Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. März 2011 - 1 K 735/10.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2011:0316.1K735.10.NW.0A
bei uns veröffentlicht am16.03.2011

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt den teilweisen Erlass der Grundsteuer B für die Jahre 2007 und 2008.

2

Sie ist Eigentümerin des Anwesens … (Flurstück-Nr. …). Die 10.697 m² große Grundstücksfläche ist bebaut mit einem Hallenkomplex, mit einer Krananlage sowie einer Trafostation. Das Areal war zuletzt im Mai 2001 an einen Teppichbodenhandel vermietet. In der Folgezeit blieb das Anwesen unvermietet.

3

Das Grundstück der Klägerin liegt im Geltungsbereich des 1992 in Kraft getretenen und 2002 geänderten Bebauungsplans „Naulott-Guckinsland“. In unmittelbarer Nachbarschaft des klägerischen Anwesens werden derzeit Gebets- und Versammlungsräume für Muslime errichtet.

4

Mit Bescheid vom 11. Februar 1997 setzte das zuständige Finanzamt für das Grundstück der Klägerin einen Grundsteuermessbetrag von umgerechnet 770,57 € fest. Auf dieser Grundlage setzte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Januar 2007 die Grundsteuer B für die Jahre 2007 und 2008 jeweils in Höhe von 2.697,- € fest.

5

Am 11. Oktober 2007 beantragte die Klägerin bei dem zuständigen Finanzamt die Fortschreibung des Einheitswertes für ihr Anwesen wegen baulicher Mängel, Schäden sowie dessen wirtschaftlicher Überalterung, woraufhin das Finanzamt zum 1. Januar 2007 den Grundsteuermessbetrag auf 599,66 € festsetzte.

6

Mit Bescheid vom 9. Mai 2008 setzte die Beklagte die Grundsteuer B für die Jahre 2007 und 2008 jeweils mit 2.098,81 € neu fest.

7

Zur Begründung ihrer am 19. März 2008 (für das Jahr 2007) und am 26. März 2009 (für das Jahr 2008) gestellten Grundsteuererlassanträge trägt die Klägerin vor, dass die festgesetzte Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung teilweise zu erlassen sei. Sie biete ihr Grundstück im Internet zum Verkauf oder zur Vermietung an und habe vor Ort ein Schild angebracht, auf dem auf die Möglichkeit des Kaufs oder der Anmietung hingewiesen werde. Gegebenenfalls könne sie den Schriftverkehr mit Interessenten vorlegen.

8

Mit Bescheid vom 27. August 2009 lehnte die Beklagte die Erlassanträge ab und führte zur Begründung u.a. aus, dass keine vorübergehenden atypischen Umstände vorlägen, die einen teilweisen Grundsteuererlass ermöglichten. Bei einem Mietobjekt mit spezifischer Ausstattung komme von vornherein nur ein begrenzter Interessentenkreis in Betracht. Aufgrund der erheblichen Renovierungsbedürftigkeit sei bei der streitbefangenen Immobilie ein längerer Leerstand kein atypischer Fall. Es bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Leerstand auf nachhaltige und länger andauernde Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen sei. Auch ein Billigkeitserlass komme nicht in Betracht.

9

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 23. September 2009 und trug vor, dass eine erhebliche Rohertragsminderung eingetreten sei, da sie keine Mieteinnahmen mehr erziele. Die Änderung des Einheitswertes durch das Finanzamt berücksichtige nur Mängel, Schäden und die wirtschaftliche Überalterung des Objekts. Diese Umstände hätten mit ihrem Erlassbegehren nichts zu tun. Der langjährige Leerstand der Immobilie sei nicht auf einen vorübergehenden Umstand zurückzuführen. Sie habe den Leerstand nicht zu vertreten. Sie habe sich vielmehr bemüht, Mietinteressenten zu finden. Im Rahmen diverser Mietanfragen, die sie der Beklagten mit Telefax vom 27. Oktober 2009 zugeleitet habe, sei es jedoch nicht zu Preisverhandlungen gekommen. Hätten sich damals ernsthafte Interessenten mit konkreten Nutzungsvorstellungen gemeldet, wäre sie bereit gewesen, auch Umbauarbeiten auf dem Areal vorzunehmen. Die Vermietung sei jedoch letztlich an bauplanerischen Einschränkungen gescheitert, was zu einem strukturellen Leerstand geführt habe. Der Bebauungsplan müsse daher dringend geändert werden. Die im Bau befindlichen Gebets- und Versammlungsräume für Muslime erschwerten zudem zusätzlich die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung.

10

Die Beklagte erwiderte, dass die Vermietung möglicherweise an überzogenen Preisvorstellungen der Klägerin gescheitert sei und half dem Widerspruch nicht ab. Der Aufforderung, entsprechende Preisangaben zu machen, den geführten Schriftwechsel vorzulegen sowie die Gründe des Scheiterns der Vermietungsbemühungen darzulegen, sei die Klägerin nicht nachgekommen. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans habe nicht zu einer Minderung des Bodenwertes geführt. Es könne zudem nicht von einem strukturellen Leerstand ausgegangen werden, weil im Bereich der Landauer Straße in vergleichbarer Lage gewerbliche Ansiedlungen bzw. Erweiterungen, beispielsweise durch den ADAC sowie die Firmen Hyundai, Beil, S1 und H&H Handrich erfolgt seien. Die Nutzungseinschränkungen in dem Bebauungsplan „Naulott-Guckinsland“ machten das Grundstück jedenfalls nicht unverkäuflich bzw. unvermietbar. Bis in die jüngste Zeit seien Anfragen bezüglich des klägerischen Grundstücks eingegangen. So habe sie – die Beklagte – eine Firma aus dem Bereich des Kfz-Zubehör- und Werkstattbetriebs an die Klägerin verwiesen. Dem Verfall des Grundstücks und dem Zustand des Areals sei gegebenenfalls im Einheitswertverfahren Rechnung zu tragen.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2010 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass ein Erlassantrag neben der unstreitig vorliegenden Rohertragsminderung, atypische, vorübergehende Umstände voraussetze. Das Bundesverwaltungsgericht habe 2010 entschieden, dass an dem Kriterium der Atypik weiter festzuhalten sei. Atypische Umstände seien jedoch nicht ersichtlich. Seit 1963 sei nicht mehr in die Immobilie investiert worden. Insbesondere die gewerbliche Krananlage sei über einen langen Zeitraum vernachlässigt worden. Daher sei es typische Folge, dass die Vermietung der Immobilie mit ihrer spezifischen Nutzbarkeit sehr erschwert sei. Es liege die typische unternehmerische Konfliktlage eines Immobilieneigentümers vor, ob Gelände mit seiner speziellen baulich-industriellen Ausrichtung wieder konkurrenzfähig oder ob es durch hohe Investitionen für verschiedenartige Investoren wieder interessant gemacht werde. Der von der Klägerin geltend gemachte strukturell bedingte Leerstand sei nicht atypisch. Der angegriffene Bebauungsplan begründe ebenfalls keine Erlasssituation. Im Bebauungsplangebiet fänden bei noch engeren Nutzungseinschränkungen als im Falle der Klägerin, Grundstücksverkäufe statt und es würden dort Investitionen getätigt. Das im Bau befindliche muslimische Kulturzentrum stehe der Vermarktung des Grundstücks nicht entgegen. Außerdem hätten sich die Bodenwerte im Bebauungsplangebiet als stabil erwiesen. Dem fortschreitenden Verfall des Areals sei bei der Einheitswertfeststellung Rechnung zu tragen. Zuletzt habe die Klägerin die Nichtvermietung zu vertreten, da sie ihre Vermietungsbemühungen nicht hinreichend nachgewiesen habe.

12

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (15. Juni 2010) hat die Klägerin am 13. Juli 2010 Klage erhoben.

13

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens trägt die Klägerin nunmehr vor: Die Atypik sei nicht mehr Voraussetzung für einen Grundsteuererlass. Daher sei zu berücksichtigen, dass der einschlägige Bebauungsplan unwirksam sei und nachteilig die Werthaltigkeit bzw. Vermietbarkeit ihres Areales beeinträchtige. Die einschränkenden Vorgaben des Bebauungsplans seien von ihr nicht beeinflussbar. Sie seien auch in einem vorhergehenden baurechtlichen Verfahren von dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nicht inzident geprüft worden. Sie habe die Nichtvermietbarkeit nicht zu vertreten, weil sie sich nachhaltig um die Vermietung des Objektes bemüht habe. So habe sie ein Verkaufs- und Vermietungsschild am Anwesen angebracht, ihr Grundstück im Internet beworben und sich an die städtische Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft gewandt. Zudem habe sie auch Makler und Objektentwickler mit einer wirtschaftlichen Verwertung ihres Grundstücks betraut. Dabei habe sie in den Jahren 2001 und 2002 auch Zeitungsinserate aufgegeben. Allerdings habe sie in den Jahren 2007 und 2008 keine Werbung in überregionalen Zeitungen betrieben. Selbst wenn man die Rechtsauffassung der Beklagten teilen würde, wonach nur atypische Erlassgründe zu berücksichtigen wären, so lägen diese vor. Denn die hier geltend gemachten Aspekte, insbesondere die Bedenken gegen den Bebauungsplan, seien im Einheitswertfortschreibungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig. Die strukturellen Aspekte beträfen zudem nicht die Werthaltigkeit des Grundstücks. Außerdem hätte das Fortschreibungsverfahren nur eine unbedeutende Minderung der Bezugsgröße für die übliche geschätzte Jahresrohmiete erbracht.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2010 zu verpflichten, die Grundsteuer für das Objekt … für das Jahr 2007 in Höhe von 1.679,04 € und für das Jahr 2008 in Höhe von 1.049,40 € zu erlassen.

16

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen und die Begründung des Widerspruchsbescheids,

17

die Klage abzuweisen.

18

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

19

Der Klage bleibt der Erfolg versagt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den begehrten (Teil-)erlass der Grundsteuer für die Jahre 2007 (1.) und 2008 (2.) (§ 113 Abs. 5 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

(1.)

20

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 27. August 2009 in rechtmäßiger Weise einen Teilerlass der Grundsteuer 2007 versagt.

21

Zwar hat die Klägerin den verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 34 Abs. 2 Satz 2 Grundsteuergesetz (GrStG) Rechnung getragen und ihren Erlassantrag für das Jahr 2007 am 19. März 2008, somit innerhalb des ersten Folgequartals nach Ablauf des Erlasszeitraums, gestellt.

22

Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Teilerlass der Grundsteuer gemäß § 33 GrStG a.F. in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I 2794) geltenden Fassung.

23

Nach dieser Vorschrift ist die Grundsteuer in Höhe des Prozentsatzes zu erlassen, der vier Fünfteln des Prozentsatzes der Rohertragsminderung entspricht, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 20 v.H. gemindert ist und wenn der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat.

24

Bei der Prüfung der Erlassvoraussetzungen lässt das Gericht offen, ob aufgrund der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 3. März 2010 – 9 B 77/09, juris), des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 31. Oktober 2008 – 14 A 1420/07, juris) sowie des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (Urteil vom 18. Februar 2010 – 5 K 3584/08, juris) nach wie vor an dem Erfordernis atypischer Umstände zur Begründung eines Erlassantrags festgehalten werden kann. Das Gericht neigt vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse zu der Auffassung, dass die zitierten Entscheidungen dahingehend auszulegen sind, dass als Erlassgründe sowohl atypische Umstände, als auch strukturelle Gründe zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 24. April 2007 – GmS – OGB 1.07, juris und Urteil vom 25. Juni 2008 – 9 C 8/07, juris).

25

Die mit der Berücksichtigungsfähigkeit von Erlassgründen zusammenhängenden Rechtsfragen bedürfen im vorliegenden Verfahren jedoch keiner abschließenden Klärung, weil die Klägerin die Minderung des normalen Rohertrags ihres Grundstücks im Rechtssinne zu vertreten hat.

26

Ein Steuerpflichtiger hat im Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 GrStG a.F. eine Ertragsminderung nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen, d.h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können (BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 – 8 C 150/91, juris und OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Januar 2006 – 6 A 11290/05.OVG, ESOVGRP). Dabei ist der Begriff des Vertretenmüssens i.S.d. § 33 GrStG a.F. weit auszulegen. Er greift weiter als eine bloße Vermeidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit den zur Ertragsminderung führenden Ursachen. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob es aufgrund vorangegangenen Verhaltens des Steuerpflichtigen schlechthin unbillig wäre, die geltend gemachten ertragsmindernden Umstände bei der Grundsteuerbelastung unberücksichtigt zu lassen (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Mai 2010 – 5 K 5915/08, juris).

27

Es ist im vorliegenden Verfahren in dem vorstehenden Sinne nicht unbillig, der Klägerin die Folgen ihrer unternehmerischen Entscheidung entgegenzuhalten. Der ruinöse Zustand des Grundstücks, wie er sich aus den vorgelegten Unterlagen und Abbildungen erschließt, beruht im Wesentlichen auf dem Ausbleiben nennenswerter Investitionen in die Gebäudesubstanz und in die Infrastruktur des Anwesens. Die Klägerin hat es unterlassen, Investitionen in ihre Gewerbeimmobilie zu tätigen, um dem äußeren Eindruck einer verfallenden Industriebrache entgegenzuwirken. Die Nichtsanierung und der ruinöse Gesamteindruck des Anwesens sowie die Hinnahme des sukzessiven Verfalls der auf dem Anwesen befindlichen Gebäude stellen die unmittelbare Ursache der Rohertragsminderung dar und beruhen auf der unternehmerischen Entscheidung der Klägerin. Sie fallen damit allein in ihren Risikobereich und stehen einem Erlass entgegen (vgl. zu den vorstehenden Kriterien: BVerwG, Urteil vom 15. April 1983, a.a.O.; VGH Bayern, Urteil vom 28. November 1994 – 4 B 93.2525, juris und VG Dresden, Urteil vom 20. Juli 2010 – 2 K 34/08, juris). Die Klägerin hat hierzu zwar vorgetragen, dass sie mit Investitionen habe zuwarten wollen, bis ein ernsthafter Interessent auf sie zugekommen wäre. Damit räumt sie aber zugleich ein, dass sie es auch im hier streitigen Erlasszeitraum unterlassen hat, ihr Grundstück in angemessenem Umfang zu sanieren. Zugleich hat sie damit bedeutet, dass ihr das Aufbringen der für solche Investitionen erforderlichen finanziellen Mittel nicht unzumutbar war. Liegt damit die Ertraglosigkeit des Grundstücks im persönlichen Einflussbereich der Klägerin, so kannte sie die Mängel der Infrastruktur ihres Grundstückes und hätte dem durch geeignete Maßnahmen (auch in den Veranlagungsjahren) entgegenwirken können (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2006, a.a.O.).

28

Ein Vertretenmüssen der Nichtvermietbarkeit beruht allerdings unabhängig hiervon auch auf dem Umstand, dass die Klägerin zwar bis zum Jahr 2002 Zeitungsinserate für ihr Anwesen aufgegeben, jedoch in den hier maßgeblichen Jahren 2007 und 2008 keine Inserierungsbemühungen mehr unternommen hat und im Termin zur mündlichen Verhandlung auch bestätigen ließ, dass eine Inserierung in diesem Zeitraum in überregionalen Zeitungen nicht mehr erfolgte. Ein Vertretenmüssen im Rechtssinne scheidet jedoch nur dann aus, wenn das Objekt nicht nur im Internet, sondern auch in regionalen und überregionalen Zeitungen sowie gegebenenfalls in regionalen Werbezeitungen angeboten wird, um zu gewährleisten, dass es einem möglichst breiten Interessentenkreis bekannt wird. Sofern der Eigentümer diese in der Regel zumutbaren Anstrengungen unterlassen hat, hat er die Rohertragsminderung zu vertreten (VG Dresden, Urteil vom 25. Januar 2011 – 2 K1860/09, juris und VG Oldenburg, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 2 A 1149/10, juris). Zwar kommt dem Internet auch für den Wohnungsmarkt eine immer größere Bedeutung zu. Dennoch steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine Inserierung in den Jahren 2007 und 2008 grundsätzlich ein geeignetes und zumutbares Instrument war, um eine Vermietung des Objekts zu erreichen. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als durch eine Nutzung beider Medien ein größerer, weil voneinander abweichender Interessentenkreis erschlossen worden wäre. Je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist – dies gilt auch für das Grundstück der Klägerin mit seiner besonderen baulichen Ausstattung – desto intensiver und nachhaltiger müssen die Vermietungsbemühungen sein, um Aussicht auf eine Vermietung zu haben. Es war der Klägerin daher zuzumuten, neben Internetauftritten und dem Einschalten von Maklern etc. jedenfalls in regelmäßigen Abständen auch Annoncen in den einschlägigen Tages- und Werbezeitungen zu schalten (vgl. hierzu VG Dresden, Urteil vom 25. Januar 2011, a.a.O. und VG Oldenburg, Urteil vom 16. Dezember 2010, a.a.O.). Selbst wenn neben den beschriebenen Vermietungsbemühungen noch Hinweise auf Kauf- oder Mietmöglichkeiten am Objekt selbst angebracht sind, entbindet dies den Steuerschuldner nicht von seiner Verpflichtung, gegebenenfalls auch in Zeitungen zu inserieren (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 16. Dezember 2010, a.a.O.).

29

Die Kammer schließt sich daher der Auffassung des VGH Bayern (Beschluss vom 18. Januar 2010 – 4 ZB 09.1962, juris) an, wonach das Schalten von Vermietungsinseraten grundsätzlich ein geeignetes und zumutbares Instrument ist, um die Vermietung eines Objekts zu erreichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin in früheren Jahren ihr Anwesen hinreichend inseriert hatte. Denn maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Vertretenmüssen sind hier die Jahre 2007 und 2008. In diesen Jahren ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin nicht regelmäßig über das Kalenderjahr verteilt inseriert hat. Der mangelnde Erfolg von Zeitungsinseraten in früheren Jahren rechtfertigt nicht den Verzicht auf regelmäßige Inserate in den streitgegenständlichen Jahren. Denn der Interessentenkreis bleibt im Zeitablauf nicht gleich. Der Mietmarkt unterliegt ständigen Veränderungen, was sowohl den Kreis potentieller Interessenten, aktuelle Angebote anderer Vermieter, als auch den marktüblichen Mietzins betrifft, der für die Vermietbarkeit eines Objekts von wesentlicher Bedeutung ist (VGH Bayern, Beschluss vom 18. Januar 2010, a.a.O.).

30

Hat die Klägerin die Minderung des normalen Rohertrags somit zu vertreten, so bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung mehr darüber, ob ein Grundsteuererlass auch an der Bestimmung des § 33 Abs. 5 GrStG scheitert, wonach eine Ertragsminderung kein Erlassgrund ist, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können. Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihres Antrags auf Grundsteuererlass im Wesentlichen auf die einschränkenden Festlegungen des Bebauungsplanes „Naulott-Guckinsland“ beruft, so wären von diesen Festlegungen ausgehende Nutzungseinschränkungen wohl als Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Fortschreibungsverfahren gemäß § 22 BewG (vgl. beiläufig hierzu BFH, Urteil vom 30. Juni 2010 – II R 12/09, juris und OVG Sachsen, Urteil vom 23. Dezember 2009 – 5 B 449/06, juris) zu berücksichtigen. Hingegen wären Änderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der Hauptfeststellung gemäß § 21 BewG geltend zu machen. Dass der Gesetzgeber seit geraumer Zeit keine Hauptfeststellung mehr veranlasst hat, berührt insoweit nicht die Systematik des Grundsteuererlasses, sondern begründete gegebenenfalls die Anfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. April 2001 – 11 C 12/00; juris). Dies gilt umso mehr, als der Bundesfinanzhof (Urteil vom 30. Juni 2010, a.a.O.) den Gesetzgeber faktisch zur Durchführung der Hauptfeststellung nach dem Stichtag 1. Januar 2007 verpflichtet hat, indem er darauf hingewiesen hat, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht mehr vereinbar ist. Nur der Vollständigkeit halber sei hier noch angemerkt, dass die Subsidiaritätsklausel des § 33 Abs. 5 GrStG, wonach bewertungsrechtliche Steuerungsmöglichkeiten den Grundsteuererlass ausschließen, sich nicht umkehren lässt und folglich nicht den Gegenschluss des Inhalts erlaubt, dass Ertragseinbußen, wenn und soweit diese im Bewertungsrecht ohne Berücksichtigung bleiben, stets zu einem Grundsteuererlass führen müssen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Januar 2006, a.a.O.).

31

Zur Begründung ihres Erlassbegehrens kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf § 227 Abgabenordnung (AO) berufen.

32

Zwar ist § 227 AO neben § 33 GrStG a.F. anwendbar (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Juni 2010 – 6 A 10376/10, juris; Beschluss vom 27. April 2006 – 6 B 10215/06, juris und Urteil vom 24. Januar 2006, a.a.O.). Anhaltspunkte für eine persönliche Unbilligkeit im Rechtssinne bietet das vorliegende Verfahren jedoch nicht. Auch eine sachliche Unbilligkeit kommt im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht, zumal die Versagung des Teilerlasses zu keinem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führt. Geht man mit dem OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 24. Januar 2006, a.a.O.) davon aus, dass § 33 GrStG a.F. hinsichtlich der sachlichen Unbilligkeit eine Spezialregelung darstellt, so bleibt für die Anwendbarkeit des § 227 AO ohnehin kein Raum.

(2.)

33

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Teilerlass der Grundsteuer für das Jahr 2008 auf der Grundlage des § 33 GrStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I 2794).

34

Die aktuelle Fassung des Gesetzes gilt erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2008 (§ 38 GrStG).

35

An der verfassungskonformen Anwendbarkeit des § 33 GrStG auf den Erlasszeitraum 2008 bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Erlassantrag für das Jahr 2008, im Einklang mit § 34 Abs. 2 GrStG, erst nach Ablauf des Kalenderjahres im ersten Quartal des Jahres 2009 gestellt worden ist (vgl. hierzu FG Bremen, Urteil vom 9. Juni 2010 – 3 K 57/09, juris).

36

Der Grundsteuererlass nach § 33 GrStG scheitert auch für das Jahr 2008 an dem Vertretenmüssen der Rohertragsminderung durch die Klägerin. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Jahr 2007 verwiesen werden.

37

Auch für das Jahr 2008 scheitert ein Billigkeitserlass gemäß § 227 AO aus den zum Jahr 2007 genannten Gründen.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

40

Beschluss

41

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.728,44 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

(1) Der Einheitswert wird neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der in Deutscher Mark ermittelte und auf volle hundert Deutsche Mark abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahrs ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5.000 Deutsche Mark, oder um mehr als 100.000 Deutsche Mark, nach unten um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 500 Deutsche Mark, oder um mehr als 5.000 Deutsche Mark, abweicht.

(2) Über die Art oder Zurechnung des Gegenstandes (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 und 2) wird eine neue Feststellung getroffen (Artfortschreibung oder Zurechnungsfortschreibung), wenn sie von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht und es für die Besteuerung von Bedeutung ist.

(3) Eine Fortschreibung nach Absatz 1 oder Absatz 2 findet auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt. § 176 der Abgabenordnung ist hierbei entsprechend anzuwenden. Dies gilt jedoch nur für die Feststellungszeitpunkte, die vor der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes liegen.

(4) Eine Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn dem Finanzamt bekannt wird, daß die Voraussetzungen für sie vorliegen. Der Fortschreibung werden vorbehaltlich des § 27 die Verhältnisse im Fortschreibungszeitpunkt zugrunde gelegt. Fortschreibungszeitpunkt ist

1.
bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Beginn des Kalenderjahrs, das auf die Änderung folgt;
2.
in den Fällen des Absatzes 3 der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird.
Die Vorschriften in § 35 Abs. 2 und den §§ 54 und 59 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunkts bleiben unberührt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein rechtsfähiger Verein, der in Deutschland lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer Religionsausübung bietet. Nach seiner Satzung dient er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung (AO).

2

Der Kläger erwarb im Jahre 1994 ein in R gelegenes bebautes Grundstück. Das vorhandene Gebäude baute er um und errichtete einen Anbau.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete durch Bescheid vom 10. September 1998 das Grundstück dem Kläger zum 1. Januar 1995 zu und stellte ihm gegenüber durch weiteren, bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 7. Dezember 1998 den Einheitswert im Wege der Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1997 auf 411.800 DM sowie die Grundstücksart "gemischtgenutztes Grundstück" fest. Hierbei berücksichtigte das FA die baulichen Veränderungen sowie die teilweise Nutzung des Gebäudes zu gemeinnützigen Zwecken und die sich daraus ergebende (teilweise) Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes (GrStG).

4

Im Jahre 2006 bildete der Kläger aus zu Wohnzwecken genutzten Teilen des Gebäudes selbständiges Wohnungseigentum. Im selben Jahr ging beim FA eine Kontrollmitteilung ein, nach der der Kläger bereits ab 1997 nicht mehr ausschließlich gemeinnützig tätig war und deshalb die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nicht erfüllte.

5

Das FA schrieb daraufhin den Einheitswert für das Grundstück des Klägers durch Bescheid vom 9. Februar 2007 auf den 1. Januar 2007 fort und stellte diesen auf 235.807 € fest. Hierbei berücksichtigte es einerseits den Flächenabgang infolge der Bildung des Wohnungseigentums und andererseits auch den Wegfall der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG infolge der nicht mehr ausschließlich gemeinnützigen Tätigkeit des Klägers.

6

Ferner stellte das FA mit Bescheid vom 14. Juni 2007 im Wege der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1998 unter Nichtberücksichtigung der bisher gewährten Steuerbefreiung wegen gemeinnütziger Nutzung des Grundstücks den Einheitswert auf 299.105 € (585.000 DM) fest. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Revisionsverfahrens II R 13/09 und wurde durch heutiges Urteil des erkennenden Senats aufgehoben.

7

Einspruch und Klage des Klägers gegen die Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2007 vom 9. Februar 2007, mit denen der Kläger geltend machte, das Grundstück sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG von der Grundsteuer befreit, blieben erfolglos.

8

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG.

9

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einheitswertbescheid vom 9. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

10

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet und deswegen zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens sind von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus dem lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergeben, bislang als verfassungsgemäß beurteilt worden (BFH-Urteile vom 2. Februar 2005 II R 36/03, BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428; vom 21. Februar 2006 II R 31/04, BFH/NV 2006, 1450; vom 30. Juli 2008 II R 5/07, BFH/NV 2009, 7, und vom 4. Februar 2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244, m.w.N.). Daran ist jedenfalls noch für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festzuhalten.

13

Der Senat weist aber darauf hin, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--), nicht vereinbar ist. Das System der Hauptfeststellung auf einen bestimmten Stichtag ist darauf angelegt, dass Hauptfeststellungen in bestimmten, nicht übermäßig langen Abständen stattfinden (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--: Hauptfeststellungen in Zeitabständen von je sechs Jahren). Die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt ist nur sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar, wenn der Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreitet (s. bereits BFH-Beschluss vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782; Drosdzol, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 831, 832, und 2001, 689, 691; Dötsch in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einf. BewG Rz 110; Thöne in Lange, Reform der Gemeindesteuern, 2006, 173, 175 f.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 13 Rz 210 f.).

14

a) Der dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts zukommende weit reichende Entscheidungsspielraum wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98 und 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, unter C.I.1.a und b; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.1. und 2., und vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa, je m.w.N.). Knüpft die Besteuerung an die Werte von Wirtschaftsgütern an, müssen Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.II.2.; vom 22. Juni 1995  2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, unter C.II.1., und in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.3.b aa, m.w.N.).

15

b) Das BVerfG hat im Hinblick auf diese verfassungsrechtlichen Anforderungen im Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.2.f bb, die durch § 138 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG a.F. für die Bedarfsbewertung unbebauter Grundstücke angeordnete, bis Ende 2006 geltende Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996 als nicht mehr mit den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen. Der Gesetzgeber habe damit den aus dem Gleichheitssatz folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag verfehlt, die Vermögensgegenstände mit Gegenwartswerten zu erfassen oder vergangenheitsbezogene Werte entwicklungsbegleitend fortzuschreiben, um eine in der Relation der Vermögenswerte realitätsgerechte Bewertung sicherzustellen.

16

c) Hiernach verfehlt erst recht die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes nach Maßgabe des Hauptfeststellungszeitpunkts auf den 1. Januar 1964 die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen.

17

Als Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer bedarf es auch innerhalb der Vermögensgruppe des Grundvermögens einer realitätsgerechten Bewertung. Es stellt sich hier zwar --anders als bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer-- nicht das Problem der Gleichbehandlung mit anderen Gegenständen, die mit dem Verkehrswert (§ 9 BewG) angesetzt werden. Aber auch innerhalb des Grundvermögens können aus verfassungsrechtlichen Gründen auf einem übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraum beruhende Wertverzerrungen nicht uneingeschränkt hingenommen werden. Dem steht nicht entgegen, dass für die Bemessung der Grundsteuer nicht nur die festgestellten Einheitswerte, sondern auch die von den Gemeinden nach § 25 GrStG festgesetzten Hebesätze maßgebend sind; denn aufgrund eines übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraums kann es auch innerhalb des jeweiligen Gemeindegebiets zu einer deutlich unterschiedlichen Entwicklung der Wertverhältnisse kommen, die nicht auf bei der Einheitsbewertung zu berücksichtigenden Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG), sondern auf unterschiedlichen Änderungen der Wertverhältnisse in einzelnen Gemeindeteilen beruhen und nach § 27 BewG bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte nicht zugrunde zu legen sind.

18

d) Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Bindungen der Einheitsbewertung erscheint es zweifelhaft, ob --wie noch im BFH-Urteil in BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428 angenommen-- für die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG deshalb verneint werden kann, weil diese Werte erheblich unter dem gemeinen Wert liegen. Für die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG könnte vielmehr sprechen, dass die im Ertragswertverfahren und im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswerte zueinander auch nicht annähernd in einem den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprechenden Verhältnis stehen (so bereits BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782). Für das Ertragswertverfahren ist auch zu berücksichtigen, dass den Wertverhältnissen im Jahr 1964 preisgestoppte Mieten zugrunde lagen; diese preisrechtlichen Bindungen sind jedoch seit langem entfallen (BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782).

19

Die mehrere Jahrzehnte umfassende Dauer des Hauptfeststellungszeitraums führt zudem bei der Bewertung von Gebäuden im Sachwertverfahren zu einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots einer folgerichtigen Gesetzgebung. Aufgrund der Entwicklung des Bauwesens gibt es eine immer größere Zahl von Gebäuden, die sich nach Bauart, Bauweise, Konstruktion oder Objektgröße von den im Jahr 1958, dessen Baupreisverhältnisse für die Einheitsbewertung maßgeblich sind (§ 85 Satz 1 BewG), vorhandenen Gebäuden so sehr unterscheiden, dass ihre Bewertung nicht mehr mit einer verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Genauigkeit und Überprüfbarkeit möglich ist. Für derartige neue Gebäude ist ein Vergleich mit den Herstellungskosten für bereits im Jahr 1958 bestehende entsprechende Gebäude nicht möglich. Eine Schätzung, wie viel die Errichtung neuartiger Gebäude im Jahr 1958 gekostet hätte, wenn es damals bereits solche Gebäude gegeben hätte, kann nur zu mehr oder minder richtigen Näherungswerten führen.

20

Auf unbegrenzte Dauer ist es auch nicht hinnehmbar, dass eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt gemäß § 85 Satz 3 i.V.m. § 86 BewG ausgeschlossen ist.

21

e) Das jahrzehntelange Unterlassen einer erneuten Grundstücksbewertung führt darüber hinaus zwangsläufig zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim Gesetzesvollzug. Ohne eine in regelmäßigen Abständen erfolgende Neubewertung sämtlicher der Einheitsbewertung unterliegender Objekte ist nicht sichergestellt, dass Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die Wertänderungen bewirken und zu Fortschreibungen nach § 22 BewG führen müssten, im Sinne des erforderlichen gleichmäßigen Gesetzesvollzugs durchgehend erfasst werden. Umstände, die eine Fortschreibung auslösen können, werden den Finanzämtern oft nur von dritter Seite mitgeteilt. Meistens erhalten die Finanzämter die Mitteilung über den Grund für eine Fortschreibung erst nach längerer Zeit. § 22 Abs. 4 Satz 1 BewG verpflichtet die Finanzämter nicht, stets von sich aus tätig zu werden. Die Ermittlungspflicht der Finanzämter setzt vielmehr erst ein, wenn ihnen Umstände bekannt werden, die eine Fortschreibung rechtfertigen könnten (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 22 Rz 66; Bruschke in Gürsching/ Stenger, Bewertungsrecht, § 22 BewG Rz 219).

22

f) Verfassungsrechtlich geboten ist eine erneute Hauptfeststellung auch im Beitrittsgebiet. Insoweit können die in §§ 129 ff. BewG getroffenen Regelungen künftig wegen der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr --wie seinerzeit noch vom BFH (z.B. Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 56/05, BFH/NV 2006, 919) angenommen-- mit Übergangsschwierigkeiten nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerechtfertigt werden. Da im Beitrittsgebiet die Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1935 festgeschrieben sind (§ 129 BewG), wiegen die hiergegen bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken nach Ablauf einer angemessenen Übergangszeit noch schwerer als im alten Bundesgebiet. Seit dem 1. Januar 1935 haben sich die für die Bewertung maßgeblichen Verhältnisse noch wesentlich stärker entwickelt und verändert als seit dem 1. Januar 1964.

23

2. Das Finanzgericht (FG) ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den Einheitswert für das Grundstück des Klägers nach § 22 BewG auf den 1. Januar 2007 fortschreiben konnte.

24

a) Nach § 22 Abs. 1 BewG findet wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine Wertfortschreibung statt, wenn der nach § 30 BewG abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, vom Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts in einem näher beschriebenen Ausmaß nach oben oder unten abweicht. Eine Wertfortschreibung findet nach § 22 Abs. 3 BewG auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt. Die Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn der Finanzbehörde bekannt wird, dass die Voraussetzungen für sie vorliegen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 BewG).

25

b) Der Fortschreibungszeitpunkt ist in § 22 Abs. 4 Satz 3 BewG je nach dem Anlass der Fortschreibung unterschiedlich geregelt. Bei einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG). Liegt der Grund zur Fortschreibung nicht in einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern in einem Fehler bei der vorangegangenen Feststellung (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG), so ist Fortschreibungszeitpunkt grundsätzlich der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem FA bekannt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 1. Alternative BewG), bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 2. Alternative BewG).

26

c) Im Streitfall kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der Wertfortschreibungsbescheid vom 9. Februar 2007 geänderten tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt oder lediglich einen Rechtsfehler der letzten Feststellung beseitigt. Denn die Wertfortschreibung erfolgte auf den Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wurde und damit in jedem Fall auf einen zulässigen Fortschreibungszeitpunkt. Auch die Wertfortschreibungsgrenzen sind erreicht.

27

3. Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass § 19 Abs. 4 BewG der Feststellung des Einheitswerts nicht entgegenstand. Danach dürfen Feststellungen nur dann erfolgen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Feststellung des Einheitswerts im Streitfall für die Grundsteuer von Bedeutung. Denn der Grundbesitz des Klägers ist nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG grundsteuerbefreit. Die behauptete Grundsteuerbefreiung kann im Verfahren gegen den Einheitswertbescheid geprüft werden (BFH-Urteile vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BFHE 144, 201, BStBl II 1986, 128; vom 10. Juli 2002 II R 22/00, BFH/NV 2003, 202).

28

a) Von der Grundsteuer befreit ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG der Grundbesitz, der von einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung genutzt wird. Den Religionsgemeinschaften stehen nach Satz 2 der Vorschrift die jüdischen Kultusgemeinden gleich, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Nach § 4 Nr. 1 GrStG unterliegt ferner solcher Grundbesitz nicht der Grundsteuer, der, sofern er nicht nach § 3 GrStG steuerbefreit ist, dem Gottesdienst einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, oder einer jüdischen Kultusgemeinde gewidmet ist.

29

aa) Es bedarf für den Streitfall keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Gottesdienst gewidmeter Grundbesitz nicht nach § 4 Nr. 1 GrStG, sondern bereits gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG befreit sein kann (dazu Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 3 Rz 55). Jedenfalls erfüllt der Kläger auch dann, wenn er eine Religionsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschriften sein sollte, die darin bestimmten Befreiungsvoraussetzungen deshalb nicht, weil er weder den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt noch eine jüdische Kultusgemeinschaft ist.

30

bb) Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG ist ausschließlich entscheidend, ob der Kläger den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--) hat. Die Befreiungsvoraussetzungen sind erst nach Ergehen eines entsprechenden Verleihungsakts (dazu z.B. P. Kirchhof in Handbuch des Staatskirchenrechts --HdbStKR--, Bd. 1, 1994, § 22 S. 686; vgl. auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 8 WRV), an dem es im Streitfall fehlt, erfüllt. Ob der Kläger einen solchen Status erhalten kann und will, ist hingegen unerheblich. Abgesehen davon, dass der Kläger nach seinem Vorbringen einen solchen Rechtsstatus ersichtlich nicht anstrebt, reicht die bloße Möglichkeit zur Erlangung des Körperschaftsstatus für die Gewährung einer Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG nicht aus (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Juni 1951 III 69/51 U, BFHE 55, 376, BStBl III 1951, 148).

31

b) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiung auf Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, verletzt den Kläger nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 und 3 GG).

32

aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG sind als steuerliche Begünstigungsnormen am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner besonderen Ausprägung der Besteuerungsgleichheit zu messen (BVerfG-Beschluss vom 7. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108).

33

(1) Art. 3 Abs. 1 GG ist danach verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Entscheidungen vom 23. Oktober 1951  2 BVG 1/51, BVerfGE 1, 14, und in BVerfGE 107, 27, 47, m.w.N.). Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, 46, m.w.N.). Nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche präzisieren (BVerfG-Beschlüsse vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 3. September 2009  1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115).

34

(2) Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108).

35

(3) Soweit steuerliche Begünstigungsnormen --wie hier-- auf eine steuerliche Entlastung von Religionsgemeinschaften gerichtet sind, hat der Staat die ihm durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ergibt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009  2 BvR 890/06, BVerfGE 123, 148). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (BVerfG-Beschlüsse vom 31. März 1971  1 BvR 744/67, BVerfGE 30, 415, und in BVerfGE 123, 148, m.w.N.).

36

bb) Ob ein Verstoß der hier fraglichen Befreiungsregelungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb ausscheidet, weil der Gesetzgeber insoweit einer gegenüber (einzelnen oder allen) korporierten Religionsgemeinschaften auferlegten verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Zwar fordert der Korporationsstatus des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV für sich allein noch keine (Grund-)Steuerbefreiung (Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1025). Ob es sich allerdings bei den hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen um vom Steuergesetzgeber lediglich freiwillig gewährte Bevorrechtigungen handelt (so Weides in Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, 1988, S. 885, 888; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl., S. 268), erscheint zweifelhaft. Der innere Zusammenhang zwischen der Gewährleistung des Körperschaftsstatus (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV), des kirchlichen Besteuerungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV), der Garantie der Staatsleistungen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV) sowie des Kirchengutes (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV) legt vielmehr den Schluss nahe, dass diese Verfassungsgarantien in ihrer Zusammenschau auf die Sicherung der materiellen Ausstattung der korporierten Religionsgemeinschaften gerichtet sind (vgl. Hesse, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 10 <1961>, S. 27 und 53; für Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148). Es kommt hinzu, dass die § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG als Steuerverschonungen zu den "negativen Staatsleistungen" i.S. des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV gehören (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1096; Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1024 f., jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 28. April 1965  1 BvR 346/61, BVerfGE 19, 1). Dabei gehört die Befreiung des Grundbesitzes von Grundsteuer zu den ältesten einfachgesetzlichen Vergünstigungen zugunsten der Kirchen (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und vom 30. September 2000  2 BvR 708/96, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2001, 318; ferner Beschlüsse des Reichsgerichts --RG-- vom 20. Juni 1925 IV Tgb 83/25, RGZ 111, 134; vom 10. Oktober 1927 IV Tgb 94/27, Lammers-Simons in Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich und des Reichsgerichts auf Grund Artikel 13 Absatz 2 der Reichsverfassung, Bd. 1, S. 538; vom 13. Juli 1931 IV Tgb 354/30, Lammers-Simons, a.a.O., Bd. 4, S. 306; dazu z.B. Werner Weber, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1948, S. 51 ff.). Die Grundsteuerbefreiung war seit jeher mit der Kirche und --ab dem 19. Jahrhundert-- mit den korporierten Religionsgemeinschaften verbunden. Diese Tradition führen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG fort.

37

cc) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf korporierte Religionsgemeinschaften ist jedenfalls unter Berücksichtigung des Sinngehalts und der Funktion des gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV verbürgten Korporationsstatus mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

38

(1) Die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften sind angesichts der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staates nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu vergleichen, die in den Staat organisch eingegliederte Verbände sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 17. Februar 1965  1 BvR 732/64, BVerfGE 18, 385; in BVerfGE 19, 1; in BVerfGE 30, 415; vom 21. September 1976 2 BvR 350/75, BVerfGE 42, 312; BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 2000 2 BvR 1500/97, BVerfGE 102, 370). Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit und soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen (BVerfG-Urteile in BVerfGE 102, 370; vom 1. Dezember 2009  1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 108). Er bedeutet daher nur eine Heraushebung über andere Religionsgemeinschaften, weil der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Überzeugung des Staates von der besonderen Wirksamkeit dieser Religionsgemeinschaften, von ihrer gewichtigen Stellung in der Gesellschaft und der sich daraus ergebenden Gewähr der Dauer zugrunde liegt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV; vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 385, und vom 4. Oktober 1965 1 BvR 498/62, BVerfGE 19, 129, sowie BVerfG-Urteil vom 13. Dezember 1983  2 BvL 13/82 u.a., BVerfGE 66, 1). Den Religionsgemeinschaften mit Korporationsstatus kommt eine besondere Bedeutung für das öffentliche Leben und die staatliche Rechtsordnung zu (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129; vom 4. Mai 1984  2 BvR 1837/83, Entscheidungen in Kirchensachen seit 1964 (KirchE) 22, 88; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. April 1987 7 C 24/85, NVwZ 1987, 678; vom 15. November 1990  7 C 9/89, BVerwGE 87, 115; vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Mai 1975 III R 54/74, BFHE 116, 176, BStBl II 1975, 746; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1979  2 StR 791/78, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1980, 462).

39

(2)  Diese besondere Rechtsstellung und Bedeutung der korporierten Religionsgemeinschaften rechtfertigt auch die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG getroffenen Befreiungsregelungen (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1068; Korioth in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 140 Rz 21, Stand: Februar 2003; Heckel, Vom Religionskonflikt zur Ausgleichsordnung, 2007, S. 123; Weides, a.a.O., S. 885, 887; Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Dissertation, 2003, S. 199). Diese Steuerbefreiungen dienen in Bezug auf den Grundbesitz den im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und der ihnen gleichzustellenden Ordensgemeinschaften (so die Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG, BTDrucks VI/3418, S. 79).

40

Dem Vorbringen des Klägers, der Körperschaftsstatus rechtfertige keine Begünstigung der Religionsgemeinschaften außerhalb des hoheitlichen Bereichs (z.B. durch Zuerkennung des Besteuerungsrechts), kann nicht gefolgt werden. Vielmehr darf der Staat die besondere öffentliche Position der korporierten Religionsgemeinschaften im staatlichen und gesellschaftlichen Leben zum Anlass für eine auch finanzielle Förderung in Gestalt einer Grundsteuerbefreiung nehmen. Er unterstützt damit ihre --auch wirtschaftliche-- Eigenständigkeit sowie Unabhängigkeit und trägt damit der hohen Bedeutung der materiellen Ausstattung einer Religionsgemeinschaft für die Freiheit der Religionsausübung Rechnung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148, m.w.N.; Ehlers in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 140 Rz 9).

41

(3) Die Beschränkung der hier fraglichen Befreiungsregelungen auf Religionsgemeinschaften mit öffentlich-rechtlichem Körperschaftsstatus verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates. Weder beruhen diese Befreiungsregelungen auf einer Identifikation des Staates mit bestimmten Religionsgemeinschaften noch bewirken sie eine Privilegierung bestimmter Bekenntnisse. Die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV normierten Voraussetzungen des Korporationsstatus sind schon ihrem Wortlaut nach zunächst formal-organisatorischer Natur und als solche nicht etwa auf bestimmte Bekenntnisse beschränkt. Insbesondere ist der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht etwa den christlichen Religionsgemeinschaften vorbehalten, sondern grundsätzlich ebenso für islamische Glaubensgemeinschaften offen (vgl. z.B. Kloepfer, Die Öffentliche Verwaltung 2006, 45; Loschelder in Essener Gespräche, Bd. 20, S. 162). Soweit über den Wortlaut des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV hinaus weitere ungeschriebene Verleihungsvoraussetzungen abgeleitet werden (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 102, 370; Ehlers in Sachs, a.a.O., Art. 140 GG/ Art. 137 WRV Rz 28, m.w.N.), zielen diese nicht auf die Bewertung oder Unterbindung eines religiösen Bekenntnisses. Die Öffnung des Körperschaftsstatus für alle Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV) verletzt daher nicht die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates, sondern verwirklicht sie (vgl. BVerfG-Entscheidungen vom 17. Dezember 1975 1 BvR 63/68, BVerfGE 41, 29, und in BVerfGE 102, 370; P. Kirchhof in HdbStKR, a.a.O., § 22, S. 666, 682; Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 Rz 31 f., Stand: Februar 2003; Morlok in Dreier, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 140 Rz 42). Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV vermittelt in Bezug auf die Verleihung des Körperschaftsstatus gleiche Chancen für alle Religionsgemeinschaften (v. Campenhausen in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 222; Morlok in Dreier, a.a.O., Art. 140/Art. 137 WRV Rz 99). Ob eine Religionsgemeinschaft das Gleichstellungsangebot annehmen oder Distanz zum Staat wahren möchte, bleibt daher als "ihre Angelegenheit" (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) ihrer freien Entscheidung gemäß ihrem (religiösen) Selbstverständnis überlassen.

42

(4) Der Einwand des Klägers, die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf für den Gottesdienst und der religiösen Unterweisung dienenden Grundbesitz greife aufgrund des vorausgesetzten Korporationsstatus in den "religiösen Kerngehalt" ein, geht fehl. Die hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen bewirken lediglich eine Begünstigung im Zusammenhang mit der Ausübung der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Religionsfreiheit. Eine Beeinträchtigung oder Behinderung der Religionsausübung bei Nichterfüllung der grundsteuerlichen Befreiungsvoraussetzungen tritt jedoch nicht ein; insbesondere wird die Freiheit zur religiösen Vereinigung (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 und 7 WRV) nicht eingeschränkt.

43

(5) Damit verstoßen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auch nicht gegen die Garantie der religionsrechtlichen Gleichheit (Parität), die eine sachlich nicht gerechtfertigte rechtliche Besserstellung der korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu kleinen bzw. nicht korporierten Religionsgemeinschaften ausschließt (z.B. Heckel in HdbStKR, a.a.O., § 20, S. 589, 605 ff.). Das Grundgesetz fordert, über das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV enthaltene Angebot zur Erlangung des Korporationsstatus hinaus nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich zu behandeln hat (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und in BVerfGE 19, 129). Bereits der Gesamtregelung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV liegt eine religionsverfassungsrechtliche Differenzierung insofern zugrunde, als die "altkorporierten", schon vor Erlass der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften diesen Rechtsstatus behalten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Anderen Religionsgemeinschaften ist gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV dieser Status auf Antrag zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Die durch den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus begründeten Unterschiede zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften sind vor dem Hintergrund der im Körperschaftsstatus zum Ausdruck kommenden besonderen Bedeutung dieser Religionsgemeinschaften für das öffentliche Leben (vgl. oben II.3.b bb) sachlich begründet und verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz (Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 66; Weides, a.a.O., S. 888).

44

dd) Die Anknüpfung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und des § 4 Nr. 1 GrStG an den Körperschaftsstatus verletzt auch nicht etwa deshalb Art. 3 Abs. 1 GG, weil es dem Kläger in unzumutbarer Weise erschwert wäre, trotz Erfüllung der entsprechenden materiellen Voraussetzungen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erlangen (vgl. zu diesem Merkmal BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129, und vom 12. Dezember 1978  1 BvR 1168/77, KirchE 17, 128, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1979, 159).

45

(1) Soweit der Kläger geltend macht, er könne nach seinem religiösen Selbstverständnis nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts werden, erschließen sich aus seinem Vorbringen die hierfür maßgebenden Gründe nicht. Mit dem Hinweis darauf, dass der Islam keine Hierarchie ausbilde und der Staat kaum auf rechtlich handlungsfähige und zur Vertretung der islamischen Glaubensangehörigen in einem bestimmten Gebiet legitimierte Verbände als Verhandlungspartner stoße, sind im religiösen Selbstverständnis des Islam liegende zwingende Ausschlussgründe zur Erlangung des Körperschaftsstatus nicht hinreichend belegt. Insoweit schränkt der Kläger sein diesbezügliches Vorbringen selbst dahingehend ein, dass es der islamischen Glaubensgemeinschaft "eher fremd" sei, den Körperschaftsstatus anzustreben. Gegen eine nach dem religiösen Selbstverständnis des Islam ausgeschlossene Erlangung des Körperschaftsstatus spricht zudem, dass in den letzten Jahrzehnten zahlreiche --wenn auch letztlich erfolglose-- Anträge muslimischer Vereinigungen auf Erlangung des Körperschaftsstatus gestellt worden sind (vgl. Antworten der Bundesregierung, BTDrucks 14/4530, S. 34 ff. und BTDrucks 16/5033, S. 26 f.).

46

(2) Der Kläger hat sich zudem --im Gegensatz zu seinem Vorbringen, sein religiöses Selbstverständnis sei mit einer körperschaftlichen Struktur unvereinbar-- als eingetragener Verein und damit als Körperschaft (Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl. 2010, Einf. v. § 21 Rz 14), organisiert. Insoweit ist vom Kläger nichts dazu vorgetragen, aus welchen konkreten Gründen auf der Grundlage dieser Organisationsstruktur die Erlangung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeschlossen sein sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verleihung des Körperschaftsstatus nicht "an den Islam", sondern unabhängig von der Organisation und dem Organisationsgrad anderer islamischer Gemeinschaften im Bundesgebiet nur an eine konkrete islamische Gemeinschaft erfolgen kann (St. Mückl in Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 159 Rz 105).

47

(3) Weiter gehende Berechtigungen des Klägers lassen sich auch nicht daraus ableiten, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG --über den Charakter eines individuellen Abwehrrechts hinausgehend-- auch in einem positiven Sinne gebieten, "Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern" (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 41, 29). Daraus ergibt sich nicht, dass dem Einzelnen oder der Religionsgemeinschaft Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen garantiert werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148; Kokott in Sachs, a.a.O., Art. 4 Rz 70, m.w.N.); dies muss auch für die vom Kläger begehrte Grundsteuerbefreiung gelten.

48

ee) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG verletzen auch nicht den besonderen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 GG, nach dem niemand u.a. wegen seiner religiösen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Art. 3 Abs. 3 GG verbietet eine Ungleichbehandlung auf Grund der hier aufgeführten Merkmale, schließt jedoch sachbezogene Differenzierungen in Anknüpfung an religiöse oder weltanschauliche Sachverhalte nicht aus (Kästner in Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 140 Rz 144). Nach diesen Maßstäben sind Befreiungsregelungen des staatlichen Steuerrechts, die --wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG-- nach dem Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaft differenzieren, verfassungsrechtlich zulässig. Eine "Bewertung einer Konfession" findet insoweit --entgegen dem Vorbringen des Klägers-- aufgrund der religiös-weltanschaulich neutralen Ausgestaltung der vorgenannten Befreiungsregelungen nicht statt.

49

c) Die den jüdischen Kultusgemeinden gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG gewährte Steuerbefreiung verletzt den Kläger ebenfalls nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies gilt selbst dann, wenn man, da Grundbesitz von Religionsgemeinschaften verschiedener Konfessionen ungleich besteuert wird, insoweit den strengeren Prüfungsmaßstab des besonderen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 3 GG) anlegt. Die Befreiung des Grundbesitzes jüdischer Kultusgemeinden war zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zwingend erforderlich.

50

aa) Den jüdischen Kultusgemeinden wurde bereits durch preußisches Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 1847 (Preußische Gesetzessammlung --GS-- 1847, S. 263) der Status als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft eingeräumt (RG-Urteil vom 7. Juli 1931 III 414/30, RGZ 133, 192), womit auch eine Grundsteuerbefreiung verbunden war (vgl. § 24 Buchst. g des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152; Nöll/Freund, Das Kommunalabgabengesetz, 1910, § 24 Rz 22; Scholz, Grundsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1954, § 4 Rz 60). Dieser Status wurde ihnen von den Nationalsozialisten durch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28. März 1938 (RGBl I 1938, 338) wieder aberkannt, was den Verlust der Grundsteuerbefreiung zur Folge hatte (vgl. bereits Richtlinien für die Durchführung der Grundsteuer vom 19. Juli 1937, Nr. 26 Abs. 4, abgedruckt bei Dziegalowski, Grundsteuergesetz vom 1. Dezember 1936 mit Durchführungsbestimmungen, 1937, S. 277). Dieser Verlust des Körperschaftsstatus wurde durch die Bundesrepublik Deutschland im Grundsteuerrecht --ebenso im Erbschaftsteuerrecht (s. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes)-- wieder rückgängig gemacht, indem der Grundbesitz der jüdischen Kultusgemeinden ausdrücklich neben dem Grundbesitz der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften befreit wurde (vgl. GrStG vom 10. August 1951, BGBl I 1951, 515 und Änderungsgesetz vom 24. August 1965, BGBl I 1965, 905). Die Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden und ihrer Verbände in der Gesetzesfassung des vormaligen § 4 Nr. 5 Buchst. b und c des GrStG i.d.F. des Gesetzes vom 10. August 1951, a.a.O. --als Vorgängerregelungen des jetzigen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG-- wurde zur Beseitigung des ihnen angetanen Unrechts als erforderlich angesehen, "solange ihre formelle Anerkennung als öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft noch nicht in allen Ländern wieder erfolgt ist" (BTDrucks I/1787, S. 9).

51

bb) Aus dieser Vorgeschichte ergibt sich, dass trotz der ausdrücklichen Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG diesen kein Sonderprivileg gegenüber den übrigen nichtkorporierten Religionsgemeinschaften verschafft werden sollte. Der Gesetzgeber wollte daher nicht --wie der Kläger meint-- die Befreiung auch solchen Religionsgemeinschaften zukommen lassen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht anstreben.

52

cc) Hinzu kommt, dass die Aberkennung des Körperschaftsstatus durch die Nationalsozialisten inzwischen für nichtig gehalten wird (vgl. BVerwG-Urteil vom 15. Oktober 1997  7 C 21/96, BVerwGE 105, 255, unter Verweis auf den Beschluss des BVerfG zur Nichtigkeit der Ausbürgerung jüdischer Staatsangehöriger vom 14. Februar 1968  2 BvR 557/62, BVerfGE 23, 98). Die damit zumindest für bereits im Jahr 1938 bestehende jüdische Kultusgemeinden überflüssig gewordene ausdrückliche Befreiung des Grundbesitzes relativiert die Gegenüberstellung von jüdischen Kultusgemeinden und islamischen Religionsgemeinschaften und führt letztlich zurück zur --gerechtfertigten-- Begünstigung von korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu den nichtkorporierten (vgl. oben II.3.b).

53

d) Nicht zu folgen ist dem Kläger schließlich darin, der Gesetzgeber habe seine Grundentscheidung, Grundbesitz unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Eigentümers mit Grundsteuer zu belasten, nicht folgerichtig umgesetzt, wenn er die Befreiung an die Gemeinnützigkeit oder den Körperschaftsstatus knüpfe. Insoweit missversteht er die Einordnung der Grundsteuer als Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO).

54

aa) Für Real- oder Objektsteuern ist charakteristisch, dass sie das Steuerobjekt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihre persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfassen und bei denjenigen erhoben werden, denen diese Gegenstände zuzurechnen sind (BVerfG-Beschluss vom 18. Februar 2009  1 BvR 1334/07, HFR 2009, 611, NJW 2009, 1868, m.w.N.). Die Grundsteuer belastet demgemäß das bloße Innehaben von Grundbesitz und greift damit auf die durch den Besitz sogenannten fundierten Einkommens vermittelte (abstrakte) Leistungskraft zu (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 1983  2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, BStBl II 1984, 72; BFH-Urteil vom 22. Juli 1987 II R 204/84, BFHE 150, 285, BStBl II 1987, 725), ohne jedoch die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers, die Ausdruck seiner persönlichen Leistungsfähigkeit sein können, tatbestandlich zur Kenntnis zu nehmen. Es werden daher beispielsweise weder das selbstgenutzte Wohneigentum verschont (BFH-Entscheidungen vom 12. Oktober 2005 II B 36/05, BFH/NV 2006, 369; vom 19. Juli 2006 II R 81/05, BFHE 213, 222, BStBl II 2006, 767) noch familiäre Verhältnisse (z.B. Anzahl der Kinder) berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 II B 44/02, BFH/NV 2003, 508).

55

bb) Das schließt nicht aus, dass der Gesetzgeber Grundsteuerbefreiungen an Eigenschaften des Eigentümers knüpft, die nicht Ausdruck der persönlichen Leistungsfähigkeit sind. Tatsächlich heben fast alle Grundsteuerbefreiungen --teilweise kombiniert mit sachlichen Kriterien-- auf ein solches Merkmal des Grundstückseigentümers ab. Neben der hier streitigen Befreiung von Grundbesitz der "Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind", und der "jüdischen Kultusgemeinden" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG) entlastet der Gesetzgeber z.B. auch den Grundbesitz einer "juristischen Person des öffentlichen Rechts" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GrStG), das "Bundeseisenbahnvermögen" (Nr. 2) oder Grundbesitz eines "Krankenhauses" (§ 4 Nr. 6 GrStG). Lediglich einzelne Grundsteuerbefreiungen setzen ausschließlich eine bestimmte Nutzung des Grundstücks voraus, so z.B. bei den "Bestattungsplätzen" (§ 4 Nr. 2 GrStG), den "dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen" (§ 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG) oder dem "Grundbesitz, der für Zwecke der Wissenschaft ... genutzt wird" (§ 4 Nr. 5 GrStG). Mit der Steuerbefreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften und jüdischen Kultusgemeinden wird somit das Realsteuerprinzip nicht systemwidrig umgesetzt. Es kann daher unerörtert bleiben, ob ein solcher Verstoß überhaupt die Verfassung verletzen kann und der Kläger aus einem solchen Verstoß einen Anspruch auf die begehrte Steuerbefreiung ableiten könnte.

56

cc) Im Übrigen berücksichtigt der Kläger bei seinem Einwand nicht ausreichend die verfassungsrechtlich verankerte Grundkonzeption der Grundsteuer einschließlich ihrer Steuerbefreiungen. Denn bereits aus der Erwähnung einer Steuerart in Art. 106 GG ist zu schließen, dass der Verfassungsgeber die jeweilige Steuer nicht in allen Einzelheiten, aber doch in ihrer üblichen Ausgestaltung und ihrer historisch gewachsenen Bedeutung billigt und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkennt (vgl. zur Erhebung der Gewerbesteuer bei Verschonung der Freiberufler: BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17, m.w.N.). Zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und aufgenommenen Steuern gehört auch die Grundsteuer (Art. 106 Abs. 6 GG) einschließlich des in §§ 3 und 4 GrStG enthaltenen Befreiungskatalogs, der in seinen Grundstrukturen --unter Berücksichtigung der Einbettung in die jeweilige Rechtsordnung-- bereits lange vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand (vgl. z.B. zur Befreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften in Preußen: § 4 Buchst. e des Gesetzes betreffend die anderweitige Regelung der Grundsteuer vom 21. Mai 1861, GS 1861, S. 253, § 24 Buchst. g des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152, und § 4 Nr. 5 GrStG vom 1. Dezember 1936, RGBl I 1936, 986). Dieser verfassungsrechtliche Rahmen kann nicht nachträglich mit allgemeinen Strukturerwägungen beiseite geschoben werden.

(1) Die Einheitswerte werden in Zeitabständen von je sechs Jahren allgemein festgestellt (Hauptfeststellung).

(2) Der Hauptfeststellung werden die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahrs (Hauptfeststellungszeitpunkt) zugrunde gelegt. Die Vorschriften in § 35 Abs. 2 und den §§ 54 und 59 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunkts bleiben unberührt.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.


Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt einen Teilerlass der Grundsteuer.

2

Durch Beschluss vom 1. August 2002 - 10 IN 33/02 - eröffnete das Amtsgericht Idar-Oberstein wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma L… KG - im Folgenden: KG - und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Zur Insolvenzmasse gehören unter anderem die Grundstücke O-Straße 7 und N-straße 11 in I… . Mit einem an die KG gerichteten Bescheid vom 6. Februar 2002 hatte die Beklagte für das Grundstück N…straße 11 die Grundsteuer B auf 1.979,85 € jährlich festgesetzt. Mit Bescheid vom 14. Februar 2005 setzte sie gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter für das Grundstück O…-Straße 7 die jährliche Grundsteuer auf 8.823,78 € fest.

3

Im März 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Herabsetzung der Grundsteuer B für das Jahr 2007. Die KG habe den gesamten Komplex bis zum Jahr 2002 für betriebliche Zwecke genutzt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien die Gebäude geräumt worden und hätten überwiegend leer gestanden. Der gesamte untere Parkplatz werde nicht genutzt.

4

Mit Bescheid vom 16. Juli 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2009 zurückgewiesen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger fristgerecht erhobene Klage als unbegründet abgewiesen. Er habe keinen Anspruch auf Herabsetzung der für die beiden Grundstücke festgesetzten Grundsteuer. Ein Grundsteuererlass nach § 33 des Grundsteuergesetzes scheide nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 1983 - 8 C 52/81 - aus, weil über das Vermögen der KG bereits vor geraumer Zeit das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Zwar könne bei einem Erhalt des Schuldnerunternehmens möglicherweise nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens werde die wirtschaftliche Existenz des Schuldners vernichtet. Im konkreten Fall seien jedoch die noch funktionsfähigen Teile der Firma nach der Insolvenzeröffnung bereits zum 1. Januar 2004 veräußert worden. Der Erhalt des Schuldnerunternehmens sei daher nicht mehr möglich.

6

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Nach § 33 Abs. 1 GrStG werde der Erlass gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebes unbillig wäre. Auch und gerade im Insolvenzverfahren sei diese Unbilligkeit gegeben. Im Falle der KG habe eine übertragende Sanierung stattgefunden. Dingliche Gläubiger hätten zu diesem Zweck die sofortige Geltendmachung ihrer Absonderungsrechte zurückgestellt und es auf diese Weise ermöglicht, eingehende Gelder zur Deckung laufender Kosten des Betriebs zu verwenden. Der Erlös, der durch den nach 17 Monaten erfolgten Verkauf des Betriebs erzielt und an die dinglichen Gläubiger weitergegeben worden sei, habe nur einen Bruchteil dessen dargestellt, was sie nominell der Masse überlassen hätten. Vor diesem Hintergrund sei es nur recht und billig, wenn den dinglichen Gläubigern ein möglichst großer Teil der Restmasse erhalten bleibe.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,

8

die Beklagte unter Aufhebung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2009 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz und Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 16. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 2009 zu verpflichten, einen Teil - mindestens 3/5 - der für das Jahr 2007 für die Grundstücke O-Straße 7 und N-straße 11 in I… festgesetzten Grundsteuer zu erlassen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Zur Begründung macht sie geltend: Da es nicht mehr um eigengewerblich genutzte Grundstücke gehe, bräuchten die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebs nicht geprüft zu werden und eine Prüfung der Unbilligkeit entfalle.

12

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung, über die mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (vgl. § 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO -), ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen hat.

14

Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten (Teil-)Erlass der für das Jahr 2007 festgesetzten Grundsteuer für die oben genannten Grundstücke, und zwar weder nach § 33 des Grundsteuergesetzes - GrStG - in der hier anzuwendenden Fassung vom 7. August 1973 (BGBl. I, S. 965, vgl. § 38 GrStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008, BGBl. I, S. 2794) (1.) noch nach § 227 der Abgabenordnung - AO - in der Fassung vom 01. Oktober 2002 (BGBl. I, S. 2002, 3866; BGBl. I 2003, S. 61) (2.).

15

1. Nach § 33 Abs. 1 GrStG wird, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 20 vom Hundert gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung nicht zu vertreten hat, die Grundsteuer in Höhe des Prozentsatzes erlassen, der vier Fünfteln des Prozentsatzes der Minderung entspricht (Satz 1). Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken wird der Erlass nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre (Satz 2).

16

Ein solcher Erlass scheitert im vorliegenden Fall bereits daran, dass die Zweckbestimmung des § 33 GrStG im Erlasszeitraums nicht mehr erreicht werden konnte, da die wirtschaftliche Existenz der KG infolge des über ihr Vermögen eröffneten Insolvenzverfahrens bereits vernichtet war.

17

a) Trotz der grundsätzlichen Ertragsunabhängigkeit der Grundsteuer entlastet der Gesetzgeber mit der Regelung des § 33 GrStG bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken die Abgabepflichtigen, die schon durch eine von ihnen nicht zu vertretende wesentliche Ertragsminderung eine Einbuße erlitten haben. Nach dem erkennbaren Sinn und Zweck der Vorschrift enthält § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG somit ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Inhalts, dass zum Kreis der erlassberechtigten Grundsteuerpflichtigen nur diejenigen gehören, deren wirtschaftliche Existenz im Erlasszeitraum noch nicht vernichtet ist (BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - 8 C 52/81 -, NVwZ 1984, 311).

18

Da diese Auslegung auf dem Sinn und Zweck der Vorschrift vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Ertragsunabhängigkeit der Grundsteuer beruht, kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, sie finde im Wortlaut der Vorschrift keine Grundlage. Ebenso wenig verfängt sein Einwand, nach § 33 Abs. 1 GrStG werde der Erlass gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebes unbillig wäre. Bei diesem Billigkeitserfordernis handelt es sich nämlich um eine durch § 33 Abs. 1 Satz 2 GrStG aufgestellte zusätzliche Voraussetzung für einen Grundsteuererlass bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und eigenwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Die Regelung ist somit nicht geeignet, das bereits in § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG angelegte Erfordernis der fortbestehenden wirtschaftlichen Existenz des Grundsteuerpflichtigen in Zweifel zu ziehen.

19

b) In seinem Urteil vom 15. April 1983 (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, der dargelegten gesetzlichen Zweckbestimmung des § 33 GrStG könne bereits dann nicht mehr genügt werden, wenn im Erlasszeitraum über das Vermögen des Grundsteuerpflichtigen der Konkurs eröffnet worden sei, da hierdurch die unwiderlegbare Vermutung einer Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Gemeinschuldners begründet werde. Denn Zweck des Konkurses sei die Befriedigung der Konkursgläubiger, ihm diene die Verwertung des gesamten dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörenden und einer Zwangsvollstreckung unterliegenden Vermögens. Dieser Aufgabenstellung entsprechend stünden der Befriedigungs- und der Liquidationszweck derart im Vordergrund, dass die Annahme gerechtfertigt sei, typischerweise werde durch die Eröffnung des Konkurses die wirtschaftliche Existenz des Gemeinschuldners vernichtet. Auf diesen typischen Sachverhalt sei im Interesse der Praktikabilität der Grundsteuererlassregelung des § 33 GrStG abzustellen.

20

c) Es erscheint zweifelhaft, ob diese Argumentation angesichts der umfassenden Neuregelung des Insolvenzrechts durch die Insolvenzordnung - InsO - vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866, zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2355; vgl. den Überblick bei Schmidt-Räntsch, Insolvenzordnung, S. 13 ff.) uneingeschränkt auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen werden kann. So ist, anders als nach § 102 der Konkursordnung - KO - vom 10. Februar 1877 (RGBl. S. 351, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Oktober 1996, BGBl. I S. 1546), nicht nur die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), sondern auch die lediglichdrohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ein Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 18 InsO). Zudem bietet das Institut des Insolvenzplans (§§ 217 ff. InsO) vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für die Abwicklung der Insolvenz, einschließlich der Sanierung des Schuldners (vgl. Schmidt-Ränsch, a.a.O., S. 35; Flessner, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung [HK-InsO], Vor §§ 217 ff.). Angesichts dieser Regelungen begegnet die Annahme, typischerweise sei bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die wirtschaftliche Existenz des Schuldners vernichtet, Bedenken.

21

d) Diese Zweifel bedürfen für die vorliegende Entscheidung keiner abschließenden Klärung, denn die KG als Grundsteuerschuldnerin war bereits zum Beginn des Jahres 2007, für das der Grundsteuererlass begehrt wird, wirtschaftlich nicht mehr existent.

22

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2002 wurde die KG nach § 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs - HGB - aufgelöst (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 34. Aufl. 2010, § 131 Rn. 5), und die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftervermögen ging nach § 80 Abs. 1 InsO auf den Kläger als Insolvenzverwalter über. An die Stelle der Liquidation trat gemäß § 145 Abs. 1 HGB die Abwicklung nach der Insolvenzordnung (vgl. Schäfer, in: Staub, Handelsgesetzbuch Bd. II, 2004, § 131 Rn. 28). Da es nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers im Verlauf des Insolvenzverfahrens nach 17 Monaten zu einer „übertragenden Sanierung“ des Betriebs kam, konnte es somit schon vor dem Jahr 2007 zu einer Fortsetzung der Gesellschaft nach § 144 HGB, also zur Weiterführung des Betriebs durch die KG, nicht mehr kommen.

23

Trotz ihrer Auflösung durch den Eröffnungsbeschluss ist die KG jedoch Schuldnerin im Sinne der Insolvenzordnung geblieben (Schäfer, a.a.O., § 131 Rn. 36). Als solche ist sie - nicht die Insolvenzmasse oder der Insolvenzverwalter - auch Schuldnerin der für das Jahr 2007 festgesetzten Grundsteuer (vgl. Bringewat/Waza, Insolvenzen und Steuern, 6. Auflage 2004, Rn. 184). Bei dieser Grundsteuerschuld handelt es sich um eine aus der Insolvenzmasse vorweg zu berichtigende (§ 53 InsO) sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, da sie erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - nach § 9 Abs. 2 GrStG mit dem Beginn des Jahres 2007 - entstanden ist (vgl. Bringewat/Waza, a.a.O., Rn. 184, 1070; Loose, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 34 Rn. 75 ). Der vom Kläger begehrte Grundsteuererlass käme somit nicht der KG als Steuerschuldnerin, sondern lediglich ihren Gläubigern zugute. Dies entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG.

24

2. Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Diese Vorschrift ist zwar gegenüber § 33 GrStG subsidiär, wird durch diese Regelung aber nicht vollständig verdrängt (vgl. Loose, a.a.O., § 227 Rn. 9). Soweit danach noch Raum für die Anwendung des § 227 AO sein sollte, kommt ein Erlass nicht in Betracht, da die Einziehung der für das Jahr 2007 festgesetzten Grundsteuer weder aus sachlichen (a) noch aus persönlichen Gründen (b) unbillig erscheint.

25

a) Sachliche Gründe für einen Erlass aus Billigkeitsgründen liegen vor, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Gesetzgeber eine mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat und angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (BFH, Urteil vom 4. Februar 2010 - II R 25/08 -, DStR 2010, 805 m.w.N.).

26

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer mit der Einziehung der Steuer verbundenen Härte für die KG als Steuerschuldnerin, da deren wirtschaftliche Existenz bereits vernichtet ist. Zudem entspricht es nach den obigen Ausführungen zu § 33 GrStG gerade der Intention des Gesetzgebers, die mit der Ertragsunabhängigkeit der Grundsteuer verbundenen Belastungen nur dann durch einen Teilerlass abzumildern, wenn der Steuerschuldner weiterhin wirtschaftlich existent ist. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die aus dieser Einschränkung resultierenden Nachteile für die Gläubiger des Steuerschuldners den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen.

27

b) Eine Unbilligkeit aus persönlichen Gründen liegt vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche und persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde (BFH, Urteil vom 4. Februar 2010, a.a.O.). Da die wirtschaftliche Existenz der Beklagten jedoch bereits vernichtet ist, scheidet somit auch ein Billigkeitserlass aus persönlichen Gründen aus.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

29

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

30

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

31

Beschluss

32

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 6.482,17 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, den Wortlaut dieses Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung bekannt zu machen.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des normalen Rohertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Normaler Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete. Die übliche Jahresmiete ist in Anlehnung an die Miete zu ermitteln, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten sind nicht einzubeziehen.

(2) Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken gilt als Minderung des normalen Rohertrags die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks. In diesen Fällen wird der Erlass nach Absatz 1 nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre.

(3) Wird nur ein Teil des Grundstücks eigengewerblich genutzt, so ist die Ertragsminderung für diesen Teil nach Absatz 2, für den übrigen Teil nach Absatz 1 zu bestimmen. In diesen Fällen ist für den ganzen Steuergegenstand ein einheitlicher Prozentsatz der Ertragsminderung nach dem Anteil der einzelnen Teile am Grundsteuerwert des Grundstücks zu ermitteln.

(4) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.