Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 17. Juli 2018 - 12 B 48/18

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0717.12B48.18.00
bei uns veröffentlicht am17.07.2018

Gründe

I.

1

Der Antragssteller begehrt die vorläufige Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf.

2

Der Antragsteller wurde mit Wirkung zum 01.08.2014 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiobermeisteranwärter ernannt und steht seitdem im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Seine Ausbildung endet planmäßig mit Ablauf Juli 2018.

3

Mit Verfügung vom 28.09.2016 leitete der Antragsgegner gegen den Antragsteller im Zusammenhang mit dem Verdacht einer Nötigung und Beleidigung auf sexueller Basis, Ruhestörungen und Hausfriedensbruch ein Disziplinarverfahren ein.

4

Mit Bescheid vom 14.10.2016 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller die Führung der Dienstgeschäfte. Mit Beschluss vom 16.11.2016 stellte die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig die aufschiebende Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs wieder her, weil der Bescheid sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweise. Es fehle an zwingenden dienstlichen Gründen für die Maßnahme. Selbst wenn sich die in der Einleitungsverfügung vorgeworfenen Taten als zutreffend erwiesen, sei nicht ersichtlich, dass die vorläufige weitere Teilnahme an der Ausbildung die Aufgabenerfüllung des Antragsgegners objektiv gefährde.

5

Mit Verfügung vom 10.11.2016 leitete der Antragsgegner gegen den Antragsteller das Entlassungsverfahren ein, da Zweifel an der charakterlichen Eignung bestünden. Mit Verfügung vom 14.11.2016 dehnte der Antragsgegner das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller auf weitere Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Rangelei um eine vorgeblich beschlagnahmte Reisetasche sowie aggressivem Auftreten gegenüber Polizeibeamten aus.

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Mit Verfügung vom 21.11.2016 enthob der Antragsgegner den Antragsteller vorläufig des Dienstes. Zur Begründung wurde ausgeführt, das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren führe voraussichtlich zur Entlassung. Die Vorwürfe könnten ein schweres Dienstvergehen begründen. Auch wenn das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei, bestünden keine Zweifel an den Vorwürfen.

7

Mit weiterem Bescheid vom 03.08.2017 verfügte der Antragsgegner die Entlassung des Antragstellers aus dem Polizeivollzugsdienst mit Ablauf des Monats August 2017, weil berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung bestünden. Der Antragsgegner verwies darin unter Bezugnahme auf das Disziplinarverfahren auf die fehlende charakterliche Eignung aufgrund von fünf Vorwürfen.

8
· Sachverhalt 1:
An einem Abend Ende August 2016 habe der Antragsteller zusammen mit anderen Bekannten eine Steueranwärterin, die Zeugin   , bei ihrer Rückkehr zu ihrer Wohnung angetroffen, sie am Weitergehen gehindert, körperliche Annäherungsversuche unternommen und eine bedrohliche Stimmung geschaffen. Aufgrund dieser Situation habe sich die Steueranwärterin veranlasst gesehen, aus Angst vor Repressalien gemeinsam mit dem Antragsteller und seinen Bekannten mit auf ein Hochhausdach zu gehen. Eine Erlaubnis zum Betreten des Daches habe der Antragsteller nicht gehabt, sondern sich Zugang mithilfe des nötigen Schlüssels verschafft, dessen Aufbewahrungsort ihm bekannt sei. Dort habe er weitere Annäherungsversuche unternommen, die die Steueranwärterin stets abgelehnt habe. Versuche, sich zu entfernen seien mit der Ankündigung der Bekannten verhindert worden, ihr dann nach Hause zu folgen. Der Widerstand der Steueranwärterin sei mit Unmut quittiert worden und insgesamt sei eine bedrohliche sexuelle Stimmung geschaffen worden. Der Antragsteller habe versucht, die Steueranwärterin zu küssen. Dem habe sich die Steueranwärterin entziehen können.
9
· Sachverhalt 2:
Anfang September 2016 habe die gleiche Steueranwärterin den Antragsteller sowie einen seiner Bekannten auf einer Party wieder getroffen. Ein mit dem Antragsteller befreundeter anderer Polizeianwärter sei gegenüber der Steueranwärterin handgreiflich geworden, so dass diese gegangen sei.
10
· Sachverhalt 3:
Mitte September 2016 soll der Antragsteller gegen 00:30 Uhr an einer Ruhestörung in der Wohnanlage der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung beteiligt gewesen sein. Er habe zusammen mit Freunden laut Musik gehört und auf Bitte um Ruhe die Musik noch lauter gestellt. Die Leiterin des der Wohnanlage der Polizeidirektion naheliegenden Bildungszentrums der Steuerverwaltung habe mitgeteilt, dass sich mehrere Steueranwärterinnen wiederholt über Ruhestörungen und Klopfen und Klingeln an den Wohnungstüren durch den Antragsteller beschwert hätten.
11
· Sachverhalt 4:
Der Antragsteller soll sich während seiner Ausbildung mehrfach Zugang zu dem Hochhaus verschafft haben, auf dem sich auch die Ereignisse aus Sachverhalt 1 abgespielt hätten, um auf dem Dach Alkohol zu konsumieren und zu feiern. Dabei seien auch Flaschen vom Hochhausdach geworfen worden.
12
· Sachverhalt 5:
Am 11.11.2016 gegen 01:22 Uhr sei der Antragsteller an einer lauten Streiterei beteiligt gewesen, in dessen Zusammenhang zwei Personen um eine Reisetasche gekämpft hätten. Gegenüber herbeigerufenen Polizeibeamten habe er einen alkoholisierten Eindruck gemacht. Der Eigentümer der Tasche habe geschildert, dass der anwesende Bekannte des Antragstellers den Vorwurf erhoben habe, es befänden sich Drogen in der Tasche. Der Antragsteller habe dabei unbeteiligt daneben gestanden. Eine freiwillige Sichtung der Tasche durch die herbeigerufenen Polizeibeamten habe keine Hinweise auf Drogen ergeben und der Eigentümer der Tasche sei entlassen worden. Der Antragsteller sowie sein Bekannter hätten sich jedoch weiter äußerst respektlos und aggressiv gegenüber den anwesenden Polizeibeamten beschwert und sich uneinsichtig gezeigt. Ein gegenüber dem Antragsteller und seinem Bekannten ausgesprochener Platzverweis sei von beiden als unrechtmäßig bezeichnet worden. Erst nach weiterer Diskussion sei der Platzverweis widerwillig befolgt worden.
13

Der Antragsteller widersprach den Darstellungen und stellte am 28.08.2017 einen Antrag auf Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung. Mit Beschluss vom 18.10.2017 setzte die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung aus und führte dabei aus, dass der Verdacht eines Dienstvergehens insgesamt zweifelhaft sei und daher ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung bestünden. Das Gericht wies in seiner Entscheidung jedoch auch darauf hin, dass Gegenstand des Verfahrens nicht die charakterliche Eignung gewesen sei. Die dagegen erhobene Beschwerde des Antragsgegners wies das Oberverwaltungsgericht Schleswig mit Beschluss vom 05.01.2018 zurück.

14

Mit Bescheid vom 14.11.2017 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 03.08.2017 als unbegründet zurück und ordnete zugleich erstmals die sofortige Vollziehung der Entlassung an, da die Öffentlichkeit kein Verständnis dafür hätte, wenn ein Beamter, der offenkundig den dienstlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes aufgrund charakterlicher Ungeeignetheit nicht genüge, bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Verwaltungsverfahrens weiterhin im Polizeidienst verbliebe.

15

Mit Schreiben vom 07.12.2017 erhob der Antragsteller Klage auf Aufhebung der Entlassungsverfügung in Form des Widerspruchsbescheids. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag stellte der Antragsteller einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung vom 03.08.2017. Mit Beschluss der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 25.01.2018 wurde die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wiederhergestellt. Das Gericht betonte dabei, dass sich zwar Bedenken an der charakterlichen Eignung des Antragstellers nicht vollständig verneinen ließen, diese jedoch nicht von derartigem Gewicht seien, dass sie ausnahmsweise eine Entlassung rechtfertigten, bevor Gelegenheit zur Beendigung der Ausbildung gegeben werde.

16

Nachdem der Antragsteller seine Ausbildung daraufhin fortsetzte und erfolgreich absolvierte, erging am 05.06.2018 ein weiterer Bescheid, in dem der Antragsgegner mitteilte, bei seiner Auffassung zu bleiben, dass eine positive charakterliche Entwicklung nicht glaubhaft zu erkennen sei. An der Entlassung zum Ablauf der Ausbildungsdauer werde daher festgehalten.

17

Mit Schreiben vom 13.06.2018 fertigte die Abschlussklasse des Antragstellers ein Schreiben, in dem diese für ihn Initiative ergriff und ihn als freundlich und ehrlich beschrieb.

18

Am 21.06.2018 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.06.2018. Darin wies er unter anderem auf die noch nicht erfolgte Mitbestimmung hin. Der Antragsgegner hob den Bescheid daraufhin auf, betonte aber in einem Schreiben vom 22.06.2018, nach nachgeholter Mitbestimmung einen inhaltsgleichen Bescheid erlassen zu wollen. Dem Schreiben war eine Stellungnahme der Dienstvorgesetzten des Antragstellers, Frau   , beigefügt. Darin würdigte diese sowohl die Vorfälle im Jahr 2016 und 2017 als auch Stellungnahmen und Wahrnehmungen der Fachlehrkräfte, Ausbildungsgruppenleitungen sowie Dienstvorgesetzten und hielt im Fazit fest, dass der Antragsteller zwar inhaltlich gute fachliche Leistungen gezeigt habe, seine persönliche und soziale Kompetenz hingegen unzureichend sei und stellenweise gar als respektlos, anmaßend, unkollegial und inakzeptabel bezeichnet werden müsse. Zwar habe er sich nach Wiederaufnahme seiner Ausbildung im Februar 2018 erwartbar unauffällig und sogar auffallend vorbildlich verhalten. Dies gehe allerdings auf eine unauthentische Selbstbeherrschung zurück. Der Antragsteller habe selbst formuliert, dass ihm bewusst sei, dass ein positives Verhalten die einzige Möglichkeit sei, die Polizei doch noch von sich zu überzeugen. Er trete nach wie vor sehr selbstbewusst und mit Nachdruck für eigene Anliegen und Überzeugungen ein und zeige hinsichtlich der Vorwürfe aus dem Disziplinarverfahren kein Bedauern, sondern sehe sich vielmehr als Opfer ungerechtfertigter beamtenrechtlicher Maßnahmen. Dies zeige sich auch in der Art, wie der Antragsteller sein eigenes Fehlverhalten bagatellisiere. Angesichts des Alters von 25 Jahren und der Bildung des Antragstellers (Abitur) müsse davon ausgegangen werden, dass der Sozialisierungsprozess weitgehend abgeschlossen sei und die entsprechenden sozialen Grundkompetenzen nicht mehr in der notwendigen Intensität entwickelt werden könnten. Seine charakterliche Eignung müsse daher weiterhin bezweifelt werden.

19

Der Antragsteller hat unter dem 26.06.2018 um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ersucht.

20

Er verweist darauf, dass ihm entsprechende Vorhalte bisher durch keine der Lehrkräfte im Laufe der Ausbildung persönlich gemacht worden seien. Er habe sich gut in die Klasse integriert, gute bis hervorragende Leistungen gezeigt und weise auch den Vorwurf zurück, sich aus „taktischem Kalkül“ besonders positiv verhalten zu haben. Die von der Dienstvorgesetzten geäußerten Zweifel an seiner charakterlichen Eignung und der dies bedingende persönliche Eindruck seien möglicherweise daraus entstanden, dass er versucht habe, sich stets wohlüberlegt und gemäßigt zu verhalten, was unter Umständen den Eindruck erweckt haben könnte, er würde Kritik mit „Achselzucken“ quittieren oder er würde Desinteresse zeigen. Da ihm aber nicht entgangen sei, dass Frau    ihm mit einer gewissen negativen Tendenz begegnet sei, sei es nachvollziehbar, dass er sich ihr gegenüber nicht immer völlig geöffnet habe. Die Ereignisse mit der Zeugin    , die u.a. Anlass für das Disziplinarverfahren gewesen waren, seien zudem nach vor nicht geklärt. Einer Diskussion mit Frau    darüber, dass seine Entlassung sicher rechtmäßig sei, habe er sich daher auch nachvollziehbarer Weise entzogen. Insgesamt erweise sich die Würdigung seiner charakterlichen Eignung als ermessensfehlerhaft.

21

Der Antragsteller beantragt,

22

den Antragsgegner zu verpflichten, ihn bis zur Entscheidung über seinen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nach erfolgreicher Absolvierung der Ausbildung vorläufig zum Beamten auf Widerruf zu ernennen.

23

Der Antragsgegner beantragt,

24

den Antrag abzulehnen.

25

Er hält den Antrag bereits für unzulässig, da die Ernennung zum Beamten auf Widerruf gesetzlich an das Anwärterverhältnis geknüpft sei. Diese ende samt des Widerrufsbeamtenverhältnisses jedoch mit Ablauf der Ausbildungszeit Ende Juli 2018. Eine darüber hinausgehenden Ernennung zum Beamten auf Widerruf sehe das Gesetz nicht vor. Es sei einzig Gegenstand des Hauptsacheverfahrens, über die Frage der Verneinung der charakterlichen Eignung durch den Antragsgegner zu befinden. Im Übrigen verteidigt er auch die inhaltliche Entscheidung des Entlassungsbescheides aufgrund fortbestehender Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers.

26

Am 12.07.2018 hat der Hauptpersonalrat seine Zustimmung zur Entlassung des Antragstellers erteilt.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte und des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners sowie die beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren Az. 12 A 207/17 und 12 B 52/17 Bezug genommen.

II.

28

Der Antrag ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

29

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern.

30

§ 123 Abs. 1 VwGO setzt dabei sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen hinsichtlich des Anordnungsgrundes und des Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen.

31

Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Zwar steht das Datum der verfügten Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf unmittelbar bevor, nämlich mit Ablauf des Monats Juli 2018. Mit Ablauf dieses Datums wird der Antragsteller auch kraft Gesetzes gemäß § 30 Abs. 4 S. 2 LBG nach Bestehen der Prüfung aus dem Vorbereitungsdienst entlassen. Würde der Antragsteller später in der Hauptsache obsiegen, wäre eine Ernennung zum Beamten auf Probe für die Zukunft jedoch weiterhin möglich. Lediglich eine rückwirkende Ernennung, etwa wenn in der Hauptsache zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt würde, dass die Eignung des Antragstellers im Sinne des § 9 BeamtStG zu Unrecht abgelehnt wurde und der nach § 8 Abs. 3 PolLVO vorgesehenen Ernennung nach Bestehen der Laufbahnprüfung I keine Einwände mehr entgegenstanden, wäre gemäß § 8 Abs. 4 BeamtStG ausgeschlossen. Das führt allerdings nicht dazu, dass der Antragssteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit zwischen Entlassung und möglicher späterer Ernennung zum Beamten auf Probe nach Erfolg in der Hauptsache ohne Rechtsschutz gestellt würde. Insoweit könnte er im Fall des späteren Obsiegens beamtenrechtliche Ersatzansprüche geltend machen, um jedenfalls besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, wie er bei einer früheren Ernennung gestanden hätte (BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 – 2 C 12/14 –, juris Rn. 9). Zur Sicherung dieses Anspruchs ist daher weder die unmittelbare Ernennung zum Beamten auf Probe noch auf Widerruf erforderlich. Eine Ernennung zum Beamten auf Probe würde im Übrigen eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellen, die nur in Ausnahmefällen zulässig ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 12.09.2011 – 2 BvR 1206/11 –, Juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 18.04.2013 – 10 C 9.12 –, Juris Rn. 22; BVerwG, Beschluss vom 12.04.2016 – 1 WDS-VR 2.16 –, Juris Rn. 19). Auch die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf, aus dem der Antragsteller jederzeit – etwa nach Unterliegen in der Hauptsache – gemäß § 23 Abs. 4 BeamtStG entlassen werden könnte, ist zur Sicherung der Rechte des Antragstellers aus den genannten Gründen nicht geboten. Einer vorübergehenden Ernennung zum Beamten auf Widerruf stehen zudem jedenfalls Rechtsgründe entgegen (noch offen gelassen in OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 MB 33/16 –, juris Rn. 27). Gemäß § 4 Abs. 4 BeamtStG ist die Ernennung zum Beamten auf Widerruf nur für die Ableistung eines Vorbereitungsdienstes oder die vorübergehende Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2 BeamtStG (Aufgaben, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich Personen übertragen werden dürfen, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen) vorgesehen. Die in § 4 BeamtStG aufgeführten Arten des Beamtenverhältnisses sind abschließend und entfalten gegenüber anderweitigen ungeschriebenen Beamtenverhältnissen eine Sperrwirkung (Plog/Wiedow, BeamtStG Stand September 2017, § 4 Rn. 2, 15). Die im hiesigen Verfahren begehrte Ernennung zum Beamten auf Widerruf hat jedoch weder die Ableistung eines Vorbereitungsdienstes zur Folge, noch dient es der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Es würde lediglich das kraft Gesetzes mit Abschluss der Ausbildung endende Beamtenverhältnis auf Widerruf bis zur Entscheidung in der Hauptsache verlängern. Folglich würde es gegen den in § 4 BeamtStG festgeschriebenen „Typenzwang“ verstoßen, wenn der Antragsteller außerhalb der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 BeamtStG (nochmals) zum Beamten auf Widerruf ernannt würde.

32

Der Antragssteller hat darüber hinaus aber auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

33

Weder Art. 33 Abs. 2 GG noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen einfachgesetzlichen Vorschriften des Bundes gewähren einen Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 – 2 A 1.02 –, Juris Rn. 11). Auch aus dem Landesrecht, insbesondere § 8 Abs. 3 der Polizeilaufbahnverordnung des Landes Schleswig-Holstein (GVOBl. 2011, 393, letzte Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 11.01.2017, GVOBl. S. 18), wonach Beamte nach Bestehen der Laufbahnprüfung I unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe ernannt werden, ergibt sich kein solcher Anspruch. Denn daneben gilt § 9 BeamtStG, wonach Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen sind. Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen ist eine Ernennung ausgeschlossen. Die charakterliche Eignung ist ein Unterfall der persönlichen Eignung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.07.2016 – 2 B 18.16 –, Juris Rn. 26; Beschluss vom 25.11.2015 – 2 B 38.15 –, Juris Rn. 9). Die Entscheidung über die Eignung trifft der Dienstherr in Wahrnehmung einer Beurteilungsermächtigung. Sie bewirkt im Ergebnis, dass die Eignungseinschätzung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüft werden kann. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 – 2 A 1.02 –, Juris Rn. 11). Dabei darf der Dienstherr die Einstellung eines Bewerbers bereits dann ablehnen, wenn berechtigte Zweifel an dessen Eignung bestehen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 02.12.2016 – 1 B 1194/16 –, Juris Rn. 15).

34

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist es aus Sicht der Kammer nicht glaubhaft gemacht, dass die Einschätzung des Antragsgegners hinsichtlich der berechtigten Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers fehlerhaft ist. Der Antragsgegner ist in vertretbarer Weise zu der Bewertung gelangt, dass nach wie vor Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers bestehen. Insoweit hat die Kammer im Beschluss zum Verfahren 12 B 52/17 bereits ausgeführt, dass sich Bedenken an der charakterlichen Eignung nicht verneinen lassen:

35

„Zwar hat der Antragsgegner im Laufe des Disziplinarverfahrens klargestellt, dass Anlass für die Feststellung der fehlenden charakterlichen Eignung des Antragsstellers nur noch das Verhalten im Rahmen des Sachverhalts 1 sei. Dies mag für die Frage eines vorwerfbaren schweren Dienstvergehens zu einer Aussetzung der vorläufigen Diensterhebung führen und die insgesamt gemachten Vorwürfe mögen im Ergebnis keinen strafbaren Sachverhalt darstellen. Bedenken hinsichtlich charakterlicher Mängel vermag dies jedoch nicht vollständig in gleicher Weise auszuschließen, denn die Verneinung disziplinar- und strafrechtlicher Vorwürfe hatte zum Teil auch formelle Gründe. Soweit es etwa für die in den Sachverhalten 1 und 4 vorgeworfenen Hausfriedensbrüche an einem Strafantrag fehlte, ändert dies nichts daran, dass sich der Antragsteller auch nach eigenem Bekunden ohne Erlaubnis Zutritt zu dem Hochhausdach verschafft hat und damit ein gewisses Fehlen von Respekt gegenüber dem Eigentum Dritter an den Tag gelegt hat.“

36

Auch nach Würdigung des weiteren Vorbringens des Antragstellers im hiesigen neuen Verfahren sowie seiner Entwicklung im weiteren Verlauf der Ausbildung sieht die Kammer keine Veranlassung, von dieser Wertung Abstand zu nehmen. Es gehört zu den Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verhindern und zu verfolgen, so dass Verstöße in diesem Bereich grundsätzlich geeignet sind, Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zu begründen (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.08.2017 – 6 B 751/17 –, juris Rn. 12). Jedenfalls soweit der Antragsteller sich – unstrittig – wiederholt Zutritt zu dem Hochhausdach verschaffte, liegen also berechtigte Anhaltspunkte dafür vor, dass er sich eines Hausfriedensbruchs schuldig machte. Dass die Tat mangels Strafantrag nicht strafbar war, ändert an der Berücksichtigung dieses Verhaltens für die Würdigung der charakterlichen Eignung nichts.

37

Zwar hat der Antragssteller seine Ausbildung erfolgreich beendet, dabei gute intellektuelle Leistungen gezeigt und ist – soweit ersichtlich – im weiteren Verlauf der Ausbildung auch nicht mehr disziplinarisch in Erscheinung getreten. Dies hindert es aber nicht, die der ursprünglichen Entlassungsverfügung zu Grunde liegenden Ereignisse weiterhin zu würdigen. Der Antragsgegner hat insoweit in nicht zu beanstandender Weise die Stellungnahme der Dienstvorgesetzten des Antragstellers, Frau   , eingeholt und unter ergänzender Würdigung der darin enthaltenen Aussagen festgestellt, dass ein tatsächlicher, durch Einsicht ausgelöster Reifeprozess seit Beginn der Suspendierung nicht zu erkennen sei. Der Antragsgegner würdigte dabei neben den ursprünglichen Vorwürfen auch die Wahrnehmungen von Frau   , die im persönlichen Gespräch beobachten konnte, dass ein eigenes Fehlverhalten von dem Antragssteller nicht gesehen werde, und daraus den Schluss zog, dass die offenkundig fehlende Einsichtsfähigkeit darauf hindeutete, dass das positive Verhalten nach der Suspendierung nicht Folge einer charakterlichen Entwicklung ist, sondern ein bewusstes Verhalten sei, um ein positives Bild im Hinblick auf die erwartete charakterliche Würdigung für den Polizeiberuf zu zeigen. Diese Würdigung erscheint der Kammer insgesamt als vertretbar. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Dienstvorgesetzte Frau     zuvor auch erhebliche Bedenken gegenüber der Möglichkeit geäußert hatte, den Antragsteller aufgrund der disziplinarischen Vorwürfe wieder in ein Klassenverbund zu integrieren und damit angesichts des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung offensichtlich nicht Recht behielt. Dies führt aus Sicht der Kammer jedoch nicht dazu, dass die nun vorliegende Stellungnahme von Frau     insgesamt ungeeignet ist, um im Rahmen der Würdigung der charakterlichen Eignung des Antragstellers berücksichtigt zu werden. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die abschließende Mitteilung über das Festhalten an der Entlassungsverfügung vom 05.06.2018 sich nicht allein auf die Stellungnahme von Frau    stützt, sondern auch erneut die Sachverhalte auswertet, die Grundlagen der Entlassungsverfügung gewesen sind. Zum anderen verweist Frau     nicht allein auf eigene Wahrnehmungen, sondern zusätzlich auf die Wahrnehmung des PHK   , der den Antragsteller in einer Arbeitsgemeinschaft unterrichtete, des PHK   , der den Antragsteller in der Fachausbildung betreute, des PHK    , der den Antragsteller in der ersten Abschlussausbildung betreute, und der Pädagoginnen, die den Antragsteller in der Grundausbildung betreuten.

38

PHK    schilderte dabei merkwürdige Umgangsformen des Antragstellers, die er teilweise als arrogant und grenzverletzend bezeichnet. Er habe sich über die disziplinarischen Vorwürfe daher nicht gewundert. Der PHK    schildert den Antragsteller als schwer einschätzbar, attestierte eine bemerkenswerte Selbstsicherheit sowie ein überdurchschnittliches Durchsetzungsvermögen, ohne dies jedoch negativ zu würdigen. Es habe allerdings auch nur einen oberflächlichen Kontakt gegeben. PHK    wiederum kritisiert, dass der Antragsteller berechtigte Kritik an der Grenze zur Angemessenheit vorgetragen und so andere Menschen wiederholt gegen sich aufgebracht habe. Die Art der Kommunikation sei zu beanstanden. Diese Stellungnahmen ergänzt Frau    mit eigenen Wahrnehmungen und berichtet unter anderem davon, dass der Antragsteller in den wiederholten Gesprächen kein Bedauern über sein eigenes Verhalten ausgedrückt habe, sondern sich als Opfer ungerechtfertigter Wertungen von Vorgesetzten und Zuständigen fühle. Zudem habe der Antragsteller mit Blick auf seine guten Noten zum Ausdruck gebracht, dass er davon ausgehe, seine Wunschdienststelle erhalten zu müssen. Dies habe er in einer bemerkenswerten Selbstsicherheit, Überzeugung und nachdrücklicher Erwartungshaltung vorgetragen, welche nach Auffassung von Frau     zu den Umständen der Situation des Antragstellers nicht stimmig sei. Andere Anwärter hätten sich in vergleichbaren Fällen deutlich zurückhaltender und vorsichtiger gezeigt und Bedauern über das eigene Fehlverhalten eingestanden. Ein Teil der Pädagoginnen berichtet davon, dass sich der Antragsteller bewusst über Mitschüler lächerlich gemacht habe, die nicht ähnlich gute Leistungen wie der Antragsteller erbrachten. Lediglich der Pädagoge, der den Antragsteller in den zurückliegenden vier Monaten unterrichtet habe, berichtet nicht von derartigen Wahrnehmungen, teilt aber die Einschätzungen des PHK    und PKH    .

39

Mit Blick auf diese Stellungnahmen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, sich der Bedeutung der disziplinarischen Vorwürfe bewusst zu sein und sein Verhalten insoweit kritisch hinterfragt zu haben. Auch die – im Rahmen des nun anhängigen weiteren Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes gemachten – neueren Äußerungen beziehen sich primär auf das Verhalten im Unterricht und betonen die teilweise sehr guten inhaltlichen Leistungen des Antragstellers, ohne jedoch die eigentlichen disziplinarischen Vorwürfe, die zur Entlassungsverfügung geführt haben, konkret zu würdigen. Hinsichtlich der disziplinarischen Vorwürfe teilt der Antragsteller lediglich mit, dass die Einstellung der Zeugin Neugebauer bis heute nicht geklärt sei und dass sein Verhalten damals nicht in Ordnung gewesen sei und er sich nicht noch einmal so verhalten würde. Bezüglich der Einschätzungen von Frau    und der zitierten Ausbildenden und Lehrkräften teilt er mit, dass ihm persönlich derartige Vorhalte nie gemacht worden seien. Die Annahme berechtigter Zweifel an der charakterlichen Eignung vermag all das nicht infrage zu stellen. Weder erklären Sie die disziplinarischen Ausgangsvorwürfe noch lassen sie Zweifel daran erkennen, dass die aktuelle Wertung des Antragsgegners ermessensfehlerhaft wäre. Es mag pädagogisch zu beanstanden sein, dass die zuständigen Ausbildenden – den diesbezüglichen Vortrag des Antragstellers zu Grunde gelegt – ihn nicht selbst mit der Kritik an seinem Kommunikationsverhalten und seinem Auftreten konfrontiert haben. Daran, dass die diesbezüglichen Ausführungen plausibel und nachvollziehbar sind, ändert dies jedoch nichts. Auch das von den Mitschülern des Antragstellers unter dem 13.06.2018 gefertigte Schreiben über ihre Wahrnehmung seines Verhaltens vermag an dieser Würdigung nichts zu ändern. Die Mitschüler weisen zutreffend darauf hin, über die disziplinarischen Hintergründe keine Kenntnis zu haben. Zudem erstreckt sich die Wahrnehmung einzig auf die vergangenen vier Monate und vermag aus Sicht der Kammer die Beobachtungen der Ausbildenden und Lehrkräfte über den Verlauf der gesamten Ausbildung nicht zu entkräften.

40

Aufgabe der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Entscheidung des Antragsgegners ist nicht, ein eigenes Urteil über die charakterliche Eignung des Antragstellers zu fällen, sondern die Entscheidung des Antragsgegners auf Mängel hin zu überprüfen. Diese Entscheidung erweist sich nach summarische Prüfung jedoch weiterhin als vertretbar. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass er aufgrund der ursprünglichen disziplinarischen Vorwürfe sowie des insgesamt gezeigten Sozial- und Kommunikationsverhaltens Zweifel an der charakterlichen Eignung hege. Dies reicht aus Sicht der Kammer aus, um die Entscheidung des Antragsgegners in rechtsfehlerfreier Weise zu begründen.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

42

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den monatlichen Dienstbezügen des Antragstellers. Dabei sind aus Sicht der Kammer weiterhin der Anwärterbezüge in Ansatz zu bringen, da der Antrag auf vorläufige Ernennung zum Widerrufsbeamten und damit faktisch auf Verlängerung des Anwärterverhältnisses gerichtet ist. Der Streitwert beläuft sich folglich auf den sechsfachen monatlichen Grundbetrag in Höhe von 1.134,60 € gemäß Anlage 7 SHBesG i.V.m. Anlage 1 zu § 3 Abs. 1, § 13 PolLVO-SH, § 52 Absatz 6 S. 1 Nr. 2 GKG; Mithin 1.134,60 x 6 = 6.807,60 €.


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Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 3 Beamtenverhältnis


(1) Beamtinnen und Beamte stehen zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). (2) Die Berufung in das Beamtenverhältnis ist nur zulässig zur Wahrnehmung 1. hoheitsrechtlicher Aufgaben oder2

Landbeschaffungsgesetz - LBG | § 30


(1) Die Beauftragten der für die Planung, den Landerwerb und die Enteignung zuständigen Behörden sind befugt, Grundstücke, mit Ausnahme von auf diesen Grundstücken belegenen Wohnungen, die für die Enteignung nach diesem Gesetz in Betracht kommen, zu

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 17. Juli 2018 - 12 B 48/18 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 17. Juli 2018 - 12 B 48/18 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Jan. 2018 - 12 B 52/17

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragsstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 03.08.2017 (Bescheid …) wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 6.807,60 Euro

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - 2 MB 33/16

bei uns veröffentlicht am 10.01.2017

Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 17. Oktober 2016 geändert: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragstel

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2015 - 2 C 12/14

bei uns veröffentlicht am 19.03.2015

Tatbestand 1 Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 12. Sept. 2011 - 2 BvR 1206/11

bei uns veröffentlicht am 12.09.2011

Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Anspruch des Beamten auf Schutz vor ansehensbeeinträchtigender Berichterstattung über

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragsstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 03.08.2017 (Bescheid …) wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 6.807,60 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragssteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung des Antragsgegners vom 03.08.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.11.2017.

2

Der Antragsteller wurde mit Wirkung zum 01.08.2014 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiobermeisteranwärter ernannt und steht im Dienst des Landes Schleswig-Holstein.

3

Mit Verfügung vom 28.09.2016 leitete der Antragsgegner gegen den Antragsteller ein Disziplinarverfahren ein. Es seien Umstände bekannt geworden, die beamtenrechtliche Pflichtverstöße im Zusammenhang mit dem Verdacht einer Nötigung und Beleidigung auf sexueller Basis, mit Ruhestörungen und Hausfriedensbruch begründen könnten. Aus diesem Grund sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Im Einzelnen führte die Einleitungsverfügung vier Sachverhalte auf, aus denen sich der Verdacht eines Dienstvergehens ergebe. Der Antragsteller bestreitet diese Vorwürfe.

4

Mit Bescheid vom 14.10.2016 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte. Mit Beschluss vom 16.11.2016 stellte das Verwaltungsgericht Schleswig die aufschiebende Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs wieder her, weil der Bescheid sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweise. Es fehle an zwingenden dienstlichen Gründen. Selbst wenn sich die in der Einleitungsverfügung vorgeworfenen Taten als zutreffend erweisen würden, sei nicht ersichtlich, dass die vorerst weitere Teilnahme an der Ausbildung die Aufgabenerfüllung des Antragsgegners objektiv gefährde.

5

Mit Verfügung vom 10.11.2016 leitete der Antragsgegner gegen den Antragsteller das Entlassungsverfahren ein, da Zweifel an der charakterlichen Eignung bestünden. Mit Verfügung vom 14.11.2016 dehnte der Antragsgegner das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller auf weitere Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Rangelei um eine vorgeblich beschlagnahmte Reisetasche sowie aggressivem Auftreten gegenüber Polizeibeamten aus.

6

Mit Verfügung vom 21.11.2016 enthob der Antragsgegner den Antragsteller vorläufig des Dienstes. Zur Begründung wurde ausgeführt, das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren führe voraussichtlich zur Entlassung. Die Vorwürfe könnten ein schweres Dienstvergehen begründen. Auch wenn das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei, bestünden keine Zweifel an den Vorwürfen.

7

Mit weiterem Bescheid vom 03.08.2017 verfügte der Antragsgegner die Entlassung des Antragstellers aus dem Polizeivollzugsdienst mit Ablauf des Monats August 2017, weil berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung bestünden. Der Antragsgegner verweist darin unter Bezugnahme auf das Disziplinarverfahren auf die fehlende charakterliche Eignung aufgrund von fünf Vorwürfen.

8

- Sachverhalt 1:

9

An einem Abend Ende August 2016 habe der Antragsteller zusammen mit anderen Bekannten eine Steueranwärterin bei ihrer Rückkehr zu ihrer Wohnung angetroffen, sie am Weitergehen gehindert, körperliche Annäherungsversuche unternommen und eine bedrohliche Stimmung geschaffen. Aufgrund dieser Situation habe sich die Steueranwärterin veranlasst gesehen, aus Angst vor Repressalien gemeinsam mit dem Antragsteller und seinen Bekannten mit auf ein Hochhausdach zu gehen. Eine Erlaubnis zum Betreten des Daches habe der Antragsteller nicht gehabt, sondern sich Zugang mithilfe des nötigen Schlüssels verschafft, dessen Aufbewahrungsort ihm bekannt sei. Dort habe er weitere Annäherungsversuche unternommen, die die Steueranwärterin stets abgelehnt habe. Versuche, sich zu entfernen seien mit der Ankündigung der Bekannten verhindert worden, ihr dann nach Hause zu folgen. Der Widerstand der Steueranwärterin sei mit Unmut quittiert worden und insgesamt sei eine bedrohliche sexuelle Stimmung geschaffen worden. Der Antragsteller habe versucht, die Steueranwärterin zu küssen. Dem habe sich die Steueranwärterin entziehen können.

10

- Sachverhalt 2:

11

Anfang September 2016 habe die gleiche Steueranwärterin den Antragsteller sowie einen seiner Bekannten auf einer Party wieder getroffen. Ein mit dem Antragsteller befreundeter anderer Polizeianwärter sei gegenüber der Steueranwärterin handgreiflich geworden, so dass diese gegangen sei.

12

- Sachverhalt 3:

13

Mitte September 2016 soll der Antragsteller gegen 00:30 Uhr an einer Ruhestörung in der Wohnanlage der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung beteiligt gewesen sein. Er habe zusammen mit Freunden laut Musik gespielt und auf Bitte um Ruhe die Musik noch lauter gestellt. Die Leiterin des der Wohnanlage der Polizeidirektion naheliegenden Bildungszentrums der Steuerverwaltung habe mitgeteilt, dass sich mehrere Steueranwärterinnen wiederholt über Ruhestörungen und Klopfen und Klingeln an den Wohnungstüren durch den Antragsteller beschwert hätten.

14

- Sachverhalt 4:

15

Der Antragsteller soll sich während seiner Ausbildung mehrfach Zugang zu dem Hochhaus verschafft haben, auf dem sich auch die Ereignisse aus Sachverhalt 1 abgespielt hätten, um auf dem Dach Alkohol zu konsumieren und zu feiern. Dabei seien auch Flaschen vom Hochhausdach geworfen worden.

16

- Sachverhalt 5:

17

Am 11.11.2016 gegen 01:22 Uhr sei der Antragsteller bei einer lauten Streiterei beteiligt gewesen, in dessen Zusammenhang zwei Personen um eine Reisetasche gekämpft hätten. Gegenüber herbeigerufenen Polizeibeamten habe er einen alkoholisierten Eindruck gemacht. Der Eigentümer der Tasche habe geschildert, dass der anwesende Bekannte des Antragstellers den Vorwurf erhoben habe, es befänden sich Drogen in der Tasche. Der Antragsteller habe dabei unbeteiligt daneben gestanden. Eine freiwillige Sichtung der Tasche durch die herbeigerufenen Polizeibeamten habe keine Hinweise auf Drogen ergeben und der Eigentümer der Tasche sei entlassen worden. Der Antragsteller sowie sein Bekannter hätten sich jedoch weiter äußerst respektlos und aggressiv gegenüber den anwesenden Polizeibeamten beschwert und sich uneinsichtig gezeigt. Ein gegenüber dem Antragsteller und seinem Bekannten ausgesprochener Platzverweis sei von beiden als unrechtmäßig bezeichnet worden. Erst nach weiterer Diskussion sei der Platzverweis widerwillig befolgt worden.

18

Der Antragsteller widerspricht den Darstellungen, insbesondere habe der Abend Ende August 2016 mit einem einvernehmlichen Kuss zwischen ihm und der Steueranwärterin geendet. Gegen seine Entlassung legte er mit Schreiben vom 25.08.2017 Widerspruch ein.

19

Er stellte am 28.08.2017 sodann einen Antrag auf Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung. Mit Beschluss vom 18.10.2017 setzte die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung aus und führte dabei aus, dass der Verdacht eines Dienstvergehens insgesamt zweifelhaft sei und daher ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung bestünden. Das Gericht wies in seiner Entscheidung jedoch auch darauf hin, dass Gegenstand des Verfahrens nicht die charakterliche Eignung gewesen sei. Der Antragsgegner legte gegen die Entscheidung die Beschwerde ein.

20

Mit Bescheid vom 14.11.2017 lehnte der Antragsgegner den Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 03.08.2017 ab und ordne zugleich erstmals die sofortige Vollziehung der Entlassung an, da die Öffentlichkeit kein Verständnis dafür hätte, wenn ein Beamter, der offenkundig den dienstlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes aufgrund charakterlicher Ungeeignetheit nicht genüge, bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Verwaltungsverfahrens weiterhin im Polizeidienst verbliebe. Zudem stehe die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch im fiskalischen Interesse, da es nicht vertretbar sei, einem eindeutig den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht genügenden Anwärter weiterhin Bezüge zu zahlen.

21

Mit Schreiben vom 07.12.2017 erhob der Antragsteller Klage auf Aufhebung der Entlassungsverfügung in Form des Widerspruchsbescheids.

22

Mit Schriftsatz vom gleichen Tag hat der Antragsteller Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung vom 03.08.2017 gestellt. Er verweist unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Disziplinarverfahren sowie aus der Klage darauf, dass die erhobenen Vorwürfe haltlos seien und dass sie weder die Disziplinarmaßnahme noch eine Entlassung aus dem Polizeidienst rechtfertigen würden. Es gebe mit Hinblick darauf folglich auch keine Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Vielmehr erfolge diese nunmehr ein Jahr nach der vorläufigen Dienstenthebung einzig als Reaktion auf den Beschluss der 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig. Zudem hätten fiskalische Interessen auch bisher keine Anordnung der sofortigen Vollziehung bedingt, so dass es nicht ersichtlich sei, inwiefern dafür nun ein berechtigtes Interesse bestehe.

23

Der Antragsteller beantragt,

24

die aufschiebende Wirkung der eingereichten Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wiederherzustellen.

25

Der Antragsgegner beantragt,

26

den Antrag abzulehnen.

27

Zur Begründung verweist er auf darauf, dass weiterhin an den Vorwürfen festgehalten werde und mit der Anordnung des Sofortvollzuges nunmehr darauf reagiert werden müsse, dass nach Wegfall der vorläufigen Dienstenthebung aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ansonsten die Wiederaufnahme der Ausbildung stattfinden müsste. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei zudem auch deshalb rechtmäßig, weil das mittlerweile gestörte Verhältnis des Antragstellers zu den übrigen Auszubildenden und Lehrern seine Reintegration in den Ausbildungsbetrieb erschweren, ihn voraussichtlich sehr belasten und im Ergebnis den erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung erheblich gefährden würde. Es stünde auch zu befürchten dass der Ausbildungsbetrieb durch die Integration des Antragstellers nachhaltig gestört würde. Bei einer Abwägung der Interessen des Antragstellers an der erneuten Teilnahme an der Ausbildung mit dem Interesse des Antragsgegners an einem geordneten Ausbildungsbetrieb müsse das Interesse des Antragstellers daher zurücktreten.

28

Mit Beschluss vom 05.01.2018 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig zurückgewiesen. Es hat in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass mit Blick auf den Vorbereitungsdienst bloße ernsthafte Zweifel an der Laufbahnbefähigung nicht ausreichten. Es sei stattdessen grundsätzlich die Beendigung der Ausbildung zu ermöglichen und nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Vorwürfe eine vorherige Entlassung zu rechtfertigen. Da der Antragsgegner dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren die Vorwürfe der Sachverhalte 2 bis 5 nicht mehr anlaste, sei dieser Maßstab für eine mögliche Entlassung nicht erfüllt gewesen, so dass es nicht überwiegend wahrscheinlich sei, dass sich eine spätere Entlassung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweise. Im Ergebnis hat das Oberverwaltungsgericht die ernstlichen Zweifel des Verwaltungsgerichts an der Rechtmäßigkeit der Dienstenthebung bestätigt.

29

Mit Schreiben vom 16.01.2018 hat die zuständige Staatsanwältin mitgeteilt, dass das wegen der sachgleichen Vorwürfe geführte Strafverfahren mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt wurde.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte und des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners sowie die beigezogenen Gerichtsakte des Hauptsacheverfahren (Az. 12 A 207/17) Bezug genommen.

II.

31

Der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag ist zulässig und begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hält zwar in formeller, nicht aber in materieller Hinsicht der gerichtlichen Kontrolle stand.

32

Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Widerspruchsbescheid vom 14.11.2017 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Begründung legt als Ergebnis einer Abwägung der im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen und im Einzelnen dar, aus welchen Gründen das Vollzugsinteresse dringlich ist und das Suspensivinteresse der Antragstellerin zurückzustehen hat. Es begegnet dabei auch keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner erst nach der Entscheidung der 17. Kammer vom 18.10.2017 dazu veranlasst sah, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Nach der Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung war die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung ein erforderliches Mittel, um die Wiederaufnahme der Ausbildung zu verhindern. Damit ist den formellen Anforderungen, die § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO stellt, genüge getan. Ob die Begründung im Einzelnen zutrifft, ist eine Frage materiellen Rechts.

33

Gemäß § 80 Absatz 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sonst nach § 80 Absatz 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dadurch entfallen ist, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, nach § 80 Absatz 2 Nummer 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat.

34

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Absatz 5 VwGO nimmt das Gericht eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage vor. Maßgeblich ist hierbei die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 147 zu § 80 m.w.N.). Erweist sich hiernach der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig, so ist die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, weil am Vollzug offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte kein öffentliches Interesse bestehen kann. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist dagegen abzulehnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig und seine Vollziehung als eilbedürftig erscheint. Lässt sich dagegen bei summarischer Überprüfung weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts noch dessen offensichtliche Rechtswidrigkeit feststellen, so trifft das Gericht seine Entscheidung im Wege der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug und dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 152 ff. zu § 80). Bei seiner Entscheidung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass das allgemeine, jedem Gesetz innewohnende Interesse am Vollzug des Gesetzes allein grundsätzlich die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigt. Diese setzt vielmehr ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung voraus, das sich letztlich als Ergebnis einer Abwägung aller im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen unter Berücksichtigung der Art, Schwere und Dringlichkeit des Interesses an der Vollziehung bzw. an der aufschiebenden Wirkung und der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen Rückgängigmachung der betreffenden Regelung und ihrer Folgen sowie der Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs, soweit sich diese bereits übersehen lassen, darstellt (Kopp/Schenke, a.a.O.).

35

Der Antragsgegner stützt die Entlassung des Antragstellers auf § 23 BeamtStG i.V.m. § 31 LBG. Danach können Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Insofern genügen berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung des Beamten. Das dem Dienstherrn eingeräumte Ermessen wird allerdings durch § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG insoweit eingeschränkt, als dass Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll. Da der erfolgreiche Abschluss des Vorbereitungsdienstes den Zugang zum Beamtenberuf überhaupt erst ermöglicht und der Antragsgegner insofern (zusammen mit anderen Dienstherren) eine Art Ausbildungsmonopol hat, ist die vorzeitige Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG besonders sorgfältig zu prüfen. Dafür, dass diese Ermessensreduktion im vorliegenden Fall keine Anwendung finden würde, weil die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst keine Zugangsvoraussetzung auch für andere Berufe außerhalb des Beamtenverhältnissen bilde, findet sich im Gesetz keine Stütze (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 05.01.2018 – 14 MB 2/17 –, S. 3). Stattdessen legt § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG als Leitlinie fest, dass dem Beamten Gelegenheit zur Ableistung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll und schränkt die Entlassbarkeit insoweit ein (OVG Schleswig-Holstein, a.a.O., S. 3 mit Verweis auf Zängl, in: Fürst u.a., GKÖD, Stand 2017, BBG § 37 Rn. 11). Gleichwohl ist eine Entlassung dann ermessensgerecht, wenn besondere Gründe in Übereinstimmung mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes für eine vorzeitige Beendigung des Beamtenverhältnisses sprechen (VG Aachen, Beschluss vom 20. Juli 2017 – 1 L 981/17 –, juris Rn. 15). Die dabei anzulegenden Ermessensmaßstäbe hängen von den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes und des angestrebten Berufs ab (BVerwG, Urteil vom 09. Juni 1981 – 2 C 48-78 –, juris Rn. 22).

36

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die Entlassungsverfügung als offensichtlich rechtswidrig, da sich zwar Bedenken an der charakterlichen Eignung des Antragstellers nicht vollständig verneinen lassen, diese sind jedoch nicht von derartigem Gewicht, dass sie ausnahmsweise eine Entlassung rechtfertigen, bevor Gelegenheit zur Beendigung der Ausbildung im Sinne des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG gegeben wurde.

37

Dem Dienstherrn ist bei der Prognoseentscheidung über die Eignung eines Beamten ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der nur eingeschränkt gerichtlich darauf überprüfbar ist, ob der unbestimmte Rechtsbegriff der mangelnden Eignung und gesetzliche Grenzen des Beurteilungsspielraum erkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zu Grunde liegt und ob allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt wurden (BVerwG, Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38.79 –, juris Rn. 38 ff.).

38

Insoweit hat die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der sachgleichen Vorwürfe im Disziplinarverfahren ausgeführt, dass für die vorläufige Dienstenthebung eines Beamten auf Widerruf das Vorliegen des Verdachts eines Dienstvergehens schlechthin genüge, woran vorliegend aber ernstliche Zweifel bestehen (VG Schleswig, Beschluss vom 18.10.2017 – 17 B 2/17), da die vorgeworfenen Sachverhalte durch die Erkenntnisse im Ermittlungsverfahren größtenteils widerlegt wurden. Die erkennende Kammer sieht keine Veranlassung von den dortigen Feststellungen abzuweichen, zumal die zuständige Staatsanwaltschaft entsprechend ihrer Ankündigung mittlerweile das Ermittlungsverfahrens wegen fehlendem Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 i.V.m. § 203 StPO eingestellt hat. Dabei gilt allerdings, dass die charakterliche Eignung des Anwärters unabhängig von einer parallelen disziplinarrechtlichen oder strafrechtlichen Bewertung der einschlägigen Tatsachen und Tatumstände (VG Würzburg, Beschluss vom 16. Dezember 2008 – W 1 S 08.2212 –, juris Rn. 15 m.w.N.) zu prüfen ist und es verbleiben aus Sicht der erkennenden Kammer durchaus Restzweifel daran, dass der Antragsteller den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein wird. Zwar hat der Antragsgegner im Laufe des Disziplinarverfahrens klargestellt, dass Anlass für die Feststellung der fehlenden charakterlichen Eignung des Antragsstellers nur noch das Verhalten im Rahmen des Sachverhalts 1 sei. Dies mag für die Frage eines vorwerfbaren schweren Dienstvergehens zu einer Aussetzung der vorläufigen Diensterhebung führen und die insgesamt gemachten Vorwürfe mögen im Ergebnis keinen strafbaren Sachverhalt darstellen. Bedenken hinsichtlich charakterlicher Mängel vermag dies jedoch nicht vollständig in gleicher Weise auszuschließen, denn die Verneinung disziplinar- und strafrechtlicher Vorwürfe hatte zum Teil auch formelle Gründe. Soweit es etwa für die in den Sachverhalten 1 und 4 vorgeworfenen Hausfriedensbrüche an einem Strafantrag fehlte, ändert dies nichts daran, dass sich der Antragsteller auch nach eigenem Bekunden ohne Erlaubnis Zutritt zu dem Hochhausdach verschafft hat und damit ein gewisses Fehlen von Respekt gegenüber dem Eigentum Dritter an den Tag gelegt hat. In gleicher Weise mag der Verstoß gegen die Hausordnung durch wiederholtes lautes Musikspielen (Sachverhalt 3) keine Straftat und auch kein Dienstvergehen darstellen, es wäre – den Beweis der Ergebnisse vorausgesetzt – aber durchaus dazu geeignet, charakterliche Eigenschaften wie soziales Auftreten und Rücksichtnahme in Frage zu stellen. Ob sich aus den Sachverhalten 1 bis 5 damit insgesamt Umstände ergeben, aus denen auf eine künftige Entwicklung geschlossen werden könnte, die die spätere Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit ausschließen würden, kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da sie jedenfalls nicht von derartigem Gewicht sind, dass eine ausnahmsweise Entlassung vor Ermöglichung der Ablegung der Prüfung gerechtfertigt wäre. Diesbezüglich hat die 17. Kammer das Geschehen des Sachverhalts 1 in seinem Beschluss vom 18.10.2018 (Az. 17 B 2/17) in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt und festgestellt:

39

„Die Anwendung von Gewalt sei nicht nachweisbar. Die Angaben des in dem Strafverfahren ebenfalls Beschuldigten Petersen hat die Staatsanwaltschaft als glaubhaft eingestuft. Dieser habe sich an körperliche Übergriffe der Zeugin …….. gegenüber nicht erinnern können. Die ihm in Erinnerung gebliebene Aussage „Wir schlafen gleich mit dir“ habe die Zeugin gerade nicht bestätigen können. Auch der Beschuldigte ……… habe, wie auch der Zeuge ……., derartige Verhaltensweisen nicht bestätigen können. Hinsichtlich eines vom Antragsteller behaupteten einvernehmlichen Kusses mit der Zeugin ……… stehen sich die Aussagen der in dieser Situation allein Anwesenden unvereinbar gegenüber.

40

Angesichts der dezidierten strafrechtlichen Bewertung einschließlich der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen hat die Kammer keine Veranlassung zu einer anderweitigen Bewertung.“

41

Damit verbleibt lediglich Raum für den möglichen Vorwurf von Unreife und Aufdringlichkeit im Umgang mit der Zeugin, der zwar durchaus Zweifel an der charakterlichen Eignung rechtfertigen könnte, jedoch kein besonders intensives Maß im Sinne des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG erreicht.

42

Bezüglich der Vorwürfe hinsichtlich Sachverhalt 5 führt die 17. Kammer in seinem Beschluss aus:

43

„Es ist im Grundsatz hinzunehmen, dass gegen eine polizeiliche Maßnahme statthafte Rechtsmittel ergriffen werden, zumal nach Auswertung der vorhandene Erkenntnismittel die Voraussetzungen für die Erteilung eines Platzverweises – Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr oder Behinderung eines Einsatzes der Feuerwehr oder von Hilfs- oder Rettungsdiensten – gegenüber dem Antragsteller tatsächlich nicht vorgelegen haben dürften. In dem Polizeibericht ist auch lediglich dokumentiert, dass der Antragsteller die Beamten „belehrt“ habe, dass der Platzverweis ihm gegenüber „unrechtmäßig“ sei. Diese Formulierungen sind sachlich und beinhalten keine Schmähkritik, sodass auch aus Art und Weise des Widerspruchs kein Dienstvergehen hergeleitet werden kann.“

44

Zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit der Feier Anfang September 2016 (Sachverhalt 2) stellt die 17. Kammer in ihrem Beschluss fest:

45

„Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller das Geschehen anlässlich eines Vorfalls Anfang September 2016 in ……, im Wohnpark „……..“, im Haus 15 zur ……., fehlt es bereits an einer konkreten Verknüpfung mit einem Verhalten des Antragstellers. In diesem Absatz der Einleitungsverfügung wird lediglich Verhalten von Herrn S. beschrieben.“

46

Auch bezüglich der Vorwürfe im Rahmen der Sachverhalte 5 und 2 bleibt also möglicher Anlass dazu, das Verhalten des Antragstellers kritisch zu hinterfragen. Die ausnahmsweise Entlassung vor Einräumung der Möglichkeit zur Beendigung der Ausbildung vermögen sie jedoch nicht zu rechtfertigen.

47

Besondere, die unverzügliche Entlassung rechtfertigende, Gründe vermag die Kammer schließlich auch nicht in den Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 22.10.2017 zu erkennen. Es erscheint der Kammer bereits tatsächlich nicht nachvollziehbar, dass dem Antragsteller von Seiten der übrigen Auszubildenden und Fachlehrer ein derartiges Misstrauen entgegentreten werde, dass seine Integration schwierig oder gar ausgeschlossen sein sollte. Insofern hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass er davon ausgeht, dass es ihm gelingen werde, die möglichen Vorbehalte gegen seine Person auf Seiten der Leitung der Fachinspektion für Aus- und Fortbildung aufzulösen und seine Ausbildung abzuschließen. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass ihm diverse Lehrkräfte ausdrücklich Mut zugesprochen hätten, er auch von der Polizeibeauftragten, die sich ein ausführliches Bild seines Charakters habe machen können, Unterstützung erfahren habe und ihm auch eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen zur Seite gestanden hätten, ist der Antragsgegner dem weder entgegengetreten noch bestehen für die Kammer Anhaltspunkte dafür, diesen Vortrag nicht für glaubhaft zu erachten. Dass die verbliebenen Vorwürfe es Lehrern und den übrigen Auszubildenden unmöglich machen würden, den Antragsteller fair zu behandeln und jedenfalls im für die Ausbildung nötigen Umfang zu integrieren, ist nicht ersichtlich. Soweit der Antragsgegner vorträgt, dass im Rahmen der Abschlussausbildung vertrauliche Unterlagen, polizeiinterne taktische Aspekte, persönlichkeitsnahe, sensible Trainingsbereiche sowie die Waffenausbildung in besonderem Maße ein derartiges Vertrauen erfordern würden, dass allein diese Ausbildungsinhalte vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegen den Antragsteller seine weiteren Ausbildung ausschließen würden, erschließt sich dies nicht. Worin die insoweit besonders sensible Vertrauenswürdigkeit der Abschlussausbildung genau bestehen soll, hat der Antragsgegner nicht vorgetragen. Der Antragsteller hingegen hat ausführlich dargelegt, welche Inhalte, welcher Unterrichtsstoff und welche Lehrgänge im Rahmen der Abschlussausbildung relevant werden. Weder der insofern angesprochene Umgang mit anonymisierten Anzeigentexten noch der theoretische Unterricht sowie der Sportunterricht lassen eine derartige Sensibilität erkennen, dass für die Ausbildung des Antragstellers die nötige Vertrauensgrundlage fehlen würde. Die Schusswaffenprüfung und den Schusswaffengebrauchstest hat der Antragsteller zudem bereits abgelegt und bestanden.

48

Dem Antrag des Antragstellers war nach alledem stattzugeben.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

50

Die Streitwertfestsetzung beruht, ausgehend von monatlichen Dienstbezügen des Antragstellers in Höhe von 1.134,60 € gemäß Anlage 7 SHBesG i.V.m. Anlage 1 zu § 3 Abs. 1, § 13 PolLVO-SH auf § 52 Absatz 6 S. 1 Nr. 2 GKG; mithin 1.134,60 x 6 = 6.807,60 €.


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Beauftragten der für die Planung, den Landerwerb und die Enteignung zuständigen Behörden sind befugt, Grundstücke, mit Ausnahme von auf diesen Grundstücken belegenen Wohnungen, die für die Enteignung nach diesem Gesetz in Betracht kommen, zu betreten und zu vermessen sowie auf den Grundstücken sonstige Vorarbeiten vorzunehmen, die für die Entscheidung über die Eignung des Geländes notwendig sind. Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte sind vorher zu benachrichtigen; dies gilt nicht, wenn bei ihnen die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung vorliegen (§ 10 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes). Soweit durch die Tätigkeit im Rahmen des Satzes 1 Schäden entstehen, ist der Betroffene vom Bund unverzüglich zu entschädigen. Kommt eine Einigung über Art und Höhe der Entschädigung nicht zustande, so setzt die Enteignungsbehörde diese Entschädigung fest.

(2) Wegen der Entschädigung ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gegeben. Die Klage ist binnen zweier Monate seit Zustellung der Entscheidung der Enteignungsbehörde an den Kläger zu erheben. § 48 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 3, § 60, § 61 Abs. 3, §§ 62 und 63 Satz 3 sind sinngemäß anzuwenden.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

(1) Einer Ernennung bedarf es zur

1.
Begründung des Beamtenverhältnisses,
2.
Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein solches anderer Art (§ 4),
3.
Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Grundgehalt oder
4.
Verleihung eines anderen Amtes mit anderer Amtsbezeichnung, soweit das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde. In der Urkunde müssen enthalten sein

1.
bei der Begründung des Beamtenverhältnisses die Wörter „unter Berufung in das Beamtenverhältnis“ mit dem die Art des Beamtenverhältnisses bestimmenden Zusatz „auf Lebenszeit“, „auf Probe“, „auf Widerruf“, „als Ehrenbeamtin“ oder „als Ehrenbeamter“ oder „auf Zeit“ mit der Angabe der Zeitdauer der Berufung,
2.
bei der Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein solches anderer Art die diese Art bestimmenden Wörter nach Nummer 1 und
3.
bei der Verleihung eines Amtes die Amtsbezeichnung.

(3) Mit der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Probe, auf Lebenszeit und auf Zeit wird gleichzeitig ein Amt verliehen.

(4) Eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt ist unzulässig und insoweit unwirksam.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Anspruch des Beamten auf Schutz vor ansehensbeeinträchtigender Berichterstattung über seine Person in den Medien sowie die Durchsetzung dieses Anspruchs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer war zunächst als Leiter einer Justizvollzugsanstalt tätig. Ende 2010 wurde er an eine Jugendanstalt abgeordnet. Im Januar 2011 erschienen in der Mitteldeutschen Zeitung zwei Artikel, in denen über eine "Versetzung" des Beschwerdeführers berichtet wurde. Die Ministerin für Justiz des Landes Sachsen-Anhalt ließ sich zur Begründung dieser Personalmaßnahme mit den Worten zitieren, der Beschwerdeführer habe "in einer Reihe von Fällen die Anordnungen der Strafvollstreckungskammern nicht umgesetzt". Andere Medien griffen das Thema auf. Das Justizministerium lehnte es ab, die Äußerungen zurückzunehmen oder der Berichterstattung entgegenzutreten. In Reaktion auf eine direkte Frage der Presse habe die Ministerin umfassend, deutlich und ohne Beschönigung Stellung beziehen dürfen.

3

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erwirkte der Beschwerdeführer erstinstanzlich eine einstweilige Anordnung, wonach das Justizministerium die Äußerungen zu korrigieren und der Berichterstattung entgegenzutreten habe. Das Oberverwaltungsgericht änderte die Entscheidung und lehnte den Antrag ab. Da der Beschwerdeführer durch die begehrte Regelungsanordnung faktisch und rechtlich dieselbe Stellung wie nach einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren erlange, habe er darzulegen, dass der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet sei und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werde. Dies sei ihm nicht gelungen. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unberechtigt seien. Das Gericht führte unter Verweis auf mehrere Strafvollstreckungssachen aus, dass sich das Verhalten des Beschwerdeführers als eine Nichtumsetzung von Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern werten lasse. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass Medienvertretern hierzu eine Auskunft erteilt worden sei. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 20. April 2011 bekanntgegeben.

4

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts. Bei der am 20. Mai 2011 vorab erfolgten Übermittlung der Verfassungsbeschwerdeschrift per Fax sind die ersten 14 Seiten auf nicht geklärte Weise verloren gegangen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers hiervon in Kenntnis gesetzt worden war, hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

5

Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Fürsorgeanspruchs aus Art. 33 Abs. 5 GG geltend, weil der Dienstherr, vom Oberverwaltungsgericht unbeanstandet, eine falsche Tatsachenbehauptung geäußert habe und den hieran anknüpfenden Berichten in den Medien nicht entgegentrete. Es treffe nicht zu, dass er Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nicht umgesetzt habe. Neben das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG trete schutzverstärkend sein durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil es ihm - dem Beschwerdeführer - auferlegt habe, die überwiegende Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe unberechtigt seien. Auch habe die Weigerung des Oberverwaltungsgerichts, bestimmte Sachakten beizuziehen und Akteneinsicht zu gewähren, die effektive Rechtswahrnehmung unzumutbar erschwert.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit eine Verletzung der Rechte aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gerügt wird. Hinsichtlich der gerügten Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG ist sie unbegründet. Einer Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf es somit nicht.

7

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG und des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geltend macht.

8

Die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes enthält für den Antragsteller eine selbständige Beschwer, die sich nicht mit derjenigen durch die spätere Hauptsacheentscheidung deckt (BVerfGE 35, 263 <275>; 77, 381 <400>) und daher grundsätzlich Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein kann (BVerfGE 69, 315 <339 f.>; 77, 381 <400 f.>). Die Möglichkeit, eine fachgerichtliche Eilentscheidung zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde zu machen, fehlt jedoch dann, wenn das Verfahren in der Hauptsache die Chance eröffnet, der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abzuhelfen, und dieser Weg dem Beschwerdeführer zumutbar ist. In diesem Fall steht der Grundsatz der Subsidiarität einer Erhebung der Verfassungsbeschwerde nach Erschöpfung lediglich des Rechtswegs des vorläufigen Rechtsschutzes entgegen. Die Anwendung dieses Grundsatzes sichert, dass dem Bundesverfassungsgericht ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet wird. Das Bundesverfassungsgericht soll nicht gezwungen sein, auf ungesicherten Grundlagen weitreichende Entscheidungen zu treffen. Ferner werden dem Bundesverfassungsgericht die Fallanschauung und Rechtsauffassung der mit dem Ausgangsrechtsstreit befassten Gerichte vermittelt. Darüber hinaus wird der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung entsprochen, nach der vorrangig die allgemein zuständigen Gerichte Rechtsschutz - auch gegen Verfassungsverletzungen - gewähren (BVerfGE 86, 15 <26 f.>).

9

Hieran gemessen hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg in der Hauptsache zu erschöpfen. Mit seinem Vorbringen, er sei in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 5 GG und aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt, wendet sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes als solche. Die Rüge bezieht sich auf den auch in der Hauptsache gegenüber dem Dienstherrn geltend zu machenden Anspruch. Dessen Bestehen und Umfang sind in einem Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dieses bietet die Möglichkeit, der verfassungsrechtlichen Beschwer vollständig abzuhelfen (vgl. BVerfGE 77, 381 <402>).

10

Zudem bedarf es noch einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts, die im Hauptsacheverfahren von den Fachgerichten zu leisten ist. Die Fachgerichte konnten im Ausgangsverfahren nicht auf einen im Wesentlichen unstreitigen Sachverhalt abstellen und sich somit auch nicht auf die Auseinandersetzung mit der Auslegung bestimmter Vorschriften des einfachen Rechts oder des Verfassungsrechts beschränken. Ob der Beschwerdeführer Entscheidungen des Landgerichts Stendal und des Oberlandesgerichts Naumburg in Strafvollstreckungssachen nicht umgesetzt hat, wie die Justizministerin ihm vorgeworfen hat, haben die Gerichte bisher nicht sicher ermittelt. Während das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, dieser Vorwurf lasse sich mit den vorgelegten Unterlagen nicht belegen, hat das Oberverwaltungsgericht Anhaltspunkte zusammengetragen, aus denen sich eine Nichtumsetzung bestimmter gerichtlicher Entscheidungen ergeben soll. Die Gerichte haben die Beurteilung des Anordnungsanspruchs auf der Grundlage einer vorläufigen summarischen Feststellung und Würdigung eines unter den Beteiligten streitigen Sachverhalts vorgenommen; das Oberverwaltungsgericht hat dies in der angegriffenen Entscheidung ausdrücklich klargestellt.

11

Der Verweis auf das fachgerichtliche Hauptsacheverfahren zieht keinen schweren Nachteil für den Beschwerdeführer nach sich, der ein Abrücken vom Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde rechtfertigen könnte. Nachdem die Beteiligten des Ausgangsverfahrens das Verfahren hinsichtlich des anfangs ebenfalls geltend gemachten Unterlassungsantrags übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist eine Wiederholung der vom Beschwerdeführer beanstandeten Äußerungen durch den Dienstherrn nicht zu besorgen. Einzig in Streit steht noch der Anspruch des Beschwerdeführers gegen seinen Dienstherrn auf Abgabe einer offiziellen Verlautbarung gegenüber den Medien zu seinen Gunsten. Einem Rehabilitationsinteresse des Beschwerdeführers kann auch durch die Abgabe einer solchen Erklärung nach Abschluss eines Hauptsacheverfahrens in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden. Der Umstand, dass derzeit Medienberichte im Internet auffindbar sind, die die beanstandeten Äußerungen des Dienstherrn enthalten, rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Dies folgt schon daraus, dass nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass sich die Nachrichtenlage, so wie sie sich dem Internetnutzer darstellt, ändern wird, falls der Beschwerdeführer mit seinem fachgerichtlich verfolgten Anliegen Erfolg haben sollte. Hinzu kommt, dass die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde vor Erschöpfung des Hauptsacherechtswegs hier von einer eingehenden und umfangreichen Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht abhängen würde (vgl. BVerfGE 8, 222 <226 f.>; 86, 15 <26 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Dezember 2002 - 1 BvR 1919/95 -, NJW 2003, S. 1305 <1306>). Solche Beweiserhebungen sind zumal im Verfahren der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts.

12

2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG rügt, ist seine Verfassungsbeschwerde zwar zulässig, aber unbegründet.

13

a) Die Notwendigkeit, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde das Verfahren in der Hauptsache zu betreiben, fehlt, soweit die Verletzung von Grundrechten durch die Eilentscheidung selbst geltend gemacht wird, sie in diesem Sinne also eine selbständige Beschwer enthält, die sich nicht mit jener im späteren Hauptsacheverfahren deckt (stRspr.; vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Dezember 2002 - 1 BvR 1919/95 -, NJW 2003, S. 1305 <1305>). Dies ist hier der Fall, da sich der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG dadurch verletzt sieht, dass das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs überspannt habe.

14

b) Die angegriffene Entscheidung genügt dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

15

Art. 19 Abs. 4 GG garantiert über das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, hinaus die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; stRspr). Das gilt auch für den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz. Die Auslegung und Anwendung des § 123 VwGO kann vom Bundesverfassungsgericht aber nur daraufhin überprüft werden, ob sie Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts des jeweiligen Antragstellers und seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz beruhen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>). Eine summarische Prüfung in dem Sinne, dass die Prüfung im Hauptsacheverfahren eingehender sein und deshalb ein anderes Ergebnis haben kann, ist kennzeichnend für das Eilverfahren und verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74 f.>; 93, 1 <13 f.>). Je schwerer die sich aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, S. 1112 <1113>). Entscheidend ist, dass die Prüfung eingehend genug ist, um den Antragsteller vor erheblichen und unzumutbaren, anders weder abwendbaren noch reparablen Nachteilen effektiv zu schützen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>; 93, 1 <13 f.>; BVerfGK 5, 135 <139 f.>).

16

Hieran gemessen ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 19 Abs. 4 GG fordert nicht, dass jede nach Durchführung des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens verbleibende Unsicherheit hinsichtlich des Wahrheitsgehalts einer staatlichen Äußerung zulasten der beteiligten staatlichen Stelle wirkt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Dezember 2002 - 1 BvR 1919/95 -, NJW 2003, S. 1305 <1306>). Die Möglichkeiten, berechtigten Informationsanliegen der Öffentlichkeit zeitnah nachzukommen, würden sonst gravierend beeinträchtigt. Verlangt der Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Sache nach den Widerruf der staatlichen Äußerung, so zielt sein Begehren faktisch auf die endgültige Regelung eines Zustandes. Ein der beanstandeten Äußerung kurzfristig nachfolgender Widerruf vermag eine Wirkung zu entfalten, die durch eine staatlicherseits erfolgende Richtigstellung nach einem Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren in der Regel nicht ausgeglichen werden kann. Dagegen ist es dem Antragsteller in der Regel zumutbar, im Rahmen seines Richtigstellungsbegehrens den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Die bloße Auffindbarkeit der beanstandeten Äußerung im Internet oder in Medienarchiven bleibt in ihrer grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkung hinter der fortdauernden aktiven Verbreitung der Äußerung durch die staatliche Stelle in erheblichem Maße zurück.

17

Zudem hat das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung auch nicht auf den bloßen Umstand gestützt, dass der Beschwerdeführer die Unwahrheit der beanstandeten Äußerungen nicht darzulegen vermochte. Das Gericht hat unter Beachtung des auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO geltenden Untersuchungsgrundsatzes unter Bezugnahme auf die Akten der strafvollstreckungsrechtlichen Verfahren tatsächliche Anhaltspunkte zusammengetragen, die für die Einschätzung streiten, der Beschwerdeführer habe Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nicht umgesetzt. Dem Interesse des Beschwerdeführers an der Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes ist in ausreichendem Maße Rechnung getragen und der Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG nicht grundsätzlich verkannt worden.

18

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG auf die unterbliebene Beiziehung bestimmter Sachakten und die Verweigerung von Akteneinsicht stützt, genügt sein Vorbringen nicht den Substantiierungsanforderungen, die § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG aufstellen, weil er sich mit den diesbezüglichen Ausführungen in der oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 105, 252 <264>).

19

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie

1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,

1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 17. Oktober 2016 geändert:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.

2

Der im … 1986 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 3. Februar 2014 in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes der Schutzpolizei des Landes Schleswig-Holstein (Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt) eingestellt und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeimeisteranwärter ernannt. Am 29. Juni 2016 bestand er die Laufbahnprüfung mit der Note befriedigend (8,79 Punkte).

3

Zu Beginn der Ausbildung gründeten die Teilnehmer der Ausbildungsgruppe, der der Antragsteller angehörte, eine private WhatsApp-Gruppe. In dieser Chat-Gruppe wurden in der Zeit von Februar bis Dezember 2014 unter anderem Cartoons, Fotos, Bilder und kurze Filmsequenzen mit sexistischen, pornografischen und fremdenfeindlichen Inhalten ausgetauscht. Außerdem soll unter anderem der Antragsteller einem Vermerk dreier Kolleginnen aus Dezember 2014 zufolge frauenfeindliche, sexistische und rassistische Sprüche geäußert haben.

4

Aufgrund dieser Vorwürfe leitete die Polizeidirektion Aus- und Fortbildung im Juni 2016 ein disziplinarrechtliches Verfahren gegen den Antragsteller ein. Zuvor war ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … überwiegend gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts bzw. im Hinblick auf das Posten pornographischer Bilder in die WhatsApp-Gruppe gemäß § 153 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt worden.

5

Nach Anhörung entließ der Antragsgegner den Antragsteller mit Bescheid vom 27. Juli 2016 wegen „berechtigter Zweifel an seiner charakterlichen Eignung“ aus dem Polizeivollzugsdienst und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Entlassung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an. Grundlage der Entscheidung waren 13 im Einzelnen ausgeführte Sachverhalte aus der Zeit vom 13. Februar bis 12. Dezember 2014.

6

Am 1. August 2016 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe und legte am 5. August 2016 Widerspruch gegen die Entlassung ein.

7

Am 8. August 2016 hat der Antragsteller beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, es habe sich bei der zu Beginn der Ausbildung eingerichteten WhatsApp-Gruppe um eine private geschlossene Gruppe gehandelt. Hinsichtlich der in der Entlassungsverfügung näher bezeichneten geposteten Bilder, Cartoons und Filmsequenzen habe sich bei ihm niemand beschwert, dass er sich belästigt gefühlt habe. Er, der Antragsteller, sei auch nicht der Einzige gewesen, der derartige Bilder gepostet habe, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb er als einziger nicht in den Polizeivollzugsdienst übernommen werden solle.

8

Der Antragsteller hat beantragt,

9

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn – den Antragsteller – zum 1. August 2016 in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen.

10

Der Antragsgegner hat beantragt,

11

den Antrag abzulehnen.

12

Der Antragsteller besitze nicht die erforderliche charakterliche Eignung, weshalb eine Ernennung zum Beamten auf Probe nicht erfolgen dürfe. Zudem sei das Beamtenverhältnis auf Widerruf von Gesetzes wegen mit Ablauf des 31. August 2016 beendet.

13

Mit Beschluss vom 17. Oktober 2016 hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, den Antragsteller vorläufig, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, unter Verleihung einer Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeiobermeister zu ernennen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die zum einen durch die Entlassungsverfügung und zum anderen kraft Gesetzes eingetretene Veränderung des beamtenrechtlichen Status würde eine künftige Durchsetzung der Rechte des Antragstellers vereiteln; der Verlust des Amtsführungsrechts könnte selbst durch eine spätere, zugunsten des Antragstellers ausfallende, Hauptsacheentscheidung nicht mehr ausgeglichen werden. Daraus folge auch die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zugunsten des Antragstellers. Er habe gemäß § 8 Abs. 3 PolLVO einen Rechtsanspruch auf Ernennung zum Beamten auf Probe, weil er die Laufbahnprüfung bestanden habe. Die mit Verfügung vom 27. Juli 2016 ausgesprochene Entlassung stehe dem nicht entgegen, weil sie durch die Regelung des § 30 Abs. 4 LBG „überholt“ sei, wonach Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Prüfung nach Ablauf der für den Vorbereitungsdienst festgesetzten Zeit (hier 31. Juli 2016) entlassen sind.

14

Es bestehe auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein unbedingter Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG auf („vorläufige“) Einstellung des Antragstellers unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Der Bewerbungsverfahrensanspruch vermittle dem Antragsteller einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen aus § 8 Abs. 3 PolLVO folgenden „Ernennungsanspruch“. Zwar stelle die gesundheitliche, geistige und charakterliche Eignung eine allgemeine beamtenrechtliche Grundvoraussetzung im Sinne einer unerlässlichen Mindestqualifikation dar. Diese Voraussetzungen seien aber zu bejahen. Der Antragsteller sei allen ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen substantiiert entgegengetreten; diesbezüglich bedürfe es einer Beweisaufnahme mit offenem Ausgang im Hauptsacheverfahren. Zudem habe er das in § 11 APO-Pol definierte Ziel des Vorbereitungsdienstes offensichtlich erreicht. Dazu gehöre auch, die Beamten durch die Ausbildung zu befähigen, mit Professionalität und überzeugender Persönlichkeit die polizeilichen Maßnahmen im Streifendienst rechtsstaatlich, bürgernah, situationsangemessen und konfliktmildernd zu bewältigen. Die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe ließen allenfalls auf fehlende charakterliche Eignung zu Beginn der Ausbildung schließen. Außerdem seien die gegen ihn im Februar 2015 geführten disziplinarrechtlichen Ermittlungen ohne Abschluss geblieben. Der Antragsteller habe sich bis zu Ablegung der Laufbahnprüfung geändert, so dass berechtigte Zweifel an seiner Eignung nicht mehr erhoben werden könnten.

15

Schließlich sei die Erwägung des Antragsgegners, der Antragsteller hätte sich als Lebensälterer anders verhalten müssen als seine jüngeren Mitauszubildenden, sachwidrig. Er habe ebenso am Anfang seiner Ausbildung gestanden und sich der Gruppendynamik nicht entziehen können. Es sei insoweit auch von Bedeutung, dass sich die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe gegenseitig Bilder zugesandt hätten und ein Datenaustausch allgemeiner Belustigung gedient habe.

16

Mit seiner dagegen eingelegten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, die erlassene einstweilige Anordnung stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar, weil der Rechtsstreit dadurch dauerhaft entschieden würde. Darüber hinaus habe der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Er habe nicht dargetan, dass unzumutbare und nicht wiedergutzumachende Nachteile beim Abwarten einer Hauptsacheentscheidung entstünden. Dass der zeitliche Verlust des Amtsführungsrechts ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung tatsächlich unzumutbar wäre, habe auch das Verwaltungsgericht nicht ausgeführt.

17

Des Weiteren werde das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs bezweifelt. Er, der Antragsgegner, habe bei der Entscheidung über die charakterliche Ungeeignetheit des Antragstellers einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung rechtfertigten bereits das Absehen von einer Ernennung. Es hätte dem Antragsteller oblegen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen und derartige Zweifel zu zerstreuen, was ihm nicht gelungen sei. Soweit der Antragsteller die ihm gemachten Vorwürfe nicht ausdrücklich bestritten habe, habe er die zugrundeliegenden Sachverhalte lediglich anders bewertet als er, der Antragsgegner. Was der Antragsteller nur als moralisch fragwürdig und geschmacklos bezeichne, bedeute eine Verharmlosung und werde weder dem Inhalt noch der Häufigkeit der Bekundungen gerecht. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung könne vom Bestehen der Laufbahnprüfung nicht auf die charakterliche Eignung des Beamten geschlossen werden. Mit der geäußerten Auffassung, der Antragsteller habe sich „in Erreichung des Ziels des Vorbereitungsdienstes (…) erkennbar gewandelt“, habe das Verwaltungsgerichts eine eigene Wertung angestellt. Der Antragsteller mache auch keine Anhaltspunkte für eine unzutreffende Würdigung seiner charakterlichen Eignung glaubhaft. Da der Antragsteller bereits 28 Jahre alt gewesen sei und damit die notwendige sittliche Reife und geistige Kapazität besessen habe, habe es sich nicht um persönlichkeitsfremde Entgleisungen gehandelt. Deshalb sei es auch nicht sachwidrig, die schon längere Zeit zurückliegenden Vorkommnisse als Eignungsmangel zu werten. Es sei vom Antragsteller aufgrund seines Lebensalters und der damit einhergehenden Erfahrungen zu erwarten gewesen, dass er den Unterschied zwischen geschmacklosem Witz und vorwerfbarem Verhalten kenne und sich einer möglichen Gruppendynamik widersetzen könne. Außerdem sei das Verhalten über ein noch hinnehmbares Gruppenverhalten hinausgegangen, weil er nicht nur gelesen, sondern auch kommentiert und selbst Bilder in die WhatsApp-Gruppe eingestellt und sich darüber hinaus vorwerfbar verhalten habe. Aus diesem Grund verstoße die Wertung, den Antragsteller als ungeeignet einzustufen, auch nicht gegen den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

18

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

19

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2016 zu ändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

20

Der Antragsteller beantragt,

21

die Beschwerde zurückzuweisen.

22

Er habe glaubhaft gemacht, dass ihm wesentliche Nachteile drohten, wenn er die Entscheidung in der Hauptsache abwarten müsste. Ein Hauptsacheverfahren würde mehrere Jahre andauern, so dass er sich beruflich umorientieren müsste. Die Zeit ließe sich finanziell nur unter Schwierigkeiten überbrücken. Außerdem könnte der Verlust des Amtsführungsrechts nicht mehr ausgeglichen werden. Auch in der Sache hält der Antragsteller die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Es bestehe eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass er in einem Hauptsacheverfahren obsiegen würde, weshalb das Gebot effektiven Rechtsschutzes den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebiete. Mit Ablegen der Laufbahnprüfung sei ihm die charakterliche Eignung zuerkannt worden. Ohne Hinzutreten weiterer tatsächlicher Erkenntnisse komme der Antragsgegner nur aufgrund politischen Drucks zu dem nicht haltbaren Ergebnis, dass dieselben Vorkommnisse, die bereits im Dezember 2014 bekanntgeworden und Anfang 2015 ohne Konsequenzen nach disziplinarrechtlichen Ermittlungen geblieben seien, zur Begründung seiner charakterlichen Nichteignung herangezogen werden könnten.

II.

23

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet. Die vom Verwaltungsgericht getroffene einstweilige Anordnung, den Antragsteller vorläufig unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeiobermeister zu ernennen, stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, die nur ausnahmsweise zulässig ist, wofür jedoch die Voraussetzungen nicht vorliegen.

24

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

25

Mit seinem Begehren, ihn im Wege der einstweiligen Anordnung in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, erstrebt der Antragsteller keine vorläufige Maßnahme, sondern eine endgültige Entscheidung, die die Hauptsache vorwegnähme. Denn sollte das Hauptsacheverfahren ergeben, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe hat, wäre die aufgrund der einstweiligen Anordnung ausgesprochene Ernennung nicht rückgängig zu machen. Anders als für Beamte auf Widerruf, die gemäß § 23 Abs. 4 BeamtStG jederzeit entlassen werden können, existiert eine entsprechende Beendigungsmöglichkeit des Beamtenverhältnisses für Beamte auf Probe nicht (vgl. § 23 Abs. 3 BeamtStG).

26

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) dann gerechtfertigt, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, die Sache also bei Anlegung eines strengen Maßstabs an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (Anordnungsgrund). Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn nicht ausnahmsweise überwiegende gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 12.09.2011 - 2 BvR 1206/11 -, Juris Rn. 15; BVerwG, Urt. v. 18.04.2013 - 10 C 9.12 -, Juris Rn. 22; BVerwG Beschl. v. 12.04.2016 - 1 WDS-VR 2.16-, Juris Rn. 19; Beschl. v. 10.02.2011 - 7 VR 6.11 -, Juris Rn. 6; so auch OVG NRW, Beschl. v. 02.12.2016 - 1 B 1194/16 -, Juris Rn. 9).

27

Ob hiernach die – dann endgültige – Ernennung zum Probebeamten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt werden kann, oder der Antragsteller einstweilen auch in der vorliegenden Konstellation bis zur Entscheidung in der Hauptsache nur in ein – vorläufiges – Beamtenverhältnis auf Widerruf ernannt werden dürfte, kann der Senat offenlassen. Denn es fehlt schon an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zusteht.

28

Weder Art. 33 Abs. 2 GG noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen einfachgesetzlichen Vorschriften des Bundes gewähren einen Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis (BVerwG, Urt. v. 30.01.2003 - 2 A 1.02 -, Juris Rn. 11). Auch aus dem Landesrecht, insbesondere § 8 Abs. 3 PolLVO, der bestimmt, dass die Beamten nach Bestehen der Laufbahnprüfung I unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe ernannt werden, ergibt sich kein solcher Anspruch. Denn daneben gilt § 9 BeamtVG, wonach Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen sind. Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen ist eine Ernennung ausgeschlossen. Die charakterliche Eignung ist ein Unterfall der persönlichen Eignung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.07.2016 - 2 B 18.16 -, Juris Rn. 26; Beschl. v. 25.11.2015 - 2 B 38.15 -, Juris Rn. 9; Urt. v. 30.01.2003, a.a.O.). Die Entscheidung über die Eignung trifft der Dienstherr in Wahrnehmung einer Beurteilungsermächtigung. Sie bewirkt im Ergebnis, dass die Eignungseinschätzung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüft werden kann. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, Urt. v. 30.01.2003 - 2 A 1.02 -, Juris Rn. 11, m.w.N., stRspr).

29

Dabei darf der Dienstherr die Einstellung eines Bewerbers bereits dann ablehnen, wenn berechtigte Zweifel an dessen Eignung bestehen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 02.12.2016 – 1 B 1194/16 -, Juris Rn. 15).

30

Unter Anlegung dieses Maßstabs ist es nicht wahrscheinlich, dass die Einschätzung des Antragsgegners hinsichtlich der fehlenden charakterlichen Eignung des Antragstellers fehlerhaft sein könnte.

31

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller seine grundlegende Einstellung – etwa im Umgang mit Kolleginnen und was sein Verhalten in der Gruppe angeht – geändert hätte, hat er nicht dargetan. Insoweit macht der Antragsgegner zu Recht geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine eigene Wertung angestellt, wenn es davon ausgeht, der Antragsteller habe sich „in Erreichung des Ziels des Vorbereitungsdienstes erkennbar gewandelt“. Im Lichte der Vielzahl der Vorkommnisse und des von Februar bis Dezember 2014 andauernden langen Zeitraums sowie unter Berücksichtigung des Lebensalters des Antragstellers stellt sich die Einschätzung des Antragsgegners, dass der Antragsteller nicht über die persönliche Eignung für die Einstellung in den Polizeidienst verfüge, als beurteilungsfehlerfrei dar.

32

Soweit der Antragsteller die überwiegenden Vorkommnisse, die im angefochtenen Bescheid angeführt waren, nicht ausdrücklich bestritten hat, hat er diese als lediglich „moralisch fragwürdig und geschmacklos bezeichnet“. Dass der Antragsgegner dies als eine Verharmlosung und weder dem Inhalt noch der Häufigkeit der Bekundungen gerecht werdend bewertet, ist nach Auswertung der dem Gericht vorliegenden Chatverläufe und des in den Akten enthaltenen schriftlichen Vermerks der Kolleginnen sachgerecht.

33

Die Ausführungen im Entlassungsbescheid vom 27. Juli 2016 zur fehlenden charakterlichen Eignung des Antragstellers trotz Verstreichens einer längeren Zeit seit den Vorkommnissen im Jahr 2014 sind nachvollziehbar, in sich schlüssig und lassen keinen Beurteilungsfehler erkennen. Es heißt darin wörtlich:

34

„....Im Hinblick darauf, dass Sie zum Zeitpunkt der geschilderten Vorkommnisse bereits 28 Jahre alt waren, besaßen Sie bereits eine gefestigte charakterliche Persönlichkeit. Die einem Heranwachsenden gegebenenfalls zugutekommende jugendliche Unreife wirkt daher nicht zu Ihren Gunsten.

35

Hier sind jedoch die einzelnen Aspekte sowie das Gesamtbild, welches sich aus diesen Aspekten ergibt, zu betrachten. Wenige Tage nach dem Beginn des Vorbereitungsdienstes vollendeten Sie das 28. Lebensjahr, womit bei Ihnen, gerade im Vergleich zu den meist lebensjüngeren Ausbildungsgruppenmitgliedern, eine gewisse, durch Schule und Beruf erworbene Lebenserfahrung sowie ein weitgehend ausgeprägter Charakter vorauszusetzen sind. Trotz dieses Umstandes legen Sie jedoch ein Verhalten an den Tag, welches so nicht akzeptabel ist und welches im zukünftigen Berufsleben der äußerst wichtigen vertrauensvollen Zusammenarbeit entgegensteht. Für die tägliche Polizeiarbeit ist es wichtig, dass sich Kolleginnen und Kollegen aufeinander verlassen können. Hierbei wären Verhaltensweisen wie oben mit der Drohung, einen Kollegen mit Migrationshintergrund notfalls auch auszusetzen, geschildert komplett kontraproduktiv und vor dem Hintergrund einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht akzeptabel. Auch Ihr Verhalten gegenüber Frauen ist nicht immer angemessen und wird Ihrer zu erwartenden Reife nicht gerecht, vielmehr verhalten Sie sich, wie auch die WhatsApp-Postings z.T. belegen, wie ein Schüler, anstatt, wie es Ihnen von der Lebenserfahrung zugekommen wäre, in der Lehrgruppe eher eine ausgleichende Funktion einzunehmen. Die oben geschilderten Verhaltensweisen, hier sind insbesondere die Äußerungen zu Personen mit Migrationshintergrund und Gewalt gegen Muslime, aber auch die sexistischen Verhaltensweisen gegenüber Frauen zu nennen, sind auch außerhalb des Dienstes so nicht hinnehmbar. Hier ist auch zu bedenken, dass die Polizei in ganz besonderem Maße auf ihr Ansehen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist. Diese müssen sich in jeder Lage darauf verlassen können, dass sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Polizei neutral und unvoreingenommen ihrer Aufgabe, dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gesetze, widmen, insbesondere gehört hierzu auch, dass Frauen sowie Personen anderer Herkunft, Religion oder Meinung nicht geringschätzig und abwertend behandelt werden. Dies kann durch Ihr gezeigtes Verhalten, unabhängig von der tatsächlichen Intention, jedoch nachhaltig belastet werden. Dies gilt umso mehr als die Polizei als eine besonders im öffentlichen Fokus stehende Organisation zu sehen ist und dementsprechend das Verhalten ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht nur durch die Bürgerinnen und Bürger selbst, sondern auch durch die Medien eine gesteigerte Beachtung erfährt. Im Gesamtkontext ist hier auch nicht zu verkennen, dass ein solches Verhalten, selbst wenn es im privaten Umfeld erfolgen würde, leicht mit dem Polizeibeamten in Verbindung gebracht wird und daher in der Lage ist, das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn unabhängig davon, ob Sie sich in zivil bewegen oder in der Uniform, besteht die Gefahr, dass eine Person, die um Ihren Beruf weiß, bei derartigen Äußerungen in Zukunft weniger auf die Unvoreingenommenheit der Polizei vertraut.

36

Aus den Gesamtumständen ergeben sich für mich begründete Zweifel daran, dass Sie in Zukunft den an Sie zu stellenden Anforderungen als Polizeibeamter persönlich gewachsen sein werden....“

37

Dies hält der Senat für ausreichend, um Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers zu bejahen. Da die Eignung jedes einzelnen Beamten individuell festzustellen ist, ist es entgegen der Auffassung des Antragstellers irrelevant, wie das Eignungsurteil hinsichtlich der anderen Teilnehmer der Whats-App-Gruppe ausgefallen ist. Da der Antragsgegner in vertretbarer Weise zu der Bewertung gelangt ist, dass es sich bei dem Verhalten des Antragstellers nicht nur um ein „Augenblicksversagen“, sondern um eine Offenbarung seiner Charaktereigenschaften handelte, ist es sachgerecht davon auszugehen, dass diese auch heute noch vorhanden sind; denn der Antragsteller hat nicht dargelegt, wie er die über einen langen Zeitraum gezeigte frauenfeindliche, sexistische und fremdenfeindliche Einstellung überwunden haben könnte. Dass sein Verhalten keine disziplinarischen Folgen hatte, verbietet es nicht, die Vorkommnisse aus dem Jahr 2014 im Rahmen der Beurteilung der charakterlichen Eignung vor dem Hintergrund der anstehenden Ernennung zum Probebeamten mit einzubeziehen. Selbst wenn es keinen „politischen Druck“ gegeben hätte, wäre es sachgerecht gewesen, den Antragsteller nicht sofort zu entlassen, sondern ihm die Ablegung der Laufbahnprüfung zu ermöglichen. § 23 Abs. 4 BeamtStG bestimmt insoweit, dass Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden können, ihnen aber die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll.

38

Eine Entscheidung über das Begehren des Antragsgegners, die Vollstreckbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auszusetzen, ist entbehrlich, weil der Antragsteller auf gerichtliche Nachfrage mit Schriftsatz vom 29. November 2016 mitgeteilt hat, dass er bis zur Entscheidung über die Beschwerde keine Vollstreckung der erstinstanzlichen Entscheidung beabsichtige.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

40

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


(1) Das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit dient der dauernden Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2. Es bildet die Regel.

(2) Das Beamtenverhältnis auf Zeit dient

a)
der befristeten Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2 oder
b)
der zunächst befristeten Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion.

(3) Das Beamtenverhältnis auf Probe dient der Ableistung einer Probezeit

a)
zur späteren Verwendung auf Lebenszeit oder
b)
zur Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion.

(4) Das Beamtenverhältnis auf Widerruf dient

a)
der Ableistung eines Vorbereitungsdienstes oder
b)
der nur vorübergehenden Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2.

(1) Beamtinnen und Beamte stehen zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis).

(2) Die Berufung in das Beamtenverhältnis ist nur zulässig zur Wahrnehmung

1.
hoheitsrechtlicher Aufgaben oder
2.
solcher Aufgaben, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich Personen übertragen werden dürfen, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen.

(1) Das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit dient der dauernden Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2. Es bildet die Regel.

(2) Das Beamtenverhältnis auf Zeit dient

a)
der befristeten Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2 oder
b)
der zunächst befristeten Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion.

(3) Das Beamtenverhältnis auf Probe dient der Ableistung einer Probezeit

a)
zur späteren Verwendung auf Lebenszeit oder
b)
zur Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion.

(4) Das Beamtenverhältnis auf Widerruf dient

a)
der Ableistung eines Vorbereitungsdienstes oder
b)
der nur vorübergehenden Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragsstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 03.08.2017 (Bescheid …) wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 6.807,60 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragssteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung des Antragsgegners vom 03.08.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.11.2017.

2

Der Antragsteller wurde mit Wirkung zum 01.08.2014 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiobermeisteranwärter ernannt und steht im Dienst des Landes Schleswig-Holstein.

3

Mit Verfügung vom 28.09.2016 leitete der Antragsgegner gegen den Antragsteller ein Disziplinarverfahren ein. Es seien Umstände bekannt geworden, die beamtenrechtliche Pflichtverstöße im Zusammenhang mit dem Verdacht einer Nötigung und Beleidigung auf sexueller Basis, mit Ruhestörungen und Hausfriedensbruch begründen könnten. Aus diesem Grund sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Im Einzelnen führte die Einleitungsverfügung vier Sachverhalte auf, aus denen sich der Verdacht eines Dienstvergehens ergebe. Der Antragsteller bestreitet diese Vorwürfe.

4

Mit Bescheid vom 14.10.2016 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte. Mit Beschluss vom 16.11.2016 stellte das Verwaltungsgericht Schleswig die aufschiebende Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs wieder her, weil der Bescheid sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweise. Es fehle an zwingenden dienstlichen Gründen. Selbst wenn sich die in der Einleitungsverfügung vorgeworfenen Taten als zutreffend erweisen würden, sei nicht ersichtlich, dass die vorerst weitere Teilnahme an der Ausbildung die Aufgabenerfüllung des Antragsgegners objektiv gefährde.

5

Mit Verfügung vom 10.11.2016 leitete der Antragsgegner gegen den Antragsteller das Entlassungsverfahren ein, da Zweifel an der charakterlichen Eignung bestünden. Mit Verfügung vom 14.11.2016 dehnte der Antragsgegner das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller auf weitere Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Rangelei um eine vorgeblich beschlagnahmte Reisetasche sowie aggressivem Auftreten gegenüber Polizeibeamten aus.

6

Mit Verfügung vom 21.11.2016 enthob der Antragsgegner den Antragsteller vorläufig des Dienstes. Zur Begründung wurde ausgeführt, das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren führe voraussichtlich zur Entlassung. Die Vorwürfe könnten ein schweres Dienstvergehen begründen. Auch wenn das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei, bestünden keine Zweifel an den Vorwürfen.

7

Mit weiterem Bescheid vom 03.08.2017 verfügte der Antragsgegner die Entlassung des Antragstellers aus dem Polizeivollzugsdienst mit Ablauf des Monats August 2017, weil berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung bestünden. Der Antragsgegner verweist darin unter Bezugnahme auf das Disziplinarverfahren auf die fehlende charakterliche Eignung aufgrund von fünf Vorwürfen.

8

- Sachverhalt 1:

9

An einem Abend Ende August 2016 habe der Antragsteller zusammen mit anderen Bekannten eine Steueranwärterin bei ihrer Rückkehr zu ihrer Wohnung angetroffen, sie am Weitergehen gehindert, körperliche Annäherungsversuche unternommen und eine bedrohliche Stimmung geschaffen. Aufgrund dieser Situation habe sich die Steueranwärterin veranlasst gesehen, aus Angst vor Repressalien gemeinsam mit dem Antragsteller und seinen Bekannten mit auf ein Hochhausdach zu gehen. Eine Erlaubnis zum Betreten des Daches habe der Antragsteller nicht gehabt, sondern sich Zugang mithilfe des nötigen Schlüssels verschafft, dessen Aufbewahrungsort ihm bekannt sei. Dort habe er weitere Annäherungsversuche unternommen, die die Steueranwärterin stets abgelehnt habe. Versuche, sich zu entfernen seien mit der Ankündigung der Bekannten verhindert worden, ihr dann nach Hause zu folgen. Der Widerstand der Steueranwärterin sei mit Unmut quittiert worden und insgesamt sei eine bedrohliche sexuelle Stimmung geschaffen worden. Der Antragsteller habe versucht, die Steueranwärterin zu küssen. Dem habe sich die Steueranwärterin entziehen können.

10

- Sachverhalt 2:

11

Anfang September 2016 habe die gleiche Steueranwärterin den Antragsteller sowie einen seiner Bekannten auf einer Party wieder getroffen. Ein mit dem Antragsteller befreundeter anderer Polizeianwärter sei gegenüber der Steueranwärterin handgreiflich geworden, so dass diese gegangen sei.

12

- Sachverhalt 3:

13

Mitte September 2016 soll der Antragsteller gegen 00:30 Uhr an einer Ruhestörung in der Wohnanlage der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung beteiligt gewesen sein. Er habe zusammen mit Freunden laut Musik gespielt und auf Bitte um Ruhe die Musik noch lauter gestellt. Die Leiterin des der Wohnanlage der Polizeidirektion naheliegenden Bildungszentrums der Steuerverwaltung habe mitgeteilt, dass sich mehrere Steueranwärterinnen wiederholt über Ruhestörungen und Klopfen und Klingeln an den Wohnungstüren durch den Antragsteller beschwert hätten.

14

- Sachverhalt 4:

15

Der Antragsteller soll sich während seiner Ausbildung mehrfach Zugang zu dem Hochhaus verschafft haben, auf dem sich auch die Ereignisse aus Sachverhalt 1 abgespielt hätten, um auf dem Dach Alkohol zu konsumieren und zu feiern. Dabei seien auch Flaschen vom Hochhausdach geworfen worden.

16

- Sachverhalt 5:

17

Am 11.11.2016 gegen 01:22 Uhr sei der Antragsteller bei einer lauten Streiterei beteiligt gewesen, in dessen Zusammenhang zwei Personen um eine Reisetasche gekämpft hätten. Gegenüber herbeigerufenen Polizeibeamten habe er einen alkoholisierten Eindruck gemacht. Der Eigentümer der Tasche habe geschildert, dass der anwesende Bekannte des Antragstellers den Vorwurf erhoben habe, es befänden sich Drogen in der Tasche. Der Antragsteller habe dabei unbeteiligt daneben gestanden. Eine freiwillige Sichtung der Tasche durch die herbeigerufenen Polizeibeamten habe keine Hinweise auf Drogen ergeben und der Eigentümer der Tasche sei entlassen worden. Der Antragsteller sowie sein Bekannter hätten sich jedoch weiter äußerst respektlos und aggressiv gegenüber den anwesenden Polizeibeamten beschwert und sich uneinsichtig gezeigt. Ein gegenüber dem Antragsteller und seinem Bekannten ausgesprochener Platzverweis sei von beiden als unrechtmäßig bezeichnet worden. Erst nach weiterer Diskussion sei der Platzverweis widerwillig befolgt worden.

18

Der Antragsteller widerspricht den Darstellungen, insbesondere habe der Abend Ende August 2016 mit einem einvernehmlichen Kuss zwischen ihm und der Steueranwärterin geendet. Gegen seine Entlassung legte er mit Schreiben vom 25.08.2017 Widerspruch ein.

19

Er stellte am 28.08.2017 sodann einen Antrag auf Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung. Mit Beschluss vom 18.10.2017 setzte die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung aus und führte dabei aus, dass der Verdacht eines Dienstvergehens insgesamt zweifelhaft sei und daher ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung bestünden. Das Gericht wies in seiner Entscheidung jedoch auch darauf hin, dass Gegenstand des Verfahrens nicht die charakterliche Eignung gewesen sei. Der Antragsgegner legte gegen die Entscheidung die Beschwerde ein.

20

Mit Bescheid vom 14.11.2017 lehnte der Antragsgegner den Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 03.08.2017 ab und ordne zugleich erstmals die sofortige Vollziehung der Entlassung an, da die Öffentlichkeit kein Verständnis dafür hätte, wenn ein Beamter, der offenkundig den dienstlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes aufgrund charakterlicher Ungeeignetheit nicht genüge, bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Verwaltungsverfahrens weiterhin im Polizeidienst verbliebe. Zudem stehe die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch im fiskalischen Interesse, da es nicht vertretbar sei, einem eindeutig den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht genügenden Anwärter weiterhin Bezüge zu zahlen.

21

Mit Schreiben vom 07.12.2017 erhob der Antragsteller Klage auf Aufhebung der Entlassungsverfügung in Form des Widerspruchsbescheids.

22

Mit Schriftsatz vom gleichen Tag hat der Antragsteller Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung vom 03.08.2017 gestellt. Er verweist unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Disziplinarverfahren sowie aus der Klage darauf, dass die erhobenen Vorwürfe haltlos seien und dass sie weder die Disziplinarmaßnahme noch eine Entlassung aus dem Polizeidienst rechtfertigen würden. Es gebe mit Hinblick darauf folglich auch keine Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Vielmehr erfolge diese nunmehr ein Jahr nach der vorläufigen Dienstenthebung einzig als Reaktion auf den Beschluss der 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig. Zudem hätten fiskalische Interessen auch bisher keine Anordnung der sofortigen Vollziehung bedingt, so dass es nicht ersichtlich sei, inwiefern dafür nun ein berechtigtes Interesse bestehe.

23

Der Antragsteller beantragt,

24

die aufschiebende Wirkung der eingereichten Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wiederherzustellen.

25

Der Antragsgegner beantragt,

26

den Antrag abzulehnen.

27

Zur Begründung verweist er auf darauf, dass weiterhin an den Vorwürfen festgehalten werde und mit der Anordnung des Sofortvollzuges nunmehr darauf reagiert werden müsse, dass nach Wegfall der vorläufigen Dienstenthebung aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ansonsten die Wiederaufnahme der Ausbildung stattfinden müsste. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei zudem auch deshalb rechtmäßig, weil das mittlerweile gestörte Verhältnis des Antragstellers zu den übrigen Auszubildenden und Lehrern seine Reintegration in den Ausbildungsbetrieb erschweren, ihn voraussichtlich sehr belasten und im Ergebnis den erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung erheblich gefährden würde. Es stünde auch zu befürchten dass der Ausbildungsbetrieb durch die Integration des Antragstellers nachhaltig gestört würde. Bei einer Abwägung der Interessen des Antragstellers an der erneuten Teilnahme an der Ausbildung mit dem Interesse des Antragsgegners an einem geordneten Ausbildungsbetrieb müsse das Interesse des Antragstellers daher zurücktreten.

28

Mit Beschluss vom 05.01.2018 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig zurückgewiesen. Es hat in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass mit Blick auf den Vorbereitungsdienst bloße ernsthafte Zweifel an der Laufbahnbefähigung nicht ausreichten. Es sei stattdessen grundsätzlich die Beendigung der Ausbildung zu ermöglichen und nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Vorwürfe eine vorherige Entlassung zu rechtfertigen. Da der Antragsgegner dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren die Vorwürfe der Sachverhalte 2 bis 5 nicht mehr anlaste, sei dieser Maßstab für eine mögliche Entlassung nicht erfüllt gewesen, so dass es nicht überwiegend wahrscheinlich sei, dass sich eine spätere Entlassung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweise. Im Ergebnis hat das Oberverwaltungsgericht die ernstlichen Zweifel des Verwaltungsgerichts an der Rechtmäßigkeit der Dienstenthebung bestätigt.

29

Mit Schreiben vom 16.01.2018 hat die zuständige Staatsanwältin mitgeteilt, dass das wegen der sachgleichen Vorwürfe geführte Strafverfahren mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt wurde.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte und des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners sowie die beigezogenen Gerichtsakte des Hauptsacheverfahren (Az. 12 A 207/17) Bezug genommen.

II.

31

Der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag ist zulässig und begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hält zwar in formeller, nicht aber in materieller Hinsicht der gerichtlichen Kontrolle stand.

32

Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Widerspruchsbescheid vom 14.11.2017 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Begründung legt als Ergebnis einer Abwägung der im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen und im Einzelnen dar, aus welchen Gründen das Vollzugsinteresse dringlich ist und das Suspensivinteresse der Antragstellerin zurückzustehen hat. Es begegnet dabei auch keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner erst nach der Entscheidung der 17. Kammer vom 18.10.2017 dazu veranlasst sah, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Nach der Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung war die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung ein erforderliches Mittel, um die Wiederaufnahme der Ausbildung zu verhindern. Damit ist den formellen Anforderungen, die § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO stellt, genüge getan. Ob die Begründung im Einzelnen zutrifft, ist eine Frage materiellen Rechts.

33

Gemäß § 80 Absatz 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sonst nach § 80 Absatz 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dadurch entfallen ist, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, nach § 80 Absatz 2 Nummer 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat.

34

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Absatz 5 VwGO nimmt das Gericht eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage vor. Maßgeblich ist hierbei die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 147 zu § 80 m.w.N.). Erweist sich hiernach der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig, so ist die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, weil am Vollzug offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte kein öffentliches Interesse bestehen kann. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist dagegen abzulehnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig und seine Vollziehung als eilbedürftig erscheint. Lässt sich dagegen bei summarischer Überprüfung weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts noch dessen offensichtliche Rechtswidrigkeit feststellen, so trifft das Gericht seine Entscheidung im Wege der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug und dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 152 ff. zu § 80). Bei seiner Entscheidung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass das allgemeine, jedem Gesetz innewohnende Interesse am Vollzug des Gesetzes allein grundsätzlich die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigt. Diese setzt vielmehr ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung voraus, das sich letztlich als Ergebnis einer Abwägung aller im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen unter Berücksichtigung der Art, Schwere und Dringlichkeit des Interesses an der Vollziehung bzw. an der aufschiebenden Wirkung und der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen Rückgängigmachung der betreffenden Regelung und ihrer Folgen sowie der Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs, soweit sich diese bereits übersehen lassen, darstellt (Kopp/Schenke, a.a.O.).

35

Der Antragsgegner stützt die Entlassung des Antragstellers auf § 23 BeamtStG i.V.m. § 31 LBG. Danach können Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Insofern genügen berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung des Beamten. Das dem Dienstherrn eingeräumte Ermessen wird allerdings durch § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG insoweit eingeschränkt, als dass Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll. Da der erfolgreiche Abschluss des Vorbereitungsdienstes den Zugang zum Beamtenberuf überhaupt erst ermöglicht und der Antragsgegner insofern (zusammen mit anderen Dienstherren) eine Art Ausbildungsmonopol hat, ist die vorzeitige Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG besonders sorgfältig zu prüfen. Dafür, dass diese Ermessensreduktion im vorliegenden Fall keine Anwendung finden würde, weil die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst keine Zugangsvoraussetzung auch für andere Berufe außerhalb des Beamtenverhältnissen bilde, findet sich im Gesetz keine Stütze (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 05.01.2018 – 14 MB 2/17 –, S. 3). Stattdessen legt § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG als Leitlinie fest, dass dem Beamten Gelegenheit zur Ableistung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll und schränkt die Entlassbarkeit insoweit ein (OVG Schleswig-Holstein, a.a.O., S. 3 mit Verweis auf Zängl, in: Fürst u.a., GKÖD, Stand 2017, BBG § 37 Rn. 11). Gleichwohl ist eine Entlassung dann ermessensgerecht, wenn besondere Gründe in Übereinstimmung mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes für eine vorzeitige Beendigung des Beamtenverhältnisses sprechen (VG Aachen, Beschluss vom 20. Juli 2017 – 1 L 981/17 –, juris Rn. 15). Die dabei anzulegenden Ermessensmaßstäbe hängen von den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes und des angestrebten Berufs ab (BVerwG, Urteil vom 09. Juni 1981 – 2 C 48-78 –, juris Rn. 22).

36

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die Entlassungsverfügung als offensichtlich rechtswidrig, da sich zwar Bedenken an der charakterlichen Eignung des Antragstellers nicht vollständig verneinen lassen, diese sind jedoch nicht von derartigem Gewicht, dass sie ausnahmsweise eine Entlassung rechtfertigen, bevor Gelegenheit zur Beendigung der Ausbildung im Sinne des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG gegeben wurde.

37

Dem Dienstherrn ist bei der Prognoseentscheidung über die Eignung eines Beamten ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der nur eingeschränkt gerichtlich darauf überprüfbar ist, ob der unbestimmte Rechtsbegriff der mangelnden Eignung und gesetzliche Grenzen des Beurteilungsspielraum erkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zu Grunde liegt und ob allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt wurden (BVerwG, Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38.79 –, juris Rn. 38 ff.).

38

Insoweit hat die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der sachgleichen Vorwürfe im Disziplinarverfahren ausgeführt, dass für die vorläufige Dienstenthebung eines Beamten auf Widerruf das Vorliegen des Verdachts eines Dienstvergehens schlechthin genüge, woran vorliegend aber ernstliche Zweifel bestehen (VG Schleswig, Beschluss vom 18.10.2017 – 17 B 2/17), da die vorgeworfenen Sachverhalte durch die Erkenntnisse im Ermittlungsverfahren größtenteils widerlegt wurden. Die erkennende Kammer sieht keine Veranlassung von den dortigen Feststellungen abzuweichen, zumal die zuständige Staatsanwaltschaft entsprechend ihrer Ankündigung mittlerweile das Ermittlungsverfahrens wegen fehlendem Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 i.V.m. § 203 StPO eingestellt hat. Dabei gilt allerdings, dass die charakterliche Eignung des Anwärters unabhängig von einer parallelen disziplinarrechtlichen oder strafrechtlichen Bewertung der einschlägigen Tatsachen und Tatumstände (VG Würzburg, Beschluss vom 16. Dezember 2008 – W 1 S 08.2212 –, juris Rn. 15 m.w.N.) zu prüfen ist und es verbleiben aus Sicht der erkennenden Kammer durchaus Restzweifel daran, dass der Antragsteller den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein wird. Zwar hat der Antragsgegner im Laufe des Disziplinarverfahrens klargestellt, dass Anlass für die Feststellung der fehlenden charakterlichen Eignung des Antragsstellers nur noch das Verhalten im Rahmen des Sachverhalts 1 sei. Dies mag für die Frage eines vorwerfbaren schweren Dienstvergehens zu einer Aussetzung der vorläufigen Diensterhebung führen und die insgesamt gemachten Vorwürfe mögen im Ergebnis keinen strafbaren Sachverhalt darstellen. Bedenken hinsichtlich charakterlicher Mängel vermag dies jedoch nicht vollständig in gleicher Weise auszuschließen, denn die Verneinung disziplinar- und strafrechtlicher Vorwürfe hatte zum Teil auch formelle Gründe. Soweit es etwa für die in den Sachverhalten 1 und 4 vorgeworfenen Hausfriedensbrüche an einem Strafantrag fehlte, ändert dies nichts daran, dass sich der Antragsteller auch nach eigenem Bekunden ohne Erlaubnis Zutritt zu dem Hochhausdach verschafft hat und damit ein gewisses Fehlen von Respekt gegenüber dem Eigentum Dritter an den Tag gelegt hat. In gleicher Weise mag der Verstoß gegen die Hausordnung durch wiederholtes lautes Musikspielen (Sachverhalt 3) keine Straftat und auch kein Dienstvergehen darstellen, es wäre – den Beweis der Ergebnisse vorausgesetzt – aber durchaus dazu geeignet, charakterliche Eigenschaften wie soziales Auftreten und Rücksichtnahme in Frage zu stellen. Ob sich aus den Sachverhalten 1 bis 5 damit insgesamt Umstände ergeben, aus denen auf eine künftige Entwicklung geschlossen werden könnte, die die spätere Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit ausschließen würden, kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da sie jedenfalls nicht von derartigem Gewicht sind, dass eine ausnahmsweise Entlassung vor Ermöglichung der Ablegung der Prüfung gerechtfertigt wäre. Diesbezüglich hat die 17. Kammer das Geschehen des Sachverhalts 1 in seinem Beschluss vom 18.10.2018 (Az. 17 B 2/17) in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt und festgestellt:

39

„Die Anwendung von Gewalt sei nicht nachweisbar. Die Angaben des in dem Strafverfahren ebenfalls Beschuldigten Petersen hat die Staatsanwaltschaft als glaubhaft eingestuft. Dieser habe sich an körperliche Übergriffe der Zeugin …….. gegenüber nicht erinnern können. Die ihm in Erinnerung gebliebene Aussage „Wir schlafen gleich mit dir“ habe die Zeugin gerade nicht bestätigen können. Auch der Beschuldigte ……… habe, wie auch der Zeuge ……., derartige Verhaltensweisen nicht bestätigen können. Hinsichtlich eines vom Antragsteller behaupteten einvernehmlichen Kusses mit der Zeugin ……… stehen sich die Aussagen der in dieser Situation allein Anwesenden unvereinbar gegenüber.

40

Angesichts der dezidierten strafrechtlichen Bewertung einschließlich der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen hat die Kammer keine Veranlassung zu einer anderweitigen Bewertung.“

41

Damit verbleibt lediglich Raum für den möglichen Vorwurf von Unreife und Aufdringlichkeit im Umgang mit der Zeugin, der zwar durchaus Zweifel an der charakterlichen Eignung rechtfertigen könnte, jedoch kein besonders intensives Maß im Sinne des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG erreicht.

42

Bezüglich der Vorwürfe hinsichtlich Sachverhalt 5 führt die 17. Kammer in seinem Beschluss aus:

43

„Es ist im Grundsatz hinzunehmen, dass gegen eine polizeiliche Maßnahme statthafte Rechtsmittel ergriffen werden, zumal nach Auswertung der vorhandene Erkenntnismittel die Voraussetzungen für die Erteilung eines Platzverweises – Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr oder Behinderung eines Einsatzes der Feuerwehr oder von Hilfs- oder Rettungsdiensten – gegenüber dem Antragsteller tatsächlich nicht vorgelegen haben dürften. In dem Polizeibericht ist auch lediglich dokumentiert, dass der Antragsteller die Beamten „belehrt“ habe, dass der Platzverweis ihm gegenüber „unrechtmäßig“ sei. Diese Formulierungen sind sachlich und beinhalten keine Schmähkritik, sodass auch aus Art und Weise des Widerspruchs kein Dienstvergehen hergeleitet werden kann.“

44

Zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit der Feier Anfang September 2016 (Sachverhalt 2) stellt die 17. Kammer in ihrem Beschluss fest:

45

„Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller das Geschehen anlässlich eines Vorfalls Anfang September 2016 in ……, im Wohnpark „……..“, im Haus 15 zur ……., fehlt es bereits an einer konkreten Verknüpfung mit einem Verhalten des Antragstellers. In diesem Absatz der Einleitungsverfügung wird lediglich Verhalten von Herrn S. beschrieben.“

46

Auch bezüglich der Vorwürfe im Rahmen der Sachverhalte 5 und 2 bleibt also möglicher Anlass dazu, das Verhalten des Antragstellers kritisch zu hinterfragen. Die ausnahmsweise Entlassung vor Einräumung der Möglichkeit zur Beendigung der Ausbildung vermögen sie jedoch nicht zu rechtfertigen.

47

Besondere, die unverzügliche Entlassung rechtfertigende, Gründe vermag die Kammer schließlich auch nicht in den Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 22.10.2017 zu erkennen. Es erscheint der Kammer bereits tatsächlich nicht nachvollziehbar, dass dem Antragsteller von Seiten der übrigen Auszubildenden und Fachlehrer ein derartiges Misstrauen entgegentreten werde, dass seine Integration schwierig oder gar ausgeschlossen sein sollte. Insofern hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass er davon ausgeht, dass es ihm gelingen werde, die möglichen Vorbehalte gegen seine Person auf Seiten der Leitung der Fachinspektion für Aus- und Fortbildung aufzulösen und seine Ausbildung abzuschließen. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass ihm diverse Lehrkräfte ausdrücklich Mut zugesprochen hätten, er auch von der Polizeibeauftragten, die sich ein ausführliches Bild seines Charakters habe machen können, Unterstützung erfahren habe und ihm auch eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen zur Seite gestanden hätten, ist der Antragsgegner dem weder entgegengetreten noch bestehen für die Kammer Anhaltspunkte dafür, diesen Vortrag nicht für glaubhaft zu erachten. Dass die verbliebenen Vorwürfe es Lehrern und den übrigen Auszubildenden unmöglich machen würden, den Antragsteller fair zu behandeln und jedenfalls im für die Ausbildung nötigen Umfang zu integrieren, ist nicht ersichtlich. Soweit der Antragsgegner vorträgt, dass im Rahmen der Abschlussausbildung vertrauliche Unterlagen, polizeiinterne taktische Aspekte, persönlichkeitsnahe, sensible Trainingsbereiche sowie die Waffenausbildung in besonderem Maße ein derartiges Vertrauen erfordern würden, dass allein diese Ausbildungsinhalte vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegen den Antragsteller seine weiteren Ausbildung ausschließen würden, erschließt sich dies nicht. Worin die insoweit besonders sensible Vertrauenswürdigkeit der Abschlussausbildung genau bestehen soll, hat der Antragsgegner nicht vorgetragen. Der Antragsteller hingegen hat ausführlich dargelegt, welche Inhalte, welcher Unterrichtsstoff und welche Lehrgänge im Rahmen der Abschlussausbildung relevant werden. Weder der insofern angesprochene Umgang mit anonymisierten Anzeigentexten noch der theoretische Unterricht sowie der Sportunterricht lassen eine derartige Sensibilität erkennen, dass für die Ausbildung des Antragstellers die nötige Vertrauensgrundlage fehlen würde. Die Schusswaffenprüfung und den Schusswaffengebrauchstest hat der Antragsteller zudem bereits abgelegt und bestanden.

48

Dem Antrag des Antragstellers war nach alledem stattzugeben.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

50

Die Streitwertfestsetzung beruht, ausgehend von monatlichen Dienstbezügen des Antragstellers in Höhe von 1.134,60 € gemäß Anlage 7 SHBesG i.V.m. Anlage 1 zu § 3 Abs. 1, § 13 PolLVO-SH auf § 52 Absatz 6 S. 1 Nr. 2 GKG; mithin 1.134,60 x 6 = 6.807,60 €.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.