Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Feb. 2017 - M 8 K 16.50296

published on 02/02/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Feb. 2017 - M 8 K 16.50296
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 25. April 2016, mit dem seine Abschiebung nach Ungarn angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger und reiste ebenfalls eigenen Angaben zufolge - nachdem er am 18. März 2015 sein Heimatland verlassen hatte - über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich am 31. August 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 12. Februar 2016 wurde er hier angetroffen, ohne im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels zu sein. Im Fragebogen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung eines Asylverfahrens vom 12. Februar 2016 hat der Kläger die Fragen, ob er bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt habe und ob ihm in einem anderen Staat Fingerabdrücke genommen worden seien, jeweils verneint.

Eine Abfrage des Bundesamts bei der EURODAC-Datenbank ergab drei Treffer, darunter zwei Treffer der Kategorie 1 aus Ungarn vom 2. September und 15. November 2015.

Unter dem 16. März 2016 wurde vom Bundesamt an Ungarn ein Wiederaufnahmegesuch gerichtet. Eine ausdrückliche Beantwortung des Wiederaufnahmegesuchs erfolgte nicht.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. April 2016, nach dem von den Klägerbevollmächtigten in Kopie vorgelegten Vermerk auf dem Umschlag des Bescheids zustellt am 4. Mai 2016, wurde in Nummer 1 die Abschiebung nach Ungarn angeordnet und in Nummer 2 das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. In den Bescheidsgründen wird ausgeführt, nach den Erkenntnissen des Bundesamtes (Abgleich der Fingerabdrücke in der EURODAC-Datenbank) lägen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates (Dublin-III-VO) vor. Am 16. März 2016 sei ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1b der Dublin-III-VO an Ungarn gerichtet worden. Die ungarischen Behörden hätten mit Wirkung vom 31. März 2016 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin-III-VO erklärt, indem das Ersuchen innerhalb der vorgegebenen Frist unbeantwortet geblieben sei. Die Abschiebung nach Ungarn sei gemäß § 34a Abs. 1 Satz 2 Asylgesetz (AsylG) anzuordnen, da dieser Staat gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin-III-VO für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sel. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die gegen eine Überstellung nach Ungarn sprächen, seien nicht ersichtlich. Die Beklagte sei verpflichtet, die Überstellung nach Ungarn als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens durch Ungarn oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 der Dublin-III-VO). Eine Abschiebung habe gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zur Folge, dass der Drittstaatsangehörige nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten dürfe. Das Bundesamt habe das Einreiseverbot gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu befristen.

Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2016 hat der Kläger durch seine Bevollmächtigen Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid vom 25. April 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe in Ungarn keinen Asylantrag stellen wollen; er habe lediglich Fingerabdrücke abgeben müssen, um einer Verhaftung zu entgehen. Er sei deswegen im September 2015 nach Deutschland eingereist und habe sich als Asylsuchender gemeldet. Bereits zuvor sei er im März 2015 nach Griechenland gereist und habe auch dort unfreiwillig seine Fingerabdrücke abgeben müssen. Unabhängig davon, ob der der Kläger in Ungarn einen wirksamen Asylantrag gestellt habe oder nicht, so hätte jedenfalls die Beklagte - auch bei Unterstellung eines Asylantrages in Ungarn - von ihrem humanitären Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. Dies hätte unabhängig davon erfolgen müssen, ob davon ausgegangen werde, dass in dem Asylsystem Ungarns systemische Mängel vorlägen oder nicht. Im Herbst 2015 habe die Bundeskanzlerin den Flüchtlingen aus Ungarn freie Einreise gewährt, weshalb es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn man nunmehr diese Flüchtlinge, denen man freie Einreise gewährt habe, wieder nach Ungarn zurückschiebe.

Darüber hinaus lägen im Asylsystem Ungarns - entgegen der Ansicht der Beklagten - systemische Mängel vor, da ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass dem Antragsteller im Falle einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen und entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 Grundrechte- Charta bzw. des Art. 3 Europäischen Menschenrechtskonvention drohe. Aufgrund des am 6. Juli 2015 beschlossenen und am 1. August 2015 geänderten ungarischen Asylrechts ergäben sich belastbare Anhaltspunkte für systemische Mängel. Demnach seien die Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeiten nach dem Dublin-III-Abkommen zur Prüfung eines Asylgesuchs in der Zuständigkeit des ungarischen Staates sowohl vor den ungarischen Behörden wie auch vor den ungarischen Gerichten - etwa durch die Verkürzung von Fristen und die an Fristversäumnisse geknüpften Sanktionen sowie neugefasste Beweislastregeln - formell wie materiell geändert worden. Diese Neuerungen ließen ernsthaft befürchten, dass seit dem 1. August 2015 das ungarische Asylrecht hinter den Verfahrensgarantien gemäß Art. 25 ff. der Dublin-III-VO und den Vorgaben der RL 2011/95/EG vom 13. Dezember 2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status der Flüchtlinge oder für Personen mit einem Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes zurückbleibt (Hungarian-Helsinki-Komitee v. 7.8.2015, Information im englischsprachigen Internetangebot der ungarischen Regierung; UNHCR v. 3.7.2015 „UNHCR urges Hungary not to amend asylum system in haste“). Auch sei nicht ausgeschlossen, dass das ungarische Asylrecht die in Ungarn Schutzsuchenden in Rechten verletzt, die ihnen auf europäischer Ebene grundsätzlich verbürgt seien. Insbesondere rechtfertige die durch die Asylrechtsnovelle bewirkte Aufnahme Serbiens in den Kreis der aus Sicht des ungarischen Staates sicheren Drittstaaten die ernsthafte Besorgnis, dass Schutzsuchende in Ungarn ohne inhaltliche Prüfung ihrer Fluchtgründe in Staaten abgeschoben werden, für die zumindest zweifelhaft sei, dass die dortigen Asylverfahren dem europäischen Mindestanforderungen entsprechen und sicherstellten, dass eine Abschiebung in andere, nicht sichere Drittstaaten oder eine Rückführung in das Herkunftsland des Schutzsuchenden unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot ausgeschlossen seien. Dass die zum 1. August 2015 in Ungarn geänderten asylrechtlichen Bestimmungen auf Dublin-III-VO-Rückkehrer keine Anwendung fänden, lasse sich nicht verlässlich feststellen.

Auf den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat der seinerzeit zuständige Einzelrichter mitBeschluss vom 22. Juni 2016, M 8 S. 18.50295, die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Bei summarischer Prüfung bestünde nach der im Zeitpunkt der Entscheidung über den einstweiligen Rechtsschutz vorliegenden Erkenntnislage insbesondere im Hinblick auf die Regelungen zum sicheren Drittstaat und zur entsprechenden Einstufung Serbiens nach dem seit 1. August 2015 geltenden ungarischen Asylrecht die Gefahr, dass der Kläger ohne inhaltliche Prüfung seines Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes nach Serbien abgeschoben und damit gegen das sog. Refoulementverbot verstoßen würde.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2016 hat das Bundesamt die Behördenakten vorgelegt. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 erklärte sich der Kläger mit einer Entscheidung durch Urteil im schriftlichen Verfahren einverstanden. Die Beklagte hat einer solchen Entscheidung bereits mit allgemeiner Prozesserklärung vom 26. Februar 2016 zugestimmt.

Mit Beschluss vom 1. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten des Bundesamtes Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht vorliegend ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) in der Sache entscheiden.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der streitbefangene Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS. 2 AsylG, § 101 Abs. 2 VwGO) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Abschiebung nach Ungarn zu Recht angeordnet und eine sechsmonatige Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots ausgesprochen.

1. Nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, wenn er den Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt hat und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Im Fall des Klägers ist Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Die Abschiebung dorthin kann durchgeführt werden.

1.1 Art. 3 Abs. 1 der Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Danach ist vorliegend Ungarn gemäß Art. 13 der Dublin-III-VO der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO ist derjenige Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Die für den Kläger vorliegende EURODAC-Treffer mit der Kennzeichnung „HU1“ belegen dies mit normativer Rechtsmäßigkeits- und Richtigkeitsgewähr des Unionsrechts (Art. 23 der VO (EU) Nr. 603/2013 - EURODAC-VO). Die Ziffer „1“ steht dabei für einen auf internationalen Schutz gerichteten Antrag (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der EURODAC-VO). Griechenland hingegen scheidet als potenziell vorrangig zuständiger Mitgliedstaat aus, weil für dieses Land gegenwärtig weiterhin von systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen mit der Folge auszugehen ist, dass eine ursprünglich gegebenenfalls inmitten stehende Zuständigkeit Griechenlands nach Art. 13 der Dublin-III-VO gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der VO entfallen ist.

Die Zuständigkeit Ungarns ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Beklagte übergegangen. Insbesondere wurde das Gesuch um Wiederaufnahme des Klägers am 16. März 2016 und damit innerhalb von zwei Monaten nach dem Aufgreifen des Klägers am 12. Februar 2016 an Ungarn gerichtet (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b, Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 der Dublin-III-VO), sodass es einer Erörterung des - aus Sicht des Gerichts erheblich zweifelhaften - Drittschutzes der Verfahrensvorschriften des II. und III. Abschnitts des VI. Kapitels der Dublin-III-VO vorliegend nicht bedarf. Nach Art. 25 Abs. 2 der Dublin-III-VO ist seit dem 1. April 2016 Ungarn als für die Wiederaufnahme des Klägers verpflichteter Staat anzusehen.

1.2 Der Kläger kann der Überstellung nach Ungarn auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylrecht, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 EU-Grundrechtecharta (GRCh) bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen, sodass eine Überstellung dorthin unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin-III-VO).

1.2.1 Das gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in den entsprechenden internationalen Verträgen finden (EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u.a. - juris Rn. 78). Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-III-Verordnung gehört, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (GFK) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung, diesen internationalen völkerrechtlichen Regelwerken entspricht, zukommt (EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O. juris Rn. 80).

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93, BVerfGE 94, 49 - juris Rn. 181 ff.) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m.w.N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Zur Widerlegung der Vermutung, dass Asylbewerbern in einem EU-Mitgliedsstaat eine ausreichend rechtskonforme Behandlung zukommt, muss sich das Gericht nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen dort mit beachtlicher - d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit - einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Dies entspricht dem Maßstab des „real risk“ in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32). Danach ist eine aktuelle Gesamtwürdigung der zur jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen vorzunehmen, wobei regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, B.v. 21.4.2016 - 2 BvR 273/16 - juris Rn. 11). Das gilt insbesondere für die Stellungnahmen des UNHCR angesichts der Rolle, die diesem in Hinblick auf die Überwachung der Einhaltung der GFK (vgl. Art. 35) übertragen worden ist (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 - C-528/11 - juris Rn. 44).

1.2.2 Dies zugrunde gelegt, besteht mit Blick auf Ungarn zur Überzeugung des Gerichts gegenwärtig keine reale und durch Tatsachen belegte Gefahr, dass der Kläger bei einer Rücküberstellung im Rahmen des Dublin-Systems mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einem Verstoß gegen das Zurückschiebungsverbot durch eine weitere Überstellung/Abschiebung nach Serbien ausgesetzt sein könnte. Auch bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger als Dublin-Rückkehrer im Falle der Überstellung nach Ungarn gegenwärtig mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer gegen Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK verstoßenden Inhaftierungspraxis oder unmenschlichen oder erniedrigenden Asylhaft- oder Aufnahmebedingungen oder sonstigen rechtsstaatlich-systemisch erheblichen Defiziten im Vollzug des Asylverfahrens in Ungarn ausgesetzt sein könnte.

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Beschluss vom 22. Juni 2016, M 8 S. 16.50295) insbesondere mit Blick auf die seit 1. August 2015 geltende Rechtslage für Flüchtlinge in Ungarn und einen möglichen Verstoß gegen das Zurückschiebungsverbot noch geäußerten Zweifel greifen nach Überzeugung des nunmehr erkennenden Gerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS. 2 AsylG) nicht in der Weise durch, dass etwaige Missstände und Schwachstellen der geltenden ungarischen Rechtsordnung für Asylbewerber, Flüchtlinge und Migranten sowie ihres Vollzugs auch für den Kläger relevante systemische Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin-III-VO begründen würden.

1.2.2.1 Es besteht keine reale und durch Tatsachen belegte Gefahr, dass der Kläger im Falle einer Rücküberstellung nach Ungarn einem Verstoß gegen das sich aus Art. 33 Abs. 1 GFK und Art. 4, Art. 18 und Art. 19 GRCh sowie Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU ergebende Zurückschiebungsverbot ausgesetzt sein könnte. Nach den aktuellen Erkenntnissen ist es in hohem Maße unwahrscheinlich, dass der Kläger von Ungarn aus weiter nach Serbien abgeschoben werden könnte, ohne dass zuvor seine Asylgründe inhaltlich geprüft würden. Zwar ist nach dem seit 1. August 2015 geltenden ungarischen Asyl- und Flüchtlingsrecht Serbien nunmehr (wieder) sicherer Drittstaat (vgl. Zitate zur ungarischen Rechtslage in: Pro Asyl, Gänzlich unerwünscht - Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn, Juli 2016, S. 18 f.). Die Einreise aus einem sicheren Drittstaat begründet nach dem ungarischen Recht (Art. 2 und Art. 51 des ungarischen Asylgesetzes) eine widerlegliche gesetzliche Vermutung, dass der Schutzsuchende dort bereits hätte Asyl beantragen und Schutz erhalten können. Der Schutzsuchende kann diese gesetzliche Vermutung widerlegen, wenn er nachweist, dass in seinem konkreten Fall der Drittstaat nicht sicher war, weil er dort keinen dem ungarischen Asyl adäquaten Schutz erhalten konnte.

Es kann offenbleiben, ob Serbien mit Blick auf Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU tatsächlich nicht als sicherer Drittstaat einzustufen ist und auch, ob eine Widerlegung der entsprechenden gesetzlichen Schutzvermutung in praxi tatsächlich kaum möglich bzw. vor ungarischen Gerichten durchzusetzen ist (vgl. einerseits Pro Asyl, a.a.O. S. 19; andererseits UNHCR vom 9.9.2016, S. 1 unten, wonach einige Gerichte eine erhebliche Anzahl an Entscheidungen, mit denen Asylanträge als unzulässig abgewiesen wurden, aufgehoben und an das ungarische Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft OIN mit der Maßgabe zurückverwiesen haben, diese auf ihre Begründetheit zu prüfen), da eine Rücküberstellung des Klägers von Ungarn nach Serbien allein auf der Grundlage des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Serbien über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (vgl. Beschluss des Rates vom 8.11.2007 - 2007/819/EG - ABl. L 334/2007; im Folgenden: Rückübernahmeabkommen) erfolgen könnte und eine solche für den Kläger realistischer Weise - tatbestandlich wie auch nach der Vollzugspraxis - ausscheidet.

Notwendige tatbestandliche Voraussetzung für eine solche Rücküberstellung wäre eine Übernahmebestätigung Serbiens (vgl. VG Berlin, U.v. 13.12.2016 - 3 K 509.15 A - juris Rn. 34 m.w.N.). Nach Art. 3 Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens nimmt Serbien auf Ersuchen eines Mitgliedstaates ohne andere als die in diesem Abkommen vorgesehenen Förmlichkeiten alle Drittstaatsangehörige und Staatenlose zurück, die die geltenden rechtlichen Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Mitgliedstaates oder die Anwesenheit oder den Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet nicht oder nicht mehr erfüllen, sofern nachgewiesen oder glaubhaft gemacht ist, dass sie im Besitz eines gültigen Visums und einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung Serbiens sind oder zum Zeitpunkt der Einreise waren oder nach einem Aufenthalt im Hoheitsgebiet Serbiens oder einer Durchreise durch sein Hoheitsgebiet in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates illegal und auf direktem Weg eingereist sind. Nach Art. 9 Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens wird die Erfüllung der Voraussetzungen für die Rückübernahme insbesondere mit den in Anhang 3 aufgeführten Beweismitteln nachgewiesen. Das Rückübernahmeersuchen ist der zuständigen Behörde des ersuchten Staates nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens innerhalb eines Jahres zu übermitteln, nachdem die zuständige Behörde des ersuchenden Staates Kenntnis davon erlangt hat, dass der Drittstaatsangehörige bzw. der Staatenlose die geltenden Voraussetzungen für die Einreise, die Anwesenheit oder den Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt.

Bereits nach den o.g. tatbestandlichen Vorgaben des Rückübernahmeabkommens wäre ein erfolgreiches, den Kläger betreffendes Rückübernahmeersuchen Ungarns gegenüber Serbien in hohem Maße unwahrscheinlich, weil der Kläger nach eigenen Angaben über keine Reisedokumente und auch keine sonstigen Unterlagen zu seinem Reiseweg verfügt (vgl. die in Anlage 3 des Rückübernahmeabkommens enthaltene gemeinsame Liste der Dokumente, die als Nachweis für die Erfüllung der Voraussetzung für die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen gelten) und seit der illegalen Einreise des Klägers nach Ungarn nebst Anbringung seines internationalen Schutzgesuches zudem bereits mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Dazu kommt, dass Serbien - offenbar in unmittelbarer Reaktion auf die im Oktober 2015 vollendete Errichtung des Grenzzaunes entlang der ungarisch-serbischen Grenze und des damit verbundenen unerwünschten und von der Regierung Serbiens nachdrücklich kritisierten Rückstaus von Flüchtlingen auf deren Staatsgebiet - seine Verpflichtungen aus dem Rückübernahmeabkommen im Verhältnis zu Ungarn weitestgehend ausgesetzt hat, soweit es nicht die Rückübernahme von Staatsangehörigen des Westbalkans und der Türkei betrifft (vgl. VG Berlin a.a.O. m.w.N.). Dies findet seine empirische Bestätigung in der vom Bundesamt dem Verwaltungsgericht Berlin im dortigen Verfahren 3 K 509.15 A mitgeteilten aktuellen Statistik der ungarischen Polizei. Danach wurden im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2016 insgesamt 146 Staats- bzw. Drittstaatsangehörige von Ungarn nach Serbien überstellt. Davon hatten 25 Personen die albanische, drei Personen die bosnisch-herzegowinische, 30 Personen die kosovarische, sechs Personen die mazedonische, zwei Personen die montenegrinische, 60 Personen die serbische und 17 Personen die türkische Staatsangehörigkeit. Zwei weitere Rückführungen betrafen einen komorischen bzw. einen tunesischen Staatsangehörigen. Schutzsuchende aus den Herkunftsländern des Mittleren Ostens waren nicht unter den Zurückgeführten, was sich auch mit den aktuellen Erkenntnissen des UNHCR deckt (vgl. UNHCR vom 9.9.2016). Nach dieser Auskunft des UNHCR hat Serbien in der ersten Hälfte des Jahres 2016 für 114 Personen die Zustimmung zu durch Ungarn gestellte Übernahmeersuchen erteilt. Bei 107 dieser Personen handelt es sich um Staatsangehörigen des Westbalkan und der Türkei. Schließlich bestätigt auch die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016, erteilt gegenüber dem Verwaltungsgericht Regensburg im dortigen Verfahren RO 4 K 15.50580, dass Serbien die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn im Wege einer Einzelfallprüfung ablehnt, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass die betreffende Person tatsächlich über Serbien nach Ungarn eingereist ist. Da Serbien in der Regel keine Registrierung der „durchreisenden“ Flüchtlinge vorgenommen hat und Ungarn auch keine anderen Nachweise vorliegen, kann dieser Nachweis regelfällig auch nicht erbracht werden. Zudem ist eine Übernahme durch Serbien ohnehin ausgeschlossen, wenn, wie im Fall des Klägers, zwischen dem Grenzübertritt zwischen Serbien und Ungarn und dem Antrag auf Rückübernahme - wie vorstehend mit Blick auf Art. 10 Abs. 1 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens bereits ausgeführt - mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Vor dem Hintergrund des Umstands, dass es - soweit ersichtlich - seit Oktober 2015 zu keinem einzigen belegten Fall der Rückführung eines Flüchtlings aus einem Herkunftsland des Mittleren Ostens von Ungarn nach Serbien auf der Grundlage des Rückübernahmeabkommens gekommen ist, hat zudem auch das ungarische Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft die faktische Außerkraftsetzung des Rückübernahmeabkommens durch Serbien im Wege einer Weisung nachvollzogen und keine Drittstaatsbescheide gegenüber Schutzsuchenden aus dem Mittleren Osten mehr erlassen (vgl. VG Berlin a.a.O.).

Nach alledem müssen Schutzsuchenden aus dem Mittleren Osten gegenwärtig nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, im Falle einer Rücküberstellung aus der Bundesrepublik Deutschland nach Ungarn einer weiteren Überstellung / Abschiebung nach Serbien ausgesetzt zu werden. Allein der Umstand, dass das ungarische Asylrecht Serbien als sichere Drittstaaten einstuft und damit in Verbindung mit dem Rückübernahmeabkommen eine Kettenabschiebung theoretisch rechtlich möglich wäre, begründet - zusätzlich auch unterstellt, dass Serbien nicht den Anforderungen genügt, die sichere Drittstaaten gemäß Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erfüllen müssen - keinen vorliegend entscheidungserheblichen systemischen Mangel des ungarischen Asylsystems, weil sich dies für den Kläger faktisch nicht auswirken wird. Zudem ist derzeit auch nichts dafür ersichtlich, dass Serbien seine Haltung zur Rückübernahme von Flüchtlingen aus Ungarn ändern könnte, solange die Grenzsituation zwischen Ungarn und Serbien wie bisher fortbesteht.

1.2.2.2 Es bestehen auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger als Dublin-Rückkehrer im Falle der Überstellung nach Ungarn gegenwärtig mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer gegen Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK verstoßenden Asylrechtsvollzugs- und Inhaftierungspraxis ausgesetzt wäre.

Die seit dem 1. August 2015 in Ungarn geltenden Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Anordnung der Asylhaft sehen einen Haftgrund vor bei unklarer Identität oder Staatsangehörigkeit zum Zwecke der Klärung, bei Ausländern, die sich im Ausweisungsverfahren befinden und einen Asylantrag stellen, obwohl sie diesen zweifelsfrei bereits zuvor hätten stellen können, oder um eine drohende Aufenthaltsbeendigung zu verzögern oder abzuwenden, wenn der Sachverhalt des Asylbegehrens aufgeklärt werden muss und eine Aufklärung nicht ohne Haft möglich ist, speziell wenn die Gefahr des Untertauchens besteht, wenn der Asylbewerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, wenn der Asylantrag im Flughafenbereich gestellt wurde oder zur Sicherstellung der Durchführung des Dublin-Verfahrens, wenn die ernsthafte Gefahr des Untertauchens besteht (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27.1.2016, Antwort zu Frage 4 a.a.O.). Diese Haftgründe entsprechen im Wesentlichen den in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a bis f der Richtlinie zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Richtlinie 2013/33/EU -, bezeichneten zulässigen Haftgründen und sind daher unionsrechtlich unbedenklich (vgl. VGH BW, U.v. 13.10.2016 - 11 S. 1596.16 - juris Rn. 36). Die Entscheidung über Asylhaft wird dem Ausländer mündlich in seiner Muttersprache oder einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt, und ihm wird die Anordnungsverfügung ausgehändigt. Asylhaft kann nach ungarischem Recht erstmalig maximal für 72 Stunden durch die ungarische Asylbehörde angeordnet werden und gerichtlich bis zu einer maximalen Dauer von sechs Monaten verlängert werden, wobei spätestens alle 60 Tage eine Haftprüfung stattzufinden hat. Bei dem Haftprüfungstermin muss der Betroffene anwaltlich vertreten sein und kann Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme einlegen. Auch nach Bestätigung der Maßnahme durch das Gericht kann der Betroffene jederzeit Einwendungen erheben, über die das Gericht binnen acht Tagen zu entscheiden hat, wobei eine wiederholte Beschwerde aus denselben Gründen nicht statthaft ist. Sollten Betroffene aus sprachlichen oder anderen Gründen gehindert sein, selbst einen Anwalt zu beauftragen, so wird ihnen von Amts wegen vom zuständigen Gericht ein Anwalt beigeordnet. Die Verfahrenskosten trägt der ungarische Staat. Die Haft ist nach ungarischem Recht zu beenden, wenn die Höchstdauer erreicht ist, der Haftgrund nicht mehr existiert, feststeht, dass der Asylbewerber minderjährig ist, ein Krankenhausaufenthalt aus medizinischen Gründen erforderlich ist, die Voraussetzungen zur Durchführung des Dublin-Verfahrens (Überstellung) gegeben sind oder das Dublin-Verfahren nicht durchgeführt werden kann (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27.1.2016, Antwort zu Frage 4, a.a.O.).

Dem Gericht liegen zum Zeitpunkt der hier getroffenen Entscheidung keine belastbaren Erkenntnisse vor, welche die Bewertung des OVG Lüneburg in seiner Entscheidung vom 15. November 2016 (8 LB 92.15 - juris Rn. 48 f.) und des VGH Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 13. Oktober 2016 (a.a.O., Rn. 36 f.) stützen könnten, dass die Entscheidung, ob ein Asylbewerber in Asylhaft genommen oder einer offenen Aufnahmeeinrichtung zugewiesen wird, auch nach der Novellierung des ungarischen Asylrechts im Jahre 2015 „regelmäßig ohne nachvollziehbare Gründe, mithin willkürlich“ erfolgt bzw. „behördliche und gerichtliche Haftanordnungen und -prüfungen (…) im Regelfall schematisch ohne Prüfung des Einzelfalls und ohne Abwägung milderer Mittel“ erfolgen. Mit dem Verwaltungsgericht Berlin (a.a.O.) ist das Gericht der Auffassung, dass die hierzu maßgeblich angestellte schematische Betrachtung des Verhältnisses derjenigen Asylbewerber, die sich in Ungarn in Asylhaft befinden, zur Gesamtzahl der Asylbewerber - nach Angaben von Amnesty International (vgl. Stranded hope: Hungary’s sustained attack on the rights of refugees and migrants, September 2016, S. 24) sollen sich unter Verweis auf das Hungarian Helsinki Committee am 1. August 2016 insgesamt 700 der insgesamt 1.200 registrierten Asylbewerber, also mehr als die Hälfte, in Asylhaft befunden haben - für die Frage, ob die Inhaftierungspraxis der ungarischen Asylbehörde und deren gerichtliche Kontrolle eine regelhafte Verletzung von Art. 4 GRCh darstellt, als solche keine relevante Aussagekraft hat.

Systemische Mängel vermag das Gericht zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der Aufnahme- und ggf. Haftbedingungen in Ungarn nicht festzustellen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Zahl der in Ungarn dauerhaft schutzsuchenden Flüchtlinge seit Öffnung der deutschen Grenze im September 2015 einerseits und der von Seiten der ungarischen Regierung bis Oktober 2015 verwirklichten Maßnahmen zur Schließung der sog. Balkan-Route andererseits auf ein niedriges Niveau abgesenkt hat. Nach den aktuellen Feststellungen des Verwaltungsgerichts Berlin im o.g. Verfahren wurden in Ungarn im Zeitraum vom 1. Januar bis 4. Dezember 2016 (nur) noch 28.873 Schutzgesuche gestellt. Berücksichtigt man den Umstand, dass sich mit Stand 5. Dezember 2016 in Ungarn nur ca. 500 Schutzsuchende in einem laufenden Verfahren befanden, so drängt es sich auf, dass die überwiegende Mehrheit der Antragsteller - wie auch der Kläger - das einmal erreichte Ungarn lediglich als Transitland begreifen und in andere europäische Länder weiterreisen. Dementsprechend sind die ungarischen Haft- und offenen Aufnahmeeinrichtungen nicht nur nicht überfüllt, sondern aktuell sogar unterbelegt. In Ungarn gibt es gegenwärtig insgesamt noch drei Haft- und vier offene Aufnahmeeinrichtungen. Nach den Feststellungen des UNHCR variiert die Qualität der Versorgung in den offenen Aufnahmeeinrichtungen stark (vgl. UNHCR vom 9.9.2016). Die vom Verwaltungsgericht Berlin dem UNHCR konkret gestellte Frage nach der aktuellen Versorgungsituation der Schutzsuchenden im Allgemeinen und in den Aufnahmeeinrichtungen im Besonderen ließ der UNHCR ebenso unbeantwortet wie die Frage nach den gegenwärtigen Inhaftierungsbedingungen in Ungarn. Dies wertet auch das erkennende Gericht - wie das Verwaltungsgericht Berlin - dahingehend, dass aus Sicht des UNHCR gegenwärtig offenbar keine Zustände zu beklagen sind, die das gemeinsame Europäische Asylsystem mit Blick auf Ungarn strukturell in Frage zu stellen geeignet sind.

Soweit das OVG Lüneburg (a.a.O, Rn. 51 f.) und der VGH Baden-Württemberg (a.a.O., Rn. 37 f.) hinsichtlich der Haftanstalten zu der Auffassung gelangten, inhaftierte Asylbewerber würden wie Strafgefangene behandelt, indem sie zu gerichtlichen Anhörungen oder anderen Terminen außerhalb der Haftanstalt mit Handschellen und angeleint gebracht, hygienische Mindeststandards teilweise nicht eingehalten und Häftlinge sich über einen zu geringen Nährwert der Mahlzeiten und den daraus resultierenden Gewichtsverlust beklagen würden, so beruht dies ganz überwiegend auf mitgeteilten Vorkommnissen, die zeitlich deutlich vor der Zäsur der Verhältnisse in Ungarn seit September 2015 liegen und schon deshalb - wenn sie denn überhaupt verallgemeinerungsfähig wären - keine tragfähige Grundlage für die Beurteilung der aktuellen Situation sein können. Soweit allerdings Amnesty International - und auch Pro Asyl - in ihren vorgenannten Publikationen aktuelle Aussagen und Erhebungen über die ungarische Asylpolitik im Allgemeinen und die hier in Rede stehende Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen im Besonderen zur Verfügung stellen, sieht das Gericht in Gesamtwürdigung der hierzu durchgeführten Befragungen und ihrer offenbar auch weitgehend unkritischen Übernahme mit Blick auf die geringe Anzahl der Befragten, die zudem bestehenden Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben und gerade auch diese Befragungsergebnisse deutlich relativierende gegenläufige Erkenntnisse (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27.1.2016; UNHCR vom 9.9.2016) darin keinen hinreichend belastbaren Beleg für systemisch bedingte Misshandlungen von Asylhäftlingen in Ungarn (vgl. VG Berlin, a.a.O. Rn. 40). Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016 an das Verwaltungsgericht Regensburg (dort Antwort zu Frage 5) sind diesem keine Fälle von willkürlicher Behandlung bekannt geworden.

Systemische Mängel ergeben sich auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse auch nicht hinsichtlich des Vollzugs des ungarischen Asylverfahrens. Zwar ist das Asylverfahren des Klägers aufgrund seiner Weiterreise nach Deutschland nach Art. 66 Abs. 2 und 4 des ungarischen Asylgesetzes wohl eingestellt worden (vgl. dazu und zum Nachfolgenden insbesondere Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27.1.2016 zu den Fragen 1 bis 4 und 7). Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger keine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Art. 66 Abs. 6 des ungarischen Asylgesetzes wird beantragen können, da seit der Einstellung mehr als neun Monate vergangen sind. Dementsprechend wird der Kläger als Folgeantragsteller behandelt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihm kein Flüchtlingsschutz nach ungarischem Recht mehr gewährt werden könnte. Auch stehen Rückkehrern Ansprüche auf Leistungen wie Unterkunft und Verpflegung sowie medizinische Versorgung in Ungarn zu.

1.3. Eine Rücküberstellung nach Ungarn ist auch möglich. Eine Rückführung ist nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen ist, weil Ungarn ungeachtet seiner Verpflichtungen aus der Dublin-III-VO zur Wiederaufnahme tatsächlich nicht bereit wäre (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2016 - 1 C 24.15 - juris Rn. 21 f.).

Eine Rücküberstellung des Klägers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil Ungarn seine Zusammenarbeit im Rahmen der Dublin-III-VO mit den übrigen Mitgliedstaaten zwischenzeitlich vollständig eingestellt hätte. Soweit UNHCR in seiner Auskunft vom 9. September 2016 darauf hinweist, die ungarische Regierung habe die für das Dublin-Verfahren zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten am 27. April 2016 darüber informiert, Ungarn werde keinen weiteren Übernahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung zustimmen, so ist eine derartige „Totalverweigerung“ in der Praxis offensichtlich nicht ins Werk gesetzt worden. Nach der im Verfahren 3 K 509.15 A dem Verwaltungsgericht Berlin vom Bundesamt vorgelegten Übersicht zu den Prüffällen und Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO vom 1. Januar bis 30. November 2016 wurden an Ungarn in diesem Zeitraum 11.544 Übernahmeersuchen durch die Beklagte gestellt, von denen 3.574 positiv beschieden wurden. Auf dieser Grundlage konnten 278 Rücküberstellungen nach Ungarn erfolgen. Bezogen auf den Monat November 2016 wurden von 594 Übernahmeersuchen an Ungarn 83 Übernahmeersuchen positiv beschieden und konnten 14 Rücküberstellungen erfolgen. Dass die Gründe für die im Übrigen nicht erfolgten Überstellungen allein in der Sphäre Ungarns liegen würden, kann nicht festgestellt werden. Zwar ist nicht zu verkennen, dass Ungarn durch die offenbar praktizierte Kontingentierung der maximal akzeptierten Rücküberstellungen nach dem Dublin-Regime auf eine niedrige zweistellige Zahl pro Tag die Möglichkeit der Rückführung einer größeren Gruppe von Schutzsuchenden anscheinend bewusst unterbindet. Jedoch kann keine Rede davon sein, dass Ungarn Überstellungen nach dem Dublin-Verfahren gänzlich eingestellt hat. Auf eine statistisch nur geringe oder nicht geringe Überstellungsquote kommt es im Übrigen von Rechts wegen nicht an (vgl. OVG Schleswig, B.v. 21.11.2016 - 2 LA 111/16 - juris Rn. 5 ff.). Entscheidend ist vielmehr allein der Umstand, dass es in der Vollzugspraxis tatsächlich zu Überstellungen nach der Dublin-III-VO nach Ungarn kommt und dies auch in Bezug auf den Kläger nicht a priori ausgeschlossen ist. Ist dies der Fall, kann eine Rücküberstellung, auch im Wege der Abschiebung, durchgeführt werden (§ 34a Abs. 1 Satz 1 a.E. AsylG). So liegt auch der Fall des Klägers. Auch die Quote der erfolgreichen Überstellungen aus der Bundesrepublik Deutschland in die übrigen Mitgliedstaaten im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 2016 bewegt sich im Übrigen nur in einem jedenfalls vergleichbar niedrigen Bereich (vgl. zum gesamten Vorstehenden VG Berlin a.a.O., Rn 44 m.w.N.).

2. Aufgrund der vorstehend erfolgten Würdigung der vorliegenden Erkenntnismittel konnte das erkennende Gericht eine Sachentscheidung treffen, ohne dass es eines vorherigen richterlichen Hinweises bedurft hätte.

Nach § 86 Abs. 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen und ist an den Vortrag der Beteiligten nicht gebunden. Das Gesetz fordert gerade nicht, dass das Gericht vor seine Entscheidung bekannt gibt, welchen Sachverhalt es für erwiesen erachtet und welcher Rechtsauffassung es im Einzelnen vertritt (vgl. Geiger in: Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 104 Rn. 8). Der Kläger hat sich im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten ausdrücklich auf die seiner Ansicht nach systemischen Schwachstellen des Asylrechts und seines Vollzugs in Ungarn berufen. Somit musste er auch schon nach seinem eigenen Vortrag damit rechnen, dass entsprechende, aktuelle Erkenntnismittel der vorliegend mit Zustimmung der Beteiligten im schriftlichen Verfahren ergehenden Entscheidung vom Gericht zu Grunde gelegt werden. Es liegt dabei auch in der Natur der Sache, dass das Gericht in der Hauptsacheentscheidung nicht mehr der Auffassung folgt, die es zuvor im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Würdigung der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnismittel vertreten hat. Nachdem der Beschluss vom 22. Juni 2016, M 8 S. 16.50295 bereits über ein halbes Jahr zurückliegt, konnte auf der Basis der nunmehr verfügbareren Erkenntnismittel zu den aktuellen Gegebenheiten des Asylrechts und seines Vollzugs in Ungarn die vorliegende Entscheidung mithin ohne vorherigen rechtlichen Hinweis ergehen. Dies umso mehr auch deswegen, weil der Kläger weder neue Tatsachen und Beweismittel, die seine Auffassung belegen würden, vorgebracht (§ 74 Abs. 2 Satz 4 AsylG) noch um rechtlichen Hinweis ersucht hat.

3. Nachdem Einwände gegen die im streitgegenständlichen Bescheid unter Nummer 2 verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Monate wieder erhoben wurden noch ersichtlich sind und auch personenbezogene Abschiebungshindernisse nicht im Raum stehen, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 21/11/2016 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 5. Kammer, Einzelrichter - vom 31. Oktober 2016 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfah
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Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8. Januar 2016 - 23 L 3974/15.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.Die Revisio
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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:

1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen;
2.
a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a,
b)
deren Durchführung und
c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler;
4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung;
4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen;
5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a;
5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts;
6.
Führung des Registers nach § 91a;
7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel;
8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder;
9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen;
10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt;
11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen;
12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7;
13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.