Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 11. Sept. 2018 - 9 A 117/17

bei uns veröffentlicht am11.09.2018

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 07.04.2017 über die Erhebung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2017.

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Als eine kreisangehörige Stadt des Beklagten ist die Klägerin von insgesamt 21 kreisangehörigen Städten und Gemeinden (Umlageschuldner) zur Zahlung einer Kreisumlage verpflichtet. 10 der 21 Umlageschuldner sind dabei zudem Mitglieder von Verbandsgemeinden, welche zusätzlich zur Zahlung einer Verbandsgemeindeumlage verpflichtet sind.

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Für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 setzte der Beklagte in seinen jeweiligen Haushaltssatzungen einen Kreisumlagesatz in Höhe von 47,060 % fest. Die Erhebung einer Kreisumlage rechtfertigte er mit der in seinem Haushalt bestehenden Bedarfssituation. So wies der Ergebnisplan für das Haushaltsjahr 2016 ein Defizit von 4.806.500,00 EUR aus, der Finanzplan ein solches von 2.254.000,00 EUR. Für das Haushaltsjahr 2017 betrug das Defizit im Ergebnisplan 7.431.800,00 EUR und im Finanzplan von 2.818.300,00 EUR. Der Höchstbetrag der Kredite zur rechtzeitigen Leistung der Auszahlung (Liquiditätskredite) wurde jeweils auf 120.000.000,00 EUR festgesetzt.

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Die Höhe des Kreisumlagesatzes für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 beruht ausweislich des Vorbringens des Beklagten und des vorgelegten Verwaltungsvorgangs auf folgenden Feststellungen:

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Dem Beschlussauszug vom 08.10.2015 aus der Niederschrift über die 9. Sitzung des Kreistages des Beklagten vom 07.10.2015 war zu entnehmen, dass der Kreistag beabsichtigte, die Erhöhung des Umlagesatzes für die Kreisumlage der Haushaltsjahre 2016/2017 von 45,851 % auf 47,060 % zu beschließen.

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Mit Schreiben vom 13.11.2015 informierte der Beklagte die Gemeinden über die geplante Erhöhung der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2016 und 2017. Darin wurde ausgeführt, dass beabsichtigt sei, dem Kreistag in seiner Sitzung am 09.12.2015 einen Umlagesatz in Höhe von 47,060 % vorzuschlagen. Im Hinblick auf die Kommunen hieß es insoweit:

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„Bei der laufenden Haushaltsplanung sollten Sie von einem Umlagesatz von 47,060 % ausgehen. Über das weitere Verfahren zur Festsetzung bzw. über die Beschlussfassung des Kreistages werde ich Sie unverzüglich informieren.“

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Im Beschlussauszug vom 10.12.2015 aus der Niederschrift über die 11. Sitzung des Kreistages des Beklagten am 09.12.2015 wurde die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2016 (B/0300/2015) und das Haushaltskonsolidierungskonzept des Beklagten für den Zeitraum 2016/2017 bis 2025 (B/0326/2015) behandelt und mehrheitlich beschlossen. Bestandteil des Beschlusses B/0326/2015 war dabei auch die Anlage zur Beschlussvorlage bezüglich der Fortschreibung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes des Salzlandkreises für den Zeitraum 2016/2017 bis 2025, welche unter Punkt 7. 1. a.) unter Bezugnahme auf die Beschlussvorlagen B/0300/2015 und B/0300/2015/1 Ausführungen über die Erhöhung der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2016/2017 enthielt (vgl. Bl. 49 f. des Verwaltungsvorgangs).

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Danach rechtfertigte der Beklagte die Erhöhung des Umlagesatzes von 45,851 % auf 47,060% damit, dass sich bei einem gleichen Umlagesatz die (absoluten) Erträge in den Haushaltsjahren 2016 und 2017 jeweils um ca. 1,8 Mio. EUR verringert hätten. Daher sei eine Anhebung des Umlagesatzes auf 47,060 % notwendig, um die absolute Höhe der Kreisumlage entsprechend dem beschlossenen Haushaltsplan 2014 (71.789.600,00 EUR) beizubehalten. Weiterhin wurde festgestellt, dass eine darüber hinausgehende weitere Erhöhung des Umlagesatzes jedoch den finanziellen Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Gemeinden auf unzulässige Weise einengen und damit das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2013 (Az. 8 C 1/12) verletzen würde. Hervorgehoben wurde diesbezüglich, dass bei der Erhebung der Kreisumlage die hierdurch entstehende finanzielle Belastung der kreisangehörigen Gemeinden genau zu prüfen sei und eine entsprechende Prüfung (auch) erfolgt sei. Grundlagen dieser Prüfung bildeten dabei Daten zur Haushaltssituation der jeweiligen Umlageschuldner (ohne Verbandsgemeinden) des Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 (Stand: 06.11.2015). Aus diesen ging unter anderem hervor, dass sich 18 der 21 Umlageschuldner in Haushaltskonsolidierung befinden und 13 der 21 Umlageschuldner einen Haushalt erreicht haben, wobei die Klägerin selbst im Jahre 2015 keinen Haushalt beschlossen hat. Davon konnten lediglich 3 Umlageschuldner einen ausgeglichenen Haushalt (strukturell und kumulativ) und 2 Umlageschuldner einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen. 8 Umlageschuldner legten einen unausgeglichenen Haushalt vor. Weiterhin haben 13 der 21 Umlageschuldner einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt, darunter auch die Klägerin. Zuletzt haben im Jahr 2015 13 Umlageschuldner einen Antrag auf Stundung der Kreisumlage gestellt. Vor diesem Hintergrund stellt der Beklagte fest, dass eine weitere Erhöhung der Kreisumlage dazu führen würde, dass eine Konsolidierung der gemeindlichen Haushalte in einem noch geringeren Umfang bzw. gar nicht mehr möglich wäre und eine solche daher nicht mehr als vertretbar angesehen werde.

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Mit Schreiben vom Dezember 2015 informierte der Beklagte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt im Überblick über die Haushaltssituation der Umlageschuldner im Haushaltsjahr 2015 und stellte auch in diesem Schreiben fest, dass eine (weitere) Erhöhung der Kreisumlage die Haushaltskonsolidierung der Kommunen beeinträchtigen würde. Der Beklagte führte dabei aus, dass die landesdurchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung bei ca. 1.441 EUR/Einwohner liegen würde und sich die Städte Aschersleben und Calbe oberhalb des Landesdurchschnitts befänden. Abschließend stellte der Beklagte fest, dass die Umlagenfestsetzung zwar im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen erheblich sei, aber noch als vertretbar angesehen werden könne, da der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur in 4 Fällen unter 2 % fielen, wobei zwei dieser Kommunen einen unausgeglichenen Haushalt vorweisen würden.

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Mit Bescheid vom 05.02.2016 genehmigte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt unter anderem den in der Haushaltssatzung 2016 festgesetzten Kreisumlagesatz von jeweils 47,060 % der Umlagegrundlagen. So hieß es im Bescheid, dass der Beklagte grundsätzlich berechtigt sei, zur Deckung seines Bedarfs eine Kreisumlage zu erheben. Der Bedarf erstrecke sich bei der hier vorliegenden Überschuldungssituation zudem auch auf die Verpflichtung zum Abbau der Überschuldung. Allerdings lasse bereits die nicht ausgeglichene Ergebnisplanung erkennen, dass der veranschlagte Kreisumlageertrag unter der vom Gesetz ermöglichten Festsetzung liege. Abschließend wird festgehalten, dass die von der Beklagten beschlossene Erhöhung des Kreisumlagehebesatzes mit der Finanzhoheit der kreisangehörigen Gemeinden vereinbar sei und die garantierte kommunale Selbstverwaltung nicht beeinträchtige. Dies wird auch maßgeblich darauf gestützt, dass nach derzeitigem Kenntnisstand noch mehrheitlich Ertragspotenziale sowie Einsparmöglichkeiten bei den kreisangehörigen Kommunen bestünden.

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Im Amtsblatt des Beklagten vom 07.03.2016 wurde sodann die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2016 bekannt gemacht, wonach in § 5 der Haushaltssatzung ein Umlagesatz der Kreisumlage in Höhe von 47,060 % festgesetzt worden ist.

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Mit Schreiben vom 09.03.2016 informierte der Beklagte die kreisangehörigen Kommunen über eine geplante weitere Erhöhung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2016 im Bereich eines Nachtragshaushalts. Hierbei wurde ausgeführt, dass dem Kreistag in seiner Sitzung am 20.04.2016 die Nachtragshaushaltssatzung und der Nachtragsplan des Beklagten vorgelegt und hierbei ein Umlagesatz in Höhe von 49,264 % vorgeschlagen werde.

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In der Beschlussvorlage zur 1. Nachtragshaushaltssatzung und zum 1. Nachtragshaushaltsplan des Beklagten für das Haushaltsjahr 2016 (B/0379/2016) wurde die geplante weitere Erhöhung der Kreisumlage darauf gestützt, dass die sonstigen Erträge nicht ausreichen würden, um den erforderlichen Bedarf zu decken. Die Anlage zur Beschlussvorlage B/0379/2016 sah dabei Übersichten zur Haushaltssituation der kreisangehörigen Kommunen des Salzlandkreises für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 (Stand: 01.03.2016) vor (vgl. Bl. 96 ff. der Gerichtsakte). Enthalten waren dabei unter anderem statistischen Angaben zur Haushaltssituation (auch nach Doppik), Übersichten zu Verbindlichkeiten, Rücklagen und der Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben bzw. zu den bestehenden Liquiditätskriterien. Diesen Übersichten lässt sich dabei entnehmen, dass sich 17 Umlageschuldner in Haushaltskonsolidierung befanden, 10 der 21 Umlageschuldner einen unausgeglichenen Haushalt hatten und nur 7 Kommunen über einen ausgeglichenen Haushalt verfügten. In Bezug auf die Klägerin selbst sind den Übersichten keine Daten zu entnehmen, da diese im Jahre 2015 keinen Haushalt beschlossen hat. Daten für das Haushaltsjahr 2016 sind nicht vorhanden. In der Beschlussvorlage B/0379/2016 wurde abschließend festgehalten, dass sich aufgrund der geplanten Erhöhung der Kreisumlage in 2016 für alle 21 Umlageschuldner Mehrauszahlungen errechnen lassen würden. Auch hierbei wurde festgehalten, dass die Umlagenfestsetzung im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen als vertretbar anzusehen sei, da der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % falle, wobei 4 dieser Kommunen Liquiditätsempfänger seien und sich insgesamt 8 Kommunen in der Haushaltskonsolidierung befänden.

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Mit Schreiben vom 22.04.2016 informierte der Beklagte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt über die Haushaltssituation der kreisangehörigen Kommunen im Haushaltsjahr 2016. Er führte aus, dass eine weitergehende Erhöhung des Umlagesatzes der Kreisumlage von 47,060 % auf 49,264 % den finanziellen Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Kommunen zwar in erheblicher Weise einenge, dennoch die angedachte Erhöhung unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung (noch) als vertretbar angesehen werde. Der Beklagte stellt insoweit fest, dass der Anteil der Kreisumlage bei 20 Kommunen deutlich über 100 % an den zur Verfügung stehenden Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen und Auftragskostenpauschale) liege. So können Kommunen die Kreisumlage mit den Zuweisungen nicht mehr abdecken, wobei die Kreisumlage in manchen Fällen die Zulagen sogar um mehr als das Doppelte übersteige. Abschließend heißt es, dass die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung in Sachsen-Anhalt lediglich durch 2 Kommunen überschritten werde und der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % falle, wobei 4 dieser Kommunen Liquiditätsempfänger seien und sich insgesamt 8 Kommunen in der Haushaltskonsolidierung befänden. Der Beklagte sei vor diesem Hintergrund jedoch der Auffassung, dass die Umlagenfestsetzung im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen zwar erheblich sei, aber noch als vertretbar angesehen werden könne.

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In der Kreistagssitzung des Beklagten wurde die vorstehend erläuterte Beschlussvorlage (B 0379/2016) eingebracht, welche jedoch mehrheitlich abgelehnt wurde.

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Für das hier maßgebliche Haushaltsjahr 2017 sah die Beschlussvorlage vom 03.11.2016 (B/0481/2016) hinsichtlich der Haushaltssatzung und des Haushaltsplanes des Beklagten in § 5 der Haushaltssatzung weiterhin einen Umlagesatz in Höhe von 47,06 % der maßgeblichen Umlagegrundlagen vor. Diese enthielt dabei unter anderem eine Übersicht zur Einwohnerzahl der Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden, sowie eine Aufstellung der Einnahmen aus der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 (Bl. 105 ff. d. Verwaltungsvorgangs).

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Der Kreisumlagesatz für das Haushaltsjahr 2017 selbst war unter anderem Gegenstand der 18. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 21.11.2016. Dabei wurde zunächst ein Gesamtüberblick in Bezug auf den Haushalt des Beklagten gegeben. Es wurde festgestellt, dass zwar der Kreisumlagesatz in Höhe von 47,06 % unverändert blieb, dennoch die veränderten Umlagegrundlagen zu Mehreinnahmen in Höhe von 3,8 Mio. EUR führen würden. Ein Ausschussmitglied regte dabei an, darüber nachzudenken, die Kreisumlage minimal abzusenken, um die Kommunen finanziell zu entlasten. Dem wurde jedoch entgegnet, dass intern darüber nachgedacht wurde, die Kreisumlage zu verändern. Oberste Priorität habe jedoch die Abarbeitung der Fehlbeträge und Schulden. Auch sei das Ansinnen der Ausschussmitglieder zur Senkung der Kreisumlage zu Gunsten der Kommunen durchaus zu verstehen, es wurde jedoch gleichzeitig vor einer negativen Finanzplanung gewarnt.

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In der 15. Sitzung des Schul-, Kultur- und Sportausschusses am 24.11.2016 wurde im Hinblick auf eine etwaige Absenkung des Kreisumlagesatzes festgehalten, dass dem Beklagten dann mehr als 3 Mio. EUR fehlen würden, sich der C. wieder in der Konsolidierung befände und ein Konsolidierungskonzept erstellen müsse. Die Belange der Kommunen würden im Rahmen der Finanzausgleichssituation berücksichtigt werden. Sie würden mehr Schlüsselzuweisungen und ein besseres Steueraufkommen erhalten. Ein weiteres Ausschussmitglied gab insoweit zu verstehen, dass, wenn es Vorschläge zur Kreisumlagensenkung gibt, auch Vorschläge unterbreitet werden müssten, wie ein derartiger Fehlbetrag ausgeglichen werden sollte.

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Der Kreistag des Beklagten beschloss sodann in der 16. öffentlichen Sitzung am 07.12.2016 die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 (nach der Beschlussvorlage B/0481/2016/1/6). In der Kreistagssitzung wurde dabei unter anderem festgestellt, dass sich die Einnahmen des Beklagten auch durch höhere Schlüsselzuweisungen verbessert hätten. Da sich auch die Finanzausstattung der kreisangehörigen Kommunen verbessert habe, hätten sich zudem die Berechnungsgrundlagen für die Kreisumlage verändert. So erhalte der Landkreis trotz unverändertem Hebesatz von 47,06 % ca. 3,8 Mio. EUR Mehreinnahmen.

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Mit Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 12.01.2017 bezüglich der Haushaltssatzung des Beklagten für das Haushaltsjahr 2017 sah dieses unter anderem von einer Beanstandung des Beschlusses über die Haushaltssatzung 2017 ab. Es führte jedoch aus, dass das Vorgehen des Beklagten bei der Information der Vertretung zur Vorbereitung des vorliegenden Kreistagsbeschlusses als problematisch angesehen werde.

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Im Amtsblatt des Beklagten vom 18.01.2017 wurde sodann die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 bekannt gemacht, wonach in § 5 der Haushaltssatzung ein Umlagesatz der Kreisumlage in Höhe von 47,060 % festgesetzt wurde.

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Mit hier streitigem Bescheid vom 07.04.2017 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2017 in Höhe von 2.377.062,00 EUR auf der Grundlage des Kreisumlagesatzes von 47,060 % von den maßgeblichen Umlagegrundlagen in Höhe von insgesamt 5.051.131,00 EUR fest.

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Hiergegen hat die Klägerin am 08.05.2017 Klage erhoben und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass der streitige Festsetzungsbescheid vom 07.04.2017 bereits formell, jedoch jedenfalls materiell rechtswidrig sei.

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Die formelle Rechtswidrigkeit ergebe sich aus der mangelnden Anhörung vor Erlass des streitigen Bescheides.

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In materieller Hinsicht verletze der Bescheid die Klägerin in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG, 87 Verf LSA. So habe der Beklagte entgegen der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, die Kreisumlage allein nach seinen Bedürfnissen festgesetzt und die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen beim Beschluss über die Haushaltssatzung missachtet. Die den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zukommenden Beteiligungsrechte im Rahmen der Kreisumlagenerhebung, insbesondere deren Wesen, habe der Beklagte verkannt. So sei die Kreisumlage kein Instrument einseitig hoheitlichen Handelns, sondern Ausdruck einer Gestaltungsbefugnis, bei der der Beklagte stets auch Rücksicht auf die Umlageschuldner zu nehmen habe.

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Die materielle Rechtswidrigkeit ergäbe sich aus der Verkennung der sich auch §§ 19 FAG, 99 Abs. 3 KVG LSA ergebenden Pflichten, im vorliegenden Fall das stetig zu beachtende Abwägungsgebot. Den rechtlichen Ausgangspunkt für das den Beklagten verpflichtende Bestehen eines Abwägungsgebotes bilde dabei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Urteil vom 31.01.2013 (Az.: 8 C 1.12). Die grundlegende Bedeutung dieser Rechtsprechung liege in der Betonung der inhaltlichen wie verfahrensbezogenen Pflichten, welche den Landkreis bei der Festsetzung der Kreisumlage träfen. Es sei dabei wesentlich hervorzuheben, dass sich die finanziellen Interessen des Landkreises und der Gemeinden gleichrangig gegenüberstehen. Daraus folge die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abwägung, welche von dem Beklagten verlange, bei der Finanzplanung kollidierende Interessen - also auch die Interessen derjenigen Umlageschuldner - in die eigene Entscheidung einzustellen.

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Bestandteil einer solchen ordnungsgemäßen Abwägung müsse jedoch auch ein Bewusstsein des zur Abwägung verpflichteten Entscheidungsträgers sein, überhaupt eine Abwägungsentscheidung treffen zu können. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der Beklagte sich des rechtlichen Rahmens und damit seines eigenen Gestaltungsspielraumes bei der Kreisumlagenfestsetzung nicht bewusst gewesen sei. So sei seine „oberste Priorität“, die Abarbeitung der Fehlbeträge und Schulden gewesen. Mit der Betonung der „obersten Priorität“ gehe jedoch gleichzeitig das Eingeständnis einher, dass von einem Gestaltungsspielraum jedenfalls nicht ausgegangen worden sei.

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Nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts sei zwar eine „minutiöse Abwägung“ nicht geschuldet, jedoch müssten die Berücksichtigung des gemeindlichen Finanzbedarfs und die Abwägung des Landkreises im Aufstellungsverfahren zur Haushaltssatzung „erkennbar“ sein. Im hiesigen Verfahren sei schon nicht ersichtlich, dass der Beklagte dies beachtet habe. Denn, dass die Auswirkungen der Kreisumlagenerhebung auf die finanzielle Situation der umlageverpflichteten Körperschaften gesehen worden wäre, lasse sich nicht feststellen. Vielmehr habe die Rechtsposition der Gemeinde sowie die Berücksichtigung der gemeindlichen Interessen für den Beklagten keine Rolle gespielt. Weder dem Vorbericht zum Haushaltsplan noch den Verwaltungsvorgängen oder der Klageerwiderung lasse sich entnehmen, dass der Beklagte auch nur annähernd auf die finanzielle Situation der kreisangehörigen Kommunen eingegangen wäre. Die kreisangehörigen Kommunen seien zu keinem Zeitpunkt beteiligt worden. Auch hätten sie im Verfahren zur Aufstellung des Haushalts keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Vielmehr habe der Beklagte die Klägerin ausschließlich über den Haushaltssatz informiert, ohne den kreisangehörigen Städten und Gemeinden überhaupt eine Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.

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Auch fehle es bereits an einer planvollen und organisierten Einbeziehung der Finanzlagen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in den Entscheidungsprozess bei der Erstellung des Entwurfes, jedenfalls aber bei dessen Vorlage. So sei der Beklagte auch gehalten gewesen, das Ergebnis der Beteiligung, also die Stellungnahmen der kreisangehörigen Kommunen auch dem Kreistag zur Entscheidung vorzulegen. Demnach gehöre es zu einer ordnungsgemäßen Abwägung, dass derjenige, der die Abwägung vorzunehmen habe - im konkreten Fall also der Kreistag - das Abwägungsmaterial kenne. Im konkreten Fall habe es eine derartige Unterrichtung des Kreistages nicht gegeben. So habe selbst das Landesverwaltungsamt Anlass gesehen, auf eine möglicherweise unzureichende Information der Kreistagsmitglieder zu verweisen. Dies bedeute für das vorliegende Verfahren: Hätten die Mitglieder des Kreistages im konkreten Fall die notwendigen Informationen gehabt, weil die kreisangehörigen Kommunen bei der Erstellung des Haushaltsplanes im Vorhinein beteiligt worden wären, wäre im Falle der Klägerin nicht ausgeschlossen gewesen, dass die Abwägungsentscheidung des Kreistages durchaus anders ausgefallen wäre.

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Zudem würden mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung der gemeindlichen Interessen auch prozedurale Anforderungen korrespondieren, welche in der Rechtsprechung näher ausgeformt seien. Im vorliegenden Fall sei jedoch nicht ersichtlich, dass die sich aus der Verfassung abzuleitenden Verfahrensrechte Beachtung gefunden hätten. Dem Beklagten habe demnach eine Datenermittlungspflicht bezüglich der Haushaltssituation der kreisangehörigen Gemeinden oblegen, welche sich vor und nach Erstellung des Haushaltsentwurfs bestehe. Es sei vorliegend bereits nicht ersichtlich, dass überhaupt die Umlagegrundlagen der kreisangehörigen Kommunen ermittelt worden seien. Ein bloßer Rückgriff auf statistische Daten genüge den Anforderungen an das Abwägungsgebot gerade nicht.

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Zuletzt sei davon auszugehen, dass allein die hier vorliegenden Verfahrensverstöße ausreichen würden, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Denn entgegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin- Brandenburg reiche der bloße Verfahrensfehler für den Klageerfolg aus, erst recht, wenn Informationspflichten gegenüber den Mitgliedern des Kreistages verletzt worden seien. Bereits die Verletzung entsprechender Anhörungs- und Ermittlungspflichten seien geeignet, die Rechtswidrigkeit eines Umlagebescheides zu begründen, da diesen neben vermeintlich reinen verfahrensbezogenen Pflichten auch ein materieller Gehalts innewohne. So lasse sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts feststellen, dass die Ermittlung des Finanzbedarfes keine bloße „Förmelei“ darstelle, sondern, dass mithilfe dieser Ermittlung eine Beachtung des geforderten Ausgleichs zwischen gemeindlichen und kreislichen Interessen gewährleistet werde. Die Betonung der verfahrensbezogenen Pflichten erweise sich als kommunalrechtliche Ausprägung des „Grundrechtsschutzes durch das Verfahren“. Schutzgut der postulierten Verfahrenspflichten sei die kommunale Selbstverwaltung, nicht die ausreichende Information des Kreistagsmitglieds. Mit den Informationspflichten und Beteiligungsrechten gehe es um den Schutz der Kommune, nicht einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung des Mandatsträgers.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 07.04.2017 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt den streitbefangenen Bescheid und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Kreisumlage in erster Linie eine Finanzierungsfunktion der Landkreise habe. Sie stelle das alleinige Deckungsmittel zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs sowie das einzige nennenswerte eigene gestaltbare Einnahmeinstrument dar. Daher bestehe das fiskalische Ziel der Kreisumlage letztendlich in der Alimentation der Landkreise.

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Vor diesem Hintergrund habe er die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes berücksichtigt. So sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Verstoß gegen den in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden im Rahmen der Erhebung der Kreisumlage nur gegeben, wenn die gemeindliche Verwaltungsebene allein dadurch oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert sei. Der Kernbereich der Garantie sei demnach erst dann verletzt, wenn die Gemeinde strukturell und auf Dauer außerstande sei, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Die Klägerin selbst habe ihre finanzielle Situation bereits nicht substantiiert dargelegt, insbesondere inwieweit sie durch den Kreisumlagesatz von 47,060 % im Kernbereich ihrer verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie verletzt worden wäre. Eine vollumfängliche Abschöpfung der Umlagegrundlagen durch die Kreisumlage erfolge jedenfalls nicht. So seien weitergehende Ertrags- und Einzahlungsmöglichkeiten erkennbar. Auch erhalte die Klägerin höhere allgemeine Zuweisungen und erziele auch höhere Steuereinnahmen. Gleichzeitig verfüge die Klägerin noch über Konsolidierungspotential, welche ihre finanzielle Situation verbessern würde. Die Klägerin habe zudem die Möglichkeit, Liquiditätshilfen bzw. Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsstock zu beantragen. Folglich bestünden unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt weder eine Verletzung im Kernbereich ihrer verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie noch eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung durch die Kreisumlagenerhebung. Auch sei die Erhebung der Kreisumlage in der streitgegenständlichen Höhe nicht ursächlich für die prekäre finanzielle Situation der Klägerin.

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Der Kreisumlagebescheid sei auch nicht aus formellen Gründen rechtswidrig. Der Beklagte sei sich bewusst gewesen, dass er im Zusammenhang mit der Festsetzung des Hebesatzes der Kreisumlage auch die Interessen der kreisangehörigen Gemeinden zu berücksichtigen und insoweit eine Abwägung zu treffen habe. Dieser Verpflichtung sei er entgegen der Auffassung der Klägerin auch nachgekommen. So sei dem Beklagten die finanzielle Leistungsfähigkeit der Klägerin hinreichend bekannt und diese wurde auch bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes berücksichtigt (vgl. u.a.: Beschlussauszug: B/0300/2015). Die insoweit einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes habe er beachtet. Danach habe er im Rahmen der Festlegung des Kreisumlagesatzes auch die Erhöhung der Finanzausgleichsmasse, die laut Steuerschätzung zunehmenden Einnahmen der Städte und Gemeinden und die finanzielle Entlastung der Klägerin durch die im Bundestag beschlossene 5 Mrd. EUR Kommunalentlastung, welche ab 2018 zu Gunsten der Kommunen gehe, berücksichtigt.

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Zudem sei bei der Auslegung der nach dem Bundesverwaltungsgericht erforderlichen „Ermittlungspflichten“, der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zu folgen. So dürfe die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass das absolute Minimum der Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden unterschritten werde. Dies sei bei der Klägerin, wie bereits beschrieben, jedoch nicht der Fall. So habe diese weiterhin finanzielle Mittel für freiwillige und pflichtige Aufgaben zur Verfügung. Daher sei auch eine etwaige unzureichende Information der Kreistagsmitglieder, welche bestritten werde, bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit des Kreisumlagebescheides unerheblich.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

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Die zulässige Klage ist begründet.

43

Der Bescheid des Beklagten vom 07.04.2017, gegen welchen ein Widerspruchsverfahren gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 VwGO, § 8 a Abs. 1 S. 1 AG VwGO i. V. m. § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 VwGO, §§ 1, 5, 99 KVG LSA nicht durchzuführen war, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

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Insoweit kann offenbleiben, ob der Bescheid nach Auffassung der Klägerin mangels Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfG LSA) bereits formell rechtswidrig ist, wobei einem solchen Einwand bereits die Möglichkeit der Heilung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG entgegenstehen dürfte. Denn der Bescheid ist materiell rechtswidrig, da die mit ihm erfolgte Festsetzung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2017 nach §§ 99 Abs. 3 KVG LSA, 19 FAG i. V. m. § 5 der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 (HS 2017) auf einer unwirksamen Rechtsgrundlage beruht. Die konkrete Festsetzung des Kreisumlagesatzes in § 5 HS 2017 in Höhe von 47,060 % verstößt gegen höherrangiges Recht und ist damit nichtig.

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1. Die zulässige und unbestrittene Berechtigung des Beklagten im Haushaltsjahr 2017 eine Kreisumlage zu erheben, findet ihre rechtliche Grundlage in § 99 Abs. 3 KVG LSA i. V. m. § 19 FAG. § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA berechtigt den Landkreis, soweit seine sonstigen Erträge nicht ausreichen, von den kreisangehörigen Gemeinden nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Umlage (Kreisumlage) zu erheben, um seinen erforderlichen Bedarf zu decken. Nach § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA sind die Umlagesätze in der Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr festzusetzen. Die Berechnung der Kreisumlage bestimmt sich dabei nach § 19 Abs. 1 und 2 FAG. Danach wird die Kreisumlage gemäß § 99 Abs. 3 KVG LSA in der Haushaltssatzung in Vomhundertsätzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesätze) bemessen. Bei unterschiedlichen Umlagesätzen soll der höchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel übersteigen. Umlagegrundlagen sind nach Absatz 2 die Schlüsselzuweisungen der kreisangehörigen Gemeinden nach § 12 FAG des jeweiligen vergangenen Haushaltsjahres und die Steuerkraftzahlen nach § 14 FAG.

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Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der grundsätzlichen Erhebungsberechtigung des Beklagten nach § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 FAG bestehen nach Auffassung des Gerichts dabei auch vor dem Hintergrund der beim Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen- Anhalt anhängigen Verfassungsbeschwerde (Az. LVG 1/18) gegen § 19 Abs. 2 FAG (Umlagegrundlagen) nicht. Denn insoweit dürfte nicht die Ermächtigungsgrundlage an sich im Mittelpunkt der dort vorzunehmenden rechtlichen Überprüfung stehen, sondern die konkrete Berechnungsgrundlage bzw. die Umlagegrundlagen der Kreisumlage, welche im hiesigen Verfahren jedoch nicht im Streit stehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der rechtlich zulässigen und gebotenen Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung des § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA, § 19 Abs. 1 und 2 FAG. Denn es obliegt dem Haushaltssatzungsgeber, eine mit der hier maßgeblichen kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (hier: Recht der aufgabenadäquaten Finanzausstattung) der Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA im Einklang stehende Satzungsbestimmung und damit einen hinreichenden Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Kreises und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu schaffen (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013 - 8 C 1/12 -, juris Rn. 25).

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2. Der Beklagte hat vorliegend den Kreisumlagesatz nach § 5 der HS 2017 nicht in einer verfassungskonformen Weise festgesetzt. Denn er hat die ihm hierbei gemäß Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA obliegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen in Form von Ermittlungs- und Beteiligungspflichten einerseits und Abwägungspflichten andererseits nicht beachtet (a.). Dem Gericht ist es dabei wegen § 114 S. 1 VwGO nicht gestattet, den so festgesetzten Kreisumlagesatz allein auf seine Ergebnisrichtigkeit zu prüfen (b.). Der festgestellte Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Anforderungen bei der Kreisumlagenfestsetzung war vorliegend für die Klägerin auch beachtlich (c.).

48

a.) Grundsätzlich gilt, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 99 Abs. 3 KVG LSA i. V. m. § 19 FAG selbst keine ausdrücklich gesetzlich normierten Verfahrensvorschriften zur Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung vorsehen. So legt § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA nur fest, dass die Umlagesätze in der Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr festzusetzen sind. Die konkrete Ausgestaltung bleibt dabei dem Haushaltsgesetzgeber überlassen. Diesem steht die alleinige Festsetzungskompetenz zu, in welchem Umfang er (abhängig vom erforderlichen Bedarf und seinen sonstigen Einnahmen) eine Kreisumlage von den Umlageschuldnern erhebt (vgl. § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA). Ausweislich des Gesetzeswortlautes beruht die Höhe des Umlagesatzes dabei ausschließlich auf der alleinigen Willensbildung des Landkreises. Dies ist jedoch insofern zu problematisieren, als dass die Kreisumlage selbst einen erheblichen finanziell belastenden Faktor im Rahmen der Finanzausstattung der Umlageschuldner darstellt. Denn wo die Kreisumlage beim Landkreis eine (zulässige) Einnahmequelle ist, entzieht sie auf der anderen Seite den Umlageschuldnern Finanzmittel des eigenen Haushalts. Die Erlangung und der Entzug von Finanzmitteln stehen sich demnach wechselseitig gegenüber mit der Folge, dass bei der Kreisumlagenfestsetzung kollidierende Haushaltsinteressen aufeinandertreffen. Ausweislich des Gesetzeswortlautes des § 99 Abs. 3 KVG LSA wird jedoch die Kreisumlage selbst nicht zwischen den Beteiligten „ausgehandelt“, sodass eine Gefahr der unangemessenen einseitigen Belastung der Umlageschuldner vor dem Hintergrund der alleinigen Festsetzungskompetenz des umlageberechtigten Landkreises besteht. Die verfassungskonforme Festsetzung der Kreisumlagesatzes im Lichte der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Verf LSA erfordert es jedoch gerade, dass die kollidierenden Interessen einen Ausgleich erfahren müssen. Denn diese gewährleistet in gleichem Maße sowohl dem umlageberechtigten Kreis als auch den Umlageschuldnern das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung im Rahmen der Gewährleistung der finanziellen Mindestausstattung. Daraus folgt, dass sich auch die jeweiligen Haushaltsinteressen in gleichem Maße, somit gleichberechtigt gegenüberstehen (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 14); eine einseitige Bevorzugung der kreislichen Interessen allein wegen der dem Kreis obliegenden Festsetzungskompetenz besteht mithin nicht.

49

Das Bundesverwaltungsgericht führte hierzu in seiner Leitentscheidung im Hinblick auf die Begrenzung der Kreisumlageerhebung durch die Gewährleistung des Rechts auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung als Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 12 ff.), wie folgt, aus:

50

„Die Finanzausstattung der Gemeinden ist ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei; dem stehen in negativer Hinsicht Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise. Sie entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt (a); und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird (b).

51

a) Dem Gesetz- und sonstigen Normgeber kommt bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land, Kreisen und Gemeinden ein weiter Regelungsspielraum zu. Aus dem Grundgesetz lassen sich insofern keine Vorrangpositionen herleiten; vielmehr hat der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang. Weder kommt dem Land für seinen eigenen Finanzbedarf ein Vorrang gegenüber dem kommunalen Bereich zu, noch lässt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG umgekehrt ein Vorrang des kommunalen Finanzbedarfs gegenüber demjenigen des Staates herleiten. Auch innerhalb des kreiskommunalen Raumes lässt sich weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten. (…) Art. 28 Abs. 2 GG regelt eine Kompetenzverteilung und gewährleistet gleichsam akzessorisch eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, trifft jedoch keine von der Aufgabenverteilung losgelöste, zusätzliche und eigenständige Regelung zur Verteilung öffentlicher Mittel.

52

Mit Blick auf die Kreisumlage kommt dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs zunächst und vor allem Bedeutung für das vertikale Verhältnis des umlageberechtigten Kreises zu den umlageverpflichteten kreisangehörigen Gemeinden zu. Mit der Kreisumlage werden bestimmte Finanzmittel im kreisangehörigen Raum zwischen dem Kreis und den Gemeinden verteilt. Das muss gleichmäßig geschehen (zum Gebot interkommunaler Gleichbehandlung: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris Rn. 80). Dabei ist von Bedeutung, dass der Kreis nicht nur die Befugnis zur einseitigen Erhebung der Kreisumlage hat, sondern dass er in bestimmter Hinsicht auch über das Ausmaß seiner Kreistätigkeit disponiert und damit seinen eigenen Finanzbedarf enger oder weiter stecken kann. Das darf er nicht beliebig; vielmehr muss er die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Dem Berufungsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass der Kreis seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber den Aufgaben und Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen darf. Es ist allenfalls dahin zu ergänzen, dass der Kreis auch verpflichtet ist, nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen.

53

Die Erhebung der Kreisumlage muss den allgemeinen Gleichheitssatz auch in horizontaler Dimension im Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <393>; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 a.a.O. <287>). (…)..

54

Schließlich darf die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit entwertet wird. Das meint zunächst die Ertragshoheit. Soweit das Grundgesetz den Gemeinden selbst Steuerkraft zuerkennt, darf der Landesgesetzgeber - oder der Kreis auf landesgesetzlicher Grundlage - ihnen diese nicht wieder zur Gänze entziehen (…).

55

b) Die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden dürfen weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Insofern zieht Art. 28 Abs. 2 GG auch der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze.“

56

Stehen sich demnach die Haushaltsinteressen des Landkreises und der Umlageschuldner gleichberechtigt gegenüber, muss gerade wegen der bestehenden alleinigen Festsetzungskompetenz und der daraus resultierenden Gefahr des Vorzuges seiner finanziellen Belange in einer rechtlich überprüfbaren Weise sichergestellt werden, dass der vom Bundesverwaltungsgericht auch im Urteil vom 16.06.2015 (Az.: 10 C 13/14) betonte Grundsatz des finanziellen Gleichrangs beachtet wird. Aus diesem Grunde sind an die Festsetzung der Kreisumlage verfahrensrechtliche Anforderungen zu stellen, die ungeachtet von der bestehenden Haushaltssituation der Umlageschuldner Geltung beanspruchen. Diese bestehen einerseits in einer Pflicht zur Ermittlung der kollidierenden Finanzbedarfe, welche zwingend eine Beteiligung der betroffenen Umlageschuldner erfordert. Andererseits hat der Landkreis die kollidierenden (Haushalts-)Interessen im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägungsentscheidung in einen angemessenen Ausgleich zu bringen (aa.). Diese generellen verfahrensrechtlichen Anforderungen bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung hat der Beklagte jedoch im vorliegenden Fall sowohl im Hinblick auf die Ermittlungs- und Beteiligungspflicht als auch auf die Abwägungspflicht missachtet (bb.).

57

aa.) Die Geltung der aus den Garantien der Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA hergeleiteten Verfahrenspflichten im Rahmen der Festsetzung der Kreisumlage bezweckt dabei ausschließlich die (auch gerichtlich) überprüfbare Gewährleistung des Grundsatzes des finanziellen Gleichrangs im Rahmen der verfassungsrechtlich verbürgten Garantie der finanziellen Mindestausstattung, welche die absolute Grenze für die Kreisumlagenerhebung zieht (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 18). Vor diesem Hintergrund hat sich ein umlageberechtigter Kreis die finanziellen Belange der Umlageschuldner vor Augen zu führen, um ausschließen zu können, dass diese verfassungsrechtliche Garantie tangiert werden. Vor diesem Hintergrund können die so bestehenden Verfahrenspflichten jedoch eine unterschiedliche inhaltliche Ausgestaltung erfahren. Denn bildet Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA den rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Geltung der verfahrensbezogenen Pflichten, strahlen diese auch auf die inhaltliche Bestimmung der dem Landkreis obliegenden Pflichten aus. Dies bedeutet, dass die vorhandene finanzielle Leistungskraft der Umlageschuldner im Rahmen ihrer vorhandenen Haushaltssituation einen entscheidenden Faktor bei der Festlegung der Reichweite der bestehenden verfassungsrechtlichen Ermittlungs-, Beteiligungs-, und Abwägungspflichten bildet. So schwächen sich die inhaltlichen Anforderungen an die Verfahrenspflichten - nicht zuletzt wegen der von § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA determinierten Begrenzung - je mehr ab, desto leistungsstärker sich die finanzielle Situation der Umlageschuldner darstellt. Auf der anderen Seite erstarken sie zu einem umfangreichen Pflichtenkanon, je defizitärer die finanzielle Leistungsfähigkeit der Umlageschuldner ist, folglich für den umlageberechtigten Kreis greifbare Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG bestehen. Dies bedeutet insbesondere für die generell bestehenden Beteiligungsrechte der Umlageschuldner, dass diese von einem stetig zu beachtenden Anhörungsrecht zu einer aktiven umfassenden Beteiligung erstarken können. Dabei genügt bereits die Gefahr der Verletzung der finanziellen Mindestausstattung für das Erstarken der Verfahrenspflichten, da bereits hierbei für den umlageberechtigten Kreis erkennbar ist, dass die finanziellen Belange der Umlageschuldner erheblich tangiert sind bzw. sein können.

58

Nach Auffassung des Gerichts gilt dies maßgeblich vor dem Hintergrund, dass die durch die Verfassung determinierten Verfahrenspflichten ausschließlich dazu dienen, eine aufgabenadäquate Finanzausstattung in Form der finanziellen Mindestausstattung zu wahren. Die Durchführung dieses verfassungsrechtlich gebotenen Verfahrens dient daher keinem Selbstzweck mit der Folge, dass wenn dem umlageberechtigten Kreis im Rahmen seiner Kenntnis der Haushaltslage der Gemeinden keinerlei Anzeichen für eine etwaige Haushaltsgefährdung bewusst werden bzw. keinerlei Anhaltspunkte für eine solche ersichtlich sind, auch keine umfangreiche Ermittlung und Abwägung der kollidierenden finanziellen Belange, sowie eine umfassende aktive Beteiligung der Umlageschuldner, zu erfolgen hat. Festzuhalten bleibt jedoch, dass generell die Pflicht zur Durchführung eines Verfahrens besteht, die inhaltliche Ausgestaltung jedoch einzelfallabhängig von der jeweils zu prüfenden Haushaltssituation der Umlageschuldner abhängt.

59

Unabhängig von der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung lässt sich festhalten, dass einem umlageberechtigten Kreis in einem Stufenverhältnis zwei Kernpflichten obliegen. Diese Kernpflichten haben in der Rechtsprechung der jeweiligen Gerichte ihre konkrete Ausgestaltung gefunden (vgl. u.a.: Thür OVG, U. v. 07.10.2016 - 3 KO 94/12 -; VG Bayreuth, U. v. 10.10.2017 - B 5 K 15.701 -; VG Schwerin, U. v. 20.07.2016 - 1 A 387/14 -; VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018 - 3 K 1916/15 -; alle juris). Auf der 1. Stufe hat der Kreis die Finanzbedarfe der Umlageschuldner zu ermitteln. Dabei hat er die Umlageschuldner im Rahmen der diesen zustehenden Beteiligungsrechte zumindest anzuhören (Ermittlungs- und Anhörungspflicht). Auf der 2. Stufe hat der Kreis das „gewonnene Wissen“ in seine Haushaltsplanung und folglich der Kreisumlagenfestsetzung im Rahmen einer erkennbaren Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen und sich mit dieser auseinanderzusetzen (Abwägungspflicht). Legt ein umlageberechtigter Kreis dabei einen einheitlichen Umlagesatz für alle Umlageschuldner fest, hat er im Rahmen der ihm obliegenden Verfahrenspflichten die finanzielle Situation aller Umlageschuldner in den Blick zu nehmen und sich regelmäßig an der finanziell leistungsschwächsten Gemeinde zu orientieren, um insgesamt das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung zu wahren.

60

Vor diesem Hintergrund lassen sich nach Auffassung des Gerichts folgende Mindestanforderungen an die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Kreisumlagenfestsetzung vor dem Hintergrund des Erstarkens und Abschwächens der inhaltlichen Anforderungen statuieren:

61

Ein Landkreis hat zunächst die finanziellen Belange aller Umlageschuldner zu ermitteln. Dies umfasst eine inhaltliche und eine zeitliche Ebene. Unabhängig davon, welche konkreten Daten er im Rahmen der inhaltlichen Komponente zu erheben hat, um seiner Ermittlungspflicht nachzukommen (vgl. hierzu u.a.: VG Schwerin, U. v. 20.07.2016, a.a.O.; VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018, a.a.O.), ist er jedoch in jedem Falle verpflichtet, die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte zu wahren und zu beachten. Diese kann er nur durch eine Pflicht zur Anhörung der Umlageschuldner Rechnung tragen, wobei auch zunächst eine Ermittlung der Finanzbedarfe durch den Landkreis selbst erfolgen kann. Sofern die Ermittlungspflichten bei finanzschwachen Umlageschuldnern erstarken, hat der Landkreis diesen aktiv zeitlich ausreichend Gelegenheit zu geben, ihre Bedarfssituation selbst darzustellen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der umlageberechtigte Kreis durch die Kreisumlage den Haushalt der Umlageschuldner durch den Entzug von Finanzmitteln erheblich nachteilig belastet. Die zeitliche Komponente der Ermittlungspflicht erfasst dabei auch die Aktualität der erhobenen Daten. Da die Kreisumlage für das jeweilige Haushaltsjahr festgesetzt wird (vgl. § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA), bedarf es auch einer in Bezug zur jeweiligen Kreisumlage zeitnahen Erfassung der maßgeblichen Daten.

62

Im zweiten Schritt hat der Landkreis die ermittelnden kollidierenden finanziellen Belange im Rahmen einer Abwägungsentscheidung in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt dabei einen Abwägungswillen und eine Abwägungsbereitschaft voraus, wobei der umlageberechtigte Landkreis das abwägungsrelevante Material zu erkennen und zu bewerten hat. Zudem hat er seine Entscheidung dabei offenzulegen (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 14). Der Abwägungsvorgang muss demnach mindestens erkennbar sein. Hierbei wird im Einklang mit der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts keine „minutiöse“ Abwägung (vgl. U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 55) verlangt, jedoch zumindest eine erkennbare und folglich verschriftlichte Auseinandersetzung unter Berücksichtigung des ermittelten abwägungsrelevanten Tatsachenmaterial, insbesondere die Verschriftlichung des Ergebnisweges. Hierbei muss jedenfalls eine erkennbare Gewichtung der sich gegenüberstehenden finanziellen Belange der Umlageschuldner und des Umlagegläubigers erfolgen, welche in die Festsetzung eines konkreten Umlagesatzes mündet. Dabei ist mindestens zu fordern, dass die schriftlichen Darlegungen der Abwägungsentscheidung Bestandteil der Beschlussvorlage für den Kreistag werden und folglich Bestandteil seiner Erwägungen. Auch hierbei ist erneut festzuhalten, dass die Abwägungspflicht und die Anforderungen an die Offenlegung der Entscheidung erstarken (ausweiten), je leistungsschwächer sich die finanzielle Haushaltssituation der Umlageschuldner darstellt.

63

bb.) Der Beklagte hat vorliegend die ihm bei der hier maßgeblichen Kreisumlagenfestsetzung zukommenden erstarkten Verfahrenspflichten zur Ermittlung der finanziellen Belange und Beteiligung der Umlageschuldner (aaa.) einerseits und der Pflicht zur Abwägung der kollidierenden finanziellen Belange (bbb.) andererseits nicht hinreichend beachtet.

64

Im hiesigen Verfahren der Kreisumlagenfestsetzung in der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 hatte der Beklagte zunächst die erstarkten verfahrensrechtlichen Anforderungen zu beachten. Denn ausweislich der vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Übersichten zur Haushaltssituation der kreisangehörigen Kommunen des Salzlandkreises als Anlage zur Beschlussvorlage B/0379/2016 zur 1. Nachtragshaushaltssatzung und zum 1. Nachtragshaushaltsplan des Beklagten für das Haushaltsjahr 2016 (vgl. Bl. 96 ff. der Gerichtsakte) war eine erhebliche Gefährdung der finanziellen Leistungsfähigkeit der in den Blick zu nehmenden 21 Umlageschuldner nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn nicht sogar offenkundig. Dabei lässt sich unter anderem feststellen, dass sich 17 von 21 Umlageschuldnern in Haushaltskonsolidierung befanden, wobei nur 10 der 21 Umlageschuldner einen unausgeglichenen Haushalt hatten; 8 Umlageschuldner hatten dabei einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt.

65

Folglich bestanden für den Beklagten unstreitig greifbare Anhaltpunkte, dass dieser durch die Kreisumlagenerhebung erheblich belastend in den Haushalt der Umlageschuldner eingreift. Dass sich der Beklagte der schwierigen finanziellen Lage der Umlagenpflichtigen selbst bewusst war, zeigen auch die Ausführungen in den Beschlussvorlagen zur Erhöhung der Kreisumlage, wonach „eine weitere Erhöhung dazu führen würde, dass eine Konsolidierung der gemeindlichen Haushalte in noch geringerem Umfang bzw. gar nicht mehr möglich wäre“ (vgl. B/0326/2015, Bl. 50 des Verwaltungsvorgangs). Auch dass sich 18 von 21 Kommunen laut dieser Beschlussvorlage in Haushaltskonsolidierung befanden, zeigt deutlich, dass die Umlageschuldner erhebliche Belastungen in ihrem Haushalt meistern mussten. Zudem begründet die Feststellung des Beklagten mit Schreiben vom 22.04.2016 an das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, dass „der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % fällt“, offenkundig die Annahme einer Verletzung des Rechts auf finanzielle Mindestausstattung, da diese Kommunen nicht mehr über die „freien Spitzen“ verfügen könnten, um zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen (vgl. VG Schwerin, U. v. 20.07.2016, a.a.O., juris Rn. 63). Zuletzt begründet der Umstand, dass 13 der 21 Kommunen im Jahr 2015 einen Antrag auf Stundung der Kreisumlage gestellt haben, ein Indiz für die Haushaltsnotlagen dieser Umlageschuldner. Vorliegend musste dem Beklagten mithin angesichts der auch selbst erkannten erheblichen finanziellen Probleme der Umlagepflichtigen bewusst gewesen sein, dass die Gefahr einer nicht mehr angemessenen aufgabenadäquaten Finanzausstattung bzw. einer Entwertung der von Gesetzes wegen verliehenen Steuerkraft drohen kann. Letzteres gilt in besonderem Maße für diejenigen Umlageschuldner, die als Mitglieder von Verbandsgemeinden zusätzlich zur Zahlung einer Verbandsgemeindeumlage verpflichtet sind (vgl. § 23 FAG). Es wird deutlich, dass die bestehenden haushaltsrechtlichen Probleme auch durch die Kreisumlagenfestsetzung des Beklagten bestehen. Vor diesem Hintergrund sah sich der Beklagten bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung einem erstarkten verfahrensrechtlichen Pflichtenkanon gegenüber.

66

aaa.) Der Beklagte ist den dadurch erhöhten Anforderungen im Rahmen seiner Ermittlungspflicht der bestehenden finanziellen Belange nicht nachgekommen. Denn diese setzt in jedem Fall eine Beteiligung der Umlageschuldner voraus (vgl. u. a.: Thür OVG, U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 52 ff.; VG Bayreuth, U. v. 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 38). Der Beklagte hat die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte zu wahren und zu beachten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der in Rede stehenden erheblichen Gefährdung der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinde. Den Beteiligungsrechten wird neben der Pflicht zur Anhörung der Umlageschuldner dadurch Rechnung getragen, dass diesen zeitlich ausreichend Gelegenheit gegeben wird, ihre Bedarfssituation aktiv darzustellen.

67

Der Beklagte hat jedoch im vorliegenden Fall die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte grundsätzlich verkannt, denn er hat sie selbst ausweislich des Verwaltungsvorgangs und der eigenen Angaben im Klageverfahren auf keinerlei Weise an der Kreisumlagenfestsetzung aktiv beteiligt, sondern diese ausschließlich über den Stand der Beschlussfassung im Kreistag informiert, wobei der Beklagte selbst von einem nicht verhandelbaren Kreisumlagesatz ausging. Dies zeigt eindeutig die Formulierung im Schreiben vom 13.11.2015: „Bei der laufenden Haushaltsplanung sollten Sie von einem Umlagesatz von 47,060 % ausgehen. Über das weitere Verfahren zur Festsetzung bzw. über die Beschlussfassung des Kreistages werde ich Sie unverzüglich informieren.“ Den Umlageschuldnern wurde weder Gelegenheit gegeben, ihre Bedarfssituation selbst darzustellen noch im Rahmen einer etwaigen nachgängigen Anhörung die Möglichkeit gegeben, auf die seitens des Beklagten unstreitig erhobenen Daten einzuwirken bzw. diese klarstellend zu untersetzen, zumal es allein die Umlagepflichtigen vermögen, ein umfassendes Bild ihres Haushalts und der damit einhergehenden Finanzsituation zu zeichnen. Es ist nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Beklagte die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte nicht beachtet hat. Bringt er insoweit vor, dass er eine umfangreiche Kenntnis aus der Stellung als umlageberechtigter Kreis habe und die Umlagepflichtigen ihre Haushalte, diesem vorzulegen hätten, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn der verfassungsrechtliche Grundsatz des finanziellen Gleichrangs gebietet es gerade die Umlageschuldner am Festsetzungsprozess der Kreisumlage zu beteiligen. Dies gilt im hiesigen Verfahren wegen der bestehenden Gefährdungslage umso mehr.

68

bbb.) Neben der Nichtbeachtung der den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte hat der Beklagte zudem entgegen den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG seiner endgültigen Kreisumlagenfestsetzung keine offengelegte Abwägungsentscheidung zugrunde gelegt. Zwar verlangt ein verfassungskonformer qualifizierter Abwägungsvorgang im Einklang mit der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts keine „minutiöse“ Abwägung (vgl. U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 55). Ein solcher muss jedoch wenigstens erkennbar sein, woran es jedoch im vorliegenden Fall bereits mangelt. Dies gilt umso mehr, da dem Beklagten eine erstarkte Abwägungspflicht der kollidierenden finanziellen Belange obliegt. Denn liegt eine Gefährdung der finanziellen Mindestausstattung vor, hat der Beklagte einen qualifizierteren Abwägungsvorgang offenzulegen, als das bei einer leistungsstarken finanziellen Situation der Umlageschuldner der Fall wäre.

69

Der Beklagte hat keine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung getroffen. Welche Anforderungen an die konkrete Ausgestaltung der Abwägungsentscheidung zu stellen sind (vgl. u.a.: VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018, a.a.O.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da weder dem vorliegenden Verwaltungsvorgang noch den Ausführungen des Beklagten im Klageverfahren ein ordnungsgemäßer Abwägungsvorgang zu entnehmen ist. Dies folgt einerseits bereits aus dem Umstand, dass keine ordnungsgemäße Ermittlung des abwägungsrelevanten Materials erfolgt ist und es daher bereits nicht ausgeschlossen werden kann, dass er erhebliche abwägungsrelevante Elemente übersehen hat. Andererseits hat der Beklagten verkannt, dass bei der Abwägungsentscheidung der Kreisumlagesatz an sich einer Prüfung zu unterziehen ist und nicht ausschließlich die Möglichkeit einer Erhöhung. Zuletzt mangelt es im vorliegenden Fall jedoch an einer offengelegten und folglich verschriftlichten Auseinandersetzung mit dem ermittelten abwägungsrelevantem Material, insbesondere der Verschriftlichung des Ergebnisweges.

70

Eine substantielle Abwägung mit den widerstreitenden finanziellen Interessen der Umlageschuldner und des umlageberechtigten Landkreises ist nicht erkennbar. Vielmehr stellt der Beklagte ausschließlich das Ergebnis fest, ohne eine hierauf stützende Grundlage zu benennen. So heißt es in der Beschlussvorlage B/0300/2015 unter Zitierung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine entsprechende Prüfung erfolgt sei und eine weitere Erhöhung des Umlagesatzes nicht mehr als vertretbar angesehen werde. Diesen Ausführungen ist kein materiell-rechtlich gewichtiger Abwägungsvorgang, aus welchem sich schlüssig und nachvollziehbar die Festsetzungserwägungen entnehmen lassen, zu erkennen. Welche Prüfung der Beklagte vorgenommen hat und wie er zu diesem festgehaltenen Ergebnis gelangt ist, ist den Ausführungen nicht zu entnehmen. Der Beklagte stellt vielmehr die Haushaltssituation der 21 Umlageschuldner im Überblick und sehr verkürzt zusammen, ohne aus dieser eine etwaige qualifizierte Erkenntnis für seine Abwägungsentscheidung herzuleiten. Allein die ausschließliche Darstellung auch eines etwaigen Abwägungsergebnisses genügt jedoch nicht, um den Anforderungen an ein „Offenlegen der Entscheidung“ zu erfüllen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, welche kollidierenden Interessen miteinander abgewogen worden sein sollen bzw. mit welcher Begründung den eigenen Interessen (auch berechtigter Weise) der Vorzug eingeräumt worden ist. Festzuhalten ist demnach jedenfalls, dass auch derjenige falsch abwägt, der nur das Ergebnis aufführt ohne die grundsätzlichen Elemente, welche Kern der Abwägungsentscheidung waren aufzuzeigen. Dies hat zur Folge, dass dem Gericht eine Überprüfung der getroffenen Festsetzungsentscheidung nicht möglich ist. Denn der Kreis hat eine komplexe und einzelfallabhängige Abwägungsentscheidung vorzunehmen, bei der das Gericht nur zu prüfen hat, ob der Kreis seine eigenen Interessen einseitig und rücksichtslos gegenüber den berechtigten Interessen der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden durchsetzt (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 14). Insoweit ist dem Kreis ein weiter Abwägungsspielraum zuzugestehen.

71

Vorliegend bestehen zudem gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine eigenen finanziellen Belange über die der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden gestellt hat. Dies verdeutlicht insbesondere, dass er auf der Grundlage dergleichen zeitlichen Übersicht zur der umlagepflichtigen Gemeinden und Städte Haushaltssituation (letzter Stand: 01.03.2016) zunächst abschließend bezüglich der Erhöhung der Kreisumlage von 45,851 % auf 47,060 %, wie folgt, ausführt (vgl. Bl. 50 des Verwaltungsvorgangs):

72

„Vor diesem Hintergrund würde eine weitere Erhöhung der Kreisumlage dazu führen, dass eine Konsolidierung der gemeindlichen Haushalte in noch geringerem Umfang bzw. gar nicht mehr möglich wäre.

73

Eine weitere Erhöhung des Umlagesatzes wird somit als nicht mehr vertretbar angesehen.“

74

Bereits in der Beschlussvorlage zum Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2016 (B/0379/2016) heißt es jedoch, dass „es erforderlich sei den Umlagesatz der Kreisumlage von 47,060 % auf 49,264 % zu erhöhen, da die sonstigen Erträge nicht ausreichen, um den erforderlichen Bedarf zu decken“. Der Beklagte begründete die Erhöhung des Umlagesatzes mit Schreiben an das Landesverwaltungsamt Halle vom 22.04.2016, wie folgt:

75

„Eine weitergehende Erhöhung des Umlagesatzes der Kreisumlage von 47,06 % auf 49,264 % engt den finanziellen Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Kommunen zwar in erheblicher Weise ein, dennoch wird aus diesseitiger Sicht unter Zugrundelegung der insoweit einschlägigen Rechtsprechung die angedachte Erhöhung (noch) als vertretbar angesehen.“

76

Nach Darstellung der Rechtsprechung sowie einer verkürzten Zusammenfassung der Haushaltssituation der Umlageschuldner heißt es weiter:

77

„In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Anteil der Kreisumlage bei 20 Kommunen auch deutlich über 100 % an den zur Verfügung stehenden Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen und Auftragskostenpauschale) liegt.

78

Die Kommunen können die Kreisumlage mit den Zuweisungen nicht mehr abdecken, wobei die Kreisumlage in manchen Fällen die Zulagen sogar um mehr als das Doppelte übersteigt.

79

Da die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung in Sachsen-Anhalt lediglich durch 2 Kommunen überschritten wird und der Anteil der Auszahlungen für freiwillige Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % fällt, wobei vier dieser Kommunen Liquiditätsempfänger sind und sich insgesamt 8 Kommunen in der Haushaltskonsolidierung befinden, ist der C. der Auffassung, dass die Umlagenfestsetzung im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen zwar erheblich ist, aber (noch) als vertretbar angesehen werden kann.“

80

Bereits die schriftlich dargestellte Auffassung des Beklagten zeigt unzweideutig, dass er seinem Finanzbedarf ein größeres Gewicht beimisst, als dem der Umlageschuldner. Es ist nicht nachvollziehbar, dass er auf der Grundlage dergleichen Datenerfassung zunächst eine weitere Erhöhung über 47,060 % nicht mehr als vertretbar ansieht und im zweiten Schritt mit derselben Begründung eine Erhöhung auf 49,264 % rechtfertigt. Es erfolgt in keiner Weise eine Befassung mit den konkreten Auswirkungen dieser Erhöhung auf die Umlageschuldner bzw. auf welche Art und Weise sie diese belastet (insbesondere auch vor dem Hintergrund einer bestehenden Pflicht zur Zahlung einer Verbandsgemeindeumlage). Dies lässt nach Auffassung des Gerichts nur den Schluss zu, dass er den verfassungsrechtlich gebotenen Abwägungsvorgang nur anhand seiner Interessen ausrichtet, um eine größtmögliche Umlagenzahlung zu erreichen. So liegt keine qualifizierte verschriftlichte Abwägungsentscheidung vor, welche eine derartige Auffassung entkräftet.

81

Diese Einschätzung wird zudem noch untersetzt durch die Befassung mit dem Kreisumlagesatz in den Ausschüssen. So heißt es unter anderem in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses vom 21.11.2016 (vgl. Bl. 361 ff. des Verwaltungsvorgangs):

82

"Herr Dr. P (…) bittet die Verwaltung darum, darüber nachzudenken, die Kreisumlage minimal abzusenken, um die Kommunen finanziell zu entlasten. (…). Frau S schildert, dass hausintern darüber nachgedacht wurde, die Kreisumlage zu verändern. Oberste Priorität hat jedoch die Abarbeitung der Fehlbeträge (was übrig bleibt, wenn Einnahmen ausgeschöpft sind) und Schulden. Frau H kann das Ansinnen der Ausschussmitglieder zur Senkung der Kreisumlage zu Gunsten der Kommunen durchaus verstehen, warnt aber gleichzeitig aufgrund der negativen Finanzplanung davor. (…)."

83

Dies verdeutlicht auch, dass in den Ausschüssen keine qualifizierte Diskussion erfolgte, sondern diese ausschließlich mit dem Argument, dass der Beklagte sich eine Minderung finanziell nicht erlauben könne, beendet worden ist. Folglich konnte auch kein qualifizierter Abwägungsvorgang stattfinden, da anhand der eigenen gewichtigen Interessen des Beklagten, kein Raum für „vermeintliche“ Zweifel seitens der Umlageschuldner bestehen kann. Zusammenfassend lässt sich daher dem Verwaltungsvorgang entnehmen, dass der Beklagte seinen eigenen finanziellen Bedarf über den der Umlageschuldner stellt. Mag dies auch auf einer durchaus bestehenden tatsächlichen finanziellen schlechten Haushaltslage bestehen, rechtfertigt dies unter keinem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt eine Abweichung von dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs der Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA. Von der Beachtung gleichrangiger Interessen kann nach Auffassung des Gerichts unter keinem Blickwinkel ausweislich der vorgelegten Unterlagen ausgegangen werden.

84

b.) Hat der Beklagte die verfahrensrechtlichen Anforderungen bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung nicht beachtet, führt allein dies zur Unwirksamkeit der nach § 5 der HS 2017 erfolgten Festsetzung des Kreisumlagesatzes der Höhe nach. Denn das Gericht ist wegen der von dem Beklagten bei der Festsetzung des konkreten Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung zu fordernden umfangreichen, vielschichtigen und komplexen Prognoseentscheidung nicht berechtigt bzw. verpflichtet, den festgesetzten Kreisumlagesatz allein auf seine Ergebnisrichtigkeit zu prüfen und folglich die vorhandene defizitäre Abwägungsentscheidung durch eine ordnungsgemäße Wertung zu ersetzen (vgl. hierzu insbesondere: VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018, a.a.O., juris Rn. 68 ff.). So besteht gemäß § 114 S. 1 VwGO nur ein eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Beurteilungsspielraum, da es sich um eine wertende Entscheidung handelt, bei dem (wie hier maßgeblich) zu prüfen ist, ob der Beklagte von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, insbesondere alle wesentlichen entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt bzw. umgekehrt nicht einschlägige Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hat, sowie im zweiten Schritt er die abstrakt zu ermittelnden Wertungsmaßstäbe beachtet und ausreichend eingehalten hat, sich nicht von sachfremden, willkürlichen oder sonst unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen und die getroffene wertende Beurteilung substantiell, in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und den Erfordernissen rationaler Abwägung nicht widerspricht (vgl. Schenke, in Kopp/Schenke: VwGO Kommentar, 23. Aufl. 2017, § 114 Rn. 28). Die Ausübung des bestehenden Beurteilungsspielraums, soweit das Gericht dies kontrollieren kann (§ 114 S. 1 VwGO), ist jedoch zu beanstanden. Denn der Beklagte ging, wie beschrieben, von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt aus und missachtete bei der Festsetzung die geforderten Bewertungsmaßstäbe bzw. die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung.

85

c. Der demnach festgestellte Verstoß gegen die verfassungsrechtlich determinierten Verfahrensanforderungen im Rahmen der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 ist im vorliegenden Fall auch für die Klägerin beachtlich. Maßstab der Prüfung der Beachtlichkeit eines Verfahrensverstoßes ist vor dem Hintergrund der Einordnung der Verfahrensrechte als primäre Gewährleistungsrechte des Art. 28 Abs. 2 GG, dass eine diesbezügliche Rechtsverletzung nicht offenkundig ausgeschlossen sein darf. Insofern hat sich das Gericht dabei von folgenden Gedanken leiten lassen:

86

Im Rahmen der Prüfung der verfassungskonformen Festsetzung des Kreisumlagesatzes vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Rechts auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung nach Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA, kann die Verletzung der Verfahrensvorschriften für sich allein genommen nicht genügen, um eine Rechtsverletzung des Umlageschulders selbst zu begründen. Denn stellen die Verfahrensanforderungen, wie bereits beschrieben (vgl. S. 16 f.), keinen Selbstzweck dar, sondern haben ausschließlich einen (ihrem aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Recht) dienenden Charakter, kann eine Rechtsverletzung eines Umlageschuldners nicht angenommen werden, bei dem unter ausschließlicher Berücksichtigung seiner Haushaltssituation eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung offenkundig und von vornherein ausgeschlossen ist. Nach Auffassung des Gerichts führt das vollständige Fehlen offenkundiger Anhaltspunkte für eine etwaige Verletzung der finanziellen Mindestausstattung dazu, dass ein auch fehlerhaft festgesetzter Umlagesatz in der Haushaltssatzung eine Rechtsverletzung des Umlageschuldners nicht begründen kann, da seine Haushaltsinteressen vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 GG in keinster Weise tangiert werden, mit der Folge, dass sich auch ein fehlerhaftes Verfahren nicht belastend auf diesen Umlageschuldner auswirken kann (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 24.04.2017 - 12 N 58.16 -, juris Rn. 8). Eine andere Auffassung würde dazu führen, dass die Verfahrensanforderungen zu einem reinen Selbstzweck verkommen und das Festsetzungsverfahren nur um seiner selbst Willen durchgeführt wird. Vor diesem Hintergrund ist es rechtsstaatlich auch nicht bedenklich, dass einem finanziell leistungsstarken Umlageschuldner die sanktionslose Hinnahme eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsaktes zugemutet werden kann (vgl. zur einfach-gesetzlichen Ebene § 46 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfG LSA). Eine solche Auslegung berücksichtigt zudem die verfassungsrechtliche Herleitung der Verfahrensanforderungen aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA, zumal eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung nur bei deren Unterschreiten angenommen werden kann. Oberhalb dieses Rahmens kann auch ein Umlageschuldner eine Verletzung regelmäßig nicht rügen. Art. 28 Abs. 2 GG schützt demnach ausschließlich den "Kernbereich" der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und folglich das verfassungsrechtliche Minimum (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 18 ff.). Ist die Unterschreitung der äußersten Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren jedoch offensichtlich und von vornherein ausgeschlossen, gewährleistet Art. 28 Abs. 2 GG den Umlageschuldner „quasi über die Hintertür“ keinen weitergehenden Schutz. Ist der Landkreis gesetzlich legitimiert, eine Kreisumlage im Rahmen seines kreiskommunalen Bedarfs zu erheben, hat sich die festgesetzte Höhe selbst nur an diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen messen zu lassen (vgl. u. a. ThürOVG, U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 71 ff.).

87

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist klarstellend jedoch zu ergänzen, dass neben dem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab des Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA - bei dem die vorstehend erörterte Beachtlichkeitsprüfung vorzunehmen ist - die Rechtmäßigkeit der Kreisumlagenfestsetzung darüber hinaus anhand § 99 Abs. 3 KVG LSA, § 19 FAG erfolgt; die Einhaltung dieser Voraussetzungen kann jede Gemeinde unabhängig von Vorstehendem geltend machen. Denn hierbei steht primär nicht das verfassungsrechtlich determinierte Festsetzungsverfahren im Mittelpunkt der Überprüfung, sondern die Festsetzung selbst unter Beachtung des Satzungserfordernisses anhand des „erforderlichen Bedarfs“, insbesondere der Nichtausschöpfung kreislichen Einnahmepotentials.

88

Im vorliegenden Fall ist eine Beachtlichkeit des Verfahrensverstoßes unzweifelhaft gegeben. Denn in Bezug auf die Haushaltslage der Klägerin ist anhand der seitens des Beklagten selbst vorgelegten Unterlagen (vgl. Anlage 2 zur Beschlussvorlage B/0379/2016, Bl. 96 d. GA) nicht offenkundig und von vornherein ausgeschlossen, dass ihr Recht auf eine verfassungsrechtlich gebotene Mindestausstattung durch den festgesetzten Umlagesatz verletzt ist. So vermochte es die Klägerin in den Haushaltsjahren 2015 und 2016 keinen Haushalt zu beschließen und hat bereits im Jahre 2014 einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt. Aus dem Umstand dass die Klägerin in den Jahren 2015 und 2016 keinen Haushalts aufstellen konnte, folgt ausweislich der Übersicht, dass dem Beklagte selbst keine Daten bezüglich der Haushalte nach Doppik, der bestehenden Verbindlichkeiten und Rücklagen und der Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben sowie der Beantragung von Liquiditätskrediten vorliegen. Dies zeigt bereits deutlich, dass die Klägerin sich erheblichen haushaltsrechtlichen Problemen gegenübersah und diese zusätzlich durch die Kreisumlagenfestsetzung verschärft werden. Genügt es demnach, dass eine strukturelle Unterfinanzierung der Klägerin nicht ausgeschlossen ist, hat das Gericht auch keine Detailprüfung ihrer Haushaltslage vorzunehmen. Dies hat zur Folge, dass der Beklagte mit seinem Vorhalt eines etwaigen Verstoßes der Klägerin gegen die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nach § 98 KVG LSA nicht gehört werden kann, weshalb es ist rechtlich unerheblich ist, ob die Klägerin weitere Einsparmöglichkeiten, Konsolidierungspotenzial oder die Möglichkeit der Kreditaufnahme hat. Wegen der von Verfassungswegen verbürgten Rechtsposition der Klägerin genügt es vielmehr, dass „Anzeichen“ für eine Verletzung der Gewährleistung der finanziellen Mindestausstattung vorliegen, was hier der Fall ist.

II.

89

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 S. 1 GKG.

90

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 124 a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die maßgeblichen Rechtsfragen obergerichtlich für das Land Sachsen-Anhalt noch nicht geklärt sind.


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Tatbestand 1 Zwischen den Beteiligten ist die Kreisumlage für das Jahr 2009 streitig. 2

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Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Kreisumlage für das Jahr 2009 streitig.

2

Die Klägerin, eine kleine kreisangehörige Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz, wurde für das Jahr 2009 vom beklagten Landkreis mit Bescheid vom 17. August 2009 zu einer Kreisumlage herangezogen, die bei Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft einen progressiven Anteil enthält. Dagegen hat die Klägerin geklagt, weil die Progression der Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen (Verbandsgemeindeumlage, Finanzausgleichsumlage, Gewerbesteuerumlage) dazu führe, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu mehr als 100 % (genau: zu 108,2 %) abgeschöpft werde. Sie müsse deshalb allein zur Finanzierung ihrer Umlageverpflichtung Kassenkredite aufnehmen; zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbleibe ihr kein Spielraum.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Der angefochtene Kreisumlagebescheid sei rechtmäßig. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Kreisumlage seien verfassungsgemäß, auch soweit sie den Landkreisen die Festsetzung eines progressiven Umlagesatzes erlaubten. Die Rheinland-Pfälzische Verfassung schreibe kein bestimmtes Verteilungssystem vor. Dem Gesetzgeber sei in dieser Hinsicht ein weites Ermessen eingeräumt, das seine Grenze im Gebot interkommunaler Gleichbehandlung und damit letztlich im Willkürverbot finde. Über diesen allgemeinen Maßstab hinaus müsse die gesetzliche Regelung berücksichtigen, dass Finanzkraftunterschiede im Wege des Finanzausgleichs grundsätzlich nur abgemildert, nicht aber eingeebnet oder gar umgekehrt werden dürften. Die Kreisumlage als solche erweise sich als notwendiger Bestandteil des derzeitigen Finanzausgleichssystems. Auch die im Landesfinanzausgleichsgesetz vorgesehene Möglichkeit einer progressiven Staffelung der Umlagesätze stehe im Einklang mit den vorgenannten Maßstäben. Die Regelung beruhe auf sachlichen Gründen und füge sich folgerichtig in das geltende Konzept des Finanzausgleichs ein. Es erscheine vom Grundsatz her sachgerecht, wenn das Gesetz den Kreisen die Möglichkeit einräume, die überdurchschnittliche Steuerkraft einzelner Gemeinden durch eine progressive Staffelung des Umlagesatzes teilweise abzuschöpfen und so ihren Nachteil bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen verursachergerecht auszugleichen. Eine progressive Staffelung der Umlagesätze führe für sich genommen auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung von Finanzkraftunterschieden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr unter den kreisangehörigen Gemeinden. Das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung sei auch nicht deshalb verletzt, weil eine solche Progression Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl, aber gleichwohl hohen Steuereinnahmen besonders treffe. Auch die Ausgestaltung der Umlagesätze in § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es gebe keine allgemeine Grenze des Umlagesatzes unabhängig vom Aufgabenbestand des Kreises einerseits und der Gemeinde andererseits. Ein progressiv gestaffelter Umlagesatz, der für einzelne kreisangehörige Gemeinden nivellierend und übernivellierend wirke, sei mithin dann noch verfassungskonform, wenn für die Festsetzung sachlich einleuchtende Gründe vorlägen und diese auch sonst nicht als willkürlich oder rücksichtslos erschienen. Davon könne vorliegend nicht die Rede sein. Nicht nur die Klägerin, sondern auch der Beklagte hätte im Jahre 2009 mit erheblichen finanziellen Engpässen zu kämpfen gehabt. Auch die von der Haushaltssatzung angeordnete Progression des Kreisumlagesatzes sei unbedenklich. Auf der Grundlage des vorliegenden Zahlenmaterials bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass es hierdurch zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung der Finanzkraft unter den kreisangehörigen Gemeinden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr gekommen sei. Selbst wenn die Progression eine solche Wirkung gezeigt haben sollte, wäre die Klägerin hierdurch nicht in ihrer Finanzhoheit verletzt. Aus Sicht des Kreises sprächen hierfür nämlich sachlich einleuchtende Gründe. Im beklagten Landkreis stünden einige wenige finanzstarke Gemeinden einer großen Zahl von Gemeinden mit weit unterdurchschnittlicher Finanzkraft gegenüber. Bei einem Verzicht auf die Progression wäre dem Beklagten zur Vermeidung eines noch größeren eigenen Haushaltsdefizits nichts anderes übriggeblieben, als den dann einheitlichen Umlagesatz weiter anzuheben. Hierdurch wären auch die ohnehin unterdurchschnittlich finanzkräftigen Gemeinden weiter geschwächt worden. Die Ausgestaltung des progressiven Umlagesatzes erscheine gegenüber den betroffenen Gemeinden auch nicht rücksichtslos. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die angeordnete Progression in Steigung und Höchstsatz hinter dem nach dem Landesfinanzausgleichsgesetz zulässigen Maß zurückbleibe. Der Beklagte habe bei der Bemessung seines über die Kreisumlage zu deckenden Finanzbedarfs auch keine Ausgaben für landkreisfremde Aufgaben berücksichtigt. Die von der Klägerin beanstandeten Mittelansätze beträfen allesamt Angelegenheiten, die der Beklagte nach der Landkreisordnung als überörtliche Aufgaben der freien Selbstverwaltung wahrnehmen dürfe. Die Frage, inwieweit ein Landkreis unterstützend und ausgleichend im Bereich der allgemeinen Angelegenheiten tätig werden dürfe, stelle sich im vorliegenden Falle nicht.

4

Im Revisionsverfahren beantragt die Klägerin,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. April 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. November 2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 aufzuheben.

5

Zur Begründung ihrer Revision macht sie geltend, der Beklagte nehme unzulässig gemeindliche Aufgaben wahr. Dies führe zu einem entsprechend überhöhten Finanzbedarf und zu einem überhöhten Umlagesoll. Die Wahl eines progressiven Umlagesatzes bewirke eine vollständige Einebnung der Finanzkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden oder sogar eine Veränderung der Finanzkraftreihenfolge. Die Erhebung der Kreisumlage in ihrer konkreten Ausgestaltung führe im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass ihr die Umlagegrundlagen zur Gänze entzogen würden und sie zur Umlagefinanzierung sogar Kredite aufnehmen müsse. Das Vorgehen des Beklagten sei mit Art. 28 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, dass eine progressive Kreisumlage mit Art. 28 Abs. 2 GG dann nicht mehr vereinbar sei, wenn die verfassungsrechtlich gewährleistete aufgabenadäquate finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden strukturell nicht mehr gewahrt werde.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Berufungsurteil wird den Anforderungen aus Art. 28 Abs. 2 GG nicht in jeder Hinsicht gerecht und verletzt damit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

10

Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der angefochtene Kreisumlagebescheid einer Rechtsgrundlage bedarf, dass er diese nur in § 58 Abs. 4 Landkreisordnung (LKO) i.V.m. § 25 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) sowie in § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 finden kann und dass deren Gültigkeit voraussetzt, dass sie mit höherem Recht, namentlich mit Verfassungsrecht vereinbar sind. Insofern hat das Berufungsgericht allein das Verfassungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz, nämlich Art. 49 LVerf in den Blick genommen und keinen Grund zur Beanstandung finden können; insoweit unterliegt sein Urteil nicht der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Das Berufungsgericht hat indes ungeprüft gelassen, ob die erwähnten Rechtsgrundlagen auch mit Bundesverfassungsrecht, vornehmlich mit Art. 28 Abs. 2, aber auch mit Art. 106 Abs. 5 bis 6 GG vereinbar sind. Dies gilt es nachzuholen. Hierzu müssen zunächst die verfassungsrechtlichen Maßstäbe entfaltet werden (1.). Daran gemessen, erweisen sich die Erwägungen des Berufungsgerichts teilweise als beanstandungsfrei (2. und 3.), in anderer Hinsicht jedoch als unzureichend (4.). Da eine abschließende Entscheidung weitere tatsächliche Feststellungen voraussetzt, die zudem landesrechtliche Rechtsfragen aufwerfen können, muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (5.).

11

1. Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Das ergibt sich schon aus Satz 1 der Garantie; das Recht der Gemeinden, grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, setzt voraus, dass die Gemeinden über eine Finanzausstattung verfügen, die sie hierzu in den Stand setzt. Es wurde im Übrigen durch die Anfügung von Satz 3 der Garantie bestätigt und noch materiellrechtlich verstärkt. Das ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (Urteile vom 25. März 1998 - BVerwG 8 C 11.97 - BVerwGE 106, 280 <287> = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 146 und vom 15. November 2006 - BVerwG 8 C 18.05 - BVerwGE 127, 155 = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 161).

12

Die Finanzausstattung der Gemeinden ist ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei; dem stehen in negativer Hinsicht Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise. Sie entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt (a); und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird (b).

13

a) Dem Gesetz- und sonstigen Normgeber kommt bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land, Kreisen und Gemeinden ein weiter Regelungsspielraum zu. Aus dem Grundgesetz lassen sich insofern keine Vorrangpositionen herleiten; vielmehr hat der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang. Weder kommt dem Land für seinen eigenen Finanzbedarf ein Vorrang gegenüber dem kommunalen Bereich zu, noch lässt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG umgekehrt ein Vorrang des kommunalen Finanzbedarfs gegenüber demjenigen des Staates herleiten. Auch innerhalb des kreiskommunalen Raumes lässt sich weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Art. 28 Abs. 2 GG auch das sogenannte dezentrale Aufgabenverteilungsprinzip entnommen. Hiernach muss der Gesetzgeber berücksichtigen, dass der Verfassungsgeber sich dafür entschieden hat, dass örtlich bezogene öffentliche Aufgaben möglichst dezentral, im Zweifel also auf der gemeindlichen Ebene erledigt werden sollen (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u.a. - BVerfGE 79, 127 <147 ff., 156>). Daraus lässt sich jedoch kein Vorrangprinzip zugunsten der gemeindlichen Ebene auch in Ansehung der Verteilung knapper finanzieller Ressourcen herleiten. Das dezentrale Aufgabenverteilungsprinzip bewirkt eine im Zweifel gemeindliche Aufgabenzuständigkeit und begründet in der Folge eine gemeindliche Ausgabenlast. Deshalb ist der hierdurch begründete Finanzbedarf der Gemeinden jedoch nicht gewichtiger als der Finanzbedarf anderer (höherstufiger) Verwaltungsträger, der diesen aus den ihnen (verfassungsgemäß) zugewiesenen öffentlichen Aufgaben erwächst (vgl. auch Beschluss vom 3. März 1997 - BVerwG 8 B 130.96 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 109). Art. 28 Abs. 2 GG regelt eine Kompetenzverteilung und gewährleistet gleichsam akzessorisch eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, trifft jedoch keine von der Aufgabenverteilung losgelöste, zusätzliche und eigenständige Regelung zur Verteilung öffentlicher Mittel.

14

Mit Blick auf die Kreisumlage kommt dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs zunächst und vor allem Bedeutung für das vertikale Verhältnis des umlageberechtigten Kreises zu den umlageverpflichteten kreisangehörigen Gemeinden zu. Mit der Kreisumlage werden bestimmte Finanzmittel im kreisangehörigen Raum zwischen dem Kreis und den Gemeinden verteilt. Das muss gleichmäßig geschehen (zum Gebot interkommunaler Gleichbehandlung: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris Rn. 80). Dabei ist von Bedeutung, dass der Kreis nicht nur die Befugnis zur einseitigen Erhebung der Kreisumlage hat, sondern dass er in bestimmter Hinsicht auch über das Ausmaß seiner Kreistätigkeit disponiert und damit seinen eigenen Finanzbedarf enger oder weiter stecken kann. Das darf er nicht beliebig; vielmehr muss er die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Dem Berufungsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass der Kreis seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber den Aufgaben und Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen darf. Es ist allenfalls dahin zu ergänzen, dass der Kreis auch verpflichtet ist, nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen.

15

Die Erhebung der Kreisumlage muss den allgemeinen Gleichheitssatz auch in horizontaler Dimension im Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <393>; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 a.a.O. <287>). Fraglos zulässig ist es, den Finanzbedarf des Kreises nach linear gleichem Maßstab auf die kreisangehörigen Gemeinden umzulegen. Häufig werden steuerstärkere Gemeinden jedoch stärker herangezogen als steuerschwächere; dadurch erzielt die Kreisumlage zugleich einen steuerkraftausgleichenden Effekt. Hierfür bedarf es eines sachlichen Grundes. Außerdem darf dies nicht so weit gehen, dass die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden eingeebnet oder gar die Steuerkraftreihenfolge verändert wird. Dies hat das Bundesverfassungsgericht aus dem Gebot der Gleichbehandlung der Länder im Länderfinanzausgleich hergeleitet (BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. - BVerfGE 86, 148 <250 f., 253 f.>); es gilt gleichermaßen in Ansehung des Gebots der Gleichbehandlung der kreisangehörigen Gemeinden bei der Kreisumlage.

16

Schließlich darf die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit entwertet wird. Das meint zunächst die Ertragshoheit. Soweit das Grundgesetz den Gemeinden selbst Steuerkraft zuerkennt, darf der Landesgesetzgeber - oder der Kreis auf landesgesetzlicher Grundlage - ihnen diese nicht wieder zur Gänze entziehen. Zwar erlaubt Art. 106 Abs. 6 Satz 4 und 5 GG eine Umlage zugunsten des Landes und des Bundes auf den Ertrag der Gewerbesteuer. Dadurch darf jedoch nur ein Teil des Gewerbesteuerertrages entzogen werden; ein Umlagesatz von 100 % wäre jedenfalls unzulässig. Ähnliches gilt für Art. 106 Abs. 6 Satz 6 GG. Hiernach können die Länder die Erträge der Gemeinden aus den Realsteuern, aus der Einkommen- und aus der Umsatzsteuer zur Grundlage für weitere Umlagen nehmen. Auch dies darf nur einen Teil der gemeindlichen Steuerkraft erfassen; unzulässig wäre es, den Gemeinden die genannten Umlagegrundlagen praktisch zur Gänze zu entziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar gelegentlich bemerkt, Art. 106 Abs. 6 Satz 6 GG lasse sich ein besonderer Normgehalt nicht entnehmen, weshalb die Vorschrift von Teilen der Literatur sogar für überflüssig erachtet wird (BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 a.a.O. <391 f.>). Die Frage eines Totalentzugs der Umlagegrundlagen war jedoch nicht Gegenstand dieser Entscheidung.

17

Die Steuerhoheit umfasst neben der Ertragshoheit auch eine gewisse Regelungsbefugnis. Insofern gewährleistet das Grundgesetz den Gemeinden in Ansehung der Realsteuern und - nach Maßgabe von Bundesrecht - auch in Ansehung ihres Anteils an der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 2 GG) eine eigene Regelungsbefugnis als Grundlage einer örtlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik im Sinne einer "finanziellen Eigenverantwortung" (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04 u.a. - BVerfGE 125, 141 <160 ff.>). Die Erhebung von Umlagen darf nicht dazu führen, dass die eigenverantwortliche Ausübung der gemeindlichen Steuerhoheit entwertet wird. Die rheinland-pfälzischen Bestimmungen über die Bemessung der Kreisumlage sehen deshalb vor, dass die Gemeinden nicht mit ihren tatsächlichen, sondern mit fiktiven Steuereinnahmen veranschlagt werden, denen ein einheitlicher und allgemein als jedenfalls zumutbar angesehener Hebesatz zugrunde gelegt wird. Dieses Verfahren ist einwandfrei. Ob andere Bemessungsweisen gleichermaßen zulässig wären, bedarf keiner Entscheidung.

18

b) Die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden dürfen weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Insofern zieht Art. 28 Abs. 2 GG auch der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze.

19

Ob es eine verfassungsfeste finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden gibt, hinter die der (Landes-)Gesetzgeber auch bei einer allgemeinen Notlage der öffentlichen Haushalte nicht zurückgehen darf, haben das Bundesverfassungsgericht (Beschlüsse vom 10. Juni 1969 - 2 BvR 480/61 - BVerfGE 26, 172 <181> und vom 7. Februar 1991 a.a.O. <386>; vgl. aber auch Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185, 2189/04 - BVerfGE 125, 141 <168>) und das Bundesverwaltungsgericht (vgl. aber Urteil vom 15. Juni 2011 - BVerwG 9 C 4.10 - BVerwGE 140, 34 = Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 161) bislang nicht entschieden. Die Verfassungsgerichte der Länder haben ihren jeweiligen Landesverfassungen derartige Mindestgarantien entnommen und dies - soweit die Ausstattung aus Landesmitteln in Rede steht - allenfalls gelegentlich unter einen Vorbehalt der eigenen Leistungsfähigkeit des Landes gestellt; die Gemeinden müssen hiernach mindestens über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine "freie Spitze" verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen (VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteile vom 5. Dezember 1977 - VGH 2/74 - DVBl 1978, 802 <805> und vom 18. März 1992 - VGH 3/91 - NVwZ 1993, 159 <160> m.w.N.; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - 2/97 - ESVGH 49, 242; Bayerischer VerfGH, Entscheidungen vom 27. Februar 1997 - Vf. 17 VII-94 - VerfGHE BY 50, 15 <41> und vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 - VerfGHE BY 60, 184; VerfG des Landes Brandenburg, Urteil vom 16. September1999 - 28/98 - NVwZ-RR 2000, 129 <130>; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 11. Mai 2006 - 1/05 u.a. - LKV 2006, 461 und vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris; Niedersächsischer StGH, Urteile vom 15. August 1995 - 2/93 u.a. - OVGE 45, 486, vom 25. November 1997 - 14/95 u.a. - OVGE 47, 497 und vom 7. März 2008 - 2/05 - NdsVBl 2008, 152 <156 f.>; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 16/02 - OVGE 50, 306; Urteile vom 11. Dezember 2007 - 10/06 - OVGE 51, 272 und vom 19. Juli 2011 - 32/08 - DVBl 2011, 1155; VerfGH Saarland, Urteile vom 10. Januar 1994 - Lv 2/92 - NVwZ-RR 1995, 153 <154> und vom 13. März 2006 - Lv 2/05 - juris; VerfGH des Freistaates Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 - LKV 2001, 223 <224>; LVerfG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Juni 2006 - LVG 7/05 - NVwZ 2007, 78; Thüringer VerfGH, Urteile vom 12. Oktober 2004 - 16/02 - DVBl 2005, 443, vom 21. Juni 2005 - 28/03 - NVwZ-RR 2005, 665 <667> und vom 18. März 2010 - 52/08 - LKV 2010, 220; aus der Literatur: Tettinger/Schwarz, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 2 Rn. 248 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 28 Rn. 156; Hellermann, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand 1. Januar 2013, Art. 28 Rn. 53; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 102; Hufen, DÖV 1998, 276 <280>).

20

Dieser Rechtsprechung ist für das Bundesverfassungsrecht beizupflichten. Aus Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 GG ergibt sich, dass der anerkannte "Kernbereich" der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auf die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung zu erstrecken ist. Der Gesetzgeber muss die öffentliche Verwaltung also so organisieren, dass unterhalb der (staatlichen) Landesebene eine kommunale Verwaltungsebene eingerichtet wird, der ein eigenständiges, eigenverantwortliches Verwaltungshandeln nicht nur in singulären Angelegenheiten, sondern grundsätzlich universell ermöglicht wird (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 a.a.O. <146 f.>). Dieser kommunale Bereich darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern muss auch finanziell ermöglicht werden. Der Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie wäre mithin (auch) dann verletzt, wenn von einer kommunalen Selbstverwaltung zwar vielleicht de jure, aber jedenfalls nicht mehr de facto die Rede sein könnte, weil den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel fehlen.

21

Hiergegen kann nicht angeführt werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber den Gemeinden in Art. 106 Abs. 5 bis 6 GG bestimmte Steuereinnahmen zuerkannt und damit die gemeindliche Finanzausstattung zu einem Teil bereits von Bundesverfassungsrechts wegen gesichert hat. Daraus lässt sich nicht folgern, dass eine weitergehende bundesverfassungsrechtliche Sicherung nicht gewollt gewesen sei. Das Gegenteil ist richtig. Dass Art. 28 Abs. 2 GG die gemeindliche Selbstverwaltung in ihrem Kernbereich absolut schützt und dass dies auch deren finanzielle Voraussetzungen umfasst, gilt ungeachtet der zusätzlichen Garantien des Art. 106 GG; diese treten noch hinzu. Auch die Einfügung des Satzes 3 in Art. 28 Abs. 2 GG belegt die Überzeugung des verfassungsändernden Gesetzgebers, dass die Selbstverwaltungsgarantie angesichts zunehmender Überbürdung kostenträchtiger Aufgaben auf die Kommunen gerade in finanzieller Hinsicht noch zusätzlicher Verstärkung bedurfte.

22

Klargestellt werden muss, dass dieser "Kerngehalt" die äußerste Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren - das verfassungsrechtliche Minimum - bezeichnet, das einer weiteren Relativierung nicht zugänglich ist. Der Landesgesetzgeber könnte also eine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden in diesem Sinne nicht mit Hinweis darauf rechtfertigen, dass auch die Haushaltslage des Landes notleidend ist. Der Mindestfinanzbedarf der Kommunen stellt vielmehr einen abwägungsfesten Mindestposten im öffentlichen Finanzwesen des jeweiligen Landes dar (so auch Tettinger/Schwarz, a.a.O. Rn. 248 ff.). Ob anderes gelten kann, wenn das Land selbst unter Ausschöpfung aller eigenen Steuerquellen und unter möglichster Verminderung ausgabenträchtiger öffentlicher Aufgaben des Landes und der Kommunen zur Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Mindestpflicht außerstande wäre, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Lage ist nicht erkennbar; der Beklagte macht nur eine eigene Haushaltsnotlage geltend, nicht aber einen Haushaltsnotstand des gesamten Landes.

23

2. Der angefochtene Kreisumlagebescheid beruht auf der gesetzlichen Grundlage in § 58 Abs. 4 LKO, § 25 LFAG. Das Berufungsgericht ist fraglos davon ausgegangen, dass diese Bestimmungen den genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Das hält den Einwänden, die namentlich der Vertreter des Bundesinteresses erhebt, im Ergebnis stand.

24

a) Der Vertreter des Bundesinteresses weist zum einen darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 14. Februar 2012 (- VGH N 3/11 - NVwZ 2012, 1034 = DVBl 2012, 432) die Bestimmungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes über die Zuweisungen aus Landesmitteln (§§ 7 bis 18 LFAG) für verfassungswidrig erklärt hat. Das bleibt freilich für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Auswirkung. Zwar nimmt § 25 LFAG auf § 13 LFAG und damit auf eine der für verfassungswidrig erklärten Vorschriften Bezug. Jedoch wird damit nicht die Gültigkeit der Bestimmungen über die Zuweisungen aus Landesmitteln zur Voraussetzung auch für die Gültigkeit der Bestimmungen über die Kreisumlage erhoben. Die Bezugnahme auf § 13 LFAG soll vielmehr lediglich die Umlagegrundlagen festlegen. Sie dient daher nur einer regelungstechnischen Vereinfachung, um eine eigenständige Wiederholung innerhalb des § 25 LFAG zu ersparen. In Ansehung der Umlagegrundlagen kann § 13 LFAG auch unabhängig von der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die Zuweisungen aus Landesmitteln Bestand haben. Hinzu kommt, dass das Landesverfassungsgericht die §§ 7 bis 18 LFAG zwar für verfassungswidrig, aber für das hier in Rede stehende Umlagejahr 2009 nicht auch für nichtig erklärt hat; das Gesetz verliert vielmehr erst Ende 2013 seine Gültigkeit, wenn der Gesetzgeber bis dahin den verfassungsrechtlichen Einwänden nicht Rechnung getragen hat.

25

b) Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt zum anderen, dass § 58 Abs. 4 LKO zu weit gefasst sei. Nach dieser Vorschrift erhebt der Kreis eine Kreisumlage, soweit seine sonstigen Finanzquellen seinen Finanzbedarf nicht decken. Damit macht sie den Kreisen die Erhebung einer Kreisumlage zur Pflicht, deren Soll-Aufkommen sich nach ihrem Wortlaut allein nach dem gesamten ungedeckten Finanzbedarf des Kreises bemisst, ohne hierbei die gebotene Rücksicht auf den eigenen Finanzbedarf und die Finanzausstattung der umlagepflichtigen Gemeinden zu nehmen. Mit diesem Inhalt könnte die Vorschrift tatsächlich keinen Bestand haben; sie würde den Grundsatz des Gleichrangs zwischen dem Finanzbedarf des Kreises und demjenigen der kreisangehörigen Gemeinden und damit das interkommunale Gleichbehandlungsgebot in vertikaler Hinsicht verletzen und im Extremfall dazu führen, dass der Kreis eine eigene Unterfinanzierung stets auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen dürfte oder gar müsste, selbst wenn diesen dadurch nicht einmal mehr die verfassungsrechtlich gebotene Mindestausstattung verbliebe. Die Vorschrift zwingt jedoch nicht zu einer solchen Interpretation. Sie ist vielmehr für eine verfassungskonforme Auslegung offen, wonach der Kreis zur Erhebung einer Kreisumlage ermächtigt wird, deren Höchstbetrag zwar durch seinen anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarf begrenzt wird, mit der jedoch dieser ungedeckte Finanzbedarf nicht zwingend und jedenfalls dann nicht zur Gänze auf die umlagepflichtigen Gemeinden umgelegt werden müsste, wenn diesen dadurch weniger als die verfassungsgebotene Mindestausstattung verbliebe.

26

3. Die Klägerin hat gegen die Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 zum einen eingewendet, der Beklagte finanziere die Wahrnehmung von Aufgaben, für die ihm die Zuständigkeit fehle; zum anderen verletze der gewählte progressive Umlagesatz das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung in dessen horizontaler Dimension. Das Berufungsgericht hat diese Einwände zurückgewiesen. Das hält den Angriffen der Revision stand.

27

a) Die Klägerin bemängelt, der Beklagte nehme Aufgaben der Tourismus- und Wirtschaftsförderung wahr, für die ihm die Zuständigkeit fehle, was zu einem entsprechend überhöhten Finanzbedarf und dementsprechend zu einem überhöhten Umlagesoll führe. Dieser Einwand verfängt nicht. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sämtliche von der Klägerin insofern angesprochenen Aufgaben kreisörtlicher Natur ("auf das Kreisgebiet bezogen") sind und deshalb vom Beklagten nach § 2 Abs. 1 LKO wahrgenommen werden dürfen. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Dann aber steht fest, dass es sich nicht um gemeindliche Aufgaben handelt, die der Kreis lediglich im Rahmen seiner Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion (nach § 2 Abs. 5 LKO) oder gar in Wahrnehmung seiner "Kompetenzkompetenz" (nach § 2 Abs. 3 und 4 LKO) übernehmen dürfte. Damit stellt sich auch die verfassungsrechtliche Frage nicht, ob es mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar wäre, wenn der Kreis gemeindliche Aufgaben an sich zieht, die Gemeinden aber zugleich über die Kreisumlage zu deren Finanzierung heranzieht.

28

b) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie den progressiven Umlagesatz als solchen betreffen.

29

Der Umlagesatz besagt als solcher noch nichts über die den Gemeinden nach Erhebung der Umlage verbleibende Finanzausstattung. Die Progression führt auch nicht dazu, dass die Umlagegrundlagen zur Gänze entzogen werden; im vorliegenden Fall liegt der Grenzsatz bei 37,1 x 150 = 55,65 v.H. und der Durchschnittssatz bei der Klägerin bei etwa 45 v.H. Der Umlagesatz ist deshalb nur daraufhin zu überprüfen, ob er den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt und ob er Steuerkraftunterschiede zwischen den umlagepflichtigen Gemeinden übermäßig nivelliert. Insofern sind Einwände nicht zu erheben.

30

Ein einheitlicher Umlagesatz wahrt den Gleichbehandlungsgrundsatz ohne Weiteres (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 LFAG), ein progressiver Satz wahrt ihn, wenn für die Progression ein sachlicher Grund besteht (vgl. Urteil vom 25. März 1998 - BVerwG 8 C 11.97 - BVerwGE 106, 280 <288 f.> = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 146). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Progression - der nur überdurchschnittlich steuerstarke Gemeinden unterliegen - dem Verursachungsprinzip Rechnung tragen soll; diese Gemeinden werden auf diese Weise verstärkt herangezogen, weil ihre besondere Steuerkraft zugleich die Ursache für geringere Schlüsselzuweisungen an die Kreise ist, was ohne Progression zu einer stärkeren Belastung der finanzschwächeren Gemeinden führen müsste. Darin hat es beanstandungsfrei einen zureichenden sachlichen Grund für den progressiven Umlagesatz gesehen.

31

Dessen Anwendung führt auch nicht dazu, dass die Steuerkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden vollständig eingeebnet würden oder gar ihre Steuerkraftreihenfolge verändert würde. Das ist bei der gewählten stufenweisen Anhebung des in Prozent ausgedrückten Umlagesatzes schon rechnerisch ausgeschlossen. Es ist auch tatsächlich nicht der Fall; die Klägerin ist auch nach Durchführung der Umlage die steuerstärkste Gemeinde im Kreis. Dass sie selbst zu anderen Ergebnissen gelangt, ist darauf zurückzuführen, dass sie auf ihre absoluten Steuereinnahmen abstellt und diese nicht ins Verhältnis zu ihrer - geringen - Einwohnerzahl setzt. Dem ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gibt den Gemeinden das Recht auf eine angemessene Finanzausstattung. Was angemessen ist, bestimmt sich zuvörderst nach dem Finanzbedarf, dieser aber ist maßgeblich abhängig von der Einwohnerzahl. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den Finanzkraftvergleich zwischen den verschiedenen kreisangehörigen Gemeinden nach Maßgabe der Steuerkraft in Relation zur jeweiligen Einwohnerzahl vornimmt.

32

4. Die Klägerin hatte aber drittens und vor allem geltend gemacht, die Erhebung der Kreisumlage entziehe ihr - im Zusammenwirken mit anderen Umlagen - praktisch ihre gesamte Finanzausstattung und belasse ihr damit nicht einmal mehr die verfassungsgebotene Mindestausstattung. Hiermit hat sich das Berufungsgericht bislang nur unzureichend auseinandergesetzt.

33

a) Vorab ist festzuhalten, dass der Einwand der Klägerin beachtlich ist. Der Beklagte muss bei der Bemessung der Kreisumlage die anderen Umlagepflichten der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Der Landesgesetzgeber stellt die Kreisumlage in ein System aus mehreren Instrumenten des Finanzausgleichs zwischen Gemeinden, Kreisen und Land; Instrumenten der Finanzzuweisungen zugunsten der Gemeinden (insbesondere Schlüsselzuweisungen) stehen gegenläufige Instrumente der Finanzabschöpfungen (insbesondere Umlagen) gegenüber. Insofern tritt die Kreisumlage neben andere Umlagen unter Gemeinden. Der Vertreter des Bundesinteresses weist zutreffend darauf hin, dass der Landesgesetzgeber dieses System des Finanzausgleichs als Ganzes zu verantworten hat; er ist verpflichtet, eine angemessene Finanzausstattung, wenigstens aber die Mindestausstattung der Gemeinden im Gesamt seines Regelwerks zu gewährleisten. Dabei muss er diejenigen Vorgaben beachten, die vom Bundesgesetzgeber selbst und damit von einem vorrangigen Normgeber gesetzt werden. Deshalb muss er auch die Belastungen der Gemeinden aus der Gewerbesteuerumlage in Rechnung stellen.

34

Bei der nötigen Gesamtbetrachtung kann die Verbandsgemeindeumlage (§ 26 LFAG) nicht ausgeblendet werden. Sie dient zwar der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben und kommt der Klägerin - einer Ortsgemeinde - damit selbst zugute. Die Klägerin kann jedoch über ihre Mitgliedschaft in der Verbandsgemeinde nicht frei entscheiden und kann auch den Umfang der von dieser wahrgenommenen örtlichen Aufgaben nicht beeinflussen. Vielmehr werden die Verbandsgemeinden aus Gründen des Gemeinwohls gebildet (vgl. § 64 GemO) und nehmen bestimmte Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufgrund Gesetzes an Stelle der Ortsgemeinden wahr (§§ 67, 68 GemO). Insofern liegt die Sache anders als bei der Samtgemeindeumlage nach niedersächsischem Recht (vgl. Urteil vom 15. November 2006 - BVerwG 8 C 18.05 - BVerwGE 127, 155 = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 161). Vor allem aber stünde eine "freie Spitze" nicht der Verbandsgemeinde, sondern unverändert der Ortsgemeinde zu, die auch nur selbst Inhaberin des verfassungsrechtlichen Aufgabenzugriffsrechts, also des Rechts ist, sich jeder "unbesetzten" öffentlichen Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft aus eigenem Willensentschluss anzunehmen.

35

b) Das Berufungsgericht ist auf den Einwand der Klägerin bislang nur unter Anlegung eines unzureichenden und teilweise fehlerhaften verfassungsrechtlichen Maßstabs eingegangen. Es hat den Kreis nämlich von der Pflicht zur Beachtung der verfassungsgebotenen Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden dispensiert und angenommen, die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie werde in jedem Fall erst dann verletzt, wenn der Kreis seine eigenen Interessen einseitig und willkürlich gegenüber den Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetze. Das wird den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG nicht gerecht.

36

Der Schutz- und Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 (und 3) GG gilt zugunsten der Gemeinden auch in deren Verhältnis zum Kreis. Für "den kommunalen Raum", also das Gesamt von Kreis und kreisangehörigen Gemeinden, besteht kein abweichendes Sonderrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u.a. - BVerfGE 79, 127 <150 f., 152>). Daraus folgt, dass der oben umschriebene "Kernbereich" der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie auch nicht zugunsten des jeweiligen Kreises angetastet werden darf. Das gilt für jedwede Finanzregelung, gleichgültig ob sie vom Land oder vom Kreis selbst erlassen wurde; weder darf eine Regelung des Landesgesetzgebers zu einer strukturell unzureichenden Finanzausstattung der Gemeinden führen, noch darf eine Regelung eines Kreises diese Wirkung haben. Damit wird auch der Kreisumlage eine absolute Grenze gezogen; ihre Erhebung darf nicht dazu führen, dass das absolute Minimum der Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden unterschritten wird.

37

Demgegenüber will das Berufungsgericht die Kreise bei Erlass von Bestimmungen über die Erhebung der Kreisumlage von der Pflicht zur Beachtung des "Kernbereichs" jedenfalls dann dispensieren, wenn der kommunale Sektor insgesamt unterfinanziert ist; die Regelungsbefugnis des Kreises sei auch in diesem Falle erst überschritten, wenn der Kreis seine Interessen willkürlich und rücksichtslos zulasten der Gemeinden verfolgt. Das ist mit Art. 28 Abs. 2 GG unvereinbar. So wenig wie das Land kann sich der Kreis von der Beachtung des "Kernbereichs" der gemeindlichen Selbstverwaltung unter Hinweis auf seine eigene Haushaltslage dispensieren. Richtig ist, dass der Kreis - anders als das Land - regelmäßig nicht über eine nennenswerte Kompetenz zur Erschließung zusätzlicher Steuerquellen verfügt, um seine Finanznot zu lindern (dazu Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 115 f.). Das suspendiert indes nicht die Geltung der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie. Ist die eigene Finanzausstattung des Kreises unzureichend, so muss er sich seinerseits an das Land (den Landesgesetzgeber) halten; er kann seine Finanznot nicht auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen. Darauf weist der Vertreter des Bundesinteresses zutreffend hin.

38

Das angefochtene Urteil beruht auf diesen Defiziten, da es einen Haupteinwand der Klägerin - die Kreisumlage entziehe ihr die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung - auf unzureichender Grundlage zurückgewiesen hat.

39

5. Der Senat kann über die Sache nicht abschließend entscheiden. Hierzu muss noch auf Vorbringen des Beklagten eingegangen werden, was zusätzliche tatsächliche Feststellungen erfordert, die zudem landesrechtliche Würdigungen voraussetzen. Das ist dem Bundesverwaltungsgericht verschlossen; deshalb muss die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden.

40

a) Zum einen bestreitet der Beklagte, dass im Zusammenwirken der Kreisumlage mit anderen Umlagen sämtliche Steuereinnahmen der Klägerin abgeschöpft würden und die Klägerin darüber hinaus noch zur Kreditaufnahme gezwungen werde, um ihre Umlageverpflichtungen zu erfüllen. Er meint, dass die Gewerbesteuerumlage nicht gesondert und zusätzlich zu berücksichtigen sei, weil sie bereits bei Festlegung der Nivellierungssätze als Höchstgrenze für die Umlagezahlungen Berücksichtigung finde. Ob das zutrifft, wird zu prüfen sein.

41

b) Zum anderen - und vor allem - behauptet der Beklagte, die Kumulation von Umlagepflichten habe für die Klägerin nur im Jahr 2009 zu einer derart hohen Belastung geführt. Die Erhebungsmethode habe in diesem Jahr zu einem überdurchschnittlich hohen Umlagebetrag geführt, dem jedoch im Folgejahr ein entsprechend niedrigerer Betrag gefolgt sei. Auch dem wird das Berufungsgericht nachzugehen haben. Der Kernbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie wird nicht schon dann verletzt, wenn die Finanzausstattung einer Gemeinde nur in einem Jahr oder nur für einen vorübergehenden Zeitraum hinter dem verfassungsgebotenen Minimum zurückbleibt; zur Überbrückung derartiger Notlagen steht der Gemeinde die Befugnis zur Aufnahme von Kassenkrediten zur Verfügung. Der Kernbereich der Garantie ist vielmehr erst dann verletzt, wenn die Gemeinde strukturell und auf Dauer außerstande ist, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

Volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben und kommunalen Dienstleistungen dient, wird den Gemeinden, Städten und Landkreisen kostenlos übertragen. Ausgenommen sind Wohnheime öffentlicher Bildungseinrichtungen.

(1) Über kommunales Vermögen kann im Rahmen der Gesetze uneingeschränkt verfügt werden. Die Nutzung des kommunalen Vermögens hat grundsätzlich so zu erfolgen, daß seine rentable Verwertung, ein wirksamer kommunaler Einfluß und die Finanzkontrolle durch die Kommunen gesichert sowie der öffentliche Zweck beachtet werden. In den Gemeinden, Städten und Kreisen sind Konzeptionen zu erarbeiten, wie übernommene Betriebe, die nicht in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen geführt werden können oder die Leistungsfähigkeit der Kommunen überschreiten, unter Sicherung des Vermögens der Kommunen privatisiert werden.

(2) Kommunale Betriebe und Einrichtungen können auf der Grundlage der §§ 57 bis 62 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR als Eigengesellschaften oder Eigenbetriebe geführt werden. Gemeinden, Städte und Kreise können kommunale Betriebe in Form rechtlich selbständiger Unternehmen auch als Beteiligungs- oder Gemeinnützige Gesellschaften organisieren. Kommunales Eigentum kann in kommunale Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbände oder Kreisverbände eingebracht werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.

Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird vorbehaltlich des gemäß § 4 durchzuführenden Finanzkraftausgleichs nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt. Hierbei sind die Einwohnerzahlen zugrunde zu legen, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Kalenderjahres, für das der Ausgleich durchgeführt wird (Ausgleichsjahr), festgestellt hat.

Das Bundesministerium der Finanzen stellt nach Ablauf des Ausgleichsjahres die endgültige Höhe der Länderanteile an der Umsatzsteuer durch Rechtsverordnung fest, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Der Zahlungsverkehr wird während des Ausgleichsjahres in der Weise abgewickelt, dass die Ablieferung des Bundesanteils an der durch Landesfinanzbehörden verwalteten Umsatzsteuer um die Beträge erhöht oder ermäßigt wird, die nach der vorläufigen Bemessung der nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen der Länder verteilten Länderanteile an der Umsatzsteuer nach § 2 Satz 1 sowie der vorläufig erhobenen Abschläge und der vorläufig gewährten Zuschläge nach § 10 zu verrechnen sind. Soweit der Anspruch eines Landes aus diesen Verrechnungen durch den Bundesanteil an der Umsatzsteuer nicht voll gedeckt wird, überweist das Bundesministerium der Finanzen diesem Land den nicht gedeckten Teil des vorläufigen Ausgleichsanspruchs in monatlichen Teilbeträgen. Soweit die Verpflichtung eines Landes aus diesen Verrechnungen über dem Aufkommen der von Landesfinanzbehörden verwalteten Umsatzsteuer liegt, ist der darüber liegende Teil von dem Land dem Bundesministerium der Finanzen in monatlichen Teilbeträgen zu überweisen. Die für die Aufteilung des Umsatzsteueraufkommens auf Bund, Länder und Gemeinden in § 1 Absatz 2 genannten Beträge werden gesondert im Rahmen des Zahlungsverkehrs der Einfuhrumsatzsteuer nach Absatz 2 berücksichtigt; Entsprechendes gilt für unterjährige Gesetzesänderungen mit Auswirkungen auf die Umsatzsteueranteile nach § 1 Absatz 1 im laufenden Ausgleichsjahr.

(2) Der Länderanteil an der durch Bundesfinanzbehörden verwalteten Einfuhrumsatzsteuer wird auf die Länder nach der Einwohnerzahl verteilt und in monatlichen Teilbeträgen überwiesen.

(3) Die Differenzen der vorläufigen Umsatzsteueranteile, Zuschläge und Abschläge nach § 13 zu den auf der Grundlage der tatsächlichen Entwicklung der Bemessungsgrundlagen bestimmten Umsatzsteueranteilen, Zuschlägen und Abschlägen des Ausgleichsjahres werden vierteljährlich vorläufig abgerechnet.

(4) Das Nähere bestimmt das Bundesministerium der Finanzen jährlich in einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.

Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird vorbehaltlich des gemäß § 4 durchzuführenden Finanzkraftausgleichs nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt. Hierbei sind die Einwohnerzahlen zugrunde zu legen, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Kalenderjahres, für das der Ausgleich durchgeführt wird (Ausgleichsjahr), festgestellt hat.

Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.

Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird vorbehaltlich des gemäß § 4 durchzuführenden Finanzkraftausgleichs nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt. Hierbei sind die Einwohnerzahlen zugrunde zu legen, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Kalenderjahres, für das der Ausgleich durchgeführt wird (Ausgleichsjahr), festgestellt hat.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Kreisumlage für das Jahr 2009 streitig.

2

Die Klägerin, eine kleine kreisangehörige Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz, wurde für das Jahr 2009 vom beklagten Landkreis mit Bescheid vom 17. August 2009 zu einer Kreisumlage herangezogen, die bei Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft einen progressiven Anteil enthält. Dagegen hat die Klägerin geklagt, weil die Progression der Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen (Verbandsgemeindeumlage, Finanzausgleichsumlage, Gewerbesteuerumlage) dazu führe, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu mehr als 100 % (genau: zu 108,2 %) abgeschöpft werde. Sie müsse deshalb allein zur Finanzierung ihrer Umlageverpflichtung Kassenkredite aufnehmen; zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbleibe ihr kein Spielraum.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Der angefochtene Kreisumlagebescheid sei rechtmäßig. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Kreisumlage seien verfassungsgemäß, auch soweit sie den Landkreisen die Festsetzung eines progressiven Umlagesatzes erlaubten. Die Rheinland-Pfälzische Verfassung schreibe kein bestimmtes Verteilungssystem vor. Dem Gesetzgeber sei in dieser Hinsicht ein weites Ermessen eingeräumt, das seine Grenze im Gebot interkommunaler Gleichbehandlung und damit letztlich im Willkürverbot finde. Über diesen allgemeinen Maßstab hinaus müsse die gesetzliche Regelung berücksichtigen, dass Finanzkraftunterschiede im Wege des Finanzausgleichs grundsätzlich nur abgemildert, nicht aber eingeebnet oder gar umgekehrt werden dürften. Die Kreisumlage als solche erweise sich als notwendiger Bestandteil des derzeitigen Finanzausgleichssystems. Auch die im Landesfinanzausgleichsgesetz vorgesehene Möglichkeit einer progressiven Staffelung der Umlagesätze stehe im Einklang mit den vorgenannten Maßstäben. Die Regelung beruhe auf sachlichen Gründen und füge sich folgerichtig in das geltende Konzept des Finanzausgleichs ein. Es erscheine vom Grundsatz her sachgerecht, wenn das Gesetz den Kreisen die Möglichkeit einräume, die überdurchschnittliche Steuerkraft einzelner Gemeinden durch eine progressive Staffelung des Umlagesatzes teilweise abzuschöpfen und so ihren Nachteil bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen verursachergerecht auszugleichen. Eine progressive Staffelung der Umlagesätze führe für sich genommen auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung von Finanzkraftunterschieden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr unter den kreisangehörigen Gemeinden. Das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung sei auch nicht deshalb verletzt, weil eine solche Progression Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl, aber gleichwohl hohen Steuereinnahmen besonders treffe. Auch die Ausgestaltung der Umlagesätze in § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es gebe keine allgemeine Grenze des Umlagesatzes unabhängig vom Aufgabenbestand des Kreises einerseits und der Gemeinde andererseits. Ein progressiv gestaffelter Umlagesatz, der für einzelne kreisangehörige Gemeinden nivellierend und übernivellierend wirke, sei mithin dann noch verfassungskonform, wenn für die Festsetzung sachlich einleuchtende Gründe vorlägen und diese auch sonst nicht als willkürlich oder rücksichtslos erschienen. Davon könne vorliegend nicht die Rede sein. Nicht nur die Klägerin, sondern auch der Beklagte hätte im Jahre 2009 mit erheblichen finanziellen Engpässen zu kämpfen gehabt. Auch die von der Haushaltssatzung angeordnete Progression des Kreisumlagesatzes sei unbedenklich. Auf der Grundlage des vorliegenden Zahlenmaterials bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass es hierdurch zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung der Finanzkraft unter den kreisangehörigen Gemeinden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr gekommen sei. Selbst wenn die Progression eine solche Wirkung gezeigt haben sollte, wäre die Klägerin hierdurch nicht in ihrer Finanzhoheit verletzt. Aus Sicht des Kreises sprächen hierfür nämlich sachlich einleuchtende Gründe. Im beklagten Landkreis stünden einige wenige finanzstarke Gemeinden einer großen Zahl von Gemeinden mit weit unterdurchschnittlicher Finanzkraft gegenüber. Bei einem Verzicht auf die Progression wäre dem Beklagten zur Vermeidung eines noch größeren eigenen Haushaltsdefizits nichts anderes übriggeblieben, als den dann einheitlichen Umlagesatz weiter anzuheben. Hierdurch wären auch die ohnehin unterdurchschnittlich finanzkräftigen Gemeinden weiter geschwächt worden. Die Ausgestaltung des progressiven Umlagesatzes erscheine gegenüber den betroffenen Gemeinden auch nicht rücksichtslos. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die angeordnete Progression in Steigung und Höchstsatz hinter dem nach dem Landesfinanzausgleichsgesetz zulässigen Maß zurückbleibe. Der Beklagte habe bei der Bemessung seines über die Kreisumlage zu deckenden Finanzbedarfs auch keine Ausgaben für landkreisfremde Aufgaben berücksichtigt. Die von der Klägerin beanstandeten Mittelansätze beträfen allesamt Angelegenheiten, die der Beklagte nach der Landkreisordnung als überörtliche Aufgaben der freien Selbstverwaltung wahrnehmen dürfe. Die Frage, inwieweit ein Landkreis unterstützend und ausgleichend im Bereich der allgemeinen Angelegenheiten tätig werden dürfe, stelle sich im vorliegenden Falle nicht.

4

Im Revisionsverfahren beantragt die Klägerin,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. April 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. November 2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 aufzuheben.

5

Zur Begründung ihrer Revision macht sie geltend, der Beklagte nehme unzulässig gemeindliche Aufgaben wahr. Dies führe zu einem entsprechend überhöhten Finanzbedarf und zu einem überhöhten Umlagesoll. Die Wahl eines progressiven Umlagesatzes bewirke eine vollständige Einebnung der Finanzkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden oder sogar eine Veränderung der Finanzkraftreihenfolge. Die Erhebung der Kreisumlage in ihrer konkreten Ausgestaltung führe im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass ihr die Umlagegrundlagen zur Gänze entzogen würden und sie zur Umlagefinanzierung sogar Kredite aufnehmen müsse. Das Vorgehen des Beklagten sei mit Art. 28 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, dass eine progressive Kreisumlage mit Art. 28 Abs. 2 GG dann nicht mehr vereinbar sei, wenn die verfassungsrechtlich gewährleistete aufgabenadäquate finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden strukturell nicht mehr gewahrt werde.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Berufungsurteil wird den Anforderungen aus Art. 28 Abs. 2 GG nicht in jeder Hinsicht gerecht und verletzt damit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

10

Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der angefochtene Kreisumlagebescheid einer Rechtsgrundlage bedarf, dass er diese nur in § 58 Abs. 4 Landkreisordnung (LKO) i.V.m. § 25 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) sowie in § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 finden kann und dass deren Gültigkeit voraussetzt, dass sie mit höherem Recht, namentlich mit Verfassungsrecht vereinbar sind. Insofern hat das Berufungsgericht allein das Verfassungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz, nämlich Art. 49 LVerf in den Blick genommen und keinen Grund zur Beanstandung finden können; insoweit unterliegt sein Urteil nicht der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Das Berufungsgericht hat indes ungeprüft gelassen, ob die erwähnten Rechtsgrundlagen auch mit Bundesverfassungsrecht, vornehmlich mit Art. 28 Abs. 2, aber auch mit Art. 106 Abs. 5 bis 6 GG vereinbar sind. Dies gilt es nachzuholen. Hierzu müssen zunächst die verfassungsrechtlichen Maßstäbe entfaltet werden (1.). Daran gemessen, erweisen sich die Erwägungen des Berufungsgerichts teilweise als beanstandungsfrei (2. und 3.), in anderer Hinsicht jedoch als unzureichend (4.). Da eine abschließende Entscheidung weitere tatsächliche Feststellungen voraussetzt, die zudem landesrechtliche Rechtsfragen aufwerfen können, muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (5.).

11

1. Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Das ergibt sich schon aus Satz 1 der Garantie; das Recht der Gemeinden, grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, setzt voraus, dass die Gemeinden über eine Finanzausstattung verfügen, die sie hierzu in den Stand setzt. Es wurde im Übrigen durch die Anfügung von Satz 3 der Garantie bestätigt und noch materiellrechtlich verstärkt. Das ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (Urteile vom 25. März 1998 - BVerwG 8 C 11.97 - BVerwGE 106, 280 <287> = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 146 und vom 15. November 2006 - BVerwG 8 C 18.05 - BVerwGE 127, 155 = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 161).

12

Die Finanzausstattung der Gemeinden ist ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei; dem stehen in negativer Hinsicht Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise. Sie entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt (a); und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird (b).

13

a) Dem Gesetz- und sonstigen Normgeber kommt bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land, Kreisen und Gemeinden ein weiter Regelungsspielraum zu. Aus dem Grundgesetz lassen sich insofern keine Vorrangpositionen herleiten; vielmehr hat der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang. Weder kommt dem Land für seinen eigenen Finanzbedarf ein Vorrang gegenüber dem kommunalen Bereich zu, noch lässt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG umgekehrt ein Vorrang des kommunalen Finanzbedarfs gegenüber demjenigen des Staates herleiten. Auch innerhalb des kreiskommunalen Raumes lässt sich weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Art. 28 Abs. 2 GG auch das sogenannte dezentrale Aufgabenverteilungsprinzip entnommen. Hiernach muss der Gesetzgeber berücksichtigen, dass der Verfassungsgeber sich dafür entschieden hat, dass örtlich bezogene öffentliche Aufgaben möglichst dezentral, im Zweifel also auf der gemeindlichen Ebene erledigt werden sollen (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u.a. - BVerfGE 79, 127 <147 ff., 156>). Daraus lässt sich jedoch kein Vorrangprinzip zugunsten der gemeindlichen Ebene auch in Ansehung der Verteilung knapper finanzieller Ressourcen herleiten. Das dezentrale Aufgabenverteilungsprinzip bewirkt eine im Zweifel gemeindliche Aufgabenzuständigkeit und begründet in der Folge eine gemeindliche Ausgabenlast. Deshalb ist der hierdurch begründete Finanzbedarf der Gemeinden jedoch nicht gewichtiger als der Finanzbedarf anderer (höherstufiger) Verwaltungsträger, der diesen aus den ihnen (verfassungsgemäß) zugewiesenen öffentlichen Aufgaben erwächst (vgl. auch Beschluss vom 3. März 1997 - BVerwG 8 B 130.96 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 109). Art. 28 Abs. 2 GG regelt eine Kompetenzverteilung und gewährleistet gleichsam akzessorisch eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, trifft jedoch keine von der Aufgabenverteilung losgelöste, zusätzliche und eigenständige Regelung zur Verteilung öffentlicher Mittel.

14

Mit Blick auf die Kreisumlage kommt dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs zunächst und vor allem Bedeutung für das vertikale Verhältnis des umlageberechtigten Kreises zu den umlageverpflichteten kreisangehörigen Gemeinden zu. Mit der Kreisumlage werden bestimmte Finanzmittel im kreisangehörigen Raum zwischen dem Kreis und den Gemeinden verteilt. Das muss gleichmäßig geschehen (zum Gebot interkommunaler Gleichbehandlung: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris Rn. 80). Dabei ist von Bedeutung, dass der Kreis nicht nur die Befugnis zur einseitigen Erhebung der Kreisumlage hat, sondern dass er in bestimmter Hinsicht auch über das Ausmaß seiner Kreistätigkeit disponiert und damit seinen eigenen Finanzbedarf enger oder weiter stecken kann. Das darf er nicht beliebig; vielmehr muss er die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Dem Berufungsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass der Kreis seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber den Aufgaben und Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen darf. Es ist allenfalls dahin zu ergänzen, dass der Kreis auch verpflichtet ist, nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen.

15

Die Erhebung der Kreisumlage muss den allgemeinen Gleichheitssatz auch in horizontaler Dimension im Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <393>; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 a.a.O. <287>). Fraglos zulässig ist es, den Finanzbedarf des Kreises nach linear gleichem Maßstab auf die kreisangehörigen Gemeinden umzulegen. Häufig werden steuerstärkere Gemeinden jedoch stärker herangezogen als steuerschwächere; dadurch erzielt die Kreisumlage zugleich einen steuerkraftausgleichenden Effekt. Hierfür bedarf es eines sachlichen Grundes. Außerdem darf dies nicht so weit gehen, dass die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden eingeebnet oder gar die Steuerkraftreihenfolge verändert wird. Dies hat das Bundesverfassungsgericht aus dem Gebot der Gleichbehandlung der Länder im Länderfinanzausgleich hergeleitet (BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. - BVerfGE 86, 148 <250 f., 253 f.>); es gilt gleichermaßen in Ansehung des Gebots der Gleichbehandlung der kreisangehörigen Gemeinden bei der Kreisumlage.

16

Schließlich darf die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit entwertet wird. Das meint zunächst die Ertragshoheit. Soweit das Grundgesetz den Gemeinden selbst Steuerkraft zuerkennt, darf der Landesgesetzgeber - oder der Kreis auf landesgesetzlicher Grundlage - ihnen diese nicht wieder zur Gänze entziehen. Zwar erlaubt Art. 106 Abs. 6 Satz 4 und 5 GG eine Umlage zugunsten des Landes und des Bundes auf den Ertrag der Gewerbesteuer. Dadurch darf jedoch nur ein Teil des Gewerbesteuerertrages entzogen werden; ein Umlagesatz von 100 % wäre jedenfalls unzulässig. Ähnliches gilt für Art. 106 Abs. 6 Satz 6 GG. Hiernach können die Länder die Erträge der Gemeinden aus den Realsteuern, aus der Einkommen- und aus der Umsatzsteuer zur Grundlage für weitere Umlagen nehmen. Auch dies darf nur einen Teil der gemeindlichen Steuerkraft erfassen; unzulässig wäre es, den Gemeinden die genannten Umlagegrundlagen praktisch zur Gänze zu entziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar gelegentlich bemerkt, Art. 106 Abs. 6 Satz 6 GG lasse sich ein besonderer Normgehalt nicht entnehmen, weshalb die Vorschrift von Teilen der Literatur sogar für überflüssig erachtet wird (BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 a.a.O. <391 f.>). Die Frage eines Totalentzugs der Umlagegrundlagen war jedoch nicht Gegenstand dieser Entscheidung.

17

Die Steuerhoheit umfasst neben der Ertragshoheit auch eine gewisse Regelungsbefugnis. Insofern gewährleistet das Grundgesetz den Gemeinden in Ansehung der Realsteuern und - nach Maßgabe von Bundesrecht - auch in Ansehung ihres Anteils an der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 2 GG) eine eigene Regelungsbefugnis als Grundlage einer örtlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik im Sinne einer "finanziellen Eigenverantwortung" (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04 u.a. - BVerfGE 125, 141 <160 ff.>). Die Erhebung von Umlagen darf nicht dazu führen, dass die eigenverantwortliche Ausübung der gemeindlichen Steuerhoheit entwertet wird. Die rheinland-pfälzischen Bestimmungen über die Bemessung der Kreisumlage sehen deshalb vor, dass die Gemeinden nicht mit ihren tatsächlichen, sondern mit fiktiven Steuereinnahmen veranschlagt werden, denen ein einheitlicher und allgemein als jedenfalls zumutbar angesehener Hebesatz zugrunde gelegt wird. Dieses Verfahren ist einwandfrei. Ob andere Bemessungsweisen gleichermaßen zulässig wären, bedarf keiner Entscheidung.

18

b) Die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden dürfen weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Insofern zieht Art. 28 Abs. 2 GG auch der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze.

19

Ob es eine verfassungsfeste finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden gibt, hinter die der (Landes-)Gesetzgeber auch bei einer allgemeinen Notlage der öffentlichen Haushalte nicht zurückgehen darf, haben das Bundesverfassungsgericht (Beschlüsse vom 10. Juni 1969 - 2 BvR 480/61 - BVerfGE 26, 172 <181> und vom 7. Februar 1991 a.a.O. <386>; vgl. aber auch Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185, 2189/04 - BVerfGE 125, 141 <168>) und das Bundesverwaltungsgericht (vgl. aber Urteil vom 15. Juni 2011 - BVerwG 9 C 4.10 - BVerwGE 140, 34 = Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 161) bislang nicht entschieden. Die Verfassungsgerichte der Länder haben ihren jeweiligen Landesverfassungen derartige Mindestgarantien entnommen und dies - soweit die Ausstattung aus Landesmitteln in Rede steht - allenfalls gelegentlich unter einen Vorbehalt der eigenen Leistungsfähigkeit des Landes gestellt; die Gemeinden müssen hiernach mindestens über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine "freie Spitze" verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen (VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteile vom 5. Dezember 1977 - VGH 2/74 - DVBl 1978, 802 <805> und vom 18. März 1992 - VGH 3/91 - NVwZ 1993, 159 <160> m.w.N.; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - 2/97 - ESVGH 49, 242; Bayerischer VerfGH, Entscheidungen vom 27. Februar 1997 - Vf. 17 VII-94 - VerfGHE BY 50, 15 <41> und vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 - VerfGHE BY 60, 184; VerfG des Landes Brandenburg, Urteil vom 16. September1999 - 28/98 - NVwZ-RR 2000, 129 <130>; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 11. Mai 2006 - 1/05 u.a. - LKV 2006, 461 und vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris; Niedersächsischer StGH, Urteile vom 15. August 1995 - 2/93 u.a. - OVGE 45, 486, vom 25. November 1997 - 14/95 u.a. - OVGE 47, 497 und vom 7. März 2008 - 2/05 - NdsVBl 2008, 152 <156 f.>; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 16/02 - OVGE 50, 306; Urteile vom 11. Dezember 2007 - 10/06 - OVGE 51, 272 und vom 19. Juli 2011 - 32/08 - DVBl 2011, 1155; VerfGH Saarland, Urteile vom 10. Januar 1994 - Lv 2/92 - NVwZ-RR 1995, 153 <154> und vom 13. März 2006 - Lv 2/05 - juris; VerfGH des Freistaates Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 - LKV 2001, 223 <224>; LVerfG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Juni 2006 - LVG 7/05 - NVwZ 2007, 78; Thüringer VerfGH, Urteile vom 12. Oktober 2004 - 16/02 - DVBl 2005, 443, vom 21. Juni 2005 - 28/03 - NVwZ-RR 2005, 665 <667> und vom 18. März 2010 - 52/08 - LKV 2010, 220; aus der Literatur: Tettinger/Schwarz, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 2 Rn. 248 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 28 Rn. 156; Hellermann, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand 1. Januar 2013, Art. 28 Rn. 53; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 102; Hufen, DÖV 1998, 276 <280>).

20

Dieser Rechtsprechung ist für das Bundesverfassungsrecht beizupflichten. Aus Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 GG ergibt sich, dass der anerkannte "Kernbereich" der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auf die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung zu erstrecken ist. Der Gesetzgeber muss die öffentliche Verwaltung also so organisieren, dass unterhalb der (staatlichen) Landesebene eine kommunale Verwaltungsebene eingerichtet wird, der ein eigenständiges, eigenverantwortliches Verwaltungshandeln nicht nur in singulären Angelegenheiten, sondern grundsätzlich universell ermöglicht wird (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 a.a.O. <146 f.>). Dieser kommunale Bereich darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern muss auch finanziell ermöglicht werden. Der Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie wäre mithin (auch) dann verletzt, wenn von einer kommunalen Selbstverwaltung zwar vielleicht de jure, aber jedenfalls nicht mehr de facto die Rede sein könnte, weil den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel fehlen.

21

Hiergegen kann nicht angeführt werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber den Gemeinden in Art. 106 Abs. 5 bis 6 GG bestimmte Steuereinnahmen zuerkannt und damit die gemeindliche Finanzausstattung zu einem Teil bereits von Bundesverfassungsrechts wegen gesichert hat. Daraus lässt sich nicht folgern, dass eine weitergehende bundesverfassungsrechtliche Sicherung nicht gewollt gewesen sei. Das Gegenteil ist richtig. Dass Art. 28 Abs. 2 GG die gemeindliche Selbstverwaltung in ihrem Kernbereich absolut schützt und dass dies auch deren finanzielle Voraussetzungen umfasst, gilt ungeachtet der zusätzlichen Garantien des Art. 106 GG; diese treten noch hinzu. Auch die Einfügung des Satzes 3 in Art. 28 Abs. 2 GG belegt die Überzeugung des verfassungsändernden Gesetzgebers, dass die Selbstverwaltungsgarantie angesichts zunehmender Überbürdung kostenträchtiger Aufgaben auf die Kommunen gerade in finanzieller Hinsicht noch zusätzlicher Verstärkung bedurfte.

22

Klargestellt werden muss, dass dieser "Kerngehalt" die äußerste Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren - das verfassungsrechtliche Minimum - bezeichnet, das einer weiteren Relativierung nicht zugänglich ist. Der Landesgesetzgeber könnte also eine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden in diesem Sinne nicht mit Hinweis darauf rechtfertigen, dass auch die Haushaltslage des Landes notleidend ist. Der Mindestfinanzbedarf der Kommunen stellt vielmehr einen abwägungsfesten Mindestposten im öffentlichen Finanzwesen des jeweiligen Landes dar (so auch Tettinger/Schwarz, a.a.O. Rn. 248 ff.). Ob anderes gelten kann, wenn das Land selbst unter Ausschöpfung aller eigenen Steuerquellen und unter möglichster Verminderung ausgabenträchtiger öffentlicher Aufgaben des Landes und der Kommunen zur Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Mindestpflicht außerstande wäre, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Lage ist nicht erkennbar; der Beklagte macht nur eine eigene Haushaltsnotlage geltend, nicht aber einen Haushaltsnotstand des gesamten Landes.

23

2. Der angefochtene Kreisumlagebescheid beruht auf der gesetzlichen Grundlage in § 58 Abs. 4 LKO, § 25 LFAG. Das Berufungsgericht ist fraglos davon ausgegangen, dass diese Bestimmungen den genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Das hält den Einwänden, die namentlich der Vertreter des Bundesinteresses erhebt, im Ergebnis stand.

24

a) Der Vertreter des Bundesinteresses weist zum einen darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 14. Februar 2012 (- VGH N 3/11 - NVwZ 2012, 1034 = DVBl 2012, 432) die Bestimmungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes über die Zuweisungen aus Landesmitteln (§§ 7 bis 18 LFAG) für verfassungswidrig erklärt hat. Das bleibt freilich für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Auswirkung. Zwar nimmt § 25 LFAG auf § 13 LFAG und damit auf eine der für verfassungswidrig erklärten Vorschriften Bezug. Jedoch wird damit nicht die Gültigkeit der Bestimmungen über die Zuweisungen aus Landesmitteln zur Voraussetzung auch für die Gültigkeit der Bestimmungen über die Kreisumlage erhoben. Die Bezugnahme auf § 13 LFAG soll vielmehr lediglich die Umlagegrundlagen festlegen. Sie dient daher nur einer regelungstechnischen Vereinfachung, um eine eigenständige Wiederholung innerhalb des § 25 LFAG zu ersparen. In Ansehung der Umlagegrundlagen kann § 13 LFAG auch unabhängig von der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die Zuweisungen aus Landesmitteln Bestand haben. Hinzu kommt, dass das Landesverfassungsgericht die §§ 7 bis 18 LFAG zwar für verfassungswidrig, aber für das hier in Rede stehende Umlagejahr 2009 nicht auch für nichtig erklärt hat; das Gesetz verliert vielmehr erst Ende 2013 seine Gültigkeit, wenn der Gesetzgeber bis dahin den verfassungsrechtlichen Einwänden nicht Rechnung getragen hat.

25

b) Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt zum anderen, dass § 58 Abs. 4 LKO zu weit gefasst sei. Nach dieser Vorschrift erhebt der Kreis eine Kreisumlage, soweit seine sonstigen Finanzquellen seinen Finanzbedarf nicht decken. Damit macht sie den Kreisen die Erhebung einer Kreisumlage zur Pflicht, deren Soll-Aufkommen sich nach ihrem Wortlaut allein nach dem gesamten ungedeckten Finanzbedarf des Kreises bemisst, ohne hierbei die gebotene Rücksicht auf den eigenen Finanzbedarf und die Finanzausstattung der umlagepflichtigen Gemeinden zu nehmen. Mit diesem Inhalt könnte die Vorschrift tatsächlich keinen Bestand haben; sie würde den Grundsatz des Gleichrangs zwischen dem Finanzbedarf des Kreises und demjenigen der kreisangehörigen Gemeinden und damit das interkommunale Gleichbehandlungsgebot in vertikaler Hinsicht verletzen und im Extremfall dazu führen, dass der Kreis eine eigene Unterfinanzierung stets auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen dürfte oder gar müsste, selbst wenn diesen dadurch nicht einmal mehr die verfassungsrechtlich gebotene Mindestausstattung verbliebe. Die Vorschrift zwingt jedoch nicht zu einer solchen Interpretation. Sie ist vielmehr für eine verfassungskonforme Auslegung offen, wonach der Kreis zur Erhebung einer Kreisumlage ermächtigt wird, deren Höchstbetrag zwar durch seinen anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarf begrenzt wird, mit der jedoch dieser ungedeckte Finanzbedarf nicht zwingend und jedenfalls dann nicht zur Gänze auf die umlagepflichtigen Gemeinden umgelegt werden müsste, wenn diesen dadurch weniger als die verfassungsgebotene Mindestausstattung verbliebe.

26

3. Die Klägerin hat gegen die Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 zum einen eingewendet, der Beklagte finanziere die Wahrnehmung von Aufgaben, für die ihm die Zuständigkeit fehle; zum anderen verletze der gewählte progressive Umlagesatz das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung in dessen horizontaler Dimension. Das Berufungsgericht hat diese Einwände zurückgewiesen. Das hält den Angriffen der Revision stand.

27

a) Die Klägerin bemängelt, der Beklagte nehme Aufgaben der Tourismus- und Wirtschaftsförderung wahr, für die ihm die Zuständigkeit fehle, was zu einem entsprechend überhöhten Finanzbedarf und dementsprechend zu einem überhöhten Umlagesoll führe. Dieser Einwand verfängt nicht. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sämtliche von der Klägerin insofern angesprochenen Aufgaben kreisörtlicher Natur ("auf das Kreisgebiet bezogen") sind und deshalb vom Beklagten nach § 2 Abs. 1 LKO wahrgenommen werden dürfen. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Dann aber steht fest, dass es sich nicht um gemeindliche Aufgaben handelt, die der Kreis lediglich im Rahmen seiner Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion (nach § 2 Abs. 5 LKO) oder gar in Wahrnehmung seiner "Kompetenzkompetenz" (nach § 2 Abs. 3 und 4 LKO) übernehmen dürfte. Damit stellt sich auch die verfassungsrechtliche Frage nicht, ob es mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar wäre, wenn der Kreis gemeindliche Aufgaben an sich zieht, die Gemeinden aber zugleich über die Kreisumlage zu deren Finanzierung heranzieht.

28

b) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie den progressiven Umlagesatz als solchen betreffen.

29

Der Umlagesatz besagt als solcher noch nichts über die den Gemeinden nach Erhebung der Umlage verbleibende Finanzausstattung. Die Progression führt auch nicht dazu, dass die Umlagegrundlagen zur Gänze entzogen werden; im vorliegenden Fall liegt der Grenzsatz bei 37,1 x 150 = 55,65 v.H. und der Durchschnittssatz bei der Klägerin bei etwa 45 v.H. Der Umlagesatz ist deshalb nur daraufhin zu überprüfen, ob er den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt und ob er Steuerkraftunterschiede zwischen den umlagepflichtigen Gemeinden übermäßig nivelliert. Insofern sind Einwände nicht zu erheben.

30

Ein einheitlicher Umlagesatz wahrt den Gleichbehandlungsgrundsatz ohne Weiteres (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 LFAG), ein progressiver Satz wahrt ihn, wenn für die Progression ein sachlicher Grund besteht (vgl. Urteil vom 25. März 1998 - BVerwG 8 C 11.97 - BVerwGE 106, 280 <288 f.> = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 146). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Progression - der nur überdurchschnittlich steuerstarke Gemeinden unterliegen - dem Verursachungsprinzip Rechnung tragen soll; diese Gemeinden werden auf diese Weise verstärkt herangezogen, weil ihre besondere Steuerkraft zugleich die Ursache für geringere Schlüsselzuweisungen an die Kreise ist, was ohne Progression zu einer stärkeren Belastung der finanzschwächeren Gemeinden führen müsste. Darin hat es beanstandungsfrei einen zureichenden sachlichen Grund für den progressiven Umlagesatz gesehen.

31

Dessen Anwendung führt auch nicht dazu, dass die Steuerkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden vollständig eingeebnet würden oder gar ihre Steuerkraftreihenfolge verändert würde. Das ist bei der gewählten stufenweisen Anhebung des in Prozent ausgedrückten Umlagesatzes schon rechnerisch ausgeschlossen. Es ist auch tatsächlich nicht der Fall; die Klägerin ist auch nach Durchführung der Umlage die steuerstärkste Gemeinde im Kreis. Dass sie selbst zu anderen Ergebnissen gelangt, ist darauf zurückzuführen, dass sie auf ihre absoluten Steuereinnahmen abstellt und diese nicht ins Verhältnis zu ihrer - geringen - Einwohnerzahl setzt. Dem ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gibt den Gemeinden das Recht auf eine angemessene Finanzausstattung. Was angemessen ist, bestimmt sich zuvörderst nach dem Finanzbedarf, dieser aber ist maßgeblich abhängig von der Einwohnerzahl. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den Finanzkraftvergleich zwischen den verschiedenen kreisangehörigen Gemeinden nach Maßgabe der Steuerkraft in Relation zur jeweiligen Einwohnerzahl vornimmt.

32

4. Die Klägerin hatte aber drittens und vor allem geltend gemacht, die Erhebung der Kreisumlage entziehe ihr - im Zusammenwirken mit anderen Umlagen - praktisch ihre gesamte Finanzausstattung und belasse ihr damit nicht einmal mehr die verfassungsgebotene Mindestausstattung. Hiermit hat sich das Berufungsgericht bislang nur unzureichend auseinandergesetzt.

33

a) Vorab ist festzuhalten, dass der Einwand der Klägerin beachtlich ist. Der Beklagte muss bei der Bemessung der Kreisumlage die anderen Umlagepflichten der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Der Landesgesetzgeber stellt die Kreisumlage in ein System aus mehreren Instrumenten des Finanzausgleichs zwischen Gemeinden, Kreisen und Land; Instrumenten der Finanzzuweisungen zugunsten der Gemeinden (insbesondere Schlüsselzuweisungen) stehen gegenläufige Instrumente der Finanzabschöpfungen (insbesondere Umlagen) gegenüber. Insofern tritt die Kreisumlage neben andere Umlagen unter Gemeinden. Der Vertreter des Bundesinteresses weist zutreffend darauf hin, dass der Landesgesetzgeber dieses System des Finanzausgleichs als Ganzes zu verantworten hat; er ist verpflichtet, eine angemessene Finanzausstattung, wenigstens aber die Mindestausstattung der Gemeinden im Gesamt seines Regelwerks zu gewährleisten. Dabei muss er diejenigen Vorgaben beachten, die vom Bundesgesetzgeber selbst und damit von einem vorrangigen Normgeber gesetzt werden. Deshalb muss er auch die Belastungen der Gemeinden aus der Gewerbesteuerumlage in Rechnung stellen.

34

Bei der nötigen Gesamtbetrachtung kann die Verbandsgemeindeumlage (§ 26 LFAG) nicht ausgeblendet werden. Sie dient zwar der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben und kommt der Klägerin - einer Ortsgemeinde - damit selbst zugute. Die Klägerin kann jedoch über ihre Mitgliedschaft in der Verbandsgemeinde nicht frei entscheiden und kann auch den Umfang der von dieser wahrgenommenen örtlichen Aufgaben nicht beeinflussen. Vielmehr werden die Verbandsgemeinden aus Gründen des Gemeinwohls gebildet (vgl. § 64 GemO) und nehmen bestimmte Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufgrund Gesetzes an Stelle der Ortsgemeinden wahr (§§ 67, 68 GemO). Insofern liegt die Sache anders als bei der Samtgemeindeumlage nach niedersächsischem Recht (vgl. Urteil vom 15. November 2006 - BVerwG 8 C 18.05 - BVerwGE 127, 155 = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 161). Vor allem aber stünde eine "freie Spitze" nicht der Verbandsgemeinde, sondern unverändert der Ortsgemeinde zu, die auch nur selbst Inhaberin des verfassungsrechtlichen Aufgabenzugriffsrechts, also des Rechts ist, sich jeder "unbesetzten" öffentlichen Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft aus eigenem Willensentschluss anzunehmen.

35

b) Das Berufungsgericht ist auf den Einwand der Klägerin bislang nur unter Anlegung eines unzureichenden und teilweise fehlerhaften verfassungsrechtlichen Maßstabs eingegangen. Es hat den Kreis nämlich von der Pflicht zur Beachtung der verfassungsgebotenen Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden dispensiert und angenommen, die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie werde in jedem Fall erst dann verletzt, wenn der Kreis seine eigenen Interessen einseitig und willkürlich gegenüber den Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetze. Das wird den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG nicht gerecht.

36

Der Schutz- und Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 (und 3) GG gilt zugunsten der Gemeinden auch in deren Verhältnis zum Kreis. Für "den kommunalen Raum", also das Gesamt von Kreis und kreisangehörigen Gemeinden, besteht kein abweichendes Sonderrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u.a. - BVerfGE 79, 127 <150 f., 152>). Daraus folgt, dass der oben umschriebene "Kernbereich" der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie auch nicht zugunsten des jeweiligen Kreises angetastet werden darf. Das gilt für jedwede Finanzregelung, gleichgültig ob sie vom Land oder vom Kreis selbst erlassen wurde; weder darf eine Regelung des Landesgesetzgebers zu einer strukturell unzureichenden Finanzausstattung der Gemeinden führen, noch darf eine Regelung eines Kreises diese Wirkung haben. Damit wird auch der Kreisumlage eine absolute Grenze gezogen; ihre Erhebung darf nicht dazu führen, dass das absolute Minimum der Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden unterschritten wird.

37

Demgegenüber will das Berufungsgericht die Kreise bei Erlass von Bestimmungen über die Erhebung der Kreisumlage von der Pflicht zur Beachtung des "Kernbereichs" jedenfalls dann dispensieren, wenn der kommunale Sektor insgesamt unterfinanziert ist; die Regelungsbefugnis des Kreises sei auch in diesem Falle erst überschritten, wenn der Kreis seine Interessen willkürlich und rücksichtslos zulasten der Gemeinden verfolgt. Das ist mit Art. 28 Abs. 2 GG unvereinbar. So wenig wie das Land kann sich der Kreis von der Beachtung des "Kernbereichs" der gemeindlichen Selbstverwaltung unter Hinweis auf seine eigene Haushaltslage dispensieren. Richtig ist, dass der Kreis - anders als das Land - regelmäßig nicht über eine nennenswerte Kompetenz zur Erschließung zusätzlicher Steuerquellen verfügt, um seine Finanznot zu lindern (dazu Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 115 f.). Das suspendiert indes nicht die Geltung der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie. Ist die eigene Finanzausstattung des Kreises unzureichend, so muss er sich seinerseits an das Land (den Landesgesetzgeber) halten; er kann seine Finanznot nicht auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen. Darauf weist der Vertreter des Bundesinteresses zutreffend hin.

38

Das angefochtene Urteil beruht auf diesen Defiziten, da es einen Haupteinwand der Klägerin - die Kreisumlage entziehe ihr die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung - auf unzureichender Grundlage zurückgewiesen hat.

39

5. Der Senat kann über die Sache nicht abschließend entscheiden. Hierzu muss noch auf Vorbringen des Beklagten eingegangen werden, was zusätzliche tatsächliche Feststellungen erfordert, die zudem landesrechtliche Würdigungen voraussetzen. Das ist dem Bundesverwaltungsgericht verschlossen; deshalb muss die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden.

40

a) Zum einen bestreitet der Beklagte, dass im Zusammenwirken der Kreisumlage mit anderen Umlagen sämtliche Steuereinnahmen der Klägerin abgeschöpft würden und die Klägerin darüber hinaus noch zur Kreditaufnahme gezwungen werde, um ihre Umlageverpflichtungen zu erfüllen. Er meint, dass die Gewerbesteuerumlage nicht gesondert und zusätzlich zu berücksichtigen sei, weil sie bereits bei Festlegung der Nivellierungssätze als Höchstgrenze für die Umlagezahlungen Berücksichtigung finde. Ob das zutrifft, wird zu prüfen sein.

41

b) Zum anderen - und vor allem - behauptet der Beklagte, die Kumulation von Umlagepflichten habe für die Klägerin nur im Jahr 2009 zu einer derart hohen Belastung geführt. Die Erhebungsmethode habe in diesem Jahr zu einem überdurchschnittlich hohen Umlagebetrag geführt, dem jedoch im Folgejahr ein entsprechend niedrigerer Betrag gefolgt sei. Auch dem wird das Berufungsgericht nachzugehen haben. Der Kernbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie wird nicht schon dann verletzt, wenn die Finanzausstattung einer Gemeinde nur in einem Jahr oder nur für einen vorübergehenden Zeitraum hinter dem verfassungsgebotenen Minimum zurückbleibt; zur Überbrückung derartiger Notlagen steht der Gemeinde die Befugnis zur Aufnahme von Kassenkrediten zur Verfügung. Der Kernbereich der Garantie ist vielmehr erst dann verletzt, wenn die Gemeinde strukturell und auf Dauer außerstande ist, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein hessischer Landkreis, wendet sich gegen eine kommunalaufsichtliche Anweisung des beklagten Landes, für das Haushaltsjahr 2010 den Hebesatz für die Kreisumlage zu erhöhen.

2

Der Kreistag des Klägers beschloss am 11. Dezember 2009 in der Haushaltssatzung für das Jahr 2010 einen Hebesatz für die Kreisumlage in Höhe von 32,5 %. Die vom Kläger in einer Bürgermeisterversammlung angehörten Gemeinden hatten sich gegen eine Erhöhung des Kreisumlagesatzes gewandt. Zusammen mit der Schulumlage von 22,5 % ergab sich danach eine Umlageverpflichtung der kreisangehörigen Gemeinden gegenüber dem Kreis von insgesamt 55 %.

3

Mit Bescheid vom 15. April 2010 genehmigte die Kommunalaufsicht des Beklagten die Haushaltssatzung unter der aufschiebenden Bedingung einer Erhöhung des Hebesatzes für die Kreis- und Schulumlage um 3 % auf insgesamt 58 %. Andernfalls werde der Beklagte den Kläger entsprechend aufsichtlich anweisen. Zur Begründung verwies der Beklagte auf das Haushaltsdefizit des Klägers in Höhe von 34 Mio. €, das größte Defizit unter den hessischen Landkreisen. Von einer Kreisumlageerhöhung könne allerdings in dem Umfang, in dem der Kläger die veranschlagten ordentlichen Aufwendungen noch reduziere, abgesehen werden.

4

Eine Erhöhung der Umlage lehnte der Kreistag jedoch ab, weil der Kreishaushalt nicht zu Lasten der Gemeinden saniert werden solle, während das Land sich aus der Aufgabenfinanzierung des Kreises zurückziehe. Es sei beabsichtigt, gegen eine kommunalaufsichtliche Anweisung Klage zu erheben.

5

Daraufhin wies der Beklagte den Kläger mit kommunalaufsichtlicher Verfügung vom 9. Juli 2010 an, die Kreisumlage bis zum 30. Juli 2010 auf 35,5 % festzusetzen, ordnete die sofortige Vollziehung der Anweisung an und drohte die Ersatzvornahme an. Der Kläger verletze seine Pflicht zum Haushaltsausgleich aus § 92 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO). Er sei nach § 37 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG-HE) verpflichtet, eine Kreisumlage zu erheben, soweit die sonstigen Einnahmen zum Haushaltsausgleich nicht ausreichten. Bereits für das Haushaltsjahr 2009 sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass eine Erhöhung der Kreisumlage angesichts seiner defizitären Situation unumgänglich sei. Nach der Konsolidierungsleitlinie des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport liege die Obergrenze für einen Gesamthebesatz aus Kreis- und Schulumlage mit Rücksicht auf die Gemeinden bei 58 %. Bis zu dieser Grenze halte der Beklagte die Kreise zur Hebung ihres Umlagesatzes an. Die Gemeinden könnten zum Ausgleich unverschuldeter Rechnungsfehlbeträge beim Land Finanzhilfen aus dem Landesausgleichsstock beantragen.

6

Nachdem der Kläger der Anweisung nicht nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 2. August 2010 im Wege der Ersatzvornahme den Hebesatz für die Kreisumlage auf 35,5 % fest. Der Kläger erließ auf dieser Grundlage Umlagebescheide. Hiergegen legten sämtliche kreisangehörigen Gemeinden Widerspruch ein.

7

Der Kläger hat am 14. Juli 2010 Klage gegen die Anweisungsverfügung vom 9. Juli 2010 erhoben. Mit Urteil vom 14. Februar 2012 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben, soweit der Kläger darin zur Festsetzung des Kreisumlagesatzes auf 35,5 % angewiesen worden war. Den ursprünglich weiteren Antrag auf Rückgängigmachung der Vollziehung der Anweisungsverfügung hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren zurückgenommen; insoweit hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Kommunalaufsicht könne eine rechtswidrige Haushaltssatzung lediglich beanstanden. Eine Anweisung zu konkreten Maßnahmen in Bezug auf einen Haushaltsausgleich greife in unzulässiger Weise in den Gestaltungsspielraum des Kreises sein.

8

Mit Berufungsurteil vom 14. Februar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Für den Beklagten habe kommunalaufsichtlicher Handlungsbedarf bestanden, nachdem der Kläger seine Pflicht zum Haushaltsausgleich wiederholt nicht beachtet habe. Der Kläger sei in seiner anhaltenden defizitären Situation nach § 92 Abs. 3 HGO i.V.m. § 37 FAG-HE zur Erhebung der Kreisumlage mindestens in der angewiesenen Höhe verpflichtet gewesen. Zuweisungen aus dem Landeshaushaltsstock habe er nicht beantragt. Er habe daher den unter Berücksichtigung der Belange der zahlungspflichtigen Gemeinden höchstmöglichen Hebesatz festsetzen müssen. Die Grenze, welche sowohl den Finanzbedarf des Klägers als auch die Leistungsfähigkeit der zahlungspflichtigen Städte und Gemeinden berücksichtige, liege nach den Berechnungen des Beklagten bei 58 %. Diesen der Konsolidierungsleitlinie des Innenministeriums entnommenen Erfahrungswert habe der Beklagte seiner Anweisung zugrunde legen dürfen. Die genannte, auch für die übrigen Landkreise geltende Obergrenze habe auch der Kläger inzwischen im Rahmen der Verhandlungen über Entschuldungshilfen nach dem hessischen Schutzschirmgesetz akzeptiert. Die kommunalaufsichtliche Anweisung sei jedenfalls zur Verringerung des Defizits des Klägers geeignet, auch wenn sie nicht zum Ausgleich des gesamten Haushaltsdefizits führe. Sie sei mit der verfassungsrechtlichen Garantie der Selbstverwaltung des Klägers vereinbar. Der Beklagte habe über längere Zeit letztlich erfolglose Verhandlungen mit dem Kläger über eine Ausgabenreduzierung und Einnahmeerhöhung geführt. Der Kläger habe sich nicht einmal an sein eigenes Haushaltskonsolidierungskonzept gehalten. Die Kommunalaufsicht habe ihre Maßnahme nicht auf eine Beanstandung der Haushaltssatzung beschränken müssen. Nach den Vorberatungen sei deutlich gewesen, dass mit einer Beanstandung keine Erhöhung des Hebesatzes und damit keine Verringerung des Defizits hätte erreicht werden können. Außerdem wäre sie mit den Nachteilen einer vorläufigen Haushaltsführung verbunden gewesen, welche nicht für einen längerfristigen Einsatz gedacht sei. Die Verhältnismäßigkeit der Anweisung werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Land möglicherweise seine Finanzierungspflichten gegenüber dem Kläger verletzt habe. Diese seien nicht Gegenstand des Verfahrens.

9

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze ihn in seinen Rechten aus Art. 28 Abs. 2 GG. Er habe gegenüber dem beklagten Land einen Anspruch auf finanzielle Ausstattung zur Erledigung der eigenen und der ihm übertragenen Aufgaben. Seine Haushaltsnotlage sei nicht durch eine eigene Pflichtverletzung herbeigeführt worden. Der Verstoß gegen die Pflicht, ihn auskömmlich auszustatten, liege vielmehr in der Sphäre des Beklagten. Demgegenüber trügen die Gemeinden keine Verantwortung für seine Finanznot. Der in der angefochtenen Anweisung vorgesehene Kreisumlagesatz sei willkürlich und unverhältnismäßig. Die konkreten Verhältnisse im Landkreis seien nicht geprüft worden. Die Anweisungsverfügung greife in sein Recht auf eigenverantwortliche Festlegung des Hebesatzes ein. Seine Entscheidung, den Hebesatz bei insgesamt 55 % zu belassen, sei mit Rücksicht auf die finanzielle Situation der kreisangehörigen Gemeinden getroffen worden.

10

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 2013 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 14. Februar 2012 zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, das Selbstverwaltungsrecht des Klägers werde durch die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich begrenzt. Bei Vorliegen der landesrechtlichen Voraussetzungen bestehe unabhängig von den Ursachen des Haushaltsdefizits eine Rechtspflicht zur Erhöhung der Kreisumlage. Eine mangelhafte Ausstattung des Klägers durch das Land sei weder in tatsächlicher Hinsicht belegt, noch folge sie aus der zwischenzeitlichen Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 - (NVwZ 2013, 1151). Die von ihm, dem Beklagten, angesetzte Obergrenze für eine Kreisumlage in Höhe von 58 % stelle einen hinreichenden finanziellen Spielraum für die umlagepflichtigen Gemeinden sicher. Für fast alle kreisangehörigen Gemeinden habe sich im Jahr 2010 auch nach diesem Hebesatz eine geringere Umlagehöhe ergeben als im Vorjahr. Zum Zeitpunkt der Anweisung sei nicht bekannt gewesen, dass die finanzielle Situation der kreisangehörigen Gemeinden vergleichbar schlecht wie diejenige des Klägers gewesen sei. Der Beklagte habe seine Finanzaufsicht über den Kläger in ermessensfehlerfreier Weise im Rahmen des bestehenden Systems des kommunalen Finanzausgleichs ausgeübt.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses verweist darauf, dass die Verpflichtung des Kreises zum Haushaltsausgleich durch das Recht der Gemeinden auf finanzielle Mindestausstattung begrenzt sei. Auch den Kreisen komme ein Recht auf Mindestausstattung gegenüber dem Land zu.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angegriffene Berufungsurteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

15

1. Das Berufungsgericht ist konkludent von der Zulässigkeit der Klage und damit auch von einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die Anfechtung der Anweisungsverfügung des Beklagten vom 9. Juli 2010 ausgegangen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist durch den Verwaltungsakt der kommunalaufsichtlichen Anweisungsverfügung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1964 - 8 C 29.63 - BVerwGE 19, 121 <123>) auch nach Ablauf des Haushaltsjahres 2010 im Hinblick auf die Einschränkung seines Selbstverwaltungsrechts beschwert und sieht sich den Widersprüchen der kreisangehörigen Gemeinden gegen die vom Beklagten verlangte und mit dessen nachfolgender Ersatzvornahme vom 2. August 2010 umgesetzte Erhöhung der Kreisumlage ausgesetzt. Dass der Kläger nicht auch gegen die kommunalaufsichtliche Ersatzvornahme vorgegangen ist, ändert nichts. Ob eine kommunalrechtliche Ersatzvornahme ein der Bestandskraft fähiger eigenständiger Grundverwaltungsakt oder eine Maßnahme des Vollstreckungsrechts ist, bestimmt sich nach den jeweiligen landesrechtlichen Normen der Gemeindeordnung (vgl. dazu Lange, Kommunalrecht, 2013, S. 1167, 1169). Die hier im Berufungsurteil konkludent getroffene Bewertung, dass es für die Zulässigkeit der gegen die Anweisungsverfügung gerichteten Klage einer Anfechtung auch der Ersatzvornahme nicht bedurfte, unterliegt daher nicht der revisionsgerichtlichen Prüfung. Im Übrigen wäre ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers jedenfalls dadurch gegeben, dass er im Falle eines Obsiegens im vorliegenden Verfahren einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Rücknahme der Ersatzvornahme des Beklagten vom 2. August 2010 geltend machen könnte.

16

2. Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Berufungsgericht die Klage in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils als unbegründet abgewiesen. Prüfungsmaßstab ist insofern allein die verfassungsrechtliche Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung des Klägers aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 und 3 Halbs. 1 GG. Die revisionsgerichtliche Überprüfung muss von dem Inhalt der irrevisiblen Vorschriften des Landesrechts ausgehen, den das Berufungsgericht durch Auslegung ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO; BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89 <91 f.>). Bundesrecht kann allerdings eine verfassungskonforme Auslegung der irrevisiblen landesrechtlichen Normen durch das Revisionsgericht gebieten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 9 C 6.13 - juris Rn. 11).

17

Die angegriffene Verfügung greift in die kommunale Finanzhoheit des Klägers als Teil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ein, welche die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens beinhaltet (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Mai 1968 - 2 BvL 2/61 - BVerfGE 23, 353 <369> und vom 10. Juni 1969 - 2 BvR 480/61 - BVerfGE 26, 172 <181>; Urteil vom 24. Juli 1979 - 2 BvK 1/78 - BVerfGE 52, 95 <117>; Beschluss vom 15. Oktober 1985 - 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 - BVerfGE 71, 25 <36>). Die für Kreise als Gemeindeverbände und für Gemeinden gleichermaßen geltende Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung ist notwendiges Korrelat der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung; sie ist durch die Ergänzung des Art. 28 Abs. 2 GG um Satz 3, wonach die Gewährleistung der Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasst, klarstellend verstärkt worden (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04 - BVerfGE 125, 141 <160>; BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89 <94 f.> und vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 11). Zu den von der Finanzautonomie des Kreises umfassten Entscheidungen gehört auch die Festsetzung der Höhe der landesrechtlich vorgesehenen Kreisumlage.

18

Die den Gemeindeverbänden gewährleistete Garantie der kommunalen Selbstverwaltung kann allerdings vom Gesetzgeber ausgestaltet und beschränkt werden. Unter den in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG normierten Gesetzesvorbehalt fallen auch landesrechtliche Regelungen über die staatliche Kommunalaufsicht, wie sie hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in § 54 Abs. 1 der Hessischen Landeskreisordnung (HKO) i.V.m. §§ 135 ff. HGO bestehen. Die staatliche Rechtsaufsicht über die Kreise ist wie bei den Gemeinden ein verfassungsrechtlich gebotenes Korrelat der kommunalen Selbstverwaltung (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 1988 - 2 BvR 602/83, 2 BvR 974/83 - BVerfGE 78, 331 <341>; BVerwG, Urteile vom 9. Juli 1964 - 8 C 29.63 - BVerwGE 19, 121 <122 f.> und vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89 <97>). Bei der Erhebung der Kreisumlage besteht im Hinblick auf die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG lediglich eine staatliche Rechts-, aber keine Fachaufsicht. Dies sieht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch Art. 137 Abs. 3 der Hessischen Verfassung (HV) vor.

19

3. Die Voraussetzung für ein kommunalaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegenüber dem Kläger im Wege einer Anweisung nach § 54 HKO i.V.m. § 139 HGO, die Verletzung einer dem Kläger obliegenden Verpflichtung, war hier gegeben.

20

a) aa) Das Berufungsgericht hat den landesrechtlichen Normen des § 52 Abs. 1 HKO i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 HGO eine Pflicht des Klägers zum Haushaltsausgleich entnommen, von der nur in Ausnahmefällen abgewichen werden dürfe. Lasse die Haushaltsnotlage eines kommunalen Aufgabenträgers einen vollständigen Ausgleich trotz äußerster Sparsamkeit und Ausschöpfung aller Einnahmequellen nicht zu, so bestehe jedenfalls eine Pflicht, das Haushaltsdefizit so gering wie möglich zu halten.

21

Diese Auslegung des Landesrechts ist mit der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar (vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89 <98>). Die landesrechtliche Verpflichtung, einen Haushaltsausgleich herbeizuführen, jedenfalls aber sich ihm so weit wie möglich anzunähern, sichert den Gestaltungsspielraum des Trägers der kommunalen Selbstverwaltung in der Zukunft. Sie schränkt zwar den gegenwärtigen Entscheidungsspielraum der Kommune ein, kommt jedoch dem langfristigen Erhalt ihrer Handlungsmöglichkeiten zugute und dient damit der Gewährleistung der in Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Autonomie. Auf welchem Wege das Ziel des Haushaltsausgleichs erreicht wird, liegt dabei - soweit unterschiedliche Konsolidierungsmaßnahmen in Betracht kommen - in der Gestaltungsfreiheit des kommunalen Trägers. Lässt die gegenwärtige Haushaltsnotlage einen vollständigen Haushaltsausgleich nicht zu, ist auch eine Pflicht zur Defizitminimierung bei Wahrung eines vorhandenen Gestaltungsspielraumes des Trägers der kommunalen Selbstverwaltung mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar.

22

Keiner Erörterung bedarf, ob auch die Verpflichtungen von Bund und Ländern aus den verfassungsrechtlichen Regelungen zur Haushaltsdisziplin (sog. Schuldenbremse, vgl. Art. 109 Abs. 3 GG) sowie ihre unionsrechtlich begründeten Stabilitätsverpflichtungen (Art. 126 Abs. 2 AEUV, Art. 109 Abs. 2 GG) auf die Rechtsposition der in Art. 109 Abs. 3 GG nicht ausdrücklich genannten Träger der kommunalen Selbstverwaltung einwirken (kritisch hierzu Waldhoff, Rechtsfragen der Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, Rechtsgutachten für den Landtag Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 2015, LT-Information 16/249, S. 37 ff.). Auf die rechtlichen Folgen der Schuldenbremse für das Verhältnis zwischen dem Kreis und dem Land kommt es hier schon deswegen nicht an, weil das Haushaltsjahr 2010 noch nicht vom zeitlichen Anwendungsbereich der grundgesetzlichen Schuldenbremse erfasst wird (vgl. Art. 143 d Abs. 1 GG).

23

bb) Der Kläger hat seine aus § 52 Abs. 1 HKO i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 HGO folgende Pflicht zur Aufstellung eines für das Jahr 2010 ausgeglichenen Haushalts verletzt. Nach den unbestrittenen Feststellungen des Tatsachengerichts war für jenes Haushaltsjahr nach dem vom Kreistag beschlossenen Haushalt ein Defizit von 34 Mio. € zu erwarten. Infolge dessen hätte die Bilanz für 2010 sogar ein negatives Eigenkapital erreicht.

24

Die berufungsgerichtliche Annahme einer Pflichtverletzung ist revisionsrechtlich nicht schon deshalb zu beanstanden, weil dem Kläger ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung trotz aller Anstrengungen nicht möglich gewesen wäre. Neben der vom Beklagten verfügten Erhöhung der Kreisumlage waren im Verlaufe der Verhandlungen der Beteiligten auch Einsparmöglichkeiten auf der Ausgabenseite des klägerischen Haushaltes genannt worden, deren Anrechnung auf die Erhöhung des Kreisumlagesatzes der Beklagte in seiner aufschiebend bedingten Haushaltsgenehmigung zunächst zugestanden hatte. Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass er noch Ausgabenkürzungen hätte beschließen können. Sein Vortrag, er nehme zu 99 % Pflichtaufgaben wahr, schließt nicht aus, dass er die ihm übertragenen Aufgaben im Einzelnen noch sparsamer hätte erledigen können. Unabhängig davon, welches Ausmaß an Einsparungen dabei erreichbar gewesen wäre, war der Kläger jedenfalls im Umfang der ihm möglichen Sparmaßnahmen und Umlageerhöhung landesrechtlich zur Annäherung an einen Haushaltsausgleich verpflichtet.

25

Seiner gesetzlichen Pflicht zur Minimierung des Haushaltsdefizits kann sich der klagende Kreis auch nicht durch Verweis auf eine seiner Auffassung nach unzureichende Finanzierung durch das beklagte Land entziehen. Solange es ihm möglich ist, Maßnahmen zur Haushaltssanierung zu ergreifen, ist es aus Sicht der Garantie der Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden, wenn er landesrechtlich zu entsprechendem Handeln verpflichtet ist. Hiervon ist die Frage zu trennen, ob eine kommunalaufsichtliche Verfügung zur Verringerung des Haushaltsdefizits verhältnismäßig ist, wenn das Land als Träger der Kommunalaufsicht wegen unzureichender Finanzierung eine Mitverantwortung am Haushaltsnotstand des Kreises trägt (dazu unten 6.).

26

b) aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber hinaus den landesrechtlichen Vorschriften der § 53 Abs. 2 HKO und § 37 FAG-HE über die Erhebung der Kreisumlage wegen der anhaltenden Haushaltsnotlage des Klägers dessen Verpflichtung entnommen, den Kreisumlagesatz auf das unter Berücksichtigung der Belange der kreisangehörigen Gemeinden Höchstmögliche festzusetzen. Auch hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

27

Nach § 53 Abs. 2 HKO kann der Landkreis, soweit seine sonstigen Einnahmen oder Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen, um seinen Bedarf zu decken, nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden erheben. § 37 Abs. 1 FAG-HE sieht eine Verpflichtung der Landkreise zur Erhebung einer Kreisumlage von ihren Gemeinden vor, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen der Landkreise und die Leistungen nach dem Finanzausgleichsgesetz zum Ausgleich des Haushalts und zum Ausgleich von Fehlbeträgen aus Vorjahren nicht ausreichen. Das Berufungsurteil sieht in § 37 Abs. 1 FAG-HE eine Vorschrift, welche die Ermächtigung zur Umlageverpflichtung nach § 53 Abs. 2 HKO ausfüllt und wegen der defizitären Haushaltssituation des Klägers zu einer Rechtspflicht verdichtet, die Grenze des bei Rücksichtnahme auf die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden Möglichen auszuschöpfen.

28

Diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften steht mit den Grundsätzen in Einklang, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden bei der Erhebung der Kreisumlage entwickelt hat. Hiernach darf der Kreis seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen. Dies folgt aus dem in Art. 28 Abs. 2 GG angelegten Grundsatz des Gleichrangs des Finanzbedarfes eines jeden Verwaltungsträgers im kreiskommunalen Raum. Neben dem Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung der kreisangehörigen Gemeinden, dem Verbot der Einebnung von Steuerkraftunterschieden zwischen den Gemeinden und der Achtung der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit hat der umlageerhebende Kreis auch zu gewährleisten, dass die durch Art. 28 Abs. 2 GG gebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden nicht unterschritten wird. Die Garantie des Kerngehalts der kommunalen Selbstverwaltung der Gemeinden zieht der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze dort, wo sie zu einer strukturell unzureichenden Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden führen und ihnen dadurch die Möglichkeit zu einem eigenständigen und eigenverantwortlichen Handeln nehmen würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 <380 ff., 391>). Die eigene finanzielle Notlage stellt den Kreis nicht von der Pflicht zur Beachtung des Kernbereichs der gemeindlichen Selbstverwaltung frei. Vielmehr muss sich der Kreis bei unzureichender eigener Finanzausstattung seinerseits an das Land (den Landesgesetzgeber) halten und kann seine Finanznot nicht auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 37).

29

Die Grenze für den höchstmöglichen Kreisumlagesatz, den der finanziell notleidende Kreis nach § 37 Abs. 1 FAG-HE festzusetzen hat, liegt nach dem Berufungsurteil dort, wo die Leistungsfähigkeit der zahlungspflichtigen Gemeinden endet. Diese Auslegung der nur beschränkt revisionsgerichtlich zu überprüfenden landesrechtlichen Norm trägt dem Schutz der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinden aus Art. 28 Abs. 2 GG hinreichend Rechnung.

30

bb) Nach den tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils hätte der Kläger den Kreisumlagesatz für das Haushaltsjahr 2010 weit über die Grenze des den zahlungspflichtigen Gemeinden Zumutbaren hinaus bei ca. 70 % festsetzen müssen, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Angesichts der Größenordnung seines Defizits musste er aufgrund des dargestellten Landesrechts den höchstmöglichen Kreisumlagesatz unabhängig davon ausschöpfen, ob auch auf der Ausgabenseite des Haushaltes noch Einsparungen möglich waren. Es begegnet daher aus Sicht des Bundesrechts keinen Bedenken, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger bei der Entscheidung über den konkreten Kreisumlagesatz abverlangt hat, seine Kräfte zur Sanierung des notleidenden Haushalts bis zur Grenze des ihm rechtlich Möglichen anzuspannen.

31

Das Berufungsurteil stellt ausdrücklich fest, dass die Grenze des unter Berücksichtigung der Belange der zahlungspflichtigen Gemeinden Möglichen nach den Berechnungen des Beklagten bei insgesamt 58 % der Bemessungsgrundlagen einschließlich einer Kreisumlage von 35,5 % lag und dass dieser Hebesatz den Finanzbedarf des Klägers wie auch die Leistungsfähigkeit der zahlungspflichtigen Städte und Gemeinden berücksichtigte. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen ist der Kläger nicht mit revisionsrechtlichen Verfahrensrügen vorgegangen. Er hat auch in der Sache nicht geltend gemacht, mit der vom Beklagten angewiesenen Höhe der Kreisumlage werde die Leistungsfähigkeit aller oder einzelner kreisangehöriger Gemeinden überschritten. Nach dem von den Tatsacheninstanzen ermittelten Ablauf des kommunalaufsichtlichen Verfahrens wie auch nach eigenem Vortrag hat der Kläger die finanzielle Belastbarkeit der betroffenen Gemeinden im Übrigen selbst nicht konkret ermittelt, sondern sich auf Angaben in einer Bürgermeisterversammlung gestützt, wonach die Gemeinden bei einer Anhebung des Umlagesatzes in finanzielle Schwierigkeiten gerieten.

32

4. Lagen nach alldem die Voraussetzungen für ein aufsichtliches Einschreiten vor, so war der Beklagte nicht auf das Aufsichtsmittel einer Beanstandung nach § 54 HKO i.V.m. § 138 HGO beschränkt, sondern durfte dem Kläger durch eine Anweisung nach § 54 HKO i.V.m. § 139 HGO eine Erhöhung des Kreisumlagesatzes um 3 % vorgeben.

33

Nach § 54 HKO i.V.m. § 138 HGO (Beanstandung) kann die Aufsichtsbehörde Beschlüsse und Anordnungen des Kreises, die das Recht verletzen, aufheben, während sie den Kreis nach § 54 HKO i.V.m. § 139 HGO bei Vorliegen einer Pflicht- oder Aufgabenverletzung anweisen kann, innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche zu veranlassen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass eine reine Beanstandung des Beschlusses des Kreistages über den Kreisumlagesatz nicht geeignet gewesen wäre, um eine Verringerung des Defizits des Klägers zu gewährleisten. Dagegen lässt sich nichts erinnern.

34

a) Die Kommunalaufsicht darf allerdings nicht im Wege einer "Einmischungsaufsicht" in Entscheidungsspielräume eindringen, die sich den kommunalen Aufgabenträgern eröffnen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 1988 - 2 BvR 602/83, 974/83 - BVerfGE 78, 331 <341, 343>). Einnahmen- wie ausgabenseitig Maßnahmen zum Haushaltsausgleich zu ergreifen, ist Aufgabe der Entscheidungsgremien des kommunalen Aufgabenträgers. Innerhalb eines bestehenden Gestaltungsspielraums ist es der Kommunalaufsicht untersagt, der Kommune bestimmte Maßnahmen alternativlos vorzuschreiben. Auf der Ausgabenseite ist die Aufsichtsbehörde grundsätzlich darauf beschränkt, eine Reduzierung der Mittel für freiwillige Leistungen insgesamt anzumahnen, ohne konkrete Mittel oder einzelne Ansätze vorzuschreiben. Entsprechendes muss für die Einnahmenseite gelten (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89 Rn. 24 f.).

35

Erfüllt der kommunale Aufgabenträger seine Pflichten nicht, ist die Aufsichtsbehörde freilich nach sachgerechter Ausübung ihres Entschließungs- und Auswahlermessens zur Beanstandung und Aufhebung einer pflichtwidrigen Maßnahme befugt (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89 Rn. 26). Besteht zudem in Anbetracht der haushaltswirtschaftlichen Beschlüsse des kommunalen Aufgabenträgers und des unmittelbar bevorstehenden zeitlichen Auslaufens einer realisierbaren Handlungsmöglichkeit, um der Rechtswidrigkeit des kommunalen Handelns abzuhelfen, keine Auswahl alternativ zu ergreifender verschiedener Maßnahmen mehr, darf die Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht auch weitergehend in die Selbstverwaltung der Kommune eingreifen und ihr aufgeben, in welcher Weise sie einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen hat. Dabei hat sie die schonendste, am wenigsten in die Gestaltungsautonomie des kommunalen Aufgabenträgers eingreifende Maßnahme zu wählen.

36

b) Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Kläger zu einer Erhöhung des Kreisumlagesatzes angewiesen hat. Er hat damit eine effektive Aufsichtsmaßnahme gewählt, ohne durch Vorgaben zu konkreten Haushaltseinsparungen noch weitergehend in den kommunalpolitischen Gestaltungsspielraum des Klägers einzugreifen. Hinzu kommt, dass eine Kreisumlageerhöhung nach § 37 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 FAG-HE nur noch bis zum 31. August des Haushaltsjahres 2010 zulässig war. Angesichts des drohenden Auslaufens des Zeitraumes für diese Haushaltsmaßnahme war die Aufsichtsbehörde unabhängig davon, ob eine Fortführung der vorläufigen Haushaltsführung nach § 52 HKO i.V.m. § 99 HGO rechtlich möglich und haushaltswirtschaftlich geeignet gewesen wäre, nicht gehalten, sich auf rein kassatorische aufsichtliche Maßnahmen gegenüber dem Kläger zu beschränken. Sie musste im Rahmen des nach Art. 28 Abs. 2 GG Zulässigen ein möglichst effektives Aufsichtsmittel wählen und mit Blick auf den herannahenden Zeitpunkt des § 37 Abs. 5 FAG-HE auch berücksichtigen, dass zur rechtswirksamen Umsetzung eines Haushaltskonsolidierungsbeitrages noch Zeit für eine Ersatzvornahme bleiben musste. Dies schränkte den Spielraum des Beklagten, dem klagenden Kreis erneut Gelegenheit zu eigenem gestalterischen Handeln zu geben, zusätzlich ein. Der Beklagte musste nach den über mehrere Monate geführten erfolglosen Verhandlungen mit dem Kläger und dessen ausdrücklichen Bekundungen außerdem davon ausgehen, dass der Kreistag weder eine Erhöhung des Umlagesatzes noch Einsparmaßnahmen in gleich wirksamer Höhe erlassen würde.

37

Der Beklagte war in diesem Stadium des Aufsichtsverfahrens auch nicht verpflichtet, in seiner Anweisung eine Möglichkeit der Anrechnung von Einsparmaßnahmen, welche der Kreistag etwa noch hätte fassen können, auf den Umfang der Kreisumlageerhöhung vorzusehen. Zwar hatte er noch in seiner aufschiebend bedingten Genehmigung der Haushaltssatzung eine solche Anrechnung in Aussicht gestellt und dadurch besondere Rücksicht auf den zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Gestaltungsspielraum des Kreises genommen. Er war aber nicht verpflichtet, nach fruchtlosem Ablauf der in der Genehmigung gesetzten Frist beim Erlass seiner kommunalaufsichtlichen Anweisung dasselbe, dem Kreis entgegenkommende Aufsichtskonzept beizubehalten. Um einen spürbaren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung des Klägers zu erzielen, war die angewiesene Umlageerhöhung unabhängig von etwaigen zusätzlichen Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite erforderlich. Es war nach den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen deutlich, dass eine dreiprozentige Hebesatzerhöhung angesichts der Größenordnung des klägerischen Haushaltsdefizits für sich genommen bei weitem nicht zu einem Haushaltsausgleich führen, gleichwohl in jedem Falle einen greifbaren Beitrag zur Defizitminimierung darstellen würde. Eine Anrechnungsmöglichkeit für Einsparungen auf die Umlageerhöhung wäre zudem in der Kürze der bis Ende August 2010 verbleibenden Zeit kaum mehr praktikabel gewesen, weil sich die Aufsichtsbehörde vor einer Reduzierung der angewiesenen Umlageerhöhung hätte vergewissern müssen, dass angebotene Einsparmaßnahmen tatsächlich umsetzbar waren.

38

Nimmt man den gesamten Verlauf des kommunalaufsichtlichen Einwirkens des Beklagten auf den Kläger für das Haushaltsjahr 2010 in den Blick, dann ist dem Kläger nicht alternativlos eine einzelne Konsolidierungsmaßnahme vorgegeben worden. Vielmehr hat die Aufsichtsbehörde ihm Gelegenheit zu eigenen Gestaltungsentscheidungen gegeben, bevor sie ihre Verfügung auf eine effektive Maßnahme konzentriert hat, die nach dem 31. August nicht mehr hätte getroffen werden können. Damit hat sie sich im Interesse der langfristigen Sanierung der Kreisfinanzen im Rahmen einer zulässigen Kommunalaufsicht gehalten.

39

5. a) Auch die in der angefochtenen Verfügung angewiesene Höhe des Hebesatzes für die Kreisumlage begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Zwar kommt es für die Frage, ob eine dem Finanzbedarf des Kreises dienende Kreisumlageerhöhung hinreichend Rücksicht auf den Finanzbedarf der Gemeinden nimmt, auf die Verhältnisse der konkreten kreisangehörigen und umlagepflichtigen Gemeinden an (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 14). Dem wird ein landesweit angelegter rechnerischer Maßstab, wie ihn hier der Beklagte und das Berufungsgericht der hessischen Konsolidierungsleitlinie entnommen haben, nicht ohne Weiteres gerecht. Wie oben ausgeführt, hat der Kläger jedoch keine Verfahrensrügen gegen die Feststellung in dem Berufungsurteil erhoben, dass eine Umlageverpflichtung in der angewiesenen Höhe die hier konkret zu betrachtenden kreisangehörigen Gemeinden nicht über Gebühr in Anspruch nahm. Revisionsgerichtlich ist daher davon auszugehen, dass der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport für die Kommunalaufsicht vorgegebene Orientierungswert einer Umlagehöhe von insgesamt 58 % im Haushaltsjahr 2010 nicht in die von Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete finanzielle Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden eingriff.

40

b) Der Beklagte hat nach dem revisionsrechtlich bindend festgestellten Sachverhalt auch nicht seine Ermittlungspflichten verletzt, die ihm bei der Wahrnehmung seiner kommunalaufsichtlichen Befugnisse oblagen, um eine gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden hinreichend rücksichtsvolle Erhöhung des Hebesatzes zu gewährleisten. Auch insoweit hat der Kläger keine Verfahrensrügen gegenüber den berufungsgerichtlichen Feststellungen erhoben, dass der Rückgriff auf den landesweiten Erfahrungswert - der wohl eher einen verwaltungsinternen Orientierungswert darstellte - den Verhältnissen im klägerischen Landkreis angemessen war und dieser Wert vom Kläger inzwischen akzeptiert werde.

41

Legt der Kreis selbst den Kreisumlagesatz fest, so ist er verpflichtet, den eigenen Finanzbedarf und denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form offen zu legen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 14). Dafür wäre es nicht ausreichend, wenn sich der Kreis allein auf einen landesweiten Orientierungswert stützen würde. Der kreiseigene Finanzbedarf wird von diesem konkret ermittelt. Für den gleichrangigen Bedarf der umlagepflichtigen Gemeinden kann nichts anderes gelten.

42

Weist die Kommunalaufsicht den Kreis zu einer konkret bemessenen Umlageerhöhung an und hat der Kreis bislang keine hinreichenden eigenen Ermittlungen zum Finanzbedarf aller betroffenen kommunalen Träger durchgeführt, dann muss sie ihrerseits gewährleisten, dass der angewiesene Umlagesatz auf ausreichende Feststellungen gestützt werden kann. Sie darf den Kreis nicht zu einer rechtswidrigen Maßnahme anhalten, sondern hat allein auf die Einhaltung seiner Verpflichtungen hinzuwirken. Kommt der Kreis der Anweisung nicht nach und muss diese im Wege der kommunalrechtlichen Ersatzvornahme umgesetzt werden, dann wirkt die getroffene Maßnahme für und gegen den Kreis, als wenn dieser sie selbst getroffen hätte (vgl. Lange, Kommunalrecht, 2013, S. 1162 f.). Der Kreis sieht sich möglicherweise Rechtsmitteln der umlagebelasteten Gemeinden gegen die von der Kommunalaufsicht verfügte Erhöhung des Hebesatzes ausgesetzt. Die Aufsichtsbehörde muss daher sicherstellen, dass die Maßnahme einer gerichtlichen Überprüfung anhand der für den Kreis geltenden rechtlichen Anforderungen standhält. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Aufsichtsbehörde die zur Festlegung des Umlagesatzes erforderlichen Ermittlungen angesichts ihrer eingeschränkteren praktischen Handlungsmöglichkeiten anders führt als der Kreis bei eigenem Handeln. Soweit die Kommunalaufsicht in einem ersten Schritt von einem landesweiten Richtwert für eine maximale Umlagehöhe ausgeht, so ist es Sache des Kreises, im Rahmen der gebotenen Anhörung vor einer rechtswirksamen Verfügung zur Festsetzung des Hebesatzes konkret darzutun, dass die Grenze der Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden mit diesem Wert überschritten wäre. Dies hat der Kläger hier jedoch weder im kommunalaufsichtlichen Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor den Tatsachengerichten geltend gemacht.

43

6. Die angegriffene Anweisungsverfügung greift schließlich nicht unverhältnismäßig in die Finanzhoheit des Klägers ein.

44

Die Auswahl des aufsichtlichen Mittels ist nicht zu beanstanden. Sie war darauf gerichtet und geeignet, dem Kläger zur Sicherung seiner künftigen Gestaltungsfreiheit Mehreinnahmen zu verschaffen. Weniger intensiv in die Finanzhoheit des Klägers eingreifende und dabei gleich geeignete Maßnahmen standen nicht zur Verfügung.

45

Die Maßnahme war auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierzu hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Anweisungsverfügung werde durch eine etwaige unzureichende Finanzausstattung des Klägers nicht in Frage gestellt. Das Berufungsgericht hat eine solche Minderausstattung seitens des beklagten Landes im Hinblick auf Art. 137 Abs. 5 HV und § 28 Abs. 2 FAG-HE zwar für möglich gehalten, hat hierzu aber - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

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Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob auch den Gemeindeverbänden entsprechend ihrer aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG folgenden Garantie eines Mindestaufgabenbestandes (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - BVerfGE 119, 331 <352>) wie den Gemeinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 <379>) ein Recht auf aufgabenadäquate finanzielle Ausstattung sowie auf eine abwägungsfeste finanzielle Mindestausstattung im "Kernbereich" ihrer Selbstverwaltungsgarantie zukommt (offen gelassen auch in: BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <386>; Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - BVerfGE 119, 331 <361>). Denn der Kläger hat nicht alle Möglichkeiten genutzt, auf Grundlage bestehenden Landesrechts zusätzliche Finanzmittel beim Land zu erwirken (a). Zudem würde sich ein Anspruch auf (ergänzende) Finanzierung zur Gewährleistung der angemessenen Ausstattung des Kreises an den Landesgesetzgeber richten. Er würde jedoch nicht die Kommunalaufsicht als Exekutivbehörde in die Lage versetzen, von Maßnahmen abzusehen, deren es nach geltendem Gesetzesrecht zur Sicherung rechtmäßigenden Handelns der Kreise bedarf (b).

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a) Wie das Berufungsgericht angemerkt hat, könnten sich weitere Finanzierungspflichten des Landes gegenüber dem Kläger für das hier relevante Haushaltsjahr 2010 bereits aus der bestehenden einfachgesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 2 FAG-HE ergeben haben. Diese Vorschrift sieht bei außergewöhnlichen Belastungen oder Härten bei der Durchführung des Finanzausgleichsgesetzes sowie des Gemeindefinanzreformgesetzes des Landes Hessen die Möglichkeit einer Gewährung von Zuweisungen nicht nur an Gemeinden, sondern ausdrücklich auch an Landkreise vor. Zwar sehen die entsprechenden "Richtlinien über die Gewährung von Zuweisungen aus dem Landesausgleichsstock" des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 17. Februar 2009 (StAnz. 2009, S. 581 ff.) in Ziffer I Abs. 3 ab dem Jahr 2003 im Hinblick auf die Regelung in § 37 Abs. 1 FAG-HE keine Gewährung von Zuweisungen an Landkreise mehr vor und verweisen die Kreise damit auf das ihnen zur Finanzierung ihrer Aufgabenwahrnehmung gesetzlich gewährte Instrument der Kreisumlage; die Möglichkeit des Belastungs- oder Härteausgleichs soll dann nur die Folgen einer Überspannung der Gemeindehaushalte infolge der Kreisumlageerhebung mildern. Ob diese Richtlinie mit der gesetzlichen Regelung in § 28 Abs. 2 FAG-HE vereinbar ist, ist offen. Wie das Berufungsurteil feststellt, hat der Kläger Mittel aus dem Landesausgleichsstock nicht beantragt und damit auf eine rechtliche Klärung etwaiger gesetzlicher Ansprüche verzichtet. Bereits dies schließt eine Unverhältnismäßigkeit der kommunalaufsichtlichen Durchsetzung seiner Pflicht zur Annäherung an einen Haushaltsausgleich aus.

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Des Weiteren hätte der Kläger verfassungsgerichtlich gegen eine seiner Auffassung nach unzureichende Finanzausstattung durch das Land vorgehen können. Auch insoweit hat er es unterlassen, über seine bisherigen Finanzierungsmittel hinausgehende Finanzierungsansprüche gerichtlich klären zu lassen.

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b) Dass der Kreis sich wegen einer unzureichenden finanziellen Ausstattung an das Land (den Landesgesetzgeber) halten muss, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 37). Mit dem jeweiligen Landesfinanzausgleichsgesetz gestaltet der Landesgesetzgeber ein differenziert austariertes Gesamtsystem der wechselseitigen Finanzierungspflichten und Zuweisungsrechte der Aufgabenträger im Lande. Hierbei kommt ihm nach der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte ein nur beschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu (vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 - 9/12 - Städte- und Gemeinderat 2014, Nr. 7-8, 45 = juris Rn. 36; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 - DÖV 1999, 687 <690>; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 - NVwZ 2012, 1034 <1035>; Thüringer VerfGH, Urteil vom 21. Juni 2005 - VerfGH 28/03 - NVwZ-RR 2005, 665 <671>; Thüringer VerfGH, Urteil vom 18. März 2010 - VerfGH 52/08 - ThürVBl. 2010, 152 <153>; im Kontext des Länderfinanzausgleichs nach Art. 107 GG vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Juni 1986 - 2 BvF 1/83 u.a. - BVerfGE 72, 330 <391, 395 ff.>). Innerhalb seines Gestaltungsspielraums hat der Landesgesetzgeber auch eine fehlerfreie Ermittlungs- und Verteilungsmethodik zu wählen (vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 a.a.O. Rn. 37; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. S. 1036 f.). Eine entsprechende gestalterische Kompetenz, um die Angemessenheit des Teilbereichs des Finanzausgleichs zwischen Land und Kreis zu ermitteln und zu bewerten, kommt der Kommunalaufsichtsbehörde demgegenüber nicht zu.

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Zu den maßgeblichen Finanzierungsquellen des Kreises gehört auch die in § 37 FAG-HE verankerte Kreisumlage selbst. Sie ist damit ihrerseits Verteilungsregel des Finanzausgleichs (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 1997 - 8 B 130.96 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 109, 40<41>; Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 <380 f.>; zur historischen Entwicklung vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Mai 1968 - 2 BvL 2/61 - BVerfGE 23, 353 <366 f.>) und Teil des Systems, welches insgesamt eine hinreichende Finanzausstattung u.a. der Kreise sicherstellen soll. Die Kommunalaufsichtsbehörde ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an die im Finanzausgleichsgesetz enthaltenen Vorgaben für die Umlageerhebungspflicht des Kreises gebunden und hat deren Einhaltung durch den Kreis zu gewährleisten. Auch insofern kommt ihr eine Befugnis zur Korrektur der dort getroffenen gesetzgeberischen Entscheidungen nicht zu; das Aufsichtsermessen ist zu einer solchen Korrektur nicht eröffnet.

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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 v.H. des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der Kreisumlage für das Jahr 2014.

1. Die Klägerin, eine Große Kreisstadt mit 30.657 Einwohnern (Stand: 30.6.2013), gehört dem beklagten Landkreis F. an; sie hat ihre Haushaltsführung im Jahr 2010 auf das doppische System umgestellt. Das Landratsamt F. genehmigte ihre Haushaltssatzung 2013 „unter der Auflage, dass künftig der Finanzplan der letzten drei Jahre des Finanzplanungszeitraums bei Erträgen und Aufwendungen sowie bei lnvestitionsauszahlungen und ihren Deckungsmöglichkeiten ausgeglichen sein“ müsse (Schreiben vom 2.7.2014). Für das Jahr 2014 weist ihr Ergebnishaushalt einen Fehlbetrag von 2.347.617 Euro aus.

Der Beklagte hat seine Haushaltsführung im Jahr 2009 auf die doppelte Buchführung umgestellt. Abweichend von dem in der Kreisausschusssitzung vom 27. November 2013 vorliegenden Haushaltsentwurf 2014, der einen Umlagesatz von 53,6 v.H. vorsah, befürwortete das Gremium eine Reduzierung des Umlagesatzes. Der in der Ausschusssitzung vom 9. Dezember 2013 vorgelegte Entwurf des Kreishaushalts wies einen Umlagesatz von 52,5 v.H. aus. Diesem Entwurf stimmten Kreisausschuss (Sitzung vom 19.12.2013) und Kreistag (Sitzung vom 28.1.2014) mehrheitlich zu. Nachdem die Regierung von Oberfranken die Kreditaufnahme für Investitionen (9.500.000 Euro) rechtsaufsichtlich genehmigt hatte (Schreiben vom 25.2.2014), erfolgte die Veröffentlichung der Haushaltssatzung.

Mit Bescheid vom 26. März 2014 setzte das Landratsamt F. die von der Klägerin für das Jahr 2014 zu entrichtende Kreisumlage auf 14.231.537,76 Euro fest. Weiter heißt es, der Kreistag habe die Höhe des durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarfs, der umgelegt werden solle, für das Jahr 2014 auf 47.347.129 Euro festgesetzt. Das sei im Vergleich zum Vorjahr (43.063.570 Euro) eine Mehrung um 4.283.559 (= 9,95 v.H.).

2. Mit Schriftsatz vom 25. April 2014, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth am 29. April 2014, erhob die Klägerin Klage, ohne einen Klageantrag zu stellen. Sie ließ vortragen, der Bescheid vom 26. März 2014 sei rechtswidrig und verletze sie in ihrem Selbstverwaltungsrecht. Die Kreisumlage weise gegenüber der des Vorjahres eine Steigerung von 8,3 v.H. auf und überbürde ihr 30 v.H. des Umlageaufkommens. Ihre Leistungsfähigkeit sei gefährdet, weil sie sich an der Schwelle der Genehmigungsfähigkeit ihres Haushalts bewege. Den Gemeinden müsse eine kraftvolle eigenverantwortliche Betätigung möglich sein. Ihr Haushalt habe in keinem der vergangenen zehn Jahre eine „freie Spitze“ - dem maßgeblichen Kriterium für die Finanzsituation einer Kommune - von mehr als 5 v.H. aufgewiesen. In diesem Zeitraum habe sich ihr Umlagebetrag trotz Senkung des Umlagesatzes um 53 v.H. erhöht, während ihre Verschuldung um 48,5 v.H. gestiegen sei. Sie habe - was sich nicht aus dem Haushalt ergebe - erhebliche Investitionen zu bewältigen, deren Kosten nicht gedeckt seien. Sie habe ihre Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft.

Der Beklagte habe weder den Finanzbedarf der Klägerin und der anderen umlagepflichtigen Gemeinden vorab ermittelt und abgewogen noch seine Entscheidung offengelegt. Dem Beklagten sei bei seiner Haushaltsaufstellung die Finanzsituation der Klägerin nicht bekannt gewesen, weil diese ihren Haushalt 2014 zu diesem Zeitpunkt noch nicht verabschiedet hatte. Weder die Mehrung des ungedeckten Bedarfs noch der Umlagebetrag seien erläutert.

Der Bescheid sei rechtswidrig, weil die Einführung der Doppik durch den Beklagten rechtswidrige Doppelbelastungen für die Gemeinden verursache. Baumaßnahmen, die über das System der Kameralistik und die frühere Kreisumlage - einschließlich der Tilgung der Fremdfinanzierung - vollständig finanziert seien, würden nunmehr über Abschreibungen refinanziert und flössen in Höhe von 4.889.600 Euro in den ungedeckten Bedarf ein. Der Beklagte müsse aufzeigen, welche Kredite er für welche Vorhaben aufgenommen habe. Nach Kredittilgung dürften die Abschreibungen hierfür nicht mehr in das Umlagesoll einfließen.

Obwohl die Umlageerhebung nicht zur Erwirtschaftung von Überschüssen führen dürfe, plane der Beklagte Überschüsse zur Durchführung von Investitionen. Auch insoweit liege eine Doppelfinanzierung zu Lasten der Gemeinden vor, weil die Investitionen über Abschreibungen refinanziert würden. Das vom Beklagten beanspruchte Ermessen bei der Entscheidung über die Finanzierung der Investitionen unterliege Bindungen. Der Finanzbedarf sei um 1.159.100 Euro zu kürzen und die Umlage zu ermäßigen.

Der Beklagte verfüge über anfechtbare Liquiditätsreserven, weise in seinem Haushalt einen Finanzmittelbestand von 17.362.678 Euro aus und verstoße gegen das Rücksichtnahme- und Abwägungsgebot sowie gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Durch die Umlageerhebung generiere der Beklagte eine „freie Spitze“ von 1.418.600 Euro, während die der Klägerin nur 4.313 Euro betrage. Das Selbstverwaltungsrecht von Gemeinden und Landkreisen sei gleichgeordnet. Die Gegenüberstellung der den Beteiligten im Haushaltsjahr 2014 verbleibenden „freien Spitze“ sei ein Indikator für die Beantwortung der Frage der Ausgewogenheit des Zugriffs auf die gemeindlichen Finanzen. Die unterbliebene Rücksichtnahme verletze die Klägerin in ihren Rechten, weil sie aus ihrer „freien Spitze“ nicht einmal eine dringende Schulsanierung (5.600.000 Euro) finanzieren könne. Die gebotene Entlastung der Klägerin durch Abgleichung der beidseitigen „freien Spitzen“ betrage 580.825 Euro.

Ferner bilde der Beklagte Pensionsrückstellungen und zahle als Pflichtmitglied Umlagen an den nicht insolvenzfähigen Bayerischen Versorgungsverband (BVV); diese Umlagen flössen in den Ergebnishaushalt ein. Aufgrund der Mitgliedschaft des Beklagten im BVV sei eine Inanspruchnahme dieser Rückstellungen unrealistisch, so dass sie nicht mit Iiquiden Mitteln zu hinterlegen seien. Der Grundsatz der Vollständigkeit sowie der Klarheit und Wahrheit kommunaler Haushalte sei verletzt, so dass das Umlagesoll 2014 um 900.000 Euro zu kürzen sei. Gleiches gelte auch insoweit, als der Beklagte in seiner mittelfristigen Finanzplanung gleichbleibende Abschreibungsbeträge aufführe, obwohl sich das Anlagevermögen stetig ändere. Diese Fehler führten zu einer Kürzung des Umlagesatzes auf 44,79 v.H., d.h. um mehr als einen Prozentpunkt und damit zu einer Überschreitung der sog. Erheblichkeitsschwelle.

Mit Schriftsatz vom 28. September 2015 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen, und trug vor, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine umfassende Überprüfung der Haushaltsplanung. Beteiligungsrechte der Gemeinden bei dem Erlass der Haushaltssatzung seien gesetzlich nicht vorgesehen. Anhörungs- und Begründungsgebot bezögen sich nur auf den zu erlassenden Verwaltungsakt. Zudem könnten Anhörung und Begründung nachgeholt werden. Bei der Festsetzung der Kreisumlage komme es nicht auf die individuelle Haushaltslage einzelner Gemeinden, sondern auf eine Gesamtschau aller kreisangehörigen Gemeinden an. Der Beklagte sei seiner anlassbezogenen Ermittlungspflicht nachgekommen.

Eine Doppelfinanzierung von Gegenständen des Anlagevermögens liege nicht vor. Ein Verzicht auf Abschreibungen führe zu einem Vermögensabbau und durchbreche das Prinzip der nachhaltigen Haushaltswirtschaft. Der Wechsel zur Doppik bedeute einen Systembruch, der zwar durch die Regelung von Sonderposten hätte vermieden werden können. Das sei aber nicht geschehen, obwohl dieses Problem bekannt gewesen sei. Der Umgang mit den Mitteln aus dem Kapitalfreisetzungseffekt obliege dem weiten Ermessen der Kreisgremien, die die gemeindlichen Interessen angemessen berücksichtigten.

Die Erwirtschaftung von Überschüssen sei zulässig und könne zur Rücklagebildung bzw. Vorfinanzierung von Investitionen angezeigt sein; der Beklagte könne nicht auf die Kreditfinanzierung verwiesen werden. Die für die Finanzierung der Kreisaufgaben erforderliche Kreditaufnahme spreche gegen eine Überfinanzierung, zumal der Beklagte verpflichtet sei, die Kreditaufnahme in der derzeit guten wirtschaftlichen Lage zu begrenzen. Allein das Schulsanierungspaket des Beklagten rechtfertige die Kreditaufnahme. Eine Ausweitung der Kreditfinanzierung sei gesetzlich nicht geboten.

Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Es liege kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Finanzhoheit der Klägerin vor, weil man den Umlagesatz von 54,6 v.H. (2012) auf 46,0 v.H. (2017) reduziert habe. Eine noch weitergehende Senkung gefährde die Leistungsfähigkeit des Beklagten. Die Klägerin habe eine strukturell unzureichende Finanzausstattung nicht substantiiert dargelegt. Ihre Steuerkraft sei ständig gestiegen. Sie habe Investitionen in Höhe von 14.930.085 Euro tätigen können, setze dabei Prioritäten und begründe nicht, ob ihr auch nach einem Überdenken der Prioritäten eine Schulsanierung unmöglich gewesen sei. Der Anteil der freiwilligen Leistungen in ihrem Ergebnishaushalt 2014 an den gesamten Aufwendungen betrage 8,25 v.H. Die sog. „freie Spitze“ sei eine ungeeignete Maßzahl.

Die Bildung von Pensionsrückstellungen führe nicht zu einer Doppelfinanzierung, weil diese zwar in der Haushaltsrechnung, nicht aber im Haushaltsplan und somit nicht in der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage enthalten seien. Zudem seien die Rückstellungen zu bilden, weil die Umlage an den BVV den Beklagten nicht von seiner Verpflichtung gegenüber den Pensionären befreie, sondern nur die jährlichen Versorgungszahlungen an diese finanziere. Sollte das Gericht ein gemeindliches Anhörungsrecht verfassungsrechtlich für geboten halten, sei das Verfahren auszusetzen und eine verfassungsgerichtliche Entscheidung einzuholen.

Die Regierung von Oberfranken hat von der Befugnis, sich als Vertreter des öffentlichen Interesses an dem Verfahren zu beteiligen, Gebrauch gemacht, ohne sich weiter zu äußern.

4. In der mündlichen Verhandlung beantragte die Klägerin, den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 aufzuheben.

Der Beklagte nahm auf den schriftsätzlich gestellten Klageabweisungsantrag Bezug.

5. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Gleiches gilt für den am 8. November 2016 durchgeführten Erörterungstermin. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014, mit dem der Beklagte die von der Klägerin zu entrichtende Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2014 festgesetzt hat, ist zulässig (dazu unten Buchst. a) und hat auch in der Sache Erfolg (dazu unten Buchst. b).

a) Die als Anfechtungsklage erhobene Klage ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

aa) Die Klägerin ist klagebefugt, weil sie gemäß § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geltend machen kann, durch den Kreisumlagebescheid in ihren Rechten verletzt zu sein. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Erhebung der Kreisumlage durch den angefochtenen Bescheid die Klägerin unzulässig in ihrem gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 Halbsatz 1 des Grundgesetzes (GG) und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Verfassung (BV) verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsrecht verletzt, welches nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verfassungsgerichte der Länder auch die Finanzhoheit mitumfasst (vgl. nur: BVerfG, B.v. 27.1.2010 - 2 BvR 2185/04 - BVerfGE 125, 141/159; BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf.15-VII-05 - VerfGH n.F. 60, 184/215; so auch: BayVGH, U.v. 21.3.2011 - 4 BV 10.108 - BayVBl 2011, 632 = VGH n.F. 64, 42/43 Rn. 37).

Die Klagebefugnis ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die finanziellen Auswirkungen der Veranlagung der Klägerin zur Kreisumlage, soweit diese mit der Klage angegriffen wird, als geringfügig anzusehen wären. Es mag zwar sein, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs ein Fehler bei der Festsetzung des Umlagesolls durch den Ansatz von Ausgaben für landkreisfremde Aufgaben die Nichtigkeit der Haushaltssatzung und damit die Rechtswidrigkeit von Umlagebescheiden nur dann nach sich zieht, wenn er spürbar in die Finanzwirtschaft eingreift, nämlich sich auf den Umlagesatz mit einem Prozentpunkt oder mehr auswirkt (BayVGH, U.v. 21.3.2011 - 4 BV 10.108 - BayVBl 2011, 632/637 = VGH n.F. 64, 42/59 Rn. 76 m.w.N.). Abgesehen davon, dass die Klägerin vorliegend die vollumfängliche Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wegen eines Verstoßes gegen Ermittlungs- und Anhörungspflichten begehrt, wäre diese Grenze selbst dann überschritten, wenn man nur die von der Klägerin gerügten Einwendungen gegen die Veranschlagung der Pensionsrückstellungen berücksichtigen sollte. Denn allein schon dann, wenn sich nur die mit 900.000 Euro in Ansatz gebrachten Pensionsrückstellungen als rechtswidrig erweisen sollten, ergäbe sich eine Ermäßigung des in § 4 Abs. 1 der Haushaltssatzung auf 47.347.129,20 Euro festgesetzten Umlagebetrags auf 46.447.129,20 Euro und damit des Umlagesatzes von 52,5 v.H. auf 51,5 v.H., d.h. um einen Prozentpunkt.

bb) Darüber hinaus ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Umlagebescheid gegeben. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere auch nicht deshalb, weil für das damit verfolgte Rechtsschutzziel vorrangig die Normenkontrolle gegen die Haushaltssatzung des Beklagten nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) in Betracht käme, weil dort die Festsetzung der Kreisumlage mit Umlagesoll und Umlagesätzen gerichtlich überprüft werden kann. Denn nach gefestigter Rechtsprechung sind der gegen die Haushaltssatzung gerichtete Normenkontrollantrag und die Anfechtungsklage gegen den Kreisumlagebescheid für die betroffenen Gemeinden als gleichrangige Rechtsschutzalternativen anzusehen, so dass das Rechtsschutzinteresse für das eine Verfahren nicht wegen der Möglichkeit des anderen Verfahrens verneint werden kann (BVerwG, B.v. 29.1.1992 - 4 NB 22/90 - BayVBl 1992, 503 f.; BayVGH, U.v. 21.3.2011 - 4 BV 10.108 - BayVBl 2011, 632/633 = VGH n.F. 64, 42/45 f. Rn. 44).

cc) Schließlich greift auch der Einwand des Beklagten, es liege nach dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin eine unzulässige Klageerweiterung vor, der man sich widersetze (vgl. Schriftsätze vom 18.4., 24.5. und 30.6.2017), nicht durch. Denn gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO „muss“ die Klageschrift zwar den Gegenstand des Klagebegehrens nennen, ohne dass es jedoch einer exakten Bezeichnung des Streitgegenstands bedarf (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014., Rn. 6 zu § 82). Demgegenüber ist das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet, wobei diesem Erfordernis mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) genügt werden muss (vgl. nur: BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - Juris Rn. 54; so auch: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Rn. 10 zu § 82). Diese Anforderungen hat die Klägerin ohne jeden Zweifel gewahrt. Bereits in ihrer Klageschrift vom 25. April 2014 hat die Klägerin eindeutig und zweifelsfrei dargelegt, dass sich die Klage gegen den Kreisumlagebescheid des Beklagten vom 26. März 2014 richtet. Damit war der Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend bezeichnet. Es mag zwar sein, dass die Klägerseite in der Folgezeit einerseits betont hat, dass die Anfechtung „nur den Anteil der Kreisumlage (erfasse), der sich (…) als rechtswidrig“ erweise (Klagebegründung vom 29.12.2014, S. 25). Andererseits hat die Klägerin von Beginn an unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 31.1.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/379) klargestellt, dass der Bescheid sie in ihrem verfassungsmäßig garantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletze (Klagebegründung vom 29.12.2014, S. 3 ff.). Jedenfalls in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerseite durch die dann erfolgte Antragstellung unmissverständlich und in nicht zu beanstandender Weise präzisiert, dass sich ihre Anfechtungsklage - einschränkungslos - gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 richtet.

b) Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dabei kann offenbleiben, ob der Bescheid - wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Klagebegründung ausführt - mangels Anhörung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) und wegen fehlender Begründung im Sinne von Art. 39 BayVwVfG formell rechtswidrig ist. Keiner Klärung bedarf auch die Frage, ob ein solcher Verfahrensfehler - sollte er überhaupt vorliegen - gemäß Art. 45 BayVwVfG geheilt wäre. Denn der auf § 4 der Haushaltssatzung des Beklagten gestützte Bescheid vom 26. März 2014 ist materiell rechtswidrig, weil der Bescheid nicht auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht. Die Haushaltssatzung des Beklagten für das Haushaltsjahr 2014 erweist sich zwar als formell rechtmäßig (dazu unten Buchst. aa), verstößt aber gegen höherrangiges Recht (dazu unten Buchst. bb).

aa) Die formelle Rechtmäßigkeit der Haushaltssatzung unterliegt keinen durchgreifenden Zweifeln. Die Anforderungen an das förmliche Verfahren, wie sie sich aus der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (Landkreisordnung - LKrO) und aus dem Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz - FAG) ergeben, sind unstreitig gewahrt. Verstöße gegen die Verfahrensvorschriften der Landkreisordnung sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die Regierung von Oberfranken hat mit Bescheid vom 25. Februar 2014 die Kreditaufnahme durch den Beklagten gem. Art. 65 Abs. 2 LKrO rechtsaufsichtlich genehmigt. Der Beklagte hat die Haushaltssatzung in der gem. Art. 20 Abs. 2 LKrO gebotenen Form ausgefertigt und öffentlich bekannt gemacht (Art. 59 Abs. 3 LKrO). § 4 der Haushaltssatzung enthält auch die von Art. 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 LKrO geforderte Festsetzung von Umlagesoll (47.347.129,20 Euro) und -satz (52,5 v.H.).

bb) Die Haushaltssatzung ist jedoch materiellrechtlich nicht mit Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV vereinbar und verstößt somit gegen höherrangiges Recht.

(1) Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleisten den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Denn die in diesen Vorschriften festgeschriebene kommunale Selbstverwaltungsgarantie beinhaltet die kommunale Finanzhoheit und damit die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens (BVerfG, B.v. 21.5.1968 - 2 BvL 2/61 - BVerfGE 23, 353/365 ff.; BVerfG, B.v. 27.1.2010 - 2 BvR 2185/04 - BVerfGE 125, 141/159; BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf.15-VII-05 - VerfGH n.F. 60, 184/215). Die Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung ist durch die ergänzende Regelung in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG materiellrechtlich verstärkt worden (BVerfG, B.v. 27.1.2010 - 2 BvR 2185/04 - BVerfGE 125, 141/160; BVerwG, U.v. 27.10.2010 - 8 C 43.09 - BVerwGE 138, 89/94 Rn. 18; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/379 ff. Rn. 11, 21). Die Garantie der finanziellen Mindestausstattung aus Art. 28 Abs. 2 GG gilt unmittelbar und uneingeschränkt auch im Verhältnis der Gemeinde zum Landkreis als einem öffentlich-rechtlich organisierten Gemeindeverband (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/380 ff., 391; U.v. 16.6.2015 - 10 C 13/14 - BVerwGE 152, 188/195 Rn. 28; vgl. auch: ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 48). In diesem Zusammenhang zählt u.a. die Kreisumlage - ein rechtlich zulässiges Instrument zur Finanzierung der Landkreise - zu den die Finanzausstattung einer kreisangehörigen Gemeinde negativ beeinflussenden Faktoren. Daraus folgt, dass die Kreisumlage den verfassungsrechtlichen, sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen entsprechen muss und nicht zu einer Unterschreitung der verfassungsrechtlich gebotenen finanziellen Mindestausstattung führen darf (BVerwG, U.v. 31.3.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/380 Rn. 12).

Allgemein gilt, dass bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen dem Gesetz- und sonstigen Normgeber auch im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden ein weiter Regelungsspielraum zukommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang hat (BVerwG, U.v. 31.3.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/380 Rn. 13; OVG RhPf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10515/13 - DVBl 2014, 589/591 = Juris Rn. 35). Dieser Grundsatz des finanziellen Gleichrangs hat vor allem Bedeutung für das vertikale Verhältnis des jeweiligen Landkreises zu den umlagepflichtigen kreisangehörigen Gemeinden. Die Verteilung der Finanzmittel zwischen dem Landkreis und den kreisangehörigen Gemeinden muss mithin gleichmäßig geschehen. Demgemäß darf der Landkreis seinen eigenen Finanzrahmen nicht beliebig enger oder weiter stecken, sondern muss die gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden berücksichtigen. Er darf insbesondere seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber den Aufgaben und Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen. Somit ist der Landkreis gehalten, auch den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (BVerwG, U.v. 31.3.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/381 Rn. 14; BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 13/14 - BVerwGE 152, 188/199 Rn. 39; OVG RhPf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10515/13 - DVBl 2014, 589/591 = Juris Rn. 35; ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 54).

Bei der Erhebung der Kreisumlage ist ferner zu berücksichtigen, dass Art. 28 Abs. 2 GG eine absolute Grenze zieht. Demnach dürfen die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsrechtlich gebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird (BVerwG, U.v. 31.3.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/383 Rn. 18). Die Gemeinden müssen somit zumindest über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen (Fremdwie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen (so: BVerwG, U.v. 31.3.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/383 Rn. 19; vgl. auch: BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf.15-VII-05 - VerfGH n.F. 60, 184/220 f.; ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 12; Dreier in: Dreier, Grundgesetz, Band II, 2015, Rn. 146 zu Art. 28 GG).

(2) Gemessen daran, erweist sich die Haushaltssatzung des Beklagten bereits deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte seinen verfassungsrechtlich gebotenen Anhörungs- und Ermittlungspflichten nicht hinreichend nachgekommen ist (dazu unten Buchst. (a)). Ob die weiteren von der Klägerin erhobenen Rügen durchgreifen, bedarf keiner abschließenden Klärung (dazu unten Buchst. (b)). Gleiches gilt für die Frage, ob die Klägerin durch die Erhebung der Kreisumlage 2014 im Kernbereich ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsgarantie verletzt ist (dazu unten Buchst. (c)).

(a) Die Haushaltssatzung ist bereits deshalb rechtswidrig, weil es der Beklagte versäumt hat, den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden - und damit auch den der Klägerin - hinreichend zu ermitteln.

Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung ist bei der Prüfung, ob und ggfs. in welchem Umfang der Landkreis bei Erlass seiner Haushaltssatzung Anhörungs-, Ermittlungs- und Begründungspflichten unterliegt, nicht allein auf die Regelungen im einfachen Recht, d.h. insbesondere auf Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts, der Landkreisordnung oder des Finanzausgleichsgesetzes abzustellen. So ist in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass Grundrechtsschutz weitgehend auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken ist und dass die Grundrechte demgemäß nicht nur das gesamte materielle, sondern auch das Verfahrensrecht beeinflussen, soweit dieses für einen effektiven Grundrechtsschutz von Bedeutung ist (BVerfG, B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30/65; B.v. 8.2.1983 - 1 BvL 20/81 - BVerfGE 63, 131/143; U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1/44; U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60/95 ff.). In Bezug auf die Gewährleistung eines wirkungsvollen Schutzes des kommunalen Selbstverwaltungsrechts hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof eine Rationalisierung des staatlichen Entscheidungsprozesses in Form eines der eigentlichen Entscheidung vorausgehenden transparenten Verfahrens als geboten erachtet, um zum einen eine über die reine Evidenzprüfung hinausgehende Kontrolle der Ergebnisse des kommunalen Finanzausgleichs zu ermöglichen und zum anderen durch ein solches Verfahren eine erhöhte Gewähr für die Verfassungsmäßigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bieten (BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf.15-VII-05 - VerfGH n.F. 60, 184/219 f.). Demnach greift der bei den Grundrechten seit längerem bei Fallgestaltungen, in denen aus in der Sache liegenden Gründen ein nachträglicher verfassungsgerichtlicher Schutz nicht hinreichend gewährt werden kann, anerkannte prozedurale Schutz auch bei dem grundrechtsähnlichen Selbstverwaltungsrecht bzw. der in der Verfassung verankerten Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden und Gemeindeverbände in der Ausprägung als kommunale Finanzhoheit und -garantie. Somit ist bei gesetzlichen Regelungen, die den Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltung erheblich tangieren, im Einzelfall neben der Anhörung der Betroffenen ebenfalls eine verlässliche und substantiierte Tatsachenermittlung und Begründung des Normgebers zu fordern (BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf.15-VII-05 - a.a.O.).

Zwar betrifft diese Rechtsprechung die Ebene der materiellen Gesetzgebung und bezieht sich ausdrücklich auf eine „Rationalisierung des staatlichen Entscheidungsprozesses“. Diese Rechtsgedanken sind aber - jedenfalls dem Grunde nach - auch auf das Normsetzungsverfahren im Hinblick auf den Erlass der Haushaltssatzung des umlageberechtigten Landkreises heranzuziehen. Das muss insbesondere dann gelten, wenn sich die Folgen des Normerlasses - hier also der Haushaltssatzung - in geschützten Grundrechtspositionen der Normadressaten - hier also den umlagepflichtigen Gemeinden - auswirken können. Diese verfassungsrechtlich gestützten, grundsätzlichen Erwägungen erhellen zugleich, dass der von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung sinngemäß vorgetragene Einwand, die entsprechenden Ausführungen in der Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris) ließen sich wegen landesspezifischer Besonderheiten nicht auf die Verhältnisse im Freistaat Bayern übertragen, wegen des universellen Charakters der Grundrechte bzw. der grundrechtsähnlichen Rechte schon dem Grunde nach nicht durchgreifen kann.

Daraus folgt, dass der Landkreis in seiner Eigenschaft als Normgeber zum einen - wie oben dargelegt - bereits bei der Haushaltsaufstellung, d.h. vor Erlass der Haushaltssatzung verpflichtet ist, einerseits den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden konkret zu ermitteln und andererseits seine darauf basierende Entscheidung offenzulegen hat. Zum anderen muss der Landkreis in dem gebotenen, im Rahmen des zum Satzungserlass führenden Verfahrens durchzuführenden Abwägungsprozess erkennen lassen, dass er die nach seinen Möglichkeiten erkennbare Verletzung der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinden abwägend berücksichtigt hat. Dieser Ermittlungspflicht wird der Landkreis nur dann gerecht, wenn er den kreisangehörigen Gemeinden zielgerichtet und zeitlich ausreichend Gelegenheit gibt, ihre Bedarfssituation in einer für die anzustellende landkreisweite Abwägung geeigneten Weise darzustellen (so ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 54 f.). Auf dieser Basis hat der Landkreis vor der Festlegung seines eigenen Finanzbedarfs in der Haushaltssatzung eine Querschnittsbetrachtung des Finanzbedarfs aller kreisangehörigen Gemeinden anzustellen, um im Rahmen einer Gesamtbetrachtung eine Obergrenze der Belastung der kreisangehörigen Gemeinden durch die Kreisumlage festzustellen und den eigenen Finanzbedarf damit in Einklang zu bringen (ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 57). Aus der Tatsache, dass es sich hierbei um einen Abwägungsprozess des Kreistags als dem hierfür zuständigen Organ des Landkreises handelt, folgt zugleich, dass im Falle einer unterbliebenen oder mit Abwägungsfehlern behafteten Entscheidung des Kreistags eine Anwendung von Art. 45 BayVwVfG - anders als der Beklagte meint - schon dem Grunde nach ausscheidet.

Wie das Verfahren im Einzelnen auszugestalten ist (zu den verschiedenen Ansätzen vgl. Thür. Ministerium für Inneres und Kommunales, Schreiben vom 9.8.2017, ZKF 2017, 208 ff.; zum Benehmenherstellungsverfahren gem. § 55 KrO NRW vgl.: Thormann, ZKF 2017, 93/94; Holler, ZKF 2017, 44 f.; siehe auch Dombert, KommJur 2017, 165 ff./167; Kalscheuer/Harding, NVwZ 2017, 1506/1507), bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Jedenfalls lässt sich aus den o.g. Vorgaben eine Verpflichtung der Landkreise zur umfassenden Datenermittlung, eine Pflicht zur doppelten Anhörung der umlagepflichtigen Gemeinden, d.h. vor und nach Erstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung und die Pflicht zur Bereitstellung der erforderlichen Daten an alle Kreistagsmitglieder ableiten (so: Dieter, ZKF 2017, 97 ff.; ders., ZKF 2016, 31 ff.). Ob damit zugleich - wie ebenfalls gefordert - zusätzliche Rechte und Pflichten der Rechtsaufsichtsbehörden im Rahmen der Prüfung der Haushaltssatzungen der Landkreise einhergehen müssen (so: Dieter, ZKF 2017, 97/99; ders., ZKF 2016, 31/32), bedarf hier ebenfalls keiner abschließenden Klärung.

Diesen Anforderungen genügt das vom Beklagten praktizierte Verfahren nicht. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Beklagtenseite im Erörterungstermin vom 8. November 2016 (Niederschrift vom 8.11.2016, S. 2) wurden im November und Dezember 2013 von Seiten des Beklagten Gespräche mit den Kreistagsfraktionen geführt. Die Information der umlagepflichtigen Gemeinden über den zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Entwurf der Haushaltssatzung des Beklagten erfolgte demnach im Rahmen einer Bürgermeisterdienstbesprechung, die vor der Beschlussfassung des Kreisausschusses über den Haushaltsentwurf stattgefunden hatte. Im Übrigen hat der Beklagte darauf verwiesen, dass die Haushaltssituation der umlagepflichtigen Gemeinden der Kreisverwaltung aufgrund der Wahrnehmung der Aufgabe der Kommunalaufsicht bekannt sei; die Mitglieder des Kreistags würden „nicht ausdrücklich mit allen Zahlen versorgt (…) könnten allerdings davon ausgehen, dass der Haushaltsentwurf der Kreisverwaltung auf einem umfassenden Kenntnisstand über die Finanzsituation der umlagepflichtigen Gemeinden“ beruhe (Niederschrift vom 8.11.2016, S. 2). Ergänzend hat die Klägerseite im Erörterungstermin vom 8. November 2016 - ebenfalls unwidersprochen - vorgetragen (Niederschrift vom 8.11.2016, S. 2), dass die den Kreistagsmitgliedern bekannt gegebenen Umlagegrundlagen gemäß § 4 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Finanzausgleich zischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Bayerische Durchführungsverordnung zum Finanzausgleichsgesetz - FAGDV) die wirtschaftliche Situation aus dem Vorvorjahr beträfen und somit insbesondere nicht die aktuelle Situation der umlagepflichtigen Gemeinden widerspiegelten. Zudem sei den Kreistagsmitgliedern nicht die Haushaltssituation einer jeden umlagepflichtigen Gemeinde bekannt. Daraus folgt zur Überzeugung des Gerichts, dass vorliegend weder eine systematische Erfassung der Bedarfssituation aller umlagepflichtigen Gemeinden stattgefunden hat, noch dass für die umlagepflichtigen Gemeinden die Möglichkeit bestand, ihre aktuelle Haushaltslage vor Erstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung des Beklagten darzustellen. Somit fehlt auch eine Abwägungsentscheidung des Beklagten auf der Basis von umfassenden und vergleichbaren bzw. vergleichbar aufbereiteten Finanzdaten der umlagepflichtigen Gemeinden. Zudem ist die Behandlung im Kreisausschuss bzw. Kreistag des Beklagten auf der Grundlage des Entwurfs der Haushaltssatzung und somit verspätet erfolgt (ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 66), weil dieser Entwurf ohne eine Abwägung der finanziellen Bedürfnisse des Beklagten und der umlagepflichtigen Gemeinden erstellt worden war.

Soweit der Beklagte hiergegen unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts einwendet, es sei Aufgabe des Landesgesetzgebers, ein eigenständiges Anhörungsrecht der umlagepflichtigen Gemeinden beispielsweise im Finanzausgleichsgesetz vorzusehen (Schriftsatz v. 10.4.2017, S. 5), führt das zu keiner anderen Einschätzung. Der Beklagte verkennt, dass sich die von ihm angeführten Entscheidungen (BVerfG, B.v. 25.5.1976 - 2 BvL 1/75 - BVerfGE 42, 191/205 Rn. 33; BVerwG, B.v. 25.10.1979 - 2 N 1/78 - BVerwGE 59, 48/49 Rn. 10 f.) ausdrücklich und ausschließlich auf den Erlass von Rechtsverordnungen als gesetzesverlängernde Rechtsnormen beziehen. Nur insoweit und unter besonderer Berücksichtigung der Regelung in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG sind die Aussagen zu verstehen, es obliege der Gestaltungfreiheit des Gesetzgebers, für den Erlass von Verordnungen ein Anhörverfahren anzuordnen (BVerfG, B.v. 25.5.1975, a.a.O.) bzw. der Gesetzgeber müsse das Verfahren zum Erlass von Verordnungen regeln (BVerwG, B.v. 25.10.1979, a.a.O). Daraus wird deutlich, dass diese Gedanken nicht auf den Erlass von Satzungen, d.h. von Rechtsvorschriften, die - wie hier durch den beklagten Landkreis - als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen des ihm durch Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG verliehenen Selbstverwaltungsrechts erlassen werden (Leibholz/Rinck, GG, Vor Art. 70 Rn. 236), übertragen lassen.

Darüber hinaus lässt sich aus dem Umstand, dass weder das Finanzausgleichsgesetz noch die Landkreisordnung Vorschriften zur Ausgestaltung der - wie oben dargelegt - verfassungsrechtlich begründeten Bedarfsermittlungspflicht der Landkreise enthalten, auch kein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV ableiten, so dass - anders als der Beklagte meint (Schriftsatz vom 30.6.2017, S. 2) - für das erkennende Gericht auch keine Pflicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) oder an den Bayer. Verfassungsgerichtshof (Art. 92 BV) besteht. Denn die Vorschriften, insbesondere die des Finanzausgleichsgesetzes lassen sich verfassungsgemäß auslegen und anwenden (in diesem Sinne zum ThürFAG: ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 58 f.; so auch: Kalscheuer/Harding, NVwZ 2017, 1506/1508). Denn entgegen dem Vortrag des Beklagten findet die verfassungskonforme Auslegung gesetzlicher Regelungen - hier also des Finanzausgleichsgesetzes - ihre Grenze dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerwG, U.v. 2.3.2017 - 3 C 19/15 - NJW 2017, 2215/2220 f. = Juris Rn. 37; BVerfG, B.v. 19.9.2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247/274 Rn. 91/93; BVerfG, B.v. 19.1.1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341/358, Rn. 57 ff.). Das ist hier indessen nicht der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass die verfassungsrechtlich fundierte Bedarfsermittlungspflicht der Landkreise und das damit einhergehende Anhörungsrecht der Gemeinden im Rahmen der Kreisumlageerhebung bzw. im Vorfeld des Erlasses der Haushaltssatzung des Landkreises dem Willen des Gesetzgebers widersprechen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Somit ist die Haushaltssatzung des Beklagten, ohne dass es auf die Frage einer Verletzung des Rechts auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung ankäme, nicht vereinbar mit Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV. Mangels hinreichender Ermächtigungsgrundlage ist der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 daher rechtswidrig und aufzuheben.

(b) Keiner abschließenden Klärung bedarf daher die Frage, ob die von der Klägerin vorgetragenen Rügen hinsichtlich einzelner Haushaltsansätze durchgreifen. Die Klägerin verkennt insoweit grundlegend, dass den umlagepflichtigen Gemeinden insoweit nur ein beschränkter Prüfungsanspruch zusteht (dazu unten Buchst. (aa)). Gemessen daran hat das Gericht in Bezug auf die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Veranschlagung der Pensionsrückstellungen sowie der Deponierücklage ganz erhebliche Zweifel, ob die Einwendungen der Klägerin durchgreifen (dazu unten Buchst. (bb)). Aber auch im Übrigen drängt sich dem Gericht die Annahme fehlerhaft veranschlagter Haushaltsansätze nicht auf (dazu unten Buchst. (cc)).

(aa) Bei den gegen einzelne Haushaltsansätze des Beklagten gerichteten Einwänden der Klägerin ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass den Gemeinden kein Anspruch auf eine umfassende Überprüfung der Haushaltsplanung des Landkreises zusteht, weil eine solche rechtsaufsichtsähnliche Kontrolle mit der prinzipiellen Selbständigkeit und Gleichrangigkeit der verschiedenen kommunalen Ebenen (Art. 10, 11 BV) nur schwer vereinbar wäre. Die Rechtmäßigkeit der einzelnen Haushaltsansätze ist somit keine Voraussetzung für die Erhebung der Kreisumlage (BayVGH, U.v. 21.3.2011 - 4 BV 10.108 - BayVBl 2011, 632/635 = VGH n.F. 64, 42/50 f. Rn. 57 f.; ThürOVG U.v. 18.12.2008 - 2 KO 994/06 - Juris Rn. 51).

Darüber hinaus bringt auch die in Art. 56 Abs. 2 LKrO verwendete Formulierung, wonach der Landkreis die zur Erfüllung seiner Aufgaben „erforderlichen“ Einnahmen zu beschaffen hat, nur den allgemeinen Grundsatz der Kostendeckung zum Ausdruck und begründet keine subjektive Rechtsposition dergestalt, dass sich der einzelne Steuerbzw. Umlageschuldner auf eine rechtswidrige oder unwirtschaftliche Aufgabenerfüllung berufen und insoweit seinen finanziellen Beitrag „mangels Erforderlichkeit“ verweigern könnte. Bei gegenteiligem Verständnis bestünde die Gefahr, dass die Landkreise schon auf der abstrakten Ebene der Haushaltsplanung in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten mit umlagepflichtigen Gemeinden über eine möglichst korrekte und kostensparende Umsetzung einzelner Vorhaben verwickelt werden könnten, wodurch sie in ihrer kommunalpolitischen Autonomie und Gestaltungskraft nachhaltig beeinträchtigt wären (BayVGH, U.v. 21.3.2011 - 4 BV 10.108 - BayVBl 2011, 632/635 = VGH n.F. 64, 42/51 Rn. 59).

Zudem kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich in den Haushaltsansätzen die politische und planerische Gestaltungsfreiheit des Selbstverwaltungsträgers ausdrückt. Damit korrespondieren die engen Grenzen, die nach der in der Rechtsprechung und Literatur herrschenden Meinung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit des Bedarfs „im Sinne des Art. 18 Abs. 1 FAG“ gezogen sind (VG Regensburg, U.v. 17.7.2002 - RO 3 K 01.01028 - Juris Rn. 5; vgl. NdsOVG, U.v. 25.2.1986 - 2 A 98/92 - DÖV 1986, 1020 ff.; OVG RhPf, U.v. 25.9.1985 - 10 C 48/84 - DVBl 1986, 249).

Ferner ist zu beachten, dass das Finanzausgleichsgesetz - ebenso wenig wie das Kommunalabgabengesetz (KAG) - die betriebswirtschaftlichen Bezugsgrößen definiert. So ist beispielsweise im Hinblick auf die gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG der Gebührenbemessung zugrunde zu legenden nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten anerkannt, dass das Kommunalabgabengesetz den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff nicht definiert, sondern als gegeben voraussetzt. Zu den Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne gehören nach Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG insbesondere angemessene Abschreibungen und eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals. Es ist somit nach den in der betriebswirtschaftlichen Kostenlehre entwickelten, an keiner Stelle verbindlich festgeschriebenen Regeln zu verfahren, die von den Gerichten nicht auf ihre „Richtigkeit“ zu überprüfen sind. Der Kommune steht ein Beurteilungsspielraum zu; entscheidend ist allein, ob ihre Auffassung betriebswirtschaftlich (noch) vertretbar ist (BayVGH, U.v. 17.8.2017 - 4 N 15.1685 - Rn. 29). Dieser Rechtsgedanke lässt sich auch auf die Bewertung der für die Bemessung der Abschreibungen maßgeblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten übertragen. So wird zum Beispiel aus dem Geschäftsbericht 2005 des Bayer. Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV) deutlich, dass zwar die Konzepte aller Bundesländer nach dem Eröffnungsbilanzstichtag im laufenden Betrieb für neu zugehende Vermögensgegenstände einheitlich die Bewertung nach den fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten vorsähen. Es gebe aber für die erstmalige Bewertung der Vermögensgegenstände im Rahmen der Erstellung der Eröffnungsbilanz unterschiedliche Ansätze (BKPV, Geschäftsbericht 2005, S. 21). Daraus lässt sich ableiten, dass es keine verbindlichen, für alle Situationen feststehenden (Bewertungs-)Grundsätze gibt und dass keine umfassende gerichtliche Prüfung der Haushaltsansätze in Betracht kommt.

Schließlich hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für den Bereich des Beitragsrechts die Frage, ob der Umstand, dass getätigte Investitionen über den Ansatz kalkulatorischer Kosten - mit der Folge eines doppelten Refinanzierungseffekts - erneut refinanziert wurden, einen Rechtsverstoß darstellt, ausdrücklich offengelassen (BayVGH, U.v. 17.8.2017 - 4 N 15.1685 - Rn. 30 f.).

(bb) Gemessen daran sprechen bereits ganz erhebliche Gründe dagegen, dass die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die Veranschlagung der Pensionsrückstellungen sowie der Deponierücklage im Haushalt des Beklagten durchgreifen.

So hat der Beklagte in Bezug auf die Pensionsrückstellungen im Verfahren plausibel und substantiiert vorgetragen (Klageerwiderung vom 28.9.2015), dass die Pensionsrückstellungen zwar in der Haushaltsrechnung, nicht jedoch im Haushaltsplan enthalten und somit auch nicht in die Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eingeflossen seien. Zudem räumt selbst die Klägerin ein (Schriftsatz vom 12.2.2016, S. 9 f.), dass die Pensionsrückstellungen gemäß § 10 Abs. 1 der Kommunalhaushaltsverordnung - Doppik (KommHV-Doppik) im Haushaltsplan einzuplanen und zu veranschlagen seien. Schließlich deckt sich die Vorgehensweise des Beklagten auch mit Nr. 6.6.2 der Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 29. September 2008 zur Erfassung und Bewertung kommunalen Vermögens (Bewertungsrichtlinie - BewertR). Demnach sind für Pensionsverpflichtungen trotz Mitgliedschaft im Versorgungsverband Rückstellungen zu bilden (§ 74 Abs. 1 Nr. 1 KommHV-Doppik), weil die Versorgungsberechtigten keinen eigenen Anspruch gegen den Versorgungsverband haben, sondern der Dienstherr des Beamten zur Pensionsleistung verpflichtet bleibt. Demnach hat der Dienstherr - unabhängig von der ausgabe- und aufwandswirksamen Zahlung der Versorgungsverbandsumlage - Pensionsrückstellungen nach den üblichen versicherungsmathematischen Regeln (Teilwertansatz) zu bilden. Verzichtet die Kommune aus wichtigen Gründen auf die Bildung von Pensionsrückstellungen in voller Höhe, so ist der vollständige Betrag gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 2 KommHV-Doppik zu erläutern und unter der Bilanz zu vermerken. Diese Vorgabe deckt sich auch mit der Einschätzung des BKPV (vgl. die im Geschäftsbericht 2005, S. 26 f. erfolgte umfassende Darlegung der unterschiedlichen Bewertungsansätze) und Teilen der Literatur (Duschl in Schreml/Bauer/Westner, Kommunales Wirtschafts- und Haushaltsrecht in Bayern, Nr. 5.1.). Soweit gegen die Bildung von Pensionsrückstellungen in der Literatur Einwände vorgetragen werden (vgl. nur: Kalscheuer/Koops, KommJur 2016, 401 ff. m.w.N.), führt das angesichts der o.g. Bewertungsspielräume der Selbstverwaltungsträger zu keiner anderen Einschätzung.

Gleiches gilt für die Einwände der Klägerin gegen die Bildung einer Deponierücklage durch den Beklagten. Abgesehen von dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag des Beklagten, dass die für die Deponierekultivierung notwendigen Rückstellungen bereits jetzt nach dem Kommunalabgabengesetz erwirtschaftet würden, so dass der getrennte Ausweis durch Abgrenzung vom Basiskapital lediglich deklaratorischen Charakter habe (Schriftsatz vom 7.7.2016, S. 11), deckt sich die Vorgehensweise des Beklagten mit der Bewertungsrichtlinie. Denn nach Nr. 6.6.5 BewertR sind für die Rekultivierung und Nachsorge von Deponien als Rückstellung die zu erwartenden Gesamtkosten bezogen auf den voraussichtlichen Zeitpunkt der Rekultivierungs- und Nachsorgemaßnahmen anzusetzen (§ 74 Abs. 1 Nr. 3 KommHV-Doppik). Die Bewertung der Rückstellung soll sich am Verfüllmengenanteil pro Nutzungsjahr orientieren und anhand der bisherigen Verfüllmenge erfolgen. Auch diese Vorgabe deckt sich mit der Einschätzung des BKPV (vgl. Geschäftsbericht 2007, S. 64 f.). Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beklagten zugrunde gelegten Ansätze fehlerhaft sein könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

(cc) Auch im Hinblick auf die sonst von der Klägerin erhobenen Rügen kann offenbleiben, ob die Klägerin hiermit durchdringt. Das gilt nicht zuletzt auch für ihren Einwand einer fehlerhaften Doppelfinanzierung des Anlagevermögens durch den Beklagten.

Die Klägerin wendet insbesondere ein, dass Abschreibungen für Baumaßnahmen in erheblichem Umfang in den ungedeckten Bedarf des Beklagten, d.h. auch in das Umlagesoll bis zum Umlagesatz der Kreisumlage einflössen, obwohl diese Vermögensgegenstände über das vorherige System der Kameralistik und die frühere Kreisumlage einschließlich der abgeschlossenen Tilgung der Fremdfinanzierung bereits vollständig finanziert seien (vgl. S. 7 f. der Klagebegründung vom 29.12.2014).

Zutreffend weist der Beklagte in diesem Zusammenhang zunächst darauf hin (Klageerwiderung vom 28.9.2015, S. 10 f.), dass auch für die Haushalte der Landkreise das Gesamtdeckungsbzw. Non-Affektationsprinzip gilt, wonach grundsätzlich alle Einnahmen als Deckung für alle Ausgaben dienen, so dass keine haushaltsrechtliche Zuordnung einzelner Einnahmen zu bestimmten Finanzierungszwecken besteht (§ 16 Abs. 1 KommHV-Kameralistik; § 18 KommHV-Doppik; vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayHO; BayVGH, U.v. 21.3.2011 - 4 BV 10.108 - BayVBl 2011, 632/634 = VGH n.F. 64, 42/47 f. Rn. 51). Zudem führt der Beklagte zutreffend aus, dass wesentliches Charakteristikum des kaufmännischen Rechnungswesens die Refinanzierung von Investitionen sei und dass der Systemwechsel von der Kameralistik zur Doppik einen Systembruch bedeute, der durch die gesetzliche Regelung von Sonderposten hätte vermieden werden können. Eine solche Regelung sei aber nicht erfolgt, obwohl dieses Umstellungsproblem dem bayerischen Gesetzgeber bekannt gewesen sei.

Ohne dass es hierauf für die Entscheidung ankäme, weist das Gericht darauf hin, dass die Veranschlagung von Abschreibungen durch den Beklagten den einschlägigen rechtlichen Vorgaben entspricht (vgl. § 79 KommHV-Doppik). Die Bildung von Sonderposten ist demnach auf die in § 73 KommHV-Doppik genannten Fallkonstellationen beschränkt. Zudem wird auch in der Literatur die kreisumlagerelevante Veranschlagung von Abschreibungen als „nicht unvernünftig“ eingestuft, weil hierdurch die Mittelzuflüsse beim Landkreis generiert werden, die dem Bedarf des Landkreises für die Kredittilgung und die Neuinvestitionen entsprechen (Thormann, NWVBl 2011, 168/170). Allgemein anerkannt ist ferner, dass es sich zum einen bei der von der Klägerin aufgeführten Fallkonstellation um ein Übergangsproblem handelt, welches mit Ablauf der Abschreibungsdauer endet (Dedy/Roßbach, DStGB Dok. Nr. 78, 2008, S. 12 f.; Kalscheuer/Koops, KommJur 2016, 401/404 f.; Deutscher Landkreistag, Die Landkreise im doppischen Haushaltsrecht, 2007, S. 7, 11) und dass zum anderen bei der Annahme einer anderen Fallkonstellation - die Finanzierungsdauer überschreitet die Abschreibungsdauer - der Ausgleich im doppischen System erleichtert wird (Deutscher Landkreistag, Die Landkreise im doppischen Haushaltsrecht, 2007, S. 11). Festzuhalten ist schließlich auch, dass der Gesetzgeber das o.g. Umstellungsproblem nicht geregelt hat, und insbesondere nicht den in der Literatur aufgezeigten Lösungs Weg zur buchungstechnischen Neutralisierung der Abschreibungen durch auf der Passivseite zu bildende und parallel zu den Abschreibungen aufzulösende Sonderposten (so: Dedy/Roßbach, DStGB Dok Nr. 78, 2008, S. 13; Kalscheuer/Koops, KommJur 2016, 401/406) beschritten hat. Angesichts der hiergegen erhobenen Einwände (vgl. Deutscher Landkreistag, Die Landkreise im doppischen Haushaltsrecht, 2007, S. 20), drängt sich dem Gericht ein Ergänzungsbzw. Anpassungsbedarf der Regelungen dergestalt, dass zwingend die Möglichkeit zur Bildung von Sonderposten geschaffen werden müsste, nicht auf, wobei diese Frage - wie oben dargelegt - keiner abschließenden Klärung bedarf.

Jedenfalls wird es einerseits dem Landkreis in dem Verfahren zum Erlass der Haushaltssatzung unbenommen sein, im Rahmen seiner oben dargelegten umfassenden Anhörungs-, Bedarfsermittlungs- und Darlegungspflicht das Verhältnis von Finanzierungs- und Restnutzungsdauer der fremdfinanzierten Gegenstände des Anlagevermögens aufzuzeigen. Andererseits wird dabei möglicherweise auch zu prüfen sein, ob entsprechende Angaben nicht auch den umlagepflichtigen Gemeinden, bei denen sich die Veranschlagung von Abschreibungen im obengenannten Rahmen ebenfalls bedarfserhöhend auswirken können, abzuverlangen sein werden, so dass diese Informationen in die Abwägung über Umlagesoll und Umlagesatz Eingang finden können.

(c) Keiner abschließenden Klärung bedarf schließlich auch die Frage, ob vorliegend wegen der behaupteten eingeschränkten Finanzausstattung der Kernbereich der verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsgarantie der Klägerin verletzt war.

Die Klägerin trägt insoweit vor, die von ihr vorlegte Übersicht für die vorgängigen zehn Haushaltsjahre (2005 - 2014) zeige, dass „in keinem dieser Jahre die ‚freie Spanne‘ größer als der geforderte 5%-Anteil“ gewesen sei (Schriftsatz vom 7.4.2017, S. 5) und dass ihr „im investiven Selbstverwaltungsbereich eines ganzen Haushaltsjahres als ‚freie Spanne‘ (…) ein Non-Betrag von 4.313 Euro“ verbleibe (Schriftsatz vom 7.4.2017, S. 7).

In diesem Zusammenhang ist zwar zu berücksichtigen, dass den Gemeinden mindestens so große Finanzmittel zustehen müssen, dass sie ihre pflichtigen (Fremdwie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber noch merklichen Umfang wahrzunehmen (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/383 f. Rn. 19). Demnach ist der Kernbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie jedoch (erst) dann verletzt, wenn die Gemeinde strukturell und auf Dauer außerstande ist, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 8 C 1/12 - BVerwGE 145, 378/392 Rn. 41).

Welche Maßstäbe hierbei anzulegen sind, ist in Rechtsprechung und Literatur jedoch nicht geklärt. So zeichnet sich zwar ab, dass bei der Beantwortung der Frage, ob eine Gemeinde durch die Erhebung der Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert ist, möglicherweise auf einen Zehnjahreszeitraum abzustellen sein wird, d.h. auf die vergangenen sechs Jahre, das aktuelle Haushaltsjahr sowie die drei folgenden Finanzplanungsjahre (OVG RhPf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10515/13 - DVBl 2014, 589/593 Rn. 52 f.; so auch: Thür. Ministerium für Inneres und Kommunales, Schreiben vom 9.8.2017, ZKF 2017, 208/210; befürwortend: Thormann, ZKF 2017, 93/94; die Frage offenlassend: ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 74 ff.).

Im Übrigen ist jedoch bereits grundlegend unklar, ob die sog. „freie Spitze“ überhaupt ein geeignetes Bewertungskriterium für die Bestimmung der finanziellen Mindestausstattung einer Kommune ist (kritisch: BVerfG, B.v.9.3.2007 - 2 BvR 2215/01 - Juris Rn. 26; LVerfG SH, U.v. 27.1.2017 - LVerfG 5/15 - Juris Rn. 98; zu den unterschiedlichen Methoden zur Ermittlung des kommunalen Mindestbedarfs vgl. auch: Entwurf der Landesregierung vom 4.7.2007 zu einem Thüringer Finanzausgleichsgesetz, Drs. 4/3160, S. 30 ff.). Darüber hinaus ist die Quote, d.h. der Anteil der Mittel, die eine Kommune für freiwillige Aufgaben aufwenden können muss, ebenfalls weithin ungeklärt; in der Literatur werden insoweit Quoten zwischen 5 und 10 v.H. diskutiert. Nicht geklärt ist weiterhin die Berechnungsmethode, wobei nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass freiwillige Aufgaben auch über privatrechtlich verfasste Tochterunternehmen der Kommunen wahrgenommen werden können, so dass wohl nicht allein auf den Kernhaushalt der Kommune abgestellt werden darf. Offen ist schließlich auch die Frage, welche Rolle der Wechsel von der Kameralistik auf die Doppik auf die Bewertung der Ressourcenverschiebung spielt (vgl. zum Ganzen: Thormann, ZKF 2017, 91/93 m.w.N.).

Gemessen daran ist aber bereits zweifelhaft, ob die Klägerin in diesem Zusammenhang ihrer erhöhten Darlegungspflicht (so: Wohltmann, BayVBl 2012, 33/37 f.; Dombert, KommJur 2017, 165/168) nachgekommen ist. Im Übrigen belegen auch die im Klageverfahren vorgetragenen unterschiedlichen Standpunkte der Beteiligten (vgl. nur die Schriftsätze des Beklagten vom 10.4.2017 (S. 3 f.) einerseits und der Klägerin vom 24.5.2017 (S. 5 f.) andererseits) eindrucksvoll, dass es - sollte man überhaupt auf die sog. „freie Spitze“ abstellen können - keinen „K. Weg“ zur Ermittlung dieser Kennzahl gibt. Schließlich deckt sich auch der von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. April 2017 gewählte Zeitrahmen (2005 - 2014) zum Nachweis ihrer angeblichen dauerhaften strukturellen Unterfinanzierung wohl nicht mit dem bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Zeitrahmen.

Auch insoweit wird es Aufgabe des Landkreises sein, im Rahmen seiner o.g. umfassenden Anhörungs-, Bedarfsermittlungs- und Darlegungspflicht die maßgeblichen Daten zu ermitteln, vergleichbar darzustellen und in dem gebotenen Abwägungsprozess eine Entscheidung über das Umlagesoll und den Umlagesatz zu treffen. Dabei sprechen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Wertungen und Prognosen im Hinblick auf die Frage einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden der Einschätzungsprärogative des jeweiligen Normgebers unterliegen und somit der gerichtlichen Prüfung grundsätzlich entzogen sind (ThürVerfGH, U.v. 21.6.2005 - 28/03 - NVwZ-RR 2005, 665/671 f. = Juris Rn. 155 f., 159, 166; ThürOVG, U.v. 7.10.2016 - 3 KO 94/12 - Juris Rn. 69).

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Tenor

Der Kreisumlagebescheid der Beklagten vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 95.594,02 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Kreisumlage für das Jahr 2013 und begehrt die Rückzahlung eines einbehaltenen Betrages in Höhe von 95.594,02 Euro.

2

Mit Bescheid vom 9. September 2013 hat die Beklagte die Klägerin zu einer Kreisumlage für das Jahr 2013 in Höhe von 95.594,02 Euro herangezogen. Hierbei legte die Beklagte der Kreisumlage für das Jahr 2013 eine Steuerkraftmesszahl in Höhe von 111.203,84 Euro sowie eine Schlüsselzuweisung in Höhe von 107.697,05 Euro zugrunde. Von der sich hieraus ergebenden Kreisumlagegrundlage im Umfang von insgesamt 218.900,89 Euro forderte die Klägerin die in der Haushaltssatzung der Beklagten für das Jahr 2013 festgesetzte Kreisumlage in Höhe von 43,67 v.H., was 95.594,02 Euro entspricht. Der streitige Beitrag ist durch Verrechnung mit den Schlüsselzuweisungen bereits innerhalb des Jahres 2013 in vollem Umfang vom Landkreis einbehalten worden.

3

Hiergegen hat die Klägerin am 12. September 2013 und erneut am 26. September 2013 Widerspruch eingelegt. Sie vertrat die Ansicht, dass die Finanzausstattung der Gemeinden weder allein noch in Zusammenwirken mit anderen Instrumenten dazu führen dürfte, dass die von der Verfassung gebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten werde. Art. 28 Abs. 2 GG ziehe insoweit auch für die Kreisumlage eine absolute Grenze. Die in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG garantierte finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden sei bereits in den Jahren 2010, 2011, 2012 und nun auch im Jahr 2013 durch die erhobene Kreisumlage nicht mehr gewahrt gewesen, so dass die Klägerin inzwischen dauerhaft strukturell unterfinanziert sei und damit im Kernbereich ihrer finanziellen Eigenverantwortung verletzt werde. Selbst pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben könne sie inzwischen nicht mehr ohne die dauerhafte Inanspruchnahme von Krediten finanzieren. Alle Möglichkeiten, die Einnahmenmaximierung und Ausgabenminimierung zu optimieren, seien ohne eine Verbesserung der bestehenden Haushaltslage ergriffen und ausgeschöpft worden. Auch würden sämtliche Steuerhebesätze zumindest im Landesdurchschnitt liegen, ein Haushaltssicherungskonzept sei ebenfalls erstellt worden. Eine für das Haushaltsjahr 2010 beantragte Fehlbetragszuweisung sei vom Ministerium mit dem Argument abgelehnt worden, dass die Finanzplanung der Klägerin bis einschließlich 2014 neue Fehlbeträge ausweise. Über die Gewährung einer Konsolidierungsbeihilfe, nur eine solche komme nach Auffassung des Ministeriums bei der bestehenden andauernden Haushaltslage noch in Betracht, sei bisher nicht entschieden worden.

4

Darüber hinaus hätte die Beklagte bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes nicht nur ihren eigenen Finanzbedarf, sondern auch den der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden mit in den Blick nehmen müssen. Ob dies der Fall gewesen sei, könne aufgrund fehlender Einsicht in die hierzu geführten Verwaltungsvorgänge nicht beurteilt werden. Zweifel bestünden aber auch dahingehend, ob es durch Erhebung der Kreisumlage für das Jahr 2013 zu einer unzulässigen Einebnung der Steuerkraftunterschiede und/oder zu einer Veränderung der Steuerkraftreihenfolge der Gemeinden gekommen sei.

5

Bereits am 21. Februar 2014 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

6

Während des anhängigen Verfahrens wies die Beklagte den Widerspruch sodann mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2015 zurück. Die Festlegung eines Kreisumlagesatzes in Höhe von 43,67 v. H. sei in Anbetracht eines Jahresfehlbetrags im Ergebnishaushalt der Beklagten für das Jahr 2013 in Höhe von 55.181.800,-- Euro erforderlich gewesen. Für einen vollständig ausgeglichenen Haushalt hätte es zudem eines Kreisumlagesatzes von 47,94 v. H. bedurft. Hiervon habe man nach abwägender Beratung in den Fachausschüssen und im Kreistag - auch angesichts der Finanzausstattung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden – Abstand genommen. Bei dem festgelegten Umlagesatz belaufe sich der Jahresfehlbetrag für das Haushaltsjahr 2013 nunmehr immer noch auf 4.911.200,-- Euro.

7

Im Übrigen sei der Kreisumlagebescheid auch formell und materiell rechtmäßig. § 23 FAG M-V sehe vor, dass nur ein einheitlicher Kreisumlagesatz festgesetzt werden dürfe. Einen Ermessensspielraum, hinsichtlich des Kreisumlagesatzes zwischen den einzelnen kreisangehörigen Gemeinden zu differenzieren, habe der Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen. Darüber hinaus sei die Beklagte aber auch verpflichtet, eine Kreisumlage zu erheben, wenn sie ihren Finanzbedarf nicht aus eigenen Mitteln decken könne. Dies treffe für das Haushaltsjahr 2013 zu. Die Beklagte habe alle Möglichkeiten, ihre Erträge und Einzahlungen zu erhöhen, ausgeschöpft und gleichzeitig Aufwendungen und Auszahlungen auf das Nötigste reduziert. Freiwillige Aufgaben seien auf ein kaum noch zu vertretendes Maß beschränkt worden.

8

Letztendlich sei die Klägerin aber auch gar nicht strukturell unterfinanziert gewesen, so dass eine Verletzung des Kernbereiches der Selbstverwaltungsgarantie auch in tatsächlicher Hinsicht nicht vorgelegen habe. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin strukturell und auf Dauer außer Stande sei, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Aus den vorgelegten Zahlen ergebe sich dies jedenfalls nicht. Eine strukturelle Unterfinanzierung sei, so die Rechtsprechung, allenfalls erst dann gegeben, wenn die betreffende Gemeinde über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren zur eigenverantwortlichen Erfüllung ihrer freiwilligen Aufgaben nicht mehr in der Lage sei. Dies lasse sich den vorgelegten Zahlen jedoch nicht entnehmen. Insbesondere habe die Klägerin für den Zeitraum 2008 bis 2013 nicht hinreichend dargelegt, welche Mittel für pflichtige und welche für freiwillige Aufgaben verwandt worden seien. Auch könne der Darstellung nicht entnommen werden, welche Ausgaben oder Aufwendungen aus der Übernahme freiwilliger Leistungen aus davorliegenden Jahren resultierten. Nicht zu erkennen sei ebenfalls, welche Einnahmen und Erträge sie im Betrachtungszeitraum erzielt habe oder es unterlassen habe zu erzielen, obwohl dies gesetzlich geboten gewesen sei. So habe die Klägerin beispielsweise auch davon abgesehen, die ihr zustehenden Steuerquellen besser auszuschöpfen.

9

Im Übrigen komme es für die Rechtmäßigkeit der erhobenen Kreisumlage – auch bei einer unterstellten dauerhaften strukturellen Unterfinanzierung der Klägerin – nicht darauf an, dass nur eine (oder einige) der kreisangehörigen Gemeinden dauerhaft strukturell unterfinanziert seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden gewahrt bleibe, denn die Kreisumlage könne sich nicht an der finanziell am schlechtesten ausgestatteten Gemeinde orientieren. Dass die Finanzausstattung der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden und Städte jedoch zum hier streitgegenständlichen Zeitpunkt gegeben gewesen sei, daran bestünde, auch wenn die finanzielle Situation der Gemeinden dauerhaft angespannt bleibe, kein Zweifel. Dies habe im Übrigen auch die oberste Rechtsaufsichtsbehörde in ihrer Begründung der am 1. August 2012 erteilten Genehmigung der genehmigungsbedürftigen Teile der Haushaltssatzung 2012 vertreten.

10

Zur Klagebegründung trägt die Klägerin ergänzend vor, dass § 23 FAG M-V als Rechtsgrundlage für die Erhebung der hier streitgegenständlichen Kreisumlage verfassungswidrig sei und eine Vorlage des Gerichts an das Landesverfassungsgericht daher für geboten erachtet werde.

11

Die Verfassungswidrigkeit des § 23 FAG M-V folge daraus, dass die Kreisumlage für jedes Haushaltsjahr an einem bestimmten Prozentsatz der Umlagegrundlage bemessen werde. Umlagegrundlage seien zum einen die Steuerkraftmesszahlen und zum anderen die Schlüsselzuweisungen des Vorjahres abzüglich der Finanzausgleichsumlage. Die Abschöpfung der Gemeinden sei damit aber vollständig an virtuellen Maßstäben orientiert, denn allein die Einnahmen der Gemeinde (nicht jedoch ihre Ausgaben oder die Wertverluste) würden bei der Festsetzung der Kreisumlage berücksichtigt. Nach der Umstellung auf die gemeindliche Doppik (abgeschlossen 2013) sei dieses Vorgehen allerdings verfassungswidrig. Die Gemeinden wären nunmehr dazu verpflichtet, auch Abschreibungen auf Sachwerte vorzunehmen. Dies bedeute, dass die gewinnmindernden Wertverluste (Abschreibungen) angespart werden müssten, um auch im Zeitpunkt einer vollständigen Abschreibung hinreichende finanzielle Mittel für Reparaturen oder ähnliches des abgeschriebenen Gegenstandes zur Verfügung zu haben. Diese Abschreibungen müssten zwar in den Jahresabschlüssen berücksichtigt werden, bei der Festlegung der Kreisumlage fänden sie indes keinen Niederschlag. Dies widerspreche jedoch der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 Abs. 2 GG und Art 72 und 73 LV M-V. Das angewendete System biete nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nämlich keinen geeigneten Ansatzpunkt mehr. Finanzmittel, für die erst in einem späteren Zeitpunkt ein Bedarf bestehe, würden bei dieser Art der Abschöpfung unberücksichtigt bleiben. Darin bestünde jedoch ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich verankerte Systemgerechtigkeit. Im Weiteren sei aber auch das Konnexitätsprinzip, das zu Gunsten der Gemeinden festlege, dass das Land den Kommunen hinreichende Mittel für die Aufgabenbewältigung zur Verfügung stellen müsse, nicht mehr gewahrt. Ziel des Konnexitätsprinzips sei es, zu verhindern, dass der Staat beliebig Aufgaben zu Lasten der Kommune verschiebe, ohne gleichzeitig für eine entsprechende Finanzierung der Aufgaben zu sorgen. Hierzu zählten aber auch solche Finanzbedarfe, die erst durch eine Gesetzesänderung aufgedeckt würden. Mit Einführung der doppischen Haushaltsführung seien bestimmte Finanzbedarfe erstmals sichtbar geworden. Werde eine solche Sichtbarkeit aber erst durch das Land hergestellt, so sei nach der Auffassung der Klägerin das Land aber auch dazu verpflichtet, alle weiteren Systeme des Finanzausgleiches hieran anzupassen. Dies gelte auch für die nach § 23 FAG zu erhebende Kreisumlage.

12

Darüber hinaus tritt sie, die Klägerin, der Auffassung der Beklagten, die strukturelle Unterfinanzierung müsse über einen zurückliegenden Zeitraum von mindestens 10 Jahren bestanden haben, mit dem Argument entgegen, dass die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10515 -) auf die die Beklagte sich hier berufe, auf landesrechtliche Normen - und zwar die der Gemeindehaushaltsverordnung Rheinland-Pfalz - abgestellt habe, diese gelte im hiesigen Anwendungsbereich jedoch nicht. Eine vergleichbare Regelung sei in der Gemeindehaushaltsverordnung von Mecklenburg-Vorpommern nicht enthalten.

13

In der GemHVO M-V sei in § 17 Abs. 2 ausschließlich normiert, dass Jahresfehlbeträge mit bestehenden Jahresüberschüssen zu verrechnen seien und etwaige verbleibende Fehlbeträge auf neue Rechnung vorzutragen und innerhalb des Finanzplanungszeitraums auszugleichen seien. Dabei verstehe die GemHVO M-V unter „Finanzplanungszeitraum“ in prognostischer Hinsicht die auf das Haushaltsjahr folgenden drei Haushaltsjahre.

14

Unabhängig davon sei die strukturelle Unterfinanzierung für den Zeitraum von 2003 bis 2013 gegeben gewesen. Für die Haushaltsjahre 2007 bis 2009 habe nur deshalb ein ausgeglichener Haushalt bestanden, weil die Klägerin eine zusätzliche Zuweisung in Form eines Konsolidierungsbetrages erhalten habe. Diese habe aber nur das bestehende Defizit ausgleichen können, eine freie Finanzspitze, die für freiwillige Ausgaben hätte verwendet werden können, habe auch danach nicht in ausreichendem Maße bestanden. Überdies habe man Überschüsse in all den Jahren nicht erreichen können.

15

Insgesamt stelle sich das Jahresendergebnis für die Jahre 2003 – 2017 wie folgt dar:

16

Jahr   

Haushaltsergebnis
in Euro

Freiwillige Aus-
gaben an den
Gesamtausgaben
in Prozent

Anteil der
freiwilligen
Leistungen

Freier
Finanzspielraum

2003   

        

5781,84

2,41   

        

2004   

0       

5.785,28

2,52   

        

2005   

-5.091,49

7.406,74

2,77   

        

2006   

-6.522,01

5.701,83

2,21   

        

2007   

0       

4.892,00

1,8     

ja    

2008   

0       

3.441,00

1,2     

ja    

2009   

0       

1.977,00

0,7     

        

2010   

-23.649,99

4.891,71

1,53   

        

2011   

-99.621,91

4449,28

1,1     

        

2012   

-10.616,67

8.200,00

2,51   

        

2013   

-41.088,83

6.100,00

1,76   

        

2014   

-112.900,00

                          

2015   

-15.700,00

                          

2016   

-10.300,00

                          

2017   

-9.200,00

                          

17

Vorträge nach § 16 GemHVO seien für den streitgegenständlichen Zeitraum ebenfalls nicht erfolgt.

18

Im Weiteren ist die Klägerin der Auffassung, dass der Willensbildungsprozess der Kreistagsmitglieder bei Beschlussfassung des Kreisumlagesatzes schon deshalb fehlerhaft gewesen sei, weil die Auswirkungen der Festsetzung der konkreten Kreisumlage auf die einzelnen Gemeinden und deren verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung nicht ausreichend in den Blick genommen worden sei. Auch wenn, wie zwischen den Beteiligten im Ergebnis unstreitig sei, auf der Ebene des Kreistages ein zweigleisiges Informationssystem bestehe – bestehend aus Informationspflichten und Informationsrechten der Kreistagsmitglieder - habe weder eine konkrete Ermittlung der Finanzbedarfe der einzelnen Gemeinden noch deren Erörterung durch die Kreistagsmitglieder stattgefunden. Vielmehr habe man lediglich allgemeine Haushaltszahlen und die Auswirkungen der Erhöhung der Kreisumlage auf den Haushalt des Kreises in den jeweiligen Ausschüssen und im Kreistag thematisiert.

19

In einem Schreiben an die Kreistagsmitglieder vom 9. August 2012 sei darüber hinaus folgende Hinweis enthalten gewesen:

20

„Insbesondere mit Blick auf die kommenden Haushaltsjahre hat [die Haushaltssatzung] auch die Erhebung einer auskömmlichen Kreisumlage zu umfassen, die ihre Grenzen in der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden findet (d.h. die ggf. wegfallende [sic] dauernde Leistungsfähigkeit einer einzelnen Gemeinde ist nachrangig gegenüber dem Ganzen [sic].“

21

Dieser Ansatz widerspreche aber dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Leitbild, wonach es gerade nicht auf die Leistungsfähigkeit der Gesamtheit der Gemeinden ankomme, sondern der Finanzbedarf jeder einzelnen Gemeinde zu ermitteln sei, auch unter dem Gesichtspunkt, ob die finanzielle Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Gemeinde für sich bestehe. Aufgrund dessen, dass die Beklagte fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass die Interessen des Kreises höher zu bewerten seien als die konkreten Interessen der einzelnen Gemeinden, weise die Beschlussvorlage, die den Kreistagsmitgliedern bei Beschlussfassung über die Festsetzung des Kreisumlagesatzes vorgelegen habe, bereits die falschen Vorzeichen auf. Selbst wenn mit den Kreistagsmitgliedern die Auswirkung des festzusetzenden Kreisumlagesatzes auf die Gemeindefinanzierung anhand von konkretem Zahlenmaterial erörtert worden sei, habe bei den Kreistagsmitgliedern aufgrund der fehlerhaften Beschlussvorlage bereits die falsche Vorstellung bestanden, dass es nur auf die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller Gemeinden ankomme.

22

Letztendlich seien die Mitglieder des Kreistages und die entsprechenden Ausschüsse aber auch tatsächlich nicht hinreichend mit konkreten Finanzdaten der Gemeinden versehen worden. Weder mit Versand des Schreiben vom 7. Januar 2013, dem ein umfangreiches Paket von Haushaltsdaten angefügt gewesen sei, noch in den Sitzungen der einzelnen Ausschüsse seien konkrete Zahlen oder Berechnungen zur Finanzausstattung der Gemeinden vorgelegt oder erörtert worden. Gleiches gelte für die Ladung der Mitglieder zur Kreistagssitzung. Auch bei der Übermittlung weiterer Informationen in den Fraktionsberatungen sei es, anders als die Beklagte meine, stets nur um die Höhe des Kreisumlagesatzes bzw. die anvisierte Erhöhung um weitere drei Prozent gegangen. Dass es dabei zu kontroversen Diskussionen gekommen sei, auch weil Kreistagsmitglieder oftmals zugleich Stadt- und Gemeindevertreter seien, sei in Hinblick darauf, dass sie auch die Interessen der von ihnen vertretenen Körperschaften verfolgten, selbstverständlich. Dies ersetze aber nicht die erforderliche Information über die Finanzausstattung der Gemeinden im Einzelnen.

23

Die Klägerin beantragt,

24
1. den Kreisumlagebescheid der Beklagten vom 9.September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 aufzuheben.
25
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 95.594,02 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
26
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigen für das Verfahren notwendig war.
27

Die Beklagte beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Sie trägt in Ergänzung zum Ausgangs- und Widerspruchsbescheid vor, dass sich aus den vorhandenen Unterlagen und Dokumentationen entnehmen ließe, dass sie die Mitglieder des Kreistages und seiner Ausschüsse umfassend mit Informationen über die finanzielle Lage des Kreises und der Gemeinden informiert habe. Dabei habe man sich, in Anbetracht der Komplexität der kommunalen Haushaltsdaten, der hohen Zahl der kreisangehörigen Gemeinden (90) und der Vielzahl von Kreistagsmitgliedern (69), von einer praktischen Konkordanz zwischen Detailreichtum und nicht mehr zu verarbeitender Fülle an Informationen leiten lassen. Die umfangreichen schriftlichen Informationen seien überdies durch Präsentationen und zahlreiche Einzelgespräche ergänzt worden. Dieses Vorgehen entspreche auch den Vorgaben der Kommunalverfassung, die die Übermittlung von Informationen an die Kreistagsmitglieder von Amts wegen nicht absolut setze. Dies gelte auch bei Erlass einer Haushaltssatzung. Insbesondere sehe die Kommunalverfassung keine derartige Begründungspflicht im Umkreis der §§ 107, 120, 42b ff KV M-V vor, wie es in anderen Kontexten der Kommunalverfassung der Fall sei.

30

Im Weiteren ist die Beklagte der Ansicht, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2015, anders als die Klägerin meine, die Belastungsobergrenze erst aus einer wertenden Gesamtbetrachtung aller oder jedenfalls mehrerer kreisangehöriger Gemeinden entnommen habe, und damit nicht auf einzelne beliebige Gemeinden abgestellt werden dürfe. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung bei der Beantwortung der Frage, wann eine Erhöhung der Kreisumlage gegenüber den Gemeinden „hinreichend rücksichtsvoll sei“, nur dem Rückgriff auf einen landesweiten Erfahrungs- bzw. Orientierungswert eine Absage erteilt. Dies bedeute aber keineswegs, dass das Bundesverwaltungsgericht nun ins andere Extrem verfallen sei und isoliert auf eine beliebige kreisangehörige Gemeinde abstelle. Der gesamte diesbezügliche Kontext in den Entscheidungsgründen zeige eindeutig, dass der gedachte Gegensatz zu einem landesweiten Orientierungswert die „Verhältnisse im klägerischen Landkreis seien“. Wenn das Bundesverwaltungsgericht die Grenzen der Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden in den Blick nehme, lasse es erkennen, dass sich die Belastungsobergrenze erst aus einer wertenden Gesamtbetrachtung aller oder jedenfalls mehrerer kreisangehöriger Gemeinden ergebe. Dieser Auffassung sei zu folgen. Zweifel daran, dass die Beklagte im Rahmen der Festsetzung des Kreisumlagesatzes zu einem fehlerhaften Abwägungsergebnis gekommen sei, bestünden mithin nicht.

31

Soweit die Klägerin sich inzwischen darauf berufe, dass auch die Kommunalaufsicht mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 geäußert habe, die Leistungsfähigkeit vieler Gemeinden sei inzwischen weggefallen, verkenne sie die damit verbundene Aussage. In dem Schreiben der Kommunalaufsicht beziehe sich das Adjektiv „dauerhaft“ auf die „Leistungsfähigkeit“. Diese Terminologie folge aus der GemHVO-Doppik und den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums. Ob die dauerhafte Leistungsfähigkeit weggefallen sei, ließe sich bereits auf Basis einer Momentaufnahme für ein konkretes Haushaltsjahr bestimmen. Diese Perspektive sei aber streng von den Maßstäben, wie sie vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 31. Januar 2013 zum Aktenzeichen 8 C 1/12 vertreten worden seien, zu trennen. Danach sei der Eingriff in die gemeindliche Finanzhoheit erst dann rechtswidrig, „wenn die Gemeinden strukturell und auf Dauer außerstande seien, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.“ Sprachlogisch bestehe zwischen dem Wegfall der dauerhaften Leistungsfähigkeit und dem dauerhaften Wegfall der Leistungsfähigkeit ein rechtlich erheblicher Unterschied. Die „dauerhafte Leistungsfähigkeit“ sei ein Terminus des Landeshaushaltsrechts, auf diesen komme es hier aber nicht an. Anders der hier zu berücksichtigende Maßstab des Bundeverwaltungsgerichts, wonach die Kreisumlage erst dann rechtswidrig werde, wenn der Wegfall der finanziellen Leistungsfähigkeit dauerhaft wäre. Daraus folge dann auch der von der Rechtsprechung zugrunde gelegte 10-Jahreszeitraum, der von der Klägerin – wie dargelegt - nicht erfüllt werde.

32

Aus Sicht der Beklagten seien darüber hinaus auch andere optionale Finanzströme in den Blick zu nehmen. Zwar sei, so die Darlegung des zuständigen Fachamtes, auch durch Hebung der Steuerhebesätze ein ausgeglichener Haushalt der Klägerin nicht zu erreichen, jedoch habe die Klägerin es unterlassen, die von ihr beim Land gestellten Anträge auf ergänzende Finanzierungshilfe konsequent zum Erreichen des dauernden Haushaltsausgleiches zu verfolgen. Eine solche Möglichkeit, eine Konsolidierungsbeihilfe vom Land zu beantragen, bestehe für die Beklagte nicht. Zwar sehe § 22 FAG M-V vor, dass auch für die Landkreise die Möglichkeit bestehe, eine Hilfe zu beantragen. Dies sei aber nur dann erfolgversprechend, wenn eine andere Finanzierung nicht zu erreichen sei. Soweit es der Beklagten möglich gewesen sei, zusätzliche Mittel vom Land zu akquirieren, seien diese Möglichkeiten erfolgreich verfolgt worden. Auch diese so gewonnenen zusätzlichen Mittel verringerten den Druck auf die Kreisumlage.

33

Neben den laufenden Einnahmen und Ausgaben der Klägerin komme es aber auch auf deren Vermögenslage an, die ebenfalls von der Garantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG erfasst werde. Der Blick auf die Eigenkapitalquote zeige, dass die Klägerin deutlich besser dastehe als die Beklagte. Auch daraus folge im Ergebnis, dass die Klägerin sich nicht auf die Verfassungswidrigkeit der erhobenen Kreisumlage berufen könne.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (ein Ordner) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die Klage zu 1. (I.) und die Klage zu 2. (II.) sind zulässig und begründet.

36

I. Die als Anfechtungsklage statthafte Klage zu 1.) ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

37

Der angegriffene Kreisumlagebescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 120 Abs. 2 Ziffer 3 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) i. V. m. § 23 Abs. 1 Finanzausgleichsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (FAG M-V) und § 5 der Haushaltssatzung des Landkreises Nordwestmecklenburg für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltssatzung). Danach erhebt die Beklagte im Jahr 2013 von allen kreisangehörigen Gemeinden eine Kreisumlage aufgrund eines Kreisumlagesatzes von 43,67 v.H.

38

Hieran gemessen bestehen für die Kammer keine Bedenken, dass der Ausgangsbescheid vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 – wie im Übrigen auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist – den materiell-rechtlichen Vorgaben der Haushaltssatzung und sonstigem einfachen Gesetzesrecht entspricht. Insbesondere ist der angefochtene Bescheid rechnerisch richtig.

39

Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 23 FAG M-V bestehen für die Kammer nicht (1.). Dass der angegriffene Kreisumlagebescheid dennoch rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren subjektiven Rechten verletzt, folgt aus der infolge eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht bedingten Nichtigkeit des § 5 der Haushaltssatzung, mithin fehlt es für die rechtmäßige Erhebung der hier streitgegenständlichen Kreisumlage an einer Rechtsgrundlage (2.).

1.

40

§ 23 FAG M-V, der den Kreis, soweit er seinen Finanzbedarf nicht anderweitig decken kann, zur Erhebung einer Kreisumlage verpflichtet, ist verfassungsgemäß. Das Verfahren war mithin nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und § 23 FAG M-V zur Überprüfung dem Landesverfassungsgericht vorzulegen. Eine solche Vorlage an das Landesverfassungsgericht kommt gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG allein dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht die streitentscheidende Norm mit höherrangigem Recht – sei es Verfassungsrecht (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 und 2 Alt. 1 GG) oder Bundesrecht (Art 100 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG) - für unvereinbar hält. Bloße Zweifel an der Unvereinbarkeit reichen dabei nicht aus, vielmehr muss das vorlegende Gericht selbst von der Inkompatibilität überzeugt sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. März 1952 – 1 BvL 12/51, 1 BvL 15/51, 1 BvL 16/51, 1 BvL 24/51, 1 BvL 28/51 –, juris). Die Überzeugung anderer, etwa der Verfahrensbeteiligten, anderer Gerichte oder einer vorherrschenden Literaturauffassung reichen insoweit nicht aus. Darüber hinaus muss die vorzulegende Norm auch entscheidungserheblich sein. Hieran gemessen hat die Kammer keine Veranlassung gesehen, § 23 FAG M-V dem Landesverfassungsgericht zur Überprüfung vorzulegen.

41

Eine Verfassungswidrigkeit von § 23 FAG M-V wäre allenfalls dann gegeben, wenn ein durch das Recht und die Pflicht zur Erhebung einer Kreisumlage bedingter etwaiger Konflikt mit der in Art. 28 Abs. 2 GG und gleichfalls in Art. 72 Abs. 1 und Art. 73 Abs. 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LVerF M-V) gewährleisteten Finanzhoheit der Gemeinden nicht auf der Ebene der konkreten Festsetzung der Kreisumlage geheilt werden könnte. So ist es hier aber nicht. Die Anwendung des § 23 FAG führt bei verfassungskonformer Auslegung nicht zu einem zwingenden Verstoß gegen die Selbstverwaltungsgarantie. Daran ändert, anders als die Klägerin meint, auch die für die Gemeinden nunmehr seit 2012 verbindliche Einführung der doppischen Haushaltsführung nichts. Es obliegt nämlich dem Haushaltssatzungsgeber, nur den Grundsätzen der Verfassung entsprechende Kreisumlagesätze festzulegen und damit einen hinreichenden Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Kreises und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu schaffen und für eine auskömmliche Haushaltssituation der Gemeinden Sorge zu tragen. Nach verfassungskonformer Auslegung ist der Kreis zur Erhebung einer Kreisumlage ermächtigt, deren Höchstbetrag durch seinen anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarf begrenzt wird. Damit geht jedoch nicht einher, dass ein ungedeckter Finanzbedarf zwingend und jedenfalls dann zur Gänze auf die umlagepflichtigen Gemeinden umgelegten werden muss, wenn diesen dadurch weniger als die verfassungsgebotene Mindestausstattung verbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, a.a.O Rn. 25). Dass sich der konkrete Kreisumlagesatz nach der derzeitigen Fassung des § 23 FAG M-V dabei letztendlich an der wirtschaftlich am schlechtesten dastehenden Gemeinde zu orientieren hat, da § 23 FAG M-V nur die Festsetzung eines einheitlichen Kreisumlagesatzes vorsieht, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, mag in tatsächlicher Hinsicht für die finanzielle Ausstattung des Kreises von besonderer Bedeutung sein, ändert im Ergebnis aber nichts. Dieses daraus resultierende Spannungsverhältnis, das geeignet ist, die Finanzsituation des Kreises maßgeblich zu beeinflussen, kann letzten Endes nur durch eine entsprechende Gesetzesänderung aufgelöst werden, eine Verfassungswidrigkeit von § 23 FAG M-V folgt daraus aber nicht.

42

Soweit die Klägerin die Ansicht ist, dass die Verfassungswidrigkeit daraus folge, dass nach Einführung der doppischen Haushaltsführung § 23 FAG M-V nunmehr gegen die in Art. 72 und Art. 73 LVerf M-V enthaltenden Grundsätzen der Systemgerechtigkeit und des Konnexitätsprinzips verstoße, weil der Gesetzgeber es unterlassen habe, § 23 FAG M-V entsprechend anzupassen, verkennt sie, dass allein der Umstand, dass der Gesetzgeber in einem anderem Regelungszusammenhang – hier die Einführung der doppischen Haushaltsführung mit der Gemeindehaushaltsverordnung-Doppik vom 25. Februar 2008 (GVOBl. M-V 2008, S. 34) – Veränderungen vorgenommen hat, ihn nicht zwangsläufig verpflichtet, gesetzgeberische Folgemaßnahmen in anderen Regelungskontexten zu veranlassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier im Rahmen der konkreten Umsetzung die verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte im Wege einer konkreten Ausgestaltung des Kreisumlagesatzes durch den Haushaltsgesetzgeber gewahrt werden können.

2.

43

Die konkrete Ausgestaltung des Kreisumlagesatzes in § 5 der Haushaltssatzung verstößt indes gegen Art. 28 Abs. 2 GG und die insoweit regelungsgleichen landesrechtlichen Vorschriften der Art. 72 Abs. 1 und 73 Abs. 1 LVerf M-V und ist damit nichtig. Damit fehlt es an der für eine Heranziehung der Klägerin zur Zahlung einer Kreisumlage in Höhe von 95.594,02 Euro erforderlichen Rechtsgrundlage.

44

Dies folgt daraus, dass die Beklagte es unterlassen hat, die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden bei Festsetzung des Kreisumlagesatzes hinreichend zu berücksichtigen. So war den Kreistagsmitgliedern zum einen der Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden nur unzureichend bekannt. Zum anderen wurden sie bei Beschlussfassung fehlerhaft von der Annahme geleitet, nicht die auskömmliche Finanzausstattung jeder einzelnen Gemeinde, sondern nur die der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinde müsse gewährleistet bleiben. Mithin leidet § 5 der Haushaltssatzung an einem Abwägungsdefizit (a). Schließlich verstößt § 5 der Haushaltssatzung aber auch gegen den in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung, weil die Klägerin ausgehend vom streitgegenständlichen Jahr 2013 durch die Kreisumlage allein oder in Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert ist (b).

a)

45

Nach § 120 KV M-V i.V.m. § 23 FAG M-V ist der Landkreis verpflichtet, soweit er nicht in der Lage ist, seinen Finanzbedarf durch sonstigen Erträge und Einzahlungen zu decken, eine Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden zu erheben. Dabei ist die in § 23 FAG M-V enthaltene Ermächtigung zur Erhebung einer Kreisumlage unter Beachtung der in Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 72 Abs. 1 sowie 73 Abs. 1 LVerf M-V gewährleisteten Rechte verfassungskonform auszulegen, wie in Ziffer 1. der Entscheidungsgründe dargelegt.

46

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährleistet Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Das ergibt sich schon aus Satz 1 der Garantie. Das Recht der Gemeinden, grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, setzt voraus, dass die Gemeinden über eine Finanzausstattung verfügen, die sie hierzu in den Stand setzt. Dies wurde im Übrigen durch die Anfügung von Satz 3 der Garantie bestätigt und noch materiell rechtlich verstärkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 1998 - 8 C 11.97 -, und vom 15. November 2006 - 8 C 18.05 -; juris).

47

Die Finanzausstattung der Gemeinden ist Ergebnis einer Saldierung der Einnahmen und Ausgaben. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei. Dem stehen in negativer Hinsicht Abschöpfungen nach den Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise, sondern entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt, und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Der Schutz und Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG gilt dabei zugunsten der Gemeinden auch in deren Verhältnis zum Kreis. Für den „kommunalen Raum“, also die Gesamtheit von Kreis und kreisangehörigen Gemeinden, besteht mithin kein abweichendes Sonderrecht (vgl. BVerwG Urteil vom 31. Januar 2013 – 8 C 1/12 -, juris Rn. 36 m.w.N.).

48

Daraus folgt zugleich, dass sich jede einzelne Gemeinde - auch im Anwendungsbereich des § 23 FAG M-V - auf dieses ihr von der Verfassung garantierte Recht berufen kann. So kann im Ergebnis nicht die adäquate Finanzausstattung der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden für die Rechtmäßigkeit des mit § 5 Haushaltssatzung festgesetzten Kreisumlagesatzes, sondern allein die auskömmliche Finanzausstattung jeder einzelnen kreisangehörigen Gemeinde entscheidend sein. Denn jede Gemeinde kann sich unabhängig der Finanzausstattung aller anderen kreisangehörigen Gemeinden auf ihr Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG berufen. Dabei gilt, dass der Kreis selbst dann nicht von der Beachtung dieses Kernbereiches der gemeindlichen Selbstverwaltung frei wird, wenn er sich auf eine eigene finanzielle Notlage berufen kann. Vielmehr obliegt es dem Kreis, sich bei eigener unzureichender Finanzausstattung an das Land (bzw. den Landesgesetzgeber) zu halten. Die Abwälzung der eigenen Finanznot auf die kreisangehörigen Gemeinden unter Missachtung ihres von der Verfassung garantierten Rechtes auf Gewährung einer finanziellen Mindestausstattung ist indes unstatthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn.37). Dass dem Kreis bereits von Gesetzes wegen der Weg eröffnet ist, finanzielle Unterstützung vom Land zu erreichen, ergibt sich aus § 22 FAG M-V. Dabei kann es weder darauf ankommen, dass dieser Weg auch den Gemeinden eröffnet ist, noch, dass die Gewährung entsprechender Konsolidierungsbeihilfen an hohe Voraussetzungen geknüpft wird, die im Übrigen gleichermaßen auch von den Gemeinden zu erfüllen sind. Die Beklagte kann sich mithin nicht mit Erfolg darauf berufen, der Weg, finanzielle Mittel vom Land zu erlangen, sei ihr im Gegensatz zu den Gemeinden verwehrt.

49

Dieses insoweit gleichrangige Interesse an einer auskömmlichen Finanzausstattung des Kreises und der einzelnen Gemeinden - aus dem Grundgesetz lassen sich nämlich keine Vorrangpositionen hinsichtlich des einen oder des anderen herleiten – ist bei Festsetzung des Kreisumlagesatzes zwingend zu beachten. Deshalb muss der Landkreis die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden bei der Festlegung des Umlagesatzes in Rechnung stellen und dabei nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenlegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10515/13 -, juris Rn. 35). Anders als es die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz nahelegt, genügt es nach Auffassung der Kammer dabei nicht, dass sich allein der Kreis, mithin die Kreisverwaltung oder die Landrätin, Kenntnis über die Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden verschafft und diese hierdurch in die vorbereitende Beschlussvorlage Einfluss findet. Zwar fällt es in den Aufgabenbereich der Kreisverwaltung, die Beschlussvorlage zur Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der jeweiligen Haushaltssatzung zu erarbeiten und demnach auch den Finanzbedarf des Kreises und der umlagepflichtigen Gemeinden hinreichend zu ermitteln. Dies kann aber den sich aus Art. 28 Abs. 2 GG ergebenden Abwägungserfordernissen allein nicht genügen, weil weder die Kreisverwaltung noch die Landrätin berechtigt sind, über die Festsetzung des konkreten Umlagesatzes letztverbindlich zu beschließen.

50

Gemäß § 120 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 KV M-V wird die Haushaltssatzung des Kreises mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen. Demnach sind es die Kreistagsmitglieder, die, geleitet durch die von der Kreisverwaltung erarbeitete Beschlussvorlage und sonstige im Vorfeld der Haushaltssatzungsgebung erfolgten Haushaltsberatungen, über die Festsetzung des konkreten Kreisumlagesatzes befinden. Sind aber weder spätestens durch die Beschlussvorlage selbst noch innerhalb vorangegangener Beratungen im Kreistag oder in den Ausschüssen die Finanzbedarfe sowohl des Kreises als auch der (einzelnen) kreisangehörigen Gemeinden in hinreichendem Maße für die Kreistagsmitglieder offengelegt, verstößt der konkrete Kreisumlagesatz gegen die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung der insoweit gleichrangigen Interessen des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden, weil sie in den unmittelbaren Abwägungsvorgang nur unzureichend Eingang gefunden haben. Dass der Kommunalverfassung selbst keine weitreichenden Informationspflichten der Kreistagsmitglieder zu entnehmen sind, vermag an den Anforderungen, die sich unmittelbar aus der Verfassung ergeben, nichts zu ändern. Die Informationspflicht der Kreistagsmitglieder entfällt auch nicht deshalb, weil ihnen ein eigenes Informationsrecht zukommt. Auch wenn sie berechtigt sind, weitere Informationen zu verlangen, auch um ihren Entscheidungsprozess in die eine oder andere Richtung unter Berücksichtigung aller damit verbundenen Konsequenzen abwägen zu können, entbindet dies nicht von einer im Vorwege der Beschlussfassung erforderlichen Information der Kreistagsmitglieder über Finanzausstattung von Kreis und Gemeinden.

51

Gemessen daran fehlt es im Vorliegenden an einer ausreichenden Information der Kreistagsmitglieder. Dass den Kreistagsmitgliedern hinreichende Erkenntnisquellen zur Finanzsituation der Gemeinden bei Beschlussfassung vorlagen, ist, auch nachdem die Beklagte im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens weitere umfangreiche Unterlagen beigebracht hat, nicht ersichtlich. Der Beschlussvorlage 113/BV KT/2012 vom 17. Dezember 2012, die sowohl Beratungsgegenstand in verschiedenen Ausschüssen als auch im Kreistag selbst war, ist eine Aufstellung der Finanzbedarfe jeder einzelnen Gemeinden nicht zu entnehmen. Dies wäre aber jedenfalls dann unschädlich, wenn sich für die Kreistagsmitglieder zumindest die Finanzausstattung der Gemeinden aus anderen allen Kreistagsmitgliedern zur Verfügung gestellten Auskunftsquellen ergeben hätte. So ist es hier aber nicht. Zwar wurden den Mitgliedern mit Schreiben der Verwaltung vom 7. Januar 2013 auch der Entwurf der Haushaltssatzung, der Haushaltsplan (Teile I und II), das Haushaltssicherungskonzept sowie der Vorbericht zum Haushalt 2013 zur weiteren Beratung in den Ausschüssen und Fraktionen übersandt. In den jeweiligen Ausschusssitzungen erfolgte zudem eine weitergehende Information – unterstützt durch eine umfangreiche Powerpointpräsentation - durch die Landrätin bzw. die Leiterin des Fachdienstes Finanzen und Controlling. Auch wenn hierin die Finanzausstattung des Kreises vertiefend und ausführlich dargestellt und auch im Kontext der anvisierten Erhöhung der Kreisumlage analysiert wurde, sind eindeutige Angaben zu der tatsächlichen Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden (mit Angaben zur Einnahmen- und Ausgabensituation sowie dem Anteil einer für freiwillige Aufgaben zur Verfügung stehenden „freien Spitze“ am Gesamthaushalt) in diesen Materialien nicht enthalten. Gleiches gilt im Ergebnis auch für eine fachliche Einschätzung der finanzwirtschaftlichen Lage der kreisangehörigen Gemeinden durch den Fachdienst der Kommunalaufsicht vom 17. Oktober 2012 und vom 18. Januar 2013, die die Leiterin des Fachdienstes Finanzen zu den einzelnen Beratungen in den jeweiligen Fachausschüssen nach Angaben der Beklagten zur Einsicht mitführte. In der Stellungnahme vom 17. Oktober 2012 zur Haushaltssituation 2012 heißt insoweit nur:

52

„Aufgrund der weggefallenden finanziellen Leistungsfähigkeit vieler Gemeinden können Investitionskredite nur noch bei rentierlichen Vorhaben oder im Falle einer Finanzierung sachlich und zeitlich unabweisbarer notwendiger Ersatzinvestitionen, soweit diese nicht aus Eigenmitteln finanziert werden können, genehmigt werden.“

53

Eine klare Aufschlüsselung der Finanzbedarfe oder die Darstellung von freien Finanzspitzen ist aber weder den benannten Stellungnahmen selbst noch den dazu beigereichten tabellarischen Aufstellung zu entnehmen.

54

Soweit die Beklagte im Weiteren meint, dass zumindest der Finanzausschuss mit Schreiben der Landrätin vom 31. Januar 2013 und den anliegenden Anlagen über die Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden hinreichend informiert gewesen sei, so verkennt sie, dass sich auch hieraus der konkrete Finanzbedarf bzw. die finanzielle Ausstattung der Gemeinden nicht entnehmen lässt. Im Wesentlichen enthalten die anliegenden Tabellen nämlich nur Informationen zu der Umlagegrundlage und zur Entwicklung der hier nicht streitgegenständlichen Amtsumlagen. Letztendlich ergibt sich aber aus den weiteren Unterlagen und Protokollen darüber hinaus nur, dass die Erhöhung der Kreisumlage tatsächlich Anlass von Nachfragen und Diskussion war, nicht aber, dass der Finanzbedarf oder die Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden in die Haushaltsberatungen Einfluss gefunden hat.

55

Im Ergebnis folgt aus alledem, dass die Kreistagsmitglieder im Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung über den mit § 5 der Haushaltsatzung 2013 festgesetzten Kreisumlagesatz selbst nur unzureichend über die Finanzsituation der einzelnen kreisangehörigen Gemeinden informiert waren. Mithin konnten sie nicht dazu befähigt sein, die gleichrangigen Interessen ausreichend in ihren Abwägungsprozess mit einzubeziehen. Dass zumindest einige Kreistagsmitglieder, etwa aufgrund eigener Mitwirkung in den jeweiligen Gemeindevertretungen, Kenntnis über die jeweiligen Finanzausstattungen der Gemeinden hatten, ist jedenfalls nicht ausreichend. Dieser aufgrund eigener Interessenslagen bedingte Wissensvorsprung Einzelner kann bei entsprechender sachgerechter Berücksichtigung der sich aus Art. 28 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen, die widerstreitenden Interessen gleichrangig in den Abwägungsprozess einzustellen, nicht die Informationspflicht entfallen lassen. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass gerade die maßgebliche Finanzausstattung der hier klagenden Gemeinde in den Blick genommen worden ist.

b.)

56

Sind die Kreistagsmitglieder überdies, wie hier, bei der Festsetzung der Kreisumlage irrtümlich von der Vorstellung geleitet gewesen, dass es nicht auf die auskömmliche Finanzausstattung jeder einzelnen Gemeinde, sondern nur auf die der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden ankomme, leidet die festgesetzte Kreisumlagesatz schon allein aus diesem Grund an einem beachtlichen Abwägungsmangel. Ob die Umlage in der konkreten Höhe auch rechtmäßig hätte zustande kommen können oder die Kreistagsmitglieder hinreichend über die Finanzausstattung des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden informiert waren, ist für die rechtliche Bewertung an dieser Stelle ohne Belang.

57

Die Auffassung der Beklagten, zur Wahrung des in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Rechts auf eine auskömmliche Finanzausstattung nicht auf die Finanzausstattung jeder einzelnen Gemeinde, sondern nur auf die der Gesamtheit alle kreisangehörigen Gemeinden abzustellen, überzeugt - wie dargelegt - nicht.

58

Dass diese rechtsfehlerhafte Auffassung der Beklagten auch unmittelbar Einfluss in den Abwägungsprozess gefunden hat, ergibt sich aus der mit Schreiben vom 7. Januar 2013 an alle Kreistagsmitglieder übersandten Beschlussvorlage. Hierin heißt es auf der Seite fünf unter dem Punkt „Kreisumlage“ ausdrücklich:

59

„Mit Stellungnahme der unteren Rechtsaufsichtsbehörde vom 17. Oktober 2012 wurde eingeschätzt, dass die Finanzsituation der Städte und Gemeinden nach wie vor als außerordentlich schwierig angesehen wird. Unter Berücksichtigung und Würdigung der kommunalen Haushaltslage, aber auch unter dem Aspekt, dass die Kreisumlage die Existenz des Landkreises sicherstellen muss, kommt die Kommunalaufsicht zu der Feststellung, dass eine Kreisumlage die finanzielle Lage der Gemeinden zusätzlich belastet.

60

Im Hinblick auf die Festsetzung des Kreisumlagesatzes hat das Ministerium für Inneres und Sport in seinem Genehmigungserlass zur Haushaltssatzung 2012 des Landkreises Nordwestmecklenburg ausgeführt: „ Insbesondere der Blick auf die kommenden Haushaltsjahre hat auch die Erhebung einer auskömmlichen Kreisumlage zu umfassen, die ihre Grenzen in der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden findet (d.h. die ggf. weggefallende Leistungsfähigkeit einer einzelnen Gemeinde ist nachrangig über dem Ganzen).“

61

Dadurch, dass die Beklagte die Rechtsauffassung des Ministeriums für Inneres und Sport zum Gegenstand der Beschlussvorlage gemacht hat, hat sie den Abwägungsprozess der Kreistagsmitglieder entsprechend beeinflusst. Letztlich konnte sich daraus für die Kreistagsmitglieder nur noch die logische Schlussfolgerung ergeben, dass es für die Rechtmäßigkeit des konkreten Umlagesatzes auf die Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden gar nicht ankäme.

2.

62

Im Übrigen verstößt § 5 Haushaltssatzung aber auch deshalb gegen Art. 28 Abs. 2 GG, weil die Klägerin allein durch die Kreisumlage oder zumindest im Zusammenhang mit anderen Umlagen inzwischen dauerhaft strukturell unterfinanziert ist und damit in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf finanzielle Mindestausstattung verletzt wird.

63

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen den Gemeinden mindestens so große Finanzmittel zustehen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-) Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber noch merklichen Umfang wahrzunehmen zu können. Diesen Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung haben die Landkreise auch im Verhältnis zu den kreisangehörigen Gemeinden und damit bei der Erhebung der Kreisumlage zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013, a.a.O. Rn. 13ff.). Die Rechtsprechung hat bisher offen gelassen, wann diese für eine noch auskömmliche Finanzausstattung der Gemeinden notwendige Untergrenze in tatsächlicher Hinsicht unterschritten ist. In der Literatur wird hingegen für die Gewährleistung einer finanziellen Mindestausstattung gefordert, dass der Gemeinde eine „freie Spitze“ von 5 bis 10 Prozent der insgesamt verfügbaren Mittel für freiwillige Aufgaben zustehen (Dreier in Dreier, Grundgesetz Kommentar Bd. 2, 1998, Art. 28 Rn. 145). Dieser Ansicht folgt die Kammer insoweit, dass zumindest dann, wenn eine „freie Spitze“ unterhalb einer 5- Prozentgrenze liegt, das gemeindliche Recht auf eine finanzielle Mindestausstattung verletzt ist. Jeder noch geringere Betrag wäre nämlich kaum noch ausreichend, freiwillige Aufgaben in sinnvoller Art und Weise übernehmen zu können. Im Ergebnis offen lassen konnte die Kammer dagegen, ob der in der Rechtsprechung für eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung geforderte 10-Jahreszeitraum (vgl. OVG Rheinland-Pfalz Urteil vom 21. Februar 2014, a.a.O. Rn. 35), gemessen an den Anforderungen der hiesigen Gemeindehaushaltsordnung, Anwendung findet, denn die Klägerin hat ausweislich der vorgelegten Haushaltsdaten bereits seit mindestens 10 Jahren die hier anzulegende Untergrenze von 5 Prozent dauerhaft unterschritten. Aus den Haushaltsdaten der Klägerin ergibt sich, ungeachtet des Umstandes, dass der Haushalt letztendlich nur aufgrund einer gewährten Konsolidierungsbeihilfe in den Jahren 2007 bis 2009 ausgeglichen war und sonst ein Defizit aufweist, dass sich der Anteil der freiwilligen Ausgaben am Gesamthaushalt der Klägerin mit einem Wert zwischen 0,7 bis 2,77 Prozent stets unterhalb der hier anzusetzenden Untergrenze von 5 Prozentpunkten befand. Dass die Klägerin es schuldhaft unterlassen haben könnte, Maßnahmen zur Stabilisierung ihres Haushalts zu ergreifen und damit auch den Anteil an freiwilligen Leistungen merklich und dauerhaft zu erhöhen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Klägerin für die Kammer nachvollziehbar und von der Beklagten insoweit auch unbestritten dargelegt, dass auch durch eine etwaige Anhebung der Hebesätze, die im Übrigen auch jetzt schon im Landesdurchschnitt oder darüber liegen, ein Ausgleich des bestehenden Haushaltsdefizits nicht zu erreichen gewesen wäre. Offen lassen konnte das Gericht indes die Frage, ob die Klägerin es schuldhaft unterlassen hat, die beim Land beantragte und bisher nicht bewilligte Konsolidierungsbeihilfe weiter zu verfolgen, denn auch im Erfolgsfalle würde dies allenfalls zum Ausgleich des defizitären Haushalts führen. Die darüber hinausgehende „freie Spitze“ für freiwillige Aufgaben wäre aber auch durch etwaige Hilfen des Landes nicht abgedeckt.

II.

64

Die als Leistungsklage statthafte und im Übrigen zulässige Klage zu 2.) ist ebenfalls begründet.

65

Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwGO liegen vor, da seitens des Beklagten bislang eine Rückzahlung der hier streitgegenständlichen Kreisumlage unterblieben ist. Die Klägerin hat auch den erforderlichen Antrag gestellt. Auch ist der Verwaltungsakt bereits "vollzogen", da die Klägerin den eingeklagten Betrag nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten vollständig bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung gezahlt hat. Ein von § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorausgesetzter öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (bzw. Folgenbeseitigungsanspruch), der auf die Rückgewährung rechtsgrundlos erlangter Leistungen gerichtet ist und eine öffentlich-rechtliche Entsprechung zum privatrechtlichen Bereicherungsanspruch darstellt und überwiegend aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgeleitet wird, das den Ausgleich einer mit dem Recht nicht (mehr) übereinstimmenden Vermögenslage fordert, ist, mit der unter I. getroffenen Entscheidung, ebenfalls gegeben. Nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen besteht kein Rechtsgrund mehr, der es der Beklagten erlaubt, die von der Klägerin gezahlte Kreisumlage zu behalten.

66

Der Zinsanspruch folgt aus entsprechender Anwendung von § 291 i.V.m. § 288 BGB.

67

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Nach der genannten Bestimmung ist die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Bevollmächtigten im Vorverfahren – anders als die von Anwaltskosten im gerichtlichen Verfahren (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO) – zwar nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalls unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit und unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus anzuerkennen. Im Einzelfall ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren jedoch dann notwendig, wenn sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeiten der Sache also nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 – BVerwG 6 B 46.09 –, juris Rn. 6 m.w.N;). Davon ist hier schon deshalb auszugehen, da sich im vorliegenden Verfahren nicht einfach zu beurteilende Rechtsfragen stellten.

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Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Sie kann der Klärung der hier streitgegenständlichen Frage dienen, unter welchen Voraussetzungen die Erhebung einer zur Deckung der Finanzbedarfe eines Kreises erhobenen Kreisumlage wegen dauerhafter struktureller Unterfinanzierung kreisangehöriger Gemeinden rechtswidrig ist und ob es in diesem Zusammenhang auf die Verhältnisse jeder einzelnen Gemeinde oder auf die Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden ankommt.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden.

(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.

(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.