Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 30. Nov. 2016 - 6 A 1100/14

published on 30/11/2016 00:00
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 30. Nov. 2016 - 6 A 1100/14
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Gericht

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Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 11. Oktober 2013 sowie seines diesbezüglichen Widerspruchsbescheides vom 28. April 2014 verpflichtet, die Klägerin auf ihren Antrag vom 13. Mai 2013 ab dem 01. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2016 von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab dem 01. Juni 2013.

2

Sie ist ab dem 01. Januar 2013 als Wohnungsinhaberin beim Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio (im Folgenden: Beitragsservice) unter der Beitragsnummer 675 974 165 angemeldet.

3

Sie ist Beamtin im Dienst des Freistaates Thüringen; ihr wurde antragsgemäß Sonderurlaub unter Fortfall der Dienstbezüge zum Zwecke der Kinderbetreuung, zuletzt befristet bis zum 31. Dezember 2016, vom Dienstherrn bewilligt. Die am 14. Februar 2005 geborene ältere Tochter der Klägerin, C., ist zu 100 % schwerbehindert (Pflegestufe 3) und wird von der geschiedenen Klägerin häuslich gepflegt, das heißt die Klägerin übernimmt die Grund- und Behandlungspflege für ihre schwerstpflegebedürftige Tochter.

4

Die Klägerin beantragte mit Formularantrag vom 13. Mai 2013, der am 31. Mai 2013 beim Beitragsservice einging, die Befreiung/ Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 6 RBStV.

5

Ihren Ermäßigungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 03. August 2013, den Befreiungsantrag mit Bescheid vom 11. Oktober 2013 ab. Gegen letztgenannten Bescheid legte die Klägerin am 23. Oktober 2013 Widerspruch ein.

6

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin am 10. Juni 2014 die vorliegende Klage erhoben. Sie meint, dass in ihrem Fall ein atypischer Sachverhalt vorliege, der die Annahme eines Härtefalles rechtfertige. Sie lebe unterhalb der Bedarfssätze nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches. Dies habe der Gesetzgeber im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht explizit regeln können. Die Härtefallregelung beschränke sich nicht nur auf die Fälle einer versagten Sozialleistung. Es liege eine vergleichbare Bedürftigkeit vor.

7

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

8

den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2014 ab dem 01. Juni 2013 von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen,

11

und tritt ihr mit Rechtsausführungen entgegen. Er beruft sich auf die bescheidgebundene Nachweisführung für eine vergleichbare Bedürftigkeit; solche Nachweise habe die Klägerin nicht erbracht.

12

Mit Beschluss vom 29. Juli 2016 hat das Gericht der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten, und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

I. Über die Klage entscheidet der Berichterstatter, dem die Kammer den Rechtsstreit als Einzelrichter mit Beschluss vom 29. Mai 2015 übertragen hat, § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

15

II. Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet.

16

Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 11. Oktober 2013 sowie sein diesbezüglicher Widerspruchsbescheid vom 28. April 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, weil sie auf ihren Antrag vom 13. Mai 2013 ab dem 01. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2016 von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

17

Rechtsgrundlage für die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab dem 01. Januar 2013 ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – (GVOBl. M-V 2011, S. 766), der durch Zustimmungsgesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 4. Juli 2011 (GVOBl. M-V S. 766) in hiesiges Landesrecht umgesetzt wurde.

18

Der Beklagte geht fehl in der Annahme, der von der Klägerin ab dem 01. Juni 2013 geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Härtefallgründen stehe ihr nicht zu.

19

1. Zwar trifft es zu, dass die Klägerin nicht zu dem Personenkreis gehört, der nach § 4 Abs. 1 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien ist. Denn es werden natürliche Personen nur in den Fällen, die in den Nummern 1 bis 10 der v.g. Vorschrift geregelt sind, auf Antrag von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV befreit. Der Beginn des Befreiungszeitraums bemisst sich nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 RBStV. Nach § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV sind die Voraussetzungen für die Befreiung durch die entsprechende Bestätigung einer Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV hat der Gesetzgeber für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip aus dem vorangegangenen Rundfunkgebührenstaatsvertrag übernommen, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung zusteht, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und mit deren Bescheid bestätigt wurde (sog. „bescheidgebundene“ Befreiungsmöglichkeit). Die Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV sind abschließend geregelt und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 09.03.2016 - 3 D 100/15 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.10.2015 - OVG 11 B 7.13 -, juris).

20

Danach kann sich die Klägerin auf keinen der in § 4 Abs. 1 RBStV geregelten Befreiungstatbestände berufen. In dem von ihr geltend gemachten Zeitraum gehört sie insbesondere nicht zu den Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Sozialgeld nach SGB XII bzw. SGB II. Auch erhält sie keine anderen Leistungen im Sinne von § 4 Abs. 1 RBStV, insbesondere kann sie sich nicht auf Nr. 7 berufen, weil das Pflegegeld an die Tochter der Klägerin als Pflegebedürftige ausgezahlt wird.

21

2. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 6 RBStV, weil aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles hier ausnahmsweise sowohl ein verfahrensrechtlicher als auch ein materiell-rechtlicher Härtefall vorliegt.

22

Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat die Landesrundfunkanstalt unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1 den Antragsteller in besonderen Härtefällen von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien. Nach Satz 2 liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkgebührenbeitrags überschreiten. Die Regelung in Satz 2 beruht auf den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 9. und 30. November 2011 (BVerfG, Beschl. v. 09.11.2011 – 1 BvR 665/10 – u. v. 30.11.2011 – 1 BvR 3269/08 – u. – 1 BvR 656/10 –, juris) zur Vorgängerregelung des § 6 Abs. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV).

23

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Härtefall dann angenommen, wenn das Einkommen eines Rundfunkgebührenpflichtigen die für die Gewährung der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgezählten Sozialleistungen maßgeblichen Einkommensgrenzen übersteigt (weshalb ein Anspruch auf Sozialleistungen nicht besteht), in denen aber dieser Teil des Einkommens oberhalb der Einkommensgrenzen geringer ist als die Rundfunkgebühr selbst. In einem solchen Fall führt die Versagung der Befreiung von Rundfunkgebühren nämlich dazu, dass das Einkommen des Betroffenen im Ergebnis durch die Belastung der zu zahlenden Rundfunkgebühren unter diese Einkommensgrenzen absinkt, ohne dass er hieran etwas, z.B. durch die Beantragung von Sozialleistungen, ändern könnte.

24

Im vorliegenden Fall liegt das Einkommen der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum – bereits vor Abzug zu zahlender Rundfunkbeiträge – unterhalb dessen, was ihr an Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und SGB XII zustehen würde.

25

Die Klägerin selbst verfügt mit Ausnahme der Wohngeldzahlungen über kein eigenes Einkommen. Hiervon sind noch Versicherungsleistungen abzuziehen. Selbst unter Berücksichtigung des Kindergeldes und des vom Vater gezahlten Kindesunterhalts liegt das Einkommen unterhalb der Regelsätze für die Grundsicherung der Familie. Die Pflegegeldzahlungen erfolgen an die pflegebedürftige Tochter und nicht an die pflegende Klägerin. Sie stellen daher kein Einkommen der Klägerin dar; Pflegegeld als Leistungen der Pflegeversicherung bleibt als Einkommen bei Sozialleistungen ohnehin unberücksichtigt, § 13 Abs. 5 SGB XI. Der für die Klägerin als alleinerziehende Person maßgebliche Regelsatz belief sich vom 1. Januar 2013 auf 382 €. Hinzu kommt der Regelbedarf (Regelbedarfsstufe 5) für zwei Kinder in Höhe von insgesamt 510 € sowie ein Mehrbedarf in Höhe von 123 €. Die Aufwendungen für ihre Wohnung mit einer Wohnfläche von 98 m² (Miete und Heizkosten) betrugen 575 €. Vermögenswerte, die die Klägerin einsetzen könnte, sind ausweislich ihrer Angaben im Prozesskostenhilfeverfahren nicht vorhanden.

26

Bei einem Unterschreiten der Bedarfsgrenze kommt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 – 6 B 1/08 –, juris Rn. 5; VG München, Urteil vom 04.05.2016 – M 6 K 16.652 –, juris Rn. 18) in den Fällen des freiwilligen Verzichts auf eine Sozialleistung keine Beitragsbefreiung aus Härtefallgründen in Betracht. Denn der Rundfunkbeitragspflichtige könnte einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bzw. XII stellen und es wären ihm bei entsprechender Einkommens- und Vermögenslosigkeit Sozialleistungen zu bewilligen mit der Folge, dass er auch von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien wäre. Beantragt hingegen ein Rundfunkteilnehmer trotz Vorliegens der Voraussetzungen keine Bewilligung dieser ihm zustehenden Sozialleistungen, kann er keine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht verlangen. Es fehlt in diesen Fällen auch an der Voraussetzung einer besonderen Härte nach § 4 Abs. 6 RBStV. Grund hierfür ist, dass die Entscheidung über die Rundfunkbeitragsbefreiung in Fällen, die von der Typologie der Befreiungsvorschriften erfasst werden, von dem Bescheid einer Sozialbehörde über den Empfang der Leistungen abhängig ist, der nur auf Antrag des Bedürftigen erteilt wird (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 10.09.2015 – 3 D 31/15 –, juris Rn. 11).

27

Die Regelung zur Nachweisführung durch Sozialleistungsbescheide ist nach der gesetzlichen Konzeption zwingend. Dementsprechend kommt die Anwendung der Härtefallklausel auf Fälle wie den vorliegenden nur dann in Betracht, falls es dem Beitragsschuldner aufgrund eines besonderen Härtefalles nicht möglich wäre, einen entsprechenden Sozialleistungsbescheid vorzulegen (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 25.02.2016 – 2 O 36/15 –, u. v. 03.03.2016 – 2 O 94, 95 u. 162/15 –).

28

Ein solcher verfahrensrechtlicher Härtefall ist hier ausnahmsweise gegeben. Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und SGB XII erhält die Klägerin nicht, obwohl sie einen entsprechenden Antrag nach SGB XII gestellt hat. Hintergrund ist, dass die Klägerin bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB II und XII hat. Durch die häusliche Vollzeitpflege ihrer zu 100 % schwerbehinderten Tochter C. steht die Klägerin dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung und sie ist weder teilweise noch voll aus gesundheitlichen Gründen erwerbsgemindert (vgl. Ablehnungsbescheid des Landrates des Landkreises B-Stadt vom 23. November 2015). Damit ist es ihr in verfahrensrechtlicher Hinsicht unmöglich, durch eine Sozialbehörde einen positiven Sozialleistungsbescheid zu erhalten, den sie wiederum gegenüber dem Beklagten vorlegen könnte.

29

Auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls sind hier gegeben. Nach der Gesetzesbegründung liegt ein besonderer Härtefall vor, wenn - ohne dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 RBStV erfüllt sind - eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.10.2011 – 6 C 34/10 –, juris Rn. 18; Gall/Siekmann in: Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, § 4 RBStV Rn. 53 mit Verweis auf BayLT-Drs. 16/7001, S. 16). Die Regelung in § 4 Abs. 6 RBStV enthält keine allgemeine Härte-Auffangklausel. Ein besonderer Härtefall scheidet vielmehr für solche Sachverhalte aus, die nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Befreiungsregelung durch die in § 4 Abs. 1 RBStV aufgezählten, speziellen Befreiungstatbestände abschließend geregelt werden. Erfüllt der Rundfunkteilnehmer nicht die in den dort aufgeführten Leistungsgesetzen genannten Voraussetzungen für einen Leistungsbezug, scheidet im Grundsatz auch eine Rundfunkbeitragsbefreiung aus. Die Härteregelung ist auf atypische Fallkonstellationen bezogen, die vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt worden sind (BVerwG, Urt. v. 12.10.2011, a.a.O., juris Rn. 22). § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV soll gewährleisten, dass auch in Ausnahmefällen, die wegen ihrer atypischen Ausgestaltung nicht im Einzelnen vorherzusehen sind und sich daher nicht mit den abstrakten Merkmalen des Gesetzes erfassen lassen, ein Ergebnis erreicht wird, das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielsetzung gleichwertig ist. Dementsprechend kann ein atypischer Fall nur dann angenommen werden, wenn zu der allgemeinen Einkommenssituation noch besondere Lebensumstände hinzukommen (vgl. VG Schwerin, Urt. v. 19.10.2016 – 6 A 1685/14 –, juris Rn. 37). Dabei ist jeweils auch zu berücksichtigen, ob es mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG geboten ist, den nicht durch § 4 Abs. 1 RBStV erfassten Sachverhalt als besonderen Härtefall anzuerkennen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.11.2011, a.a.O., juris Rn. 11 ff.).

30

Hiervon ausgehend ist der dem Befreiungsbegehren zugrunde liegende Sachverhalt so außergewöhnlich, dass der Gesetzgeber diese Fallkonstellation in § 4 Abs. 1 RBStV nicht abschließend geregelt hat. Die Klägerin ist keine Empfängerin von Pflegegeld nach landesrechtlichen Vorschriften, § 4 Abs. 1 Nr. 7 RBStV. Das Pflegegeld wird nicht an die Pflegeperson, sondern an die pflegebedürftige Person ausgezahlt. Die Klägerin hat für die Pflege ihrer Tochter die Berufstätigkeit unterbrochen und sich gegen eine Pflege durch einen Pflegedienst entschieden. Die gesellschaftliche Anerkennung ihrer Pflegeleistung spiegelt sich in den sozialrechtlichen Vorschriften nicht dergestalt wider, dass die Klägerin als Pflegeperson einen Anspruch auf eine sozialrechtliche Leistung erwirbt, weil sie im Gegenzug auf entsprechende Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit verzichtet. Die berufliche Freistellungsphase zum Zwecke der Angehörigenpflege stellt aus Sicht der Klägerin eine aufopfernde Maßnahme dar. Der Gesetzgeber konnte in § 4 Abs. 1 RBStV für die pflegenden Angehörigen keine Rundfunkbeitragsbefreiung regeln, weil eine bescheidgebundene Anknüpfung an eine konkrete Sozialleistung für diese Personengruppe grundsätzlich nicht möglich ist. Es liegt nach Auffassung des Gerichts eine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Sondersituation vor und keine bloße Bedarfslage, für die der Normgeber bewusst keine Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV gewähren wollte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.10.2015 – OVG 11 B 7.13 –, juris Rn. 27 ff.; BVerwG, Urt. v. 12.10.2011,a.a.O., juris Rn. 17 ff.).

31

Die vergleichbare Bedürftigkeit ergibt sich daraus, dass die Klägerin aus sozialen Gründen gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sie noch nicht einmal sozialleistungsberechtigt ist. Jede andere Betrachtung würde dazu führen, dass die Klägerin befreiungsrechtlich schlechter gestellt würde als die in § 4 Abs. 1 RBStV begünstigten Personen, obschon eine vergleichbare (ökonomische) Bedürftigkeit gegeben ist. Es kann der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, dass sie die Einkommensschwäche selbst „verschuldet“ hat, weil sie ihr minderjähriges Kind in der Freistellungsphase selbst pflegen möchte und nicht durch einen Pflegedienst. Pflege durch Angehörige ist ein Menschenrecht; die gesellschaftliche Anerkennung der Pflegeleistung bedeutet auch, der Armutsspirale, in der sich alleinstehende vollzeitpflegende Angehörige befinden, nach Möglichkeit entgegen zu wirken. Genau für einen solchen Fall ist die Härtefallklausel geschaffen worden. Der Klägerin, die sich für eine Vollzeitpflege ihrer minderjährigen Tochter und damit für einen temporären Verzicht auf ein Erwerbseinkommen entscheiden hat, kann nicht noch zugemutet werden, in der Freistellungs- und Pflegphase den Rundfunkbeitrag zu entrichten.

32

3. Beginn und Ende der Befreiung ergeben sich aus § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 RBStV. Im Rahmen der zeitlichen Begrenzung der Rundfunkbeitragsbefreiung hat sich das Gericht an dem Bescheid des Freistaates Thüringen vom 14. Januar 2016 über die Gewährung von Sonderurlaub bis zum 31. Dezember 2016 orientiert.

33

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Annotations

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Den Leistungen der Pflegeversicherung gehen die Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
2.
aus der gesetzlichen Unfallversicherung und
3.
aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge
vor.

(2) Die Leistungen nach dem Fünften Buch einschließlich der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches bleiben unberührt. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, soweit diese im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches oder der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c des Fünften Buches zu leisten sind.

(3) Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den Fürsorgeleistungen zur Pflege

1.
nach dem Zwölften Buch,
2.
nach dem Lastenausgleichsgesetz, dem Reparationsschädengesetz und dem Flüchtlingshilfegesetz,
3.
nach dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
vor, soweit dieses Buch nichts anderes bestimmt. Leistungen zur Pflege nach diesen Gesetzen sind zu gewähren, wenn und soweit Leistungen der Pflegeversicherung nicht erbracht werden oder diese Gesetze dem Grunde oder der Höhe nach weitergehende Leistungen als die Pflegeversicherung vorsehen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach dem Neunten Buch, dem Bundesversorgungsgesetz und dem Achten Buch bleiben unberührt, sie sind im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig; die notwendige Hilfe in den Einrichtungen und Räumlichkeiten nach § 71 Abs. 4 ist einschließlich der Pflegeleistungen zu gewähren.

(3a) (weggefallen)

(4) Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, vereinbaren mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse und der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger,

1.
dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger die Leistungen der Pflegeversicherung auf der Grundlage des von der Pflegekasse erlassenen Leistungsbescheids zu übernehmen hat,
2.
dass die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu erstatten hat sowie
3.
die Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung.
Die bestehenden Wunsch- und Wahlrechte der Leistungsberechtigten bleiben unberührt und sind zu beachten. Die Ausführung der Leistungen erfolgt nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Soweit auch Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch zu erbringen sind, ist der für die Hilfe zur Pflege zuständige Träger zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe bis zum 1. Januar 2018 in einer Empfehlung Näheres zu den Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers. Die Länder, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Vereinigungen der Leistungserbringer der Eingliederungshilfe auf Bundesebene sowie die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe pflegebedürftiger und behinderter Menschen sind vor dem Beschluss anzuhören. Die Empfehlung bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

(4a) Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe, bezieht der für die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens oder Gesamtplanverfahrens verantwortliche Träger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse in das Verfahren beratend mit ein, um die Vereinbarung nach Absatz 4 gemeinsam vorzubereiten.

(4b) Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 und 4a werden bis zum 1. Juli 2019 evaluiert.

(5) Die Leistungen der Pflegeversicherung bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen und bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt; dies gilt nicht für das Pflegeunterstützungsgeld gemäß § 44a Absatz 3. Satz 1 gilt entsprechend bei Vertragsleistungen aus privaten Pflegeversicherungen, die der Art und dem Umfang nach den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind. Rechtsvorschriften, die weitergehende oder ergänzende Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung von der Einkommensermittlung ausschließen, bleiben unberührt.

(6) Wird Pflegegeld nach § 37 oder eine vergleichbare Geldleistung an eine Pflegeperson (§ 19) weitergeleitet, bleibt dies bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt. Dies gilt nicht

1.
in den Fällen des § 1361 Abs. 3, der §§ 1579, 1603 Abs. 2 und des § 1611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
für Unterhaltsansprüche der Pflegeperson, wenn von dieser erwartet werden kann, ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte zu decken und der Pflegebedürftige mit dem Unterhaltspflichtigen nicht in gerader Linie verwandt ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.