Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 11. Apr. 2018 - 1 K 8555/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2010 - 6 K 4127/09 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tatbestand
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Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, wendet sich gegen die anteilige Kürzung von Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007.
- 2
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Die Klägerin betreibt in G. ein Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung. Am 20. September 2004 beantragte sie die Zuteilung von Emissionsberechtigungen nach § 9 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (TEHG) i.V.m. § 7 Abs. 1 bis 6, § 14 des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungsgesetz 2007 - ZuG 2007). Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 wurden ihr für die o.g. Anlage nach anteiliger Kürzung gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007 60 954 891 Berechtigungen für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 zugeteilt. Ohne anteilige Kürzung hätte die Klägerin seinerzeit weitere 2 952 660 Berechtigungen erhalten.
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Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage auf Neubescheidung des Zuteilungsantrags blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht erfolglos. Der erkennende Senat wies die Revision der Klägerin mit Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 33.07 - mit der Begründung zurück, dass die anteilige Kürzung von Zuteilungen gemeinschafts- und verfassungsrechtlich unbedenklich sei, die dem maßgeblichen Kürzungsfaktor zugrunde liegende Prognose vor Erteilung der Zuteilungsbescheide zu ermitteln und gerichtlich nur eingeschränkt darauf nachprüfbar sei, ob die Behörde die einfach-rechtlichen Zuteilungsmaßstäbe und Zuteilungsregeln verkannt habe. Dies habe das Oberverwaltungsgericht zu Recht verneint.
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Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil des Senats mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - wegen einer Verletzung des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auf und verwies die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurück.
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Die Klägerin hält an ihrem Begehren auf Neubescheidung ihres Zuteilungsantrags vom 20. September 2004 fest. Hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass die anteilige Kürzung der Zuteilung von Emissionsberechtigungen hinsichtlich des zugrunde gelegten Kürzungsfaktors rechtswidrig war.
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Ihr Anspruch auf Mehrzuteilung von Berechtigungen habe sich durch Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 am 31. Dezember 2007 nicht erledigt, sondern sei nunmehr durch Zuteilung von Berechtigungen für die zweite Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zu erfüllen. Die Vorschrift des § 20 ZuG 2007, wonach Berechtigungen der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG nicht in die folgende Zuteilungsperiode überführt, sondern mit Ablauf des 30. April 2008 gelöscht werden, stehe dem nicht entgegen. Diese Norm ziele nur darauf, ein periodenübergreifendes Banking der Berechtigungen aus der ersten Periode zu verhindern, um eine Belastung des Emissionsbudgets für die erste Kyoto-Periode von 2008 bis 2012 zu verhindern. Zu nicht erfüllten Zuteilungsansprüchen verhalte sie sich - ebenso wie § 6 Abs. 4 TEHG - nicht.
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Herzuleiten sei ihr Anspruch auf Kompensation der rechtswidrig vorenthaltenen Berechtigungen für die abgelaufene Zuteilungsperiode durch Zuteilung von Berechtigungen für die laufende Zuteilungsperiode aus dem Grundsatz periodenübergreifender Kontinuität der Rechts- und Pflichtenpositionen der Anlagenbetreiber, der in § 18 Abs. 3 TEHG verankert sei.
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Auch Art. 19 Abs. 4 GG gebiete es, unerfüllte Zuteilungsansprüche aus der abgelaufenen Periode durch Zuteilung von Berechtigungen der Folgeperiode zu erfüllen. Die in § 20 ZuG 2007 geregelte ersatzlose Löschung der Emissionsberechtigungen aus der Periode 2005 bis 2007 am 30. April 2008 und der Untergang offener Zuteilungsansprüche dürften nicht gleichgesetzt werden. Durch das Untergehen des Zuteilungsanspruchs werde der Anlagenbetreiber doppelt belastet: Zum einen habe er keine Möglichkeit gehabt, die mit den Berechtigungen verbundenen Vorteile zu realisieren. Zum anderen sei er weiterhin abgabepflichtig gewesen und verliere so einen Teil des ihm zum Ausgleich für die Einführung des Emissionshandels bzw. zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit gewährten Anspruchs.
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Die gegenteilige Auffassung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Die Erfüllung offener Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 durch Zuteilung von Berechtigungen der zweiten Periode gefährde die Einhaltung der Reduktionszusage nicht. Das in der ersten Kyoto-Periode von 2008 bis 2012 zur Verfügung stehende Emissionsbudget werde dadurch nicht erhöht, weil die zur Erfüllung der offenen Zuteilungsansprüche erforderlichen Berechtigungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 der Reserve zu entnehmen seien. Die Reserve sei Teil des Emissionsbudgets für die Periode 2008 bis 2012 und weite dieses nicht aus.
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-
Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, insbesondere fehle es ihr nicht an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche aus Amtshaftung oder enteignungsgleichem Eingriff seien nicht offensichtlich aussichtslos. Amtshaftungsansprüche folgten aus dem Erlass des nichtigen § 6 Abs. 6 ZuV 2007 durch die Bundesregierung und der rechtswidrigen Ermittlung des Kürzungsfaktors durch die Beklagte. Die Kollegialgerichtsrichtlinie stehe ihrem Amtshaftungsanspruch nicht entgegen, weil die Kollegialgerichte die Rechtslage - wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe - offensichtlich verkannt hätten. Ihr sei auch ein Schaden entstanden. Aufgrund der rechtswidrigen Vorenthaltung weiterer Berechtigungen habe sie am Markt Emissionsberechtigungen hinzukaufen müssen, um ihrer Abgabepflicht nachkommen zu können. Abgesehen davon bestehe auch Wiederholungsgefahr.
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Die Beklagte tritt dem entgegen. Nach ihrer Auffassung hat sich der Rechtsstreit mit Löschung der Berechtigungen der ersten Zuteilungsperiode am 30. April 2008 erledigt. Mangels zuteilungsfähiger Berechtigungen sei auch der Zuteilungsanspruch erloschen, denn dieser könne nicht weiter reichen als die Emissionsberechtigungen selbst. Die Klage auf Neubescheidung sei daher mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden, dasselbe gelte für die Revision.
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Der Zuteilungsanspruch aus der ersten Periode 2005 bis 2007 habe sich mit Ablauf des 30. April 2008 auch nicht in einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen der zweiten Periode umgewandelt. Einen Grundsatz periodenübergreifender Kontinuität gebe es jedenfalls für den Übergang von der ersten zur zweiten Periode nicht. Er folge auch nicht aus § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG, weil diese Vorschrift für Berechtigungen der ersten Zuteilungsperiode nicht einschlägig sei. Für den Übergang von der ersten zur zweiten Zuteilungsperiode sei in § 20 ZuG 2007 vielmehr ausdrücklich Diskontinuität geregelt worden. Der Sinn und Zweck dieser Regelung, ein periodenübergreifendes Banking von der ersten zur zweiten Handelsperiode auszuschließen, stehe auch einer Ersetzung des Anspruchs auf Berechtigungen aus der ersten Periode durch einen Anspruch auf Berechtigungen aus der zweiten Periode entgegen.
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Diese Auslegung sei mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Sie führe nicht zu einer Rechtsschutzlücke, weil die Möglichkeit bestanden habe, um einstweiligen Rechtsschutz auf vorläufige Zuteilung weiterer Berechtigungen nachzusuchen.
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Abgesehen davon sei die Klage auf Neubescheidung auch deshalb unzulässig, hilfsweise unbegründet, weil sie im Ergebnis nicht zu einer Mehrzuteilung führen würde. Eine Neuberechnung müsse nicht nur die Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007, sondern auch die Unanwendbarkeit der anteiligen Kürzung auf die sog. Optierer nach § 7 Abs. 12 ZuG 2007 berücksichtigen. Dies hätte eine Verminderung des Kürzungsfaktors zur Folge, sodass der Klägerin noch weniger Berechtigungen zuzuteilen wären. Zudem stehe noch nicht rechtskräftig fest, dass § 6 Abs. 6 ZuV 2007 tatsächlich nichtig sei.
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Der Hilfsantrag sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Es bestehe weder eine Wiederholungsgefahr noch lägen die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch oder eine Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff vor. Ein Amtshaftungsprozess wäre aussichtslos. Der Klägerin könne wegen des geringen Werts der Berechtigungen zum Ende der Zuteilungsperiode nur ein geringer Schaden entstanden sein. Überdies könne den Mitarbeitern der Deutschen Emissionshandelsstelle kein Verschulden vorgeworfen werden, weil Kollegialgerichte über drei Instanzen die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Zuteilung bejaht hätten.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist zulässig (1), mit dem Hauptantrag auf Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen für die Periode 2005 bis 2007 aber unbegründet (2). Über den im Revisionsverfahren als Hilfsantrag gestellten, zulässigen Fortsetzungsfeststellungsantrag kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Insoweit muss die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden (3).
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1. Entgegen der Auffassung der Beklagten begegnet die Zulässigkeit der Revision keinen Bedenken. Auf die Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen nach Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 am 31. Dezember 2007 entfallen ist, weil der Zuteilungsanspruch untergegangen ist, kommt es insoweit nicht an. Die Sachurteilsvoraussetzungen, von denen die Zulässigkeit der Klage abhängt, sind regelmäßig nicht zugleich Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision. Von ihnen hängt vielmehr die Begründetheit der Revision ab (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 143 Rn. 10). Etwas Anderes gilt nur für das Fehlen von Sachurteilsvoraussetzungen, von denen zugleich die Wirksamkeit der Revision als Prozesshandlung abhängt. Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor.
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2. Soweit sich die Revision im Hauptantrag dagegen richtet, dass das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage auf Mehrzuteilung von Berechtigungen abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen hat, ist sie unbegründet. Das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt zwar in einem tragenden Punkt gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO, a). Es stellt sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO, b).
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a) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kürzungsvorschrift des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 mit Gemeinschaftsrecht und Verfassungsrecht vereinbar ist, die Berechnung des Kürzungsfaktors unmittelbar vor Zuteilung der Berechtigungen nicht zu beanstanden ist und die gerichtliche Kontrolle der Prognose über die Zuteilungsmenge beschränkt ist, namentlich Korrekturen individueller Zuteilungsbescheide die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage stellen (Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 33.07 - BVerwGE 129, 328 ff. = Buchholz 406.253 § 4 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 18 f., 35 f., 44 f.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - DVBl 2010, 250 f.).
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Mit revisiblem Recht nicht vereinbar ist dagegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass bei der Berechnung des Kürzungsfaktors die einfach-rechtlichen Maßstäbe beachtet worden sind. Denn bei der Berechnung des Kürzungsfaktors ist auch § 6 Abs. 6 ZuV 2007 zur Anwendung gekommen, den der Senat mit Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 28.07 - (Buchholz 406.253 § 13 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 26) für nichtig befunden hat. Die Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 wirkt sich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 2009 (a.a.O., BA S. 27/28) auf die Rechtmäßigkeit der behördlichen Prognose aus.
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An der Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 hält der Senat auch in Ansehung der von der Beklagten erhobenen Einwände fest. Zum einen versteht es sich von selbst, dass die vom Senat festgestellte Nichtigkeit dieser Vorschrift auch gegenüber solchen Anlagenbetreibern beachtlich ist, die an dem o.g. Verwaltungsstreitverfahren nicht beteiligt waren. Zum anderen geben auch die inhaltlichen Einwände der Beklagten dem Senat keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zu ändern. Der Senat hat in seinem Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 28.07 - (a.a.O.) eingehend dargelegt und begründet, dass der Begriff der Verbrennung in § 13 Abs. 2 Satz 1 ZuG 2007 im naturwissenschaftlichen Sinne zu verstehen ist und die bei der Regeneration von Katalysatoren für die Crack- und Reformprozesse entstehenden Kohlendioxid-Emissionen ausschließlich das Produkt einer Verbrennung im naturwissenschaftlichen Sinne darstellen. Die Beklagte hat keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Bewertung in Frage stellen.
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Ohne Anwendung des nichtigen § 6 Abs. 6 ZuV 2007 wäre der Kürzungsfaktor für die Klägerin günstiger ausgefallen, weil die Zahl der dem Erfüllungsfaktor unterfallenden Anlagen größer gewesen wäre. Dieser Rechtsverstoß entfällt auch nicht deshalb, weil die Beklagte bei der Berechnung des Kürzungsfaktors zudem fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass auch die Emissionsberechtigungen an Optionsanlagen im Sinne von § 7 Abs. 12 ZuG 2007 einer anteiligen Kürzung nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 unterliegen (Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 29.07 - Buchholz 406.253 § 7 ZuG 2007 Nr. 2). Ob sich dieser Fehler bei einer Neuberechnung so auswirken würde, dass die Klägerin - wie die Beklagte geltend macht - keinen Anspruch auf Mehrzuteilung hätte, sondern ihr für die Periode 2005 bis 2007 zu viele Berechtigungen zugeteilt worden sind, ist nur für die Frage von Bedeutung, ob die begehrte Mehrzuteilung von Berechtigungen im Ergebnis zu Recht versagt worden ist.
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b) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts stellt sich trotz des Bundesrechtsverstoßes im Ergebnis als richtig dar. Der Hauptantrag ist zwar weiterhin zulässig (aa), in der Sache aber nicht begründet (bb).
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aa. Der Hauptantrag ist bei verständiger Würdigung nicht auf Neubescheidung des Zuteilungsantrags, sondern auf die Verpflichtung der Beklagten zur Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen gerichtet. Die Zuteilungsentscheidung nach § 9 Abs. 1 TEHG i.V.m. den maßgeblichen Regelungen des jeweiligen Zuteilungsgesetzes ist eine gebundene Entscheidung, mag sie auch auf einem komplexen Rechenwerk beruhen. Fehler - etwa bei der Berechnung des Kürzungsfaktors oder der individuellen Zuteilungsmenge - rechtfertigen es daher nicht, den Zuteilungsbescheid aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten. Das Ergebnis einer solchen Verfahrensweise wäre regelmäßig lediglich eine Wiederholung des Rechenvorgangs bzw. des Verwaltungsverfahrens mit der Folge erneuter Bescheidung und Eröffnung eines weiteren Widerspruchs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dies ist auch aus Gründen der Prozessökonomie abzulehnen. In der Regel ist daher im gerichtlichen Verfahren nur ein Antrag auf Verpflichtung zur Mehrzuteilung sachdienlich. Aus dem Urteil des 6. Senats vom 31. März 2004 - BVerwG 6 C 11.03 - (BVerwGE 120, 263 <276> = Buchholz 442.066 § 37 TKG Nr. 1) folgt nichts Anderes. Zwar heißt es dort in Rn. 43 wörtlich, dass "es der Dispositionsbefugnis des Klägers unterfällt, statt der Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes nur die Verpflichtung zur Neubescheidung zu begehren". Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist aber mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dass der 6. Senat insoweit einen für alle denkbaren Fallgestaltungen geltenden Rechtssatz aufstellen wollte, ist nicht ersichtlich. Dem nachvollziehbaren Unvermögen der Anlagenbetreiber, einen Antrag auf Mehrzuteilung zu beziffern, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass eine konkrete Bezifferung nicht verlangt wird, sondern es ausreicht, wenn die Begründung des Antrags erkennen lässt, aus welchen Gründen die Zuteilungsentscheidung als fehlerhaft erachtet wird und ein für die Anlagenbetreiber günstigeres Ergebnis jedenfalls nicht ausgeschlossen scheint.
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Im Übrigen stellen z.B. die (Neu)Berechnung des Kürzungsfaktors und die Anwendung des Kürzungsfaktors auf den jeweiligen Einzelfall im Wesentlichen reines Rechenwerk dar. Diesem Rechenvorgang vorgelagerte Rechtsfragen, etwa welche Aspekte bei der Bestimmung des Kürzungsfaktors zu berücksichtigen sind, haben ohnehin die Gerichte zu klären. Diese sind daher bei Verpflichtungsklagen auf Mehrzuteilung von Berechtigungen grundsätzlich zur Spruchreifmachung verpflichtet. Die in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von der Verpflichtung zur Spruchreifmachung (vgl. Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 66) sind insoweit nicht einschlägig.
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Die Klage auf Mehrzuteilung von Berechtigungen ist nach Ablauf der Handelsperiode 2005 bis 2007 am 31. Dezember 2007 nicht unzulässig geworden, namentlich fehlt es der Klägerin nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis.
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Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verpflichtungsklage kann nur verneint werden, wenn die Nutzlosigkeit des erstrebten Verwaltungsaktes für den Kläger tatsächlich oder rechtlich außer Zweifel steht (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 ff. = Buchholz 451.74 § 9 KHG Nr. 9 = juris Rn. 19). Davon kann hier keine Rede sein. Die inzwischen entscheidungserheblich gewordene Frage, ob der Anspruch auf Zuteilung weiterer Berechtigungen aus der Handelsperiode 2005 bis 2007 untergegangen ist, ist bisher weder höchstrichterlich geklärt noch offensichtlich im Sinne der Beklagten zu beantworten. Ihre Klärung muss daher der Begründetheitsprüfung vorbehalten bleiben.
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bb. Diese fällt im Ergebnis zu Lasten der Klägerin aus. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Mehrzuteilung von Berechtigungen ist mit Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 ersatzlos untergegangen.
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Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass ein Mehrzuteilungsanspruch der Klägerin nicht mehr durch Zuteilung von Berechtigungen aus der ersten Periode von 2005 bis 2007 erfüllt werden könnte. Die Berechtigungen der ersten Periode wurden am 30. April 2008 gelöscht (§ 20 ZuG 2007) und können daher nicht mehr Gegenstand einer Zuteilungsentscheidung sein.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin sind offene Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode auch nicht durch Zuteilung von Berechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zu erfüllen. Für dieses Begehren fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
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Das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz enthält zu der Frage, welches Schicksal unerfüllte Zuteilungsansprüche bzw. offene Zuteilungsverfahren am Ende der jeweiligen Zuteilungsperiode erleiden, keine ausdrücklichen Regelungen. Es behandelt nur die zugeteilten Berechtigungen. So ist etwa in § 6 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 Satz 1 TEHG bestimmt, dass Berechtigungen nur für eine bestimmte Zuteilungsperiode Geltung haben. Nach § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG werden nicht abgegebene Berechtigungen einer abgelaufenen Zuteilungsperiode vier Monate nach Ende der Zuteilungsperiode in Berechtigungen der laufenden Zuteilungsperiode überführt. Die Vorschrift ermöglicht damit ein Ansparen von Berechtigungen zur Erfüllung zukünftiger Abgabeverpflichtungen in einer neuen Zuteilungsperiode oder zum Verkauf auf dem freien Markt (sog. Banking).
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Als Rechtsgrundlage für die Umwandlung offener Zuteilungsansprüche aus einer abgelaufenen Periode in solche auf Berechtigungen der neuen Periode scheidet § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG - von allem anderen abgesehen - hier schon deshalb aus, weil der nationale Gesetzgeber für die Berechtigungen der Periode 2005 bis 2007 aufgrund der Ermächtigung in § 6 Abs. 4 Satz 5 TEHG, die ihrerseits auf eine Ermächtigung in Art. 13 Abs. 2 UA 2 EH-Richtlinie zurückgeht, in § 20 ZuG 2007 eine abweichende Regelung getroffen hat. Danach werden die Berechtigungen der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG nicht in die folgende Zuteilungsperiode überführt, sondern mit Ablauf des 30. April 2008 gelöscht.
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Sinn und Zweck des § 20 ZuG 2007 ist es, eine Überführung von Emissionsberechtigungen der ersten Zuteilungsperiode in die zweite Zuteilungsperiode auszuschließen, um sicherzustellen, dass die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen des Kyoto-Protokolls nicht gefährdet wird. Die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll beziehen sich auf den Zeitraum 2008 bis 2012. Maßgeblich ist der Vergleich der Treibhausgas-Emissionen im Vergleichsjahr (in der Regel 1990) mit den durchschnittlichen Emissionen im Zeitraum 2008 bis 2012. Bereits vor 2008 erreichte Minderungen können auf die Verpflichtungen im Zeitraum 2008 bis 2012 nicht angerechnet werden. Vielmehr hätten die Berechtigungen aus der sog. Pre-Kyoto-Periode mit denjenigen aus der zugeteilten Menge nach dem Kyoto-Protokoll verrechnet werden müssen, was eine Reduzierung der ab 2008 in Deutschland für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 ausgegebenen Menge an Emissionsberechtigungen zur Folge gehabt hätte. Das Ansparen von Emissionsberechtigungen in der ersten Periode mit dem Ziel der Überführung in die zweite Periode hätte daher zumindest das Risiko mit sich gebracht, die Reduktionsverpflichtungen zu verfehlen (vgl. BTDrucks 15/2966 S. 26; Körner/Vierhaus, TEHG, 2005, § 20 ZuG 2007 Rn. 6 - 8; Frenz, Emissionshandelsrecht, 2005, § 20 ZuG 2007 Rn. 2; Klinski, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Bd. 2, Stand März 2010, § 20 ZuG 2007 Rn. 4; Mutschler, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl. 2010, § 6 TEHG Rn. 26).
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Ein Anspruch darauf, dass offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 durch Zuteilung von Berechtigungen der Periode 2008 bis 2012 erfüllt werden, folgt auch nicht aus einem "Grundsatz periodenübergreifender Kontinuität der Rechts- und Pflichtenpositionen der Anlagenbetreiber", den die Klägerin aus § 18 Abs. 3 TEHG herleiten will. Die im Abschnitt 5 "Sanktionen" angesiedelte Vorschrift des § 18 TEHG betrifft schon nach ihrer amtlichen Überschrift, aber auch nach ihrem Regelungsgehalt nur die Durchsetzung der Abgabepflicht. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG bleibt der Verantwortliche verpflichtet, die fehlenden Berechtigungen, im Fall des Absatzes 2 nach Maßgabe der erfolgten Schätzung, bis zum 31. Januar des Folgejahres abzugeben. Tut er dies nicht, werden Berechtigungen, auf deren Zuteilung oder Ausgabe der Verantwortliche einen Anspruch hat, auf seine Verpflichtung nach Satz 1 angerechnet (§ 18 Abs. 3 Satz 2 TEHG). Diese Regelungen, die unmittelbar zur Durchsetzung der in § 1 TEHG verankerten klima- und umweltpolitischen Ziele des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes dienen, rechtfertigen den Umkehrschluss auf einen periodenübergreifenden Fortbestand offener Zuteilungsansprüche nicht. Zwar lässt § 18 Abs. 3 TEHG, namentlich die Verrechnungsregelung in Satz 2, ebenso wie § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG erkennen, dass die Zuteilungsperioden nicht strikt voneinander getrennt, sondern in Teilbereichen miteinander verzahnt sind. Der Umstand, dass der Gesetzgeber Verzahnungen zwischen den Zuteilungsperioden in § 6 Abs. 4 Satz 4 und § 18 Abs. 3 TEHG für bestimmte Bereiche explizit geregelt hat, spricht aber eher dagegen als dafür, diese Regelungen auch auf andere Sachverhalte anzuwenden.
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Ein Anspruch auf Erfüllung offener Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 durch Zuteilung von Berechtigungen aus der zweiten Periode kann schließlich auch nicht aus § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 hergeleitet werden.
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Nach § 5 Abs. 1 ZuG 2012 werden 23 Millionen Berechtigungen pro Jahr als Reserve für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zurückbehalten. Die Gesamtmenge der zuteilbaren Berechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 beträgt 442,07 Millionen zzgl. einer Menge von bis zu 11 Millionen Berechtigungen pro Jahr für die Zuteilung an Anlagen, auf die § 26 Abs. 1 TEHG Anwendung findet (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ZuG 2012). Die Gesamtmenge umfasst auch die Berechtigungen, die als Reserve nach § 5 Abs. 1 ZuG 2012 (und für eine Veräußerung nach § 19 TEHG) zurückbehalten werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 ZuG 2012). Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 dient die Reserve u.a. der Erfüllung von Ansprüchen in den Fällen, in denen die Ansprüche nach Abschluss des Zuteilungsverfahrens rechtskräftig festgestellt worden sind und soweit diese Ansprüche über die ursprüngliche Zuteilungsmenge hinausgehen.
- § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012
- NVwZ 2007, 1140
- § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012
- BTDrucks 16/5240
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Zudem spricht gegen eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007, dass sich weder in der Begründung zum Zuteilungsgesetz 2012 noch in den sonstigen Gesetzgebungsmaterialien Anhaltspunkte dafür finden, dass der Gesetzgeber aus der Reserve auch solche Ansprüche bedienen wollte und sie entsprechend bemessen hat.
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Bei Erlass des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes im Juli 2004 und des Zuteilungsgesetzes 2007 im August 2004 hat der Gesetzgeber offenbar nicht bedacht, dass es bei Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 möglicherweise noch offene Zuteilungsverfahren gibt. In der Gesetzesbegründung zum Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz werden die Rechtsschutzmöglichkeiten nur allgemein erörtert (vgl. BTDrucks 15/2328 S. 13). Bei Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zum Zuteilungsgesetz 2012 stellte sich die Situation dagegen anders dar: Das Gesetzgebungsverfahren zum Zuteilungsgesetz 2012 wurde im Frühjahr 2007 eingeleitet und im August 2007 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war eine Reihe nicht abgeschlossener Widerspruchs- und Gerichtsverfahren anhängig, die Zuteilungsentscheidungen nach dem Zuteilungsgesetz 2007 zum Gegenstand hatten. Beispielhaft kann insoweit auf die seinerzeit beim Senat anhängigen Revisionsverfahren verwiesen werden, deren Ausgang bei Erlass des Zuteilungsgesetzes 2012 im August 2007 offen war. Es ist davon auszugehen, dass das Problem bei Ablauf der Zuteilungsperiode noch nicht abgeschlossener Rechtsmittelverfahren auch dem Gesetzgeber nicht verborgen geblieben ist. Trotzdem verhalten sich die Gesetzesmaterialien zu den offenen Zuteilungsverfahren nicht, obwohl das Zuteilungsgesetz 2012 anders als das Zuteilungsgesetz 2007 in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b erstmalig eine Prozessreserve vorsieht, die nach der Gesetzesbegründung zur Erfüllung rechtskräftig festgestellter Ansprüche von Anlagenbetreibern auf Erhöhung der Zuteilungsmenge als Ergebnis eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens dient. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers korrespondiert die Öffnung der Reserve für mögliche Ansprüche auf Mehrzuteilung mit dem Rückfluss von Berechtigungen durch Minderzuteilungen infolge des Widerrufs oder der Rücknahme von Zuteilungsentscheidungen (BTDrucks 16/5240 S. 25). Für die Annahme, dass mit der Prozessreserve auch offene Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode 2005 bis 2007 erfüllt werden sollen, gibt diese Begründung nichts her. Auch die Erläuterungen zur Reserve unter Ziffer 6.3.3 des Nationalen Allokationsplans 2008 - 2012 für die Bundesrepublik Deutschland vom 28. Juni 2006 (S. 33/34) sprechen eindeutig gegen eine erweiternde Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007. Dort werden die fünf Zwecke, für die die Reserve ausgelegt ist, ausführlich und ohne Erwähnung offener Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode dargestellt. Vor diesem Hintergrund ist das Schweigen des Gesetzgebers zu den offenen Zuteilungsverfahren im Zuteilungsgesetz 2012 als "beredtes Schweigen" zu qualifizieren (vgl. dazu Urteile vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 3 C 7.02 - Buchholz 428.7 § 16 StrRehaG Nr. 1 = juris Rn. 15 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 3 C 39.01 - Buchholz 442.16 § 18 StVZO Nr. 2 = juris Rn. 18; BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 58/09 R - juris Rn. 32).
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Dass der Gesetzgeber auf eine Regelung der offenen Zuteilungsverfahren aus der Periode 2005 bis 2007 im Zuteilungsgesetz 2012 verzichtet hat, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass er entweder keinen Regelungsbedarf gesehen hat, weil er insoweit von einer entsprechenden Anwendung des § 20 ZuG 2007 ausgegangen ist, oder der Auffassung war, dass eine "Überführung" der offenen Zuteilungsverfahren aus der ersten Periode in die zweite Periode aus anderen Gründen systemwidrig wäre. Zwar kommt dem primären Normzweck des § 20 ZuG 2007, die Einhaltung der Kyoto-Reduktionsverpflichtungen sicherzustellen, hinsichtlich der offenen Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode keine vorrangige Bedeutung zu. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, wäre die Einhaltung der Kyoto-Reduktionszusagen auch dann nicht gefährdet, wenn offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 aus der Reserve des Zuteilungsgesetzes 2012 bedient würden. Unter den Beteiligten bestand Einvernehmen darüber, dass - nicht zuletzt angesichts der in § 5 Abs. 5 ZuG 2012 geregelten Möglichkeit, die Reserve aufzufüllen - bei Erfüllung von Zuteilungsansprüchen der Periode 2005 bis 2007 aus der Reserve weder eine Überforderung der Reserve noch gar die Nichteinhaltung der Kyoto-Reduktionsverpflichtungen zu befürchten wäre.
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Über ihren primären Normzweck, die Einhaltung der Kyoto-Reduktionsverpflichtungen sicherzustellen, hinaus ist die Erlöschensregelung des § 20 ZuG 2007 aber auch Ausdruck dessen, dass die erste Periode 2005 bis 2007 (sog. Pre-Kyoto-Periode) im Wesentlichen eine Vorbereitungs- und Übungsphase zum Sammeln von Erfahrungen für die erste Kyoto-Periode 2008 bis 2012 darstellen sollte (vgl. etwa S. 3 des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen, KOM (2001, 581 endgültig) und die erste Kyoto-Periode 2008 bis 2012 "unbelastet" beginnen sollte. Mit diesem Anliegen wäre es schwerlich zu vereinbaren gewesen, wenn offene Zuteilungsverfahren in die erste Kyoto-Periode "mitgeschleppt" worden wären. Hinzu kommt, dass die Erfüllung der offenen Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode mithilfe der Prozessreserve der Periode 2008 bis 2012 zwar die Einhaltung der Kyoto-Reduktionszusagen nicht gefährdet hätte. Eine entsprechend größere Bemessung der Reserve hätte aber zwangsläufig zu einer Reduzierung des verbleibenden Gesamtbudgets geführt, sodass insgesamt für die Periode 2008 bis 2012 weniger Berechtigungen zur Verfügung gestanden hätten. Von diesem "Verteilungsproblem" wären u.a. auch diejenigen betroffen gewesen, deren noch vorhandene Berechtigungen aus der ersten Periode am 30. April 2008 ersatzlos erloschen waren. Überdies war dem Gesetzgeber des Zuteilungsgesetzes 2012 bekannt, dass aufgrund der Überausstattung mit Berechtigungen in der ersten Periode ein erheblicher Preiseinbruch stattgefunden hatte und der Handelswert der Berechtigungen von ca. 20 - 30 € zu Beginn der Handelsperiode später - ab Mitte 2006 - kontinuierlich auf einen Handelswert von unter einem Euro abfiel. Auch dies mag eine Ursache dafür sein, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, die Prozessreserve des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 zu erstrecken. Dies hätte nämlich zur Folge gehabt, dass diejenigen, deren Verfahren auf Mehrzuteilung noch kurz vor dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden, nahezu wertlose Berechtigungen erhalten hätten, während denjenigen, deren Verfahren erst in der Periode 2008 bis 2012 abgeschlossen werden, werthaltige Berechtigungen zugeteilt worden wären. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Ergebnis unbillig wäre.
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Auch Verfassungsrecht zwingt nicht zu einer erweiternden Auslegung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012.
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Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Emissionsbefugnis dem Eigentum an den körperlichen Gegenständen der Anlage zugeordnet. Die Einführung des Emissionshandelssystems und die damit verbundene Limitierung der zulässigen Emissionen sind als verhältnismäßige Eingriffe in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren (Urteil vom 30. Juni 2005 - BVerwG 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 ff. = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 19 = juris Rn. 34, 35). Ungeachtet der Frage, ob die Berechtigungen als solche eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition darstellen (vgl. dazu Mutschler a.a.O. § 6 Rn. 17), stellt das Erlöschen eines rechtswidrig unerfüllten Zuteilungsanspruchs ebenso wie die Löschung der Berechtigungen der ersten Periode nach § 20 ZuG 2007 einen Eingriff in diese Grundrechte dar. Die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind aber gewahrt. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass das Erlöschen zugeteilter Emissionsberechtigungen nach § 20 ZuG 2007 und der Untergang offener Zuteilungsansprüche nicht ohne Weiteres gleichzusetzen sind. Auf das Erlöschen der Berechtigungen am 30. April 2008 konnten sich die Betroffenen einstellen, die Berechtigungen waren damit von vornherein belastet. Demgegenüber konnten Anlagenbetreiber, denen Berechtigungen rechtswidrig vorenthalten wurden, nur eingeschränkt am Emissionshandel teilnehmen und mussten gegebenenfalls Berechtigungen am Markt zukaufen, um ihrer Abgabepflicht nachzukommen. Dies stellt aber angesichts der mit dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz verfolgten, dem Gemeinwohl verpflichteten Klimaschutzziele und der vorgenannten Aspekte der System- und Verteilungsgerechtigkeit sowie der Vermeidung unbilliger Ergebnisse noch keine unverhältnismäßige Belastung der betroffenen Anlagenbetreiber dar, die zu einer erweiternden Auslegung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 zwingt. Dies gilt umso mehr als der Anlagenbetrieb als solcher davon nicht betroffen war, sondern es der Sache nach allein um den finanziellen Aufwand für den Erwerb zusätzlicher Berechtigungen am Markt geht.
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Auch Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es nicht, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 entsprechend anzuwenden. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen substanziellen Anspruch auf eine möglichst wirksame Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen. Dabei kommt Art. 19 Abs. 4 GG u.a. die Aufgabe zu, irreparable Entscheidungen soweit als möglich auszuschließen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; Beschluss vom 29. Oktober 1975 - 2 BvR 630/73 - BVerfGE 40, 272 <275>). Der Untergang der offenen Zuteilungsansprüche mit Ablauf der ersten Periode 2005 bis 2007 zeitigt keine irreparablen Folgen. Ob der geltend gemachte Anspruch auf Mehrzuteilung ihr zu Unrecht versagt worden ist, kann die Klägerin im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage zur Überprüfung stellen (näher dazu unter 3.). Für den Ausgleich finanzieller Schäden steht ihr der Rechtsweg zu den Zivilgerichten offen. Überdies bestand die Möglichkeit, um einstweiligen Rechtsschutz etwa auf vorläufige Zuteilung zusätzlicher Berechtigungen nachzusuchen. Damit ist den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG Genüge getan.
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3. Der im Revisionsverfahren hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zulässig (a). Ob er auch begründet ist, kann im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt werden (b).
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a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage analog anwendbar ist und der Übergang von der Verpflichtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage bzw. die hilfsweise Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Revisionsverfahren keine nach § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung darstellt (vgl. Urteile vom 15. Dezember 1993 - BVerwG 6 C 20.92 - BVerwGE 94, 352 <355> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 321 = juris Rn. 19 und vom 25. Juli 1985 - BVerwG 3 C 25.84 - LS 1= BVerwGE 72, 38 ff. = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 7).
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Der Hilfsantrag ist auch im Übrigen statthaft, sofern man ihn - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - im Einverständnis mit der Klägerin dahingehend versteht, dass festgestellt werden soll, dass die Beklagte bis zum 30. April 2008 verpflichtet war, der Klägerin die begehrte Mehrzuteilung von Berechtigungen für das Kraftwerk Frimmersdorf zu gewähren und der Bescheid vom 16. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 rechtswidrig waren, soweit sie dem entgegenstanden. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, zielt ihr Hilfsantrag entgegen der missverständlichen Formulierung nicht darauf, festzustellen, dass der der Zuteilungsentscheidung zugrunde gelegte Kürzungsfaktor rechtswidrig war. Ein solcher Antrag wäre auch nicht statthaft, denn ein Fortsetzungsfeststellungsantrag nach Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens kann nicht auf die Feststellung gerichtet werden, aus welchem Grund die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig gewesen ist (Urteil vom 31. März 1987 - BVerwG 1 C 29.84 - BVerwGE 77, 164 ff. = Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 5 = juris Rn. 26). Die Bezugnahme auf den Kürzungsfaktor im Hilfsantrag dient nach den klarstellenden Ausführungen der Klägerin vielmehr lediglich dazu, die nach ihrer Auffassung relevante Beurteilungsgrundlage für ihren Anspruch auf Mehrzuteilung inhaltlich näher zu umreißen, weil ihr eine Bezifferung ihres Antrags nicht möglich ist.
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Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse für den Hilfsantrag liegt vor. Angesichts der Änderung der Zuteilungsregeln für die Periode 2008 bis 2012 ist allerdings zweifelhaft, ob es sich auf eine Wiederholungsgefahr stützen ließe. Es folgt aber jedenfalls daraus, dass ein Zivilprozess auf Entschädigung wegen enteignungsgleichem Eingriff nicht offensichtlich aussichtslos erscheint.
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Im Hinblick auf einen etwaigen Schadensersatzprozess vor den Zivilgerichten gilt der Grundsatz, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dann besteht, wenn der Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit ist auszugehen, wenn ohne ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht. Bezogen auf Amtshaftungsklagen ist das etwa dann der Fall, wenn ein Kollegialgericht das Verhalten eines Beamten als rechtmäßig gewertet hat und deshalb diesem gegenüber nicht der Vorwurf erhoben werden kann, er habe offensichtlich fehlsam gehandelt und damit schuldhaft eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt. Dieser Grundsatz gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn es sich bei dem beanstandeten Verhalten um eine grundsätzliche Maßnahme zentraler Dienststellen bei Anwendung eines ihnen besonders anvertrauten Spezialgesetzes handelt oder wenn das Gericht die Rechtslage trotz eindeutiger und klarer Vorschriften verkannt oder eine eindeutige Bestimmung handgreiflich falsch ausgelegt hat. Die Regel ist ferner unanwendbar, wenn besondere Umstände dafür sprechen, dass der verantwortliche Beamte es kraft seiner Stellung oder seiner besonderen Einsichten "besser" als das Kollegialgericht hätte wissen müssen (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 C 1.03 - BVerwGE 121, 169 ff. = Buchholz 406.11 § 172 BauGB Nr. 3 = juris Rn. 21).
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Ob daran gemessen und unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2009 (a.a.O.) ein Amtshaftungsprozess offensichtlich aussichtslos wäre, kann offenbleiben. Jedenfalls auf die beabsichtigte Klage auf Entschädigung wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs trifft dies nicht zu.
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Der - verschuldensunabhängige - Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff kann neben einen Amtshaftungsanspruch treten. Er setzt voraus, dass rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - III ZR 282/00 - DVBl 2001, 1619, 1621). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, erscheint nicht offensichtlich ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Emissionsbefugnis dem Eigentum an den körperlichen Gegenständen der Anlage oder dem Unternehmen in seiner genehmigten Ausprägung zuzuordnen (Urteil vom 30. Juni 2005 - BVerwG 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 <59 f.> = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 19 Rn. 34). Das rechtswidrige Vorenthalten von Emissionsberechtigungen stellt daher eine Beeinträchtigung des aus der eigentumsrechtlich geschützten Anlage bzw. dem eigentumsrechtlich geschützten Gewerbebetrieb folgenden Nutzungsrechts dar. Als Eingriffsakte kommen sowohl der Erlass des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 als auch die Ablehnung der begehrten Mehrzuteilung in Betracht. Auch die Allgemeinwohlbezogenheit des Treibhausgas-Emissionshandels begegnet keinen Bedenken. Zudem erscheint der Anspruch weder wegen Subsidiarität noch in Ermangelung eines Schadens als offensichtlich ausgeschlossen. Die Klägerin hat um Primärrechtsschutz nachgesucht und nach eigener Darstellung die fehlenden Berechtigungen am Markt zukaufen müssen. Alles Weitere ist den Zivilgerichten zu überlassen (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 C 1.03 - a.a.O. Rn. 24, 25).
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b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, wenn die Klägerin bei Eintritt des erledigenden Ereignisses, d.h. bei Ablauf der ersten Zuteilungsperiode 2005 bis 2007, einen Anspruch auf Mehrzuteilung von Berechtigungen hatte, der Zuteilungsbescheid vom 16. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 mithin rechtswidrig waren und die Klägerin in ihren Rechten verletzten. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Senat im Revisionsverfahren nicht abschließend klären.
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Die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Mehrzuteilung hatte, kann nur auf der Grundlage einer Neuberechnung des Kürzungsfaktors beantwortet werden. Die Beklagte hat eine solche Neuberechnung im Revisionsverfahren vorgenommen. Diese ist aber von der Klägerin mit substantiierten Einwendungen als fehlerhaft angegriffen worden. Streitig - und nicht im Revisionsverfahren zu ermitteln - ist u.a., wie viele Anlagen von der Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 betroffen sind. Schon dies nötigt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.
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Bei der Neuberechnung des Kürzungsfaktors ist nicht nur die sich zugunsten der Klägerin auswirkende Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 zu berücksichtigen. Zu den generellen, bei der Prognose über die Zuteilungsmenge zu beachtenden Regeln gehört vielmehr auch, dass Zuteilungen an Optionsanlagen nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 6.07 - BVerwGE 129, 346 ff. = Buchholz 406.253 § 7 ZuG 2007 Nr. 1 = juris Rn. 23) keiner anteiligen Kürzung unterliegen. Die Auffassung der Klägerin, dass - sofern bei der Korrektur des Kürzungsfaktors überhaupt eine Saldierung zulässig sei - als Saldierungsposten nur solche Zuteilungen nach § 7 Abs. 12 ZuG 2007 eingestellt werden dürfen, die die Beklagte auch tatsächlich korrigiert hat, ist unzutreffend. Im Rahmen der Neuberechnung des Kürzungsfaktors geht es nicht darum, alle Korrekturen individueller Zuteilungsbescheide einfließen zu lassen, sondern nur darum, die generellen Zuteilungsregeln bei der Prognoseerstellung nachträglich ordnungsgemäß anzuwenden. Vor diesem Hintergrund gehen auch die Hinweise der Klägerin auf das gesonderte Budget für die (konkreten) Korrekturen der Zuteilungen an die Optionsanlagen und die fehlende Berücksichtigung der ex-post-Korrekturen fehl. Der Sache nach zielt dieses Vorbringen auf einen Ausgleich zurückfließender Berechtigungen durch nachträgliche Korrekturen. Dem hat der Senat schon in seinem vom Urteil vom 16. Oktober 2007 (a.a.O. Rn. 47 ff.) eine Absage erteilt.
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Ob und inwieweit bei der Neuberechnung noch weitere, im Verfahren bisher nicht erörterte Umstände relevant sein können, die ebenfalls dem Bereich der generellen Zuteilungsregeln zuzuordnen sind, kann der Senat nicht abschließend beurteilen und muss der rechtlichen Würdigung durch das Oberverwaltungsgericht vorbehalten bleiben.
Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
(1) Beantragt der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat, die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die entsprechende Klasse von Kraftfahrzeugen, sind folgende Vorschriften nicht anzuwenden:
- 1.
§ 11 Absatz 9 über die ärztliche Untersuchung und § 12 Absatz 6 über die Untersuchung des Sehvermögens, es sei denn, dass in entsprechender Anwendung der Regelungen in den §§ 23 und 24 eine Untersuchung erforderlich ist, - 2.
§ 12 Absatz 2 über den Sehtest, - 3.
§ 15 über die Befähigungsprüfung, - 4.
§ 19 über die Schulung in Erster Hilfe, - 5.
die Vorschriften über die Ausbildung.
(2) Läuft die Geltungsdauer einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A2, A, B, BE oder B1, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt hat, nach Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland ab, findet Absatz 1 entsprechend Anwendung; handelt es sich um eine Fahrerlaubnis der Klassen C oder D oder einer Unter- oder Anhängerklasse, wird die deutsche Fahrerlaubnis in entsprechender Anwendung von § 24 Absatz 2 erteilt. Satz 1 findet auch Anwendung, wenn die Geltungsdauer bereits vor Begründung des ordentlichen Wohnsitzes abgelaufen ist. In diesem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde jedoch eine Auskunft nach § 22 Absatz 2 Satz 3 einzuholen, die sich auch darauf erstreckt, warum die Fahrerlaubnis nicht vor der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland verlängert worden ist.
(3) Der Führerschein ist nur gegen Abgabe des ausländischen Führerscheins auszuhändigen. Außerdem hat der Antragsteller sämtliche weitere Führerscheine abzuliefern, soweit sie sich auf die EU- oder EWR-Fahrerlaubnis beziehen, die Grundlage der Erteilung der entsprechenden deutschen Fahrerlaubnis ist. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine unter Angabe der Gründe über das Kraftfahrt-Bundesamt an die Behörde zurück, die sie jeweils ausgestellt hatte.
(4) Auf dem Führerschein ist in Feld 10 der Tag zu vermerken, an dem die ausländische Fahrerlaubnis für die betreffende Klasse erteilt worden war. Auf dem Führerschein ist zu vermerken, dass der Erteilung der Fahrerlaubnis eine Fahrerlaubnis zugrunde gelegen hat, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden war.
(5) Absatz 3 gilt nicht für entsandte Mitglieder fremder diplomatischer Missionen im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. 1964 II S. 957) in der jeweils geltenden Fassung und entsandte Mitglieder berufskonsularischer Vertretungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe g des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl. 1969 II S. 1585) in der jeweils geltenden Fassung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder.
(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.
(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,
- 1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind, - 2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben, - 3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben, - 4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, - 5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist, - 6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren, - 7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde, - 8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder - 9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.
(1) Der Bewerber um eine Fahrerlaubnis hat seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen.
(2) Beim Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse L bedarf es nur einer theoretischen, bei der Erweiterung der Klasse B auf die Klasse BE, der Klasse C1 auf die Klasse C1E, der Klasse D auf die Klasse DE und der Klasse D1 auf die Klasse D1E bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung.
(3) Bei der Erweiterung der Klasse A1 auf Klasse A2 oder der Klasse A2 auf Klasse A bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung, soweit der Bewerber zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis für
- 1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 seit mindestens zwei Jahren Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1 und - 2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A seit mindestens zwei Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A2
(4) Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klasse A2, die nach Maßgabe des § 6 Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 3 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 sind, wird die Fahrerlaubnis der Klasse A2 unter der Voraussetzung erteilt, dass sie ihre Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen haben (Aufstieg). Die Vorschriften über die Ausbildung sind nicht anzuwenden. Satz 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A1, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.
(5) Die Prüfungen werden von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr abgenommen.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Der Bewerber um eine Fahrerlaubnis hat seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen.
(2) Beim Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse L bedarf es nur einer theoretischen, bei der Erweiterung der Klasse B auf die Klasse BE, der Klasse C1 auf die Klasse C1E, der Klasse D auf die Klasse DE und der Klasse D1 auf die Klasse D1E bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung.
(3) Bei der Erweiterung der Klasse A1 auf Klasse A2 oder der Klasse A2 auf Klasse A bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung, soweit der Bewerber zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis für
- 1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 seit mindestens zwei Jahren Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1 und - 2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A seit mindestens zwei Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A2
(4) Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klasse A2, die nach Maßgabe des § 6 Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 3 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 sind, wird die Fahrerlaubnis der Klasse A2 unter der Voraussetzung erteilt, dass sie ihre Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen haben (Aufstieg). Die Vorschriften über die Ausbildung sind nicht anzuwenden. Satz 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A1, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.
(5) Die Prüfungen werden von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr abgenommen.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Der Bewerber um eine Fahrerlaubnis hat seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen.
(2) Beim Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse L bedarf es nur einer theoretischen, bei der Erweiterung der Klasse B auf die Klasse BE, der Klasse C1 auf die Klasse C1E, der Klasse D auf die Klasse DE und der Klasse D1 auf die Klasse D1E bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung.
(3) Bei der Erweiterung der Klasse A1 auf Klasse A2 oder der Klasse A2 auf Klasse A bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung, soweit der Bewerber zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis für
- 1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 seit mindestens zwei Jahren Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1 und - 2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A seit mindestens zwei Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A2
(4) Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klasse A2, die nach Maßgabe des § 6 Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 3 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 sind, wird die Fahrerlaubnis der Klasse A2 unter der Voraussetzung erteilt, dass sie ihre Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen haben (Aufstieg). Die Vorschriften über die Ausbildung sind nicht anzuwenden. Satz 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A1, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.
(5) Die Prüfungen werden von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr abgenommen.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
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nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Tatbestand
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Der Kläger, ein im Jahre 1966 geborener türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.
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Der Kläger kam nach Heirat einer türkischen Staatsangehörigen 1991 im Wege des Ehegattennachzugs nach Deutschland. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, eine 1993 geborene Tochter und ein 2002 geborener Sohn. 1996 erhielt der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die 2007 als Niederlassungserlaubnis in seinen Reisepass übertragen wurde.
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2003 verlor der Kläger durch Konkurs des Arbeitgebers nach zwölf Jahren ununterbrochener Beschäftigung als Lagerarbeiter und Maschinenführer seinen Arbeitsplatz. Danach gelang es ihm nicht, erneut eine dauerhafte Beschäftigung zu finden. Im Mai 2003 wurde die Ehe geschieden. Nach einer Versöhnung lebte der Kläger vorübergehend wieder mit seiner Familie zusammen. Im Mai 2008 kam es zur endgültigen Trennung.
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-
Dies führte beim Kläger zu psychischen Problemen. Er steigerte sich in die Vorstellung hinein, seine geschiedene Frau sei für sein Schicksal verantwortlich, kümmere sich nicht um die gemeinsamen Kinder und versuche, den Kontakt mit diesen zu verhindern. Diese Negativentwicklung gipfelte darin, dass er am 14. Dezember 2008 gegen 23.30 Uhr in die frühere Familienwohnung eindrang. Dabei führte er eine Rolle Klebeband, zwei Messer und einen Brief mit sich, in dem er ankündigte, sich und seine Kinder zu töten. In der Wohnung traf er auf seine Frau, schlug ihr mehrfach heftig ins Gesicht und drohte ihr mit der Tötung der Kinder. Durch das Eingreifen einer Freundin der Frau gelang es, die Situation bis zum Eintreffen der Polizei zu entspannen. Bei seiner Festnahme drohte der Kläger, seine frühere Ehefrau umzubringen. Er wurde in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23. März 2009 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, Nötigung und Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die wegen der Gefahr neuer Straftaten zum Nachteil der Familie nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde.
- 5
-
Mit Bescheid vom 27. Juli 2009 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus und drohte ihm die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Türkei an. Zur Begründung wurde ausgeführt, vom Kläger gehe eine massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Seine unbefristete Ausweisung sei daher auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 gerechtfertigt. Hiergegen erhob der Kläger Klage. Während des Klageverfahrens wurde die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe vom Landgericht Stuttgart im Dezember 2009 zur Bewährung ausgesetzt und der Kläger aus der Haft entlassen. Daraufhin setzte das Regierungspräsidium dem Kläger mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 eine Ausreisefrist bis 17. Januar 2010. Diese Änderung wurde im Wege der Klageerweiterung in das Klageverfahren einbezogen.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17. Dezember 2010 stattgegeben und die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat nach Ablehnung eines Antrags des Beklagten auf Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens dessen Berufung mit Urteil vom 9. August 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger besitze jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine assoziationsrechtliche Rechtsstellung. Er dürfe daher nach § 55 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1 /80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Dabei gelte entgegen der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts nicht ein differenzierter, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Maßgeblich sei allein der jeweilige Einzelfall, der eine umfassende Würdigung aller wesentlichen Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen erfordere. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehe vom Kläger gegenwärtig keine Wiederholungsgefahr aus. Der Einholung eines Gutachtens habe es nicht bedurft. Es lägen keine besonderen tat- oder persönlichkeitsbezogenen Umstände vor, aufgrund derer die Gefahrenprognose nicht ohne spezielle Sachkunde getroffen werden könne. Mehr als anderthalb Jahre nach der Strafaussetzung zur Bewährung und unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Verhaltens des Klägers sowie der recht spezifischen Umstände, die im Dezember 2008 zur Straftat geführt hätten, bestünden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger erneut vergleichbare Straftaten insbesondere zum Nachteil seiner geschiedenen Ehefrau oder seiner Kinder begehen werde. Die vom Beklagten (hilfsweise) begehrte Aufhebung der Ausweisung mit Wirkung ex nunc - primär um ein Wiederaufleben der Niederlassungserlaubnis des Klägers zu verhindern - komme nicht in Betracht. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO lasse sowohl eine Aufhebung ex tunc als auch ex nunc zu. Auch § 84 Abs. 2 AufenthG sei zu dieser Frage keine klare Entscheidung zu entnehmen. Gegen eine zeitliche begrenzte Aufhebung der Ausweisungsverfügung sprächen vor allem die europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben, die für die Zeitpunktverschiebung im Ausweisungsrecht maßgebend gewesen seien, aber auch pragmatische Gründe, da das Gericht den genauen Stichtag - etwa des Wegfalls der Wiederholungsgefahr - regelmäßig nur schwer ermitteln könne. Möglich dürfte allein die Feststellung sein, dass die Ausweisung zu einem bestimmten Zeitpunkt rechtswidrig oder rechtmäßig gewesen sei. Insoweit könne der Ausländerbehörde eventuell mittels eines Feststellungsausspruchs analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geholfen werden, der ggf. auch im Wege der Widerklage oder Anschlussberufung durchsetzbar sei. Einen solchen Antrag habe der Beklagte nicht gestellt. Da der Aufenthalt nicht beendet worden sei, fehle es auch an einem besonderen Feststellungsinteresse.
- 7
-
Der Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör wegen der Ablehnung seines Beweisantrags. Außerdem ist er der Auffassung, dass eine Ausweisung nach Wegfall der Wiederholungsgefahr im gerichtlichen Verfahren nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben werden dürfe.
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Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung, hilfsweise begehrt er eine Befristung der in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung mit sofortiger Wirkung.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist zulässig und begründet. Die Verfahrensrüge des Beklagten greift durch. Das Berufungsgericht hat den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens unter Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) abgelehnt. Der Beweisantrag zielte auf die Aufklärung der Tatsache, ob der Kläger die psychische Situation und die Denk- und Wahrnehmungsmuster, die dem Verfassen des Abschiedsbriefs vom 14. Dezember 2008 und der abgeurteilten Straftat von demselben Tag zugrunde liegen, so weit überwunden hat, dass von ihm keine Gefahr weiterer vergleichbarer Straftaten gegen seine geschiedene Frau und seine Kinder mehr ausgeht. Da das Berufungsurteil auf diesem Verfahrensmangel beruht, ist es schon deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll es sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG es, dass das Gericht einem Beweisangebot nachgeht, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach seinem Rechtsstandpunkt erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. Januar 2001 - 1 BvR 2075/98 - NJW-RR 2001, 1006 m.w.N.).
- 11
-
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die Tatsacheninstanzen einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO oder mit dem Hinweis auf die eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen. Das Tatsachengericht muss seine Entscheidung für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht aber nachvollziehbar begründen und ggf. angeben, woher es seine Sachkunde hat. Wie konkret der Hinweis auf die eigene Sachkunde des Gerichts zu sein hat, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2001 - BVerwG 1 B 206.00 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 46 m.w.N.). Die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens ist hingegen verfahrensfehlerhaft, wenn das Gericht für sich eine ihm nicht zur Verfügung stehende Sachkunde in Anspruch nimmt oder sich in einer Frage für sachkundig hält, in der seine Sachkunde ernstlich zweifelhaft ist, ohne dass es überzeugend darlegt, weshalb ihm die erforderliche Sachkunde zur Verfügung steht, oder wenn sonst seine Entscheidung auf mangelnde Sachkunde schließen lässt (Beschluss vom 24. November 1997 - BVerwG 1 B 224.97 - juris Rn. 6 m.w.N.).
- 12
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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist weiter geklärt, dass bei der gerichtlichen Überprüfung der Ausweisung eines strafgerichtlich verurteilten Ausländers hinsichtlich der gebotenen Gefahrenprognose nicht allein auf das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat, sondern auf die Gesamtpersönlichkeit abzustellen ist und dabei auch nachträgliche Entwicklungen einzubeziehen sind. Bei dieser Prognoseentscheidung bewegt sich das Gericht regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind. Der Hinzuziehung eines Sachverständigen bedarf es nur ausnahmsweise, wenn die Prognose aufgrund besonderer Umstände - etwa bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen - nicht ohne spezielle, dem Gericht nicht zur Verfügung stehende fachliche Kenntnisse erstellt werden kann (vgl. Beschlüsse vom 4. Mai 1990 - BVerwG 1 B 82.89 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 124 und vom 14. März 1997 - BVerwG 1 B 63.97 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 10 m.w.N.).
- 13
-
Von einem derartigen Sonderfall ist vorliegend auszugehen. Aufgrund der beim Kläger anlässlich der endgültigen Trennung von seiner geschiedenen Ehefrau aufgetretenen massiven psychischen Probleme, die letztlich zu der Tat vom Dezember 2008 und den ernst zu nehmenden Todesdrohungen gegen seine geschiedene Ehefrau und die gemeinsamen Kinder geführt haben, liegen Hinweise dafür vor, dass die Persönlichkeit des Klägers nicht allein auf der Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung zutreffend beurteilt werden kann. Vielmehr bedarf es hierfür - ungeachtet des zwischenzeitlichen Verhaltens des Klägers - einer speziellen, einem Laien regelmäßig nicht zur Verfügung stehenden medizinischen Sachkunde. Dies gilt umso mehr, als die Hintergründe der Tat im Strafverfahren weitgehend im Dunkeln geblieben sind und der Kläger ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der ihn behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 28. Juli 2011 in den zehn seit seiner Entlassung durchgeführten therapeutischen Sitzungen wenig offen für das Aufarbeiten von Vergangenem war und - hierauf angesprochen - Gefühle von Kränkung und Wut zeigte.
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Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass es selbst über die erforderliche Sachkunde für das Erfassen und Bewerten eines nach der Vorgeschichte nicht auszuschließenden psychisch krankhaften Verhaltens des Klägers verfügt. Insoweit kann es sich insbesondere nicht auf die ihm vorgelegte ärztliche Bescheinigung stützen. In dieser wird eine Anpassungsstörung mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten diagnostiziert. Zur Frage der (fortbestehenden) Gefährlichkeit des Klägers enthält die Bescheinigung keine abschließende Aussage, sondern nur den Hinweis, dass innerhalb der Behandlungsgespräche zu keinem Zeitpunkt selbst- oder fremdgefährdende Einstellungen oder Verhaltensweisen aufgefallen seien. Auch das unauffällige Verhalten des Klägers seit seiner Freilassung, die im Wesentlichen positiven Stellungnahmen der ihn betreuenden sozialen Einrichtungen und das Einhalten der Bewährungsauflagen, insbesondere das Beachten des Kontaktverbots zu seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern, ändern nichts daran, dass eine zuverlässige Würdigung der klägerischen Persönlichkeit im Rahmen der dem Gericht obliegenden Prognoseentscheidung nach den in der Vergangenheit gezeigten psychischen Auffälligkeiten einer besonderen Sachkunde bedarf. Damit findet die Ablehnung des Beweisantrags des Beklagten im Prozessrecht keine Stütze. Das Verfahren ist schon deshalb wegen Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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2. Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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2.1 Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung und der vom Kläger erstmals im Revisionsverfahren hilfsweise begehrten Befristung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (stRspr, vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 12 m.w.N.).
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2.2 Die angefochtene Ausweisung findet ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981, 4) - ARB 1/80 -. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger jedenfalls als türkischer Arbeitnehmer nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 3 ARB 1/80 ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht erworben hat. Dieses geht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - nicht durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Abwesenheit vom Arbeitsmarkt, etwa infolge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe, verloren (EuGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - Rs. C-383/03, Dogan - Slg. 2005 I-6237 Rn. 19 und 22). Der Kläger kann daher nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422). Zur Bestimmung der Bedeutung und der Tragweite des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 hat der EuGH in der Vergangenheit auf die Richtlinie 64/221/EWG abgestellt. Nachdem diese Richtlinie inzwischen durch die Richtlinie 2004/38/EG - Unionsbürgerrichtlinie - aufgehoben wurde, gilt für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nunmehr ein anderer unionsrechtlicher Bezugsrahmen. Dieser wird für einen Ausländer, der sich - wie der Kläger - seit mehr als zehn Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält, mangels günstigerer Vorschriften im Assoziationsrecht EWG-Türkei durch Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG - Daueraufenthaltsrichtlinie - gebildet, die eine Vorschrift zum Mindestschutz vor Ausweisungen von Drittstaatsangehörigen darstellt, die in einem Mitgliedstaat die Rechtsstellung von langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzen (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 79; zu den Anforderungen an die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG vgl. auch Senatsurteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 14 ff.).
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Für die danach im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die Kritik des Berufungsgerichts an diesem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab verkennt, dass jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Auch die den nationalen Gerichten obliegende und auf der Grundlage aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt, kann im Hinblick auf die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts den Rang des bedrohten Rechtsguts nicht außer Acht lassen, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe. Das bedeutet aber nicht, dass bei hochrangigen Rechtsgütern bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit eine Wiederholungsgefahr begründet. Der Senat hat schon zu § 12 Abs. 3 AufenthG/EWG entschieden, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 16 m.w.N.).
- 19
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In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht, nachdem es sich die erforderliche Sachkunde für eine zuverlässige Beurteilung der klägerischen Persönlichkeit - durch Einholung des vom Beklagten beantragten fachpsychiatrischen Gutachtens oder auf andere Weise, etwa durch Anhörung der den Kläger behandelnden Ärztin - verschafft hat, zunächst zu klären haben, ob vom Kläger gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung ausgeht, weil schwere Straftaten zum Nachteil seiner geschiedenen Ehefrau und der gemeinsamen Kinder zu befürchten sind.
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2.3 Sollte das Berufungsgericht hierbei zu dem Ergebnis kommen, dass vom Kläger im für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keine Wiederholungsgefahr (mehr) ausgeht, wäre die Ausweisung schon deshalb rechtswidrig und mit Wirkung ex tunc aufzuheben, ohne dass es darauf ankäme, ob die Behörde ihr Ermessen bei Erlass der Ausweisungsverfügung ordnungsgemäß ausgeübt und während des Verfahrens entsprechend aktualisiert hat.
- 21
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Das Prozessrecht enthält zu der Frage, in welchem Umfang eine ursprünglich rechtmäßige, im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung aber wegen einer zwischenzeitlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage rechtswidrig gewordene Ausweisung aufzuheben ist, keine verbindliche Regelung. Soweit es in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO heißt, dass ein Verwaltungsakt aufzuheben ist, "soweit" er sich als rechtswidrig erweist, lässt diese Vorschrift sowohl eine Aufhebung ex tunc als auch ex nunc zu. Ob ein Verwaltungsakt aber in inhaltlicher oder auch in zeitlicher Hinsicht teilbar ist, ist eine Frage des jeweiligen materiellen Rechts. Diesem sind nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zu entnehmen, sondern es bestimmt auch, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen bei einer gerichtlichen Überprüfung vorliegen müssen, und ob eine ursprünglich rechtmäßige, während des gerichtlichen Verfahrens aber rechtswidrig gewordene Verfügung "in der Zeit" teilbar ist.
- 22
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Aufenthaltsgesetz an die Ausweisung kraft Gesetzes bestimmte Rechtsfolgen knüpft. Diese sind nur teilweise - etwa das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und die Titelerteilungssperre (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) - einer zeitlichen Limitierung zugänglich (vgl. insoweit auch die Befristungsmöglichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Die titelvernichtende Wirkung der Ausweisung (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und die damit einhergehende Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG) können hingegen nach der gesetzlichen Konzeption nur durch eine auf den Erlasszeitpunkt rückwirkende Aufhebung beseitigt werden. Damit unterscheidet sich die Ausweisung in ihren Folgen von einem - auf der Zeitachse teilbaren - Dauerverwaltungsakt.
- 23
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich die Möglichkeit einer Aufhebung mit Wirkung ex nunc auch nicht aus § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Danach tritt eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Diese Vorschrift knüpft an die Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG an. Danach lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts entfällt folglich mit dem Erlass der Ausweisungsverfügung, ohne dass es auf deren vorläufige Vollziehbarkeit ankommt. § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG stellt klar, dass diese aufenthaltsrechtliche Folge nicht eintritt, wenn der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verwaltungsakt nachträglich durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Die Vorschrift verhält sich indes nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage der Teilbarkeit der Ausweisung "in der Zeit".
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Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG ausdrücklich nur die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts anspricht. Das Aufenthaltsgesetz unterscheidet zwar grundsätzlich zwischen dem Besitz eines Aufenthaltstitels und der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts. Der Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG, wonach im Falle einer späteren Aufhebung keine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt, kann aber nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass in Fällen, in denen der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verwaltungsakt zugleich zum Erlöschen eines Aufenthaltstitels führt, dieser Aufenthaltstitel bei einer späteren Aufhebung des Verwaltungsakts nicht wieder auflebt. So geht selbst der Beklagte davon aus, dass eine von Anfang an rechtswidrige Ausweisung mit Wirkung ex tunc aufzuheben ist und zu einem Wiederaufleben führt.
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Auch den Gesetzesmaterialien zu § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG und der wortgleichen Vorgängerregelung in § 72 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 kann nicht entnommen werden, dass mit diesen Vorschriften die rechtlichen Konsequenzen einer Aufhebung ex nunc geregelt werden sollten. Die Regelung in § 72 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 stammt aus einer Zeit, als sich die Rechtmäßigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen im gerichtlichen Verfahren allein nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung richtete. Gleiches galt - von unionsrechtlichen Ausnahmen abgesehen - auch noch bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes Anfang 2005. Entsprechend findet sich in der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Ausländergesetz 1990 nur der allgemeine Hinweis, dass die "ex tunc-Wirkung" der Aufhebung gewährleiste, dass die Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beseitigt werde (BTDrucks 11/6321 S. 81). Auch in der Begründung zu § 84 AufenthG im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz wird lediglich darauf verwiesen, dass die Vorschrift § 72 AuslG entspreche (BTDrucks 15/420 S. 97).
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Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG lediglich klargestellt werden soll, dass im Falle einer Aufhebung ex tunc die alte Rechtsstellung in vollem Umfang wieder auflebt, der Betroffene also so stehen soll, als wenn die Ausweisung nie verfügt worden wäre. Dieses Verständnis der Vorschrift liegt im Übrigen auch der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 zugrunde (vgl. Nr. 84.2.3 der VwV-AufenthG).
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Würde eine Ausweisung, die nur infolge einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage - etwa wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr -rechtswidrig ist, nicht ex tunc, sondern nur mit Wirkung ex nunc oder bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die ursprünglich rechtmäßige Ausweisung rechtswidrig geworden ist, aufgehoben, bliebe es für die Vergangenheit bei einer wirksamen Ausweisung mit allen daran anknüpfenden gesetzlichen Folgen. Dies wäre mit Blick auf die titelvernichtende Wirkung der Ausweisung nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG und die daran anknüpfende gesetzliche Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG problematisch. Denn diese gesetzlichen Folgen hängen allein vom wirksamen Erlass einer Ausweisungsverfügung ab (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Ein nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG kraft Gesetzes erloschener Aufenthaltstitel könnte daher bei einer nicht auf den Erlasszeitpunkt rückwirkenden Aufhebung nicht wieder aufleben. Der Ausländer wäre weiterhin nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig. Einen neuen Aufenthaltstitel könnte er nur auf Antrag erhalten, falls er die rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt.
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Mit Blick auf diese - im Fall einer nicht auf den Erlasszeitpunkt rückwirkenden Aufhebung fortbestehenden - gesetzlichen Rechtswirkungen der Ausweisung sprechen daher die gleichen Erwägungen, die den Senat in seinem Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - (BVerwGE 130, 20) bewogen haben, bei der gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung zukünftig bei allen Ausländern einheitlich auf die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen, gegen eine Teilbarkeit der Ausweisung "in der Zeit". Damit ist eine Ausweisungsverfügung auch in Fällen, in denen die Ausweisung nur wegen einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage im für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt rechtswidrig geworden ist, ex nunc aufzuheben. Der Senat hat die generelle Zeitpunktverschiebung vor allem damit begründet, dass nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit von Ausweisungen im Hinblick auf einen möglichen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK und das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auf eine möglichst aktuelle Tatsachengrundlage abzustellen ist und zudem der Kreis derjenigen Ausländer, die kraft Unionsrechts nur bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr ausgewiesen werden dürfen, durch dem Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 zugrunde liegende EU-Richtlinien nochmals erweitert worden ist (Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 15 ff.). Das dabei verfolgte Ziel, in einem Verfahren auf aktueller Grundlage abschließend über die Aufenthaltsbeendigung zu entscheiden, würde unterlaufen, wenn die Ausweisung bei einer entscheidungserheblichen nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage zugunsten des Ausländers nicht rückwirkend aufgehoben und der dem Ausländer vor Erlass der Ausweisung zustehende Aufenthaltstitel nicht wieder aufleben würde. Denn in diesem Fall müsste der Streit über seinen weiteren Verbleib im Bundesgebiet im Rahmen eines neuen Aufenthaltserlaubnisverfahrens ausgetragen werden. Dass folglich auch eine im für die gerichtliche Überprüfung maßgeblichen Zeitpunkt mangels Wiederholungsgefahr rechtswidrige Ausweisung unabhängig von ihrer ursprünglichen Rechtmäßigkeit mit Wirkung ex tunc aufzuheben ist, ist daher letztlich eine weitere Konsequenz der Senatsrechtsprechung zur generellen Zeitpunktverlagerung. Diese verstößt weder gegen das Rechtsstaatsprinzip noch gegen Art. 3 GG. Das mit der Rechtsprechung des Senats zur generellen Zeitpunktverschiebung verfolgte Ziel, in einem Verfahren auf aktueller Grundlage abschließend über die Aufenthaltsbeendigung zu entscheiden, dient vor allem dem Grundrechtsschutz des Ausländers und der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und beruht damit auf einer hinreichenden sachlichen Rechtfertigung.
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2.4 Zur Klarstellung weist der Senat allerdings daraufhin, dass in Fällen, in denen die Ausweisung ursprünglich rechtmäßig war und nur aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig geworden ist, ihre Aufhebung mit Wirkung ex tunc nicht zur Folge hat, dass damit frühere Abschiebungsmaßnahmen zwangsläufig rechtswidrig sind und hierfür vom Ausländer oder einem gesetzlichen Haftungsschuldner keine Kosten erhoben werden können. Denn die rückwirkende Aufhebung einer Ausweisung wirkt sich nach nationalem Recht nicht auf frühere Vollstreckungsmaßnahmen aus, die zum damaligen Zeitpunkt rechtmäßig waren. Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung beurteilt sich vielmehr nach der zum Zeitpunkt ihrer Vollziehung maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Ob dies auch in - wie vorliegend - unionsrechtlich geprägten Fallgestaltungen gilt oder ob hier - mit Blick auf die vom EuGH festgestellte Pflicht zur Berücksichtigung neuer Tatsachen bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung - ausnahmsweise auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bereits vollzogener Abschiebungsmaßnahmen und die Festsetzung von Abschiebungskosten etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte weder einen Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung bezogen auf einen früheren Zeitpunkt gestellt hat noch ein besonderes Interesse an einer entsprechenden Feststellung besteht, da der Kläger nicht abgeschoben worden ist.
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2.5 Sollte das Berufungsgericht nach fachkundiger Abklärung bei der Gefahrenprognose zu dem Ergebnis kommen, dass vom Kläger weiterhin eine Wiederholungsgefahr ausgeht und die Ausweisung auch im Übrigen rechtmäßig ist, wird es auch über den vom Kläger erstmals im Revisionsverfahren gestellten Hilfsantrag zu entscheiden haben, mit dem dieser eine sofortige Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG begehrt (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 27 ff.).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02.03.2011 - 4 K 3079/10 - geändert.
Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 22.10.2010 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.
(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.
(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,
- 1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind, - 2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben, - 3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben, - 4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, - 5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist, - 6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren, - 7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde, - 8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder - 9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2010 - 6 K 4127/09 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tatbestand
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Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, wendet sich gegen die anteilige Kürzung von Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007.
- 2
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Die Klägerin betreibt in G. ein Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung. Am 20. September 2004 beantragte sie die Zuteilung von Emissionsberechtigungen nach § 9 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (TEHG) i.V.m. § 7 Abs. 1 bis 6, § 14 des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungsgesetz 2007 - ZuG 2007). Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 wurden ihr für die o.g. Anlage nach anteiliger Kürzung gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007 60 954 891 Berechtigungen für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 zugeteilt. Ohne anteilige Kürzung hätte die Klägerin seinerzeit weitere 2 952 660 Berechtigungen erhalten.
- 3
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Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage auf Neubescheidung des Zuteilungsantrags blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht erfolglos. Der erkennende Senat wies die Revision der Klägerin mit Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 33.07 - mit der Begründung zurück, dass die anteilige Kürzung von Zuteilungen gemeinschafts- und verfassungsrechtlich unbedenklich sei, die dem maßgeblichen Kürzungsfaktor zugrunde liegende Prognose vor Erteilung der Zuteilungsbescheide zu ermitteln und gerichtlich nur eingeschränkt darauf nachprüfbar sei, ob die Behörde die einfach-rechtlichen Zuteilungsmaßstäbe und Zuteilungsregeln verkannt habe. Dies habe das Oberverwaltungsgericht zu Recht verneint.
- 4
-
Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil des Senats mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - wegen einer Verletzung des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auf und verwies die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurück.
- 5
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Die Klägerin hält an ihrem Begehren auf Neubescheidung ihres Zuteilungsantrags vom 20. September 2004 fest. Hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass die anteilige Kürzung der Zuteilung von Emissionsberechtigungen hinsichtlich des zugrunde gelegten Kürzungsfaktors rechtswidrig war.
- 6
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Ihr Anspruch auf Mehrzuteilung von Berechtigungen habe sich durch Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 am 31. Dezember 2007 nicht erledigt, sondern sei nunmehr durch Zuteilung von Berechtigungen für die zweite Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zu erfüllen. Die Vorschrift des § 20 ZuG 2007, wonach Berechtigungen der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG nicht in die folgende Zuteilungsperiode überführt, sondern mit Ablauf des 30. April 2008 gelöscht werden, stehe dem nicht entgegen. Diese Norm ziele nur darauf, ein periodenübergreifendes Banking der Berechtigungen aus der ersten Periode zu verhindern, um eine Belastung des Emissionsbudgets für die erste Kyoto-Periode von 2008 bis 2012 zu verhindern. Zu nicht erfüllten Zuteilungsansprüchen verhalte sie sich - ebenso wie § 6 Abs. 4 TEHG - nicht.
- 7
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Herzuleiten sei ihr Anspruch auf Kompensation der rechtswidrig vorenthaltenen Berechtigungen für die abgelaufene Zuteilungsperiode durch Zuteilung von Berechtigungen für die laufende Zuteilungsperiode aus dem Grundsatz periodenübergreifender Kontinuität der Rechts- und Pflichtenpositionen der Anlagenbetreiber, der in § 18 Abs. 3 TEHG verankert sei.
- 8
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Auch Art. 19 Abs. 4 GG gebiete es, unerfüllte Zuteilungsansprüche aus der abgelaufenen Periode durch Zuteilung von Berechtigungen der Folgeperiode zu erfüllen. Die in § 20 ZuG 2007 geregelte ersatzlose Löschung der Emissionsberechtigungen aus der Periode 2005 bis 2007 am 30. April 2008 und der Untergang offener Zuteilungsansprüche dürften nicht gleichgesetzt werden. Durch das Untergehen des Zuteilungsanspruchs werde der Anlagenbetreiber doppelt belastet: Zum einen habe er keine Möglichkeit gehabt, die mit den Berechtigungen verbundenen Vorteile zu realisieren. Zum anderen sei er weiterhin abgabepflichtig gewesen und verliere so einen Teil des ihm zum Ausgleich für die Einführung des Emissionshandels bzw. zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit gewährten Anspruchs.
- 9
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Die gegenteilige Auffassung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Die Erfüllung offener Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 durch Zuteilung von Berechtigungen der zweiten Periode gefährde die Einhaltung der Reduktionszusage nicht. Das in der ersten Kyoto-Periode von 2008 bis 2012 zur Verfügung stehende Emissionsbudget werde dadurch nicht erhöht, weil die zur Erfüllung der offenen Zuteilungsansprüche erforderlichen Berechtigungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 der Reserve zu entnehmen seien. Die Reserve sei Teil des Emissionsbudgets für die Periode 2008 bis 2012 und weite dieses nicht aus.
- 10
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Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, insbesondere fehle es ihr nicht an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche aus Amtshaftung oder enteignungsgleichem Eingriff seien nicht offensichtlich aussichtslos. Amtshaftungsansprüche folgten aus dem Erlass des nichtigen § 6 Abs. 6 ZuV 2007 durch die Bundesregierung und der rechtswidrigen Ermittlung des Kürzungsfaktors durch die Beklagte. Die Kollegialgerichtsrichtlinie stehe ihrem Amtshaftungsanspruch nicht entgegen, weil die Kollegialgerichte die Rechtslage - wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe - offensichtlich verkannt hätten. Ihr sei auch ein Schaden entstanden. Aufgrund der rechtswidrigen Vorenthaltung weiterer Berechtigungen habe sie am Markt Emissionsberechtigungen hinzukaufen müssen, um ihrer Abgabepflicht nachkommen zu können. Abgesehen davon bestehe auch Wiederholungsgefahr.
- 11
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Die Beklagte tritt dem entgegen. Nach ihrer Auffassung hat sich der Rechtsstreit mit Löschung der Berechtigungen der ersten Zuteilungsperiode am 30. April 2008 erledigt. Mangels zuteilungsfähiger Berechtigungen sei auch der Zuteilungsanspruch erloschen, denn dieser könne nicht weiter reichen als die Emissionsberechtigungen selbst. Die Klage auf Neubescheidung sei daher mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden, dasselbe gelte für die Revision.
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Der Zuteilungsanspruch aus der ersten Periode 2005 bis 2007 habe sich mit Ablauf des 30. April 2008 auch nicht in einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen der zweiten Periode umgewandelt. Einen Grundsatz periodenübergreifender Kontinuität gebe es jedenfalls für den Übergang von der ersten zur zweiten Periode nicht. Er folge auch nicht aus § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG, weil diese Vorschrift für Berechtigungen der ersten Zuteilungsperiode nicht einschlägig sei. Für den Übergang von der ersten zur zweiten Zuteilungsperiode sei in § 20 ZuG 2007 vielmehr ausdrücklich Diskontinuität geregelt worden. Der Sinn und Zweck dieser Regelung, ein periodenübergreifendes Banking von der ersten zur zweiten Handelsperiode auszuschließen, stehe auch einer Ersetzung des Anspruchs auf Berechtigungen aus der ersten Periode durch einen Anspruch auf Berechtigungen aus der zweiten Periode entgegen.
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Diese Auslegung sei mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Sie führe nicht zu einer Rechtsschutzlücke, weil die Möglichkeit bestanden habe, um einstweiligen Rechtsschutz auf vorläufige Zuteilung weiterer Berechtigungen nachzusuchen.
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Abgesehen davon sei die Klage auf Neubescheidung auch deshalb unzulässig, hilfsweise unbegründet, weil sie im Ergebnis nicht zu einer Mehrzuteilung führen würde. Eine Neuberechnung müsse nicht nur die Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007, sondern auch die Unanwendbarkeit der anteiligen Kürzung auf die sog. Optierer nach § 7 Abs. 12 ZuG 2007 berücksichtigen. Dies hätte eine Verminderung des Kürzungsfaktors zur Folge, sodass der Klägerin noch weniger Berechtigungen zuzuteilen wären. Zudem stehe noch nicht rechtskräftig fest, dass § 6 Abs. 6 ZuV 2007 tatsächlich nichtig sei.
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Der Hilfsantrag sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Es bestehe weder eine Wiederholungsgefahr noch lägen die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch oder eine Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff vor. Ein Amtshaftungsprozess wäre aussichtslos. Der Klägerin könne wegen des geringen Werts der Berechtigungen zum Ende der Zuteilungsperiode nur ein geringer Schaden entstanden sein. Überdies könne den Mitarbeitern der Deutschen Emissionshandelsstelle kein Verschulden vorgeworfen werden, weil Kollegialgerichte über drei Instanzen die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Zuteilung bejaht hätten.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist zulässig (1), mit dem Hauptantrag auf Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen für die Periode 2005 bis 2007 aber unbegründet (2). Über den im Revisionsverfahren als Hilfsantrag gestellten, zulässigen Fortsetzungsfeststellungsantrag kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Insoweit muss die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden (3).
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1. Entgegen der Auffassung der Beklagten begegnet die Zulässigkeit der Revision keinen Bedenken. Auf die Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen nach Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 am 31. Dezember 2007 entfallen ist, weil der Zuteilungsanspruch untergegangen ist, kommt es insoweit nicht an. Die Sachurteilsvoraussetzungen, von denen die Zulässigkeit der Klage abhängt, sind regelmäßig nicht zugleich Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision. Von ihnen hängt vielmehr die Begründetheit der Revision ab (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 143 Rn. 10). Etwas Anderes gilt nur für das Fehlen von Sachurteilsvoraussetzungen, von denen zugleich die Wirksamkeit der Revision als Prozesshandlung abhängt. Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor.
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2. Soweit sich die Revision im Hauptantrag dagegen richtet, dass das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage auf Mehrzuteilung von Berechtigungen abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen hat, ist sie unbegründet. Das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt zwar in einem tragenden Punkt gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO, a). Es stellt sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO, b).
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a) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kürzungsvorschrift des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 mit Gemeinschaftsrecht und Verfassungsrecht vereinbar ist, die Berechnung des Kürzungsfaktors unmittelbar vor Zuteilung der Berechtigungen nicht zu beanstanden ist und die gerichtliche Kontrolle der Prognose über die Zuteilungsmenge beschränkt ist, namentlich Korrekturen individueller Zuteilungsbescheide die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage stellen (Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 33.07 - BVerwGE 129, 328 ff. = Buchholz 406.253 § 4 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 18 f., 35 f., 44 f.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - DVBl 2010, 250 f.).
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Mit revisiblem Recht nicht vereinbar ist dagegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass bei der Berechnung des Kürzungsfaktors die einfach-rechtlichen Maßstäbe beachtet worden sind. Denn bei der Berechnung des Kürzungsfaktors ist auch § 6 Abs. 6 ZuV 2007 zur Anwendung gekommen, den der Senat mit Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 28.07 - (Buchholz 406.253 § 13 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 26) für nichtig befunden hat. Die Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 wirkt sich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 2009 (a.a.O., BA S. 27/28) auf die Rechtmäßigkeit der behördlichen Prognose aus.
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An der Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 hält der Senat auch in Ansehung der von der Beklagten erhobenen Einwände fest. Zum einen versteht es sich von selbst, dass die vom Senat festgestellte Nichtigkeit dieser Vorschrift auch gegenüber solchen Anlagenbetreibern beachtlich ist, die an dem o.g. Verwaltungsstreitverfahren nicht beteiligt waren. Zum anderen geben auch die inhaltlichen Einwände der Beklagten dem Senat keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zu ändern. Der Senat hat in seinem Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 28.07 - (a.a.O.) eingehend dargelegt und begründet, dass der Begriff der Verbrennung in § 13 Abs. 2 Satz 1 ZuG 2007 im naturwissenschaftlichen Sinne zu verstehen ist und die bei der Regeneration von Katalysatoren für die Crack- und Reformprozesse entstehenden Kohlendioxid-Emissionen ausschließlich das Produkt einer Verbrennung im naturwissenschaftlichen Sinne darstellen. Die Beklagte hat keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Bewertung in Frage stellen.
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Ohne Anwendung des nichtigen § 6 Abs. 6 ZuV 2007 wäre der Kürzungsfaktor für die Klägerin günstiger ausgefallen, weil die Zahl der dem Erfüllungsfaktor unterfallenden Anlagen größer gewesen wäre. Dieser Rechtsverstoß entfällt auch nicht deshalb, weil die Beklagte bei der Berechnung des Kürzungsfaktors zudem fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass auch die Emissionsberechtigungen an Optionsanlagen im Sinne von § 7 Abs. 12 ZuG 2007 einer anteiligen Kürzung nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 unterliegen (Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 29.07 - Buchholz 406.253 § 7 ZuG 2007 Nr. 2). Ob sich dieser Fehler bei einer Neuberechnung so auswirken würde, dass die Klägerin - wie die Beklagte geltend macht - keinen Anspruch auf Mehrzuteilung hätte, sondern ihr für die Periode 2005 bis 2007 zu viele Berechtigungen zugeteilt worden sind, ist nur für die Frage von Bedeutung, ob die begehrte Mehrzuteilung von Berechtigungen im Ergebnis zu Recht versagt worden ist.
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b) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts stellt sich trotz des Bundesrechtsverstoßes im Ergebnis als richtig dar. Der Hauptantrag ist zwar weiterhin zulässig (aa), in der Sache aber nicht begründet (bb).
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aa. Der Hauptantrag ist bei verständiger Würdigung nicht auf Neubescheidung des Zuteilungsantrags, sondern auf die Verpflichtung der Beklagten zur Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen gerichtet. Die Zuteilungsentscheidung nach § 9 Abs. 1 TEHG i.V.m. den maßgeblichen Regelungen des jeweiligen Zuteilungsgesetzes ist eine gebundene Entscheidung, mag sie auch auf einem komplexen Rechenwerk beruhen. Fehler - etwa bei der Berechnung des Kürzungsfaktors oder der individuellen Zuteilungsmenge - rechtfertigen es daher nicht, den Zuteilungsbescheid aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten. Das Ergebnis einer solchen Verfahrensweise wäre regelmäßig lediglich eine Wiederholung des Rechenvorgangs bzw. des Verwaltungsverfahrens mit der Folge erneuter Bescheidung und Eröffnung eines weiteren Widerspruchs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dies ist auch aus Gründen der Prozessökonomie abzulehnen. In der Regel ist daher im gerichtlichen Verfahren nur ein Antrag auf Verpflichtung zur Mehrzuteilung sachdienlich. Aus dem Urteil des 6. Senats vom 31. März 2004 - BVerwG 6 C 11.03 - (BVerwGE 120, 263 <276> = Buchholz 442.066 § 37 TKG Nr. 1) folgt nichts Anderes. Zwar heißt es dort in Rn. 43 wörtlich, dass "es der Dispositionsbefugnis des Klägers unterfällt, statt der Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes nur die Verpflichtung zur Neubescheidung zu begehren". Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist aber mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dass der 6. Senat insoweit einen für alle denkbaren Fallgestaltungen geltenden Rechtssatz aufstellen wollte, ist nicht ersichtlich. Dem nachvollziehbaren Unvermögen der Anlagenbetreiber, einen Antrag auf Mehrzuteilung zu beziffern, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass eine konkrete Bezifferung nicht verlangt wird, sondern es ausreicht, wenn die Begründung des Antrags erkennen lässt, aus welchen Gründen die Zuteilungsentscheidung als fehlerhaft erachtet wird und ein für die Anlagenbetreiber günstigeres Ergebnis jedenfalls nicht ausgeschlossen scheint.
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Im Übrigen stellen z.B. die (Neu)Berechnung des Kürzungsfaktors und die Anwendung des Kürzungsfaktors auf den jeweiligen Einzelfall im Wesentlichen reines Rechenwerk dar. Diesem Rechenvorgang vorgelagerte Rechtsfragen, etwa welche Aspekte bei der Bestimmung des Kürzungsfaktors zu berücksichtigen sind, haben ohnehin die Gerichte zu klären. Diese sind daher bei Verpflichtungsklagen auf Mehrzuteilung von Berechtigungen grundsätzlich zur Spruchreifmachung verpflichtet. Die in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von der Verpflichtung zur Spruchreifmachung (vgl. Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 66) sind insoweit nicht einschlägig.
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Die Klage auf Mehrzuteilung von Berechtigungen ist nach Ablauf der Handelsperiode 2005 bis 2007 am 31. Dezember 2007 nicht unzulässig geworden, namentlich fehlt es der Klägerin nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis.
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Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verpflichtungsklage kann nur verneint werden, wenn die Nutzlosigkeit des erstrebten Verwaltungsaktes für den Kläger tatsächlich oder rechtlich außer Zweifel steht (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 ff. = Buchholz 451.74 § 9 KHG Nr. 9 = juris Rn. 19). Davon kann hier keine Rede sein. Die inzwischen entscheidungserheblich gewordene Frage, ob der Anspruch auf Zuteilung weiterer Berechtigungen aus der Handelsperiode 2005 bis 2007 untergegangen ist, ist bisher weder höchstrichterlich geklärt noch offensichtlich im Sinne der Beklagten zu beantworten. Ihre Klärung muss daher der Begründetheitsprüfung vorbehalten bleiben.
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bb. Diese fällt im Ergebnis zu Lasten der Klägerin aus. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Mehrzuteilung von Berechtigungen ist mit Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 ersatzlos untergegangen.
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Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass ein Mehrzuteilungsanspruch der Klägerin nicht mehr durch Zuteilung von Berechtigungen aus der ersten Periode von 2005 bis 2007 erfüllt werden könnte. Die Berechtigungen der ersten Periode wurden am 30. April 2008 gelöscht (§ 20 ZuG 2007) und können daher nicht mehr Gegenstand einer Zuteilungsentscheidung sein.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin sind offene Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode auch nicht durch Zuteilung von Berechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zu erfüllen. Für dieses Begehren fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
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Das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz enthält zu der Frage, welches Schicksal unerfüllte Zuteilungsansprüche bzw. offene Zuteilungsverfahren am Ende der jeweiligen Zuteilungsperiode erleiden, keine ausdrücklichen Regelungen. Es behandelt nur die zugeteilten Berechtigungen. So ist etwa in § 6 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 Satz 1 TEHG bestimmt, dass Berechtigungen nur für eine bestimmte Zuteilungsperiode Geltung haben. Nach § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG werden nicht abgegebene Berechtigungen einer abgelaufenen Zuteilungsperiode vier Monate nach Ende der Zuteilungsperiode in Berechtigungen der laufenden Zuteilungsperiode überführt. Die Vorschrift ermöglicht damit ein Ansparen von Berechtigungen zur Erfüllung zukünftiger Abgabeverpflichtungen in einer neuen Zuteilungsperiode oder zum Verkauf auf dem freien Markt (sog. Banking).
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Als Rechtsgrundlage für die Umwandlung offener Zuteilungsansprüche aus einer abgelaufenen Periode in solche auf Berechtigungen der neuen Periode scheidet § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG - von allem anderen abgesehen - hier schon deshalb aus, weil der nationale Gesetzgeber für die Berechtigungen der Periode 2005 bis 2007 aufgrund der Ermächtigung in § 6 Abs. 4 Satz 5 TEHG, die ihrerseits auf eine Ermächtigung in Art. 13 Abs. 2 UA 2 EH-Richtlinie zurückgeht, in § 20 ZuG 2007 eine abweichende Regelung getroffen hat. Danach werden die Berechtigungen der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG nicht in die folgende Zuteilungsperiode überführt, sondern mit Ablauf des 30. April 2008 gelöscht.
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Sinn und Zweck des § 20 ZuG 2007 ist es, eine Überführung von Emissionsberechtigungen der ersten Zuteilungsperiode in die zweite Zuteilungsperiode auszuschließen, um sicherzustellen, dass die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen des Kyoto-Protokolls nicht gefährdet wird. Die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll beziehen sich auf den Zeitraum 2008 bis 2012. Maßgeblich ist der Vergleich der Treibhausgas-Emissionen im Vergleichsjahr (in der Regel 1990) mit den durchschnittlichen Emissionen im Zeitraum 2008 bis 2012. Bereits vor 2008 erreichte Minderungen können auf die Verpflichtungen im Zeitraum 2008 bis 2012 nicht angerechnet werden. Vielmehr hätten die Berechtigungen aus der sog. Pre-Kyoto-Periode mit denjenigen aus der zugeteilten Menge nach dem Kyoto-Protokoll verrechnet werden müssen, was eine Reduzierung der ab 2008 in Deutschland für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 ausgegebenen Menge an Emissionsberechtigungen zur Folge gehabt hätte. Das Ansparen von Emissionsberechtigungen in der ersten Periode mit dem Ziel der Überführung in die zweite Periode hätte daher zumindest das Risiko mit sich gebracht, die Reduktionsverpflichtungen zu verfehlen (vgl. BTDrucks 15/2966 S. 26; Körner/Vierhaus, TEHG, 2005, § 20 ZuG 2007 Rn. 6 - 8; Frenz, Emissionshandelsrecht, 2005, § 20 ZuG 2007 Rn. 2; Klinski, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Bd. 2, Stand März 2010, § 20 ZuG 2007 Rn. 4; Mutschler, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl. 2010, § 6 TEHG Rn. 26).
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Ein Anspruch darauf, dass offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 durch Zuteilung von Berechtigungen der Periode 2008 bis 2012 erfüllt werden, folgt auch nicht aus einem "Grundsatz periodenübergreifender Kontinuität der Rechts- und Pflichtenpositionen der Anlagenbetreiber", den die Klägerin aus § 18 Abs. 3 TEHG herleiten will. Die im Abschnitt 5 "Sanktionen" angesiedelte Vorschrift des § 18 TEHG betrifft schon nach ihrer amtlichen Überschrift, aber auch nach ihrem Regelungsgehalt nur die Durchsetzung der Abgabepflicht. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG bleibt der Verantwortliche verpflichtet, die fehlenden Berechtigungen, im Fall des Absatzes 2 nach Maßgabe der erfolgten Schätzung, bis zum 31. Januar des Folgejahres abzugeben. Tut er dies nicht, werden Berechtigungen, auf deren Zuteilung oder Ausgabe der Verantwortliche einen Anspruch hat, auf seine Verpflichtung nach Satz 1 angerechnet (§ 18 Abs. 3 Satz 2 TEHG). Diese Regelungen, die unmittelbar zur Durchsetzung der in § 1 TEHG verankerten klima- und umweltpolitischen Ziele des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes dienen, rechtfertigen den Umkehrschluss auf einen periodenübergreifenden Fortbestand offener Zuteilungsansprüche nicht. Zwar lässt § 18 Abs. 3 TEHG, namentlich die Verrechnungsregelung in Satz 2, ebenso wie § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG erkennen, dass die Zuteilungsperioden nicht strikt voneinander getrennt, sondern in Teilbereichen miteinander verzahnt sind. Der Umstand, dass der Gesetzgeber Verzahnungen zwischen den Zuteilungsperioden in § 6 Abs. 4 Satz 4 und § 18 Abs. 3 TEHG für bestimmte Bereiche explizit geregelt hat, spricht aber eher dagegen als dafür, diese Regelungen auch auf andere Sachverhalte anzuwenden.
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Ein Anspruch auf Erfüllung offener Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 durch Zuteilung von Berechtigungen aus der zweiten Periode kann schließlich auch nicht aus § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 hergeleitet werden.
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Nach § 5 Abs. 1 ZuG 2012 werden 23 Millionen Berechtigungen pro Jahr als Reserve für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zurückbehalten. Die Gesamtmenge der zuteilbaren Berechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 beträgt 442,07 Millionen zzgl. einer Menge von bis zu 11 Millionen Berechtigungen pro Jahr für die Zuteilung an Anlagen, auf die § 26 Abs. 1 TEHG Anwendung findet (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ZuG 2012). Die Gesamtmenge umfasst auch die Berechtigungen, die als Reserve nach § 5 Abs. 1 ZuG 2012 (und für eine Veräußerung nach § 19 TEHG) zurückbehalten werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 ZuG 2012). Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 dient die Reserve u.a. der Erfüllung von Ansprüchen in den Fällen, in denen die Ansprüche nach Abschluss des Zuteilungsverfahrens rechtskräftig festgestellt worden sind und soweit diese Ansprüche über die ursprüngliche Zuteilungsmenge hinausgehen.
- § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012
- NVwZ 2007, 1140
- § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012
- BTDrucks 16/5240
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Zudem spricht gegen eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007, dass sich weder in der Begründung zum Zuteilungsgesetz 2012 noch in den sonstigen Gesetzgebungsmaterialien Anhaltspunkte dafür finden, dass der Gesetzgeber aus der Reserve auch solche Ansprüche bedienen wollte und sie entsprechend bemessen hat.
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Bei Erlass des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes im Juli 2004 und des Zuteilungsgesetzes 2007 im August 2004 hat der Gesetzgeber offenbar nicht bedacht, dass es bei Ablauf der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 möglicherweise noch offene Zuteilungsverfahren gibt. In der Gesetzesbegründung zum Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz werden die Rechtsschutzmöglichkeiten nur allgemein erörtert (vgl. BTDrucks 15/2328 S. 13). Bei Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zum Zuteilungsgesetz 2012 stellte sich die Situation dagegen anders dar: Das Gesetzgebungsverfahren zum Zuteilungsgesetz 2012 wurde im Frühjahr 2007 eingeleitet und im August 2007 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war eine Reihe nicht abgeschlossener Widerspruchs- und Gerichtsverfahren anhängig, die Zuteilungsentscheidungen nach dem Zuteilungsgesetz 2007 zum Gegenstand hatten. Beispielhaft kann insoweit auf die seinerzeit beim Senat anhängigen Revisionsverfahren verwiesen werden, deren Ausgang bei Erlass des Zuteilungsgesetzes 2012 im August 2007 offen war. Es ist davon auszugehen, dass das Problem bei Ablauf der Zuteilungsperiode noch nicht abgeschlossener Rechtsmittelverfahren auch dem Gesetzgeber nicht verborgen geblieben ist. Trotzdem verhalten sich die Gesetzesmaterialien zu den offenen Zuteilungsverfahren nicht, obwohl das Zuteilungsgesetz 2012 anders als das Zuteilungsgesetz 2007 in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b erstmalig eine Prozessreserve vorsieht, die nach der Gesetzesbegründung zur Erfüllung rechtskräftig festgestellter Ansprüche von Anlagenbetreibern auf Erhöhung der Zuteilungsmenge als Ergebnis eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens dient. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers korrespondiert die Öffnung der Reserve für mögliche Ansprüche auf Mehrzuteilung mit dem Rückfluss von Berechtigungen durch Minderzuteilungen infolge des Widerrufs oder der Rücknahme von Zuteilungsentscheidungen (BTDrucks 16/5240 S. 25). Für die Annahme, dass mit der Prozessreserve auch offene Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode 2005 bis 2007 erfüllt werden sollen, gibt diese Begründung nichts her. Auch die Erläuterungen zur Reserve unter Ziffer 6.3.3 des Nationalen Allokationsplans 2008 - 2012 für die Bundesrepublik Deutschland vom 28. Juni 2006 (S. 33/34) sprechen eindeutig gegen eine erweiternde Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007. Dort werden die fünf Zwecke, für die die Reserve ausgelegt ist, ausführlich und ohne Erwähnung offener Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode dargestellt. Vor diesem Hintergrund ist das Schweigen des Gesetzgebers zu den offenen Zuteilungsverfahren im Zuteilungsgesetz 2012 als "beredtes Schweigen" zu qualifizieren (vgl. dazu Urteile vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 3 C 7.02 - Buchholz 428.7 § 16 StrRehaG Nr. 1 = juris Rn. 15 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 3 C 39.01 - Buchholz 442.16 § 18 StVZO Nr. 2 = juris Rn. 18; BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 58/09 R - juris Rn. 32).
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Dass der Gesetzgeber auf eine Regelung der offenen Zuteilungsverfahren aus der Periode 2005 bis 2007 im Zuteilungsgesetz 2012 verzichtet hat, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass er entweder keinen Regelungsbedarf gesehen hat, weil er insoweit von einer entsprechenden Anwendung des § 20 ZuG 2007 ausgegangen ist, oder der Auffassung war, dass eine "Überführung" der offenen Zuteilungsverfahren aus der ersten Periode in die zweite Periode aus anderen Gründen systemwidrig wäre. Zwar kommt dem primären Normzweck des § 20 ZuG 2007, die Einhaltung der Kyoto-Reduktionsverpflichtungen sicherzustellen, hinsichtlich der offenen Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode keine vorrangige Bedeutung zu. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, wäre die Einhaltung der Kyoto-Reduktionszusagen auch dann nicht gefährdet, wenn offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 aus der Reserve des Zuteilungsgesetzes 2012 bedient würden. Unter den Beteiligten bestand Einvernehmen darüber, dass - nicht zuletzt angesichts der in § 5 Abs. 5 ZuG 2012 geregelten Möglichkeit, die Reserve aufzufüllen - bei Erfüllung von Zuteilungsansprüchen der Periode 2005 bis 2007 aus der Reserve weder eine Überforderung der Reserve noch gar die Nichteinhaltung der Kyoto-Reduktionsverpflichtungen zu befürchten wäre.
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Über ihren primären Normzweck, die Einhaltung der Kyoto-Reduktionsverpflichtungen sicherzustellen, hinaus ist die Erlöschensregelung des § 20 ZuG 2007 aber auch Ausdruck dessen, dass die erste Periode 2005 bis 2007 (sog. Pre-Kyoto-Periode) im Wesentlichen eine Vorbereitungs- und Übungsphase zum Sammeln von Erfahrungen für die erste Kyoto-Periode 2008 bis 2012 darstellen sollte (vgl. etwa S. 3 des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen, KOM (2001, 581 endgültig) und die erste Kyoto-Periode 2008 bis 2012 "unbelastet" beginnen sollte. Mit diesem Anliegen wäre es schwerlich zu vereinbaren gewesen, wenn offene Zuteilungsverfahren in die erste Kyoto-Periode "mitgeschleppt" worden wären. Hinzu kommt, dass die Erfüllung der offenen Zuteilungsansprüche aus der ersten Periode mithilfe der Prozessreserve der Periode 2008 bis 2012 zwar die Einhaltung der Kyoto-Reduktionszusagen nicht gefährdet hätte. Eine entsprechend größere Bemessung der Reserve hätte aber zwangsläufig zu einer Reduzierung des verbleibenden Gesamtbudgets geführt, sodass insgesamt für die Periode 2008 bis 2012 weniger Berechtigungen zur Verfügung gestanden hätten. Von diesem "Verteilungsproblem" wären u.a. auch diejenigen betroffen gewesen, deren noch vorhandene Berechtigungen aus der ersten Periode am 30. April 2008 ersatzlos erloschen waren. Überdies war dem Gesetzgeber des Zuteilungsgesetzes 2012 bekannt, dass aufgrund der Überausstattung mit Berechtigungen in der ersten Periode ein erheblicher Preiseinbruch stattgefunden hatte und der Handelswert der Berechtigungen von ca. 20 - 30 € zu Beginn der Handelsperiode später - ab Mitte 2006 - kontinuierlich auf einen Handelswert von unter einem Euro abfiel. Auch dies mag eine Ursache dafür sein, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, die Prozessreserve des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 zu erstrecken. Dies hätte nämlich zur Folge gehabt, dass diejenigen, deren Verfahren auf Mehrzuteilung noch kurz vor dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden, nahezu wertlose Berechtigungen erhalten hätten, während denjenigen, deren Verfahren erst in der Periode 2008 bis 2012 abgeschlossen werden, werthaltige Berechtigungen zugeteilt worden wären. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Ergebnis unbillig wäre.
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Auch Verfassungsrecht zwingt nicht zu einer erweiternden Auslegung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012.
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Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Emissionsbefugnis dem Eigentum an den körperlichen Gegenständen der Anlage zugeordnet. Die Einführung des Emissionshandelssystems und die damit verbundene Limitierung der zulässigen Emissionen sind als verhältnismäßige Eingriffe in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren (Urteil vom 30. Juni 2005 - BVerwG 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 ff. = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 19 = juris Rn. 34, 35). Ungeachtet der Frage, ob die Berechtigungen als solche eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition darstellen (vgl. dazu Mutschler a.a.O. § 6 Rn. 17), stellt das Erlöschen eines rechtswidrig unerfüllten Zuteilungsanspruchs ebenso wie die Löschung der Berechtigungen der ersten Periode nach § 20 ZuG 2007 einen Eingriff in diese Grundrechte dar. Die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind aber gewahrt. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass das Erlöschen zugeteilter Emissionsberechtigungen nach § 20 ZuG 2007 und der Untergang offener Zuteilungsansprüche nicht ohne Weiteres gleichzusetzen sind. Auf das Erlöschen der Berechtigungen am 30. April 2008 konnten sich die Betroffenen einstellen, die Berechtigungen waren damit von vornherein belastet. Demgegenüber konnten Anlagenbetreiber, denen Berechtigungen rechtswidrig vorenthalten wurden, nur eingeschränkt am Emissionshandel teilnehmen und mussten gegebenenfalls Berechtigungen am Markt zukaufen, um ihrer Abgabepflicht nachzukommen. Dies stellt aber angesichts der mit dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz verfolgten, dem Gemeinwohl verpflichteten Klimaschutzziele und der vorgenannten Aspekte der System- und Verteilungsgerechtigkeit sowie der Vermeidung unbilliger Ergebnisse noch keine unverhältnismäßige Belastung der betroffenen Anlagenbetreiber dar, die zu einer erweiternden Auslegung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 zwingt. Dies gilt umso mehr als der Anlagenbetrieb als solcher davon nicht betroffen war, sondern es der Sache nach allein um den finanziellen Aufwand für den Erwerb zusätzlicher Berechtigungen am Markt geht.
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Auch Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es nicht, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZuG 2012 auf offene Zuteilungsansprüche aus der Periode 2005 bis 2007 entsprechend anzuwenden. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen substanziellen Anspruch auf eine möglichst wirksame Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen. Dabei kommt Art. 19 Abs. 4 GG u.a. die Aufgabe zu, irreparable Entscheidungen soweit als möglich auszuschließen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; Beschluss vom 29. Oktober 1975 - 2 BvR 630/73 - BVerfGE 40, 272 <275>). Der Untergang der offenen Zuteilungsansprüche mit Ablauf der ersten Periode 2005 bis 2007 zeitigt keine irreparablen Folgen. Ob der geltend gemachte Anspruch auf Mehrzuteilung ihr zu Unrecht versagt worden ist, kann die Klägerin im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage zur Überprüfung stellen (näher dazu unter 3.). Für den Ausgleich finanzieller Schäden steht ihr der Rechtsweg zu den Zivilgerichten offen. Überdies bestand die Möglichkeit, um einstweiligen Rechtsschutz etwa auf vorläufige Zuteilung zusätzlicher Berechtigungen nachzusuchen. Damit ist den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG Genüge getan.
- 46
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3. Der im Revisionsverfahren hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zulässig (a). Ob er auch begründet ist, kann im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt werden (b).
- 47
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a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage analog anwendbar ist und der Übergang von der Verpflichtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage bzw. die hilfsweise Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Revisionsverfahren keine nach § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung darstellt (vgl. Urteile vom 15. Dezember 1993 - BVerwG 6 C 20.92 - BVerwGE 94, 352 <355> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 321 = juris Rn. 19 und vom 25. Juli 1985 - BVerwG 3 C 25.84 - LS 1= BVerwGE 72, 38 ff. = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 7).
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Der Hilfsantrag ist auch im Übrigen statthaft, sofern man ihn - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - im Einverständnis mit der Klägerin dahingehend versteht, dass festgestellt werden soll, dass die Beklagte bis zum 30. April 2008 verpflichtet war, der Klägerin die begehrte Mehrzuteilung von Berechtigungen für das Kraftwerk Frimmersdorf zu gewähren und der Bescheid vom 16. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 rechtswidrig waren, soweit sie dem entgegenstanden. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, zielt ihr Hilfsantrag entgegen der missverständlichen Formulierung nicht darauf, festzustellen, dass der der Zuteilungsentscheidung zugrunde gelegte Kürzungsfaktor rechtswidrig war. Ein solcher Antrag wäre auch nicht statthaft, denn ein Fortsetzungsfeststellungsantrag nach Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens kann nicht auf die Feststellung gerichtet werden, aus welchem Grund die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig gewesen ist (Urteil vom 31. März 1987 - BVerwG 1 C 29.84 - BVerwGE 77, 164 ff. = Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 5 = juris Rn. 26). Die Bezugnahme auf den Kürzungsfaktor im Hilfsantrag dient nach den klarstellenden Ausführungen der Klägerin vielmehr lediglich dazu, die nach ihrer Auffassung relevante Beurteilungsgrundlage für ihren Anspruch auf Mehrzuteilung inhaltlich näher zu umreißen, weil ihr eine Bezifferung ihres Antrags nicht möglich ist.
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Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse für den Hilfsantrag liegt vor. Angesichts der Änderung der Zuteilungsregeln für die Periode 2008 bis 2012 ist allerdings zweifelhaft, ob es sich auf eine Wiederholungsgefahr stützen ließe. Es folgt aber jedenfalls daraus, dass ein Zivilprozess auf Entschädigung wegen enteignungsgleichem Eingriff nicht offensichtlich aussichtslos erscheint.
- 50
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Im Hinblick auf einen etwaigen Schadensersatzprozess vor den Zivilgerichten gilt der Grundsatz, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dann besteht, wenn der Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit ist auszugehen, wenn ohne ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht. Bezogen auf Amtshaftungsklagen ist das etwa dann der Fall, wenn ein Kollegialgericht das Verhalten eines Beamten als rechtmäßig gewertet hat und deshalb diesem gegenüber nicht der Vorwurf erhoben werden kann, er habe offensichtlich fehlsam gehandelt und damit schuldhaft eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt. Dieser Grundsatz gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn es sich bei dem beanstandeten Verhalten um eine grundsätzliche Maßnahme zentraler Dienststellen bei Anwendung eines ihnen besonders anvertrauten Spezialgesetzes handelt oder wenn das Gericht die Rechtslage trotz eindeutiger und klarer Vorschriften verkannt oder eine eindeutige Bestimmung handgreiflich falsch ausgelegt hat. Die Regel ist ferner unanwendbar, wenn besondere Umstände dafür sprechen, dass der verantwortliche Beamte es kraft seiner Stellung oder seiner besonderen Einsichten "besser" als das Kollegialgericht hätte wissen müssen (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 C 1.03 - BVerwGE 121, 169 ff. = Buchholz 406.11 § 172 BauGB Nr. 3 = juris Rn. 21).
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Ob daran gemessen und unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2009 (a.a.O.) ein Amtshaftungsprozess offensichtlich aussichtslos wäre, kann offenbleiben. Jedenfalls auf die beabsichtigte Klage auf Entschädigung wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs trifft dies nicht zu.
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Der - verschuldensunabhängige - Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff kann neben einen Amtshaftungsanspruch treten. Er setzt voraus, dass rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - III ZR 282/00 - DVBl 2001, 1619, 1621). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, erscheint nicht offensichtlich ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Emissionsbefugnis dem Eigentum an den körperlichen Gegenständen der Anlage oder dem Unternehmen in seiner genehmigten Ausprägung zuzuordnen (Urteil vom 30. Juni 2005 - BVerwG 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 <59 f.> = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 19 Rn. 34). Das rechtswidrige Vorenthalten von Emissionsberechtigungen stellt daher eine Beeinträchtigung des aus der eigentumsrechtlich geschützten Anlage bzw. dem eigentumsrechtlich geschützten Gewerbebetrieb folgenden Nutzungsrechts dar. Als Eingriffsakte kommen sowohl der Erlass des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 als auch die Ablehnung der begehrten Mehrzuteilung in Betracht. Auch die Allgemeinwohlbezogenheit des Treibhausgas-Emissionshandels begegnet keinen Bedenken. Zudem erscheint der Anspruch weder wegen Subsidiarität noch in Ermangelung eines Schadens als offensichtlich ausgeschlossen. Die Klägerin hat um Primärrechtsschutz nachgesucht und nach eigener Darstellung die fehlenden Berechtigungen am Markt zukaufen müssen. Alles Weitere ist den Zivilgerichten zu überlassen (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 C 1.03 - a.a.O. Rn. 24, 25).
- 53
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b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, wenn die Klägerin bei Eintritt des erledigenden Ereignisses, d.h. bei Ablauf der ersten Zuteilungsperiode 2005 bis 2007, einen Anspruch auf Mehrzuteilung von Berechtigungen hatte, der Zuteilungsbescheid vom 16. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 mithin rechtswidrig waren und die Klägerin in ihren Rechten verletzten. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Senat im Revisionsverfahren nicht abschließend klären.
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Die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Mehrzuteilung hatte, kann nur auf der Grundlage einer Neuberechnung des Kürzungsfaktors beantwortet werden. Die Beklagte hat eine solche Neuberechnung im Revisionsverfahren vorgenommen. Diese ist aber von der Klägerin mit substantiierten Einwendungen als fehlerhaft angegriffen worden. Streitig - und nicht im Revisionsverfahren zu ermitteln - ist u.a., wie viele Anlagen von der Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 betroffen sind. Schon dies nötigt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.
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Bei der Neuberechnung des Kürzungsfaktors ist nicht nur die sich zugunsten der Klägerin auswirkende Nichtigkeit des § 6 Abs. 6 ZuV 2007 zu berücksichtigen. Zu den generellen, bei der Prognose über die Zuteilungsmenge zu beachtenden Regeln gehört vielmehr auch, dass Zuteilungen an Optionsanlagen nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. Oktober 2007 - BVerwG 7 C 6.07 - BVerwGE 129, 346 ff. = Buchholz 406.253 § 7 ZuG 2007 Nr. 1 = juris Rn. 23) keiner anteiligen Kürzung unterliegen. Die Auffassung der Klägerin, dass - sofern bei der Korrektur des Kürzungsfaktors überhaupt eine Saldierung zulässig sei - als Saldierungsposten nur solche Zuteilungen nach § 7 Abs. 12 ZuG 2007 eingestellt werden dürfen, die die Beklagte auch tatsächlich korrigiert hat, ist unzutreffend. Im Rahmen der Neuberechnung des Kürzungsfaktors geht es nicht darum, alle Korrekturen individueller Zuteilungsbescheide einfließen zu lassen, sondern nur darum, die generellen Zuteilungsregeln bei der Prognoseerstellung nachträglich ordnungsgemäß anzuwenden. Vor diesem Hintergrund gehen auch die Hinweise der Klägerin auf das gesonderte Budget für die (konkreten) Korrekturen der Zuteilungen an die Optionsanlagen und die fehlende Berücksichtigung der ex-post-Korrekturen fehl. Der Sache nach zielt dieses Vorbringen auf einen Ausgleich zurückfließender Berechtigungen durch nachträgliche Korrekturen. Dem hat der Senat schon in seinem vom Urteil vom 16. Oktober 2007 (a.a.O. Rn. 47 ff.) eine Absage erteilt.
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Ob und inwieweit bei der Neuberechnung noch weitere, im Verfahren bisher nicht erörterte Umstände relevant sein können, die ebenfalls dem Bereich der generellen Zuteilungsregeln zuzuordnen sind, kann der Senat nicht abschließend beurteilen und muss der rechtlichen Würdigung durch das Oberverwaltungsgericht vorbehalten bleiben.
Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
(1) Beantragt der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat, die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die entsprechende Klasse von Kraftfahrzeugen, sind folgende Vorschriften nicht anzuwenden:
- 1.
§ 11 Absatz 9 über die ärztliche Untersuchung und § 12 Absatz 6 über die Untersuchung des Sehvermögens, es sei denn, dass in entsprechender Anwendung der Regelungen in den §§ 23 und 24 eine Untersuchung erforderlich ist, - 2.
§ 12 Absatz 2 über den Sehtest, - 3.
§ 15 über die Befähigungsprüfung, - 4.
§ 19 über die Schulung in Erster Hilfe, - 5.
die Vorschriften über die Ausbildung.
(2) Läuft die Geltungsdauer einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A2, A, B, BE oder B1, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt hat, nach Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland ab, findet Absatz 1 entsprechend Anwendung; handelt es sich um eine Fahrerlaubnis der Klassen C oder D oder einer Unter- oder Anhängerklasse, wird die deutsche Fahrerlaubnis in entsprechender Anwendung von § 24 Absatz 2 erteilt. Satz 1 findet auch Anwendung, wenn die Geltungsdauer bereits vor Begründung des ordentlichen Wohnsitzes abgelaufen ist. In diesem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde jedoch eine Auskunft nach § 22 Absatz 2 Satz 3 einzuholen, die sich auch darauf erstreckt, warum die Fahrerlaubnis nicht vor der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland verlängert worden ist.
(3) Der Führerschein ist nur gegen Abgabe des ausländischen Führerscheins auszuhändigen. Außerdem hat der Antragsteller sämtliche weitere Führerscheine abzuliefern, soweit sie sich auf die EU- oder EWR-Fahrerlaubnis beziehen, die Grundlage der Erteilung der entsprechenden deutschen Fahrerlaubnis ist. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine unter Angabe der Gründe über das Kraftfahrt-Bundesamt an die Behörde zurück, die sie jeweils ausgestellt hatte.
(4) Auf dem Führerschein ist in Feld 10 der Tag zu vermerken, an dem die ausländische Fahrerlaubnis für die betreffende Klasse erteilt worden war. Auf dem Führerschein ist zu vermerken, dass der Erteilung der Fahrerlaubnis eine Fahrerlaubnis zugrunde gelegen hat, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden war.
(5) Absatz 3 gilt nicht für entsandte Mitglieder fremder diplomatischer Missionen im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. 1964 II S. 957) in der jeweils geltenden Fassung und entsandte Mitglieder berufskonsularischer Vertretungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe g des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl. 1969 II S. 1585) in der jeweils geltenden Fassung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder.
(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.
(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,
- 1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind, - 2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben, - 3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben, - 4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, - 5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist, - 6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren, - 7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde, - 8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder - 9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.
(1) Der Bewerber um eine Fahrerlaubnis hat seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen.
(2) Beim Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse L bedarf es nur einer theoretischen, bei der Erweiterung der Klasse B auf die Klasse BE, der Klasse C1 auf die Klasse C1E, der Klasse D auf die Klasse DE und der Klasse D1 auf die Klasse D1E bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung.
(3) Bei der Erweiterung der Klasse A1 auf Klasse A2 oder der Klasse A2 auf Klasse A bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung, soweit der Bewerber zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis für
- 1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 seit mindestens zwei Jahren Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1 und - 2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A seit mindestens zwei Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A2
(4) Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klasse A2, die nach Maßgabe des § 6 Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 3 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 sind, wird die Fahrerlaubnis der Klasse A2 unter der Voraussetzung erteilt, dass sie ihre Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen haben (Aufstieg). Die Vorschriften über die Ausbildung sind nicht anzuwenden. Satz 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A1, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.
(5) Die Prüfungen werden von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr abgenommen.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Der Bewerber um eine Fahrerlaubnis hat seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen.
(2) Beim Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse L bedarf es nur einer theoretischen, bei der Erweiterung der Klasse B auf die Klasse BE, der Klasse C1 auf die Klasse C1E, der Klasse D auf die Klasse DE und der Klasse D1 auf die Klasse D1E bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung.
(3) Bei der Erweiterung der Klasse A1 auf Klasse A2 oder der Klasse A2 auf Klasse A bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung, soweit der Bewerber zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis für
- 1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 seit mindestens zwei Jahren Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1 und - 2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A seit mindestens zwei Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A2
(4) Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klasse A2, die nach Maßgabe des § 6 Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 3 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 sind, wird die Fahrerlaubnis der Klasse A2 unter der Voraussetzung erteilt, dass sie ihre Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen haben (Aufstieg). Die Vorschriften über die Ausbildung sind nicht anzuwenden. Satz 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A1, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.
(5) Die Prüfungen werden von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr abgenommen.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Der Bewerber um eine Fahrerlaubnis hat seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen.
(2) Beim Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse L bedarf es nur einer theoretischen, bei der Erweiterung der Klasse B auf die Klasse BE, der Klasse C1 auf die Klasse C1E, der Klasse D auf die Klasse DE und der Klasse D1 auf die Klasse D1E bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung.
(3) Bei der Erweiterung der Klasse A1 auf Klasse A2 oder der Klasse A2 auf Klasse A bedarf es jeweils nur einer praktischen Prüfung, soweit der Bewerber zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis für
- 1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 seit mindestens zwei Jahren Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1 und - 2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A seit mindestens zwei Jahren Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A2
(4) Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klasse A2, die nach Maßgabe des § 6 Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 3 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 sind, wird die Fahrerlaubnis der Klasse A2 unter der Voraussetzung erteilt, dass sie ihre Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen haben (Aufstieg). Die Vorschriften über die Ausbildung sind nicht anzuwenden. Satz 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A1, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.
(5) Die Prüfungen werden von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr abgenommen.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Tatbestand
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Der Kläger, ein im Jahre 1966 geborener türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.
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Der Kläger kam nach Heirat einer türkischen Staatsangehörigen 1991 im Wege des Ehegattennachzugs nach Deutschland. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, eine 1993 geborene Tochter und ein 2002 geborener Sohn. 1996 erhielt der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die 2007 als Niederlassungserlaubnis in seinen Reisepass übertragen wurde.
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2003 verlor der Kläger durch Konkurs des Arbeitgebers nach zwölf Jahren ununterbrochener Beschäftigung als Lagerarbeiter und Maschinenführer seinen Arbeitsplatz. Danach gelang es ihm nicht, erneut eine dauerhafte Beschäftigung zu finden. Im Mai 2003 wurde die Ehe geschieden. Nach einer Versöhnung lebte der Kläger vorübergehend wieder mit seiner Familie zusammen. Im Mai 2008 kam es zur endgültigen Trennung.
- 4
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Dies führte beim Kläger zu psychischen Problemen. Er steigerte sich in die Vorstellung hinein, seine geschiedene Frau sei für sein Schicksal verantwortlich, kümmere sich nicht um die gemeinsamen Kinder und versuche, den Kontakt mit diesen zu verhindern. Diese Negativentwicklung gipfelte darin, dass er am 14. Dezember 2008 gegen 23.30 Uhr in die frühere Familienwohnung eindrang. Dabei führte er eine Rolle Klebeband, zwei Messer und einen Brief mit sich, in dem er ankündigte, sich und seine Kinder zu töten. In der Wohnung traf er auf seine Frau, schlug ihr mehrfach heftig ins Gesicht und drohte ihr mit der Tötung der Kinder. Durch das Eingreifen einer Freundin der Frau gelang es, die Situation bis zum Eintreffen der Polizei zu entspannen. Bei seiner Festnahme drohte der Kläger, seine frühere Ehefrau umzubringen. Er wurde in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23. März 2009 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, Nötigung und Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die wegen der Gefahr neuer Straftaten zum Nachteil der Familie nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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Mit Bescheid vom 27. Juli 2009 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus und drohte ihm die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Türkei an. Zur Begründung wurde ausgeführt, vom Kläger gehe eine massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Seine unbefristete Ausweisung sei daher auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 gerechtfertigt. Hiergegen erhob der Kläger Klage. Während des Klageverfahrens wurde die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe vom Landgericht Stuttgart im Dezember 2009 zur Bewährung ausgesetzt und der Kläger aus der Haft entlassen. Daraufhin setzte das Regierungspräsidium dem Kläger mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 eine Ausreisefrist bis 17. Januar 2010. Diese Änderung wurde im Wege der Klageerweiterung in das Klageverfahren einbezogen.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17. Dezember 2010 stattgegeben und die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat nach Ablehnung eines Antrags des Beklagten auf Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens dessen Berufung mit Urteil vom 9. August 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger besitze jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine assoziationsrechtliche Rechtsstellung. Er dürfe daher nach § 55 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1 /80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Dabei gelte entgegen der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts nicht ein differenzierter, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Maßgeblich sei allein der jeweilige Einzelfall, der eine umfassende Würdigung aller wesentlichen Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen erfordere. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehe vom Kläger gegenwärtig keine Wiederholungsgefahr aus. Der Einholung eines Gutachtens habe es nicht bedurft. Es lägen keine besonderen tat- oder persönlichkeitsbezogenen Umstände vor, aufgrund derer die Gefahrenprognose nicht ohne spezielle Sachkunde getroffen werden könne. Mehr als anderthalb Jahre nach der Strafaussetzung zur Bewährung und unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Verhaltens des Klägers sowie der recht spezifischen Umstände, die im Dezember 2008 zur Straftat geführt hätten, bestünden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger erneut vergleichbare Straftaten insbesondere zum Nachteil seiner geschiedenen Ehefrau oder seiner Kinder begehen werde. Die vom Beklagten (hilfsweise) begehrte Aufhebung der Ausweisung mit Wirkung ex nunc - primär um ein Wiederaufleben der Niederlassungserlaubnis des Klägers zu verhindern - komme nicht in Betracht. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO lasse sowohl eine Aufhebung ex tunc als auch ex nunc zu. Auch § 84 Abs. 2 AufenthG sei zu dieser Frage keine klare Entscheidung zu entnehmen. Gegen eine zeitliche begrenzte Aufhebung der Ausweisungsverfügung sprächen vor allem die europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben, die für die Zeitpunktverschiebung im Ausweisungsrecht maßgebend gewesen seien, aber auch pragmatische Gründe, da das Gericht den genauen Stichtag - etwa des Wegfalls der Wiederholungsgefahr - regelmäßig nur schwer ermitteln könne. Möglich dürfte allein die Feststellung sein, dass die Ausweisung zu einem bestimmten Zeitpunkt rechtswidrig oder rechtmäßig gewesen sei. Insoweit könne der Ausländerbehörde eventuell mittels eines Feststellungsausspruchs analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geholfen werden, der ggf. auch im Wege der Widerklage oder Anschlussberufung durchsetzbar sei. Einen solchen Antrag habe der Beklagte nicht gestellt. Da der Aufenthalt nicht beendet worden sei, fehle es auch an einem besonderen Feststellungsinteresse.
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Der Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör wegen der Ablehnung seines Beweisantrags. Außerdem ist er der Auffassung, dass eine Ausweisung nach Wegfall der Wiederholungsgefahr im gerichtlichen Verfahren nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben werden dürfe.
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Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung, hilfsweise begehrt er eine Befristung der in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung mit sofortiger Wirkung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist zulässig und begründet. Die Verfahrensrüge des Beklagten greift durch. Das Berufungsgericht hat den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens unter Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) abgelehnt. Der Beweisantrag zielte auf die Aufklärung der Tatsache, ob der Kläger die psychische Situation und die Denk- und Wahrnehmungsmuster, die dem Verfassen des Abschiedsbriefs vom 14. Dezember 2008 und der abgeurteilten Straftat von demselben Tag zugrunde liegen, so weit überwunden hat, dass von ihm keine Gefahr weiterer vergleichbarer Straftaten gegen seine geschiedene Frau und seine Kinder mehr ausgeht. Da das Berufungsurteil auf diesem Verfahrensmangel beruht, ist es schon deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll es sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG es, dass das Gericht einem Beweisangebot nachgeht, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach seinem Rechtsstandpunkt erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. Januar 2001 - 1 BvR 2075/98 - NJW-RR 2001, 1006 m.w.N.).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die Tatsacheninstanzen einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO oder mit dem Hinweis auf die eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen. Das Tatsachengericht muss seine Entscheidung für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht aber nachvollziehbar begründen und ggf. angeben, woher es seine Sachkunde hat. Wie konkret der Hinweis auf die eigene Sachkunde des Gerichts zu sein hat, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2001 - BVerwG 1 B 206.00 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 46 m.w.N.). Die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens ist hingegen verfahrensfehlerhaft, wenn das Gericht für sich eine ihm nicht zur Verfügung stehende Sachkunde in Anspruch nimmt oder sich in einer Frage für sachkundig hält, in der seine Sachkunde ernstlich zweifelhaft ist, ohne dass es überzeugend darlegt, weshalb ihm die erforderliche Sachkunde zur Verfügung steht, oder wenn sonst seine Entscheidung auf mangelnde Sachkunde schließen lässt (Beschluss vom 24. November 1997 - BVerwG 1 B 224.97 - juris Rn. 6 m.w.N.).
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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist weiter geklärt, dass bei der gerichtlichen Überprüfung der Ausweisung eines strafgerichtlich verurteilten Ausländers hinsichtlich der gebotenen Gefahrenprognose nicht allein auf das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat, sondern auf die Gesamtpersönlichkeit abzustellen ist und dabei auch nachträgliche Entwicklungen einzubeziehen sind. Bei dieser Prognoseentscheidung bewegt sich das Gericht regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind. Der Hinzuziehung eines Sachverständigen bedarf es nur ausnahmsweise, wenn die Prognose aufgrund besonderer Umstände - etwa bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen - nicht ohne spezielle, dem Gericht nicht zur Verfügung stehende fachliche Kenntnisse erstellt werden kann (vgl. Beschlüsse vom 4. Mai 1990 - BVerwG 1 B 82.89 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 124 und vom 14. März 1997 - BVerwG 1 B 63.97 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 10 m.w.N.).
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Von einem derartigen Sonderfall ist vorliegend auszugehen. Aufgrund der beim Kläger anlässlich der endgültigen Trennung von seiner geschiedenen Ehefrau aufgetretenen massiven psychischen Probleme, die letztlich zu der Tat vom Dezember 2008 und den ernst zu nehmenden Todesdrohungen gegen seine geschiedene Ehefrau und die gemeinsamen Kinder geführt haben, liegen Hinweise dafür vor, dass die Persönlichkeit des Klägers nicht allein auf der Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung zutreffend beurteilt werden kann. Vielmehr bedarf es hierfür - ungeachtet des zwischenzeitlichen Verhaltens des Klägers - einer speziellen, einem Laien regelmäßig nicht zur Verfügung stehenden medizinischen Sachkunde. Dies gilt umso mehr, als die Hintergründe der Tat im Strafverfahren weitgehend im Dunkeln geblieben sind und der Kläger ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der ihn behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 28. Juli 2011 in den zehn seit seiner Entlassung durchgeführten therapeutischen Sitzungen wenig offen für das Aufarbeiten von Vergangenem war und - hierauf angesprochen - Gefühle von Kränkung und Wut zeigte.
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Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass es selbst über die erforderliche Sachkunde für das Erfassen und Bewerten eines nach der Vorgeschichte nicht auszuschließenden psychisch krankhaften Verhaltens des Klägers verfügt. Insoweit kann es sich insbesondere nicht auf die ihm vorgelegte ärztliche Bescheinigung stützen. In dieser wird eine Anpassungsstörung mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten diagnostiziert. Zur Frage der (fortbestehenden) Gefährlichkeit des Klägers enthält die Bescheinigung keine abschließende Aussage, sondern nur den Hinweis, dass innerhalb der Behandlungsgespräche zu keinem Zeitpunkt selbst- oder fremdgefährdende Einstellungen oder Verhaltensweisen aufgefallen seien. Auch das unauffällige Verhalten des Klägers seit seiner Freilassung, die im Wesentlichen positiven Stellungnahmen der ihn betreuenden sozialen Einrichtungen und das Einhalten der Bewährungsauflagen, insbesondere das Beachten des Kontaktverbots zu seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern, ändern nichts daran, dass eine zuverlässige Würdigung der klägerischen Persönlichkeit im Rahmen der dem Gericht obliegenden Prognoseentscheidung nach den in der Vergangenheit gezeigten psychischen Auffälligkeiten einer besonderen Sachkunde bedarf. Damit findet die Ablehnung des Beweisantrags des Beklagten im Prozessrecht keine Stütze. Das Verfahren ist schon deshalb wegen Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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2. Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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2.1 Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung und der vom Kläger erstmals im Revisionsverfahren hilfsweise begehrten Befristung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (stRspr, vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 12 m.w.N.).
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2.2 Die angefochtene Ausweisung findet ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981, 4) - ARB 1/80 -. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger jedenfalls als türkischer Arbeitnehmer nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 3 ARB 1/80 ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht erworben hat. Dieses geht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - nicht durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Abwesenheit vom Arbeitsmarkt, etwa infolge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe, verloren (EuGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - Rs. C-383/03, Dogan - Slg. 2005 I-6237 Rn. 19 und 22). Der Kläger kann daher nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422). Zur Bestimmung der Bedeutung und der Tragweite des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 hat der EuGH in der Vergangenheit auf die Richtlinie 64/221/EWG abgestellt. Nachdem diese Richtlinie inzwischen durch die Richtlinie 2004/38/EG - Unionsbürgerrichtlinie - aufgehoben wurde, gilt für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nunmehr ein anderer unionsrechtlicher Bezugsrahmen. Dieser wird für einen Ausländer, der sich - wie der Kläger - seit mehr als zehn Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält, mangels günstigerer Vorschriften im Assoziationsrecht EWG-Türkei durch Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG - Daueraufenthaltsrichtlinie - gebildet, die eine Vorschrift zum Mindestschutz vor Ausweisungen von Drittstaatsangehörigen darstellt, die in einem Mitgliedstaat die Rechtsstellung von langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzen (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 79; zu den Anforderungen an die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG vgl. auch Senatsurteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 14 ff.).
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Für die danach im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die Kritik des Berufungsgerichts an diesem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab verkennt, dass jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Auch die den nationalen Gerichten obliegende und auf der Grundlage aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt, kann im Hinblick auf die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts den Rang des bedrohten Rechtsguts nicht außer Acht lassen, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe. Das bedeutet aber nicht, dass bei hochrangigen Rechtsgütern bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit eine Wiederholungsgefahr begründet. Der Senat hat schon zu § 12 Abs. 3 AufenthG/EWG entschieden, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 16 m.w.N.).
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In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht, nachdem es sich die erforderliche Sachkunde für eine zuverlässige Beurteilung der klägerischen Persönlichkeit - durch Einholung des vom Beklagten beantragten fachpsychiatrischen Gutachtens oder auf andere Weise, etwa durch Anhörung der den Kläger behandelnden Ärztin - verschafft hat, zunächst zu klären haben, ob vom Kläger gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung ausgeht, weil schwere Straftaten zum Nachteil seiner geschiedenen Ehefrau und der gemeinsamen Kinder zu befürchten sind.
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2.3 Sollte das Berufungsgericht hierbei zu dem Ergebnis kommen, dass vom Kläger im für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keine Wiederholungsgefahr (mehr) ausgeht, wäre die Ausweisung schon deshalb rechtswidrig und mit Wirkung ex tunc aufzuheben, ohne dass es darauf ankäme, ob die Behörde ihr Ermessen bei Erlass der Ausweisungsverfügung ordnungsgemäß ausgeübt und während des Verfahrens entsprechend aktualisiert hat.
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Das Prozessrecht enthält zu der Frage, in welchem Umfang eine ursprünglich rechtmäßige, im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung aber wegen einer zwischenzeitlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage rechtswidrig gewordene Ausweisung aufzuheben ist, keine verbindliche Regelung. Soweit es in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO heißt, dass ein Verwaltungsakt aufzuheben ist, "soweit" er sich als rechtswidrig erweist, lässt diese Vorschrift sowohl eine Aufhebung ex tunc als auch ex nunc zu. Ob ein Verwaltungsakt aber in inhaltlicher oder auch in zeitlicher Hinsicht teilbar ist, ist eine Frage des jeweiligen materiellen Rechts. Diesem sind nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zu entnehmen, sondern es bestimmt auch, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen bei einer gerichtlichen Überprüfung vorliegen müssen, und ob eine ursprünglich rechtmäßige, während des gerichtlichen Verfahrens aber rechtswidrig gewordene Verfügung "in der Zeit" teilbar ist.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Aufenthaltsgesetz an die Ausweisung kraft Gesetzes bestimmte Rechtsfolgen knüpft. Diese sind nur teilweise - etwa das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und die Titelerteilungssperre (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) - einer zeitlichen Limitierung zugänglich (vgl. insoweit auch die Befristungsmöglichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Die titelvernichtende Wirkung der Ausweisung (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und die damit einhergehende Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG) können hingegen nach der gesetzlichen Konzeption nur durch eine auf den Erlasszeitpunkt rückwirkende Aufhebung beseitigt werden. Damit unterscheidet sich die Ausweisung in ihren Folgen von einem - auf der Zeitachse teilbaren - Dauerverwaltungsakt.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich die Möglichkeit einer Aufhebung mit Wirkung ex nunc auch nicht aus § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Danach tritt eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Diese Vorschrift knüpft an die Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG an. Danach lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts entfällt folglich mit dem Erlass der Ausweisungsverfügung, ohne dass es auf deren vorläufige Vollziehbarkeit ankommt. § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG stellt klar, dass diese aufenthaltsrechtliche Folge nicht eintritt, wenn der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verwaltungsakt nachträglich durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Die Vorschrift verhält sich indes nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage der Teilbarkeit der Ausweisung "in der Zeit".
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Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG ausdrücklich nur die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts anspricht. Das Aufenthaltsgesetz unterscheidet zwar grundsätzlich zwischen dem Besitz eines Aufenthaltstitels und der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts. Der Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG, wonach im Falle einer späteren Aufhebung keine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt, kann aber nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass in Fällen, in denen der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verwaltungsakt zugleich zum Erlöschen eines Aufenthaltstitels führt, dieser Aufenthaltstitel bei einer späteren Aufhebung des Verwaltungsakts nicht wieder auflebt. So geht selbst der Beklagte davon aus, dass eine von Anfang an rechtswidrige Ausweisung mit Wirkung ex tunc aufzuheben ist und zu einem Wiederaufleben führt.
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Auch den Gesetzesmaterialien zu § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG und der wortgleichen Vorgängerregelung in § 72 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 kann nicht entnommen werden, dass mit diesen Vorschriften die rechtlichen Konsequenzen einer Aufhebung ex nunc geregelt werden sollten. Die Regelung in § 72 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 stammt aus einer Zeit, als sich die Rechtmäßigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen im gerichtlichen Verfahren allein nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung richtete. Gleiches galt - von unionsrechtlichen Ausnahmen abgesehen - auch noch bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes Anfang 2005. Entsprechend findet sich in der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Ausländergesetz 1990 nur der allgemeine Hinweis, dass die "ex tunc-Wirkung" der Aufhebung gewährleiste, dass die Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beseitigt werde (BTDrucks 11/6321 S. 81). Auch in der Begründung zu § 84 AufenthG im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz wird lediglich darauf verwiesen, dass die Vorschrift § 72 AuslG entspreche (BTDrucks 15/420 S. 97).
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Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG lediglich klargestellt werden soll, dass im Falle einer Aufhebung ex tunc die alte Rechtsstellung in vollem Umfang wieder auflebt, der Betroffene also so stehen soll, als wenn die Ausweisung nie verfügt worden wäre. Dieses Verständnis der Vorschrift liegt im Übrigen auch der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 zugrunde (vgl. Nr. 84.2.3 der VwV-AufenthG).
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Würde eine Ausweisung, die nur infolge einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage - etwa wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr -rechtswidrig ist, nicht ex tunc, sondern nur mit Wirkung ex nunc oder bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die ursprünglich rechtmäßige Ausweisung rechtswidrig geworden ist, aufgehoben, bliebe es für die Vergangenheit bei einer wirksamen Ausweisung mit allen daran anknüpfenden gesetzlichen Folgen. Dies wäre mit Blick auf die titelvernichtende Wirkung der Ausweisung nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG und die daran anknüpfende gesetzliche Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG problematisch. Denn diese gesetzlichen Folgen hängen allein vom wirksamen Erlass einer Ausweisungsverfügung ab (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Ein nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG kraft Gesetzes erloschener Aufenthaltstitel könnte daher bei einer nicht auf den Erlasszeitpunkt rückwirkenden Aufhebung nicht wieder aufleben. Der Ausländer wäre weiterhin nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig. Einen neuen Aufenthaltstitel könnte er nur auf Antrag erhalten, falls er die rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt.
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Mit Blick auf diese - im Fall einer nicht auf den Erlasszeitpunkt rückwirkenden Aufhebung fortbestehenden - gesetzlichen Rechtswirkungen der Ausweisung sprechen daher die gleichen Erwägungen, die den Senat in seinem Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - (BVerwGE 130, 20) bewogen haben, bei der gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung zukünftig bei allen Ausländern einheitlich auf die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen, gegen eine Teilbarkeit der Ausweisung "in der Zeit". Damit ist eine Ausweisungsverfügung auch in Fällen, in denen die Ausweisung nur wegen einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage im für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt rechtswidrig geworden ist, ex nunc aufzuheben. Der Senat hat die generelle Zeitpunktverschiebung vor allem damit begründet, dass nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit von Ausweisungen im Hinblick auf einen möglichen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK und das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auf eine möglichst aktuelle Tatsachengrundlage abzustellen ist und zudem der Kreis derjenigen Ausländer, die kraft Unionsrechts nur bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr ausgewiesen werden dürfen, durch dem Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 zugrunde liegende EU-Richtlinien nochmals erweitert worden ist (Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 15 ff.). Das dabei verfolgte Ziel, in einem Verfahren auf aktueller Grundlage abschließend über die Aufenthaltsbeendigung zu entscheiden, würde unterlaufen, wenn die Ausweisung bei einer entscheidungserheblichen nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage zugunsten des Ausländers nicht rückwirkend aufgehoben und der dem Ausländer vor Erlass der Ausweisung zustehende Aufenthaltstitel nicht wieder aufleben würde. Denn in diesem Fall müsste der Streit über seinen weiteren Verbleib im Bundesgebiet im Rahmen eines neuen Aufenthaltserlaubnisverfahrens ausgetragen werden. Dass folglich auch eine im für die gerichtliche Überprüfung maßgeblichen Zeitpunkt mangels Wiederholungsgefahr rechtswidrige Ausweisung unabhängig von ihrer ursprünglichen Rechtmäßigkeit mit Wirkung ex tunc aufzuheben ist, ist daher letztlich eine weitere Konsequenz der Senatsrechtsprechung zur generellen Zeitpunktverlagerung. Diese verstößt weder gegen das Rechtsstaatsprinzip noch gegen Art. 3 GG. Das mit der Rechtsprechung des Senats zur generellen Zeitpunktverschiebung verfolgte Ziel, in einem Verfahren auf aktueller Grundlage abschließend über die Aufenthaltsbeendigung zu entscheiden, dient vor allem dem Grundrechtsschutz des Ausländers und der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und beruht damit auf einer hinreichenden sachlichen Rechtfertigung.
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2.4 Zur Klarstellung weist der Senat allerdings daraufhin, dass in Fällen, in denen die Ausweisung ursprünglich rechtmäßig war und nur aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig geworden ist, ihre Aufhebung mit Wirkung ex tunc nicht zur Folge hat, dass damit frühere Abschiebungsmaßnahmen zwangsläufig rechtswidrig sind und hierfür vom Ausländer oder einem gesetzlichen Haftungsschuldner keine Kosten erhoben werden können. Denn die rückwirkende Aufhebung einer Ausweisung wirkt sich nach nationalem Recht nicht auf frühere Vollstreckungsmaßnahmen aus, die zum damaligen Zeitpunkt rechtmäßig waren. Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung beurteilt sich vielmehr nach der zum Zeitpunkt ihrer Vollziehung maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Ob dies auch in - wie vorliegend - unionsrechtlich geprägten Fallgestaltungen gilt oder ob hier - mit Blick auf die vom EuGH festgestellte Pflicht zur Berücksichtigung neuer Tatsachen bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung - ausnahmsweise auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bereits vollzogener Abschiebungsmaßnahmen und die Festsetzung von Abschiebungskosten etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte weder einen Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung bezogen auf einen früheren Zeitpunkt gestellt hat noch ein besonderes Interesse an einer entsprechenden Feststellung besteht, da der Kläger nicht abgeschoben worden ist.
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2.5 Sollte das Berufungsgericht nach fachkundiger Abklärung bei der Gefahrenprognose zu dem Ergebnis kommen, dass vom Kläger weiterhin eine Wiederholungsgefahr ausgeht und die Ausweisung auch im Übrigen rechtmäßig ist, wird es auch über den vom Kläger erstmals im Revisionsverfahren gestellten Hilfsantrag zu entscheiden haben, mit dem dieser eine sofortige Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG begehrt (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 27 ff.).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02.03.2011 - 4 K 3079/10 - geändert.
Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 22.10.2010 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.
(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
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nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.
(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,
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die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind, - 2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben, - 3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben, - 4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, - 5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist, - 6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren, - 7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde, - 8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder - 9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.