Frage, ob der vorliegende Entwurf des Staatsvertrages inhaltlich diesen Anforderungen wirklich gerecht wird, ist derzeit nicht überschaubar, ob er den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen auch dann Rechnung tragen kann, wenn er – was aufgrund der ablehnenden Haltung des Bundeslandes Schleswig-Holstein nicht auszuschließen ist – nicht von allen Bundesländern unterzeichnet wird und wenn es nach wie vor Bundesländer geben wird, in denen auf der Grundlage von seitens von Behörden der früheren DDR erteilten Konzessionen ein von privaten Veranstaltern vertriebenes Sportwettenangebot bestehen bleibt. Das bedarf indes hier keiner Vertiefung. Festzuhalten ist jedenfalls, dass gegenwärtig keine gemeinschaftskonforme Regelung der Sportwetten- und sonstigen Glücksspielmonopole in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland existieren dürfte

vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 28.6.2006 – 4 B 961/06 – DVBl. 2006, 1462, das einen Widerspruch des (nordrhein-westfälischen) Sportwettenmonopols zur gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungsdefizits sieht; ebenso VGH Kassel, Beschluss vom 25.7.2006 – 1 TG 1465/06 – NVwZ 2006, 1435.

Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Einschreiten gegen die Antragstellerin erweise sich auch unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten als offensichtlich rechtmäßig, spricht ferner mit Gewicht, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29.11.2006

- 6 B 89/06 – zitiert nach Juris,

die Revision gegen ein die Vermittlung von Sportwetten an einen in Großbritannien konzessionierten Veranstalter betreffendes Urteil des VGH München vom 10.7.2006

- 22 BV 05.457 – zitiert nach Juris,

wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen und zur Begründung ausgeführt hat, das von der Klägerin angestrebte Revisionsverfahren könne voraussichtlich Gelegenheit geben, die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an den Bestand eines Staatsmonopols für Sportwetten weiter zu verdeutlichen und die Rechtsfolgen einer etwaigen Unvereinbarkeit des Monopols mit dem Gemeinschaftsrecht für die grenzüberschreitende Tätigkeit eines privaten Vermittlers, gegebenenfalls für die Zeit bis zum Inkrafttreten und Umsetzen der Anordnung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 – einerseits und für die Zeit danach andererseits mit unterschiedlichen Ergebnissen, zu klären.

Letztlich dürfte sich die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität des (saarländischen) Sportwettenmonopols aller Voraussicht nach erst auf der Grundlage des Ergebnisses eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof endgültig beantworten lassen.

Bestehen danach Zweifel daran, dass das saarländische Sportwettenmonopol derzeit eine gemeinschaftsrechtskonforme Beschränkung der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit darstellt, so gilt im Ergebnis nichts anderes hinsichtlich der Regelung des § 284 StGB, die der Antragsgegner ebenfalls in seine Erwägungen zur Begründung seiner Verwaltungsentscheidung einbezogen hat.

Das gilt zunächst hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren zumindest nicht in erster Linie interessierenden Frage, ob auf der Grundlage dieser Bestimmung gegenwärtig die strafgerichtliche Verurteilung eines Wettvermittlers erfolgen kann, der Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter vermittelt, wobei in diesem Zusammenhang auf den vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof unter dem 28.6.2006 in dem Verfahren 2 StR 55/06 gestellten Antrag auf Verfahrenseinstellung zu verweisen ist, in dem unter anderem als klärungsbedürftig bezeichnet wird, ob das Strafrecht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols dienen kann, das sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt, und welche Auswirkungen vor dem Hintergrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs eine Genehmigung aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf die mögliche Strafbarkeit haben kann, und dem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.11.2006 – 2 StR 55/06 mit Blick auf unter anderem auf Grund verschiedener Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bestehender Bedenken gegen die Richtigkeit der in jenem Verfahren angegriffenen strafgerichtlichen Verurteilung entsprochen hat.

Zweifel an der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht bestehen auch dann, wenn in § 284 StGB verwaltungsrechtlich ein repressives Verbot gesehen wird, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis öffentlich zu veranstalten, zu halten oder Einrichtungen hierzu bereitzustellen

vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92, und vom 21.6.2006 – 6 C 19/06 – zitiert nach Juris.

Mit diesem Inhalt stellt sich § 284 StGB ebenfalls als Beschränkung der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit dar, die gemäß den vom Europäischen Gerichtshof formulierten Vorgaben verhältnismäßig sein muss. Das heißt, die Bestimmung muss – wie bereits ausgeführt – aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zieles erforderlich ist. Hieran gemessen erweist sich nach dem Erkenntnis des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens als fraglich, ob § 284 Abs. 1 StGB, verstanden als repressive Verbotsnorm, die Dienstleistungsfreiheit in zulässiger Weise beschränkt. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung betreffend den Entwurf eines 6. Gesetzes zur Reform des Strafrechts (6 StrRG) – BT-Drs. 13/8587 vom 25.9.1997 – Seite 67 – besteht der Zweck der Regelungen der §§ 284, 286 StGB darin,

1. eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern,
2. durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten,
3. die Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder zu gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern und
4. einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen (mindestens 25 %) zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke heranzuziehen.

Dass die beiden letztgenannten Zwecke die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch ein repressives Glücksspielverbot nicht zu rechtfertigen vermögen, dürfte in Anbetracht des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 und des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 6.11.2003

- C-243/01 – „Gambelli“,

außer Frage stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der zitierten Entscheidung – siehe dort Rdnr. 110 – zu der insoweit gleich lautenden Regelung in § 1 Nr. 3 LottStV 2004 ausgeführt, eine Ausnutzung des privaten Spieltriebes zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen, stelle im Hinblick darauf, dass Art. 12 Abs. 1 GG eine Tätigkeit auch im Hinblick darauf unter Schutz stelle, dass sie zu privatem finanziellen Nutzen ausgeübt werde, kein verfassungsrechtlich zulässiges Ziel dar. Auch das Ziel sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet werde (vgl. § 1 Nr. 5 LottStV 2004), könne gemessen an Art. 12 Abs. 1 GG nicht als selbstständiges Ziel eines Monopols, sondern nur als Weg zur Suchtbekämpfung und als Konsequenz aus einem öffentlichen Monopol anerkannt werden

vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 109.

Gemeinschaftsrechtlich dürfte ebenfalls gelten, dass der Umstand, dass eine Dienstleistung in der Absicht privater Gewinnerzielung erbracht wird, für sich allein nicht ausreicht, die Dienstleistungsfreiheit zu beschränken, da nach Art. 50 EGV gerade Kriterium der durch Art. 49 EGV geschützten Dienstleistungen ist, dass sie in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, und in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist, dass die Bestimmungen des EG-Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr auch auf Tätigkeiten Anwendung finden, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen

vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 13.11.2003 – C-42/02 – „Lindman“, zitiert nach Juris.

Zudem hat der Europäische Gerichtshof betont, dass die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe von Abgaben auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein darf

vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris Rdnr. 62.

Auch das deutet mit Gewicht darauf hin, dass das Anliegen der Sicherstellung eines nicht unerheblichen Teils der Einnahmen aus Glücksspielen zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke für sich gesehen kaum geeignet sein dürfte, die Dienstleistungsfreiheit mittels eines repressiven Verbotes (zum Schutz staatlicher Monopole) zu beschränken.

Was den im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Begründung der Regelungen der § 284, 286 StGB unter Nr. 1 genannten Zweck anbelangt, eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern, so steht zwar auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs außer Frage, dass es sich hierbei um einen Belang handelt, der prinzipiell geeignet ist, ein staatliches Glücksspielmonopol zu rechtfertigen. Aber auch wenn hieraus abzuleiten ist, dass dieser Gesichtspunkt das in § 284 Abs. 1 StGB ausgesprochene repressive Verbot von Glücksspielen ohne behördliche Genehmigung ebenfalls tragen kann, bestehen nach dem derzeitigen Stand Zweifel, ob dieses Verbot im Verständnis der zitierten Rechtsprechung des EuGH geeignet ist, die Verwirklichung dieses Zweckes zu gewährleisten. Denn wie der Europäische Gerichtshof ausgeführt hat

vgl. Urteil vom 6.11.2003 – C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris, Rdnr. 69,

ist ein Mitgliedstaat, dessen Stellen die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, gehindert, sich im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung zu berufen, um Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen. Hiervon ausgehend hält es der Senat für fraglich, ob ein repressives Verbot von Sportwetten zu dem Zweck der Verhinderung der übermäßigen Nachfrage nach Glücksspielen gerechtfertigt sein kann, wenn, wofür wie bereits dargelegt auch vorliegend alles spricht, die staatlichen Wettmonopole weder nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung noch nach ihrer tatsächlichen Handhabung kohärent und systematisch auf eine Begrenzung der Wetttätigkeit ausgerichtet sind, sondern selbst über ihre zahlreichen Annahmestellen sowie jedenfalls über gewerbliche Spielevermittler im Internet ein nahezu allgegenwärtiges Angebot an Sportwetten und sonstigen Glücksspielen zur Verfügung stellen. Insoweit ist auch ein Zusammenhang zwischen dem § 284 Abs. 1 StGB zu entnehmenden repressiven Verbot ungenehmigten Glücksspiels zum Zwecke der Begrenzung der Spielleidenschaft und der staatlichen Handhabung des „eigenen“ Wett- und sonstigen Glücksspielangebotes zu sehen. Ist letzteres nicht an diesem Ziel ausgerichtet, stellt sich die Frage der Eignung des in § 284 StGB enthaltenen Verbotes zur Erreichung dieses Zweckes. Auch insoweit überschreitet eine abschließende Beurteilung den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens und muss unter Umständen auf der Grundlage einer noch einzuholenden Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Schließlich dürfte auch der weitere in der Gesetzesbegründung angeführte Zweck der Regelung der §§ 284, 286 StGB, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten, für sich allein es nicht rechtfertigen, die Dienstleistungsfreiheit auf dem Sportwettensektor mittels eines repressiven Verbotes einzuschränken. Zwar erscheint die Einführung einer Genehmigungspflicht zur präventiven Kontrolle von im Glücksspielbereich tätigen Wirtschaftsteilnehmern mit Blick auf das Anliegen, Personen, die sich an Sportwetten und sonstigem Glücksspiel beteiligen, vor betrügerischen und sonstigen kriminellen Machenschaften zu schützen, durchaus als eine prinzipiell auch die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigende Maßnahme

vgl. EuGH, Urteil vom 6.3.2007 in den verbundenen Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04 – „Placanica u.a.“.

Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass ein Verwaltungsverfahren zur Durchführung einer solchen Präventivkontrolle, in dem bei Unbedenklichkeit eine Genehmigung zur Veranstaltung oder zur Vermittlung von Sportwetten auch erlangt werden könnte, anders als im Übrigen in § 33 c GewO für das Aufstellen von unter dem Gesichtspunkt einer Suchtgefährdung offenbar besonders problematischen Geldspielautomaten

vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 -, zitiert nach Juris, Rdnr. 100, zum Stand der Suchtforschung,

rechtlich nicht vorgesehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zwar ausgeführt, dass kein Anhaltspunkt für die Annahme bestehe, die Strafbarkeit von ohne behördliche Genehmigung veranstaltetem Glücksspiel setze die Möglichkeit legalen Glücksspiels notwendig voraus. Die gesetzliche Regelung des § 284 StGB schließe als Repressivverbot die Zulassung von Glücksspiel durch Gesetzgeber und Behörde lediglich nicht aus

vgl. BVerwG, Urteil vom 28.3.2001 – 6 C 2/01 – E 114, 92.

Gleichwohl ist im vorliegenden Zusammenhang die Frage aufzuwerfen, ob der hier in Rede stehende Zweck der §§ 284, 286 StGB, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten, für sich gesehen die Beschränkung der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit durch ein solches Repressivverbot rechtfertigt, das heißt allein das Interesse, die an Glücksspielen Beteiligten vor betrügerischen und sonstigen kriminellen Machenschaften zu schützen es erlaubt, Sportwetten ohne die Möglichkeit einer Erlaubniserteilung zu verbieten. Das hält der Senat zum einen im Hinblick darauf für zweifelhaft, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem bereits mehrfach zitierten Sportwettenurteil vom 28.3.2006 (siehe dort Rdnr. 118), es als nicht von vornherein für ausgeschlossen bezeichnet hat, Verbraucher- und Jugendschutz sowie die Vermeidung von Folge- und Begleitkriminalität grundsätzlich auch durch die Normierung entsprechender rechtlicher Anforderungen an ein gewerbliches Wettangebot privater Wettunternehmer zu realisieren, deren Einhaltung dann durch Genehmigungsvorbehalte und behördliche Kontrollen mit den Mitteln der Wirtschaftsaufsicht sicher gestellt werden könnte, und letztlich allein in dem Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahr eine mögliche Rechtfertigung eines staatlichen Wettmonopols gesehen hat. Zum anderen ist die Frage aufzuwerfen, ob ein repressives Verbot allein mit dem Ziel, die an Sportwetten Beteiligten vor betrügerischen oder sonstigen kriminellen Machenschaften zu schützen, sich im Rahmen des im Verständnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Erforderlichen bewegt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 6.11.2003

- C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris, Rdnrn. 73, 74,

die Verhältnismäßigkeit der in jenem Verfahren in Rede stehenden strafbewehrten italienischen Verbotsnorm im Hinblick darauf problematisiert hat, dass der Leistungserbringer – gemeint ist hier der Wettveranstalter – im Mitgliedstaat der Niederlassung einer Kontroll- und Sanktionsregelung unterliegt, und die Möglichkeit besteht, die Konten und Tätigkeiten der nach damaligem italienischem Recht von der Konzessionsvergabe ausgeschlossenen Kapitalgesellschaften zu kontrollieren, um betrügerischen und sonstigen kriminellen Machenschaften vorzubeugen. Hiervon ausgehend bedarf auch die Frage eines Anwendungsvorrangs der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit vor der Verbotsregelung des § 284 Abs. 1 StGB auf dem Sektor der Sportwetten einer umfassenden Würdigung, die über den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens hinausgeht und dem Hauptsacheverfahren gegebenenfalls auf der Grundlage einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorbehalten bleiben muss.

Steht somit nach dem Ergebnis der summarischen Würdigung durchaus im Raum, dass sich das (saarländische) Sportwettenmonopol und das § 284 Abs. 1 StGB wohl zu entnehmende repressive Verbot der Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter unter den derzeitigen Gegebenheiten als unzulässige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV darstellen, so wären diese Beschränkungen, sollte sich ihre Gemeinschaftsrechtswidrigkeit im Hauptsacheverfahren bestätigen, auch nicht – zum Beispiel unter den Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Sportwettenurteil vom 28.3.2006 für die vorläufige Weitergeltung des bayerischen Sportwettenmonopols formuliert hat - für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung hinzunehmen.

Der Senat hat zur Frage der zeitlich begrenzten Fortgeltung nationaler Vorschriften trotz ihrer Unvereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht bereits in seinen Beschlüssen vom 22.1.2007

- 3 W 14/06 und 3 W 15/06

Stellung genommen, sich hierbei mit den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster

Beschlüsse vom 28.6.2006 – 4 B 961/06 – DVBl. 2006, 1462, und vom 9.10.2006 – 4 B 898/06 – zitiert nach Juris,

und des VGH Kassel

Beschluss vom 25.7.2006 – TG 1465/06 – zitiert nach Juris

auseinandergesetzt, die unter strengen Voraussetzungen – inakzeptable Gesetzeslücke beziehungsweise Schutz wichtiger Allgemeininteressen – die vorübergehende Weitergeltung auch gemeinschaftsrechtswidriger Normen angenommen und die auf nationales Recht gestützten Untersagungsbescheide in jenen Verfahren bestätigt haben, und darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung prinzipiell von der aktuellen Anwendungspflicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts durch alle staatlichen Träger ausgeht und nur in Ausnahmefällen, etwa aus Gründen des Vertrauensschutzes bei in die Vergangenheit fallenden Tatbeständen und aus Gründen der Rechtssicherheit, eine zeitliche Begrenzung der Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht allein mit Blick auf die zeitliche Begrenzung der Wirkung seiner Urteile vornimmt. Der Senat hat in diesem Zusammenhang weiter dargelegt, dass sich der von ihm zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nichts dahin entnehmen lässt, dass nationales Recht oder die Gefahr von Gesetzeslücken im nationalen Recht die Befugnis nationaler Behörden oder Gerichte begründen könnten, Gemeinschaftsrecht – hier immerhin eine der Grundfreiheiten des EG-Vertrages – vorübergehend außer Kraft zu setzen. Hieran ist auch für das vorliegende Verfahren festzuhalten, wobei zusätzlich anzumerken ist, dass der Senat auch keinen verlässlichen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung einer solchen Übergangsfrist sieht. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Europäische Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 6.11.2003

- C-243/01 – „Gambelli“, zitiert nach Juris, Rdnr. 67

klargestellt hat, dass Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit auf dem Sportwettensektor, die unter anderem mit der Vermeidung von Anreizen für den Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen begründet sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein müssen, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Der Europäische Gerichtshof hat in dieser Entscheidung (Rdnr. 69) weiter ausgeführt, dass Behörden eines Mitgliedstaates, soweit sie Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, sich nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen können, um Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen. Es deutet nichts daraufhin, dass diese Rechtsprechung bei der Ausgestaltung und Handhabung des (saarländischen) Sportwettenmonopols Beachtung gefunden hätte. Die Länder haben noch zum 1.7.2004 einen Glücksspielstaatsvertrag in Kraft gesetzt, dessen Regelungen gemessen an dem Ziel einer Begrenzung der Spielgelegenheiten nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts im Sportwettenurteil vom 28.3.2006 defizitär sind. Auch der Vertrieb des Sportwettenangebots von Oddset war bezogen auf den Zeitpunkt der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht aktiv an der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet. Das tatsächliche Erscheinungsbild entsprach „dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung“

siehe BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 134.

Es existierte eine breit angelegte Werbung, in der das Wetten als sozial adäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wird, und die – im Rahmen der über den Deutschen Toto- und Lottoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von Oddset überall auffallend und präsent war

BVerfG, Urteil vom 28.3.2006, a.a.O., Rdnr. 136.

Eine Rückführung dieser Werbung ist dann auch erst zum Zwecke der Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine vorübergehende Weitergeltung des bayerischen Sportwettenmonopols eingeleitet worden.

Haben danach die staatlichen Lotterieveranstalter in der Bundesrepublik Deutschland noch im Frühjahr 2006 eine im Widerspruch zu den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 6.11.2003 stehende Vermarktung des Sportwettenangebots von Oddset betrieben, die den Zielen der Begrenzung von Spielleidenschaft und problematischem Spielverhalten keinerlei Beachtung geschenkt hat, so ist jedenfalls für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren nicht erkennbar, auf welcher Grundlage zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer noch nicht abgelaufenen Übergangsfrist zur Herbeiführung eines gemeinschaftsrechtskonformen Zustandes ausgegangen werden könnte.

Zusammenfassend ist danach als Ergebnis der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Würdigung festzuhalten, dass der Senat es für zweifelhaft hält, dass das (saarländische) Sportwettenmonopol und ein § 284 Abs. 1 StGB gegebenenfalls zu entnehmendes repressives Verbot der Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter unter den gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Verständnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verhältnismäßige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV auf dem Sportwettensektor darstellen, dass sich in Anbetracht des der Dienstleistungsfreiheit bei Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der in Rede stehenden Beschränkungen zukommenden und von den nationalen Behörden und Gerichten zu beachtenden Anwendungsvorranges die Rechtmäßigkeit des Einschreitens des Antragsgegners gegen die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin derzeit nicht abschließend beurteilen lässt und der Ausgang des Hauptsacheverfahrens mithin noch offen ist.“

Allerdings waren das zitierte und die anderen sieben Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass wie bereits angesprochen die Adressaten der umstrittenen Anordnungen und Antragsteller jeweils Unionsbürger oder in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften sind, die sich gemäß den Artikeln 17, 48, 49 und 55 EGV auf die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs berufen können. Der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist hingegen türkischer Staatsangehöriger. Es ist daher für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren davon auszugehen, dass er Angehöriger eines so genannten Drittstaates ist. Als Drittstaater ist er, wie sich schon aus dem Wortlaut von Art. 49 Abs. 1 EGV ergibt, nicht Träger der Dienstleistungsfreiheit. Von der Möglichkeit des Art. 49 Abs. 2 EGV, Kapitel 3 des Titels III im Dritten Teil des EG-Vertrages auch auf Erbringer von Dienstleistungen anzuwenden, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind, hat der Rat der Europäischen Gemeinschaft, soweit ersichtlich, bislang keinen Gebrauch gemacht.

Vgl. zum Beispiel Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band 1, Art. 49/50 Rdnr. 20; Kluth in Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Auflage 2007, Art. 49 EGV Rdnr. 34.

Auch spricht nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens nichts dafür, dass der Antragsteller auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei, Begünstigter der durch Art. 49 EGV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit ist

vgl. dazu, dass das Assoziierungsabkommen mit der Türkei keine subjektiven Rechte vermittelt, Randelzhofer/Forsthoff, a.a.O., vor Art. 39 bis 55 EGV, Rdnrn. 31 und 35; Kluth, a.a.O., Art. 43 Rdnr. 7 zur Niederlassungsfreiheit.

Soweit in dem Einschreiten gegen den Antragsteller zugleich eine nicht gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit des in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalters liegen sollte, sind keine eigenen subjektiven Rechte des Antragstellers betroffen.

Hiervon ausgehend spricht derzeit nichts dafür, dass der Antragsteller, sollte in dem Einschreiten gegen ihn – objektiv-rechtlich – eine rechtswidrige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegen, dadurch, dass ihm diese Dienstleistungsfreiheit vorenthalten wird, im Verständnis von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt wird.

Gleichwohl stellt sich vorliegend in Anbetracht der Zweifel an der Vereinbarkeit des ordnungsbehördlichen Vorgehens gegen Wettvermittler, die Sportwetten an in EU-Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter vermitteln, mit der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit die Frage der Rechtmäßigkeit des Einschreitens gegen den Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im weiteren Sinne mit umfassten Erfordernisses der Geeignetheit der umstrittenen Anordnung. Der Senat hat hierzu erwogen: Sollte sich – zum Beispiel in den Hauptsacheverfahren zu den durch Beschlüsse des Senats vom 4.4.2007 entschiedenen Eilrechtschutzverfahren – herausstellen, dass das Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung und auch § 284 Abs. 1 StGB auf dem Sportwettensektor keine rechtmäßigen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV darstellen, so müssten jedenfalls bis zu einer gemeinschaftsrechtskonformen Änderung der Rechtslage Wettvermittlungen an in EU-Mitgliedsstaaten ansässige und dort konzessionierte Sportwettenveranstalter hingenommen werden, soweit sie durch Unionsbürger und in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV erfolgen. Treten in der Bundesrepublik ansässige Drittstaater wie der Antragsteller als Wettvermittler auf, könnten zwar nicht diese selbst, aber wohl die Wettveranstalter als Dienstleistungsempfänger die Dienstleistungsfreiheit einfordern

vgl. die Beispielskonstellationen bei Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band 1, Art. 49/50 EGV Rdnr. 17, 21.

In diesem Falle dürfte die Vermittlungstätigkeit des Drittstaaters ebenfalls hinzunehmen sein. Hiervon ausgehend ist vorliegend die Frage aufzuwerfen, ob das Einschreiten gegen den Antragsteller überhaupt geeignet ist, das mit dieser Maßnahme verfolgte Ziel, die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter – gleichsam „flächendeckend“ – zu unterbinden, um auf diese Weise die Spielleidenschaft zu begrenzen und die Spielsucht zu bekämpfen, überhaupt erreicht werden kann. Für das Ausmaß der Beeinträchtigung dieser öffentlichen Belange ist es offenkundig ohne Bedeutung, ob der Wettvermittler Unionsbürger, in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft im Sinne der Art. 55, 48 EGV oder Drittstaater ist oder anders gewendet, die Beeinträchtigung der in Rede stehenden Belange wiegt nicht dadurch schwerer, dass der Antragsteller vorliegend Drittstaater ist. Sollte sich herausstellen, dass das Einschreiten gegen die Wettvermittlung durch Unionsbürger oder Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV gegen die vorrangig anzuwendende Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV verstößt und deshalb eine Fortsetzung dieser Vermittlungstätigkeit hinzunehmen ist, spricht allenfalls wenig dafür, dass sich die darin liegende Beeinträchtigung der öffentlichen Belange der Begrenzung der Wettgelegenheiten durch ein Vorgehen gegen diejenigen Wettvermittler ausräumen lässt, die – zufällig – Drittstaater sind, zumal alles daraufhin deutet, dass in diesem Falle der Wettveranstalter als Dienstleistungsempfänger sich erfolgreich auf die Dienstleistungsfreiheit berufen könnte, von der Frage einer Gesellschaftsgründung durch den Drittstaater einmal ganz abgesehen

vgl. in diesem Zusammenhang eingehend zur Frage der Verhältnismäßigkeit und Geeignetheit nationaler Regelungen in den Fällen der so genannten Inländerdiskriminierung Gundel, Die Inländerdiskriminierung zwischen Verfassungs- und Europarecht: Neue Ansätze in der Deutschen Rechtsprechung, DVBl. 2007, 269, 276 f., der der Inländerdiskriminierung auch Sachverhalte mit Auslandsberührung zurechnet, soweit es sich um einen Drittstaat handelt und der Sachverhalt nicht vom Gemeinschaftsrecht erfasst wird (siehe S. 270 Fußnoten 19); vgl. außerdem Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 12 EGV Rdnr. 58, wonach in den Fällen der so genannten Inländerdiskriminierung der Inländerbegriff von der Staatsangehörigkeit gelöst werden muss, da wesentliches Kriterium die Bindung an die Rechtsordnung des Mitgliedstaates ist, was auch auf einen im Inland ansässigen Ausländer zutreffen kann.

Sollte sich demnach ergeben, dass ein Einschreiten gegen die Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter rechtswidrig ist, sofern diese Tätigkeit durch einen Unionsbürger oder eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft im Sinne der Art. 55, 48 EGV erfolgt, so dürfte dies ein Umstand sein, der zumindest bei der Betätigung des Entschließungsermessens zugunsten eines Einschreitens gegen Drittstaater, die die gleiche Tätigkeit ausüben, angemessen Berücksichtigung finden müsste. Dies gilt umso mehr, wenn, wofür gegenwärtig alles spricht, der im EU-Ausland ansässige Wettveranstalter auch insoweit mit Erfolg die Dienstleistungsfreiheit einfordern könnte.

Derartige Ermessenserwägungen hat der Antragsgegner – von seinem rechtlichen Ansatz her konsequent – bislang nicht angestellt.

Die abschließende Beantwortung der insoweit aufgeworfenen Fragen nach Klärung der Vereinbarkeit des ordnungsbehördlichen Vorgehens mit Gemeinschaftsrecht erfordert eine umfassende Würdigung des Sachverhaltes, die über den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens hinausgeht und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Das rechtfertigt es, im vorliegenden Verfahren ebenso wie in den mit Beschlüssen vom 4.4.2007 entschiedenen Eilrechtschutzverfahren einen noch offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens anzunehmen.

Die in diesem Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus. Sein wirtschaftlich motiviertes Interesse daran, die zur Durchführung seiner Vermittlungstätigkeit getätigten Investitionen in Geschäftslokal, Einrichtungen und sonstige Ausstattung vorläufig weiter nutzen zu dürfen und hieraus Erträge zu erzielen, überwiegt die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Der Senat hat in seinen bereits mehrfach angeführten Beschlüssen vom 4.4.2007 betreffend Eilrechtschutzanträge von insgesamt acht Unionsbürgern und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV, gegen die im Wesentlichen inhaltsgleiche ortspolizeiliche Anordnungen ergangen sind, bei ebenfalls noch offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens einen Vorrang der den Interessen des Antragstellers des vorliegenden Verfahrens gleich gelagerten privaten Interessen vor den gegenläufigen öffentlichen Belangen angenommen. Er hat in diesem Zusammenhang in dem bereits teilweise zitierten Beschluss in dem Verfahren 3 W 18/06 ausgeführt:

„Die privaten Interessen der Antragstellerin sind nicht deshalb in ihrer Schutzwürdigkeit entscheidend gemindert, weil sich diese mit Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit im Juni 2006 in Kenntnis der Regelung des § 284 Abs. 1 StGB bewusst dem Risiko einer ordnungsbehördlichen Unterbindung ihrer Betätigung ausgesetzt hätte. Die Frage, ob § 284 Abs. 1 StGB ein gemeinschaftsrechtskonformes Verbot der Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter entnommen werden kann, ist – wie dargelegt – offen. Das schließt es aus, der Antragstellerin im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung schutzmindernd anzulasten, sie sei in Anbetracht dieses Verbotes ein bewusstes Risiko eingegangen. Sollte sich nämlich die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 284 StGB gegebenenfalls zu entnehmenden Verbotes herausstellen, hätte die Antragstellerin mit der Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit zu Recht von der Dienstleistungsfreiheit Gebrauch gemacht. Im Übrigen muss in diesem Zusammenhang gesehen werden, dass ein Genehmigungsverfahren, in dem die Antragstellerin vor Betriebsaufnahme die Zulässigkeit ihrer Betätigung hätte klären können, nicht vorgesehen ist. Vielmehr ist bei der Gewichtung ihrer Interessen zu berücksichtigen, dass sie sich auf die zu den Grundprinzipien des EG-Vertrages gehörende Dienstleistungsfreiheit beruft, an deren wirksame Beschränkung hohe Anforderungen zu stellen sind. Was die gegenläufigen öffentlichen Interessen anbelangt, so ist zunächst festzuhalten, dass einem etwaigen fiskalisch motivierten Interesse an der sofortigen Unterbindung der Betätigung der Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang keine beachtliche Bedeutung zukäme, da wie bereits dargelegt, das Anliegen, einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Finanzierung gemeinnütziger oder sonstiger öffentlicher Zwecke heranzuziehen, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch Unterbindung einer privaten Betätigung auf dem Sportwettensektor nicht zu rechtfertigen vermag. Dass das öffentliche Interesse an der Vermeidung betrügerischer oder sonstiger krimineller Machenschaften in Verbindung mit Sportwetten bei einer vorläufig weiteren Hinnahme der Betätigung der Antragstellerin beeinträchtigt wäre, ist weder konkret aufgezeigt noch sonst erkennbar. Aber auch dem auf die Verringerung der Spielgelegenheiten abzielenden öffentlichen Interesse an der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Suchtbekämpfung kann keine hier durchgreifende Bedeutung beigemessen werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist darauf hinzuweisen, dass die zahlreichen Annahmestellen der Saarland-Sporttoto GmbH und das über Links auf den Internetseiten zahlreicher Vertriebspartner weit verbreitete Internetangebot gewerblicher Spielvermittler eine derartig große Anzahl von Gelegenheiten zum Abschluss von Sportwetten bieten, dass in der vorübergehenden weiteren Hinnahme der Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin keine nennenswerte Erhöhung des Gefährdungspotentials für Spielsucht gesehen werden kann. Auch bei sofortiger Unterbindung der Betätigung der Antragstellerin könnte ein an Sportwetten Interessierter problemlos auf die anderen Angebote ausweichen. Für die Betroffenheit eines Spielsüchtigen und gegebenenfalls seiner Familie macht es dabei keinen Unterschied, ob die verlorenen Wetteinsätze von privaten oder staatlichen Wettveranstaltern vereinnahmt werden. Zwar soll hier nicht verkannt werden, dass sowohl der Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens im Saarland als auch private Wettvermittler Maßnahmen zur Suchprävention ergriffen haben. Jedenfalls bei den gewerblichen Wettvermittlern, die den nach Einschätzung von Suchtexperten besonders problematischen Internetvertrieb bestreiten, beschränken sich diese Maßnahmen indes, soweit nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ersichtlich, auf die Eröffnung der Möglichkeit, eine Internetseite aufzurufen, die eine Warnung vor Suchtgefahren enthält, einen Selbsttest anbietet und auf eine Beratungsadresse (bei Tipp 24.de die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) verweist. Dass diesen Maßnahmen eine nennenswerte präventive Wirkung zukommt, kann nicht angenommen werden. Immerhin müsste sich ein Wettinteressent zunächst dazu entschließen, die einschlägige Internetseite überhaupt aufzurufen. Nach dem Eindruck des Senats hat die betreffende Maßnahme eher salvatorischen Charakter

vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerfG, Urteil vom 28.3.1006 – 1 BvR 1054/01 – zitiert nach Juris, Rdnr. 141, das bloße Faltblatt- und Internetinformationen und die Verweisung auf das Beratungsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung als unzureichende Maßnahmen der Suchtpräventionen ansieht.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass auch der in der Aufstellung der „Maßnahmen der Saarland-Sporttoto GmbH“ unter der Rubrik „Annahmestellen, Sonstiges“ wiedergegebene Plakatslogan „Wer hier spielt, spielt mit Verantwortung“ durchaus zweideutig erscheint. Er kann zum einen als Appell zu verantwortungsbewusstem Spielverhalten verstanden werden, zum anderen aber auch „entlastend“ suggerieren, dass Spielen in den Annahmestellen der Saarland-Sporttoto GmbH – per se – verantwortungsbewusstes Spielen sei. Das bedarf indes hier keiner näheren Vertiefung. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass der Betreiber des öffentlichen Wettunternehmens im Saarland und die gewerblichen Wettvermittler inzwischen einige Maßnahmen zur Suchtprävention eingeleitet haben, nicht geschlossen werden, dass von der Betätigung der Antragstellerin, die in dieses Konzept nicht eingebunden ist, eine nennenswert höhere Gefährdung ausgeht, die es rechtfertigt, ihre Fortsetzung mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Zu berücksichtigen ist bei dieser Interessenabwägung ferner, dass gerade die staatlichen Lotterieunternehmen unter den Augen der Aufsichtsbehörden bis in die jüngere Vergangenheit eine Politik der kontinuierlichen Erweiterung des Spielangebotes verbunden mit einer breit angelegten Werbung betrieben und zum Beispiel – das gilt zumindest für das Saarland – den Weg zu dem besonders problematischen Internetvertrieb durch eine extensive Auslegung von § 4 Abs. 1 SportwettG eröffnet haben, indem die dort festgelegte Beschränkung des Sportwettenabschlusses auf amtlich zugelassene Annahmestellen auf das Internet als „virtuelle Annahmestelle“ erweitert wurde. Den Belangen der Begrenzung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht ist im Rahmen dieser Geschäftspolitik ersichtlich keine Beachtung geschenkt worden. Haben danach – soweit von Sportwetten Suchtgefahren ausgehen – die staatlichen Wettunternehmen mit ihrer Geschäftspolitik einen nicht unbeträchtlichen Beitrag zu der Problematik geleistet, so kann ein besonderes öffentliches Interesse daran, zur Suchtprävention und zur Bekämpfung von Suchtgefahren gerade die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin bei weiterhin fortbestehendem verbreitetem Angebot der staatlichen Sportwettenveranstalter und der gewerblichen Spielvermittler mit sofortiger Wirkung zu unterbinden, nicht anerkannt werden. Dieses Interesse erhält, wie bereits angesprochen, seine Legitimation auch nicht dadurch, dass die Veranstalter des staatlichen Angebotes und die gewerblichen Wettvermittler mittlerweile einige Maßnahmen zur Suchtprävention ergriffen oder eingeleitet haben. Immerhin sieht auch der Entwurf des neuen Lotteriestaatsvertrages in seinem § 25 Abs. 6 die Möglichkeit vor, abweichend von den in § 4 Abs. 4 des Vertragsentwurfs vorgesehenen Verbots des Veranstaltens und des Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet, die Fortsetzung dieser Betätigung für einen Zeitraum von einem Jahr nach Inkrafttreten des Staatsvertrages bei Erfüllung näher beschriebener Voraussetzungen zu erlauben. Insoweit wird den gewerblichen Wettvermittlern, obwohl gerade die Möglichkeit des Glücksspiels im Internet mit Blick auf die von ihr ausgehende Suchtgefährdung als besonders problematisch bewertet wird, die Möglichkeit eröffnet, ihre Betätigung für eine Übergangszeit fortzusetzen. Da zudem, was in der hier vorzunehmenden Interessenabwägung ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben solle, die Antragstellerin ihre Vermittlungstätigkeit zwar erst im Juni 2006 und damit nach Ergehen des Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006, aber noch zu einem Zeitpunkt aufgenommen hat, zu dem noch nicht einmal die lediglich auf mündlichen Absprachen mit der Aufsichtsbehörde beruhende Änderung der Geschäftspolitik der Saarland-Sporttoto GmbH zur Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach außen manifest geworden ist, hält es der Senat für gerechtfertigt, ihrem Interesse an der einstweiligen Fortsetzung ihrer aller Voraussicht nach durch die gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit geschützten Vermittlungstätigkeit den Vorrang vor den gegenläufigen öffentlichen Interessen einzuräumen und die sofortige Vollziehbarkeit der ihr gegenüber ergangenen Untersagungsverfügung auszusetzen.“

Die in jenen Verfahren angestellten Erwägungen lassen sich im Wesentlichen auf die Interessenabwägung in dem vorliegenden Verfahren übertragen. Nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren hat der Antragsteller seine Vermittlungstätigkeit Ende 2005/Anfang 2006 und damit zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem die staatlichen beziehungsweise staatlich konzessionierten Wettveranstalter ihr Wettangebot noch mittels breit angelegter Werbung als unbedenkliche Freizeitbeschäftigung vermarktet haben

vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – a.a.O., Rdnr. 134, 136.

Allerdings ist der Antragsteller nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens weder deutscher Staatsbürger noch Angehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union. Er kann sich daher für das Gewicht seiner Interessen nicht mit Erfolg auf die Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV und auch nicht auf das nach dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nur Deutschen zustehende Grundrecht der Berufsfreiheit und damit auf Gewährleistungen berufen, an deren wirksame Einschränkung besonders hohe Anforderungen zu stellen sind. Seine Vermittlungstätigkeit wird nach wohl herrschender Meinung „lediglich“ durch Art. 2 Abs. 1 GG, und zwar nicht in dem selben Ausmaß wie durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung geschützt, die jede formell und materiell verfassungsmäßige Rechtsnorm einschließt

vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.1988 – 1 BvR 482/84 u.a. – E 78, 179, 196 f., Urteil vom 6.11.2001 – 1 BvR 1783/99 – E 104, 337, 346; Jarass/Pieroth, GG, 8. Auflage 2006, Art. 12 Rdnr. 10.

Gleichwohl ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass angesichts der offenen Frage der Rechtmäßigkeit des Einschreitens gegen die Vermittlungstätigkeit des Antragstellers unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im weiteren Sinne auch die Frage einer Verletzung seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit gerade noch offen und damit das Gewicht seiner Interessen in rechtlicher Hinsicht nicht verlässlich bestimmbar ist. Das schließt es aus, die privaten Interessen des Antragstellers schon deshalb in hier durchgreifender Hinsicht gering zu bewerten, weil er sich jedenfalls weder auf Art. 49 EGV noch auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann. Auf der anderen Seite folgt aus den Entscheidungen des Senats vom 4.4.2007, dass die Vermittlung von Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen und dort konzessionierten Wettveranstalter, soweit sie durch Unionsbürger und durch in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften im Sinne der Art. 55, 48 EGV erfolgt, und die darin liegenden Nachteile für das öffentliche Interesse an der Verringerung der Spielgelegenheiten zur Beschränkung von Spielleidenschaft und zur Bekämpfung von Wettsucht bis zur Entscheidung in den betreffenden Hauptsacheverfahren prinzipiell vorläufig hingenommen werden müssen. Von daher ließe sich bei – wenn auch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt – offener Rechtslage im vorliegenden Fall ein Vorrang dieser öffentlichen Interessen lediglich dann anerkennen, wenn in dem Umstand, dass der Antragsteller Drittstaater ist, eine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung dieser Belange läge. Hiervon kann in Anbetracht des verbreiteten Spielangebotes der staatlichen Sportwettenveranstalter und der gewerblichen Wettvermittler, zu denen noch die – die in Anbetracht dieses Spielangebotes ebenfalls keine durchgreifende zusätzliche Beeinträchtigung der in Rede stehenden öffentliche Belange darstellenden - Spielgelegenheiten treten, die sich aus dem zumindest vorübergehend hinzunehmenden Wettangebot ergeben, das Unionsbürger und in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaften an Wettveranstalter in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft vermitteln, keine Rede sein. Es spricht nichts dafür, dass mit der sofortigen Unterbindung der Vermittlungstätigkeit des Antragstellers eine nennenswerte Verringerung der Spielgelegenheiten einherginge, da ein an Sportwetten Interessierter ohne weiteres auf das umfassende und allgegenwärtige Angebot staatlicher Wettveranstalter oder gewerblicher Wettvermittler zurückgreifen könnte, wenn ihm das von dem Antragsteller vermittelte Angebot nicht mehr zur Verfügung stünde.

Soweit in der Begründung der Vollzugsanordnung ein überwiegendes Interesse an der Verhinderung einer Beeinträchtigung der Strafrechtsordnung durch auch nur vorübergehende Hinnahme eines Verstoßes gegen § 284 StGB angeführt wird, ist darauf zu verweisen, dass – wie in dem zitierten Beschluss vom 4.4.2007 – 3 W 18/06 – näher dargelegt – sowohl Bundesanwaltschaft als auch Bundesgerichtshof

siehe Antrag der Bundesanwaltschaft auf Verfahrenseinstellung vom 28.6.2006 – 2 StR 55/06 – und Beschluss des BGH vom 29.11.2006 – 2 StR 55/06

es als zweifelhaft angesehen haben, ob Strafrecht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols dienen kann, das sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch – möglicherweise – gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt. Angesichts der insoweit bestehenden Unklarheiten darüber, ob die in Rede stehende Wettvermittlung überhaupt gemäß § 284 StGB strafbar ist, können hier durchgreifende öffentliche Interessen unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der Strafrechtsordnung nicht anerkannt werden.

Die privaten Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Fortsetzung seiner Vermittlungstätigkeit sind danach vorrangig vor den gegenläufigen öffentlichen Interessen mit der Folge, dass die sofortige Vollziehbarkeit der ihm gegenüber ergangenen Untersagungsverfügung auszusetzen ist.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 62/07
vom
16. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels
hier: Antrag des Verteidigers auf Pauschvergütung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2007 beschlossen
:
Dem Wahlverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Guido
B. aus Bad Homburg, wird für das Revisionsverfahren
einschließlich der Revisionshauptverhandlung anstelle der gesetzlichen
Gebühr eine Pauschvergütung in Höhe von
2.800 Euro (i.W.: zweitausendachthundert) bewilligt.

Gründe:


1
Der Antrag des Wahlverteidigers des Angeklagten auf Feststellung einer Pauschgebühr gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 und 4 RVG in Höhe des Doppelten der für die Gebühren eines Wahlanwalts geltenden Höchstbeträge ist begründet. In Übereinstimmung mit dem Vertreter der Bundeskasse hält der Senat, der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 5 RVG für die Entscheidung zuständig ist, Gebühren nach Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses wegen der besonderen Schwierigkeit der Sache für unzumutbar. Das Verfahren hat grundlegende Fragen der Strafbarkeit der ohne behördliche Genehmigung betriebenen gewerblichen Vermittlung von Sportwetten aufgeworfen. Der Antragsteller hat in besonderem Maße und Umfang zu deren Aufarbeitung und zur Vorbereitung der Revisionshauptverhandlung und deren Durchführung beigetragen. Der Senat hält deshalb über die von dem Vertreter der Bundeskasse vorgeschlagenen 2.100 Euro hinausgehend in diesem Fall ausnahmsweise (vgl. BGHR RVG § 42 Pauschgebühr 1) das von dem Wahlverteidiger beantragte Doppelte der Höchstbeträge der in Nrn. 4130 und 4132 des Vergütungsverzeichnisses erfassten Gebühren für das Revisionsverfahren und die Revisionshauptverhandlung für angemessen und bewilligt deshalb eine Pauschvergütung in der beantragten Höhe von insgesamt 2.800 Euro.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

1. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein moldauischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in Baden-Württemberg.
Der Beklagte veranstaltet in Baden-Württemberg die ODDSET-TOP-Wette und die ODDSET-Kombi-Wette. Mit der Durchführung dieser Wetten ist die Staatliche Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg beauftragt. Diese Gesellschaft vertreibt ihr staatliches Glücksspielangebot über Toto-Lotto-Annahmestellen, die im Wesentlichen in Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakhandlungen, Supermärkten und Tankstellen eingerichtet sind. Nach Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gibt es in Baden-Württemberg derzeit ungefähr 3600 solcher Annahmestellen. Die einzelnen Betreiber erhalten auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge mit der Toto-Lotto GmbH eine Provision, die von der Höhe des auf den Glücksspielsektor entfallenden Umsatzes abhängt.
Der Kläger ist Betreiber eines Wettbüros in ... und vermittelt dort Sportwetten an das in Malta staatlich konzessionierte Sportwettenunternehmen T. Co. Ltd. Nachdem die Tätigkeit des Klägers dem Regierungspräsidium Karlsruhe bekannt geworden war, hörte es ihn mit Schreiben vom 15.05.2008 zu der beabsichtigten Untersagung der Vermittlungstätigkeit an.
Mit Verfügung vom 28.05.2008 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger, in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, und forderte ihn auf, die zur Veranstaltung oder Vermittlung solcher Glücksspiele vorgehaltenen Geräte aus den öffentlich zugänglichen Räumen zu entfernen (Ziff. 1). Es ordnete weiterhin an, dass der Kläger die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung schriftlich mitzuteilen habe (Ziff. 2). Darüber hinaus verpflichtete es den Kläger, unverzüglich sämtliche Vertragsunterlagen zwischen ihm und demjenigen, an den die Sportwetten vermittelt werden, schriftlich einzureichen, und gegebenenfalls den Namen des Vertragspartners zweifelsfrei anzugeben (Ziff. 4).
Zur Begründung der Verfügung führt das Regierungspräsidium Karlsruhe im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage der Verfügung sei § 9 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrags (im Folgenden: GlüStV). Der Kläger vermittle öffentlich ohne die erforderliche Erlaubnis ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV; eine Erlaubnis könne ihm auch nicht erteilt werden. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, aufgrund einer im EU-Ausland erteilten Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten dazu berechtigt zu sein, Sportwetten in Baden-Württemberg zu veranstalten oder zu vermitteln. Ein rechtmäßiger Zustand könne nur durch eine förmliche Untersagung herbeigeführt werden. Die Verfügung wurde dem Kläger am 31.05.2008 zugestellt.
Am 03.06.2008 hat der Kläger Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (2 K 1638/08) gestellt, über den vor der mündlichen Verhandlung nicht entschieden worden ist.
Gleichfalls am 03.06.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt,
die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 aufzuheben.
Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Die Untersagungsverfügung könne nicht auf eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage gestützt werden; das staatliche Sportwettenmonopol könne als Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden. Der Gesetzgeber habe keine ausreichenden strukturellen Vorgaben geschaffen, die dafür sorgten, dass die fiskalischen Interessen hinter die Schutzzwecke des Gesetzes zurückträten. Der Gesetzgeber habe des Weiteren Art und Zuschnitt der Sportwetten nur ansatzweise geregelt und im Übrigen entgegen den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Verwaltung überlassen. Auch das Konzept zum Vertrieb der staatlichen Sportwetten genüge nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. So seien zwar nach dem Glücksspielstaatsvertrag einige Vertriebswege ausgeschlossen; der überaus bedeutsame Vertriebsweg über Annahmestellen sei jedoch sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht nur ansatzweise durch den Gesetzgeber eingegrenzt worden. Weiterhin habe der Gesetzgeber auch keine ausreichenden strukturellen Vorgaben zur Begrenzung der Werbung geschaffen. Schließlich seien auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Spielerschutz nicht ausreichend beachtet worden. Das staatliche Sportwettenmonopol sei zudem gemeinschaftsrechtswidrig; die mit ihm verbundene Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Das Sportwettenmonopol sei schon nicht geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen; insbesondere hätten die Annahmestellen naturgemäß ein Interesse an der Umsatzmaximierung. Das Sportwettenmonopol sei auch nicht erforderlich; ein Konzessionsmodell, bei dem die Erteilung der Konzession an Bedingungen und Auflagen geknüpft werde, sei ein wesentlich weniger eingreifendes, gleich geeignetes Mittel. Das Sportwettenmonopol sei angesichts des extrem aggressiven und auf Umsatzmaximierung gerichteten Auftretens des Staatsmonopolisten auch völlig unangemessen. Schließlich diskriminiere das Sportwettenmonopol ausländische Sportwettenanbieter. Der Kläger beruft sich darüber hinaus auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09.07.2008 (1 K 2153/06).
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Der Beklagte verweist zur Begründung auf die angegriffene Verfügung. Er trägt weiterhin im Wesentlichen vor: Der Glücksspielstaatsvertrag stelle eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die angegriffene Verfügung dar. Denn die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht seien mit ihm umgesetzt worden. Erstes und wichtigstes Ziel sei die Vermeidung und die Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht. Dazu sei etwa ein Verbot von Glücksspielen im Internet aufgenommen worden. Das strikte Verbot der Teilnahme Minderjähriger sei fortgeführt worden. Es sei ein Sperrsystem geschaffen worden, das Spielsüchtige oder erkennbar Spielsuchtgefährdete wirksam von der Teilnahme an gefahrträchtigen Spielen ausschließe. Werbung sei im Glücksspielstaatsvertrag streng begrenzt worden. Die Zahl der Annahmestellen werde begrenzt. Der Gesetzgeber habe aufgrund der von Sportwetten ausgehenden Suchtgefahren davon ausgehen dürfen, dass diese durch ein staatliches Monopol, das auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet sei, effektiver beherrscht werden könne als im Wege einer Kontrolle privater Unternehmer. Die gesetzlichen Vorgaben würden auch tatsächlich umgesetzt. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Insbesondere verstoße die Entscheidung, im Bereich der Sportwetten ein staatliches Monopol einzurichten, nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die Zulassung privater Anbieter würde, auch wenn diese sich staatlich verordneten Wettbewerbsbeschränkungen unterwürfen, die Zahl der Marktteilnehmer und damit der Wettgelegenheiten erheblich vergrößern; je mehr Gelegenheiten zum Glücksspiel vorhanden seien, desto mehr Personen spielten und desto höher sei die Zahl der Personen, die ein Risiko für die Glücksspielsucht hätten. Eine - wenn auch beschränkte - Zulassung gewerblicher Angebote stelle von vornherein kein milderes Mittel dar; denn es gelte eine auf Gewinnsteigerung zielende Wettbewerbssituation zwischen verschiedenen Anbietern mit all ihren negativen Folgen für die Anreizung des Spielverhaltens und den damit verbundenen Gefahrsteigerungen zu vermeiden. Das staatliche Monopol sei insgesamt verhältnismäßig. Im Übrigen könne sich der Kläger als moldauischer Staatsangehöriger weder auf die Berufsfreiheit des Grundgesetzes noch auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Die Untersagung sei zudem schon deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger über keine Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten verfüge.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des umfangreichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die sowohl im Hauptsache- als auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte (1 Heft) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 6a Satz 1 AGVwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
1. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der angegriffenen Verfügung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 4).
17 
2. Als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) kommt allein § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (GBl. 2007, 571) in Betracht. Hiernach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Rechtsgrundlage sind erfüllt; denn der Kläger vermittelt nach dem Glücksspielstaatsvertrag unerlaubte Glücksspiele.
18 
Indem der Kläger Wetten für das Unternehmen T. Co. Ltd. entgegennimmt und weiterleitet, vermittelt er (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV) Sportwetten, die Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV sind.
19 
Die vom Kläger vermittelten Sportwetten sind auch unerlaubte Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Denn weder der Kläger noch das Unternehmen T. Co. Ltd. verfügt über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes Baden-Württemberg. Zwar vermittelt der Kläger die Sportwetten nach Malta und damit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft; dies entbindet ihn aber nicht von dem Erfordernis einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde des Landes Baden-Württemberg. Denn nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist das Wettbüro des Klägers in Pforzheim.
20 
Dass die Sportwetten an ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft konzessioniertes Unternehmen vermittelt werden, steht der Einordnung als unerlaubtes Glücksspiel nicht entgegen. Denn diese Konzession kann nicht kraft derzeitigen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (hierzu und zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 21). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 „Ladbrokes Ltd.“ -, Rn. 86). Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178/1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwgrd. 16 und Art. 1 Abs. 5 lit. d Spstr. 3). Die Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u.a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (C-243/01 „Gambelli“) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren. Denn nach diesem Urteil ist den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt. In seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, C-359/04 und C-360/04 „Placanica“, Rn. 57) stellt der Europäische Gerichtshof auch klar, dass ein Konzessionssystem unter bestimmten Umständen ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
21 
3. Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg, das sich im Wesentlichen aus § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV, § 1 Abs. 5 des baden-württembergischen Gesetzes zu dessen Ausführung (GBl. 2008, 81; im Folgenden: AGGlüStV) ergibt, stellt indes in seiner derzeitigen Ausgestaltung eine im Hinblick auf das mit ihm verfolgte Ziel nicht geeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages (Art. 49 EGV) dar (a). Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage folglich aus (b). Ob das staatliche Sportwettenmonopol darüber hinaus auch mit nationalem Verfassungsrecht unvereinbar ist, kann offenbleiben.
22 
a) Nach Art. 49 Abs. 1 EGV sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen der Leistungserbringung ansässig sind, verboten. Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrages sind nach Art. 50 Abs. 1 EGV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
23 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, und damit das Vermitteln von Sportwetten zu den Dienstleitungen i.S.v. Art. 50 EGV gehört (Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 52). Art. 49 EGV erfasst auch Dienstleistungen, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringern anbietet (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 54). Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem der Vermittler seine Tätigkeit ausübt, zu erleichtern, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 58).
24 
Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann aufgrund der in den Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (vgl. nur Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 60). Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der staatlichen Glücksspielpolitik sein (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 62; hiervon ausgehend bedenklich die Äußerung des Staatssekretärs Fleischer in der Landtagssitzung vom 28.11.2007 [Plenarprotokoll 14. WP/S. 2365]: „Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge . Diese Förderung kann z.B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wettanbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts. Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur , wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.“ [ Hervorhebungen durch das Gericht ]). Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, rechtfertigen ein ausreichendes Ermessen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Damit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 65).
25 
Bei verfassungskonformer Auslegung ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, das in § 1 Nr. 1 GlüStV genannte Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das eigentliche Ziel für die weitere Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 30). Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261) zum damaligen bayerischen Staatsmonopol für Sportwetten, ist ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Da davon auszugehen ist, dass die Parteien des Glücksspielstaatsvertrages mit diesem einen verfassungskonformen Zustand herbeiführen wollten, ist den anderen in § 1 des Staatsvertrages genannten Zielen lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ist konsequenter Weise das eigentliche Ziel des Staatsvertrages zugrunde zu legen.
26 
Das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren vermag grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (hierzu und zum Folgenden Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 67); jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Bei der Überprüfung des staatlichen Sportwettenmonopols anhand dieser Maßstäbe hat das nationale Gericht nicht nur das nationale Regelwerk, das das Monopol begründet, sondern auch die „konkreten Anwendungsmodalitäten“ (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 75), d.h. dessen tatsächliche Ausgestaltung heranzuziehen.
27 
Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergibt, ist nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie bildet eine ausreichende normative Grundlage für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (a.A. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris passim).
28 
Der Glücksspielstaatsvertrag überlässt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers die Regelung über Art und Zuschnitt der Wetten nicht der Exekutive, sondern enthält insoweit am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtete Regelungen (a.A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris Rn. 50). So besagt § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht nur, dass Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten erlaubt werden können. Diese Bestimmung legt vielmehr auch fest, dass Sportwetten nur auf den Ausgang eines Sportereignisses und somit nicht auf einzelne Ereignisse während eines solchen geschlossen werden dürfen. Des Weiteren verbietet § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten während eines laufenden Sportereignisses (vgl. auch § 6 Abs. 2 AGGlüStV) sowie Wetten über Telekommunikationsanlagen. Auch ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und damit auch von Sportwetten im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV auch Vorgaben zu den Einsatzgrenzen machen. All die genannten Regelungen sind bei der Regelung von Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis „im Einzelnen“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV) zu berücksichtigen, so dass die Exekutive bei der Erlaubniserteilung keinesfalls „nach Gutdünken“ vorgehen kann.
29 
Auch im Übrigen enthält das Regelwerk ausreichende, am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtete Regelungen. So ist etwa die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel ist nur eingeschränkt erlaubt. Sie hat sich gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken; sie darf insbesondere gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Bestimmte Formen der Werbung, nämlich die Werbung im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sowie Trikot- und Bandenwerbung nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, sind verboten. Auch die §§ 6 - 8 GlüStV mit ihren Vorgaben zu den Sozialkonzepten, insbesondere auch der Verpflichtung zur Schulung des Personals, zur Aufklärung und zu den Spielersperren lassen deutlich erkennen, dass das Regelwerk das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ernst nimmt.
30 
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht, dass das Gemeinschaftsrecht weitergehende Anforderungen an die normativen Grundlagen für ein staatliches Sportwettenmonopol stellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Frage im Übrigen auch keiner weiteren Klärung, insbesondere nicht durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof.
31 
Die rechtliche Ausgestaltung ist allerdings insoweit defizitär, als durch sie das frühere Vertriebssystem über den Einzelhandel mittels der Übergangsvorschrift des § 7 Abs. 4 AGGlüStV für das Jahr 2008 normativ festgeschrieben wird. Denn gerade dieses Vertriebssystem führt zur Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols in Baden-Württemberg mit dem Gemeinschaftsrecht.
32 
Dass das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg - jedenfalls derzeit - mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist, folgt nach Auffassung der Kammer aus dessen tatsächlicher Ausgestaltung . Denn mit dem Vertrieb der Sportwetten über die Toto-Lotto-Annahmestellen beruht das staatliche Monopol auf einem Vertriebskonzept, das sich nicht mit dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren in Einklang bringen lässt. Trotz gewisser Veränderungen entspricht das tatsächliche Erscheinungsbild im Wesentlichen weiterhin dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Im Einzelnen:
33 
Schon die erhebliche Dichte von Annahmestellen - laut Vertriebskonzept der Toto-Lotto-GmbH vom 09.06.2008 liegt der Richtwert etwa in Großstädten bei einer Annahmestelle pro 2.500 Einwohnern; hiernach dürfte es beispielsweise in der Stadt Karlsruhe mit ungefähr 275.000 Einwohnern etwa 110 Annahmestellen geben - sorgt dafür, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten nicht auf wenige Örtlichkeiten beschränkt ist, sondern vielmehr - gerade in Großstädten - an nahezu jeder Straßenecke und somit nach wie vor „in bewusster Nähe zum Kunden“ besteht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Infolgedessen ist die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin ein allerorts verfügbares Gut (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.). Bereits die Häufung der Annahmestellen lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Einzelne die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt, als etwas grundsätzlich staatlicherseits Missbilligtes. Gerade dies aber wäre nach Auffassung der Kammer (in Übereinstimmung mit dem VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 -1 K 547/07 -, juris Rn. 32 f.) für ein konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes staatliches Monopol erforderlich.
34 
Noch größeres Gewicht ist nach Auffassung der Kammer dem Umstand beizumessen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten im Wesentlichen über Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolgt. Die Kunden dieser Verkaufsstellen werden mit dem staatlichen Sportwettenangebot konfrontiert, wenn sie Erledigungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift, von Schreibmaterialien oder Süßigkeiten, machen. Auch wenn nunmehr nicht mehr ein gleichzeitiger Zahlungsvorgang möglich ist, sorgt doch dieses Nebeneinander von „unbedenklichen“ Waren und „bedenklichen“ Glücksspielangeboten dafür, dass auch die Glücksspiele und somit auch die Sportwetten von dem durchschnittlichen Kunden als ein grundsätzlich normales Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden. Die Teilnahme an einer Sportwette wird auf diese Weise, ebenso wie etwa der Kauf von Alkohol und Zigaretten - zwei Produkten, die ebenfalls unbestritten mit hohen Suchtgefahren verbunden sind -, als ein sozialadäquates Verhalten wahrgenommen. Der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck bei speziellen „Glücksspielläden“ gerade nicht entstehen kann. Denn dort wird man in der Tat nicht „im Vorbeigehen“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, vielmehr muss sich der Kunde diesem bewusst aussetzen.
35 
Dieses strukturelle Defizit im Vertriebskonzept besteht trotz der Bemühungen des Beklagten und der Toto-Lotto-Gesellschaft im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Vertriebskonzepts am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren. Denn insbesondere die Hinweise in den Annahmestellen und auf den Spielscheinen auf die Suchtgefahren sowie entsprechende Schulungen des Personals der Annahmestellen vermögen nichts daran zu ändern, dass das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft als ein alltäglich verfügbares und nicht „grundsätzlich bedenkliches“ und damit als ein sozialadäquates Gut wahrgenommen wird.
36 
Die Hinweise (zum zweifelhaften Nutzen derartiger Warnhinweise vgl. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/08 -, juris Rn. 49) werden von Seiten des staatlichen Monopolisten schon selbst dadurch relativiert, dass dieser nach wie vor öffentlich betont, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute kommt (vgl. § 5 AGGlüStV). Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand von Slogans wie der vom Kläger im Antragsverfahren zitierten, etwa „Oddset tut Gutes“, die so oder in ähnlicher Form nach wie vor verwendet werden („Zahlen für Gutes“ und der Wettmittelfonds als „eine Art Schatzkiste“). Wenn dann auch noch ein Staatssekretär (s.o.) und damit ein hoher Repräsentant des Landes Baden-Württemberg davon spricht, dass die Allgemeinheit nur profitiert, wenn das staatliche Wettangebot bestehen bleibt, muss beim durchschnittlichen Bürger unweigerlich der Eindruck entstehen, „dass das mit den Gefahren ja nicht ganz so schlimm sein kann, wenn ich mit meiner Teilnahme das Gemeinwohl unterstütze“. Oder mit den Worten des Geschäftsberichts der Staatlichen Toto-Lotto GmbH für das Geschäftsjahr 2007 (im Internet für jedermann zugänglich unter www.lotto-bw.de): „Wer an den Spielen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH teilnimmt, fördert gleichzeitig auch ein Stück Lebenskultur in unserem Lande.“
37 
Die Schulungen des Personals sind nach Auffassung der Kammer allenfalls bedingt geeignet. Denn wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung ergeben hat, bietet das derzeitige Oddset-System dem Süchtigen bzw. dem Suchtgefährdeten die Möglichkeit, seine Spielleidenschaft gegenüber der einzelnen Annahmestelle problemlos zu verbergen. Der Vertreter des Beklagten bestätigte nämlich auf entsprechende Nachfrage des Gerichts, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben kann und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Und die jeweils nächste Annahmestelle liegt, wie bereits ausgeführt, in aller Regel nicht weit entfernt. Auf diese Weise kann sich der einzelne suchtgefährdete bzw. suchtkranke Spieler der näheren Überprüfung durch die geschulten Personen leicht entziehen.
38 
Vor dem Hintergrund, dass auch und in erster Linie die Verbindung der Annahmestellen mit dem Einzelhandel die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols begründet, kann die Kammer offenlassen, ob mit dem laut Vertriebskonzept angestrebten Ziel einer Beschränkung auf 3.300 Annahmestellen ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand erreicht wäre.
39 
b) Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit als unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage aus. Es ist seit Langem geklärt, dass gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht insoweit für den nationalen Rechtsanwender und damit auch für die Verwaltungsgerichte unanwendbar ist, als das Gemeinschaftsrecht selbst unmittelbar anwendbar ist (hierzu z.B. Ehlers, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 11 Rn. 34 ff. m.N.).
40 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols auch die Erlaubnispflicht für das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, so dass die Untersagungsverfügung nicht deshalb Bestand haben kann, weil der Kläger über keine derartige Erlaubnis verfügt.
41 
Im Bereich der Sportwetten lässt sich das Staatsmonopol nämlich nicht von der Erlaubnispflicht trennen. Denn eine Erlaubnis kann nach dem Regelungsmodell des Glückspielstaatsvertrags rein privaten Personen lediglich für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV i.V.m. dem Dritten Abschnitt), nicht aber für Sportwetten. Für diese wollte der Gesetzgeber das staatliche Monopol beibehalten. Es würde nun aber dem gesetzgeberischen Anliegen widersprechen anzunehmen, dass eine Erlaubnis doch an rein Private erteilt werden kann (vgl. insoweit auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 24).
42 
Der Verweis des Beklagten auf das Bauordnungsrecht vermag hieran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass bauordnungsrechtliche Verfügungen unter Umständen bereits aufgrund einer formellen (Bau-)Rechtswidrigkeit ergehen können. Auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids besteht allerdings bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in aller Regel ein Rechtsanspruch des Bauherrn (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 LBO). Nach dem Regelungsmodell des Glücksspielstaatsvertrags darf dem rein Privaten hingegen überhaupt keine Erlaubnis für den Bereich der Sportwetten erteilt werden.
43 
4. Dass sich der Kläger als Drittstaatsangehöriger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages berufen kann, führt nicht dazu, dass die Klage abzuweisen ist. Denn die Untersagungsverfügung vom 28.05.2008, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist jedenfalls ungeeignet und deshalb ermessensfehlerhaft (vgl. § 40 LVwVfG; § 114 VwGO). Ob der Klage auch deshalb stattzugeben wäre, weil die Dienstleistungsfreiheit des maltesischen Unternehmens T. Co. Ltd. ungerechtfertigt beschränkt ist, kann offenbleiben.
44 
Aufgrund der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols ist es dem Beklagten verwehrt, Unionsbürgern die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter zu untersagen. Bei einem Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige kann nun aber das Ziel der Bekämpfung von Spielsucht nicht mehr erreicht werden. Denn ein „flächendeckendes“ Vorgehen gegen Private ist nicht mehr möglich. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch ist für die Kammer ersichtlich, dass ein Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige sinnvoll wäre und das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren fördern würde. Ohnehin ist es im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten unerheblich, ob das Angebot von einem Unionsbürger, von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris Rn. 114; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 - juris Rn. 78).
45 
5. Die Untersagungsverfügung ist schließlich in vollem Umfang aufzuheben. Zwar lässt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwetten die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, die am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtet sind, unberührt. So darf der Kläger etwa lediglich Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses vermitteln, er darf keine Wetten während eines laufenden Sportereignisses entgegennehmen und auch seine Werbemaßnahmen müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages beachten. Es ist der Kammer jedoch verwehrt, die Untersagungsverfügung auf einen rechtmäßigen Umfang zu reduzieren. Denn insoweit würde die Verfügung nicht mehr der erkennbaren Absicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei ihrem Erlass entsprechen; diesem würde vielmehr eine Verfügung zugeschrieben, die es offensichtlich so nicht erlassen wollte. Insoweit greift die Kammer auf die - zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß anwendbare - Regelung des § 47 Abs. 2 LVwVfG zurück. Es wäre - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) - die Aufgabe der Exekutive und damit des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dem Kläger verbotene Tätigkeiten zu untersagen.
46 
6. Infolge der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) sind auch die weiteren Regelungen in der Verfügung rechtswidrig und die Verfügung ist insgesamt aufzuheben.
II.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer sieht sich nicht dazu veranlasst, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
48 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 15.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004).
51 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
14 
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 6a Satz 1 AGVwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
1. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der angegriffenen Verfügung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 4).
17 
2. Als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) kommt allein § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (GBl. 2007, 571) in Betracht. Hiernach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Rechtsgrundlage sind erfüllt; denn der Kläger vermittelt nach dem Glücksspielstaatsvertrag unerlaubte Glücksspiele.
18 
Indem der Kläger Wetten für das Unternehmen T. Co. Ltd. entgegennimmt und weiterleitet, vermittelt er (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV) Sportwetten, die Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV sind.
19 
Die vom Kläger vermittelten Sportwetten sind auch unerlaubte Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Denn weder der Kläger noch das Unternehmen T. Co. Ltd. verfügt über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes Baden-Württemberg. Zwar vermittelt der Kläger die Sportwetten nach Malta und damit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft; dies entbindet ihn aber nicht von dem Erfordernis einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde des Landes Baden-Württemberg. Denn nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist das Wettbüro des Klägers in Pforzheim.
20 
Dass die Sportwetten an ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft konzessioniertes Unternehmen vermittelt werden, steht der Einordnung als unerlaubtes Glücksspiel nicht entgegen. Denn diese Konzession kann nicht kraft derzeitigen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (hierzu und zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 21). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 „Ladbrokes Ltd.“ -, Rn. 86). Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178/1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwgrd. 16 und Art. 1 Abs. 5 lit. d Spstr. 3). Die Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u.a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (C-243/01 „Gambelli“) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren. Denn nach diesem Urteil ist den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt. In seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, C-359/04 und C-360/04 „Placanica“, Rn. 57) stellt der Europäische Gerichtshof auch klar, dass ein Konzessionssystem unter bestimmten Umständen ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
21 
3. Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg, das sich im Wesentlichen aus § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV, § 1 Abs. 5 des baden-württembergischen Gesetzes zu dessen Ausführung (GBl. 2008, 81; im Folgenden: AGGlüStV) ergibt, stellt indes in seiner derzeitigen Ausgestaltung eine im Hinblick auf das mit ihm verfolgte Ziel nicht geeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages (Art. 49 EGV) dar (a). Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage folglich aus (b). Ob das staatliche Sportwettenmonopol darüber hinaus auch mit nationalem Verfassungsrecht unvereinbar ist, kann offenbleiben.
22 
a) Nach Art. 49 Abs. 1 EGV sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen der Leistungserbringung ansässig sind, verboten. Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrages sind nach Art. 50 Abs. 1 EGV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
23 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, und damit das Vermitteln von Sportwetten zu den Dienstleitungen i.S.v. Art. 50 EGV gehört (Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 52). Art. 49 EGV erfasst auch Dienstleistungen, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringern anbietet (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 54). Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem der Vermittler seine Tätigkeit ausübt, zu erleichtern, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 58).
24 
Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann aufgrund der in den Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (vgl. nur Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 60). Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der staatlichen Glücksspielpolitik sein (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 62; hiervon ausgehend bedenklich die Äußerung des Staatssekretärs Fleischer in der Landtagssitzung vom 28.11.2007 [Plenarprotokoll 14. WP/S. 2365]: „Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge . Diese Förderung kann z.B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wettanbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts. Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur , wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.“ [ Hervorhebungen durch das Gericht ]). Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, rechtfertigen ein ausreichendes Ermessen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Damit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 65).
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Bei verfassungskonformer Auslegung ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, das in § 1 Nr. 1 GlüStV genannte Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das eigentliche Ziel für die weitere Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 30). Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261) zum damaligen bayerischen Staatsmonopol für Sportwetten, ist ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Da davon auszugehen ist, dass die Parteien des Glücksspielstaatsvertrages mit diesem einen verfassungskonformen Zustand herbeiführen wollten, ist den anderen in § 1 des Staatsvertrages genannten Zielen lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ist konsequenter Weise das eigentliche Ziel des Staatsvertrages zugrunde zu legen.
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Das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren vermag grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (hierzu und zum Folgenden Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 67); jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Bei der Überprüfung des staatlichen Sportwettenmonopols anhand dieser Maßstäbe hat das nationale Gericht nicht nur das nationale Regelwerk, das das Monopol begründet, sondern auch die „konkreten Anwendungsmodalitäten“ (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 75), d.h. dessen tatsächliche Ausgestaltung heranzuziehen.
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Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergibt, ist nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie bildet eine ausreichende normative Grundlage für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (a.A. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris passim).
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Der Glücksspielstaatsvertrag überlässt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers die Regelung über Art und Zuschnitt der Wetten nicht der Exekutive, sondern enthält insoweit am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtete Regelungen (a.A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris Rn. 50). So besagt § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht nur, dass Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten erlaubt werden können. Diese Bestimmung legt vielmehr auch fest, dass Sportwetten nur auf den Ausgang eines Sportereignisses und somit nicht auf einzelne Ereignisse während eines solchen geschlossen werden dürfen. Des Weiteren verbietet § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten während eines laufenden Sportereignisses (vgl. auch § 6 Abs. 2 AGGlüStV) sowie Wetten über Telekommunikationsanlagen. Auch ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und damit auch von Sportwetten im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV auch Vorgaben zu den Einsatzgrenzen machen. All die genannten Regelungen sind bei der Regelung von Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis „im Einzelnen“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV) zu berücksichtigen, so dass die Exekutive bei der Erlaubniserteilung keinesfalls „nach Gutdünken“ vorgehen kann.
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Auch im Übrigen enthält das Regelwerk ausreichende, am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtete Regelungen. So ist etwa die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel ist nur eingeschränkt erlaubt. Sie hat sich gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken; sie darf insbesondere gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Bestimmte Formen der Werbung, nämlich die Werbung im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sowie Trikot- und Bandenwerbung nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, sind verboten. Auch die §§ 6 - 8 GlüStV mit ihren Vorgaben zu den Sozialkonzepten, insbesondere auch der Verpflichtung zur Schulung des Personals, zur Aufklärung und zu den Spielersperren lassen deutlich erkennen, dass das Regelwerk das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ernst nimmt.
30 
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht, dass das Gemeinschaftsrecht weitergehende Anforderungen an die normativen Grundlagen für ein staatliches Sportwettenmonopol stellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Frage im Übrigen auch keiner weiteren Klärung, insbesondere nicht durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof.
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Die rechtliche Ausgestaltung ist allerdings insoweit defizitär, als durch sie das frühere Vertriebssystem über den Einzelhandel mittels der Übergangsvorschrift des § 7 Abs. 4 AGGlüStV für das Jahr 2008 normativ festgeschrieben wird. Denn gerade dieses Vertriebssystem führt zur Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols in Baden-Württemberg mit dem Gemeinschaftsrecht.
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Dass das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg - jedenfalls derzeit - mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist, folgt nach Auffassung der Kammer aus dessen tatsächlicher Ausgestaltung . Denn mit dem Vertrieb der Sportwetten über die Toto-Lotto-Annahmestellen beruht das staatliche Monopol auf einem Vertriebskonzept, das sich nicht mit dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren in Einklang bringen lässt. Trotz gewisser Veränderungen entspricht das tatsächliche Erscheinungsbild im Wesentlichen weiterhin dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Im Einzelnen:
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Schon die erhebliche Dichte von Annahmestellen - laut Vertriebskonzept der Toto-Lotto-GmbH vom 09.06.2008 liegt der Richtwert etwa in Großstädten bei einer Annahmestelle pro 2.500 Einwohnern; hiernach dürfte es beispielsweise in der Stadt Karlsruhe mit ungefähr 275.000 Einwohnern etwa 110 Annahmestellen geben - sorgt dafür, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten nicht auf wenige Örtlichkeiten beschränkt ist, sondern vielmehr - gerade in Großstädten - an nahezu jeder Straßenecke und somit nach wie vor „in bewusster Nähe zum Kunden“ besteht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Infolgedessen ist die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin ein allerorts verfügbares Gut (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.). Bereits die Häufung der Annahmestellen lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Einzelne die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt, als etwas grundsätzlich staatlicherseits Missbilligtes. Gerade dies aber wäre nach Auffassung der Kammer (in Übereinstimmung mit dem VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 -1 K 547/07 -, juris Rn. 32 f.) für ein konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes staatliches Monopol erforderlich.
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Noch größeres Gewicht ist nach Auffassung der Kammer dem Umstand beizumessen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten im Wesentlichen über Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolgt. Die Kunden dieser Verkaufsstellen werden mit dem staatlichen Sportwettenangebot konfrontiert, wenn sie Erledigungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift, von Schreibmaterialien oder Süßigkeiten, machen. Auch wenn nunmehr nicht mehr ein gleichzeitiger Zahlungsvorgang möglich ist, sorgt doch dieses Nebeneinander von „unbedenklichen“ Waren und „bedenklichen“ Glücksspielangeboten dafür, dass auch die Glücksspiele und somit auch die Sportwetten von dem durchschnittlichen Kunden als ein grundsätzlich normales Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden. Die Teilnahme an einer Sportwette wird auf diese Weise, ebenso wie etwa der Kauf von Alkohol und Zigaretten - zwei Produkten, die ebenfalls unbestritten mit hohen Suchtgefahren verbunden sind -, als ein sozialadäquates Verhalten wahrgenommen. Der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck bei speziellen „Glücksspielläden“ gerade nicht entstehen kann. Denn dort wird man in der Tat nicht „im Vorbeigehen“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, vielmehr muss sich der Kunde diesem bewusst aussetzen.
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Dieses strukturelle Defizit im Vertriebskonzept besteht trotz der Bemühungen des Beklagten und der Toto-Lotto-Gesellschaft im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Vertriebskonzepts am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren. Denn insbesondere die Hinweise in den Annahmestellen und auf den Spielscheinen auf die Suchtgefahren sowie entsprechende Schulungen des Personals der Annahmestellen vermögen nichts daran zu ändern, dass das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft als ein alltäglich verfügbares und nicht „grundsätzlich bedenkliches“ und damit als ein sozialadäquates Gut wahrgenommen wird.
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Die Hinweise (zum zweifelhaften Nutzen derartiger Warnhinweise vgl. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/08 -, juris Rn. 49) werden von Seiten des staatlichen Monopolisten schon selbst dadurch relativiert, dass dieser nach wie vor öffentlich betont, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute kommt (vgl. § 5 AGGlüStV). Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand von Slogans wie der vom Kläger im Antragsverfahren zitierten, etwa „Oddset tut Gutes“, die so oder in ähnlicher Form nach wie vor verwendet werden („Zahlen für Gutes“ und der Wettmittelfonds als „eine Art Schatzkiste“). Wenn dann auch noch ein Staatssekretär (s.o.) und damit ein hoher Repräsentant des Landes Baden-Württemberg davon spricht, dass die Allgemeinheit nur profitiert, wenn das staatliche Wettangebot bestehen bleibt, muss beim durchschnittlichen Bürger unweigerlich der Eindruck entstehen, „dass das mit den Gefahren ja nicht ganz so schlimm sein kann, wenn ich mit meiner Teilnahme das Gemeinwohl unterstütze“. Oder mit den Worten des Geschäftsberichts der Staatlichen Toto-Lotto GmbH für das Geschäftsjahr 2007 (im Internet für jedermann zugänglich unter www.lotto-bw.de): „Wer an den Spielen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH teilnimmt, fördert gleichzeitig auch ein Stück Lebenskultur in unserem Lande.“
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Die Schulungen des Personals sind nach Auffassung der Kammer allenfalls bedingt geeignet. Denn wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung ergeben hat, bietet das derzeitige Oddset-System dem Süchtigen bzw. dem Suchtgefährdeten die Möglichkeit, seine Spielleidenschaft gegenüber der einzelnen Annahmestelle problemlos zu verbergen. Der Vertreter des Beklagten bestätigte nämlich auf entsprechende Nachfrage des Gerichts, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben kann und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Und die jeweils nächste Annahmestelle liegt, wie bereits ausgeführt, in aller Regel nicht weit entfernt. Auf diese Weise kann sich der einzelne suchtgefährdete bzw. suchtkranke Spieler der näheren Überprüfung durch die geschulten Personen leicht entziehen.
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Vor dem Hintergrund, dass auch und in erster Linie die Verbindung der Annahmestellen mit dem Einzelhandel die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols begründet, kann die Kammer offenlassen, ob mit dem laut Vertriebskonzept angestrebten Ziel einer Beschränkung auf 3.300 Annahmestellen ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand erreicht wäre.
39 
b) Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit als unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage aus. Es ist seit Langem geklärt, dass gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht insoweit für den nationalen Rechtsanwender und damit auch für die Verwaltungsgerichte unanwendbar ist, als das Gemeinschaftsrecht selbst unmittelbar anwendbar ist (hierzu z.B. Ehlers, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 11 Rn. 34 ff. m.N.).
40 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols auch die Erlaubnispflicht für das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, so dass die Untersagungsverfügung nicht deshalb Bestand haben kann, weil der Kläger über keine derartige Erlaubnis verfügt.
41 
Im Bereich der Sportwetten lässt sich das Staatsmonopol nämlich nicht von der Erlaubnispflicht trennen. Denn eine Erlaubnis kann nach dem Regelungsmodell des Glückspielstaatsvertrags rein privaten Personen lediglich für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV i.V.m. dem Dritten Abschnitt), nicht aber für Sportwetten. Für diese wollte der Gesetzgeber das staatliche Monopol beibehalten. Es würde nun aber dem gesetzgeberischen Anliegen widersprechen anzunehmen, dass eine Erlaubnis doch an rein Private erteilt werden kann (vgl. insoweit auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 24).
42 
Der Verweis des Beklagten auf das Bauordnungsrecht vermag hieran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass bauordnungsrechtliche Verfügungen unter Umständen bereits aufgrund einer formellen (Bau-)Rechtswidrigkeit ergehen können. Auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids besteht allerdings bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in aller Regel ein Rechtsanspruch des Bauherrn (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 LBO). Nach dem Regelungsmodell des Glücksspielstaatsvertrags darf dem rein Privaten hingegen überhaupt keine Erlaubnis für den Bereich der Sportwetten erteilt werden.
43 
4. Dass sich der Kläger als Drittstaatsangehöriger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages berufen kann, führt nicht dazu, dass die Klage abzuweisen ist. Denn die Untersagungsverfügung vom 28.05.2008, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist jedenfalls ungeeignet und deshalb ermessensfehlerhaft (vgl. § 40 LVwVfG; § 114 VwGO). Ob der Klage auch deshalb stattzugeben wäre, weil die Dienstleistungsfreiheit des maltesischen Unternehmens T. Co. Ltd. ungerechtfertigt beschränkt ist, kann offenbleiben.
44 
Aufgrund der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols ist es dem Beklagten verwehrt, Unionsbürgern die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter zu untersagen. Bei einem Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige kann nun aber das Ziel der Bekämpfung von Spielsucht nicht mehr erreicht werden. Denn ein „flächendeckendes“ Vorgehen gegen Private ist nicht mehr möglich. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch ist für die Kammer ersichtlich, dass ein Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige sinnvoll wäre und das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren fördern würde. Ohnehin ist es im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten unerheblich, ob das Angebot von einem Unionsbürger, von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris Rn. 114; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 - juris Rn. 78).
45 
5. Die Untersagungsverfügung ist schließlich in vollem Umfang aufzuheben. Zwar lässt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwetten die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, die am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtet sind, unberührt. So darf der Kläger etwa lediglich Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses vermitteln, er darf keine Wetten während eines laufenden Sportereignisses entgegennehmen und auch seine Werbemaßnahmen müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages beachten. Es ist der Kammer jedoch verwehrt, die Untersagungsverfügung auf einen rechtmäßigen Umfang zu reduzieren. Denn insoweit würde die Verfügung nicht mehr der erkennbaren Absicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei ihrem Erlass entsprechen; diesem würde vielmehr eine Verfügung zugeschrieben, die es offensichtlich so nicht erlassen wollte. Insoweit greift die Kammer auf die - zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß anwendbare - Regelung des § 47 Abs. 2 LVwVfG zurück. Es wäre - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) - die Aufgabe der Exekutive und damit des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dem Kläger verbotene Tätigkeiten zu untersagen.
46 
6. Infolge der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) sind auch die weiteren Regelungen in der Verfügung rechtswidrig und die Verfügung ist insgesamt aufzuheben.
II.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer sieht sich nicht dazu veranlasst, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
48 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 15.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004).
51 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.